Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Vollendung der Bankenunion

C(2018) 1637 final siehe Drucksache 686/17(B) HTML PDF

Europäische Kommission
Brüssel, den 18.4.2018 C(2018) 1637 final

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission zur Vollendung der Bankenunion (COM (2017) 592 final).

Wie bereits im Bericht der fünf Präsidenten vom Juni 2015 ausgeführt und von Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union vom September 2017 bekräftigt, muss die Bankenunion vollendet werden, wenn sie als Element einer starken Wirtschafts- und Währungsunion ihr volles Potenzial entfalten soll. Die Bankenunion ist eines der Schlüsselelemente der Wirtschafts- und Währungsunion, die das Fundament für unsere gemeinsame Währung, den Euro, bildet.

In der Mitteilung wird dargelegt, was bereits erreicht wurde und welche Maßnahmen auf der Grundlage des vom Rat ECOFIN im Juni 2016 vereinbarten Fahrplans zur Vollendung der Bankenunion noch erforderlich sind. Die Kommission hat die beiden gesetzgebenden Organe der Union aufgefordert, rasch tätig zu werden, um die verbleibenden Risiken im Bankensektor zu beseitigen. Diese Maßnahmen der-Risikominderung umfassen die Umsetzung des Bankenpakets' von 2016 sowie - über die im Fahrplan zur Vollendung der Bankenunion vorgesehenen Maßnahmen hinaus - neue Maßnahmen zum Abbau notleidender Kredite. Eine Bankenunion kann nur dann funktionieren, wenn Risikominderung und Risikoteilung Hand in Hand gehen. Die Mitteilung zeigt auch den Weg zur Schaffung einer gemeinsamen Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsmechanismus auf und gibt neue Impulse für die Verhandlungen über den Vorschlag für ein Europäisches Einlagenversicherungssystem.

Was bestehende Altlastenrisiken und mögliche Fehlanreize anbelangt, bietet der Vorschlag für ein Europäisches Einlagenversicherungssystem die Möglichkeit, dieses System schrittweise über einen längeren Zeitraum in zwei Phasen einzuführen:

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierender Bürgermeister Michael MÜLLER
Leipziger Straße 3 - 4
D - 10117 Berlin

Dieses Element einer gemeinschaftlichen Umlage von Verlusten könnte im Laufe der Zeit mehr Raum einnehmen.

Es sei darauf hingewiesen, dass es in der Rückversicherungsphase weder zu einer Risikoteilung noch einer Vergemeinschaftung von Verlusten kommen wird. Jede Liquiditätshilfe, die ein nationales Einlagensicherungssystem vom Europäischen Einlagenversicherungssystem erhält, muss zurückgezahlt werden. Für Verluste infolge von Auszahlungen müssen die nationalen Einlagensicherungssysteme und letztlich die ihnen angeschlossenen Banken über (nachträgliche) Beiträge aufkommen. Gleichzeitig werden die Einleger in der Bankenunion wesentlich besser geschützt. Die Einführung dieser Phase sollte daher nach Auffassung der Kommission nicht von zusätzlichen Anforderungen gegenüber dem Fahrplan von Juni 2016 abhängig gemacht werden.

Im Laufe der ersten Phase würde parallel zu den Arbeiten zur Risikominderung eine Überprüfung der Aktiva-Qualität als Voraussetzung, für den Übergang zur zweiten Phase erfolgen, um die Altlastenrisiken weiter zu reduzieren. Die Maßnahmen zur Risikominderung und die Bedingungen für den Übergang zur zweiten Phase schaffen ein günstigeres Umfeld für einen gesünderen Bankensektor mit geringeren Fehlanreizen. Die Arbeiten zur weiteren Reduzierung der Risiken und die Erfüllung der Bedingungen bilden eine solide Grundlage für das für 2022 geplante System der Risikoteilung mit einer schrittweisen Ausweitung der Verlustübernahme durch das Europäische Einlagenversicherungssystem.

Die Kommission ist sich der Besonderheiten des deutschen Bankensektors, insbesondere der Banken, die institutsbezogenen Sicherungssystemen angeschlossen sind, durchaus bewusst. Sie möchte dem Bundesrat daher versichern, dass das Europäische Einlagenversicherungssystem die institutsbezogenen Sicherungssysteme nicht daran hindern wird, weiterhin ihre Schutzfunktion wahrzunehmen. Das spezifische Risikoprofil ihrer Mitglieder könnte im Rahmen des Systems risikoabhängiger Beiträge angemessen berücksichtigt werden. Berücksichtigt werden könnte insbesondere, dass effektive institutsbezogene Sicherungssysteme die Wahrscheinlichkeit eines Sicherungsfalls für die Europäische Einlagensicherung wirksam verringern.

Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) lässt den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben. Ziel des vorgeschlagenen Europäischen

Einlagenversicherungssystems ist der Erhalt der Integrität des Binnenmarkts und eine Verbesserung seiner Funktionsweise mühe der einheitlichen Anwendung eines einzigen Regelwerks für die Einlagensicherung in Verbindung mit dem Zugang zu einem von einer zentralen Behörde verwalteten Europäischen Einlagenversicherungsfonds. Dieses Einlagenversicherungssystem wird Hindernisse für die Ausübung der Grundfreiheiten beseitigen und so erhebliche Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.

Artikel 114 AEUV ist daher die geeignete Rechtsgrundlage.

Die Kommission stimmt mit dem Bundesrat völlig darin überein, dass alle gesetzlichen Regelungen wie die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von den Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt werden müssen, und setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass dies geschieht, erforderlichenfalls auch durch die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren. Die Beteiligung am Europäischen

Einlagenversicherungssystem setzt die vollständige Umsetzung und Anwendung der Richtlinie voraus. Inzwischen haben alle Mitgliedstaaten der Kommission die Umsetzung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme angezeigt.

Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrats, dass die Verantwortung für den Abbau notleidender Kredite in erster Linie bei den betroffenen Banken liegt. Das Problem der notleidenden Kredite weist jedoch zugleich eine europäische Dimension auf Ein schwaches Wachstum aufgrund eines zu hohen Volumens notleidender Kredite in manchen Mitgliedstaaten könnte sich negativ auf das Wirtschaftswachstum in anderen Teilen der Europäischen Union auswirken. Der Abbau bestehender notleidender Kredite und Maßnahmen, die verhindern, dass neue entstehen, werden zur weiteren Verringerung der Risiken im europäischen Bankensektor beitragen. Die Kommission sieht durchaus, dass der derzeitige Bestand an notleidenden Krediten manche Mitgliedstaaten stärker belastet als andere, doch können notleidende Kredite in jedem Mitgliedstaat wieder auftreten, so dass Präventivmaßnahmen zur Reduzierung der Risiken nur dann wirken können, wenn sie in der gesamten Europäischen Union angewandt werden. Die Kommission hat am 14. März 2018 im Einklang mit dem Aktionsplan des Rates ein umfassendes Paket mit weiteren Maßnahmen zum Abbau notleidender Kredite vorgelegt. Die Kommission hat sich zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verpflichtet. Dies gilt selbstverständlich auch für neue Regulierungsinitiativen im Zusammenhang mit notleidenden Krediten.

Die Kommission hält es für wichtig, dass wirksame Verfahren zur Erleichterung der präventiven Restrukturierung rentabler Unternehmen zur Verhinderung von Insolvenzen vorhanden sind. Der Vorschlag für eine Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren {COM (2016) 723 final} verfolgt einen ausgewogenen Ansatz, der die Interessen der Gläubiger und Schuldner gleichermaßen berücksichtigt. Der Vorschlag belässt sich nicht mit insolventen Schuldnern. Er ist sorgfältig konzipiert, sodass er nicht in gut funktionierende Insolvenzsysteme eingreift, sondern auf ihnen aufbaut und sie ergänzt, um zu gewährleisten, dass wirksame Restrukturierungsverfahren verfügbar sind und eine Insolvenz in Fällen, in denen der Schuldner eine Aussicht auf Rückkehr zur Rentabilität hat, vermieden wird. Wir hoffen, dass das Europäische Parlament und der Ministerrat bei der Beratung dieses Vorschlags jetzt entscheidende Fortschritte erzielen.

Zum Standpunkt des Bundesrates, dass es einer weiteren Klärung in Bezug auf staatsanleihebesicherte Wertpapiere bedarf möchte die Kommission auf die diesbezüglichen Arbeiten des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken hinweisen, die inzwischen veröffentlicht worden sind. Bei staatsanleihebesicherten Wertpapieren käme eine Risikoteilung oder -vergemeinschaftung zwischen den Mitgliedstaaten ohnehin nicht zum Tragen. Nur private Investoren würden Risiken und etwaige Verluste teilen.

Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat angesprochenen Aspekte mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen GrüßenFrans TimmermansVizepräsident
Valdis Dombrovskis Vizepräsident