Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verantwortlichkeit der Flaggenstaaten für die Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG COM (2012) 134 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 003/99 = AE-Nr. 990024,
Drucksache 179/11 (PDF) = AE-Nr. 110225 und AE-Nr. . 061346, 080527, 090087

Brüssel, den 23.3.2012 COM (2012) 134 final 2012/0065 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments des Rates über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten für die Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

Begründung

1. Hintergrund des vorgeschlagenen Rechtsakts

Das Seearbeitsübereinkommen 2006 wurde von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) am 23. Februar 2006 in Genf praktisch einstimmig verabschiedet. In diesem Übereinkommen für den internationalen Schiffsverkehr sind wesentliche Punkte in Bezug auf Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen (Titel I), Beschäftigungsbedingungen (Titel II), Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschließlich Bedienung (Titel III), Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit (Titel IV) sowie Erfüllung und Durchsetzung der Anforderungen (Titel V) geregelt, um menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen auf Schiffen sowie Verfahren zur Durchführung dieser Bestimmungen zu gewährleisten. Das Übereinkommen kann als das erste Arbeitsgesetzbuch für den Seeverkehr betrachtet werden, das für über 1,2 Million Seeleute weltweit sowie für Reeder und Seefahrernationen überall in der Welt gilt.

Die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission haben die Arbeit der ILO in diesem Bereich von Anfang an unterstützt. Nach Auffassung der EU trägt das Seearbeitsübereinkommen wirksam zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen in der globalen Schifffahrtsbranche bei, indem einheitliche Mindestnormen festgelegt werden, die für alle Flaggen und für alle Seeleute gleichermaßen gelten. Die EU hat in diesem Zusammenhang bereits mit der Entscheidung 2007/431/EG des Rates vom 7. Juni 2007 die Mitgliedstaaten ermächtigt, das Seearbeitsübereinkommen 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren1. Einige Mitgliedstaaten (Spanien, Bulgarien, Luxemburg, Dänemark, Lettland, die Niederlande) haben das Übereinkommen bereits ratifiziert, andere werden dies in Kürze tun. Inhaltlich haben die nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in der Regel ein höheres Schutzniveau und sind detaillierter als die ILO-Normen. Bevor das Übereinkommen ratifiziert werden kann, ist eine umfassende und zeitaufwändige Durchsicht der nationalen Rechtsvorschriften erforderlich, um die Kohärenz zwischen internationalen und nationalen Normen zu gewährleisten.

Bisher haben 22 Länder das Seearbeitsübereinkommen ratifiziert, auf die über 45 % der Welttonnage entfallen; damit das Seearbeitsübereinkommen in Kraft treten kann, sind 30 Ratifikationen und eine Bruttoraumzahl von mindestens 33 % der Welthandelsflotte erforderlich.

Die EU hat weiter die Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG2 verabschiedet. Die Richtlinie 2009/13/EG ist ein außerordentlicher Erfolg des sozialen Dialogs auf Branchenebene, und mit dem vorliegenden Vorschlag sollen dafür die Instrumente zur Durchsetzung in der Union geschaffen werden.

In dieser Hinsicht sollen die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, in der Ausübung ihrer Flaggenstaatkompetenzen die Richtlinie 2009/13/EG anzuwenden.

Durch die Richtlinie 2009/13/EG wurden die europäischen Rechtsvorschriften an die im Seearbeitsübereinkommen festgelegten internationalen Normen angeglichen. In diese Richtlinie wurden die einschlägigen Bestimmungen in den Titeln I, II, III und IV des Seearbeitsübereinkommens aufgenommen, in denen Rechte von Seeleuten festgelegt sind.

Die europäischen Sozialpartner, die ihre Vereinbarung durch einen Beschluss des Rates auf der Grundlage von Artikel 155 AEUV umsetzen möchten, sind jedoch nicht befugt, in diese Vereinbarung die Durchsetzungsbestimmungen in Titel V des Seearbeitsübereinkommens aufzunehmen, und haben daher die Kommission ersucht, die nötigen Schritte zu unternehmen. Durch den vorliegenden Vorschlag soll dies in Bezug auf die Verantwortlichkeiten des Flaggenstaats geschehen.

