Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 104c, 104d, 125c, 143e)

969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018

A

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, der Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat nimmt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes im Bereich der Bund-Länder-Finanzen zum Anlass, die Bundesregierung zu bitten, eine pragmatische Flexibilisierung und Vereinfachung des Mitteleinsatzes im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" nach Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 des Grundgesetzes zu prüfen, um den Ländern eine optimale Verwendung dieser Fördermittel zu ermöglichen. Dies betrifft nicht nur die Schaffung von Möglichkeiten der Mittelübertragung bzw. Restebildung, sondern auch Verpflichtungsermächtigungen, die in ausreichender Höhe (100 Prozent analog der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)) und bedarfsgerecht bereitzustellen sind.

Begründung:

Durch die Veranschlagung der GAK-Bundesmittel im Haushaltsplan des zuständigen Bundesministeriums bestehen auf Seiten der Länder bislang zum Teil erhebliche Probleme, förderwürdige Vorhaben im Zeitraum zwischen Zuweisung der Bundesmittel und dem jährlichen Haushaltsabschluss fördertechnisch umzusetzen. Dadurch konnten Länder in den zurückliegenden Jahren immer wieder Bundesmittel nicht in Anspruch nehmen. Im Ergebnis verfielen Mittel für die betroffenen Länder, was schließlich zu einer geringeren Veranschlagung von GAK-Mitteln im Bundeshaushalt führte.

2. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 GG)

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. In Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 werden nach dem Wort "Agrarstruktur" die Wörter ",der ländlichen Entwicklung, des Erhalts der Kulturlandschaft, der biologischen Vielfalt" eingefügt."

Begründung:

Ziel der Änderung in Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 Grundgesetz ist, die derzeitige Beschränkung auf Maßnahmen mit agrarstrukturellem Bezug aufzuheben. Der Bund könnte daher künftig den Ländern anteilig auch Ausgaben für Maßnahmen der ländlichen Entwicklung, des Erhalts der Kulturlandschaft und der biologischen Vielfalt erstatten, die über den bisher erforderlichen agrarstrukturellen Bezug hinausgehen. Mit dieser Erweiterung der GAK zu einer neuen "Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur, der ländlichen Entwicklung, des Erhalts der Kulturlandschaft, der biologischen Vielfalt und des Küstenschutzes" würden die dafür notwendigen rechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 GG)

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgender Artikel 01 voranzustellen:

"01. In Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 werden nach dem Wort "Agrarstruktur" die Wörter ", der ländlichen Entwicklung" eingefügt."

Begründung:

Mit der Änderung in Artikel 91a Absatz 1 Nummer 2 GG wird die Beschränkung auf Maßnahmen mit agrarstrukturellem Bezug aufgehoben. Der Bund könnte daher künftig den Ländern anteilig auch Ausgaben für Maßnahmen der ländlichen Entwicklung erstatten, die über den bisher erforderlichen agrarstrukturellen Bezug hinausgehen. Die Erweiterung der GAK zu einer neuen "Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur, der ländlichen Entwicklung und des Küstenschutzes" würde rechtliche Klarheit schaffen, die bei Fördermaßnahmen für die ländliche Entwicklung benötigt wird. Mit der Änderung wird auch dem Beschluss des Bundesrates zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des GAK-Gesetzes (BR-Drucksache 228/16(B) HTML PDF ) Rechnung getragen. Der Bundesrat hatte u.a. bedauert, dass die ursprünglich geplante Änderung des Artikels 91a des GG von der Bundesregierung nicht umgesetzt wurde.

4. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (Artikel 104a Absatz 3 Satz 2 GG)

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. In Artikel 104a Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter "die Hälfte" durch die Wörter "drei Viertel" ersetzt."

Begründung:

Die Sozialausgaben der Kommunen steigen jährlich ungebremst. Im Jahr 2015 beliefen sich die reinen Sozialtransferausgaben bundesweit auf fast 54 Milliarden Euro. Sie binden aktuell ein Viertel der Ausgaben in den kommunalen Kernhaushalten und stellen den mit Abstand größten Ausgabenposten dar. Trotz der anhaltend positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat die fiskalische Bedeutung des Aufgabenbereichs Soziales für die kommunalen Haushalte auch in der jüngeren Vergangenheit weiter zugenommen. Allein zwischen 2005 und 2015 sind die kommunalen Sozialtransferausgaben bundesweit um fast 19 Milliarden Euro gestiegen. Dies entspricht einer Zunahme um 53 Prozent. Die fiskalische Dominanz des Sozialbereichs ist für die Kommunen problematisch, denn die eigenen Steuerungsoptionen auf Höhe und Dynamik der Ausgaben sind infolge rechtlicher Leistungsansprüche begrenzt. Eine problematische Sozialstruktur schlägt sich daher in der Regel auch in höheren Sozialausgaben nieder. Zudem hat die Sozialstruktur Auswirkungen auf die Steuerkraft einer Kommune. Hohe Sozialausgaben fallen daher tendenziell mit geringeren Steuereinnahmen zusammen. Letztlich variiert die Ausgabenbelastung stark zulasten schwacher Kommunen. Die Sozialausgaben sind ein bedeutsamer Treiber zunehmender Disparitäten. Die betroffenen Kommunen geraten in einen Teufelskreis aus Haushaltsproblemen, schwindenden Handlungsspielräumen und verfallender Infrastruktur. Die disparate kommunale Finanzsituation wird angesichts unterschiedlicher und reziproker Ausgabenniveaus für Soziales und für Investitionen auch für die Zukunft weiter verstärkt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die den sozialen Leistungen zugrunde liegenden Gesetze Bundesrecht sind. Die Aufgaben wurden den Kommunen einst übertragen, ohne zugleich deren Finanzierung zu regeln. Kostenverursacher ist der Bund, Kostenträger sind hingegen die Kommunen. Es handelt sich um eine systemische Schwäche der bundesdeutschen Finanzverfassung, die Jahr für Jahr zutage tritt. Ziel muss es daher sein, die strukturschwachen und besonders betroffenen Kommunen fokussiert und dauerhaft zu unterstützen, denn eine flächendeckende Haushaltskrise besteht nicht. Mit diesem Ziel ist die Entlastung von Sozialausgaben der richtige Ansatz. Eine Stärkung der Gemeinden über höhere Anteile an den Gemeinschaftssteuern begünstigt hingegen eher die wirtschaftsstarken Kommunen. Folge wäre der Anstieg komplexer und politisch konfliktreicher Umverteilungen zwischen Ländern und Kommunen.

Eine entsprechende Unterstützung durch finanzielle Beteiligung des Bundes kann jedoch nur an den kommunalen Aufwendungen erfolgen, die auf Grund von Geldleistungsgesetzen entstehen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und bestimmten Kapiteln des SGB XII. Sobald die Beteiligung des Bundes an den Geldleistungen dabei einen Anteil von 50 Prozent erreicht oder übersteigt, erfolgt nach geltender Rechtsanlage aufgrund von Artikel 104a Absatz 3 Satz 2 GG die Durchführung des betreffenden Gesetzes in Bundesauftragsverwaltung. Dies ist angesichts der beschränkten Steuerungsmöglichkeiten unangemessen. Hinzu kommt, dass diese Grenze etwa im relevanten Bereich der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung für Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II auch bei der gebotenen bundesweiten Betrachtung bereits kurzfristig erreicht werden dürfte: Die Kombination aus Basisbeteiligung des Bundes an den eigentlichen Unterkunftskosten und den verschiedenen Erhöhungsquoten, so etwa der Weiterleitung von Anteilen aus der bundesweiten 5-Milliarden-Euro-Entlastung der Kommunen im Zusammenhang mit der Neuregelung der Eingliederungshilfe und für die Kosten der Unterkunft und Heizung von Bedarfsgemeinschaften mit Fluchthintergrund führt allein zur Vermeidung der 50-Prozent-Grenze dazu, dass die notwendige und systemgerechte Beteiligung an den Kosten der Unterkunft auf Grundlage eines in § 46 SGB II vorgesehenen gesetzlichen Mechanismus reduziert und in einen höheren Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer umgewandelt wird. Dies ist schon deswegen nicht sinnvoll, da - wie beschrieben - in diesem Fall eine gänzlich andere, weder ebenen- noch problemadäquate Finanzunterstützung durch den Bund erfolgt: Wenn das Problem besonders groß ist, wandelt sich die Unterstützung des Bundes für Kommunen mit hohen Sozialausgaben in eine solche für besonders steuerstarke Kommunen.

Aus diesem Grunde ist die bisherige 50-Prozent-Grenze für eine Bundesbeteiligung ohne Bundesauftragsverwaltung deutlich zu erhöhen. Bei der Erhöhung muss man dabei im Blick haben, dass das Kongruenzprinzip nicht vollständig durchbrochen werden sollte. Ein kommunaler Eigenanteil ist daher beizubehalten. Eine Erhöhung der Grenze auf 75 Prozent ist angemessen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es sich nur um die zulässige Grenze einer bundesauftragsverwaltungslosen Bundesbeteiligung an Geldleistungsgesetzen handelt. Ob der Bund eine solche Beteiligung vorsieht, ist wiederum Sache der besonderen Geldleistungsgesetze des Bundes.

5. Zu Artikel 1 Nummer 1 und 2 (Artikel 104c und 104d GG)

Die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder für Investitionen im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur sowie für Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus berührt auch die Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern gemäß Artikel 109 Absatz 1 GG und die Zuweisung der Erfüllung der staatlichen Aufgaben an die Länder gemäß Artikel 30 GG. Daher ist zu gewährleisten, dass der Bund mit der Gewährung der Finanzhilfen gemäß Artikel 104c und 104d GG keine, die o.g. Verfassungsgrundsätze in Frage stellenden, Steuerungs- und Kontrollrechte auf die konkrete Erfüllung von Länderaufgaben gewinnt. Der Bundesrat erwartet daher, dass der Bund sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Erfüllung der den Ländern verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben im Wesentlichen auf die Zuweisung von Finanzmitteln gemäß Artikel 104c und 104d GG beschränken wird.

Begründung:

Gemäß Artikel 104c GG kann der Bund den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. Die Begründung zu Artikel 1 Nummer 1 des Gesetzentwurfs beinhaltet eine Definition des Begriffs "gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen". Demnach sind Investitionen gesamtstaatlich bedeutsam, wenn sie in ihrer Gesamtheit von erheblichem Gewicht für die Gewährleistung einer zukunftstauglichen Bildungsinfrastruktur im gesamten Bundesgebiet sind. Die Förderfähigkeit wird in der Begründung weiterhin auf Investitionen beschränkt, die in allen Ländern auf vergleichbare Weise infrastrukturelle Handlungsbedarfe auslösen und von den Ländern und Schulträgern nicht allein finanziert werden können und deshalb eine bundesweite, abgestimmte finanzielle Hilfe erfordern. Zusätzlich soll auch gewährleistet werden, dass durch die förderfähigen Investitionen ein struktureller und überregionaler Mehrwert für den gesamten Bildungsstandort Deutschland geschaffen wird.

Die in der Begründung des Gesetzentwurfs vorgeschlagene Definition würde es dem Bund ermöglichen, die Verwendungsbereiche für die Finanzhilfen konkret zu definieren und zu steuern. Die aus Sicht der Länder elementare Berücksichtigung länderspezifischer oder regionaler Besonderheiten bei der Steuerung der für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur erforderlichen Investitionen wäre dagegen nicht gewährleistet.

In der Begründung zu Artikel 1 Nummer 2 wird die Gewährung von Finanzhilfen gemäß Artikel 104d GG ebenfalls auf gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) beschränkt. Aus diesem Grund gilt die oben beschriebene Problematik entsprechend auch für die Gewährung von Finanzhilfen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus.

6. Zu Artikel 1 Nummer 1 (Artikel 104c GG)

Der Bundesrat stellt fest, dass die Bildungsinfrastruktur in Deutschland aufgrund gewachsener Herausforderungen gemeinsam von Bund und Ländern verbessert werden muss. Er begrüßt vor diesem Hintergrund die in dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Anpassung von Artikel 104c Grundgesetz, die künftig die flächendeckende Unterstützung von Ländern und Kommunen bei Investitionen in die Bildungsinfrastruktur durch den Bund erlauben soll. Die vorgesehene Anpassung von Artikel 104c Grundgesetz soll zudem sicherstellen, dass die Förderung der Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur entsprechend den landesrechtlichen Zuständigkeiten sowohl durch die Länder als auch durch die Kommunen erfolgen kann. Die Kultushoheit der Länder bleibt durch die Möglichkeit, dass der Bund künftig Investitionen in das Bildungswesen mitfinanzieren kann, unberührt.

7. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe

In Artikel 1 ist Nummer 1 wie folgt zu fassen:

"1. Artikel 104c wird wie folgt geändert:

"Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, geregelt.""

Begründung:

Die der Bundesrepublik zugrunde liegende föderale Verantwortung der Länder für die von den Grundgesetzänderungen betroffenen Bereiche ist als grundlegendes Prinzip bei der Ausweitung des Spielraums des Bundes zur Gewährung von Finanzhilfen zu wahren und in der Gesetzgebung umfassend zu berücksichtigen. Die Wahrung der föderalen Ordnung erfordert, dass Finanzhilfen des Bundes in föderal sensiblen Bereichen nur auf Grundlage zustimmungspflichtiger Bundesgesetze erlassen werden. Das der Bundesrepublik zugrundeliegende Prinzip der vertrauensvollen Kooperation der föderalen Ebenen lässt sich nicht mit der verfassungsrechtlichen Festlegung weitgehender Berichtspflichten und Kontrollrechte vereinbaren.

8. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 104d GG)

9. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 104d GG)

Der Bundesrat unterstreicht die Notwendigkeit, dass sowohl durch Neubau als auch durch die Aufwertung bestehender Wohnungen deutlich mehr sozialer Wohnraum geschaffen werden muss, um der häufig prekären Wohnungssituation einkommensschwächerer Haushalte entgegenzuwirken. Der Bundesrat begrüßt vor diesem Hintergrund, dass durch die vorgesehene Einfügung von Artikel 104d Grundgesetz ein neuer Finanzhilfetatbestand geschaffen wird, auf dessen Grundlage der Bund den Ländern künftig Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Kommunen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus ohne zeitliche Beschränkungen gewähren kann. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass die Bundesregierung angekündigt hat, den Ländern in den Jahren 2020 und 2021 mindestens zwei Mrd. Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen.

10. [In der konkreten Umsetzung müssen die unterschiedlichen Problemlagen (u.a. Bevölkerungsentwicklung, Segregation, Siedlungs- und Altersstruktur, Leerstand und Einkommenssituation), die nicht ausschließlich in wirtschaftlich dynamischen Groß- und Mittelstädten vorliegen, berücksichtigt werden.]

11. {Die Länder werden in der konkreten Umsetzung die unterschiedlichen Problemlagen (unter anderem Bevölkerungsentwicklung, Segregation, Siedlungs- und Altersstruktur, Leerstand und Einkommenssituation), die nicht ausschließlich in wirtschaftlich dynamischen Groß- und Mittelstädten vorliegen, berücksichtigen.}

Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesregierung, im weiteren Beratungsverfahren um klarstellende Ausführungen, die verdeutlichen, dass neben Neubau auch Maßnahmen im Bestand im Rahmen der erwähnten länderspezifischen Belange von künftigen Finanzhilfen umfasst sein werden.

12. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 104d Satz 2 GG) *

In Artikel 1 ist in Nummer 2 der Artikel 104d Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, geregelt."

Begründung:

Die der Bundesrepublik zugrunde liegende föderale Verantwortung der Länder für die von den Grundgesetzänderungen betroffenen Bereiche ist als grundlegendes Prinzip bei der Ausweitung des Spielraums des Bundes zur Gewährung von Finanzhilfen zu wahren und in der Gesetzgebung umfassend zu berücksichtigen. Die Wahrung der föderalen Ordnung erfordert, dass Finanzhilfen des Bundes in föderal sensiblen Bereichen nur auf Grundlage zustimmungspflichtiger Bundesgesetze erlassen werden. Das der Bundesrepublik zugrundeliegende Prinzip der vertrauensvollen Kooperation der föderalen Ebenen lässt sich nicht mit der verfassungsrechtlichen Festlegung weitgehender Berichtspflichten und Kontrollrechte vereinbaren.

13. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 104e - neu - GG) *

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

"2. Nach Artikel 104c werden die folgenden Artikel 104d und 104e eingefügt:

"Artikel 104d
... <weiter wie Vorlage>.

Artikel 104e

Der Bund kann den Ländern im gesamtstaatlichen Interesse liegende Finanzhilfen im Bereich der personellen und sächlichen Ausstattung der Justiz gewähren.

Artikel 104b Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.""

Begründung:

Die Gewährleistung eines funktionierenden Rechtsstaates im Bund und in den Ländern ist von zentraler Bedeutung für die Sicherheit, Freiheit und Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger; für einen handlungsfähigen Rechtsstaat sind die hierfür erforderlichen finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Es ist deshalb geboten, dass Vorkehrungen getroffen werden, damit die Verfahren auch zukünftig ohne Qualitätsverlust innerhalb angemessener Zeit erledigt werden können. Erforderlich ist namentlich eine personelle und sachliche Ausstattung der Justiz, die mit den technischen Entwicklungen Schritt hält und den gestiegenen Anforderungen an die Justiz Rechnung trägt. Dies verlangt erhebliche Investitionen aufseiten der Länder, die für die Aufgabe der Rechtsprechung gemäß Artikel 92 des Grundgesetzes grundsätzlich zuständig sind.

Die Länder haben Maßnahmen zur Verbesserung der Ausstattung der Justiz zwar bereits eingeleitet. Nimmt man den von der Koalition vereinbarten Pakt für den Rechtsstaat allerdings ernst, sind die Länder trotz aller Anstrengungen aber auf finanzielle Unterstützung durch den Bund angewiesen. Nur wenn Bund und Länder im gesamtstaatlichen Interesse zusammenwirken, kann der Rechtsstaat handlungsfähig bleiben und das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie gestärkt werden.

Mit der Einfügung des Artikels 104e des Grundgesetzes werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund den Ländern künftig Finanzhilfen im Bereich der Ausstattung der Justiz gewähren kann. Umfasst sind Unterstützungsleistungen im personellen und sächlichen Bereich. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Finanzhilfen, der Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung und der Unterrichtungsrechte von Deutschem Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gilt Artikel 104b Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes entsprechend.

* Bei Annahme der Ziffern 12 und 13 werden diese redaktionell zusammengeführt.

14. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Artikel 125c GG)

Begründung:

Die Einzelbegründung zu Artikel 125c Absatz 2 Satz 3 Grundgesetz deutet darauf hin, dass die Bundesregierung das GVFG neu fassen will. Danach wird neben der Erhöhung der Finanzmittel seitens der Bundesregierung ausgeführt, dass künftig auch Sanierungsmaßnahmen über das GVFG mitfinanziert werden sollen. Im Zuge dieser Änderung sollten aus Sicht des Bundesrates weitere Überarbeitungen im GVFG mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen. Der Wegfall der Versteinerungsklausel und die Aufstockung der Mittel schafft insbesondere im Hinblick auf den hohen Investitionsbedarf in den Ländern ein höheres Maß an Verlässlichkeit und Sicherheit. Mit einer Milliarde Euro könnte eine wirkliche ÖPNV-Offensive angestoßen und die für die Verkehrswende in Großstädten und Ballungsgebieten notwendige Infrastruktur errichtet werden. Um die gewünschte Investitionsoffensive auch tatsächlich auslösen zu können, müssen die Fördertatbestände und Förderbedingungen fortentwickelt werden, damit die angesprochenen Kommunen/Länder ebenfalls die Finanzierung sicherstellen können. Im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik muss nicht nur der Neubau, sondern auch der Erhalt vorhandener Infrastruktur förderfähig sein.

Um die Vorhaben auch für die kommunale Seite besser leistbar zu machen, sollten die Finanzierungskonditionen weiterentwickelt werden. Dazu müssen vor allem die bislang nicht förderfähigen Kosten, die die Kommunen bislang ohne Zuwendung finanzieren müssen, in die Bundesförderung einbezogen werden. Dazu zählen Planungskosten, Kosten für Betriebshöfe und Rollmaterial. Die Herstellung des verkehrlichen Vorrangs der Bahnen kann heute auch platzsparend durch telematische oder organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden. Entsprechende Streckenabschnitte, die aus stadträumlichen Gründen keinen eigenen Bahnkörper zulassen, sollen ebenfalls förderfähig sein, wenn der Vorrang der Bahn anderweitig sichergestellt wird.

Die standardisierte Bewertung sollte fortentwickelt werden. Gesellschaftlich erwünschte Aspekte, wie die Herstellung von Barrierefreiheit, stadtentwicklungspolitische und weitere Aspekte müssen über die bislang monetarisierten Wirkungen hinaus Eingang finden.

15. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Artikel 125c GG)

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Anpassung von Artikel 125c Grundgesetz lässt verfassungsrechtlich eine kurzfristige Erhöhung der Mittel für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und deren dynamisierte Fortsetzung für Neu- und Ausbaumaßnahmen zu. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung angekündigt hat, die Mittel für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bis zum Jahr 2021 auf jährlich eine Milliarde Euro aufzustocken.

16. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a (Artikel 125c Absatz 2 Satz 3 GG) ∗ In Artikel 1 Nummer 3 ist der Buchstabe a wie folgt zu fassen:

"a) In Satz 3 werden nach dem Wort "Bundesgesetz" die Wörter ", das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, " eingefügt und die Angabe "ab dem 1. Januar 2025" gestrichen."

Begründung:

[Die Länder begrüßen, dass mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Streichung der zeitlichen Vorgaben eine sofortige Änderung der fortgeltenden Bestimmungen, welche die Bundesprogramme nach § 6 Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz betreffen, ermöglicht wird. Die mit dem Beschluss der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern am 14. Oktober 2016 getroffene und mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) umgesetzte Leitentscheidung, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Bundesprogramm dauerhaft fortzuführen, wird damit zielgerichtet weiterentwickelt.

Indes führt die im Gesetzentwurf vorgesehene Streichung der zeitlichen Bestimmung zu einer mit dem damaligen Beschluss der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern nicht beabsichtigten Ausweitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Grund hierfür ergibt sich nicht aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung.

Es ist wegen des Wegfalls des mit der zeitlichen Beschränkung erfolgten Bestandschutzes geboten, zukünftige Änderungen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes von der Zustimmung des Bundesrates abhängig zu machen. Die Länder greifen damit ihre Forderung aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) erneut auf (Ziffer 9 in BR-Drs. 769/16(B) HTML PDF ).]

{Neue Bundesfinanzhilfen, soweit sie durch Gesetz eingeführt werden, sind seit jeher zustimmungsbedürftig (vgl. Artikel 104b Absatz 2 Satz 1 GG) .

Aufgrund des Charakters von Artikel 125c GG als Übergangsbestimmung kann man dies für Änderungen des fortbestehenden Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes nicht zwingend unterstellen, zumal angesichts der durch Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b des Gesetzentwurfs ausdrücklich eingeführten Verweisung auf Artikel 104b Absatz 2 Satz 4 GG.

Aufgrund der in der Gesetzesbegründung genannten Bandbreite möglicher Änderungen darf den Ländern die Mitwirkung an der Ausgestaltung über den Bundesrat nicht vorenthalten werden.}

[Zudem ist im Hinblick auf den hohen Investitionsbedarf in den Ländern im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs und die oftmals längerfristige Vorbereitungs-, Planungs- und Bauzeit ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Sicherheit für Länder und Gemeinden geboten, welches ein Zustimmungserfordernis notwendig werden lässt.

Die der Bundesrepublik zugrunde liegende föderale Verantwortung der Länder für die von den Grundgesetzänderungen betroffenen Bereiche ist als grundlegendes Prinzip bei der Ausweitung des Spielraums des Bundes zur Gewährung von Finanzhilfen zu wahren und in der Gesetzgebung umfassend zu berücksichtigen. Die Wahrung der föderalen Ordnung erfordert, dass Finanzhilfen des Bundes in föderal sensiblen Bereichen nur auf Grundlage zustimmungspflichtiger Bundesgesetze erlassen werden. Das der Bundesrepublik zugrundeliegende Prinzip der vertrauensvollen Kooperation der föderalen Ebenen lässt sich nicht mit der verfassungsrechtlichen Festlegung weitgehender Berichtspflichten und Kontrollrechte vereinbaren.]

17. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b (Artikel 125c Absatz 2 Satz 4 GG) ∗ In Artikel 1 Nummer 3 ist Buchstabe b zu streichen.

Begründung:

Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz wird seit langer Zeit von den Ländern als eigene Aufgabe mit großem Erfolg ausgeführt. Probleme sind hier nicht bekannt. Im Rahmen der Gespräche zwischen Bund und Ländern zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eine Fortsetzung des ursprünglich bis Ende 2019 laufenden GVFG-Bundesprogramms konsentiert worden. Die nun vorgeschlagene Erweiterung der Rechte des Bundes ist damals hingegen nicht vereinbart worden.

Durch die Inbezugnahme von Artikel 104b Absatz 2 Satz 4 GG wird die Ausführung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes durch die Länder faktisch in Bundesauftragsverwaltung überführt, obwohl die ansonsten erforderlichen Voraussetzungen für die Bundesauftragsverwaltung nicht vorliegen. Schon ein kleiner Finanzierungsanteil des Bundes würde zu einem unangemessenen Kontrollsystem führen, das im Verhältnis zwischen Bund und Ländern aus gutem Grund nur in wenigen Ausnahmefällen gilt. Sachliche Gründe für die Änderung liegen nicht vor.

B

18. Der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat,

gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.

∗ Bei Annahme der Ziffern 16 und 17 werden diese redaktionell zusammengeführt.