Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften

Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 22 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob insbesondere zum Schutz von Gläubigern, Mitgliedern und Arbeitnehmern eines wirtschaftlichen Vereins sowie zur Bekämpfung der Geldwäsche detailliertere Regelungen im Gesetz zu treffen sind, unter welchen Voraussetzungen die Verfolgung des Zwecks in einer anderen Rechtsform unzumutbar ist und dem Verein die Rechtsfähigkeit zu verleihen ist.

Begründung:

Durch § 22 BGB-E soll bürgerschaftlichem Engagement der Zugang zur Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins erleichtert werden. Soll damit der wirtschaftliche Verein für ein breiteres Anwendungsfeld als bislang erschlossen werden, sollten die wesentlichen Zugangsvoraussetzungen auch vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden und nicht einer Rechtsverordnung überlassen werden.

Das Gesellschaftsrecht zeichnet sich durch den Umstand aus, dass alle Formen wirtschaftlicher Betätigung gesetzlich klar definiert sind. Diese Normenklarheit wird ohne sachliche Notwendigkeit aufgegeben, wenn man es zulässt, dass wesentliche Inhalte einer Gesellschaftsform durch Verordnung definiert werden, von der nicht einmal im Ansatz klar ist, wie sie inhaltlich ausgestaltet werden soll. Schon im Hinblick auf die Vorgaben des Artikels 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes sollte das Gesetz weitere Festlegungen dazu treffen, wann eine Rechtsverfolgung in anderer Rechtsform unzumutbar ist und was einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von geringem Umfang ausmacht.

Dies erscheint insbesondere zum Schutz der Gläubiger und Arbeitnehmer erforderlich. Deren Schutz sollte durch konkrete Vorgaben des Gesetzgebers (zum Beispiel Mindestkapitalvorschriften, Rechnungs- und Offenlegungspflichten, Prüfungspflichten) sichergestellt werden.

Gleiches betrifft Regelungen zum Schutz von Vereinsmitgliedern, die dem wirtschaftlichen Verein Vermögenswerte anvertrauen. Dies gilt umso mehr, als der Gründungsvorgang eines wirtschaftlichen Vereins nicht durch neutrale Instanzen begleitet wird. Bei allen in Registern zu registrierenden Vereinigungen (GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), AG oder SE, PartG, oHG, KG, eG und eV) übernehmen Notare diese Funktion, die hinsichtlich der Rechtsformwahl beraten und Vor- und Nachteile eruieren können.

Schließlich ist beim wirtschaftlichen Verein mangels Mitwirkung eines Notars die Identifizierung nach dem Geldwäschegesetz - anders als bei (Handels-) Registeranmeldungen - nicht sichergestellt. Es bedarf konkreter Regelungen im Gesetz, um zu verhindern, dass Gesellschaftsgründungen, bei denen ein Interesse an Intransparenz besteht, auf den wirtschaftlichen Verein ausweichen.

2. Zu Artikel 1 (§ 22 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob insbesondere zum Schutz von Gläubigerinnen und Gläubigern, Mitgliedern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eines wirtschaftlichen Vereins konkrete Regelungen für den Fall zu treffen sind, dass aufgrund der Entwicklung des wirtschaftlichen Vereins die Voraussetzungen für die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit nachträglich wegfallen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf weist in der Begründung (vgl. S. 15) zutreffend darauf hin, dass nach der Systematik des Gesellschaftsrechts eine wirtschaftliche Betätigung mit Haftungsbeschränkung grundsätzlich nur gegen Einhaltung bestimmter gläubigerschützender Regeln (insbesondere Kapitalvorschriften, Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten, Prüfungspflichten) zulässig ist und sein sollte. Da der wirtschaftliche Verein sich in diese Systematik nicht einfügt, sollte die wirtschaftliche Betätigung in dieser Rechtsform eine eng begrenzte Ausnahme darstellen.