Diese Initiative ist Teil der Strategie der EU zur Förderung der Berufe im Seeverkehr. Wie die Kommission in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik der EU bis 20183 feststellte, liegt es im ureigenen Interesse der EU, gegenüber den europäischen Bürgern die Attraktivität von Seeverkehrsberufen durch entsprechende Maßnahmen hervorzuheben, soweit angebracht mit Beteiligung der Kommission, der Mitgliedstaaten und der Seeverkehrsbranche selbst. Die Durchführung des Seearbeitsübereinkommens, durch das die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf Schiffen deutlich verbessert werden, ist unbedingt ein Schritt in diese Richtung. In der Mitteilung wird betont, dass die Vereinbarung zwischen den EU-Sozialpartnern über die Durchführung wesentlicher Elemente dieses Übereinkommens zeigt, wie breit die Unterstützung für dieses Thema in der Branche ist, und dass daher die Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten insbesondere auf folgende Ziele ausgerichtet sein sollten:

Im Weißbuch "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem"5 wird die Bedeutung einer Sozialagenda für den Seeverkehr hervorgehoben, sowohl im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen als auch auf die Erhöhung der Sicherheit; weiter ist in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu diesem Weißbuch ein Vorschlag vorgesehen, durch den die effektive Durchsetzung des Seearbeitsübereinkommens sichergestellt werden soll.

Der vorliegende Vorschlag ist eng mit dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG über die Hafenstaatkontrolle verbunden, der darauf ausgerichtet ist, gleiche Ausgangsbedingungen für die Branche zu schaffen, indem das Seearbeitsübereinkommen in allen europäischen Häfen durchgesetzt wird.

1.1 Das Seearbeitsübereinkommen

Der Seeverkehr wird allgemein, wie auch die ILO ausdrücklich feststellt, als die erste wirklich globale Branche der Welt betrachtet, für die angemessene internationale Regeln aufgestellt werden müssen - globale Normen, die für die gesamte Branche gelten.

In dem 2006 verabschiedeten Seearbeitsübereinkommen sind umfassende Rechte und Arbeitsschutzbestimmungen vorgesehen, die für alle Seeleute gelten, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit und der Flagge des Schiffs.

Ziel des Seearbeitsübereinkommens ist es, zum einen menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Seeleute zu schaffen und zum anderen einen fairen Wettbewerb für Schiffseigner sicherzustellen, die einen hohen Qualitätsstandard gewährleisten. Es schreibt die Rechte von Seeleuten auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen unter zahlreichen Aspekten fest, und wurde so konzipiert, dass es global anwendbar, leicht verständlich, aktualisierbar und einheitlich durchsetzbar ist. Außerdem wurde es als globales Instrument angelegt, das die "vierte Säule" des internationalen Rechtsrahmens für qualitätsorientierte Schifffahrt bilden und die drei grundlegenden Seeverkehrsübereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ergänzen soll: das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS-Übereinkommen), das Internationale Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW-Übereinkommen) und das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen).

Die Rechte der Seeleute sind im Seearbeitsübereinkommen unter vier Titeln geordnet:

Titel 1 - Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen,
Titel 2 - Beschäftigungsbedingungen,
Titel 3 - Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschließlich Bedienung,
Titel 4 - Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit.

Darüber hinaus sind in Titel 5 des Übereinkommens Verfahren für eine bessere Überwachung auf allen Ebenen vorgesehen: Sie betreffen das Schiff, das Unternehmen, den Flaggenstaat, den Hafenstaat, die Herkunftsländer der Beschäftigten und das ILO-System für eine globale und einheitliche Anwendung der Bestimmungen und entsprechende Kontrolle. Neben einem soliden Regelwerk war nämlich ein effektives System zur Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen erforderlich, um unternormige Schiffe im Interesse der Schiffssicherheit und der Gefahrenabwehr sowie des Umweltschutzes aus dem Verkehr ziehen zu können.

Daher muss die EU über die Kontrolle durch den Flaggenstaat und die Hafenstaatkontrolle dafür sorgen, dass die einschlägigen Normen des Seearbeitsübereinkommens auf allen Schiffen Anwendung finden, die Häfen der EU anlaufen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Seeleute.

Die Durchsetzung der Normen des Seearbeitsübereinkommens über die Kontrolle durch den Flaggenstaat und den Hafenstaat wäre darüber hinaus ein Instrument zur Einschränkung von Sozialdumping, das dazu führt, dass sich die Arbeitsbedingungen an Bord verschlechtern und Schiffseigner, die für menschenwürdige, den Vorschriften des Seearbeitsübereinkommens entsprechende Arbeitsbedingungen sorgen, im Nachteil sind.

1.2. Die Verantwortlichkeiten des Flaggenstaats im Rahmen des Seearbeitsübereinkommens

Mit der Verabschiedung des Seearbeitsübereinkommens hat die ILO innovative Vorschriften für die Zertifizierung von Arbeitsbedingungen auf Schiffen eingeführt.

Im Seearbeitsübereinkommen wird eine strenge Durchsetzungsregelung festgelegt, die durch ein Zertifizierungssystem gestützt wird, bei dem der Flaggenstaat (oder eine für ihn tätig werdende anerkannte Organisation/Stelle) die Pläne des Schiffseigners zur Einhaltung der Bestimmungen kontrolliert und überprüft und zertifiziert, dass sie tatsächlich vorhanden sind und umgesetzt werden. Die Schiffe müssen ein Seearbeitszeugnis und eine Seearbeits-Konformitätserklärung an Bord mitführen. Diese Dokumente werden von dem Flaggenstaat ausgestellt, dessen Gerichtsbarkeit das Schiff untersteht, und der das Ergebnis der Kontrollen zertifiziert. Nach dem Seearbeitsübereinkommen gilt diese Anforderung für Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder mehr, die für internationale Fahrten oder für den Kabotageverkehr im Ausland verwendet werden. Es wird jedoch von den EU-Flaggenstaaten erwartet, dass die nationalen Rechtsvorschriften zur Durchführung der Richtlinie 2009/13/EG auch auf kleineren Schiffen (mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 500) eingehalten werden, für die die Zertifizierung nach dem Seearbeitsübereinkommen nicht vorgeschrieben ist. Um zu vermeiden, dass für die Mitgliedstaaten eine weitere Rechtsebene hinzukommt, wurde das gesamte Zertifizierungssystem nicht durch den vorliegenden Vorschlag in das EU-Recht aufgenommen, sondern bleibt durch internationales Recht geregelt.

1.3. Geltende Rechtsvorschriften der EU

Die EU hat einen Rechtsrahmen zur Erhöhung der Seeverkehrsicherheit geschaffen, für den sie drei Maßnahmenpakete zur Seeverkehrssicherheit verabschiedet hat, das letzte 2009. Einige der EU-Vorschriften aus den Bereichen Seeverkehrssicherheit sowie Gesundheit und Sicherheit sind für den vorliegenden Vorschlag relevant. Sie sind nachstehend kurz zusammengefasst.

1.3.1 Richtlinie 2009/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten6

Durch die Richtlinie 2009/21/EG soll auf EU-Ebene sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten ihren Pflichten als Flaggenstaaten wirksam und beständig nachkommen, dass die Sicherheit erhöht und die Umweltverschmutzung durch Schiffe, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen, vermieden wird. In der Richtlinie sind die Bedingungen für die Registrierung eines Schiffs unter der Flagge eines Mitgliedstaats festgelegt; weiter müssen danach die Mitgliedstaaten ein Qualitätsmanagementsystem und ein System für die interne Bewertung einrichten, die den international geltenden Qualitätsnormen entsprechen. In diesem Zusammenhang gelten die IMO-Normen, insbesondere das obligatorische Auditsystem der nationalen Seebehörden und der IMO-Flaggenstaat-Code.

Allerdings enthält die Richtlinie 2009/21/EG keine Liste der Verpflichtungen, die die Flaggenstaaten erfüllen müssen, sondern einen Verweis auf die IMO-Verfahren. Daher sollten die spezifischen Pflichten des Flaggenstaats im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG in EU-Recht aufgenommen werden. Da mit dem vorliegenden Vorschlag andere Ziele verfolgt werden als mit der Richtlinie 2009/21/EG, erscheint es kohärenter, nicht diese Richtlinie zu ändern, sondern einen eigenständigen Vorschlag vorzulegen.

1.3.2 Richtlinie 2009/13/EG

Entsprechend der Vereinbarung zwischen den EU-Sozialpartnern werden durch die Richtlinie 2009/13/EG bestimmte Normen des Seearbeitsübereinkommens in Unionsrecht aufgenommen. Insbesondere im Anhang dieser Richtlinie finden sich die relevanten Elemente der Titel 1, 2, 3 und 4 des Seearbeitsübereinkommens in Bezug auf die Mindestanforderungen für die Arbeit auf Schiffen (ärztliches Zeugnis, Mindestalter, Ausbildung und Befähigungen), die Beschäftigungsbedingungen (Beschäftigungsverträge für Seeleute, Heimschaffung, Entschädigung bei Schiffsverlust oder Schiffbruch, Besatzungsstärke, berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie Beschäftigungschancen für Seeleute), die Bestimmungen über Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung und Verproviantierung, Gesundheitsschutz, medizinische und soziale Betreuung, unter anderem Bestimmungen über die Verpflichtungen der Reeder und den Zugang zu Sozialeinrichtungen an Land, und schließlich die Bestimmungen für Beschwerdeverfahren an Bord.

Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gilt die Richtlinie 2009/13/EG für alle Schiffe, gleich ob in öffentlichem oder privatem Eigentum, die gewöhnlich zu gewerblichen Tätigkeiten verwendet werden, ausgenommen Schiffe, die zur Fischerei oder zu ähnlichen Zwecken verwendet werden, und Schiffe traditioneller Bauweise wie Dauen und Dschunken. Die Richtlinie gilt nicht für Kriegsschiffe oder Flottenhilfsschiffe.

2. Ergebnisse der Konsultation interessierter Kreise

Die EU-Mitgliedstaaten nahmen gemeinsam mit der Kommission, die die EU-Standpunkte koordinierte, aktiv an der Aushandlung des Seearbeitsübereinkommens teil. Alle Mitgliedstaaten der EU haben das Seearbeitsübereinkommen bereits im Jahr 2006 angenommen.

Die Mitgliedstaaten und Akteure hatten im Juni 2011 im Rahmen einer umfassenden öffentlichen Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme.

Es bestand allgemeines Einvernehmen darüber, dass die den Flaggenstaat und den Hafenstaat betreffenden Rechtsvorschriften aktualisiert werden müssen, um die Anforderungen des Seearbeitsübereinkommens durchzusetzen.

Dadurch sollte die Sicherheit im Seeverkehr erhöht und die qualitätsorientierte Schifffahrt vorangetrieben werden, so dass fairere Bedingungen für den Wettbewerb zwischen Betreibern aus der EU und aus Drittländern und zwischen EU- und Drittlandflaggen geschaffen würden.

Die Akteure verwiesen darüber hinaus darauf, dass die Qualität der Arbeitsplätze für alle Seeleute erhöht würde, nämlich sowohl für Seeleute aus der EU, die auf Schiffen unter einer EU-Flagge arbeiten, als auch für EU-Seeleute auf Schiffen, die eine Drittlandsflagge führen, und darüber hinaus auch für Seeleute aus einem Drittland, die auf einem Schiff unter Drittlandsflagge arbeiten.

Die Task Force für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit im Seeverkehr, ein im Juli 2010 von Vizepräsident Siim Kallas eingesetztes unabhängiges Gremium, das seine Arbeit im Juni 2011 abschloss und einen Bericht7 mit Empfehlungen erstellte, wie der Seemannsberuf in Europa gefördert werden kann, empfahl die Durchsetzung des Seearbeitsübereinkommens.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

3.1 Inhalt des Vorschlags

3.1.1 Verantwortlichkeiten des Flaggenstaats

Die nationale Flagge begründet die wesentlichen Verantwortlichkeiten eines Staates für ein Schiff. Die Flaggenstaaten müssen sicherstellen, dass ihre Schiffe den Normen genügen, zu deren Einhaltung sich Flaggenstaaten im Rahmen des internationalen Rechts und internationaler Übereinkommen verpflichtet haben, insbesondere die international geltenden Mindestnormen. Dies bedeutet, dass die Schiffe eines Flaggenstaats so betrieben und unterhalten werden müssen, dass das das Risiko für die Seeleute, die Meeresumwelt und die Fracht möglichst gering ist. Die grundlegenden Pflichten des Flaggenstaats sind in Artikel 94 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 (UNCLOS 1982) festgelegt, und nach Artikel 94 Absatz 5 dieses Übereinkommens sind die Flaggenstaaten verpflichtet, sich an die allgemein anerkannten internationalen Vorschriften, Verfahren und Gebräuche zu halten und alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um ihre Beachtung sicherzustellen.

Der Flaggenstaat übt auf administrativer, technischer und sozialer Ebene die Gerichtsbarkeit und Kontrolle über seine Schiffe auf hoher See und deren Besatzungen aus. Er sorgt dafür, dass auf den unter seiner Flagge registrierten Schiffen die Vorschriften, unter anderem in Bezug auf Inspektion, Zertifizierung und Ausstellung von Dokumenten, die die Sicherheit und die Vermeidung von Verschmutzung betreffen, durchgesetzt werden.

Konkret bedeutet dies, dass die Mitgliedstaaten einem Schiff erst dann gestatten, ihre Flagge zu führen, wenn sie überprüft haben, ob es den internationalen Regeln und Vorschriften in den Bereichen genügt, die unter ihre Verantwortlichkeiten fallen.

Der vorliegende Vorschlag in Bezug auf die Flaggenstaaten beschränkt sich auf die Übernahme einiger Teile des Titels V des Seearbeitsübereinkommen, die sich auf die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten beziehen. Wie bereits ausgeführt wird die Richtlinie 2009/21/EG über die Flaggenstaatkontrolle durch diesen Vorschlag ergänzt, aber nicht geändert. In dem Vorschlag sind Bestimmungen vorgesehen, durch die sichergestellt werden soll, dass die Flaggenstaaten die Richtlinie 2009/13/EG tatsächlich anwenden und einhalten.

Aus Gründen der Zuständigkeit der Union und aufgrund politischer Erwägungen konnten nicht alle Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens, nach denen die Schiffe ein Seearbeitszeugnis und eine Seearbeits-Konformitätserklärung (Dokumente, mit denen bescheinigt wird, dass die einschlägigen Bestimmungen für die 14 Bereiche des Seearbeitsübereinkommens - d.h. Mindestalter, ärztliches Zeugnis, Befähigungen der Seeleute, Beschäftigungsverträge der Seeleute, Inanspruchnahme eines bewilligten oder zugelassenen oder geregelten privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes für Seeleute, Arbeits- oder Ruhezeiten, Besatzungsstärke des Schiffs, Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen ab Bord, Verpflegung einschließlich Bedienung, Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung, medizinische Betreuung an Bord, Beschwerdeverfahren an Bord, Zahlung der Heuern - erfüllt werden) mitführen müssen, in EU-Recht umgesetzt werden.

Daher deckt die Richtlinie 2009/13/EG nicht alle Themen des Seearbeitsübereinkommens ab. Die Verpflichtungen der EU-Flaggenstaaten beschränken sich folglich auf die Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG.

3.1.2 Inhalt des Vorschlags im Einzelnen

Während durch die Richtlinie 2009/21/EG dafür gesorgt werden soll, dass die Flaggen aller EU-Mitgliedstaaten ein gutes Qualitätsniveau haben (z.B. nicht auf der Schwarzen Liste stehen), das Flaggenstaat-Audit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) in EU-Recht aufgenommen und die Zertifizierung der Qualität der nationalen Verwaltungsverfahren eingeführt wird, verfolgt der vorliegende Vorschlag andere Zwecke. In diesem Vorschlag wird nicht auf IMO-Verfahren verwiesen, sondern es werden Grundsätze für die Überwachung der Anwendung der Richtlinie 2009/13/EG festgelegt und dazu einige der Normen des Seearbeitsübereinkommens aufgegriffen. Aus Gründen der Klarheit ist ein separater Text vorzuziehen.)

Artikel 1 - Gegenstand des Vorschlags, d.h. Gewährleistung, dass die EU-Flaggenstaaten ihren Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG nachkommen.

Artikel 2 - Definition der Begriffe "Schiff" und "Reeder" auf der Grundlage der entsprechenden Begriffsbestimmung im Seearbeitsübereinkommen, die auch in der Richtlinie 2009/13/EG verwendet wird, um jede Diskrepanz zwischen den Normen und den Durchführungsbestimmungen zu vermeiden.)

Artikel 3 - Festlegung der Verpflichtung des Flaggenstaats, Verfahren für die Überprüfungen festzulegen und dafür zu sorgen, dass seine Schiffe den Bestimmungen der Richtlinie 2009/13/EG genügen.

