Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und die Euro-Gruppe: Die koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie - COM (2020) 112 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Europäische Kommission
Brüssel, den 13.3.2020 COM (2020) 112 final Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank, die Europäische INVESTITIONSBANK und die EURO-GRUPPE

Die koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie

1. Einleitung

Durch COVID-19, allgemein als "Coronavirus" bezeichnet, ist eine gravierende gesundheitliche Notlage für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften und Volkswirtschaften entstanden. Die Pandemie hat sich von China aus verbreitet und mittlerweile zu Infektionen in allen Mitgliedstaaten geführt. Zwar ist Italien am stärksten betroffen, doch steigt die Zahl der Fälle in sämtlichen Mitgliedstaaten, und die Lage verändert sich sehr schnell. Die Pandemie stellt für die einzelnen Menschen und die Gesellschaften eine schwere Belastung dar und setzt die Gesundheitssysteme unter erheblichen Druck. Wir müssen gemeinsam reagieren, um die Ansteckung zu verlangsamen, um unsere Gesundheitssysteme widerstandsfähiger zu machen, sodass den Menschen in Not geholfen werden kann, und um Fortschritte in Forschung und Entwicklung zu erzielen.

Neben diesen gravierenden sozialen Auswirkungen und der menschlichen Dimension ist die Coronavirus-Pandemie auch ein großer wirtschaftlicher Schock für die EU, der eine entschlossene und koordinierte wirtschaftliche Reaktion erfordert. Die Ausbreitung des Virus verursacht Störungen der globalen Lieferketten, Volatilität an den Finanzmärkten, Schocks bei der Verbrauchernachfrage und negative Auswirkungen in wichtigen Branchen wie Reiseverkehr und Tourismus. Die Kurse an den europäischen Aktienmärkte sind im Vergleich zu Mitte Februar um rund 30 % gefallen - ihr stärkster Rückgang innerhalb eines Monats seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 - und die Unsicherheit über die Entwicklung des Ausbruchs in den kommenden Wochen und Monaten ist nach wie vor hoch.

Nur durch Solidarität und europaweite koordinierte Lösungen werden wir in der Lage sein, diese gesundheitliche Notlage zu bewältigen. Wir brauchen Solidarität zwischen Ländern, Regionen, Städten sowie Bürgerinnen und Bürgern, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, Patienten zu helfen und den negativen wirtschaftlichen Folgen entgegenzuwirken. Daher sind eine Reihe von grundlegenden Maßnahmen und eine einheitliche und klare gemeinsame Vorgehensweise erforderlich. Die enge Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Die Kommission wird alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, um dieser Krise zu trotzen. Neben ihren Koordinierungsanstrengungen, ihren Bemühungen, Orientierungshilfen bereitzustellen, und ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus wird die Kommission auch tätig, um die sozioökonomischen Folgen der Pandemie zu bewältigen und abzumildern. Dabei geht es um die Integrität des Binnenmarkts und ganz allgemein um die Erhaltung der Wertschöpfungsketten in den Bereichen Produktion und Vertrieb, damit die notwendige Versorgung unserer Gesundheitssysteme gewährleistet ist. Es geht darum, die Menschen zu unterstützen, um dafür zu sorgen, dass sich die Pandemie nicht unverhältnismäßig stark auf Einkommen und Arbeitsplätze auswirkt. Es geht darum, Unternehmen - insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) - zu unterstützen. Außerdem geht es darum, die Liquidität unseres Finanzsektors sicherzustellen und einer drohenden Rezession durch Maßnahmen auf allen Ebenen entgegenzuwirken. Schließlich geht es darum, einen Rahmen zu gewährleisten, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, in koordinierter Weise entschlossen zu handeln. Das letztendliche Ziel besteht darin, auf eine rasche Erholung von diesem wirtschaftlichen Schock hinzuarbeiten.

In dieser Mitteilung ist dargelegt, welche Sofortmaßnahmen die Kommission ergreifen wird, um die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 abzumildern. Mit den heute angekündigten Maßnahmen wird den drängendsten Herausforderungen begegnet, doch muss uns bewusst sein, dass sich die Lage täglich verändert. Die Kommission wird eng mit dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Europäischen Investitionsbank (EIB) und den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die Maßnahmen rasch umzusetzen, und ist bereit, bei Bedarf alle weiteren Initiativen zu ergreifen. Darüber hinaus unterstützt die Kommission eine internationale Reaktion zur Bewältigung der globalen sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie durch den multilateralen Rahmen, wobei den Partnerländern mit anfälligen Gesundheitssystemen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

2. SOZIOÖKONOMISCHE Auswirkungen

Die COVID-19-Pandemie ist ein großer Schock für die globale und die europäische Wirtschaft. Bereits jetzt sind erhebliche negative wirtschaftliche Auswirkungen auf Europa festzustellen, zumindest für die erste Hälfte dieses Jahres und möglicherweise für länger, wenn die Eindämmungsmaßnahmen nicht wirksam sind.1 Das reale BIP-Wachstum im Jahr 2020 könnte aufgrund der COVID-19-Pandemie deutlich unter Null fallen oder sogar stark ins Minus drehen, und eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion der EU-Organe und der Mitgliedstaaten ist von entscheidender Bedeutung, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern.

Der Schock für die Wirtschaft hat mehrere Dimensionen:

Der Schock wird vorübergehend sein, aber wir müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass er so kurz und begrenzt wie möglich ist und unseren Volkswirtschaften keinen dauerhaften Schaden zufügt. Für die Zukunft wird das Ausmaß der negativen Aussichten von mehreren Parametern abhängen, beispielsweise der mangelnden Versorgung mit kritischen Materialien, der Wirksamkeit der Eindämmungsmaßnahmen, den Ausfallzeiten im verarbeitenden Gewerbe in der EU, den verlorenen Arbeitstagen in Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen sowie den Nachfrageeffekten (z.B. Mobilitätseinschränkungen, Reisestornierungen).

Die Mitgliedstaaten müssen wachsam sein und alle auf Unionsebene und auf nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um zu verhindern, dass die derzeitige Krise zu einem Verlust kritischer Anlagen und Technologien führt. Dazu gehören Instrumente wie nationale Sicherheitsüberprüfungen und andere sicherheitsbezogene Instrumente. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten im Vorfeld der Anwendung der Verordnung über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen entsprechend informieren.

Da sich COVID-19 ausbreitet und große Teile der Bevölkerung weltweit und in den Mitgliedstaaten betrifft, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen beträchtlich und nehmen von Tag zu Tag zu. Die Auswirkungen sind in der gesamten Wirtschaft spürbar, insbesondere in Situationen, in denen eine Abriegelung notwendig ist, um die Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Maßnahmen zur Eindämmung des Virus auf lokaler und nationaler Ebene könnten sich sowohl auf das Angebot als auch auf die Nachfrage auswirken. So ist insbesondere die rückläufige Nachfrage eine Folge der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, die die Regierungen umsetzen müssen und die sich auf das Privat-, Berufs- und Sozialleben auswirken. Am stärksten betroffen sind zum aktuellen Zeitpunkt das Gesundheitswesen, der Tourismus und der Verkehr, insbesondere die Luftverkehrsbranche.

Die COVID-19-Pandemie hat Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte. Ende Februar gaben die weltweiten Aktienmärkte und die Märkte für andere risikoreiche Vermögenswerte infolge einer Flucht in sichere Anlagen stark nach. Gleichzeitig stiegen die Preise für sichere Anlageformen infolge der wachsenden Nachfrage an: Die Renditen für US-Staatsanleihen (die "sichere Finanzanlage letzter Instanz") gingen drastisch zurück. Die Aktienkurse in allen Branchen fielen weltweit. Die Aufschläge auf Staatsanleihen stärker gefährdeter Mitgliedstaaten stiegen. Die Renditen von nicht als "Investment Grade" eingestuften Unternehmensanleihen kletterten nach oben.

Angesichts der makroökonomischen und finanziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sollten die wirtschaftspolitischen Maßnahmen entschlossen und in koordinierter Weise ergriffen werden, damit die folgenden Ziele erreicht werden:

3. Gewährleistung der Solidarität IM Binnenmarkt

3.1. LIEFERUNG medizinischer AUSRÜSTUNG

Der Binnenmarkt ist ein Kernelement der Europäischen Union. In Krisenzeiten ist er das Solidaritätsinstrument, das gewährleistet, dass wesentliche Güter, die zur Eindämmung von Gesundheitsrisiken benötigt werden, alle Bedürftigen erreichen können. Indem sichergestellt wird, dass diese Güter in der gesamten EU verfügbar sind, trägt der Binnenmarkt zum Schutz unserer Gesundheit bei. Einseitige nationale Beschränkungen des freien Verkehrs wesentlicher Versorgungsgüter für die Gesundheitssysteme schaffen erhebliche Hindernisse und beeinträchtigen massiv die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, den COVID-19-Ausbruch zu bewältigen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass nationale Maßnahmen, die das vorrangige Ziel des Gesundheitsschutzes verfolgen, im Geiste der europäischen Solidarität und Zusammenarbeit getroffen werden. Einige Mitgliedstaaten haben bereits nationale Maßnahmen betreffend die Ausfuhr persönlicher Schutzausrüstungen wie Schutzbrillen, Gesichtsmasken, Handschuhe, OP-Schutzkleidung oder Arzneimittel erlassen oder bereiten diese vor. Diese Maßnahmen könnten verhindern, dass solche wesentlichen Güter diejenigen erreichen, die sie am dringendsten benötigen, insbesondere Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Einsatzteams vor Ort und Patienten in den betroffenen Gebieten in ganz Europa. Sie erzeugen Dominoeffekte: Andere Mitgliedstaaten ergreifen ihrerseits

Maßnahmen, um die Auswirkungen der von anderen Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen abzumildern.

In kurzer Zeit haben sich die Beschränkungen auf eine wachsende Produktpalette ausgeweitet, angefangen bei persönlichen Schutzausrüstungen und zuletzt bis hin zu Arzneimitteln. Ausfuhrbeschränkungen ignorieren integrierte Lieferketten. Sie bewirken Engpässe bei der Erzeugung wesentlicher Versorgungsgüter, indem sie Vorleistungen in bestimmten Mitgliedstaaten blockieren. Sie stören die Logistik- und Vertriebsketten, die sich auf Zentrallager stützen, und fördern Maßnahmen zur Bevorratung in der Lieferkette. Letztendlich führen sie damit zur Wiedereinführung von Binnengrenzen in einem Moment, in dem Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten dringender ist denn je.

Mit Anhang 2 werden den Mitgliedstaaten Leitlinien an die Hand gegeben, in denen erläutert wird, wie geeignete Kontrollmechanismen einzurichten sind, um die Versorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten2. Der Vertrag gestattet es den Mitgliedstaaten, unter bestimmten eng gefassten Voraussetzungen von den Binnenmarktvorschriften abzuweichen. Sämtliche restriktiven nationalen Maßnahmen, die nach Artikel 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen getroffen werden, müssen gerechtfertigt sein, d.h. sie müssen für solche Ziele geeignet, notwendig und angemessen sein, indem sie eine angemessene Versorgung betreffender Personen sicherstellen und gleichzeitig jegliche Entstehung oder Verschärfung von Engpässen bei als wesentlich erachteten Waren wie persönlichen Schutzausrüstungen, Medizinprodukten oder Arzneimitteln verhindern. Jede geplante nationale Maßnahme, mit der der Zugang zu medizinischen Ausrüstungen und Schutzausrüstungen beschränkt wird, ist der Kommission zu notifizieren; diese unterrichtet dann die anderen Mitgliedstaaten.

Die der Kommission bislang notifizierten Maßnahmen wurden im Hinblick darauf bewertet, ob sie sicherstellen, dass wesentliche Güter dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden. Die Kommission behandelt solche Maßnahmen prioritär und unterstützt die Mitgliedstaaten dabei, die betreffenden Maßnahmen zu korrigieren. Versäumt es ein Mitgliedstaat, seine Maßnahmen hinreichend anzupassen, so wird die Kommission rechtliche Schritte einleiten.

Einige nationale Maßnahmen sehen vor, dass wesentliche Güter nicht in Drittländer exportiert werden, was letztendlich darauf abzielt, das Funktionieren der Gesundheitsversorgungssysteme in der EU aufrechtzuerhalten. Sollten Ausfuhren in Drittländer die Fähigkeit der EU gefährden, auf den Ausbruch von COVID-19 entsprechend zu reagieren, kann die Kommission tätig werden und ein Genehmigungssystem für die Ausfuhr bestimmter Produkte einrichten.

Die Kommission ergreift alle notwendigen Schritte, um eine angemessene Versorgung mit Schutzausrüstungen in ganz Europa sicherzustellen. Angesichts der globalen Engpässe hat die Kommission mit 26 Mitgliedstaaten ein beschleunigtes gemeinsames Beschaffungsverfahren eingeleitet. Als weiteres Sicherheitsnetz dient die Maßnahme, die die Kommission im Rahmen des Unionsverfahrens für den Katastrophenschutz der EU (rescEU) annehmen wird und die vorsieht, dass einschlägige Ausrüstungen für die Union erworben werden. Sofern die Mitgliedstaaten zustimmen, könnten Anfang April die ersten Käufe getätigt werden. Darüber hinaus legt die Kommission eine Empfehlung zu den Verfahren der Konformitätsbewertung und Marktüberwachung im Kontext von COVID-19 vor. Dadurch wird insbesondere ermöglicht, die Versorgung mit bestimmten Ausrüstungsgegenständen wie Einweg-Gesichtsmasken zu erhöhen.

Um die Produktion, Bevorratung, Verfügbarkeit und rationale Verwendung von medizinischer Schutzausrüstung und Arzneimitteln in der EU zu gewährleisten, muss gemeinsam gehandelt werden, und zwar auf offene und transparente Weise. Die Kommission hat sich an die Zulieferer gewandt, um den Umfang von Fehlmengen bewerten zu können, und hat diese ersucht, unverzüglich die Produktion zu steigern. Zusammen mit den Mitgliedstaaten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur hat die Kommission außerdem eine hochrangige Lenkungsgruppe eingesetzt, die mögliche Engpässe bei Arzneimitteln aufgrund von COVID-19 überwachen soll. Darüber hinaus beobachtet sie die Situation im Rahmen der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte, auch hinsichtlich der Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit verschiedener Diagnostika und der Zusammenarbeit bei unterschiedlichen nationalen Ansätze für Diagnosetests.

3.2. Verkehr

Der Ausbruch von COVID-19 hat zudem wesentliche Auswirkungen auf unsere Verkehrssysteme. Die europäischen Lieferketten sind eng miteinander verbunden. Diese Verbindungen werden durch ein umfassendes Netz von Güterverkehrsdiensten aufrechterhalten. Werden die Warenflüsse unterbrochen, so hat dies ernste wirtschaftliche Folgen.

COVID-19 hat den internationalen und europäischen Luftverkehrssektor bereits jetzt hart getroffen. Die Situation verschlechtert sich von Tag zu Tag. In den kommenden Wochen wird mit einem weiteren Rückgang des Luftverkehrs gerechnet. Um die Auswirkungen des Ausbruchs von COVID-19 abzufedern, schlägt die Kommission gezielte Rechtsvorschriften vor, mit denen die im EU-Recht festgelegten Verpflichtungen der Luftfahrtbranche zur Nutzung ihrer Zeitnischen an den Flughäfen vorübergehend gelockert werden. Sobald diese befristete Maßnahme in Kraft tritt, wird den Fluggesellschaften ermöglicht, ihre Kapazitäten vor dem Hintergrund der infolge von COVID-19 zurückgegangenen Nachfrage anzupassen.

Die landgestützten Lieferketten sind stark von der Einführung von Einreiseverboten an Landgrenzen oder Einschränkungen für Fahrer, in bestimmte Länder einzureisen, betroffen. Dies hat Auswirkungen auf sämtliche Waren, insbesondere jedoch auf kritisches Versorgungsmaterial und verderbliche Waren, und da es sich bei den weitaus meisten Unternehmen in dem Sektor um KMU handelt, sind die Auswirkungen unmittelbar und schwerwiegend.

Die Kommission lotet - ungeachtet des Verkehrsträgers - gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten aus, um die wirtschaftliche Kontinuität sicherzustellen, den Warenfluss und die Lieferketten aufrechtzuerhalten, die Durchführung unerlässlicher Reisen zu gewährleisten und für das Funktionieren des Binnenmarkts und die Verkehrssicherheit zu sorgen.

3.3. TOURISMUS

Der Tourismussektor in der EU steht unter beispiellosem Druck. Die Branche ist mit einem wesentlichen Rückgang internationaler Besucher konfrontiert (massive Stornierungen und Einbrüche bei den Buchungen, z.B. von Besuchern aus Amerika, China, Japan und Südkorea). Auch der Rückgang bei Reisen innerhalb der EU und bei Inlandsreisen, der auf die zunehmende Reisezurückhaltung der EU-Bürgerinnen und -Bürger und die nationalen und/oder regionalen präventiven Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen ist, setzen der Tourismusindustrie zu. KMU in diesem Sektor sind besonders von der rückläufigen Entwicklung im Tourismus und bei Geschäftsreisen betroffen. Der Einbruch, der bei Reisen innerhalb der EU und Inlandsreisen (87 % der Touristen) seit Ende Februar zu verzeichnen ist, verschärft die Lage. Mit mehr als 220 abgesagten oder verschobenen Veranstaltungen in Europa im ersten Quartal 2020 hat sich COVID-19 besonders negativ auf die Messe- und Kongressbranche ausgewirkt. Auch andere verwandte Bereiche wie Lebensmittel- und Getränkedienstleistungen sowie Bildungs- und Kulturaktivitäten geraten durch den Ausbruch von COVID-19 und die Bemühungen, die Ausbreitung einzudämmen, zunehmend unter Druck.

Die Kommission koordiniert mit den Mitgliedstaaten, internationalen Behörden und wichtigen Berufsverbänden in der EU eine Überwachung der Situation sowie Unterstützungsmaßnahmen.

4. MOBILISIERUNG des EU-HAUSHALTS und der Europäischen INVESTITIONSBANK-GRUPPE

4.1. LIQUIDITÄTSMAßNAHMEN: Unterstützung für Unternehmen, Sektoren und Regionen

Um schwer beeinträchtigte KMU unverzüglich entlasten zu können, werden die im Rahmen des EU-Haushalts bestehenden Instrumente mobilisiert, damit die auf nationaler Ebene ergriffenen Maßnahmen ergänzt werden und betroffenen KMU leichter Liquidität bereitgestellt wird.

In den kommenden Wochen wird aus dem EU-Haushalt eine Garantie für den Europäischen Investitionsfonds (EIF) in Höhe von 1 Mrd. EUR bereitgestellt, um die Finanzierung von Betriebsmitteln im Umfang von rund 8 Mrd. EUR zu unterstützen und mindestens 100 000 europäischen KMU und kleinen Midcap-Unternehmen zu helfen.3

Die Unterstützung wird über die bestehenden Instrumente der EIF-Programme erfolgen, mit denen Investitionen gefördert werden. Die Kreditvergabe wird nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften neu auf Betriebsmittelkredite mit einer Laufzeit von mindestens 12 Monaten ausgerichtet. Insbesondere werden die Darlehensgarantien im Rahmen von COSME - dem EU-Programm für die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen - zusammen mit den InnovFin-KMU-Garantien im Rahmen des Programms Horizont 2020 erhöht, damit die Banken Kleinstunternehmen, KMU und kleinen Midcap-Unternehmen Zugang zu Brückenfinanzierungen gewähren. Diese Instrumente werden in den kommenden Wochen durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) mit 750 Mio. EUR aufgestockt. Im Rahmen einer zusätzlichen zweckgebundenen Maßnahme werden dem EIF weitere EFSI-Mittel in Höhe von 250 Mio. EUR zufließen, die für die rasche Unterstützung von KMU in Abstimmung mit den nationalen Förderbanken und -institutionen der EU verwendet werden sollen.

Mit Hilfe dieser Instrumente wird betroffenen Unternehmen außerdem Kreditaufschub gewährt, sodass sie ihre Darlehen später zurückzahlen können und sich ihre Finanzbelastung verringert. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die bestehenden Finanzinstrumente im Rahmen der Strukturfonds in vollem Umfang zu nutzen, um den Finanzierungsbedarf zu decken, und die Inanspruchnahme der Strukturfonds zu maximieren, gegebenenfalls durch neue Finanzinstrumente. Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten hierbei zu unterstützen.

Die Kommission wird weiterhin eng mit der EIB-Gruppe und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zusammenarbeiten und diese dazu anhalten, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um solchen Sektoren, Produkten und Instrumenten Vorrang einzuräumen, die den betroffenen Unternehmen die effizienteste und wirkungsvollste Unterstützung bieten, und sie wird diese Institutionen ersuchen, sich auch mit anderen Partnern eng abzustimmen, um auf die sich verändernde Lage reagieren zu können.

AUFRECHTERHALTUNG des LIQUIDITÄTSFLUSSES in die Wirtschaft - BANKENSEKTOR

Dem Bankensektor kommt eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Auswirkungen des Ausbruchs der COVID-19 zu: er muss den Kreditfluss an die Wirtschaft aufrechterhalten. Wenn es bei der Kreditvergabe durch die Geldinstitute zu starken Einschränkungen kommt, wird sich die Wirtschaftstätigkeit drastisch verlangsamen, da die Unternehmen Schwierigkeiten hätten, ihre Lieferanten und Beschäftigten zu bezahlen. Die Eigenkapitalquoten der Banken haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert, sie sind weniger verschuldet, und ihre Abhängigkeit von zuweilen volatilen kurzfristigen Finanzierungen ist zurückgegangen.

Die Banken müssen für ihre Darlehenstätigkeit über ausreichende Liquidität verfügen. Die Kommission nimmt die am 12. März 2020 angekündigten geldpolitischen Beschlüsse der EZB zur Kenntnis.

Die Banken müssen in der Lage sein, diese zusätzliche Liquidität zu nutzen, um Unternehmen und privaten Haushalten gegebenenfalls neue Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Kommission nimmt die Erklärungen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu Maßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen von COVID-19 auf den Bankensektor der EU zur Kenntnis, die am 12. März angenommen wurden, und fordert die zuständigen Behörden auf, koordiniert vorzugehen und genauer darzulegen, wie die durch den EU-Rahmen gebotene Flexibilität am besten genutzt werden kann.

Der EU-Rahmen ermöglicht es den nationalen Regierungen, Banken gegebenenfalls durch staatliche Garantien zu unterstützen, wenn diese selbst unter Liquiditätsengpässen leiden. Zwar gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass dies derzeit der Fall ist, doch könnte sich eine solche Situation für einige Banken ergeben, wenn sich die Krise erheblich verschärfen sollte. Unter diesen Umständen wären diese Banken nicht in der Lage, ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe an die Wirtschaft aufrechtzuerhalten.

Beihilfen, die die Mitgliedstaaten Banken nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV als Ausgleich für direkte, durch den Ausbruch von COVID-19 entstandene Schäden gewähren (siehe weiter oben), zielen nicht darauf ab, die Existenzfähigkeit, Liquidität oder Solvenz eines Instituts oder Unternehmens zu erhalten oder wiederherzustellen. Folglich wären solche Beihilfen nicht als außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln einzustufen.

4.2. ABMILDERUNG der Auswirkungen auf die BESCHÄFTIGUNG

Es sind spezifische Maßnahmen erforderlich, um die Auswirkungen auf die Beschäftigung für Einzelpersonen und die am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige zu mildern, wenn die Produktion unterbrochen wird oder der Absatz sinkt. Die Arbeitnehmer müssen nach Möglichkeit vor Arbeitslosigkeit und Einkommenseinbußen geschützt werden, damit der Ausbruch nicht auch sie zu Opfern macht. Kurzarbeitsregelungen haben sich in einer Reihe von Mitgliedstaaten als effektiv erwiesen, da sie eine vorübergehende Arbeitszeitverkürzung ermöglichen und gleichzeitig die Einkommen der Arbeitnehmer stützen. Regelungen dieser Art gibt es derzeit in 17 Mitgliedstaaten. Es könnte sinnvoll sein, diese Regelungen auf die gesamte EU auszudehnen. Darüber hinaus können eine vorübergehende Verlängerung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Änderungen bei der Arbeitslosenunterstützung dazu beitragen, die Einkommen der Haushalte zu stützen. Auch die Förderung der Telearbeit könnte die Auswirkungen dämpfen.

Die EU ist bereit, die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit dabei zu unterstützen, die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzumildern. Sie unterstützt sie bereits bei der Prävention und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, beispielsweise durch die EU-Strukturfonds, einschließlich des Europäischen Sozialfonds, und durch die nachstehend näher beschriebene neue Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronakrise.

Zudem wird die Kommission die Arbeit an ihrem Legislativvorschlag für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung beschleunigen. Diese Initiative zielt darauf ab, die Erwerbstätigen zu unterstützen und diejenigen zu schützen, die im Falle großer Schocks ihren Arbeitsplatz verlieren. Ferner soll sie die nationalen öffentlichen Finanzen entlasten. Damit wird sie die soziale Dimension Europas stärken und seinen Zusammenhalt festigen. Die Arbeitslosenrückversicherung würde insbesondere nationale Maßnahmen wie beispielsweise Kurzarbeitsregelungen unterstützen, die Arbeitsplätze und Knowhow erhalten sollen, und/oder den Arbeitsplatzwechsel erleichtern.

4.3. die INVESTITIONSINITIATIVE zur Bewältigung der CORONAKRISE

Mit der heute vorgeschlagenen Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronakrise (CRII) schlägt die Kommission vor, im Rahmen der Kohäsionspolitik 37 Mrd. EUR für Maßnahmen gegen COVID-19 bereitzustellen und diese Mittel im Jahr 2020 im Rahmen von Ausnahme- und beschleunigten Verfahren vollständig auszuschöpfen.

Zu diesem Zweck schlägt die Kommission vor, ihre Verpflichtung zur Rückforderung nicht in Anspruch genommener Mittel aus Vorfinanzierungen im Rahmen der europäischen Struktur- und Investitionsfonds, die sich derzeit auf den Konten der Mitgliedstaaten befinden, in diesem Jahr auszusetzen. Die einschlägigen Beträge belaufen sich auf rund 8 Mrd. EUR aus dem EU-Haushalt, die die Mitgliedstaaten zur Ergänzung der Strukturfondsmittel von EU-weit 29 Mrd. EUR verwenden können. Dadurch wird sich das Investitionsvolumen im Jahr 2020 effektiv erhöhen.

Darüber hinaus sollten bis zu 28 Mrd. EUR bisher nicht zugewiesener Strukturfondsmittel aus den bestehenden nationalen Finanzrahmen, einschließlich der nationalen Beiträge, für die Bekämpfung der Krise in vollem Umfang einsetzbar sein, damit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel für Finanzierungen zur Verfügung haben.

Die Kommission wird auf höchster Ebene eine Taskforce einsetzen, die mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten wird, um sicherzustellen, dass auf dieser Grundlage innerhalb von Wochen Maßnahmen ergriffen werden können.

Ein Schlüsselelement des Vorschlags besteht darin, dass alle potenziellen Ausgaben für die Bekämpfung von COVID-19 ab dem 1. Februar 2020 für eine Finanzierung aus den Strukturfonds infrage kommen. Auf diese Weise können die Mitgliedstaaten die Mittel so schnell wie möglich zur Bekämpfung des Ausbruchs einsetzen. Ferner schlägt die Kommission vor, die Umschichtung erheblicher Beträge innerhalb der Programme zu vereinfachen. Diese Maßnahmen sollten es allen Mitgliedstaaten ermöglichen, in den kommenden Wochen die Prioritäten neu festzulegen und die Unterstützung dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten benötigt wird, insbesondere:

Sollten Programmänderungen für notwendig erachtet werden, wird die Kommission eng mit den nationalen und regionalen Behörden zusammenarbeiten, um die entsprechenden Verfahren unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Coronakrise auf die Verwaltungskapazität der Mitgliedstaaten zu straffen und zu beschleunigen.

Damit die Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronakrise maximale Wirkung entfalten kann, müssen die Mitgliedstaaten für eine zügige Umsetzung dieser Maßnahmen und eine rasche Befassung der gesetzgebenden Organe sorgen. Angesichts der beispiellosen Umstände fordert die Kommission den Rat und das Europäische Parlament auf, diesen Vorschlag der Kommission rasch zu billigen.

Parallel dazu wird die Kommission sich unverzüglich mit den am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten in Verbindung setzen, um mit der Vorbereitung der Umsetzung der Initiative zu beginnen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch dabei unterstützen, die bereits bestehende Flexibilität innerhalb der EU-Programme optimal zu nutzen. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, zu diesem Zweck einen hohen Vertreter auf Ministerebene und einen leitenden Beamten als Koordinatoren zu benennen.

Darüber hinaus schlägt die Kommission im Rahmen dieser Initiative vor, den Anwendungsbereich des Solidaritätsfonds der Europäischen Union auszuweiten und auch Krisen auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit einzubeziehen. 2020 stehen bis zu 800 Mio. EUR zur Verfügung.

Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung könnte auch in Anspruch genommen werden, um entlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige zu unterstützen. 2020 stehen bis zu 179 Mio. EUR zur Verfügung.

5. Staatliche Beihilfen

Angesichts des begrenzten Umfangs des EU-Haushalts sind vor allem die nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten gefordert, in der Coronakrise Mittel zur Verfügung zu stellen. Die EU-Beihilfevorschriften ermöglichen es den Mitgliedstaaten, rasch und wirksam Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, insbesondere KMU, zu unterstützen, die aufgrund des Ausbruchs des Corona-Virus mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind. Gleichzeitig stellen diese Vorschriften wirksam sicher, dass staatliche Beihilfen tatsächlich die bedürftigen Unternehmen erreichen und schädliche Subventionswettläufe vermieden werden, bei denen finanziell besser gestellte Mitgliedstaaten ihre Nachbarn zum Nachteil des Zusammenhalts innerhalb der EU übertreffen können.

Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit den geltenden Beihilfevorschriften umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen auflegen4:

In Italien haben die Folgen des COVID-19-Ausbruchs inzwischen eine derartige Gestalt und Größenordnung angenommen, dass Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV zur Anwendung kommen kann. Dies ermöglicht der Kommission die Genehmigung zusätzlicher nationaler Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats, die nach Auffassung der Kommission in Italien gegeben ist. Bei dieser Feststellung hat die Kommission eine Reihe von Indikatoren berücksichtigt, darunter auch - aber nicht nur - die erwartete Schrumpfung des BIP, die rigorosen Maßnahmen der öffentlichen Hand, insbesondere auch das Verbot von Veranstaltungen, die Schließung von Schulen, die Verkehrsbeschränkungen, die angespannte Lage des öffentlichen Gesundheitssystems sowie die von anderen Ländern auferlegten Flugstornierungen und Reisebeschränkungen.

Bei der Bewertung, ob Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b bei anderen Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen kann, wird die Kommission im Hinblick auf die Folgen des COVID-19-Ausbruchs für die betreffende Volkswirtschaft einen ähnlichen Ansatz verfolgen. Die Situation ist akut und ändert sich fortlaufend. Die Kommission beobachtet die Lage in der gesamten EU unablässig in engem Kontakt mit den Mitgliedstaaten. Schließlich arbeitet die Kommission einen gesonderten Rechtsrahmen nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV aus, der bei Bedarf erlassen wird. So wurde bereits in einer früheren Ausnahmesituation während der Finanzkrise von 2008 verfahren, als die Kommission 2009 einen Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen7 erließ.

Die Kommission hat alle erforderlichen Verfahrenserleichterungen vorgesehen, um Beihilfemaßnahmen rasch genehmigen zu können. Einschlägige Beschlüsse werden, wenn nötig, innerhalb von Tagen nach Eingang einer vollständigen Beihilfeanmeldung getroffen. Die Kommission hat eine spezielle Mailbox und eine spezielle Telefonnummer eingerichtet, um den Mitgliedstaaten bei etwaigen Fragen weiterzuhelfen. Um den Mitgliedstaaten ein rasches Handeln noch weiter zu erleichtern, ist die Kommission bereit, auf früheren Beihilfeentscheidungen basierende Vorlagen zur Verfügung zu stellen, die aufzeigen, welche Möglichkeiten die derzeitigen EU-Beihilfevorschriften zur Unterstützung von Unternehmen bieten.

6. VOLLE AUSSCHÖPFUNG der FLEXIBILITÄT des EU-FISKALRAHMENS

Im Einklang mit den in Abschnitt 5 dargelegten Grundsätzen sollten gezielte fiskalpolitische Unterstützungsmaßnahmen gegen die unmittelbaren sozioökonomischen Negativfolgen des Virusausbruchs getroffen werden. Dies beinhaltet die Unterstützung von Unternehmen in bestimmten Sektoren und Regionen, die mit Produktions- oder Absatzverwerfungen konfrontiert sind und deswegen Liquiditätsengpässe erleiden, insbesondere KMU. Denkbar wären z.B.:

Diese fiskalpolitischen Maßnahmen sind ebenso wie die Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Einkommensverlusten dringend erforderlich, um die Konjunktur zu stützen, und sollten getroffen werden, um den Abschwung abzumildern. Eine gut abgestimmte fiskalpolitische Antwort sollte darauf abzielen, den Auswirkungen eines Vertrauensverlusts und der damit verbundenen Nachfrageeffekte entgegenzuwirken. Wenn wir jetzt entschlossen handeln, können unsere Maßnahmen maximal greifen und nachwirken.

Die Kommission wird dem Rat vorschlagen, die im EU-Fiskalrahmen schon heute vorgesehene Flexibilität voll auszuschöpfen, um den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs und seiner Folgen zu helfen.

7. Schlussfolgerung

Um die sozioökonomischen Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs abzufedern, ist es erforderlich, dass alle Entscheidungsträger der EU zeitnah und in koordinierter Weise beherzte Maßnahmen ergreifen. Die zügige Umsetzung der in dieser Mitteilung skizzierten Maßnahmen ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Kommission wird die Entwicklung der Lage genau beobachten. Sie steht bereit, alle weiteren erforderlichen Initiativen zu ergreifen.

Die angekündigten Maßnahmen stellen auf die heutige Lage ab.

Wir müssen uns bewusst sein, dass sich die Lage täglich ändert. Eine weitere Eintrübung des Konjunkturausblicks ist nicht auszuschließen.

Die Union hat sich seit der letzten Finanzkrise schlagkräftige Instrumente an die Hand gegeben, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen und die Stabilität der Finanzmärkte sicherzustellen. Wir haben aus den vergangenen Jahren gelernt und werden unter Nutzung aller verfügbaren Instrumente handeln. Die Union sollte alles Erforderliche tun, um die Auswirkungen von COVID-19 und der damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen für unsere Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Volkswirtschaften so gering wie möglich zu halten. Im Rahmen unserer koordinierten und beherzten Antwort wird es über die in dieser Mitteilung angekündigten Schritte hinausreichende nationale Maßnahmen geben, die von gemeinsamem Handeln und einer optimalen Nutzung des EU-Instrumentenkastens im Geiste der Solidarität geprägt sein werden.

Europäische Kommission
Brüssel, den 13.3.2020 COM (2020) 112 final

ANNEXES 1 to 3
ANHÄNGE der Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank, die Europäische INVESTITIONSBANK und die EURO-GRUPPE: Die koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie

Anhang 1 - die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-PANDEMIE

In ihrer am 13. Februar 2020 veröffentlichten Winterprognose prognostizierte die Europäische Kommission für 2020 und 2021 ein gedämpftes BIP-Wachstum in der EU und im Euro-Währungsgebiet von 1,4 % bzw. 1,2 %. Angesichts der sehr spärlichen Daten, die zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung standen, wurde in dieser Prognose von einem mäßigen vorübergehenden Schock ausgegangen, der auf der Annahme beruhte, dass die mittlerweile als Pandemie eingestufte Epidemie auf China beschränkt bliebe und im ersten Quartal 2020 ihren Höhepunkt erreichen würde, sodass nur sehr begrenzte weltweite Spillover-Effekte entstünden. Allerdings wurde in der Prognose darauf hingewiesen, dass die Ausbreitung des Virus ein erhebliches Abwärtsrisiko für die Weltwirtschaft und die europäische Wirtschaft darstellt.

Das COVID-19-Virus hat inzwischen eine Pandemie verursacht, und die Kommissionsdienststellen haben neue Schätzungen der potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen vorgenommen. Dabei handelt es sich nicht um eine Prognose, sondern um Typszenarien, die auf aktualisierten Annahmen und Modellbildungstechniken beruhen. Hier muss betont werden, dass in Bezug auf das Ausmaß der Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft nach wie vor große Unsicherheit besteht, da diese unter anderem von der Ausbreitung der Pandemie und der Fähigkeit der Behörden abhängen wird, rasch zu handeln, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einzudämmen.

Das Basisszenario beruht auf zwei Annahmen:

In der Analyse wird zwischen einer Reihe von Übertragungskanälen unterschieden, über die sich COVID-19 auf die europäische Wirtschaft auswirken wird. Dazu gehören

Die COVID-19-Krise wird die Wirtschaft der EU und des Euroraums voraussichtlich außerordentlich stark beeinträchtigen. Die direkten Auswirkungen aller Kanäle dürften das reale BIP-Wachstum 2020 um 2,5 Prozentpunkte verringern (im Vergleich zu einer Situation ohne Pandemie). Da für 2020 ein reales BIP-Wachstum von 1,4 % für die EU prognostiziert war, würde dies bedeuten, dass das BIP-Wachstum 2020 auf etwas mehr als -1 % absinken könnte, wobei 2021 eine erhebliche, aber noch nicht vollständige Erholung zu erwarten wäre.

Einige der direkten Auswirkungen im Jahr 2020 können jedoch durch rechtzeitige und wirksame politische Maßnahmen aufgefangen werden, die einer Beeinträchtigung des realen BIP entgegenwirken. Die EU-Organe und die Mitgliedstaaten ergreifen derzeit politische Maßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise. Diese werden nicht in der Lage sein, die EU vor den negativen Folgen der Krise aus China zu schützen, und auch nur in sehr begrenztem Maße - wenn überhaupt - vor dem angebotsseitigen Schock für den Arbeitsmarkt. Sie können jedoch eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die negativen Folgen einer geschwächten Verbrauchernachfrage und von Liquiditätsengpässen bei den Unternehmen aufzufangen. Diese beiden Kanäle sind zusammengenommen für mehr als die Hälfte der geschätzten potenziellen Auswirkungen auf das Wachstum verantwortlich und bieten daher einen erheblichen Spielraum, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern. Insgesamt ergibt das Basisszenario für das Jahr 2020 aufgrund von COVID-19 ein reales BIP-Wachstum gleich Null - möglicherweise sogar ein erhebliches Negativwachstum. Eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion der EU-Organe und der Mitgliedstaaten ist von entscheidender Bedeutung, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern.

Ungünstigere Szenarien infolge weiterreichender Auswirkungen der Pandemie können nicht ausgeschlossen werden.

Abbildung 1: Geschätzte Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Wirtschaft der EU: Szenario für 2020

Quelle: Kommission

Anhang 2 - Nationale MAẞNAHMEN für MEDIZINISCHE Produkte und Geräte sowie PERSÖNLICHE SCHUTZAUSRÜSTUNGEN

1. Kontext und Notwendigkeit eines gemeinsamen Ansatzes

Die COVID-19-Viruskrise ist eine beispiellose gesundheitliche Notlage. Es handelt sich um eine ernsthafte weltweite Bedrohung mit erheblichen Auswirkungen auf Europa.

Die Verantwortung für die Ergreifung geeigneter gesundheitspolitischer Maßnahmen im Hinblick auf die derzeitige Krise liegt in erster Linie bei den EU-Mitgliedstaaten. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass alle nationalen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und des menschlichen Lebens auch mit den EU-Vorschriften im Einklang stehen. Die Binnenmarktvorschriften unterstützen die Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht, indem sie für Effizienz, Synergien und europäische Solidarität sorgen.

Der europäische Binnenmarkt ist in Bezug auf medizinische Produkte und persönliche Schutzausrüstungen sehr stark integriert, auch was die einschlägigen Wertschöpfungsketten und Vertriebsnetze anbelangt.

Zu den wichtigsten Produkten gehören Schutzbrillen, Schutzmasken, Handschuhe, OP-Overalls und -Mäntel1. Eine gute Organisation des gesamten Marktes der für die Versorgung unverzichtbaren Produkte ist die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass für diejenigen, die diese Produkte am dringendsten benötigen - die öffentlichen Gesundheitssysteme und vor allem die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die Einsatzteams vor Ort und die Patienten - kein Versorgungsengpass entsteht.

Dies erfordert eine europäische Antwort. Alle europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich hierzu verpflichtet und in den Schlussfolgerungen des Präsidenten des Europäischen Rates nach der Videokonferenz vom 10. März 2020 die Europäische Kommission beauftragt, die Bedarfsanalyse zu zentralisieren und Initiativen zur Vermeidung von Engpässen auszuarbeiten. Es muss sichergestellt werden, dass der Binnenmarkt ordnungsgemäß funktioniert und dass ungerechtfertigte Hindernisse, insbesondere in Bezug auf Schutzmasken und Beatmungsgeräte, vermieden werden.

In diesem Sinne hat die Kommission erstens bereits ein Beschaffungsverfahren für persönliche Schutzausrüstungen für 20 Mitgliedstaaten auf der Grundlage der am 28. Februar 2020 getroffenen Vereinbarung über das gemeinsame Beschaffungsverfahren durchgeführt und kann - vorbehaltlich der Verfügbarkeit auf dem Markt und der Berichte der Mitgliedstaaten - weitere gemeinsame Beschaffungsverfahren einleiten.

Zweitens hat die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur eine hochrangige Lenkungsgruppe eingesetzt, die mögliche Engpässe bei Arzneimitteln aufgrund von COVID-19 überwachen soll. Die Kommission überwacht die Situation auch im Rahmen der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte (MDCG) und ihrer Untergruppen, so etwa die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit verschiedener Diagnostika sowie die Zusammenarbeit bei unterschiedlichen nationalen Ansätzen für Diagnosetests. Außerdem werden Kontakte auch zu den wichtigsten Berufsverbänden von Herstellern und zu anderen Wirtschaftsakteuren, Patienten, Anwendern usw. gepflegt.

Drittens analysiert die Kommission den Bedarf und die erforderlichen Produktionskapazitäten in Europa, um sicherzustellen, dass Schutzausrüstungen und Arzneimittel dort verfügbar sind, wo sie am dringendsten benötigt werden. Die Kommission unterstützt die Unternehmen bei ihren Bemühungen, auf diese Ausnahmesituation zu reagieren.

Viertens können Maßnahmen erforderlich sein, um sicherzustellen, dass bei Engpässen medizinische Ausrüstungen und persönliche Schutzausrüstungen auf dem Markt reserviert und an diejenigen weitergeleitet werden, die sie am dringendsten benötigen.

Zu diesem Zweck können nationale Maßnahmen notwendig sein. Jede geplante nationale Maßnahme, mit der der Zugang zu medizinischen Ausrüstungen und Schutzausrüstungen beschränkt wird, ist der Kommission mitzuteilen; diese unterrichtet dann die anderen Mitgliedstaaten, damit sie dazu Stellung nehmen können. Um eine koordinierte Reaktion zu ermöglichen, wird die Kommission eine gemeinsame Taskforce einsetzen. Die Kommission wird auch weiterhin für alle erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen sorgen, um den Informationsaustausch zu erleichtern, alle erforderlichen Synergien zu ermitteln und zur wirksamen und kohärenten Umsetzung nationaler Maßnahmen beizutragen. Nationale restriktive Maßnahmen dürfen im betreffenden Land niedergelassene Unternehmen nicht daran hindern oder davon abhalten, an gemeinsamen Beschaffungsverfahren auf EU-Ebene teilzunehmen.

Einige Mitgliedstaaten haben bereits nationale Maßnahmen erlassen oder bereiten entsprechende Maßnahmen vor, die sich auf die Verfügbarkeit wesentlicher Produkte auswirken. Wenn diese Maßnahmen nicht gut konzipiert sind, laufen sie Gefahr, die Probleme zu verschärfen, anstatt sie zu lindern, insbesondere wenn sie darauf ausgerichtet sind, die grenzüberschreitende Lieferung der betreffenden Erzeugnisse zu beschränken, anstatt sie an diejenigen zu leiten, die sie sowohl im betreffenden Mitgliedstaat als auch europaweit am dringendsten benötigen. Zugleich gilt es, das Anlegen von Vorräten, Hamsterkäufe und Verschwendung durch nicht prioritäre oder sogar kontraproduktive Verwendung innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats zu vermeiden. Solche negativen Auswirkungen dürften noch akuter ausfallen, wenn Mitgliedstaaten, die eine führende oder zentrale Marktposition bei der Herstellung, der Einfuhr und dem Vertrieb von persönlichen Schutzausrüstungen und Medizinprodukten einnehmen, Beschränkungen auferlegen. Die jüngsten Entscheidungen bestimmter Mitgliedstaaten, Ausfuhren zu verbieten oder stark zu beschränken - in einem Fall sind 1324 Produkte betroffen, darunter Paracetamol und Medizinprodukte -, tragen zum Risiko von Engpässen in anderen Mitgliedstaaten bei, wodurch die Gesundheit der europäischen Bevölkerung gefährdet wird; sie sollten daher dringend korrigiert werden.

Die Kommission erinnert nachstehend an die einschlägigen Rechtsvorschriften und die gemeinsamen Ziele, die mit allen nationalen Maßnahmen verfolgt werden müssen, damit diese nicht nur rechtmäßig sind, sondern vor allem alle Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen zur Minderung der Risiken und Auswirkungen der COVID-19-Krise unterstützen.

2. Rechtsrahmen für restriktive Nationale MAẞNAHMEN

Artikel 35 AEUV verbietet mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten können nach Artikel 36 AEUV

Maßnahmen "zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen" ergreifen. Diese Einzelmaßnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, d.h. sie müssen im Hinblick auf das Erreichen dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein, indem sie eine angemessene Versorgung der bedürftigsten Personen gewährleisten und gleichzeitig das Auftreten oder die Verschärfung von Engpässen bei Waren wie individuellen Schutzausrüstungen, Medizinprodukten oder Arzneimitteln, die in der gesamten EU als wesentlich gelten, verhindern. Dies bedeutet insbesondere:

Anhang 3 - Staatliche Beihilfen

Beihilfen für Unternehmen, die infolge des COVID-19-Ausbruchs mit einem akuten Liquiditätsbedarf konfrontiert sind und/oder vor der Insolvenz stehen

Nach den EU-Beihilfevorschriften, d.h. den auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV gestützten Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien der Kommission, können die Mitgliedstaaten allen Arten von Unternehmen in Schwierigkeiten dringende vorübergehende Unterstützung in Form von Darlehensbürgschaften oder Darlehen gewähren. Diese Beihilfen würden den erwarteten Betriebsbedarf der Unternehmen für sechs Monate decken.

Zudem können auch Unternehmen, die sich (noch) nicht in Schwierigkeiten befinden, die aber aufgrund außergewöhnlicher und unvorhergesehener Umstände wie dem COVID-19-Ausbruch mit einem akuten Liquiditätsbedarf konfrontiert sind, unter den einschlägigen Voraussetzungen eine solche Unterstützung erhalten, insbesondere in Bezug auf die Höhe der Vergütung, die der Empfänger für die staatliche Garantie oder das staatliche Darlehen zahlen muss.

Grundsätzlich dürfen Unternehmen, die bereits in den letzten 10 Jahren eine solche Unterstützung erhalten haben, keine weiteren Beihilfen erhalten, um zu verhindern, dass unrentable Unternehmen künstlich im Markt gehalten werden (Grundsatz der einmaligen Beihilfe). Die Kommission ist jedoch bereit, in außergewöhnlichen und unvorhergesehenen Fällen wie dem COVID-19-Ausbruch nach einer Einzelanmeldung Ausnahmen von dieser Regel zulassen.

Ferner ermöglichen die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien den Mitgliedstaaten die Einführung spezieller Unterstützungsregelungen für KMU und kleinere staatliche Unternehmen, auch zur Deckung ihres akuten Liquiditätsbedarfs für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten. Zum Beispiel hat die Kommission im Februar 2019 eine mit 400 Mio. EUR ausgestattete Unterstützungsregelung Irlands2 zur Deckung des akuten Liquiditäts-, Rettungs- und Umstrukturierungsbedarfs von KMU als Maßnahme zur Vorbereitung auf den Brexit genehmigt. Die irischen Behörden haben diese Maßnahme nun umgewidmet, um die Unternehmen bei der Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs zu unterstützen. Ähnliche Unterstützungsregelungen gibt es inzwischen auch in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland, Finnland, Frankreich, Polen und Slowenien sowie in bestimmten Regionen Belgiens, Österreichs und Spaniens. Die Kommission ist bereit, erforderlichenfalls weiteren Mitgliedstaaten bei der zeitnahen Einführung ähnlicher Regelungen zu helfen. Sollten Mitgliedstaaten die Mittelausstattung genehmigter Regelungen angesichts des COVID-19-Ausbruchs erhöhen wollen, so muss eine Erhöhung um weniger als 20 % der Mittel nicht angemeldet werden, sondern kann von den Mitgliedstaaten direkt und ohne weitere Einbeziehung der Kommission vorgenommen werden. Für die Anmeldung von Mittelerhöhungen um mehr als 20 % gilt ein vereinfachtes Prüfverfahren.

Beihilfen zum Ausgleich von Schäden, die Unternehmen infolge des COVID-19-Ausbruchs entstanden sind

Nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV kann die Kommission staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten zur Beseitigung von Schäden genehmigen, die unmittelbar durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind.

Um als außergewöhnliches Ereignis gelten zu können, muss ein Ereignis

Maßnahmen nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV können darauf zugeschnitten sein, bestimmte Sektoren - in Form von Regelungen - oder einzelne Unternehmen zu unterstützen. Daher könnten die Mitgliedstaaten diese Möglichkeit nutzen, um Regelungen für alle Arten von Unternehmen in besonders betroffenen Sektoren (z.B. Luftverkehr, Tourismus und Gastgewerbe) zu konzipieren oder bestimmten Unternehmen eine individuelle Unterstützung zu gewähren.

Die Mitgliedstaaten können sich bei der Gestaltung solcher Regelungen auf die Erfahrungen der Vergangenheit und die Beschlusspraxis stützen. Zum Beispiel hat die Kommission nach den Terroranschlägen vom 11. September auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV

Unterstützungsregelungen Frankreichs und Deutschlands zur Deckung der Betriebsverluste genehmigt, die den Luftfahrtunternehmen im Zeitraum vom 11. bis zum 14. September 2001 durch die Sperrung des Luftraums infolge der Anschläge entstanden waren.3 Ferner hat die Kommission im Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch in Island und der damit verbundenen Staubwolke im April 2010 eine Unterstützungsregelung Sloweniens genehmigt, mit der 60 % der wirtschaftlichen Verluste (im Vergleich zu einem Szenario ohne die Katastrophe) gedeckt werden sollten, die Luftfahrtunternehmen und Flughäfen in der Zeit nach der Katastrophe bis zur Wiederherstellung des Normalbetriebs entstanden waren.4

Nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV können die Mitgliedstaaten auch Ausrichter von Veranstaltungen entschädigen, wenn Veranstaltungen wie Konzerte, Festivals, Sportturniere, Kultur- oder Handelsmessen als unmittelbare Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses in ihrem Hoheitsgebiet abgesagt werden. Am 10. März 2020 meldete Dänemark bei der Kommission eine Regelung zur Entschädigung von Ausrichtern von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern an, die aufgrund des COVID-19-Ausbruchs abgesagt werden mussten (dies ist die erste und bisher einzige Anmeldung staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch). Den Beschluss zur Genehmigung dieser Maßnahme erließ die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Anmeldung Dänemarks. Sie ist bereit, nach diesem Vorbild auch andere Mitgliedstaaten zu unterstützen, die ähnliche Maßnahmen planen.

Bei allen Maßnahmen, die nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV getroffen werden, muss ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen der gewährten Beihilfe und dem Schaden bestehen, der dem einzelnen Empfänger durch das außergewöhnliche Ereignis entstanden ist, und jede Beihilfe muss auf das für die Beseitigung des Schadens erforderliche Maß begrenzt sein. In diesem Zusammenhang ist die Kommission bereit, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nach praktikablen Lösungen etwa für die Verwendung von Näherungswerten zur Ermittlung des wirtschaftlichen Verlusts zu suchen, die mit den EU-Vorschriften im Einklang stehen.