Verordnung der Bundesregierung
Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

A. Problem und Ziel

Die Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetzes werden an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst.

Die Vorschriften für das Weiterverwenden von Betäubungsmitteln in Alten- und Pflegeheimen und in Hospizen werden auf die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ausgedehnt und es werden rechtliche Regelungen für einen Betäubungsmittel-Notfallvorrat in stationären Hospizen und in Einrichtungen der SAPV geschaffen.

Für Tapentadol wird eine Höchstverschreibungsmenge festgelegt.

Zur Einsparung von Kosten wird die Vorschrift für das Formblatt für das Betäubungsmittelrezept geändert.

B. Lösung

Die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes und die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung werden geändert.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

2. Vollzugsaufwand

Beim Bund und bei den Ländern entsteht ein geringer, nicht quantifizierbarer Vollzugsaufwand durch die Ausdehnung der Überwachung bezüglich medizinisch verwendeter Cannabis-Zubereitungen und Flunitrazepam. Für die Länder gilt dies ebenfalls für die Überwachung der Einhaltung der neu eingeführten Vorschriften bei Hospizen und Einrichtungen der SAPV.

Im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte können durch die neue Vorschrift für das Formblatt für das Betäubungsmittelrezept voraussichtlich mittelfristig Kosten eingespart werden.

E. Sonstige Kosten

Der Wirtschaft, insbesondere auch den mittelständischen Unternehmen, entstehen durch diese Verordnung geringfügige Kosten, sofern sie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Flunitrazepam befasst sind. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Für die Wirtschaft werden zwei neue Informationspflichten eingeführt und zwölf geändert.

Infolgedessen sinken die Bürokratiekosten netto um rund 5,5 Mio. Euro pro Jahr. Hinzu kommen einmalige Bürokratiekosten in Höhe von rund 10 000 Euro. Der Schwerpunkt der Entlastung liegt in der Möglichkeit für Hospize und Einrichtungen der SAPV, jeweils einen Notfallvorrat an Betäubungsmitteln anzulegen. Dadurch sinkt insbesondere die Zahl der aufzubewahrenden Rezepte und Verschreibungen.

Es werden keine neuen Informationspflichten für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und die Überwachungsbehörden der Länder eingeführt.

Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger eingeführt.

Verordnung der Bundesregierung
Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 3. März 2011
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

Vom ...

Die Bundesregierung verordnet

Artikel 1
Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes

Die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2262) geändert worden ist, werden wie folgt geändert:

1. In Anlage I wird die Ausnahmeregelung der Position "Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen)" wie folgt geändert:

2. In Anlage II wird die folgende Position in die alphabetische Reihenfolge eingefügt:

INN andere nicht geschützte oder Trivialnamenchemische Namen (IUPAC)
" Cannabis
(Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen)
- sofern sie zur Herstellung von Zubereitungen zu medizinischen Zwecken bestimmt sind -".

3. Anlage III wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1801) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 1 wird wie folgt geändert:

2. In § 2 Absatz 1 Buchstabe a wird nach Nummer 23 folgende Nummer 23a eingefügt:

"23a. Tapentadol 18 000 mg,".

3. In § 3 Absatz 1 Buchstabe a wird nach Nummer 9 folgende Nummer 9a eingefügt:

"9a. Tapentadol 4 500 mg,".

4. § 5b wird wie folgt geändert:

6. § 6 wird wie folgt geändert:

7. § 8 Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Die nummerierten Betäubungsmittelrezepte sind nur zur Verwendung des anfordernden Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes bestimmt und dürfen nur im Vertretungsfall übertragen werden."

8. § 10wirdwiefolgtgeändert:

9. § 11 wird wie folgt geändert:

10. In § 12 wird jeweils das Wort "Stationsverschreibung" durch die Wörter "Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf" und das Wort "Stationsverschreibungen" durch die Wörter "Verschreibungen für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf" ersetzt.

11. § 13 wird wie folgt geändert:

12. § 14 Absatz 1 Nummer 5 wird durch folgenden Wortlaut ersetzt:

13. § 17 wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b tritt am [einsetzen: Datum des ersten Tages des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Berlin, den 2011
Die Bundeskanzlerin

Der Bundesminister für Gesundheit

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Gegenstand des Verordnungsentwurfs

Mit der vorliegenden Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung werden primär die betäubungsmittelrechtlichen Aspekte der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und der Versorgung in stationären Hospizen neu geregelt. Im Wesentlichen werden folgende Regelungen getroffen:

Für Patienten in Einrichtungen der SAPV sowie in stationären Hospizen sollen Betäubungsmittel (BtM) grundsätzlich individuell auf BtM-Rezepten verschrieben werden. Um die Weiterverwendung dieser BtM zu ermöglichen, sofern sie nicht mehr benötigt werden, aber weiterverwendbar sind, wird eine weitere Option geschaffen. Danach darf der behandelnde Arzt in einem Alten- und Pflegeheim, einem stationären Hospiz oder einer Einrichtung der SAPV die in geeigneten Räumlichkeiten gelagerten BtM anderen Patienten dieser Einrichtung verschreiben oder an eine versorgende Apotheke zur Weiterverwendung in solchen Einrichtungen zurückgeben. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff "Einrichtung" alle Leistungserbringer der SAPV nach SGB V, besondere Anforderungen an die Organisationsform bestehen nicht. Zusätzlich wird dem behandelnden Arzt im stationären Hospiz oder in der Einrichtung der SAPV die Möglichkeit eröffnet, BtM, die nicht mehr benötigt werden, unter bestimmten Voraussetzungen in den Notfallvorrat dieses Hospizes oder dieser Einrichtung gemäß den Bestimmungen des neu geschaffenen § 5c Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) aufzunehmen.

Für Notfälle soll in stationären Hospizen und Einrichtungen der SAPV in Zukunft ein nicht an einzelne Patienten gebundener Notfallvorrat an BtM zur Verfügung stehen. Ein oder mehrere beauftragte Ärzte verschreiben die BtM, die für den Notfallvorrat benötigt werden, auf BtM-Anforderungsscheinen. Um die lückenlose Nachweisführung zu gewährleisten, muss vor Ort geregelt werden, wie die Aufnahme von BtM in diesen Notfallvorrat und ihre Entnahme zu dokumentieren sind. Die Belieferung ist mit einer Apotheke schriftlich zu vereinbaren. Für die Kontrolle der Bestände sind diese Apotheke und der beauftragte Arzt bzw. die beauftragten Ärzte verantwortlich.

Darüber hinaus werden zu diesem Komplex eine Reihe begleitender und klarstellender Regelungen getroffen.

Um cannabishaltige Fertigarzneimittel zulassen und Patienten verschreiben zu können, wird die Position "Cannabis" in den Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) geändert. Mit dieser Regelung wird dafür gesorgt, dass in Deutschland cannabishaltige Fertigarzneimittel hergestellt und nach entsprechender klinischer Prüfung und Zulassung als weitere Therapieoption verschrieben werden können. Bezüglich des Handels und des Besitzes von Cannabis zu Rauschzwecken bleibt die Rechtslage unverändert.

In Anlage III des BtMG wird bei der Position "Flunitrazepam" der Zusatz gestrichen, mit dem bisher eine Zubereitung dieses Stoffes von der BtM-Rezeptpflicht ausgenommen war. Damit fallen alle Arzneimittel, die diesen Stoff enthalten, unter die BtM-Rezeptpflicht, so dass der Missbrauch erschwert wird. Flunitrazepam gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und verfügt über ein erhebliches Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. Durch seine spezifischen Eigenschaften wird gerade Flunitrazepam von Heroinabhängigen zur Verstärkung der Rauschwirkung und zur Minderung von Entzugserscheinungen genutzt. Außerdem kann längerer Gebrauch von Flunitrazepam zu schwerwiegenden Abhängigkeitserkrankungen führen.

Der Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel nach § 1 Absatz 2 BtMG wurde angehört; er hat sich für alle in dieser Verordnung enthaltenen Änderungen der Anlagen des BtMG ausgesprochen.

Für die Herstellung der Formblätter der BtM-Rezepte wird zudem eine kosten- und bürokratiesparende Regelung eingeführt.

II. Finanzielle Auswirkungen

Die Haushalte des Bundes und der Länder werden durch die Ausdehnung der Überwachung bezüglich Cannabis-Zubereitungen für medizinische Zwecke und Flunitrazepam in nicht quantifizierbarem, aber voraussichtlich nur geringfügigem Umfang belastet werden. Gleiches gilt für die Haushalte der Länder für die Überwachung der neu eingeführten Vorschriften bei Hospizen und Einrichtungen der SAPV.

Durch die Änderung der Vorschriften für das Formblatt des BtM-Rezeptes kann - trotz der stetig steigenden Zahl von BtM-Rezeptanforderungen (derzeit ca. 10 Mio. Rezepte jährlich) - die umgehende Versorgung der Ärzte mit BtM-Rezepten ohne zusätzliches Personal sichergestellt werden. Mittelfristig ist dadurch mit einer Einsparung von Kosten im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu rechnen.

III. Kosten und Preiswirkungen, Nachhaltigkeitsaspekte

Für Bund, Länder und Gemeinden sind mit der Verordnung keine nennenswerten Kosten verbunden. Für die Wirtschaft, insbesondere mittelständische Betriebe, ergeben sich höhere Kosten, sofern sie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Flunitrazepam befasst sind. Es können sowohl direkte Kosten durch Anpassungen im Geschäftsbetrieb als auch indirekte Kosten durch geringere Verdienstmöglichkeiten infolge der Vermarktungsbeschränkung entstehen. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Die in dem Verordnungsentwurf vorgesehene Weiterverwendungsmöglichkeit von BtM in Einrichtungen der SAPV dient der Ressourcenschonung. Mit der Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassung von cannabishaltigen Fertigarzneimitteln sowie mit der vollständigen Unterstellung von Flunitrazepam unter das BtMG werden die Therapieoptionen sowie der Gesundheitsschutz der Bevölkerung langfristig und nachhaltig verbessert.

IV. Bürokratiekosten

Hinsichtlich der differenzierten Umstufung von Cannabis und Cannabis-Zubereitungen für medizinische Zwecke in den Anlagen I bis III des BtMG sowie der Streichung der ausgenommenen Zubereitungen von Flunitrazepam in Anlage III des BtMG werden keine neuen Informationspflichten für die Wirtschaft eingeführt. Die für den Umgang mit Betäubungsmitteln bereits bestehenden Informationspflichten bezüglich der nach den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften notwendigen Erlaubnisse, der Aufzeichnungen, der Meldungen und der Anforderung von BtM-Rezepten sowie der Aufbewahrung dieser Dokumente werden auf die Cannabis-Zubereitungen für medizinische Zwecke sowie auf ausnahmslos alle Zubereitungen von Flunitrazepam ausgedehnt. Dadurch entstünden voraussichtlich zusätzliche Bürokratiekosten in Höhe von ca. 3 Mio. Euro pro Jahr. Der Berechnung der Bürokratiekosten wurde eine überschlägige Orientierung an den bisherigen Verordnungszahlen für Flunitrazepam sowie am möglichen Bedarf an (den dann im Markt neuen) cannabishaltigen Fertigarzneimitteln zu Grunde gelegt.

Durch die Regelungen des neuen § 5c BtMVV (Artikel 2 Nummer 5) werden zwei neue Informationspflichten für die Wirtschaft eingeführt:

Es ist davon auszugehen, dass dafür einmalig Bürokratiekosten in Höhe von ca. 10 000 Euro anfallen. Für die regelmäßige Überprüfung durch die Apotheke einschließlich Erstellung eines Protokolls fallen jährlich Bürokratiekosten in Höhe von ca. 10 000 Euro an.

Durch die Einführung von BtM-Anforderungsscheinen für das Verschreiben des Notfallvorrats in Hospizen und Einrichtungen der SAPV an Stelle von individuellen Verschreibungen auf BtM-Rezepten (Artikel 2 Nummer 5) werden voraussichtlich Bürokratiekosten in Höhe von ca. 8,5 Mio. Euro pro Jahr eingespart. Bei dieser Schätzung wurde davon ausgegangen, dass ein BtM-Anforderungsschein ca. 10 bis 20 BtM-Rezepte ersetzt. Durch den geringeren Aufwand für das Ausfüllen der BtM-Anforderungsscheine sowie für deren Anforderung und Aufbewahrung im Vergleich zu den Informationspflichten für BtM-Rezepte ergibt sich die o.g. Bürokratiekosteneinsparung.

Durch die Nachweisführung beim Notfallvorrat, die nicht mehr personenbezogen, sondern präparatbezogen erfolgt (Artikel 2 Nummer 11 und 12), ergibt sich im Vergleich zur Nachweisführung bei der Verschreibung für einen Patienten eine Einsparung von Bürokratiekosten in Höhe von ca. 20 000 Euro.

Es werden keine neuen Informationspflichten für das BfArM und die Überwachungsbehörden der Länder eingeführt.

Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger eingeführt.

V. Gleichstellungspolitische Bedeutung

Die Verordnung hat keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.

VI. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Der Verordnungsentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes)

Zu den Nummern 1 bis 3 Buchstabe a

Mit den Änderungen der Position "Cannabis" in den Anlagen I bis III des BtMG wird eine differenzierte Umstufung vorgenommen. Da in Europa (Großbritannien und Spanien) ein Fertigarzneimittel mit Cannabis-Extrakt zur symptomatischen Therapie der Spastik bei Multipler Sklerose zugelassen wurde und auch in Deutschland grundsätzlich eine Zulassung dieses, aber auch anderer cannabishaltiger Arzneimittel ermöglicht werden soll, ist es zeitnah notwendig, das generelle Verkehrsverbot für Cannabis aufzuheben und Cannabis zu medizinischen Zwecken zuzulassen. Es sollen lediglich solche cannabishaltigen Arzneimittel verkehrsfähig werden, die unter den strengen Vorgaben des Arzneimittelrechts als Fertigarzneimittel zugelassen sind. Diese Fertigarzneimittel dürfen dann ausschließlich auf BtM-Rezepten verschrieben werden. Ferner wird durch die differenzierte Umstufung der Position "Cannabis" in den Anlagen I bis III des BtMG die Herstellung von entsprechenden Zubereitungen zu medizinischen Zwecken ermöglicht.

Zu Nummer 3 Buchstabe b

Flunitrazepam gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und verfügt über ein erhebliches Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. Durch seine spezifischen Eigenschaften wird gerade Flunitrazepam von Heroinabhängigen zur Verstärkung der Rauschwirkung und zur Minderung von Entzugserscheinungen genutzt. Außerdem kann längerer Gebrauch von Flunitrazepam zu schwerwiegenden Abhängigkeitserkrankungen führen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen spielt dieser Stoff auch im Rahmen der sogenannten K.-O.-Tropfen-Problematik, insbesondere beim Begehen von Sexualstraftaten und Raubdelikten nach Betäuben der Opfer, eine Rolle.

Mit der Unterstellung aller Zubereitungen von Flunitrazepam unter die BtM-Rezeptpflicht sollen der illegale Zugang zu flunitrazepamhaltigen Arzneimitteln und ihr Missbrauch erschwert werden, zumal in der Vergangenheit erhebliche Mengen der nur "normal" verschreibungspflichtigen flunitrazepamhaltigen Tabletten auf dem Schwarzmarkt erhältlich waren. Die Streichung der ausgenommenen Zubereitungen von Flunitrazepam bis 1 mg je abgeteilter Form bietet daher eine Reihe von Vorteilen; dazu gehören die bessere Kontrolle des Verkehrs mit Flunitrazepam und der erschwerte illegale Zugang. Nachteile für die klinische und ambulante Praxis sind derzeit nicht erkennbar.

Zu Artikel 2 (Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung)

Zu Nummer 1 (§ 1 BtMVV)

Zu Buchstabe a

Die Begriffe "Stationsbedarf" und "Stationsverschreibung" werden aus Gründen der Klarstellung um die Verschreibung für den Notfallbedarf nach § 5c und für den Rettungsdienstbedarf nach § 6 Absatz 1 ergänzt und angepasst.

Zu Buchstabe b

Mit der Neufassung wird klargestellt, dass auch in Alten- und Pflegeheimen, in Hospizen und in Einrichtungen der SAPV lückenlose Nachweise des Verbleibs von und des Bestands an BtM zu führen sind. Gleichzeitig wird die Lesbarkeit verbessert.

Zu Nummer 2 (§ 2 Absatz 1 Buchstabe a BtMVV)

Tapentadol wurde durch die Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3944) mit Wirkung zum 1. Juni 2010 der Anlage III des BtMG unterstellt. Nun wird die Höchstverschreibungsmenge für Tapentadol für die patientenbezogene Verschreibung entsprechend der vorgesehenen Tageshöchstdosis für die Dauertherapie von 600 mg festgelegt.

Zu Nummer 3 (§ 3 Absatz 1 Buchstabe a BtMVV)

Für Tapentadol wird die Höchstverschreibungsmenge für die patientenbezogene Verschreibung durch Zahnärzte entsprechend der Systematik für andere Opioide festgelegt.

Zu Nummer 4 (§ 5b BtMVV)

Zu den Buchstaben a bis d (Überschrift und § 5b Absatz 1 bis 3)

Die Vorschriften dieses Paragraphen werden in den Absätzen 1 bis 3 auf die SAPV ausgedehnt und die Überschrift wird entsprechend angepasst.

Zu Buchstabe e (§ 5b Absatz 4)

Für Patienten in Einrichtungen der SAPV sowie in stationären Hospizen sollen BtM grundsätzlich individuell auf BtM-Rezepten verschrieben werden. Um die Weiterverwendung dieser BtM zu ermöglichen, sofern sie nicht mehr benötigt werden, aber weiterverwendbar sind, darf der behandelnde Arzt in einem Alten- und Pflegeheim, einem stationären Hospiz oder einer Einrichtung der SAPV die in geeigneten Räumlichkeiten gelagerten BtM anderen Patienten dieser Einrichtung verschreiben oder an eine versorgende Apotheke zur Weiterverwendung in solchen Einrichtungen zurückgeben. Zusätzlich wird dem behandelnden Arzt in einem stationären Hospiz oder einer Einrichtung der SAPV die Möglichkeit eröffnet, BtM, die nicht mehr benötigt werden, unter bestimmten Voraussetzungen in den Notfallvorrat der jeweiligen Einrichtung gemäß den Bestimmungen des neu geschaffenen § 5c einzuspeisen. Die Formulierung des § 5b Absatz 4 Nummer 3"Überführung in den Notfallvorrat nach § 5c Absatz 1 Satz 1" stellt klar, dass in diesem Fall o.g. weiterverwendungsfähige BtM ausschließlich in den Notfallvorrat dieser Einrichtung überführt werden dürfen.

Zu Nummer 5 (§ 5c BtMVV)

Nach § 5b wird ein neuer § 5c in die BtMVV eingefügt. Die intensive Diskussion mit den Fachkreisen hat gezeigt, dass in stationären Hospizen und Einrichtungen der SAPV ein erheblicher Bedarf an BtM für Notfälle besteht und es deshalb erforderlich ist, einen Notfallvorrat einzurichten und zur Verfügung zu halten.

Hospize und Einrichtungen der SAPV dürfen in ihren Räumlichkeiten einen Vorrat an BtM für Notfälle (Notfallvorrat) anlegen. Soweit Hospize und Einrichtungen der SAPV von dieser Option Gebrauch machen, müssen sie einen oder mehrere Ärzte beauftragen, die für den Notfallvorrat benötigten BtM mittels eines BtM-Anforderungsscheines zu verschreiben. Wenn ein Träger Notfallvorräte an räumlich getrennten Standorten anlegen will, können mehrere Ärzte beauftragt werden, die jeweils für ihren Standort BtM verschreiben. Entsprechend können für jeden Standort eigene Notfallvorräte angelegt werden. Die in Satz 1 genannten Institutionen (die Berechtigten) sind verpflichtet, die lückenlose Nachweisführung über die Aufnahme von BtM in den Notfallvorrat und die Entnahme aus dem Notfallvorrat durch interne Regelungen mit den Ärzten und Pflegekräften, die an der Behandlung der Patienten beteiligt sind, sicherzustellen sowie die Belieferung und die Kontrolle des Notfallvorrats mit einer Apotheke schriftlich zu vereinbaren.

Sinn dieser Regelung, auch in Verbindung mit dem neu gefassten § 5b Absatz 4, ist es, die Einrichtung eines flexiblen Notfallvorrats für BtM in stationären Hospizen und Einrichtungen der SAPV zu ermöglichen. Der Notfallvorrat soll dazu beitragen, die Versorgung der Patienten mit BtM in den genannten Hospizen und Einrichtungen jederzeit sicherzustellen. Für den Notfallvorrat können BtM vom beauftragten Arzt oder von den beauftragten Ärzten verschrieben werden. Außerdem können weiterverwendbare, nicht mehr benötigte BtM, die für einen Patienten verschrieben waren, in den Notfallvorrat eingespeist werden.

Entsprechend den Vorschriften für den Rettungsdienst aus § 6 Absatz 3 Satz 2 bis 5 werden die mit der Überprüfung des BtM-Bestandes verbundenen Verpflichtungen ebenfalls der Apotheke auferlegt, die den Notfallvorrat beliefert. Die Überführung von BtM gemäß § 5b Absatz 4 Nummer 3 in den Notfallvorrat ist auf solche beschränkt, die unter der Verantwortung des Arztes gelagert wurden (§ 5b Absatz 3 Satz 1). Der Pflicht, das BtM auf seine einwandfreie Beschaffenheit zu überprüfen, muss der Apotheker insoweit nachkommen, wie die Beschaffenheit äußerlich erkennbar ist oder sich aus den Lagerumständen erkennbar ergibt. Entsprechend § 6 Absatz 3 Satz 5 hat der Apotheker den Hospizen oder Einrichtungen der SAPV eine angemessene Frist zur Beseitigung festgestellter Mängel zu setzen und bei der Nichteinhaltung der Frist die zuständige Landesbehörde zu unterrichten. Der Apotheker kann im Rahmen der Überprüfungen sowohl qualitätssichernd als auch pharmazeutisch beratend für die palliative Arzneimittelversorgung tätig werden.

Zu Nummer 6 (§ 6 Absatz 1 BtMVV)

Zu den Buchstaben a und b

Es handelt sich um eine begriffliche Klarstellung, die der Anpassung an andere in der BtMVV verwendete Begriffe wie "Stationsbedarf", "Rettungsdienstbedarf" oder"Notfallbedarf" nach § 5c dient.

Zu Nummer 7 (§ 8 Absatz 3 BtMVV)

Entsprechend den bisherigen Vorschriften des § 8 Absatz 3 BtMVV werden die vom BfArM ausgegebenen BtM-Rezepte mit der BtM-Nummer des Arztes und dem Ausgabedatum versehen. Der Aufdruck erfolgt beim BfArM mit speziellen Druckern. Die neue Vorschrift verzichtet auf diesen Aufdruck, wodurch Kosten eingespart werden. Die Sicherheit und Kontrolle des BtM-Verkehrs werden nicht gefährdet, da durch die Rezeptnummer weiterhin sichergestellt ist, dass jedes einzelne BtM-Rezept nachverfolgt und die Zuordnung zu dem jeweiligen Arzt eindeutig nachvollzogen werden kann.

Zu Nummer 8 (§ 10 BtMVV)

Zu den Buchstaben a bis d

Die Vorschriften des § 10 der BtMVV werden auf Verschreibungen für den Notfallbedarf in stationären Hospizen und Einrichtungen der SAPV ausgedehnt. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass der Notfallbedarf für stationäre Hospize und für Einrichtungen der SAPV von dem beauftragten Arzt bzw. den beauftragten Ärzten nach § 5c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 auf gültigen BtM-Anforderungsscheinen verschrieben werden muss, die von ihm bzw. ihnen anzufordern sind. Zudem wird eine redaktionelle Ergänzung hinsichtlich des Bedarfs für Einrichtungen des Rettungsdienstes vorgenommen.

Die Begriffe "Stationsbedarf" und "Stationsverschreibung" werden aus Gründen der Klarstellung um die Verschreibung für den Notfallbedarf nach § 5c und für den Rettungsdienstbedarf nach § 6 Absatz 1 ergänzt und angepasst. Zudem werden weitere Klarstellungen vorgenommen und Absatz 2 wird zur besseren Lesbarkeit neu gefasst.

