Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht

A. Problem und Ziel

Die große Anzahl an Asylsuchenden, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen ist, stellt Bund, Länder und Kommunen weiter vor große Herausforderungen. Unter ihnen sind zahlreiche Personen, die keinen Anspruch auf Schutz nach den in Deutschland geltenden Asylregelungen haben. Mit der bestandskräftigen Ablehnung ihres Asylantrags und der Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, ist rechtsstaatlich festgestellt, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen. Sofern die Betroffenen innerhalb der ihnen gesetzten Frist ihrer Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen, muss diese im Wege der Abschiebung durchgesetzt werden.

Die Zahl der Rückkehrer (Rückführungen und geförderte freiwillige Ausreisen) ist in den letzten Jahren gestiegen. Am 31. Januar 2017 befanden sich ausweislich des Ausländerzentralregisters 213 439 vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland. In den nächsten Monaten wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fortlaufend voraussichtlich eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen. Die Zahl der Ausreisepflichtigen wird dadurch 2017 weiter steigen.

Es bedarf daher auch gesetzgeberischer Maßnahmen, um zusätzliche Verbesserungen im Bereich der Rückkehr zu erreichen. Dies gilt gerade mit Blick auf solche Ausreisepflichtigen, von denen Sicherheitsgefahren ausgehen.

B. Lösung

Die Abschiebungshaft wird für vollziehbar Ausreisepflichtige erweitert, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht. Die aufenthaltsrechtliche Überwachung von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern wird erweitert. Es wird eine Regelung geschaffen, nach der eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts für Geduldete angeordnet werden soll, wenn diese die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführen oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllen. Die einmonatige Widerrufsfrist nach über einjähriger Duldung wird für diese Personengruppe abgeschafft. Die zulässige Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird auf zehn Tage verlängert. Ausländische Reisepapiere dürfen künftig auch von Deutschen, die Mehrstaater sind, bei Vorliegen von Passentziehungsgründen einbehalten werden. Es wird gesetzlich klargestellt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besonders geschützte Daten nach einer Einzelfallabwägung vor allem aus medizinischen Attesten auch zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben weitergeben darf. Es wird eine Regelung zur unverzüglichen Asylantragstellung für ein in Obhut genommenes Kind oder Jugendlichen durch das Jugendamt in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz benötigt, geschaffen. Es wird zudem eine Rechtsgrundlage im Asylgesetz geschaffen, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - ebenso wie bereits die Ausländerbehörden - zur Sicherung, Feststellung und Überprüfung der Identität einschließlich der Staatsangehörigkeit von Asylsuchenden Daten aus Datenträgern herausverlangen und auswerten kann. Zudem wird eine Regelung ins Asylgesetz aufgenommen, nach der die Länder die Befristung der Verpflichtung, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, für Asylsuchende ohne Bleibeperspektive verlängern können.

C. Alternativen

Die mit diesem Gesetzentwurf genannten Ziele können nicht allein durch außergesetzliche Maßnahmen erreicht werden, auch wenn der freiwilligen Rückkehr Ausreisepflichtiger eine hohe Priorität eingeräumt wird: Die freiwillige Rückkehr Ausreisepflichtiger wird weiter gestärkt; der Bund wird im Jahr 2017 zusätzlich 40 Millionen Euro für Rückkehrprogramme und 50 Millionen Euro für Reintegrationsprogramme einsetzen. Auf Länderseite sind ebenfalls erhöhte Mittel vorgesehen.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand entstehen nicht.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, die aus Gründen der inneren Sicherheit neu unter gesetzliche Meldepflichten fallen, entsteht ein geringfügiger Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft, insbesondere aus Informationspflichten, entsteht nicht.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Im Bund entsteht im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Zusammenhang mit der Einführung der Möglichkeit zum Auslesen mobiler Datenträger im Asylverfahren einmaliger Erfüllungsaufwand in geschätzter Höhe von 3 200 000 Euro. Weiter fallen dort jährlich etwa 300 000 Euro Lizenzkosten für die einzusetzende forensische Software sowie ein noch nicht bezifferbarer Aufwand für personelle und sachliche Ressourcen, insbesondere zur Schulung, an. Nicht bezifferbarer Erfüllungsaufwand entsteht bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für zusätzlich erforderliche Datenschutzkontrollen. Dieser sowie etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan ausgeglichen werden. Den Ländern entsteht Erfüllungsaufwand, dessen Höhe von derzeit nicht bekannten Faktoren und künftigen Umsetzungsplanungen abhängt und daher nicht konkret beziffert werden kann.

F. Weitere Kosten

Weitere Kosten, insbesondere Kosten für die Wirtschaft oder Kosten für soziale Sicherungssysteme, sowie Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, entstehen nicht.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 23. Februar 2017
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Fristablauf: 06.04.17

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3155) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 56 durch folgende Angabe ersetzt:

" § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit § 56a Elektronische Aufenthaltsüberwachung; Verordnungsermächtigung".

2. § 2 Absatz 14 wird wie folgt geändert:

3. Dem § 48 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

"Die Verpflichtung nach Satz 1 Nummer 1 gilt auch, wenn ein deutscher Staatsangehöriger zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, ihm die Ausreise nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes untersagt worden ist und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung des ausländischen Passes oder Passersatzes zur Durchführung oder Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich ist."

4. § 56 wird wie folgt geändert:

5. Nach § 56 wird folgender § 56a eingefügt:

" § 56a Elektronische Aufenthaltsüberwachung; Verordnungsermächtigung

6. Dem § 60a Absatz 5 wird folgender Satz angefügt:

"Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeigeführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt hat."

7. Dem § 61 Absatz 1c wird folgender Satz angefügt:

"Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt."

8. Dem § 62 Absatz 3 Satz 3 wird folgender Satz angefügt:

"Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann."

9. In § 62b Absatz 1 Satz 1 wird das Wort "vier" durch das Wort "zehn" ersetzt.

10. In § 88 Absatz 2 Nummer 1 werden nach dem Wort "wenn" die Wörter "dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib und Leben des Ausländers oder von Dritten erforderlich ist," eingefügt.

11. § 95 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Asylgesetzes

Das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 15 folgende Angabe eingefügt:

" § 15a Auswertung von Datenträgern".

2. § 8 Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Die nach diesem Gesetz erhobenen Daten dürfen auch

3. § 15 wird wie folgt geändert:

4. Nach § 15 wird folgender § 15a eingefügt:

" § 15a Auswertung von Datenträgern

5. Nach § 47 Absatz 1a wird folgender Absatz 1b eingefügt:

Artikel 3
Änderung des Achten Buchs Sozialgesetzbuch

Dem § 42 Absatz 2 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch - Kinder und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen."

Artikel 4
Einschränkung eines Grundrechts

Durch Artikel 1 Nummer 2, Artikel 1 Nummer 8 und Artikel 1 Nummer 9 wird das Grundrecht der Freiheit der Person ( Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Die große Anzahl an Asylsuchenden, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen ist, stellt Bund, Länder und Kommunen weiter vor große Herausforderungen. Unter ihnen sind zahlreiche Personen, die keinen Anspruch auf Schutz nach den in Deutschland geltenden Asylregelungen haben. Mit der bestandskräftigen Ablehnung ihres Asylantrags und der Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, ist rechtsstaatlich festgestellt, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen. Sofern die Betroffenen innerhalb der ihnen gesetzten Frist ihrer Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen, muss diese im Wege der Abschiebung durchgesetzt werden.

Die Zahl der Rückkehrer (Rückführungen und geförderte freiwillige Ausreisen) ist deutlich gestiegen. 2014 kehrten gut 27 000 Ausreisepflichtige aus Deutschland zurück; 2015 waren es knapp 58 000; im vergangenen Jahr waren es rund 80 000. In den nächsten Monaten wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fortlaufend voraussichtlich eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen. Die Zahl der Ausreisepflichtigen wird dadurch 2017 weiter steigen. Am 31. Januar 2017 befanden sich ausweislich des Ausländerzentralregisters 213 439 vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland.

Es bedarf daher auch gesetzgeberischer Maßnahmen, um zusätzliche Verbesserungen im Bereich der Rückkehr zu erreichen. Dies gilt gerade mit Blick auf solche Ausreisepflichtigen, von denen Sicherheitsgefahren ausgehen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Abschiebungshaft wird für vollziehbar Ausreisepflichtige erweitert, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht.

Die aufenthaltsrechtliche Überwachung von ausreisepflichtigen Ausländern wird erweitert.

Es wird eine Regelung geschaffen, nach der eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts für Geduldete angeordnet werden soll, wenn diese die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführen oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllen.

Die einmonatige Widerrufsfrist nach über einjähriger Duldung wird für diese Personengruppe abgeschafft.

Die zulässige Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird auf zehn Tage verlängert.

Ausländische Reisepapiere dürfen künftig auch von Deutschen, die Mehrstaater sind, bei Vorliegen von Passentziehungsgründen einbehalten werden.

Es wird gesetzlich klargestellt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besonders geschützte Daten nach einer Einzelfallabwägung vor allem aus medizinischen Attesten auch zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben weitergeben darf.

Es wird eine Regelung zur unverzüglichen Asylantragstellung für ein in Obhut genommenes Kind oder Jugendlichen durch das Jugendamt in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz benötigt, geschaffen. Es wird zudem eine Rechtsgrundlage im Asylgesetz geschaffen, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - ebenso wie bereits die Ausländerbehörden - zur Sicherung, Feststellung und Überprüfung der Identität einschließlich der Staatsangehörigkeit von Asylsuchenden Daten aus Datenträgern herausverlangen und auswerten kann.

Zudem wird eine Regelung ins Asylgesetz aufgenommen, nach der die Länder die Befristung der Verpflichtung, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, für Asylsuchende ohne Bleibeperspektive verlängern können.

III. Alternativen

Die mit diesem Gesetzentwurf genannten Ziele können nicht allein durch außergesetzliche Maßnahmen erreicht werden, auch wenn der freiwilligen Rückkehr Ausreisepflichtiger eine hohe Priorität eingeräumt wird: Die freiwillige Rückkehr Ausreisepflichtiger wird weiter gestärkt; der Bund wird im Jahr 2017 zusätzlich 40 Millionen Euro für Rückkehrprogramme und 50 Millionen Euro für Reintegrationsprogramme einsetzen. Auf Länderseite sind ebenfalls erhöhte Mittel vorgesehen.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Änderung des § 48 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (Artikel 1 Nummer 3) wird auf die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Artikel 73 Absatz 1 Nummer 3 GG (Freizügigkeit) gestützt. Die sonstigen Änderungen im Aufenthaltsgesetz und die Änderungen im Asylgesetz sowie im Achten Buch Sozialgesetzbuch beruhen auf der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 4 GG (Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer) und Artikel 74 Absatz 1 Nummer 6 GG (Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen) sowie Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG (öffentliche Fürsorge); hinsichtlich der Artikel 74 Absatz 1 Nummern 4 und 7 GG jeweils in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Die Modifizierung bestehender bundesgesetzlicher Regelungen zur Durchführung von Rückführungen sowie im Bereich des Asylverfahrens und zu der Rolle der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Stellung von Asylanträgen für unbegleitete Minderjährige kann nur durch den Bundesgesetzgeber erfolgen, da ansonsten die Gefahr einer Rechtszersplitterung bestünde, die sowohl im Interesse des Bundes als auch der Länder nicht hinnehmbar ist. Ohne ein weiterhin bundeseinheitliches Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht wären erhebliche Beeinträchtigungen des länderübergreifenden Rechtsverkehrs beim Aufenthalt von Ausländern zu erwarten und eine im gesamtstaatlichen Interesse liegende Steuerung der Aufenthaltsbedingungen von Ausländern nicht möglich. Entsprechendes gilt für die Rolle der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Asylantragstellung für unbegleitete Minderjährige. Eine bundeseinheitliche Regelung ist daher geboten, um die Anwendung einheitlicher Maßstäbe auf die betroffenen Sachverhalte zu gewährleisten. Auch die bundesweite Mobilität zahlreicher Ausreisepflichtiger, die sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu entziehen versuchen, macht eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage zu Maßnahmen, die auch länderübergreifend vorgenommen werden können, erforderlich.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Die gesetzlichen Änderungen stehen in Einklang mit den europa- und völkerrechtlichen Vorgaben insbesondere der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98).

VI. Gesetzesfolgen

Durch die bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht werden die Haushalte des Bundes und der Länder von Kosten der Unterbringung und Versorgung ausreisepflichtiger Personen entlastet, die ohne diese Maßnahmen nicht ihrer Ausreisepflicht nachkommen und Sozialtransferleistungen, insbesondere nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, in Anspruch nehmen würden. Diese Kosten werden auf durchschnittlich zwischen 400 und 500 Euro je Person und Monat geschätzt. Die genauen Wirkungen einzelner oder aller Maßnahmen dieses Gesetzentwurfs auf die Gesamtzahl der zusätzlich ausreisenden Personen lässt sich nicht angeben.

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Das Gesetz dient nicht der Rechts- und Verwaltungsvereinfachung.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Regeln und Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sind nicht berührt.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand entstehen nicht.

4. Erfüllungsaufwand

1. Bürgerinnen und Bürger

Durch die vorgesehene Ausweitung der Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit entsteht den überwachten Ausländern insbesondere durch die Erfüllung der Meldepflichten ein geringfügiger Erfüllungsaufwand. Es wird - auch im Ausländerzentralregister - nicht statistisch nachgehalten, aus welchen Gründen Ausweisungen erfolgen, oder ob bestimmte Ausweisungsinteressen vorliegen. Insofern kann die Zahl der von den Überwachungsmaßnahmen neu erfassten Ausländer nicht auf verlässlicher Grundlage angegeben werden.

2. Wirtschaft

Der Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.

3. Verwaltung

Der Verwaltung des Bundes entsteht Erfüllungsaufwand im Zusammenhang mit der Einführung der Möglichkeit zum Auslesen mobiler Datenträger im Asylverfahren. Ziel des Auslesens der gespeicherten Daten ist es, die für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit relevanten Daten zu erheben. Im Jahr 2016 wurden rd. 280 000

Asylsuchende registriert. Es wird unterstellt, dass eine Auswertung der Datenträger bei bis zu 50-60 % der Antragsteller in Betracht kommen könnte. Aus dieser Annahme leiten sich rund 150.000 Personen her, bei denen ein Auslesen eines oder mehrerer Datenträger rein theoretisch in Betracht kommt. Die Neuregelung zum Auslesen von gespeicherten Daten setzt eine Einzelfallentscheidung des Bundesamtes voraus. Die der Berechnung zu Grunde gelegten Zahlen stellen eine Annahme dar, die von vielen nicht prognostizierbaren Faktoren (u.a. dem Migrationsgeschehen) abhängt. Für die Mengenannahmen wird von der Ausstellung von 500 Ankunftsnachweisen pro Tag für erstmalige Asylantragsteller ausgegangen. Weiter werden vorübergehende Nacherfassungen von bisher nicht registrierten Asylsuchenden unterstellt.

Zeitpunkt des Auslesens der Datenträger ist, sofern sich die Maßnahme als erforderlich erweist, regelmäßig die Registrierung als Asylsuchender. Um die Bearbeitungszeiten des Asylverfahrens nicht zu beeinflussen, darf sich die Auswertung nicht verfahrensverzögert auswirken und muss dezentral erfolgen. Daher sollten alle Stellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Ankunftsnachweise ausstellen, auch mit Auslesepunkten ausgestattet werden. Eine vollständige Sicherung von Datenträgern von bereits länger in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden wird nicht angestrebt.

Für die Hardwareausstattung eines Auslesepunktes sind etwa 10 000 Euro für die Hardware und 7 000 Euro für die Softwarelizenz anzusetzen. Die Softwarelizenz ist periodisch zu erneuern. Dafür sind 3 000 Euro pro Jahr und Gerät anzusetzen. Für die erstmalige Schulung der Nutzer der Systeme sind 500 Euro pro Nutzer anzusetzen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass für die Auswertung von nicht deutschsprachigen Geräten und Applikationen Sprachunterstützung notwendig sein kann. Alle tatsächlichen Kosten lassen sich zuverlässig erst im Rahmen eines durchzuführenden Markterkundungs- / Vergabeverfahrens validieren.

Die beim Auslesen der Speicher für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit relevanten Daten sind einzeln zu bewerten und die notwendigen und erforderlichen Informationen sind nach Prüfung mit einer geeigneten Schnittstelle in die entsprechenden Systeme des BAMF einzupflegen. Der Datentransfer und die Speicherung der Daten ist zu protokollieren. Für die Realisierung der Schnittstelle sind einmalig 350 000 Euro anzusetzen. Für die Realisierung des Informationsmoduls für MARIS werden einmalig 50 .000 Euro angesetzt. Die Kosten der netzseitigen Anbindung an MARIS und des Pflegeaufwands der Schnittstelle und des Moduls werden mit 600 000 Euro angesetzt.

Für die Erstbeschaffung fallen bei 100 Auslesepunkten einmalig für die forensische Hard-, Software und Schulung 1 750 000 Euro an. Weiter werden für die Importschnittstelle 350 000 Euro und für das geographische Informationsmodul 500 000 Euro angesetzt. Die einmaligen Kosten werden auf 3 200 000 Euro geschätzt. Weiter fallen jährlich 300 000 Euro Lizenzkosten für die forensische Software in den Folgejahren an. Nicht bezifferbarer Erfüllungsaufwand entsteht bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für zusätzlich erforderliche Datenschutzkontrollen im Zusammenhang mit der neuen Regelung zum Auslesen von Datenträgern durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Der weitergehende Aufwand für personelle und sachliche Ressourcen kann erst zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt werden.

Dieser sowie etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan ausgeglichen werden.

Über die Haftkosten der Länder wird keine Bundesstatistik geführt. Verschiedene Erhebungen bei den Ländern führen zu Angaben von Haftkosten zwischen 100 und 120 Euro pro Haftinsasse und Tag; teils werden bis über 300 Euro angegeben. In wie vielen Fällen und für wie viele Hafttage die geänderten Regelungen zur Sicherungshaft Anwendung finden werden, lässt sich nicht prognostizieren, weil die in Betracht kommenden Fallgruppen nicht statistisch erfasst werden.

Entsprechendes gilt für den Ausreisegewahrsam. Da noch nicht sämtliche möglicherweise entstehenden Ausreisegewahrsamseinrichtungen abschließend geplant und errichtet sind, ist nicht abzusehen, welche Kosten den Ländern durch die Einrichtung und den Betrieb dieser Einrichtungen entstehen werden. Die Kosten werden neben der Anzahl auch erheblich von noch nicht feststehenden Faktoren, vor allem vom Standort und der Größe dieser Einrichtungen, abhängen, so dass zu den entstehenden Kosten derzeit keine Aussagen getroffen werden können.

Aussagen zu Maßnahmen der Länder zur Entziehung ausländischer Reisedokumente von Mehrstaatern sind der Bundesregierung nicht möglich. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden in den Ländern Maßnahmen der Passbehörden, also auch Passversagungen und -entziehungen, nicht statisch nachgehalten und können retrograd auch nicht erhoben werden. Erst recht ist es nicht möglich, statistisch zu erheben, in wie vielen der Fälle die Betroffenen mehrere Staatsangehörigkeiten und zudem auch ausländische Ausweispapiere besitzen, was tatbestandliche Voraussetzung für die Entziehung ausländischer Reisedokumente sein soll. Jedenfalls ist nicht von einer erheblichen Fallzahl auszugehen.

Den zuständigen Landesbehörden entsteht Erfüllungsaufwand durch die neue Vorschrift zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung (sog. elektronischen Fußfessel). Die Kosten für ein vergleichbares System, das bereits von den Justizbehörden der Länder für die Überwachung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht ( § 68a StGB) eingesetzt wird, belaufen sich auf jährlich 1,2 Millionen Euro für den Betrieb einer gemeinsamen Überwachungsstelle. Darin enthalten sind die Personalkosten für

1. Mitarbeiter im Schichtdienst.

Zusätzlich zu diesen Kosten kommen pro überwachte Person einmalige Kosten in Höhe von 170 Euro für das Überwachungsgerät und monatliche Kosten in Höhe von 500 Euro für die Überwachung der Person, inklusive der Kosten für das Anbringen und Lösen des Geräts. In welcher Höhe diese Kosten bei den Ländern tatsächlich anfallen würden, ist aufgrund fehlender Erkenntnisse darüber, ob bereits bei den Ländern bestehende Einrichtungen mitgenutzt werden, und fehlender Erkenntnisse über die technische Realisierung und die praktische Ausgestaltung der Überwachung und fehlender Erkenntnisse, in wie vielen Fällen eine Überwachung mittels elektronischer Aufenthaltsüberwachung praktisch in Frage kommt, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Den Behörden für den Datenschutz in den Ländern entsteht nicht bezifferbarer Erfüllungsaufwand für zusätzlich erforderliche Datenschutzkontrollen.

5. Weitere Kosten

Für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, sind keine sonstigen direkten oder indirekten Kosten zu erwarten. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Die Regelungen haben keine Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Gleichstellungspolitische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

VII. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung kommt nicht in Betracht, weil die Durchsetzung der Ausreisepflicht eine Daueraufgabe darstellt. Bund und Länder überprüfen in Gremien, die zur gemeinsamen Behandlung von Rückführungsfragen eingerichtet worden sind, und künftig im Zusammenwirken in einem gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr fortlaufend, ob die beabsichtigten Wirkungen der Regelungen erreicht worden sind, betrachten hierbei auch Kostengesichtspunkte und stellen Nebenwirkungen von Regelungen fest. Einer zusätzlichen, gesonderten Evaluierung der durch dieses Gesetz geschaffenen Regelungen bedarf es in Anbetracht dieser engmaschigen Betrachtung des Gelingens und der Folgen der Rückkehrpolitik nicht.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes)

Zu Nummer 1

Es handelt sich um eine Folgeänderung im Hinblick auf die Änderung der Überschrift des § 56 und auf die Einfügung des neuen § 56a des Aufenthaltsgesetzes.

Zu Nummer 2

Durch die Einfügung der neuen Nummer 5a in § 2 Absatz 14 des Aufenthaltsgesetzes wird eine näher bestimmte Gefährlichkeit eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers als konkreter Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 des Aufenthaltsgesetzes legal definiert. Dies entspricht dem Erfahrungswert, dass dieser Personenkreis regelmäßig eine hohe Mobilität aufweist und sich behördlichen Maßnahmen oftmals zu entziehen versucht. Als mildere Mittel zur Haft kommen aufenthaltsrechtlich insbesondere Maßnahmen nach § 56 und § 56a des Aufenthaltsgesetzes in Betracht. Eine Gefahr für Leib und Leben geht dabei auch von Personen aus, die mit harten Drogen handeln.

Über den Verweis in § 2 Absatz 15 des Aufenthaltsgesetzes können bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen auch Ausländer in Haft genommen werden, bei denen im Hinblick auf den neuen § 2 Absatz 14 Nummer 5a des Aufenthaltsgesetzes eine erhebliche Fluchtgefahr nach Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31, sog. Dublin III-Verordnung) besteht. Es wäre nicht zu rechtfertigen, dass eine entsprechende Haft wegen der Gefährlichkeit des Ausländers bei einer bevorstehenden Abschiebung in einen Drittstaat verhängt werden könnte, bei einer bevorstehenden Überstellung im Rahmen des Dublin-Mechanismus aber nicht.

Zu Nummer 3

Mit der Regelung werden die bereits bestehenden und national sowie international vereinbarten Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise von gewaltbereiten Personen aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, sich an irregulären Kampfhandlungen auf ausländischen Staatsgebieten zu beteiligen, umgesetzt.

Bei deutschen Staatsangehörigen, die zugleich eine oder mehrere andere Staatsangehörigkeiten besitzen, gibt es bisher eine Regelungslücke. Zwar kann ein Ausreiseverbot nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes ergehen und der deutsche Pass nach § 8 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 des Passgesetzes entzogen werden. Es besteht aber die Gefahr, dass die betreffenden Personen versuchen, das Ausreiseverbot mit Hilfe des ausländischen Passes zu umgehen. Daher bedarf es einer Regelung, die auch die Einziehung des ausländischen Passes oder Passersatzes erlaubt. Die bisher vorgesehenen Regelungen zur Einziehung ausländischer Passpapiere gelten aber nur für Ausländer (§ 48 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes) bzw. für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger (§ 8 Absatz 1 Nummer 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU). Diese Vorschriften sind daher nicht anwendbar, wenn die betreffende Person die deutsche Staatsangehörigkeit und daneben eine oder mehrere andere Staatsangehörigkeiten hat (vgl. § 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU und § 2 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes).

Durch Ergänzung von § 48 Absatz 1 wird daher einen Regelung geschaffen, auf deren Grundlage die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung eines ausländischen Passes oder Passersatzes auch dann verlangt werden kann, wenn es sich um einen deutschen Staatsangehörigen mit einer weiteren ausländischen Staatsangehörigkeit handelt und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung zur Durchführung oder Sicherung eines Ausreiseverbots nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes erforderlich ist.

Die Regelung findet auch Anwendung, soweit es sich bei der ausländischen Staatsangehörigkeit um die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union handelt. Der Anwendungsbereich des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist in diesen Fällen nicht eröffnet, da sich das Recht auf Aufenthalt in Deutschland bei einem Deutschen, der zugleich Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates ist, nicht aus dem Unionsrecht, sondern aus der deutschen Staatsangehörigkeit ergibt. Soweit sein Aufenthalt also nicht auf dem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht beruht, ist seine Situation vergleichbar mit der eines deutschen Staatsangehörigen, der zugleich die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates hat. Für diese Fälle wird mit der Ergänzung in § 48 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes nun eine Regelung für die Entziehung des ausländischen Passes oder Passersatzes geschaffen. Die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes auf Unionsbürger, die nicht oder nicht mehr dem Freizügigkeitsrecht unterfallen, entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 11 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU, der für diese Fälle grundsätzlich auf das Aufenthaltsgesetz verweist.

Die zuständigen Passbehörden arbeiten in Fällen von Ausreiseverbot und Passüberlassung eng mit den zuständigen Ausländerbehörden und der Bundespolizei zusammen und stimmen ihre Maßnahmen miteinander ab. Soweit erforderlich (z.B. Reisen in den Staat der anderen Staatsangehörigkeit)informieren diese Behörden auch die zuständigen Behörden der betroffenen dritten Staaten (z.B. Botschaften, Konsulate).

Zu Nummer 4

Zu Buchstabe a

Die Überschrift des § 56 des Aufenthaltsgesetzes wird geändert, weil der Paragraf nicht nur Regelungen zur Überwachung von ausgewiesenen Ausländern enthält, sondern auch Regelungen zur Überwachung solcher Ausländer trifft, die aus anderen Gründen vollziehbar ausreisepflichtig sind.

Zu Buchstabe b

Nach dem bisher geltenden § 56 Absatz 1 Satz 1 setzt die Überwachung eines Ausländers entweder eine Ausweisung auf Grund eines in § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes genannten Ausweisungsinteresses oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes voraus. Ist der Ausländer aus anderen Gründen ausreisepflichtig (etwa nach der bestandskräftiger Ablehnung eines Asylantrages oder dem Gültigkeitsende eines Aufenthaltstitels) oder sind die in § 56 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes genannten besonderen Ausweisungsinteressen erst nach Erlass einer - auf andere Ausweisungsinteressen gestützten - Ausweisungsverfügung entstanden, ist eine Überwachung des Ausländers daher nur möglich, wenn eine (erneute) Ausweisung erfolgt, die auf die in § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes genannten Ausweisungsinteressen gestützt wird.

Nach der Neuregelung in Satz 2 Nummer 1 genügt für eine Anordnung der Meldepflicht und weiterer Überwachungsmaßnahmen nunmehr das Vorliegen der in § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes genannten Ausweisungsinteressen. Der Erlass einer hierauf gestützten Ausweisungsverfügung ist nicht mehr erforderlich. Die Überwachungsmaßnahmen können somit im Einzelfall ohne die bei Erlass einer Ausweisungsverfügung erforderliche Abwägung mit den Bleibeinteressen des Ausländers angeordnet werden, sofern der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist. Dies ist sachgerecht, weil die Ausweisungsverfügung auf die Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts bezieht, wobei Bleibeinteressen wie etwa familiäre Belange zu beachten sind, während diesen Interessen bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer Überwachungsmaßnahme für einen Ausländer, der bereits vollziehbar ausreisepflichtig ist, keine vergleichbare Bedeutung zukommt.

In Satz 2 Nummer 2 wird die bislang in § 56 Absatz 1 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes enthaltene Regelung übernommen; hierdurch kommt es zu keiner Änderung materiellen Rechts.

Zu Buchstabe c

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung in § 56 Absatz 1 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes.

Zu Nummer 5

Der neue § 56a des Aufenthaltsgesetzes regelt die Befugnis der Ausländerbehörde oder der sonst nach Landesrecht zuständigen Stelle, den Aufenthaltsort von Ausländern, die einer räumlichen Beschränkung des Aufenthaltes nach § 56 Absatz 2 und 3 des Aufenthaltsgesetzes oder einem Kontaktverbot nach § 56 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes unterliegen und von denen eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter ausgeht, elektronisch zu überwachen. Die Vorschrift ist im Wesentlichen § 56 des Entwurfs des BKA-Gesetzes (vgl. Bundesratsdrucksache 109/17 (PDF) ) nachgebildet.

Mit der Einführung der elektronischen Überwachung des Aufenthaltsortes wird ein weiteres milderes Mittel zur Haft eingeführt. Ziel dieser offenen Maßnahme ist es, den Aufenthaltsort von Ausländern, von denen eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter ausgeht, ständig zu überwachen und auf diese Weise die Begehung derartiger Straftaten zu verhindern. Die ständige Aufenthaltsüberwachung erhöht das Risiko, bei der Begehung von Straftaten entdeckt zu werden, und kann auf diese Weise zur Straftatenverhütung beitragen. Darüber hinaus ermöglicht die ständige Aufenthaltsüberwachung ein schnelles Eingreifen zur Straftatenverhütung.

Im Vergleich zur durchgehenden Observation des Betroffenen, die beträchtliche Personalressourcen bindet, geht mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung als offene Maßnahme ein weniger schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einher, da hierbei nur der Aufenthaltsort und nicht auch das Verhalten und die Gesprächspartner des Betroffenen beobachtet werden.

Zu Absatz 1

Absatz 1 regelt die die Voraussetzungen für eine gerichtliche Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung. Die aus einer solchen Anordnung resultierenden Verpflichtungen des Ausländers (Mitführen der technischen Mittel und Unterlassen der Beeinträchtigung von deren Funktionsfähigkeit) entspricht der Regelung in § 56 Absatz 1 des Entwurfs des BKA-Gesetzes (vgl. Bundesratsdrucksache 109/17 (PDF) ).

Zu Absatz 2

Absatz 2 trifft im Einklang mit § 56 Absatz 8 des Entwurfs des BKA-Gesetzes (vgl. Bundesratsdrucksache 109/17 (PDF) ) Vorgaben zur höchstmöglichen Dauer der einzelnen Anordnung und zur einer möglichen Verlängerung der Maßnahme. Bei Wegfall der Voraussetzungen der Anordnung ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden.

Zu Absatz 3

Absatz 3 Satz 1 enthält die Rechtsgrundlage für die Erhebung- und Speicherung der für die elektronische Überwachung erforderlichen Daten durch die Aufsichtsstelle. Ohne besondere Zuständigkeitsregelung findet § 71 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes Anwendung.

Die Erhebung und Speicherung umfasst grundsätzlich alle Aufenthaltsdaten einschließlich der Daten über eine Beeinträchtigung der Erhebung. Dieser umfassende Ansatz ist erforderlich, um sämtliche in Absatz 4 Nummer 1 bis 6 vorgesehenen Verwendungszwecke erfüllen und die mit der Überwachung angestrebten Wirkungen erreichen zu können.

Der Befugnis zur Erhebung von Daten über etwaige Beeinträchtigungen bei der Datenerhebung (Satz 1 Nummer 2) bedarf es auch, um Funktionsbeeinträchtigungen erkennen zu können, die zum Beispiel eine Reparatur der vom Ausländer mitgeführten Geräte erfordern.

Die Datenerhebung und -speicherung hat automatisiert zu erfolgen (Satz 1). Dies soll die Einhaltung der unterschiedlichen Verwendungszwecke sichern und gewährleisten, dass die Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle grundsätzlich nur die Daten zur Kenntnis nehmen kann, die für die Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Zwecke erforderlich sind.

Satz 2 und Absatz 5 Satz 5 schreiben vor, dass der Ausländer in seiner Wohnung keiner Datenerhebung und -verwertung ausgesetzt sein darf, aus der sich mehr Informationen ergeben als seine Anwesenheit. Eine genaue Ortung innerhalb der Wohnung ist damit untersagt. Die Doppelregelung in Satz 2 und Absatz 5 Satz 5 verfolgt dabei einen abgestuften Ansatz: Soweit dies technisch möglich ist, dürfen die genannten Aufenthaltsdaten gar nicht erst erhoben werden. Sollte technisch ein Ausschluss dieser Daten nicht umgesetzt werden können, darf jedenfalls eine Verwertung dieser Daten nicht erfolgen. Sie sind unverzüglich zu löschen, sobald eine Kenntnisnahme erfolgt ist, wobei die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung zu protokollieren ist.

Die Regelung gewährleistet zugleich, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung nicht zu einem unzulässigen Eingriff in den Kernbereich privater Lebensführung führt.

Die Länder können bestimmen, ob die Ausländerbehörde oder eine andere Stelle für die Erhebung und Speicherung der Daten nach Satz 1 zuständig sein soll (Sätze 3 und 4).

Zu Absatz 4

Absatz 4 regelt die einzelnen Verwendungszwecke für die nach Absatz 3 erhobenen Daten.

Nach Nummer 1 dürfen die Daten zur Feststellung von Verstößen gegen eine räumliche Beschränkung des Aufenthaltes nach § 56 Absatz 2 und 3 des Aufenthaltsgesetzes oder ein Kontaktverbot nach § 56 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes genutzt werden.

Durch Nummer 2 wird die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten ermöglicht, die mit entsprechenden Verstößen in einem Zusammenhang stehen.

Durch Nummer 3 wird die Feststellung eines Verstoßes gegen die gerichtliche Anordnung nach Absatz 1 und die entsprechende Strafverfolgung ermöglicht.

Nach Nummer 4 dürfen die Daten auch zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder die persönliche Freiheit einer dritten Person verwendet werden. Nummer 5 erlaubt die Nutzung zu Zwecken der Strafverfolgung wegen erheblicher Straftaten gegen Leib und Leben einer dritten Person oder wegen Straftaten nach § 89a oder § 129a des Strafgesetzbuches. Könnten die Daten nicht für die in Nummern 4 und 5 genannten Zwecke genutzt werden, würde ein erheblicher Vertrauensverlust in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen insgesamt drohen, wenn trotz einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung die entsprechenden Daten nicht zur Verfolgung oder Verhinderung erheblicher Straftaten, insbesondere von schweren Gewaltstraftaten, genutzt werden dürften. Die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten ist ein wesentlicher Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens (vgl. BVerfGE 100, 313, 373, 383 f.; 107, 299, 316; 109, 279, 336; 115, 320, 345; BVerfG, Urteil vom 11. März 2008, 1 BvR 256/08), ebenso wie die Abwehr erheblicher Gefahren für höchstpersönliche Rechtsgüter.

Nach Nummer 6 dürfen die Daten auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der technischen Mittel verwendet werden. Die Regelung gestattet die Verwendung von Daten, die auf eine nicht vom Betroffenen zu vertretende Funktionsbeeinträchtigung hinweisen, um diese - zum Beispiel durch Austausch der vom Betroffenen mitgeführten Geräte - beseitigen zu können. Denn die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der eingesetzten Geräte ist Grundvoraussetzung für eine Nutzung der Daten nach den Nummern 1 bis 5.

Die Verwendung der Daten für die vorgenannten Zwecke stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, der verhältnismäßig ist. Sie verfolgt allein den Zweck, Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (Leib, Leben oder persönliche Freiheit Dritter) abzuwehren oder schwerwiegende Straftaten, die in diese Rechtsgüter eingreifen, zu verfolgen. Maßnahmen mit dieser Zweckbestimmung dienen einem überragenden Gemeinwohlinteresse (vgl. BVerfGE 115, 320, 345; vgl. auch BVerfG, Urteil v. 20. April 2016, aaO, Randnummer 100).

Diese Verwendung verletzt auch nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung. Allein das Wissen um die unterschiedlichen Aufenthaltsorte ermöglicht keine umfassende Kenntnis von den Ausländer betreffenden Vorgängen höchstpersönlicher Art. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der Ortskenntnis jeweils auch die Kenntnis verbunden wäre, womit sich der Ausländer an dem jeweiligen Ort beschäftigt.

Die Formulierung des Absatzes 4 ("ohne Einwilligung") stellt klar, dass die erhobenen Daten über die in den Nummern 1 bis 6 genannten Fälle hinaus mit Einwilligung des Ausländers auch für sonstige Zwecke verwendet werden dürfen. In Betracht kommt etwa eine Verwendung zur Aufklärung anderer Straftaten.

Zu Absatz 5

Die in Absatz 5 enthaltenen besonderen Datenverarbeitungs-, Löschungs- und Protokollierungsregelungen entsprechen dem Vorbild des § 463a Absatz 4 der Strafprozessordnung.

Nach Satz 1 sind die nach erhobenen und gespeicherten Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern, um eine Einhaltung der Zweckbindung nach Absatz 4 zu gewährleisten. Dabei gibt die Regelung zudem vor, dass die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen hat. Die Vorschrift wiederholt die in Absatz 3 Satz 1 enthaltene Pflicht zur automatisierten Datenverarbeitung. Durch die automatisierte Verarbeitung kann sichergestellt werden, dass sie Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle nur in dem für die Erfüllung der Zwecke nach Absatz 4 Nummer 1 bis 6 erforderlichen Umfang Kenntnis von den Daten erhält. Die besondere Sicherung der Daten hat nach den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes zu erfolgen.

Satz 2 enthält für die nach Absatz 1 erhobenen Daten eine grundsätzliche Löschungsfrist von zwei Monaten. Die Frist ist notwendig, um klären zu können, ob die Daten für die in Absatz 4 genannten Zwecke noch benötigt werden. Eine über diese Frist hinausgehende Verwendung ist nur zulässig, wenn die Daten zu diesem Zeitpunkt bereits für einen der genannten Zwecke verwendet werden. Eine darüber hinausreichende Datenspeicherung lässt die Regelung nicht zu. Daten, die für die Zwecke nach Absatz 4 Nummer 1 bis 6 benötigt werden, können über den Zeitraum von zwei Monaten hinaus gespeichert bleiben und für diese Zwecke (weiter) verwendet werden. Die weitere Verarbeitung richtet sich dann nach den allgemeinen Grundsätzen.

Nach Satz 3 ist jeder Abruf der Daten zu protokollieren. Die Protokolle müssen es ermöglichen, die Begründung, das Datum und die Uhrzeit dieser Vorgänge und so weit wie möglich die Identität der Person, die die personenbezogenen Daten abgefragt oder offengelegt hat, und die Identität des Empfängers der Daten festzustellen. Diese datenschutzrechtliche Vorgabe ermöglicht die nachträgliche Kontrolle, ob sich Kenntnisnahme und Verwendung der Daten im Rahmen der Zweckbindung nach Absatz 4 bewegt haben und durch eine berechtigte Person erfolgt sind. Ihr kommt insoweit auch eine präventive Wirkung zu. Satz 4 bestimmt, dass die Protokolldaten nach zwölf Monaten zu löschen sind.

Die Sätze 5 bis 8 enthalten Regelungen für den Fall, dass innerhalb der Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben werden. Nach Satz 5 dürfen diese nicht verwendet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Satz 6 bestimmt, dass die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung zu dokumentieren ist. Diese Dokumentation darf nach Satz 7 ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Nach Satz 8 ist sie nach Abschluss der Datenschutzkontrolle zu löschen.

Zu Absatz 6

Nummer 1 stellt klar, dass die Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle die im Rahmen der automatisierten Auswertung der Daten eingehenden Systemmeldungen über Verstöße nach Absatz 4 Nummer 1 entgegennimmt und bewertet.

Die Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle ist nicht in allen Fällen, in denen Aktivitäten des überwachten Ausländers ein behördliches Eingreifen erfordern, für die Durchführung dieser Maßnahmen zuständig. Nach Nummer 2 leitet die Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle daher insbesondere an Polizeibehörden Daten des Aufenthaltsortes des Ausländers zur Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung des Aufenthaltes nach § 56 Absatz 2 und 3 oder eines Kontaktverbotes nach § 56 Absatz 4 weiter. Nach Nummer 3 gibt sie entsprechend Daten an die zuständigen Bußgeld- oder Strafverfolgungsbehörde zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach § 98 Absatz 3 Nummer 5a oder einer Straftat nach § 95 Absatz 1 Nummer 6a weiter. Nach Nummer 4 werden Daten des Aufenthaltsorts des Ausländers an die zuständigen Polizeibehörden weitergegeben, dies zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer dritten Person erforderlich ist. Für die Verhütung und Verfolgung der in Absatz 4 Nummer 5 genannten Straftaten sind die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden zuständig, weshalb Nummer 4 eine entsprechende Datenweiterleitung vorsieht. Um die Funktionsfähigkeit der technischen Geräte gewährleisten zu können, enthalten die Nummern 6 bis 8 klarstellende Regelungen dazu, wie die Ausländerbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle die Funktionsfähigkeit der Geräte aufrechterhalten kann.

Zu Absätzen 7 und 8

Die Absätze 7 und 8 entsprechen den im Zusammenhang mit den anderen Gefahrenabwehrbefugnissen, die einer richterlichen Anordnung bedürfen, getroffenen Regelungen zum Inhalt des Antrags und zur gerichtlichen Anordnung.

Zu Absatz 9

Absatz 9 regelt, dass die Amtsgerichte für die Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach Absatz 1 für zuständig sind. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

Zu Absatz 10

In Absatz 10 ist durch den Verweis auf § 56 Absatz 4 Satz 1 geregelt, dass die Verpflichtungen nach Absatz 1 ruhen, wenn sich der Ausländerin Haft befindet.

Zu Nummer 6

Durch die Anfügung eines neuen Satzes an § 60a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes wird eine Ausnahme zum Gebot des § 60a Absatz 5 Satz 4 des Aufenthaltsgesetzes geschaffen. Nach dieser Vorschrift ist eine Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen, wenn die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt war und die Duldung zur Durchführung der Abschiebung widerrufen werden soll. Diese Regel soll nicht mehr gelten, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeigeführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt hat. Denn in diesen Fällen kann sich der Ausländer nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dies gilt insbesondere bei der fehlenden Mitwirkung bei der Beschaffung von Passersatzpapieren. Minderjährige Geduldete müssen sich nicht das Verhalten der Eltern oder sonstiger Personensorgeberechtigter zurechnen lassen.

Zu Nummer 7

Nach der Neuregelung in § 61 Absatz 1c des Aufenthaltsgesetzes soll eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt. Damit sollen gerade Ausländern, die über ihre Identität täuschen oder die bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten nicht ausreichend mitwirken, enger an den Bezirk der Ausländerbehörde gebunden werden, um ggf. sicherzustellen, dass sie für etwaige erforderliche Mitwirkungshandlungen leichter erreichbar sind und um ein mögliches Untertauchen zu erschweren. Minderjährige Geduldete müssen sich nicht das Verhalten der Eltern oder sonstiger Personensorgeberechtigter zurechnen lassen.

Zu Nummer 8

Durch die in Satz 4 geregelte Ausnahme zu § 62 Absatz 3 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes kann Abschiebungshaft für einen Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, künftig auch dann verhängt werden, wenn die Abschiebung nicht innerhalb des Dreimonatszeitraums möglich sein wird. Die in Absatz 4 genannten Fristen bleiben von dieser Regelung unberührt.

Zu Nummer 9

Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird auf zehn Tage festgelegt.

Zu Nummer 10

Mit der Neuregelung wird klargestellt, dass geschützte Daten auch zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben übermittelt werden dürfen. In Anbetracht der hochrangigen Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit kann eine solche Datenübermittlung nach Prüfung im Einzelfall gerechtfertigt sein.

Zu Nummer 11

Die neue Strafvorschrift stellt die Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach § 56a Absatz 1 - neu - unter Strafe. Dabei orientiert sie sich, wegen des gleichen Unrechtsgehalts auch hinsichtlich des Strafmaßes, an der Strafvorschrift des § 87 Entwurfs des BKA-Gesetzes (vgl. Bundesratsdrucksache 109/17 (PDF) ).. Die Einschränkung auf bedeutsame Zuwiderhandlungen wird dadurch erreicht, dass die Strafverfolgung von einem Antrag der Ausländerbehörde oder einer sonst zuständigen Stelle, die nach Landesrecht bestimmt wird, abhängig gemacht wird.

Zu Artikel 2 (Änderung des Asylgesetzes)

Zu Nummer 1

Es handelt sich um eine Folgeänderung auf Grund der Einfügung eines neuen § 15a in das Asylgesetz.

Zu Nummer 2

Die Änderung stellt sicher, dass durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren angefallene Daten auch zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben des Asylbewerbers oder von Dritten an die zuständigen Behörden übermittelt werden dürfen. Der islamistisch motivierte Sprengstoffanschlag von Ansbach am 24. Juli 2016 hat deutlich gemacht, dass es einer solchen gesetzlichen Klarstellung bedarf. In Anbetracht der hochrangigen Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit kann eine solche Datenübermittlung nach Prüfung im Einzelfall gerechtfertigt sein.

Zu Nummer 3

Zu Buchstabe a

Die Regelung erweitert die Mitwirkungspflicht und verpflichtet einen Ausländer im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes, auch Datenträger, die in seinem Besitz und für die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können, den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

Die Identitätsprüfung ist bei Personen ohne Ausweisdokumente oft langwierig und fehleranfällig. Um die Identitätsprüfung zu erleichtern, kann die Auswertung von Datenträgern, wie Mobiltelefonen, Tablets und Laptops, wichtige Erkenntnisse liefern. Entsprechende Hinweise lassen sich in zunehmendem Maße nicht nur Mobiltelefonen, sondern auch anderen Datenträgern, die die Betreffenden mit sich führen, entnehmen. So können etwa die Adressdaten in dem Mobiltelefon eines ausreisepflichtigen Ausländers bzw. gespeicherte Verbindungsdaten aufgrund der Auslandsvorwahl wesentliche Hinweise auf eine mögliche Staatsangehörigkeit geben.

Zu Buchstabe b

Die Änderung erweitert die Möglichkeiten zur Durchsuchung, soweit der Ausländer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt.

Zu Nummer 4

Der neue § 15a des Asylgesetzes ergänzt den neuen § 15 Absatz 2 Nummer 6 um Regelungen zur Auswertung von Datenträgern.

Das BAMF wird zur Auswertung von Datenträgern ermächtigt, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit eines Ausländers erforderlich und die Maßnahme verhältnismäßig ist. Insbesondere darf der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreichbar sein. Im Übrigen gelten die Anforderungen des § 48 Absatz 3a Satz 2 bis 8 und des § 48a des Aufenthaltsgesetzes entsprechend. So ist z.B. dem Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Rechnung zu tragen, d.h. die Maßnahme ist unzulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden. Zudem dürfen die Datenträger nur von einem Bediensteten ausgewertet werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Soweit der Ausländer seiner Verpflichtung, die notwendigen Zugangsdaten für die zulässige Auswertung etwa seines Mobiltelefons oder seines Smartphones zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommt, ist die Behörde durch den Verweis auf § 48a des Aufenthaltsgesetzes berechtigt, diese Zugangsdaten bei dem zuständigen Telekommunikationsdienstleister zu erheben. Derjenige, der Telekommunikationsdienste für den Ausländer über das jeweilige technische Gerät erbringt, ist verpflichtet, die Daten unverzüglich zu übermitteln. Zur Vermeidung heimlicher Maßnahmen ist der Ausländer von der Behörde vorab über das Auskunftsverlangen zu informieren.

Zu Nummer 5

Durch die Regelung wird den Ländern in Anlehnung an die Regelung für sichere Herkunftsstaaten (Absatz 1a) die Möglichkeit eingeräumt, für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive eine längere Wohnverpflichtung als die in Absatz 1 vorgesehenen sechs Monate vorzusehen. Damit soll insbesondere vermieden werden können, dass eine anstehende Aufenthaltsbeendigung durch einen nach dem Ende der Wohnverpflichtung erforderlichen Wohnortwechsel des Ausländers unnötig erschwert wird. In welcher Form die Länder die Regelung treffen, richtet sich nach Landes-(Verfassungs-)Recht. Dabei werden die Länder unter anderem auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarktzugang von Asylbewerbern zu berücksichtigen haben. Absatz 1b geht ebenso wie Absatz 1a in ihrem Regelungsbereich als lex specialis der Regelung in § 49 Absatz 1 des Asylgesetzes, nach der die Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, zu beenden ist, wenn eine Abschiebungsandrohung vollziehbar und die Abschiebung kurzfristig nicht möglich ist, insoweit vor. Im Übrigen bleiben die Regelungen der §§ 48 bis 50 des Asylgesetzes unberührt, was in Satz 2 klargestellt wird. Satz 3 betont dabei ausdrücklich, dass, wenn das Bundesamt nicht oder nicht kurzfristig entscheiden kann, ob ein Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, die Person aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen ist.

Zu Artikel 3 (Änderung des Achten Buchs Sozialgesetzbuch)

Durch die Regelung werden die Jugendämter grundsätzlich verpflichtet, für die von ihnen in Obhut genommenen unbegleiteten ausländischen Minderjährigen umgehend von Amts wegen einen Asylantrag zu stellen, wenn internationaler Schutz in Betracht kommt. Die Verpflichtung bezieht sich auf die für die Inobhutnahme von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen zuständigen Jugendämter, also diejenigen Jugendämter, denen das Kind oder der Jugendliche nach § 42b Absatz 3 Satz 1 innerhalb von 14 Tagen zugewiesen wurde oder bei denen der unbegleitete Minderjährige - bei Ausschluss der Verteilung nach § 42b Absatz 4 - zur Inobhutnahme verbleibt. Die neue Regelung ist im Zusammenhang mit den bestehenden Regelungen in § 42 Absatz 2 Satz 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuches zu betrachten. Danach ist das Jugendamt während der Inobhutnahme berechtigt und im Ergebnis auch verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Durch die neue Regelung wird in Bezug auf unbegleitete ausländische Minderjährige klargestellt, dass es sich bei der Asylantragstellung um eine solche Rechtshandlung handelt, die regelmäßig zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt. Das bedeutet auch, dass in Bezug auf den Zeitpunkt der Antragstellung auch zu berücksichtigen ist, ob die persönliche Situation des unbegleiteten Minderjährigen die Einleitung des Asylverfahrens zulässt. Ist dies der Fall, dann muss die Antragstellung aber auch unverzüglich erfolgen. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

Die Verpflichtung des Jugendamtes zur Vornahme von Rechtshandlungen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind, umfasst im Falle der Asylantragstellung für einen unbegleiteten ausländischen Minderjährigen auch die Sicherstellung der Einhaltung von Mitwirkungs- und Handlungspflichten nach dem Asylgesetz (v.a. nach §§ 15, 25, 33 und 71 Asylgesetz).

Durch die Regelung wird Kommunen nicht unmittelbar eine neue Aufgabe zugewiesen, da nach § 69 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch die Träger der Jugendhilfedurch Landesrecht bestimmt werden.

Zu Artikel 4 (Einschränkung eines Grundrechts)

Die Vorschrift enthält das erforderliche Zitat des eingeschränkten Grundrechts.

Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG: NKR-Nr. 3932, BMI: Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerGeringfüge Belastung
WirtschaftKeine Auswirkungen
Verwaltung Bund Jährlicher Erfüllungsaufwand: Einmaliger Erfüllungsaufwand: Länder (Kommunen) Jährlicher Erfüllungsaufwand: Einmaliger Erfüllungsaufwand:teilweise quantifiziert 0,3 Mio. EUR teilweise quantifiziert 3,2 Mio. EUR nicht quantifiziert EUR nicht quantifiziert EUR
EvaluierungBund und Länder überprüfen sowohl in den Gremien, die zur gemeinsamen Behandlung von Rückführungsfragen eingerichtet worden sind als auch künftig durch das gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr fortlaufend, ob die beabsichtigten Wirkungen der Regelungen in diesem Gesetzentwurf erreicht worden sind. Positiv zu bewerten ist, dass dabei auch Kostengesichtspunkte und unbeabsichtigte Nebenwirkungen betrachtet werden. Bezogen auf die Reglungen dieses Gesetzentwurfs akzeptiert der NKR das vom Ressort beschriebene und vom NKR nachgeprüfte engmaschige Monitoringund Evaluierungsregime als äquivalent zu einer sonst erforderlichen Evaluierung nach 3 bis 5 Jahren.

Das Ressort hat die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand nur unzureichend dargestellt. Dies ist einerseits vor allem auf die fehlende Schätzung von Fallzahlen zurückzuführen. Anderseits wurden die Aufwände der Landesebene nicht ausreichend ermittelt.

Aufgrund der erheblichen Lücken in der Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands, die im Zuge der sehr kurzfristigen Erstellung und Abstimmung des Gesetzentwurfs nicht geschlossen werden konnten, hat das Ressort zugesagt, die fehlenden Angaben bis Ende Mai 2017 nachzuerfassen.

II. Im Einzelnen

Die große Anzahl an Asylsuchenden, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen ist, stellt Bund, Länder und Kommunen weiter vor große Herausforderungen. Unter ihnen sind zahlreiche Personen, die keinen Anspruch auf Schutz nach den in Deutschland geltenden Asylregelungen haben. Am 31. Januar 2017 befanden sich ausweislich des Ausländerzentralregisters 213.439 vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland. Es ist zu erwarten, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch in den nächsten Monaten fortlaufend eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen wird, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen. Die Zahl der Ausreisepflichtigen wird dadurch 2017 voraussichtlich weiter steigen. Laut Ressort bedarf es daher gesetzgeberischer Maßnahmen, um zusätzliche Verbesserungen im Bereich der Rückkehr zu erreichen. Dies gelte gerade mit Blick auf solche Ausreisepflichtigen, von denen Sicherheitsgefahren ausgehen können.

Es werden folgende Änderungen am Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz und SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) vorgenommen:

II.1 Erfüllungsaufwand

Soweit Angaben zum Erfüllungsaufwand gemacht wurden, werden diese im Folgenden dargestellt.

Bürgerinnen und Bürger

Durch die vorgesehene Ausweitung der Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit entsteht den überwachten Ausländern insbesondere durch die Erfüllung der Meldepflichten ein geringfügiger Erfüllungsaufwand. Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs bestehender Meldepflichten auf weitere Personengruppen, erhöht sich die Fallzahl der Betroffenen. In welchem Umfang der Anstieg erfolgt, hat das Ressort nicht ermittelt.

Wirtschaft

Die Wirtschaft ist nicht betroffen:

Verwaltung Bund

Der Verwaltung des Bundes entsteht Erfüllungsaufwand im Zusammenhang mit dem Auslesen mobiler Datenträger im Asylverfahren. Im Jahr 2016 wurden rd. 280.000 Asylsuchende registriert. Es wird unterstellt, dass eine Auswertung der Datenträger bei 50-60 % der Antragsteller angezeigt ist. Aus dieser Annahme leiten sich rund 150.000 Personen her, bei denen ein Auslesen eines oder mehrerer Datenträger zur Erhellung und Verifikation der Fluchtwege und Schutzgründe in Betracht kommt. Es wird eine Auswertung von 24 Datenträgern (20 Minuten) pro Auslesepunkt und Tag unterstellt. Bei 100 Auslesepunkten ergibt dies 2.400 Datenträger, die pro Tag ausgelesen werden können. Für einen Auslesepunkt sind einmalig etwa 10.000 EUR für die Hardware und einmalig 7.000 EUR sowie jährlich 3.000 EUR für die Softwarelizenz anzusetzen. Den Schulungsaufwand je Nutzer schätzt das Ressort auf 500 EUR. Für die Erstbeschaffung fallen bei 100 Auslesepunkten insgesamt einmalig 1.750.000 EUR und jährlich 300.000 EUR an. Weiter ist zu berücksichtigen, dass für die Auswertung von nicht deutschsprachigen Geräten und Applikationen Sprachunterstützung notwendig sein kann. Alle tatsächlichen Kosten lassen sich laut Ressort zuverlässig erst im Rahmen eines durchzuführenden Markterkundungs- und Vergabeverfahrens validieren.

Die beim Auslesen der Speicher erlangten Daten sind einzeln zu bewerten und die für das Asylverfahren notwendigen und erforderlichen Informationen sind nach Prüfung mit einer geeigneten Schnittstelle in die entsprechenden Systeme des BAMF einzupflegen. Der Datentransfer und die Speicherung der Daten ist zu protokollieren. Ziel ist es, neben den Daten, die den Asylanspruch betreffen, insbesondere die geographischen Informationen aus mobilen Geräten in MARIS in ein geografisches Informationsmodul zu übergeben, welches dem Entscheider die Bewegung des mobilen Geräts auf einer Kartenansicht darstellt. Für die Realisierung der Schnittstelle sind einmalig 350.000 EUR anzusetzen. Für die Realisierung des geografischen Informationsmoduls für MARIS werden einmalig 500.000 EUR angesetzt. Die Kosten der netzseitigen Anbindung an MARIS und des Pflegeaufwands der Schnittstelle und des Moduls werden auf 600.000 EUR geschätzt. Insgesamt entstehen einmalige Kosten von 1.450.000 EUR.

Der weitergehende Aufwand für personelle und sachliche Ressourcen kann laut Ressort erst zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt werden.

Verwaltung Länder (Kommunen)

Über die Haftkosten der Länder wird keine Bundesstatistik geführt. Verschiedene Erhebungen bei den Ländern führen zu Angaben von Haftkosten zwischen 100 und 120, teils über 300 EUR pro Haftinsasse und Tag. In wie vielen Fällen und für wie viele Hafttage die geänderten Regelungen zur Sicherungshaft Anwendung finden werden, lässt sich laut Ressort nicht prognostizieren, weil die in Betracht kommenden Fallgruppen nicht statistisch erfasst werden.

Entsprechendes gilt für den Ausreisegewahrsam. Da noch nicht sämtliche möglicherweise entstehenden Ausreisegewahrsamseinrichtungen abschließend geplant und hergestellt sind, ist laut Ressort nicht abzusehen, welche Kosten den Ländern durch die Einrichtung und den Betrieb dieser Einrichtungen entstehen werden. Die Kosten werden neben der Anzahl auch erheblich von noch nicht feststehenden Faktoren, vor allem vom Standort und der Größe dieser Einrichtungen, abhängen, so dass zu den entstehenden Kosten laut Ressort derzeit keine Aussagen getroffen werden können.

Aussagen zu Maßnahmen der Länder zur Wegnahme ausländischer Reisedokumente von Mehrstaatern sind der Bundesregierung nicht möglich. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden in den Ländern Maßnahmen der Passbehörden, also auch Passversagungen und -entziehungen, nicht statisch nachgehalten und können rückwirkend auch nicht erhoben werden. Erst recht sei es nicht möglich, statistisch zu erheben, in wie vielen Fällen die Betroffenen mehrere Staatsangehörigkeiten und zudem auch ausländische Ausweispapiere besitzen. Das Ressort geht gleichwohl von einer nicht erheblichen Fallzahl aus. Die Kosten des Vollzugs der Maßnahme seien zudem jeweils stark vom Einzelfall abhängig.

Für die Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung der Meldungen bei der zuständigen Landespolizeibehörde wird pro Meldung ein Zeitansatz von 30 Minuten einer Arbeitskraft im gehobenen Dienst unterstellt; nach der Lohnkostentabelle des Leitfadens zur Ermittlung des Erfüllungsaufwands würden hierdurch 17,55 EUR je Meldung anfallen (35,10 EUR pro Stunde). Die Kosten der Nutzung der gemeldeten Daten in der Ausländerbehörde oder bei weiteren Polizeibehörden lassen sich nicht von den allgemeinen Kosten der Bearbeitung der aufenthaltsrechtlichen oder polizeilichen Fallakte trennen und können daher laut Ressort nicht gesondert beziffert werden. Die Gesamtkosten wurden aufgrund fehlender Gesamtfallzahl vom Ressort nicht dargestellt.

Den zuständigen Landesbehörden entsteht Erfüllungsaufwand durch die neue Vorschrift zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung (sog. elektronischen Fußfessel). Die Kosten für ein vergleichbares System, das bereits von den Justizbehörden der Länder für die Überwachung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht ( § 68a StGB) eingesetzt wird, belaufen sich auf jährlich 1,2 Millionen EUR für den Betrieb einer gemeinsamen Überwachungsstelle. Darin enthalten sind die Personalkosten für

1. Mitarbeiter im Schichtdienst.

Zusätzlich zu diesen Kosten kommen pro überwachte Person einmalige Kosten in Höhe von 170 EUR für das Überwachungsgerät und monatliche Kosten in Höhe von 500 EUR für die Überwachung der Person, inklusive der Kosten für das Anbringen und Lösen des Geräts. In welcher Höhe diese Kosten bei den Ländern tatsächlich anfallen, ist aufgrund fehlender Erkenntnisse über die spätere praktische Umsetzung in den Ländern und die tatsächliche Fallzahl zum jetzigen Zeitpunkt laut Ressort noch nicht absehbar.

Mögliche Auswirkungen auf die Jugendämter wurden nicht dargestellt.

Verwaltung Bund/Land

Die Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) geht insbesondere aufgrund der neu geschaffenen Möglichkeit zum Auslesen mobiler Datenträger von einem erhöhten datenschutzrechtlichen Kontrollaufwand aus. Gleiches gelte für die Landesdatenschutzbeauftragen u.a. zur Kontrolle der nach § 56a neu AufenthG erhobenen Daten (Meldepflicht). Eine konkrete Schätzung des Aufwands ist nicht erfolgt.

II.2 Weitere Kosten

Als Folge der verbesserten Durchsetzung der Ausreisepflicht geht das Ressort von einer Entlastung der Bundes- und Landeshaushalte von Kosten der Unterbringung und Versorgung ausreisepflichtiger Personen aus, die ohne diese Maßnahmen nicht ihrer Ausreisepflicht nachkommen und Sozialtransferleistungen in Anspruch nehmen würden. Diese Kosten werden auf durchschnittlich zwischen 400 und 500 EUR je Person und Monat geschätzt. Eine Gesamtgröße der möglichen Entlastung wurde vom Ressort nicht angegeben, da nicht bestimmbar sei, wie hoch die Zahl der mittelfristig rückzuführenden Ausreisepflichtigen sein wird.

II.3 Evaluierung

Das Ressort führt aus, dass Bund und Länder sowohl in bestehenden Gremien (z.B. Bund-Länder-Koordinierungsstab Asyl, Arbeitsgruppe Rückführung) als auch künftig durch das gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr fortlaufend überprüfen, ob die beabsichtigten Wirkungen der Regelungen in diesem Gesetzentwurf erreicht worden sind. Dabei werden auch Kostengesichtspunkte und unbeabsichtigte Nebenwirkungen betrachtet. Die Dichte der fortlaufenden Evaluierungen ist laut Ressort bedeutend größer, als es bei einer Evaluierung, die zum Beispiel nach drei oder fünf Jahren stattfinden würde, der Fall wäre. Eine solche zusätzliche, gesonderte Evaluierung sei in Anbetracht dieser engmaschigen Betrachtung des Gelingens und der Folgen der Rückkehrpolitik nicht erforderlich.

Das Regelungsvorhaben fällt unter den Anwendungsbereich des vom Staatssekretärsausschuss Bürokratieabbau beschlossenen systematischen Evaluationsverfahrens. Der NKR erkennt an, dass die Ziele des systematischen Evaluationsverfahrens bezogen auf die konkreten Regelungen in diesem Gesetzentwurf auch im Rahmen des vom Ressort beschriebenen und vom NKR nachgeprüften engmaschigen Monitoring- und Evaluierungsregimes erreicht werden können. Positiv zu bewerten ist, dass das Ressort neben der Wirkungsbetrachtung, auch die Kosten und unbeabsichtigten Nebenwirkungen in den Blick nimmt.

III. Zusammenfassung

Das Ressort hat die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand nur unzureichend dargestellt. Dies ist einerseits vor allem auf die fehlende Schätzung von Fallzahlen zurückzuführen. Anderseits wurden die Aufwände der Landesebene nicht ausreichend ermittelt.

Aufgrund der erheblichen Lücken in der Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands, die im Zuge der sehr kurzfristigen Erstellung und Abstimmung des Gesetzentwurfs nicht geschlossen werden konnten, hat das Ressort zugesagt, die fehlenden Angaben bis Ende Mai 2017 nachzuerfassen.

Dr. Ludewig Prof. Kuhlmann
Vorsitzender Berichterstatterin