Der Gesetzentwurf berücksichtigt jedoch nicht, dass sich der ursprüngliche Geschäftsbetrieb geringen Umfangs des wirtschaftlichen Vereins nach der staatlichen Verleihung der Rechtsfähigkeit in einer Weise fortentwickeln kann, die die Fortführung in dieser Rechtsform unangemessen erscheinen lässt. Dass es sich hierbei nicht lediglich um eine theoretische Möglichkeit handelt zeigt der Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 16. Februar 2016 zu 22 W 88/14 (vgl. NZG 2016, 989): Hier hat sich ein kleiner (Ideal-) Verein, der von bürgerschaftlichem Engagement geprägt war, zu einem Wirtschaftsunternehmen mit rund 50 Betrieben und rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt, so dass er auch unter der Annahme, dass sich hierunter viele Teilzeitkräfte befinden, kaum noch als kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 zu 2003/361/EG anzusehen sein dürfte. Zum Schutz von Gläubigerinnen und Gläubigern, Mitgliedern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen erscheint es angemessen, für diese Fälle rechtssichere Regelungen zur verpflichtenden Umwandlung in eine andere Rechtsform vorzusehen.

3. Zu Artikel 1 (§ 22 BGB)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Rahmen der Änderung des § 22 BGB zugunsten von Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement gleichzeitig eine Erleichterung des Verfahrensweges für den Bürger angestrebt werden sollte, indem die Zuständigkeit für die wirtschaftlichen Vereine bundesweit in den Justizbereich zu den Registergerichten verlagert wird.

Begründung:

Derzeit ist die Zuständigkeit für die ideellen und wirtschaftlichen Vereine in den Ländern uneinheitlich.

Die Eintragung der Idealvereine nach § 21 BGB erfolgt bei den Registergerichten. Bei der Annahme einer wirtschaftlichen Betätigung des Vereins (welche über das so genannte Nebenzweckprivileg hinausgeht), kann das Registergericht die Eintragung verwehren. Derzeit müssen dann die Antragsteller zum Beispiel im Freistaat Sachsen einen Antrag auf Verleihung der Rechtsfähigkeit bei der Landesdirektion (Innenressort) stellen. Damit ist aus Sicht des Bürgers ein Behördenwechsel notwendig. Auch können sich Probleme bei einer unterschiedlichen Bewertung eines Falles bei Registergericht und Landesdirektion ergeben.

Bei der Prüfung der Vereinssatzung und vor allem des Satzungszweckes haben die Registergerichte bereits einen Großteil der Prüfungstätigkeit auch hinsichtlich der Abgrenzung ideeller/wirtschaftlicher Verein getätigt. Dies macht es sinnvoll, die Bearbeitung "in einer Hand" zu belassen.

Für den Vorschlag, dass auch wirtschaftliche Vereine ihre Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister erlangen sollten, kann auch die bereits vorhandene Sachkompetenz der Rechtspfleger bei den Registergerichten angeführt werden.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass alle Handelsgesellschaften, Partnerschaften, Genossenschaften und nichtwirtschaftlichen Vereine ihre Rechtsfähigkeit durch Eintragung in die bei den Amtsgerichten geführten Register erhalten.

Aufgrund der beispielsweise in Sachsen erfolgten Zentralisation der Vereinsregister können diese Eintragungen im gemeinsamen Registerportal der Länder online eingesehen werden. Zur Erleichterung und Sicherheit des Rechtsverkehrs sollten auch wirtschaftliche Vereine entsprechend eingetragen und abrufbar sein.

Daher erscheint eine Zentralisierung der Zuständigkeit bei den Registergerichten praktikabel und bürgerfreundlich. Hinsichtlich des Gesetzeszweckes und des Zieles des Gesetzes - der Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement - ist dies sachdienlich.

4. Zu Artikel 3 Nummer 5 Buchstabe b (§ 15 Absatz 1 Satz 2 GenG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 15 Absatz 1 Satz 2 GenG-E nicht weiterhin die zwingende Aushändigung der Satzung vor Zulässigkeit der Beitrittserklärung vorsehen sollte.

Begründung:

Derzeit regelt § 15 Absatz 1 Satz 2 GenG, dass dem Beitrittswilligen vorab eine Abschrift der Satzung zur Verfügung zu stellen ist. Nach dem Gesetzentwurf soll es ausreichen, wenn die Satzung auf der Internetseite der Genossenschaft abrufbar ist.