Soweit mehrere beauftragte Ärzte z.B. in räumlich getrennten "Palliative Care Teams" eines Trägers arbeiten, ist die Weitergabe von BtM-Anforderungsscheinen untereinander möglich. Diese Weitergabe ist nachvollziehbar zu dokumentieren.

Zu Nummer 9 (§ 11 BtMVV)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich um eine Klarstellung.

Zu Buchstabe b

Es werden begriffliche Anpassungen als Folge der Änderungen des Artikels 2 Nummer 8 Buchstabe a bis d vorgenommen.

Zu Nummer 10 (§ 12 BtMVV)

Es werden begriffliche Anpassungen im Sinne redaktioneller Folgeänderungen vorgenommen.

Zu Nummer 11 (§ 13 Absatz 2 und 3 BtMVV)

Zu Buchstabe a

Die Nachweisführung wird im Hinblick auf den Notfallbedarf nach § 5c angepasst: Die Eintragungen über Zugänge, Abgänge und Bestände der BtM sowie die Übereinstimmung der Bestände mit den geführten Nachweisen sind vom beauftragten Arzt bzw. den beauftragten Ärzten nach § 5c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 am Ende eines jeden Kalendermonats zu prüfen und, sofern sich der Bestand geändert hat, durch Namenszeichen und Prüfdatum zu bestätigen.

Zu Buchstabe b

Bei einem Wechsel des beauftragten Arztes in einem Hospiz, einer Einrichtung der SAPV oder bei einem Rettungsdienst ist die Übergabe des BtM-Bestandes zu dokumentieren.

Zu Nummer 12 (§ 14 Absatz 1 Nummer 5 BtMVV)

Die Nummer 5 wird neu gefasst:

In Nummer 5a wird die Nachweisführung in Apotheken, in Nummer 5b die Nachweisführung in Krankenhäusern, Tierkliniken, Hospizen, in Einrichtungen der SAPV und des Rettungsdienstes konkretisiert. Die Nachweisführung, die sich bisher auf Krankenhäuser und Tierkliniken erstreckte, wird auf Hospize, die Einrichtungen der SAPV und den Rettungsdienst ausgedehnt. Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, kann bei Abgabe oder Erwerb von BtM auf BtM-Anforderungsschein die Anschrift des verschreibenden Arztes zukünftig weggelassen werden.

Zu Nummer 13 (§ 17 Nummer 3 und 6 BtMVV)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur redaktionellen Ergänzung der Rettungsdienste in § 10 Absatz 1 Satz 1 (s. o. Artikel 2 Nummer 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa). Die Bezugnahme auf § 6 Absatz 1 in § 17 Nummer 3 ist entbehrlich, weil sie jetzt bereits in § 10 Absatz 1 Satz 1 erfolgt.

Nach der Ergänzung in § 10 Absatz 1 Satz 1 dürfen auch BtM für den Notfallbedarf in Hospizen und Einrichtungen der SAPV nur auf einem BtM-Anforderungsschein verschrieben werden. Damit werden die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 17 Nummer 3 um die Verletzung dieser Formvorschrift in Hospizen und Einrichtungen der SAPV erweitert.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten der Verordnung. Für die Streichung der Ausnahmeregelung für Zubereitungen von Flunitrazepam ist eine Vorlaufzeit vorgesehen, um den Herstellern, Großhändlern und Apotheken, die noch "normal" verschreibungspflichtige flunitrazepamhaltige Fertigarzneimittel vorrätig halten, die Umsetzung zu erleichtern. Gleichzeitig wird in dieser Zeit die Ärzteschaft über die neuen Verschreibungsvorschriften informiert.

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1449:
Entwurf einer 25. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit der Verordnung werden zwei Informationspflichten der Wirtschaft eingeführt und zwölf geändert. Dadurch sinken die Bürokratiekosten netto um rund 5,5 Mio. Euro pro Jahr. Hinzu kommen einmalige Bürokratiekosten in Höhe von rund 10 Tsd. Euro. Der Schwerpunkt der Entlastung liegt in der Möglichkeit für Hospize und Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, jeweils einen Notfallbedarf an Betäubungsmitteln zu schaffen. Dadurch sinkt insbesondere die Zahl der aufzubewahrenden Rezepte und Verschreibungen.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter