Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

A. Problem und Ziel

Beim Vollzug des Bundesnaturschutzgesetzes sind aufgrund des Umstandes, dass die Möglichkeiten zur Erteilung einer Ausnahme nicht vollständig aus der Richtlinie 92/43/EWG /EWG in nationales Recht übernommenen worden sind, in der Praxis Probleme im Hinblick auf die rechtssichere Entnahme von Wölfen aus der Population (Tötung) aufgetreten.

B. Lösung

Die in Artikel 16 der Richtlinie 92/43/EWG /EWG eröffneten Möglichkeiten zur Erteilung einer Ausnahme von dem strengen Artenschutz hinsichtlich der Art Wolf (canis lupus) werden 1:1 im Bundesnaturschutzgesetz abgebildet.

Angesichts europarechtlich nicht gebotener restriktiver Rechtsprechung wird das Tatbestandsmerkmal "erheblicher Schaden" in § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes, das die Schwelle eines drohenden erforderlichen Schadens für eine Entnahme des Wolfes definiert, angepasst und klargestellt.

Der Begriff "erheblicher Schaden" wird durch den Begriff "ernster Schaden" ersetzt. Damit wird insbesondere klargestellt, dass eine Existenzgefährdung des betroffenen Betriebes oder der jeweiligen Person nicht Voraussetzung einer Entnahme eines Wolfes aus der Population ist.

Darüber hinaus wird klargestellt, dass als ein drohender Schaden, der durch eine Entnahme abgewendet werden darf, nicht nur ein Schaden für einen Wirtschaftsbetrieb gilt, sondern z.B. auch die nicht wirtschaftliche Nutztierhaltung Schutzgut der Regelung sein kann.

Außerdem wird die bisher im BNatSchG noch nicht eröffnete Möglichkeit einer Ausnahmeerteilung nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e) in § 45 Absatz 7 für die Art Wolf (canis lupus) übernommen.

Schließlich wird eine Verordnungsermächtigung zur rechtsicheren, die Verwaltung entlastenden Konkretisierung von Managementmaßnahmen hinsichtlich des Wolfes - insbesondere im Zusammenhang mit einer Entnahme - aufgenommen.

C. Alternativen

Keine. Im Rahmen der Anwendung des § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes bliebe ansonsten erhebliche Rechtsunsicherheit bestehen.

D. Haushaltsausgaben

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand. Auch werden keine Informationspflichten neu eingeführt oder geändert.

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Da der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung maßgeblich durch die Zahl der betroffenen Fälle bestimmt wird und sich der Bearbeitungsaufwand durch die Neuregelungen nur marginal verändert, sind Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für die Verwaltung nicht zu erwarten. Durch die geplante Steigerung der Rechtssicherheit dürfte vielmehr der Vollzug erleichtert werden und insoweit der Erfüllungsaufwand bezogen auf den Einzelfall sich vermindern.

F. Weitere Kosten

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

Freistaat Sachsen Dresden, 5. April 2019
Ministerpräsident

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Sächsische Staatsregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes zuzuleiten.

Ich bitte Sie, diese Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 976. Sitzung des Bundesrates am 12. April 2019 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Kretschmer

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

§ 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. September 2017 (BGBl. I. S. 3434) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Satz 1 wird wie folgt geändert:

2. Nach Satz 5 werden folgende Sätze 6 bis 8 angefügt:

"Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Managementmaßnahmen für die Art Wolf (canis lupus) zu bestimmen, insbesondere die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 zu konkretisieren. Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung nach Satz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer entsprechenden Verordnung ermächtigt. Sie können die Ermächtigung nach Satz 7 auf andere Landesbehörden übertragen."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage und Zielsetzung

Die positive Bestandsentwicklung der Art Wolf (canis lupus) ist als Erfolg internationalen und nationalen Artschutzes zu begrüßen. Eine Fortführung dieser Erfolgsgeschichte wird nur gewährleistet, wenn die Einhaltung des strikten Tötungsverbotes durch ein umfassendes, rechtssicheres und der dynamischen Entwicklung angepasstes Management flankiert wird.

Hierzu gehört neben präventiven Maßnahmen, wie etwa die Errichtung geeigneter Zäune sowie der Einsatz von Herdenschutzhunden, auch die Bereitstellung eines rechtsicheren Instrumentariums, um Problemlagen, die trotz erforderlicher Prävention eingetreten sind, unter Beachtung des Artenschutzes zu lösen. Hierzu gibt Artikel 16 der Richtlinie 92/43/EWG /EWG die rechtlichen Möglichkeiten vor. Diese sollten im nationalen Recht 1:1 eine Entsprechung finden.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes)

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Der Begriff "erheblich" wird von einzelnen Gerichten in Deutschland beim Artenschutz so streng ausgelegt, dass damit eine Existenzgefährdung der wirtschaftlichen Nutztierhalter verbunden sein muss. Mit dieser Sichtweise könnten beispielsweise bei Hobby- oder Nebenerwerbsschäfern eintretende Schäden niemals eine Entnahme begründen, auch wenn die Schäden sehr groß wären und alle in Frage kommenden Schutzmaßnahmen ergriffen wurden. Denn zumindest bei Hobbyschäfern hängt die Existenz regelmäßig nicht an den Schafen.

Im Bundesnaturschutzgesetz soll durch die Übernahme des Begriffs der "ernsten" Schäden klargestellt werden, dass - wie der Europäische Gerichtshof (EuGH Rechtssache C.247/85) zu diesem Begriff festgestellt hat - Schäden in Abgrenzung zu geringen Schäden gemeint sind. Dass Schäden, die dieses Kriterium erfüllen, direkt in eine Existenzgefährdung umschlagen, ist nicht zwingend. Dieser Spielraum sollte auch in deutschem Recht eröffnet werden.

Darüber hinaus wird durch die ausdrückliche Fokussierung des § 45 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BNatSchG auf "wirtschaftliche Schäden" der Ausnahmegrund auf die Abwendung von Schäden an Wirtschaftsbetrieben beschränkt. Schäden bei Nebenerwerbslandwirten und Hobbyhaltern werden bei der Prognose über drohende Schäden damit ignoriert. Dies erscheint nicht sachgerecht und durch die europäische Ausnahmeregelung des Artikels 16 nicht zwingend vorgeschrieben.

Zu Buchstaben b und c

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Buchstabe d

Die europäischen Ausnahmereglungen enthalten die Möglichkeit auch ohne Erfüllung der bisher nach deutschem Recht vorgegebenen Voraussetzungen unter strenger Kontrolle selektiv und in beschränktem Ausmaß Exemplare der Art Wolf entnehmen zu können, um Konfliktsituationen steuern zu können, die durch die zurzeit in Deutschland geltenden Ausnahmeregelungen nicht ausreichend beherrscht werden können. So entstehen beispielsweise durch eine Verdichtung der Wolfspopulation Konflikte. Diese Konflikte können sich nicht nur aufgrund einer konkreten Bedrohung der durch § 45 Absatz 7 BNatschG geschützten Rechtsgüter durch konkret identifizierbare Exemplare, sondern auch aufgrund einer hohen Anzahl von Exemplaren in einem bestimmten Gebiet und der dadurch entstehenden fortdauernden, übermäßigen Belastung der Bevölkerung ergeben. Hier ermöglicht Artikel 16 Buchstabe e) der Richtlinie 92/43/EWG /EWG unter strengen Voraussetzungen ein regulierendes, auf die Konflikte reagierendes Eingreifen. Diese Möglichkeit sollte im nationalen Recht eine Entsprechung finden.

Zu Nummer 2

Die Erteilung von Ausnahmen muss sich als ein letztes Mittel eines umfassenden Managements verstehen lassen. Hierzu ist erforderlich, dass den Vollzugsbehörden klare und rechtsichere Vorgaben gemacht werden können. Um sicherzustellen, dass die Voraussetzungen, die an die Erteilung einer Ausnahme zu stellen sind, europarechtskonform ausgestaltet werden, sind insbesondere Konkretisierungen der einzelnen Ausnahmetatbestände erforderlich. Verwaltungsinterne Vorgaben belassen das Risiko einer falschen Auslegung bei der Verwaltung. In Hinblick auf die gesamtstaatliche Verpflichtung könnte eine bundesweite Festlegung sinnvoll sein.

Solange aber das hinter der Regelung stehende artenschutzrechtliche Problem noch nicht bundesweit oder in unterschiedlichem Umfang besteht und daher der Erlass einer Bundesverordnung nicht opportun erscheint, sollten die Länder, in denen es einen entsprechenden Steuerungsbedarf gibt, die Möglichkeit haben, hier selbst die erforderlichen Festlegungen zu treffen.

Zu Artikel 2

Artikel 2 regelt gemäß Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes das Inkrafttreten des Gesetzes.