Zwar wird die Berücksichtigung moderner Kommunikationsformen grundsätzlich begrüßt. Gleichwohl wird die Absenkung der Anforderungen an den Beitritt in die Genossenschaft in § 15 Absatz 1 Satz 2 GenG-E kritisch gesehen: Der formale Vorgang der Aushändigung der Satzung vor Zulässigkeit der Beitrittserklärung hat eine aufklärende und übereilungsverhindernde Funktion, welche nicht in gleicher Weise gewährleistet werden kann, wenn die Satzung lediglich im Internet zur Verfügung gestellt wird.

Ferner können sich Beweisschwierigkeiten dahingehend ergeben, ob die Genossenschaft ihren etwa bestehenden Aufklärungspflichten nachgekommen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die aus den §§ 8a und 73 Absatz 4 GenG resultierenden besonderen Einlagerisiken.

Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle, insbesondere ältere Genossenschaftsmitglieder, Zugang zum Internet haben.

5. Zu Artikel 3 Nummer 8 Buchstabe a ( § 30 Absatz 2 GenG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 30 Absatz 2 GenG-E nicht weiterhin bestimmte zwingende Mindestangaben für den Inhalt der Mitgliederliste vorsehen sollte.

Begründung:

Derzeit regelt § 30 Absatz 2 GenG den Mindestinhalt der Mitgliederliste. Dagegen lässt zumindest der Wortlaut der geplanten Neufassung des § 30 Absatz 2 Satz 1 GenG-E den Schluss zu, der Listeninhalt solle komplett satzungsdispositiv werden, sodass auch auf unabdingbare Daten - etwa Namen und Anzahl der übernommenen Geschäftsanteile - verzichtet werden könnte.

Dies gilt auch für die Angabe der Anschrift, die im Hinblick auf § 31 GenG und für die Ausübung der Minderheitenrechte in § 43a Absatz 7 sowie § 45 GenG nötig ist. Daneben ist die Anschrift erforderlich, um die Berechnung der Zahlungspflicht bei der Insolvenz nach § 106 Absatz 3 Satz 2, § 113 Absatz 1 Satz 2, § 114 Absatz 3 GenG für vollstreckbar erklären zu können.

In der Begründung zum Gesetzentwurf wird zwar ausgeführt, dass aus der Mitgliederliste stets Namen und sonstige Identifikationsmerkmale sowie Angaben zur Erreichbarkeit der Mitglieder hervorgehen müssen (vgl. S. 24). Dies scheint der vorgeschlagene Wortlaut von § 30 Absatz 2 GenG-E indes nicht zu berücksichtigen.

Der Gesetzestext sollte klar zum Ausdruck bringen, dass bestimmte Fundamentalangaben zwingend aufzunehmen sind und über Weiteres die Satzung bestimmen kann. Dies gilt umso mehr, als die Mitgliederliste wesentlicher Gegenstand einer sogenannten vereinfachten Prüfung ist (§ 53a Absatz 2 Nummer 4 GenG-E), die nach dem Gesetzentwurf für bestimmte Genossenschaften möglich sein soll.

6. Zu Artikel 3 Nummer 15 (§ 53 GenG)

Artikel 3 Nummer 15 ist zu streichen.

Begründung:

Zu Nummer 15 Buchstabe a:

Die Führung der Mitgliederliste zählt zu den besonderen Aufgaben der Vorstandstätigkeit. Die Mitgliederliste ist zudem wichtige Arbeitsgrundlage für den Prüfverband, da der Mitgliederbestand direkte Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Genossenschaft hat. Dass sie vorzulegen ist, sollte daher aus dem Gesetzeswortlaut deutlich erkennbar sein. Die Streichung erscheint daher nicht sinnvoll.

Zu Nummer 15 Buchstabe b:

Die Anhebung der Größenmerkmale würde bedeuten, dass die Nichtprüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes vom Ausnahme- zum Regelfall würde. Infolge der Reform des Genossenschaftsgesetzes aus 2006 ist ein vermehrtes Gründungsgeschehen vor allem kleinerer Genossenschaften zu verzeichnen, so dass heute schon ein Großteil der Genossenschaften nicht der Prüfung des Jahresabschlusses unterliegen. Die Ergebnisse der vom BMWi in Auftrag gegebenen Studie "Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform von Genossenschaften" aus dem Jahre 2015 belegen eindeutig, dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung ein Grund für die im Vergleich zu anderen Unternehmensformen sehr niedrige Insolvenzquote ist. Eine Anhebung der Größenmerkmale würde zu einer Aufweichung des genossenschaftlichen Prüfsystems und damit faktisch zu ihrer Abschaffung führen.

7. Zu Artikel 3 Nummer 17 (§ 54 GenG)

Artikel 3 Nummer 17 ist wie folgt zu fassen:

'17. § 54 wird wie folgt gefasst:

" § 54 Pflichtmitgliedschaft im Prüfungsverband

Begründung:

In Anlehnung an § 111 Absatz 2 Satz 3 AktG soll die Wahl des Prüfungsverbandes nicht durch den Vorstand, sondern durch den Aufsichtsrat erfolgen. Hierdurch soll eine Interessenkollision des Prüfungsverbandes ausgeschlossen werden, weil er nach § 53 GenG auch die Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung zu prüfen hat und damit das Organ, das ihn beauftragt. Die Pflichten des Vorstandes nach § 56 Absatz 2 GenG bleiben unberührt. Statt des Aufsichtsrates ist die Generalversammlung zuständig, wenn es keinen Aufsichtsrat gibt oder er nach der Satzung nicht zuständig ist. Durch die Satzung ist eine Übertragung der Aufgabe auf den Vorstand nicht möglich. Es wird hierdurch zudem klargestellt, dass die Wahl des Prüfungsverbandes keine Geschäftsführungsmaßnahme ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht vom 22. Juni 2016; Az. 9 U 7/16).

8. Zu Artikel 3 Nummer 17a - neu - (§ 54a Absatz 3 -neuGenG)

In Artikel 3 ist nach Nummer 17 folgende Nummer 17a einzufügen:

Begründung:

Nach § 63b Absatz 1 GenG soll der Prüfungsverband die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben. Für einen Verein sieht § 39 Absatz 2 BGB eine Kündigungsfrist von höchstens zwei Jahren vor. Da zum einen eine Kündigungsfrist von zwei Jahren bei einem Wechsel des Prüfungsverbandes wegen der damit unter Umständen verbundenen doppelten Mitgliedsbeiträge bezüglich des alten und des neuen, die Prüfung durchführenden Vereins zu lang ist und zum anderen nach § 63b Absatz 1 GenG für den Prüfungsverband auch eine andere Rechtsform rechtlich möglich wäre, sodass § 39 Absatz 2 BGB keine Anwendung finden würde, wird eine einheitliche und praktikable Kündigungsfrist von einem Jahr vorgegeben. Ist der Prüfungsverband ein eingetragener Verein, so geht diese spezielle Regelung dem § 39 Absatz 2 BGB vor.

9. Zu Artikel 3 Nummer 18 (§ 55 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und Absatz 4 - neu - GenG)

Artikel 3 Nummer 18 ist wie folgt zu fassen:

'18. § 55 wird wie folgt geändert:

Begründung:

In der Praxis haben sich Fälle gehäuft, in denen eine Genossenschaft die Mitgliedschaft in einem Genossenschaftlichen Prüfungsverband - aus nachvollziehbaren Gründen - gekündigt hatte und bereits Mitglied in einem anderen Prüfungsverband geworden war. Da die Doppelmitgliedschaft nach dem GenG nicht ausgeschlossen ist, zeigt sich in der Praxis der Bedarf für kurzfristige Reaktionsmöglichkeiten der Genossenschaft. Im Übrigen wird auf die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22. Juni 2016 (Az. 9 U 7/16) verwiesen, das sich ausdrücklich für eine Wahlfreiheit der Genossenschaft ausspricht.

10. Zu Artikel 3 Nummer 20 Buchstabe b (§ 59 Absatz 1 Satz 1 GenG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Streichung der Einreichung beim Genossenschaftsregister tatsächlich Auswirkungen auf die Bürokratiebelastung hat. Soweit dies bejaht wird, sollte in § 160 GenG der Verweis auf § 59 Absatz 1 GenG gestrichen werden und daher Artikel 3 Nummer 28 des Gesetzentwurfes entsprechend angepasst werden.

Begründung:

In § 59 Absatz 1 Satz 1 GenG wird die Einreichung beim Registergericht gestrichen. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird auf die Ergänzung zu § 54 GenG verwiesen. Wie die Angabe des (prüfenden) Prüfungsverbandes in Briefköpfen dem Registergericht bekannt werden soll, erschließt sich nicht. Auch § 63d Satz 2 GenG-E hilft nicht weiter, wenn die Genossenschaft in mehreren Prüfungsverbänden Mitglied ist. Der nicht durch die Genossenschaft beauftragte Prüfungsverband wird dann eine etwaige Prüfungsverweigerung dem Gericht melden, der andere Verband aber nicht die Durchführung. Zur Doppelmitgliedschaft wird auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22. Juni 2016 (Az. 9 U 7/16) verwiesen.

11. Zu Artikel 3 Nummer 20 Buchstabe b (§ 59 Absatz 1 Satz 1 GenG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie nach der beabsichtigten Änderung von § 59 Absatz 1 Satz 1 GenG sichergestellt werden kann, dass die Einhaltung der Prüfungspflicht durch die gerichtliche Verhängung von Zwangsgeldern erzwungen werden kann.

Begründung:

Durch die beabsichtige Änderung von § 59 Absatz 1 Satz 1 GenG soll die Pflicht zur Einreichung einer Prüfungsbescheinigung zum Genossenschaftsregister abgeschafft werden. Trotzdem soll - so die Begründung des Gesetzentwurfs - das Registergericht erforderlichenfalls die Einhaltung der Prüfungspflicht mittels des insoweit unveränderten § 160 GenG durch Zwangsgeld erzwingen können (vgl. BR-Drucksache 162/17 (PDF) , S. 29). Damit die Registergerichte von entsprechenden Verstößen überhaupt Kenntnis erlangen, soll in § 63d GenG-E eine diesbezügliche Mitteilungspflicht für die Prüfungsverbände eingeführt werden.

§ 59 Absatz 1 GenG würde nach der beabsichtigten Änderung wie folgt lauten:

(1) Der Vorstand hat den Prüfungsbericht bei der Einberufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beratung anzukündigen. Jedes Mitglied hat das Recht, Einsicht in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts zu nehmen."

Demzufolge könnten die Mitglieder des Vorstandes unmittelbar nur zur Ankündigung des Prüfungsberichts als Gegenstand der Beratung bei der Einberufung der nächsten Generalversammlung (§ 59 Absatz 1 Satz 1 GenG) sowie zur Durchsetzung des Rechts der Mitglieder auf die Einsichtnahme in das zusammengefasste Ergebnis (§ 59 Absatz 1 Satz 2 GenG) durch Festsetzung von Zwangsgeld angehalten werden.

Eine Ankündigung im Sinne von § 59 Absatz 1 Satz 1 GenG ist zwar nur dann sinnvoll, wenn eine Prüfung stattgefunden hat und ein entsprechender Prüfungsbericht existiert. Die zu erzwingende Handlung ist aber die bloße Ankündigung des Prüfungsberichts, die nicht zwingend voraussetzt, dass die Prüfung durchgeführt wurde oder wird.

Die Ermöglichung der Einsichtnahme in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts nach § 59 Absatz 1 Satz 2 GenG setzt zwar voraus, dass ein Prüfungsbericht existiert. Eine Festsetzung von Zwangsgeld wegen Verweigerung des Einsichtnahmerechts kommt aber nur in Betracht, wenn ein Mitglied von diesem Recht Gebrauch machen möchte. Kommt die Genossenschaft ihrer Prüfungspflicht nicht nach und macht kein Mitglied von seinem Recht auf Einsichtnahme in das (nicht existierende) zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts Gebrauch, scheiden § 59 Absatz 1 Satz 2, § 160 GenG aus, um jedenfalls mittelbar die Vornahme der Prüfung zu erzwingen.

