Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Februar 2010 zur Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (2009/2174(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 102739 - vom 2. März 2010.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. Februar 2010 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. unter Hinweis darauf, dass auf der Ebene der Europäischen Union und auf internationaler Ebene allgemein ein Konsens darüber besteht, dass ein verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich Transparenz, Informationsaustausch und fairen steuerlichen Wettbewerb bedeutet,

B. unter Hinweis darauf, dass das Fehlen eines verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich Steuerbetrug und Steuerflucht fördert und gravierende Folgen für die nationalen Haushalte sowie das Eigenmittelsystem der Europäischen Union hat und der Ausfall mit 2,5 % des jährlichen BIP veranschlagt wird; unter Hinweis darauf, dass ehrlichen Unternehmen ein Wettbewerbsnachteil aufgrund von Steuerbetrug entsteht; unter Hinweis darauf, dass ein verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich dazu führen sollte, dass den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Entwicklungsländern mehr Mittel zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele zur Verfügung gestellt werden,

C. unter Hinweis darauf, dass die Globalisierung es zunehmend schwieriger gemacht hat, Steuerbetrug auf internationaler Ebene zu bekämpfen und davon insbesondere die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit ihren großen Unterschieden betroffen sind; unter Hinweis darauf, dass diese Faktoren ein starkes Argument dafür sind, die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union auf internationaler Ebene zu verbessern, um zu gewährleisten, dass sie effektiv ist,

D. unter Hinweis darauf, dass Steuerhinterziehung und Steuerumgehung auf nationaler Ebene ein ernsthaftes Hindernis bei der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele darstellen,

E. in der Erwägung, dass eine beträchtliche Zahl von multinationalen Unternehmen so strukturiert worden ist, dass die Möglichkeit von Steuerhinterziehung in den unterschiedlichen Steuergebieten, in denen sie tätig sind, ausgenutzt wird; unter Hinweis darauf, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung in verschiedenen Steuergebieten große internationale bzw. alteingesessene Unternehmen gegenüber kleinen, inländischen bzw. neu gegründeten Unternehmen bevorteilt,

F. in der Erwägung, dass die Fähigkeit multinationaler Unternehmen, extensiv auf Steueroasen und Offshore-Zentren als Teil ihrer Strategien der Steuervermeidung zurückzugreifen, im Widerspruch zum Grundsatz des fairen Wettbewerbs und der unternehmerischen Verantwortung steht,

G. unter Hinweis darauf, dass Steueroasen mit den Grundsätzen der Solidarität, der Gerechtigkeit und der Umverteilung im Konflikt stehen; in der Erwägung, dass eine beträchtliche Zahl von multinationalen Unternehmen in einer globalisierten Wirtschaft ihre Macht dazu nutzt, Druck auf die Regierungen - insbesondere die Regierungen von Entwicklungsländern - dahingehend auszuüben, dass sie die Steuersätze senken und Steueranreize bieten, um Investitionen anzuziehen; unter Hinweis darauf, dass dies in der Praxis die Steuerlast auf Arbeitnehmer und Haushalte mit niedrigem Einkommen verlagert und zu schädlichen Kürzungen bei den öffentlichen Dienstleistungen gezwungen hat,

H. unter Hinweis darauf, dass sich der Rat gegenwärtig mit einer Reihe von wichtigen Legislativvorschlägen zur Besteuerung von Zinserträgen, zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuern befasst; in der Erwägung, dass eine Stärkung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich innerhalb der Europäischen Union eine politische und moralische Grundlage schaffen wird, von der aus man von Drittländern verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich verlangen kann,

I. in der Erwägung, dass die Annahme der Allgemeinen Grundsätze zur Verhütung von Steuerumgehung den Steuerbehörden die Befugnis gibt, die Frage zu prüfen, ob der Hauptzweck eines Geschäftsvorgangs in der Vermeidung oder Kürzung einer Steuerschuld besteht, und - sollte dies zutreffen - eine zusätzliche Steuer zu erheben, um einer solchen Vermeidung oder Kürzung von Steuern entgegenzuwirken,

J. unter Hinweis darauf, dass Entwicklungsländer - gerade wegen des Fehlens an verantwortungsvollem Handeln im Steuerbereich - häufig nicht über die Legitimität oder die Autorität verfügen, ihre eigenen Bürger zu besteuern; unter Hinweis darauf, dass die Europäische Union bei der Formulierung ihrer Politik des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich den spezifischen Problemen Rechnung tragen muss, mit denen Entwicklungsländer konfrontiert sind, und ihnen Hilfestellung bei der Überwindung dieser Probleme bieten muss,

K. unter Hinweis darauf, dass die vereinten Bemühungen der G20 und der Vereinten Nationen zusammen mit den Bemühungen in Zuge der von der OECD angeführten Initiativen einige vielversprechende Ergebnisse im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Steuerpolitik geliefert haben; unter Hinweis darauf, dass sich an diese Ergebnisse, die weiterhin nicht ausreichen, um die von Steueroasen und Offshore-Zentren ausgehenden Herausforderungen zu bewältigen, entschiedene, effektive und in sich schlüssige Maßnahmen anschließen müssen,

L. in der Erwägung, dass die OECD gegenwärtig das in Steueroasen akkumulierte private Vermögen mit etwa 1 000 000 000 000 USD (eine Billion) veranschlagt, ein Betrag, der fünfmal so hoch ist wie vor zwei Jahrzehnten; unter Hinweis darauf, dass über eine Million Unternehmen, vor allem in den Vereinigten Staaten und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ihren Sitz in Ländern angemeldet haben, in denen solche Steueroasen zu finden sind,

M. in der Erwägung, dass Belege dafür vorliegen, dass die Finanzkrise teilweise durch neue Arten von komplexen Finanzinstrumenten und Derivaten ausgelöst wurde, die zum großen Teil in Fonds platziert waren, welche ihren Sitz in der Geheimhaltung unterliegenden Steuergebieten haben; unter Hinweis darauf, dass in Steueroasen beispielsweise komplexe Finanzprodukte beheimatet sind, die finanzielle Instabilität verursachen, und dass mehr Finanzinstitute außerbilanzielle Verbindlichkeiten in Steueroasen hatten; unter Hinweis darauf, dass die Finanzkrise generell neues Licht auf die Folgen des Fehlens einer verantwortungsvollen Steuerpolitik geworfen und die mit zweifelhaften Jurisdiktionen einhergehenden Risiken verdeutlicht hat,

N. in der Erwägung, dass nur 5 % der grenzüberschreitenden Steuerforderungen in der Europäischen Union beigetrieben werden,

Eine Gelegenheit, die ergriffen werden muss

Auf der Ebene der Europäischen Union

Auf internationale Ebene

Hin zu einer wirklichen EU-Politik des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich