Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin, Hamburg, Brandenburg
Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften

Punkt 9 der 882. Sitzung des Bundesrates am 15. April 2011

Der Bundesrat möge beschließen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 17. März 2011 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses aus folgendem Grund zu verlangen:

Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 8 Absatz 3 AufenthG)

Artikel 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:,Dem Wortlaut des § 8 Absatz 3 wird folgender Satz vorangestellt:

"Vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist festzustellen, ob der Ausländer einer etwaigen Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs nachgekommen ist.""

Begründung:

Die im Gesetzesbeschluss enthaltene Vorgabe, dass eine Aufenthaltserlaubnis für den Fall des Nichtbestehens eines Integrationskurses um höchstens ein Jahr verlängert werden kann, ist angesichts der Erfahrungen im Zusammenhang mit Integrationskursen als weder erforderlich noch zielführend zu streichen.

Das Aufenthaltsgesetz verfügt in Bezug auf die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern über ein ausdifferenziertes und angemessenes System von Regelungen und Instrumenten, die den in § 43 des Gesetzes geregelten Grundsatz des Förderns und Forderns umsetzen. Dabei stehen der Verpflichtung bzw. dem Angebot zur freiwilligen Teilnahme am Integrationskurs Sanktionsinstrumente im Fall einer pflichtwidrigen Nichtteilnahme gegenüber. Das bestehende System hat sich aus Sicht des Bundesrates bewährt.

Konkrete Zahlen oder auf nachvollziehbarer Grundlage erstellte Schätzungen, dass und in welchem Maße es eine signifikante Zahl von Ausländerinnen und Ausländern gibt, die sich einer erfolgreichen Integrationskursteilnahme widersetzen oder hierauf nicht hinreichend hinarbeiten, gibt es nicht. Vielmehr hat eine vom Bundesministerium des Innern im Herbst 2010 bei den Ländern durchgeführte Umfrage ergeben, dass das Instrument des Integrationskurses von dem betroffenen Personenkreis im weitaus überwiegenden Maße gut und erfolgsorientiert angenommen wird. Zugleich ist verbreitet darauf hingewiesen worden, dass die Nichtteilnahme an bzw. der Abbruch des Integrationskurses vielfach auf sachliche Umständen zurückzuführen ist, z.B. fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Krankheit, eingeschränkte Kurserreichbarkeit aufgrund begrenzter Verkehrsmittelanbindung im ländlichen Bereich oder Arbeitsaufnahme.

Den vorgenannten Umständen kann im Hinblick auf das bisherige - 2007 bereits verschärfte - aufenthaltsrechtliche Instrumentarium zur Sanktionierung von Verstößen gegen eine Pflicht zur Integrationskursteilnahme im Rahmen einer Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls angemessen Rechnung getragen werden. Dagegen würde eine restriktive generelle Verschärfung in Form einer Begrenzung der Verlängerungsmöglichkeit der Aufenthaltserlaubnis eine angemessene Einzelfallprüfung konterkarieren, die nach der bisherigen Praxis festzustellende hohe Bereitschaft der meisten Zuwanderer, die deutsche Sprache zu erlernen, verkennen und statt dessen die Gruppe der Integrationskursteilnehmer unter den Generalverdacht einer vielfach nicht ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Teilnahmepflicht stellen.

Im Übrigen ist festzustellen, dass es aufgrund eines erheblichen Andrangs zur Teilnahme an Integrationskursen noch Ende 2010 für freiwillig zur Kursteilnehmer bereite Ausländer zu erheblichen Wartezeiten infolge eines nur begrenzten Kurs- und Finanzierungsangebots gekommen ist. Eine dauerhafte Erweiterung und Verbesserung der Möglichkeiten zur Integrationskursteilnahme ist daher restriktiven normativen Verschärfungen vorzuziehen.