Zukünftig wird also eine Grundlage dafür fehlen, unmittelbar die Einhaltung der Prüfungspflicht durch Zwangsgeld erzwingen zu können, wenn das Registergericht - etwa auf der Grundlage einer Mitteilung des Prüfungsverbandes im Sinne von § 63d GenG-E - davon erfährt, dass dieser Pflicht nicht nachgekommen wird. Auch der Verweis in § 160 GenG auf § 57 Absatz 1 GenG hilft nicht weiter, weil § 57 Absatz 1 GenG das Prüfungsverfahren betrifft, nicht aber das Ob der Prüfung.

12. Zu Artikel 3 Nummer 21 (§ 60 Absatz 1 GenG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob statt des Ersatzes des Wortes "Beschlussfassung" durch "Beratung" nicht besser "Beratung und mögliche Beschlussfassung" verwendet werden sollte.

Begründung:

Der Vorschlag vollzieht die Änderung des § 59 Absatz 1 Satz 1 GenG sowie die Begründung des Gesetzentwurfs nach. Durch den Vorschlag der Bundesregierung könnte der Eindruck entstehen, dass über den Prüfungsbericht kein Beschluss mehr gefasst werden soll. Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass es der Generalversammlung obliegt, einen Beschluss zu fassen.

13. Zu Artikel 3 Nummer 23 (§ 63d Satz 2 GenG)

In Artikel 3 Nummer 23 sind in § 63d Satz 2 nach dem Wort "Gründe" die Wörter ", insbesondere bei der Mitgliedschaft in einem weiteren Prüfungsverband," einzufügen.

Begründung:

Die Änderung des § 63d GenG ist eine Folgeänderung zur Abschaffung der Pflicht zur Einreichung einer Prüfungsbescheinigung zum Genossenschaftsregister durch die Genossenschaften (im bisherigen § 59 GenG). Liegt der Grund zur nicht durchgeführten Prüfung darin, dass die betreffende Genossenschaft auch Mitglied bei einem anderen Prüfungsverband ist und dieser andere Verband die Prüfung durchgeführt hat, besteht laut der Begründung des Gesetzentwurfs für das Registergericht kein Anlass, tätig zu werden. Dies sollte aus Gründen der Rechtsklarheit aber bereits im Gesetzestext deutlich werden.

14. Zu Artikel 3 (Änderung des Genossenschaftsgesetzes)

Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag, ganz kleinen unternehmerischen Initiativen aus dem bürgerschaftlichen Engagement, für die bisher keine geeignete Rechtsform zur Verfügung steht, den Zugang zur Rechtsform des rechtsfähigen wirtschaftlichen Vereins zu erleichtern. Hierdurch wird dem Ziel einer angemessenen Handlungsalternative für Unternehmungen aus bürgerschaftlichem Engagement, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von geringerem Umfang gerichtet ist (z.B. Verein zum Betrieb eines Dorfladens), Genüge getan. Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob daneben zusätzlicher Bedarf bezüglich Erleichterungen für kleine Genossenschaften im Hinblick auf die genossenschaftliche Pflichtprüfung besteht. Der Bundesrat sieht insbesondere die vorgeschlagene Anhebung der Größenmerkmale in § 53 Absatz 2 Satz 1 GenG sowie die Einführung einer sogenannten vereinfachten Prüfung gemäß § 53a GenG als Regelautomatismus kritisch.

Begründung:

Der Vorschlag, ganz kleinen unternehmerischen Initiativen aus dem bürgerschaftlichen Engagement, für die bisher keine geeignete Rechtsform zur Verfügung steht, den Zugang zur Rechtsform des rechtsfähigen wirtschaftlichen Vereins zu erleichtern, wird uneingeschränkt begrüßt. Gerade diese Initiativen an der "Wirtschaftlichkeitsschwelle" sind auch nach ihrem Selbstverständnis eher ein Verein als eine wirtschaftliche Unternehmung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll fünf Jahre nach Inkrafttreten von Gesetz und Verordnung eine Evaluierung stattfinden (vgl. BR-Drucksache 162/17 (PDF) S.19 letzter Absatz). Hierbei soll untersucht werden, ob das beabsichtigte Ziel, nämlich die Gründung von unternehmerischen Initiativen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements zu erleichtern, erreicht worden ist. Eine gleichzeitige Veränderung im Bereich der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist nicht zielführend, zumal weder aus der Praxis der genossenschaftlichen Prüfungsverbände noch aus den Ergebnissen der Studie des BMWi aus dem Jahr 2015 "Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft" zusätzliche Handlungsbedarfe gesehen werden.

Zwar werden Erleichterungen für kleine und Kleinst-Genossenschaften sowie Bürokratieabbaubemühungen grundsätzlich positiv gesehen. Allerdings liegen die Grenzen dieser Bemühungen dort, wo der Kern der Rechtsform und ihre institutionellen Vorrichtungen zur Sicherstellung von Stabilität, Gläubiger- und Mitgliederschutz sowie wirtschaftlicher Solidität gefährdet sind.

Die enge Begleitung des Prüfungsverbandes stellt insbesondere für kleinere und mittelgroße Genossenschaften betriebswirtschaftliches Knowhow sicher. Dies gilt vor allem für Genossenschaften, die von ehrenamtlichen Vorständen geführt werden. Der bestehende Prüfungsturnus dient im Sinne des Gesetzgebers der Insolvenzsicherheit dieser Unternehmungen und der Sicherung der Reputation der genossenschaftlichen Rechtsform. Jede Anhebung der Größenmerkmale schränkt den Schutz von Genossenschaftsmitgliedern, Gläubigern und der Allgemeinheit ein. Dies birgt nicht nur Risiken für die Reputation der Rechtsform, sondern schwächt auch die Möglichkeiten der Fremdfinanzierung derartiger Genossenschaften.

15. Zu Artikel 7a - neu - (§ 317 Absatz 4 Satz 2 - neu - ZPO, § 725 Satz 2 - neu - ZPO), Artikel 7b - neu - (§ 275 Absatz 4 Satz 2 - neu - StPO)

Nach Artikel 7 sind folgende Artikel 7a und 7b einzufügen:

'Artikel 7a
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 7b
Änderung der Strafprozessordnung

Dem § 275 Absatz 4 der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden." '

Begründung:

Durch die Änderungen, die auf gesetzliche Klarstellungen gerichtet sind, soll eine Rechtsunsicherheit beseitigt werden, die durch eine kürzlich veröffentliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs entstanden ist.

In einer unmittelbar nur die Formanforderungen des § 29 Absatz 3 GBO betreffenden Entscheidung des 5. Zivilsenats des BGH (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2016, Az. V ZB 886/16) hat dieser in einem obiter dictum die Auffassung vertreten, dass drucktechnisch erzeugte Siegel auch im Rahmen der Urteilsausfertigung nach § 317 Absatz 4 ZPO sowie bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 725 ZPO den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen würden und es daher auch in diesen Fällen neben der Unterschrift der individuellen "Beidrückung" eines Siegels oder Stempels bedürfe. Da die Formulierung in § 275 Absatz 4 StPO wortgleich ist, liegt es zumindest nahe, dass diese strafprozessuale Vorschrift von der Entscheidung ebenfalls betroffen ist.

Die gerichtliche Praxis beispielsweise in Bayern und in anderen Ländern bedient sich demgegenüber zumindest teilweise eines elektronischen Siegels. Das in zehn Ländern eingesetzte Textsystem "forumSTAR" sieht vor, dass bei beglaubigten Abschriften beim Ausdruck der Abschrift ein Gerichtssiegel erzeugt und aufgedruckt wird. Eine (zusätzliche) Unterschrift des Urkundsbeamten ist in diesem Fall nach § 169 Absatz 3 Satz 2 ZPO entbehrlich. Bei der Erstellung von (vollstreckbaren) Ausfertigungen eines Urteils nach § 317 Absatz 4 ZPO, § 725 ZPO oder § 275 Absatz 4 StPO wird - neben dem aufgedruckten Gerichtssiegel - der vom Textsystem aufgedruckte Ausfertigungsvermerk und die Vollstreckungsklausel zusätzlich vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben.

Diese in vielen Länder seit Jahren von den meisten Gerichten praktizierte Vorgehensweise, die dort bislang als rechtlich zulässig angesehen wurde und in der Vergangenheit zu keinerlei Problemen geführt hat, wird nun durch die Entscheidung des BGH in Frage gestellt. Sollte diese dazu zwingen, künftig wieder manuell zu siegeln, hätte dies erhebliche negative Folgen für die Justizpraxis. Eine Rückkehr zur manuellen Siegelung wäre mit spürbarem Mehraufwand verbunden und widerspräche modernen Organisationabläufen, bei denen die Schriftguterstellung vollumfänglich automatisiert erfolgt. Dabei ist zu betonen, dass die drucktechnische Siegelung mit keinerlei Sicherheitseinbußen verbunden ist und auch den Anforderungen an die Authentifizierungsfunktion an gerichtliche und behördliche Siegel voll gerecht wird: Der Aufdruck des Siegels erfolgt stets erst gleichzeitig mit dem Druck des Dokuments. Es bestehen zu keiner Zeit "Blanko-Formulare" in Papierform, in die bereits ein Siegel eingedruckt wäre. Für jeden IT-Anwender ist ein Account zum System eingerichtet. Der Zugang zum System ist durch zwei Komponenten geschützt: Der Anwender muss seine Benutzerkennung und sein persönliches Passwort eingeben, um einen Zugang zum System zu erhalten. Nicht jeder IT-Anwender, der sich erfolgreich Zugang zum System verschaffen kann, hat daher die Möglichkeit, die forum-STAR-Funktion für das elektronische Siegel aufzurufen, denn über die Sicherheitsmerkmale Benutzerkennung und persönliches Passwort hinaus ist es erforderlich, dass das forumSTAR-Client-Programm auf dem Rechner installiert ist und für den Anwender in der forum-STAR-Berechtigungsstruktur durch den Berechtigungsverwalter eine Rolle als forumSTAR-Anwender zugewiesen worden ist.

Es wäre außerdem ein Wertungswiderspruch, bei einer vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheids im automatisierten Mahnverfahren nach § 703b Absatz 1 ZPO ein aufgedrucktes Gerichtssiegel (ohne Unterschrift) ausreichen zu lassen, bei vollstreckbaren Ausfertigungen sonstiger gerichtlicher Entscheidungen hingegen - neben der Unterschrift - zwingend eine händische Siegelung zu verlangen.

Es besteht daher dringender gesetzgeberischer Klarstellungsbedarf noch in dieser Legislaturperiode. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist es Sache des Gesetzgebers, für eine Gleichstellung des drucktechnisch erzeugten Siegels mit einem Präge- oder Farbdrucksiegel zu sorgen (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2016, Az. V ZB 88/16, Rn. 28 - zit. nach juris).

Es wird daher vorgeschlagen, den Vorschriften für die Erteilung von Urteilsausfertigungen in der Zivilprozessordnung (§ 317 Absatz 4 ZPO) und der Strafprozessordnung ( § 275 Absatz 4 StPO) sowie der Bestimmung zur Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) einen zusätzlichen Satz anzufügen, der einen maschinellen Ein- oder Aufdruck des Gerichtssiegels ausdrücklich gestattet. Dadurch wird klargestellt, dass auch bei der Erstellung von (vollstreckbaren) Ausfertigungen ein drucktechnisch erzeugtes Siegel ausreichend ist.

Der Wortlaut orientiert sich dabei an der künftigen Fassung des § 29 Absatz 3 Satz 2 GBO wie sie im Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren vorgesehen ist. Durch diese Änderungen werden die Anforderungen an die Form von Ausfertigungen für den Bereich der ZPO eindeutig geregelt. Über die Verweisung in § 329 Absatz 1 Satz 1 ZPO gilt die Vorschrift auch für gerichtliche Beschlüsse. Über die Verweisungen auf die Zivilprozessordnung im Arbeitsgerichtsgesetz, der Verwaltungs- und der Finanzgerichtsordnung gelten die Formvorschriften auch dort entsprechend.

Zudem wird klargestellt, dass es sich auch bei drucktechnisch gesiegelten Ausfertigungen gerichtlicher Entscheidungen um öffentliche Urkunden nach § 415 Absatz 1 ZPO handelt, da diese unzweifelhaft "in der vorgeschriebenen Form" erstellt worden sind. Im allgemeinen Rechtsverkehr entfalten sie daher die gleiche, volle Beweiskraft wie händisch gesiegelte Ausfertigungen.