Artikel 4 - Berufliche Qualifikation und Unabhängigkeit der Personen, die für die Überprüfung zuständig sind, ob die Bestimmungen der Richtlinie 2009/13/EG auf Schiffen unter der Flagge der betreffenden Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewendet werden.)

Artikel 5 - Beschwerden an Bord von Schiffen unter EU-Flagge sowie Grundsätze und Verfahren, die von den zuständigen Personen der Flaggenstaaten zu berücksichtigen sind.

3.1.3 Unterlagen zur Erläuterung der Notifizierung von Umsetzungsmaßnahmen

Gemeinsamen Politischen Erklärungen (ABl.2011/C 369/02, ABl.2011/C 369/03)8 entsprechend erwägt die Kommission im Einzelfall, ob erläuternde Dokumente erforderlich sind. Aufgrund der Verhältnismäßigkeit wurden erläuternde Dokumente für den vorliegenden Vorschlag nicht für gerechtfertigt erachtet, da keine anderen geltenden Rechtsakte geändert werden; so soll möglicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand vermieden werden, zumal der Vorschlag klar abgegrenzt ist und keinen Einfluss auf streng regulierte Bereiche auf nationaler Ebene hat. Daher wurde in dem vorliegenden Vorschlag auf den Erwägungsgrund zu erläuternden Dokumenten verzichtet.

3.2 Rechtsgrundlage

Artikel 100 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

3.3 Subsidiaritätsprinzip

Harmonisierte Durchsetzungsregeln in der gesamten EU sollten dazu beitragen, gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen, damit zum einen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt auf Kosten der Seeverkehrssicherheit verhindert und zum anderen menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Seeleute unabhängig von deren Staatsangehörigkeit gewährleistet werden. Insbesondere hat sich die Hafenstaatkontrolle auf EU-Ebene als effizient erwiesen, um eine bessere Überwachung von Schiffen zu gewährleisten, die in Häfen der EU einlaufen, da Ressourcen gebündelt und Informationen ausgetauscht werden.

3.4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Maßnahmen des Flaggenstaates sind das wichtigste Instrument zur Durchsetzung von Bestimmungen im Seeschifffahrtssektor. Der vorliegende Vorschlag zielt darauf ab, die Rolle des Flaggenstaats bei der Überwachung der effektiven Annwendung der Richtlinie 2009/13/EG in kohärenter Weise zu stärken und Einzelmaßnahmen der Mitgliedstaaten auf Kosten der Einheitlichkeit und möglicherweise unter Verstoß gegen internationales Recht oder Rechtsvorschriften der Union zu vermeiden.

3.5 Wahl des Instruments

Da die Mitgliedstaaten Normen anwenden müssen, die durch Maßnahmen in ihren nationalen Rechtssystemen und im Rahmen der geteilten Zuständigkeit umzusetzen sind, ist eine Richtlinie das geeignete Rechtsinstrument.

3.6 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt, wie die Richtlinie 2009/13/EG, am Tag des Inkrafttretens des Seearbeitsübereinkommens 2006 in Kraft.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments des Rates über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten für die Durchsetzung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses9, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen10, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand

Durch die in dieser Richtlinie festgelegten Regeln soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen als Flaggenstaaten effektiv nachkommen und überwachen, dass unter ihrer Flagge fahrende Schiffe den Vorschriften der Richtlinie 2009/13/EG genügen. Diese Richtlinie gilt unbeschadet der Richtlinie 2009/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates13.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Artikel 3
Überwachung der Einhaltung der Vorschriften

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene Kontroll- und Überprüfungsverfahren festgelegt und effektive und angemessene Inspektionen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Seeleute auf Schiffen, die ihre Flagge führen, den Vorschriften der Richtlinie 2009/13/EG dauerhaft genügen.

Artikel 4
Für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften zuständige Personen

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Personen, die für die Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung der Richtlinie 2009/13/EG zuständig sind, über die Ausbildung, die Befähigung, die Kompetenzen, die Befugnisse, den Status und die Unabhängigkeit verfügen, die erforderlich oder wünschenswert sind, um die Überprüfung durchzuführen und die Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie sicherzustellen.

Artikel 5
Beschwerden

Artikel 6
Umsetzung

Artikel 7
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag des Inkrafttretens der Richtlinie 2009/13/EG in Kraft.

Artikel 8
Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident