Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

Keine

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 20. Februar 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage 1 beigefügt.
Die Stellungnahme der Bundesregierung zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates ist als Anlage 2 beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
DrAngela Merkel
Fristablauf: 03.04.09

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz - SchVG)

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Anleihebedingungen

§ 3 Transparenz des Leistungsversprechens

§ 4 Kollektive Bindung

Abschnitt 2
Beschlüsse der Gläubiger

§ 5 Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger

§ 6 Stimmrecht

§ 7 Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger

§ 8 Bestellung des gemeinsamen Vertreters in den Anleihebedingungen

§ 9 Einberufung der Gläubigerversammlung

§ 10 Frist, Anmeldung, Nachweis

§ 11 Ort der Gläubigerversammlung

§ 12 Inhalt der Einberufung, Bekanntmachung

§ 13 Tagesordnung

§ 14 Vertretung

§ 15 Vorsitz, Beschlussfähigkeit

§ 16 Auskunftspflicht, Abstimmung, Niederschrift

§ 17 Bekanntmachung von Beschlüssen

§ 18 Abstimmung ohne Versammlung

§ 19 Insolvenzverfahren

§ 20 Anfechtung von Beschlüssen

§ 21 Vollziehung von Beschlüssen

§ 22 Geltung für Mitverpflichtete

Abschnitt 3
Bußgeldvorschriften; Übergangsbestimmungen

§ 23 Bußgeldvorschriften

§ 24 Übergangsbestimmungen

Artikel 2
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587) wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes

Das Allgemeine Kriegsfolgengesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 653-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 127 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes

Das Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708), das zuletzt durch ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung des Depotgesetzes

Dem § 1 Absatz 1 des Depotgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Januar 1995 (BGBl. I S. 34), das zuletzt durch ... des Gesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt: "Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind auch Namensschuldverschreibungen, soweit sie auf den Namen einer Wertpapiersammelbank ausgestellt wurden."

Artikel 6
Änderung des Pfandbriefgesetzes

§ 30 des Pfandbriefgesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373), das zuletzt durch ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 7
Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung

§ 14 Absatz 6 der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1432, die zuletzt durch Artikel ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

Artikel 8
Inkrafttreten; Außerkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

1. Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen

Das Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899 (SchVG von 1899) ist seit seinem Inkrafttreten bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben. Es regelt, wie die Gläubiger einer Anleihe zur Sanierung oder in der Insolvenz des Schuldners durch Mehrheitsentscheidung auf die verbrieften Rechte einwirken können. Eine solche Regelung ist nach wie vor unverzichtbar. Ohne das gesetzlich vorgesehene Mehrheitsprinzip müssten die Anleihegläubiger stets einstimmig entscheiden, um die erforderliche inhaltliche Gleichartigkeit der Schuldverschreibungen zu wahren. Einstimmigkeit wäre jedoch praktisch niemals erreichbar. Das Mehrheitsprinzip schafft mithin die Voraussetzungen dafür, dass die Anleihegläubiger in der Krise des Schuldners einen Beitrag zu dessen Sanierung leisten können. In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit von Sanierungsfällen bei Anleiheschuldnern in Zukunft mit der wachsenden Bedeutung des Anleihenmarkts insbesondere für den Mittelstand zunehmen wird.

Dennoch hat das SchVG von 1899 in der Vergangenheit kaum nennenswerte praktische Bedeutung erlangt. Dafür sind vor allem drei Gründe zu nennen. Erstens ist das Gesetz nur anwendbar, wenn der Schuldner seinen Sitz im Inland hat. Heute weithin übliche Gestaltungen, bei denen eine im Ausland ansässige Finanzierungsgesellschaft als Schuldner eingesetzt wird, werden somit nicht erfasst. Die beiden anderen Punkte betreffen den geringen Umfang der Gläubigerrechte. So erlaubt das SchVG von 1899 zweitens eine Aufgabe oder Beschränkung der Rechte der Gläubiger nur "zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens" über das Vermögen des Schuldners. Für eine sinnvolle Sanierung des Schuldners ist es aber häufig schon zu spät, wenn die Insolvenz unmittelbar bevorsteht. Als zu eng haben sich drittens auch die Befugnisse der Gläubiger erwiesen. Nach dem SchVG von 1899 kommt nur eine Ermäßigung der Zinsen und eine Stundung der Hauptforderung in Betracht, befristet zudem auf drei Jahre. Ein Verzicht auf die Hauptforderung ist jedoch ausgeschlossen. Das genügt ersichtlich nicht, wenn andere Gläubiger aus wirtschaftlichen Gründen ebenfalls auf Teile ihrer Forderungen verzichten müssen.

Daneben entsprechen auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben des SchVG von 1899 nicht mehr den Gegebenheiten. So ist etwa das Erfordernis, die Schuldverschreibungen vor der Teilnahme an der Gläubigerversammlung zu hinterlegen, im Regelfall überholt, da Schuldverschreibungen heute üblicherweise in Sammelurkunden verbrieft sind, die von einem Zentralverwahrer verwahrt werden. Aber auch die Gläubigerversammlung bedarf dringend einer Anpassung an eine zunehmend internationale Anlegerschaft und neue, insbesondere elektronische Kommunikationsformen.

Der vorliegende Entwurf will diese Schwächen des geltenden Rechts beseitigen. Dabei wird nicht verkannt, dass sich bei internationalen Anleihen, die der freien Rechtswahl unterliegen, weltweit eine eindeutige Vormachtstellung des angloamerikanischen Vertragsrechts herausgebildet hat. Dem kann offenbar allein mit dem Hinweis auf die im deutschen Recht geltende Vertragsfreiheit nicht begegnet werden. Als Hemmschuh für die internationale Konkurrenzfähigkeit des deutschen Rechts auf diesem Gebiet wird insbesondere die Möglichkeit einer richterlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen nach den Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) genannt.

Die Frage, ob Anleihebedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen sind und einer richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen, ist umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen nicht in den Anwendungsbereich des § 2 Absatz 1 des Gesetzes über allgemeine Geschäftsbedingungen (jetzt: § 305 Absatz 2 BGB) fallen mit der Folge, dass eine Einbeziehungskontrolle insofern nicht stattfindet (BGH, Urteil vom 28. Juni 2005, XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311). Zu der Frage, ob Anleihebedingungen auch der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen und ob eine solche durch die Richtlinie 93/13/EWG geboten ist, hat sich der BGH in seiner Entscheidung nicht geäußert. Da bisher nicht verbindlich geklärt ist, ob die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG (Nr. ) L 95 S. 29) auf Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen anwendbar ist, wird von einer besonderen Regelung der Frage, ob eine AGB-Kontrolle von Anleihebedingungen nach den §§ 305 ff. BGB stattfindet, abgesehen.

Die Bundesregierung wird versuchen, im Zuge der Beratungen zu dem von der Europäischen Kommission am 8. Oktober 2008 vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher (Ratsdokument Nr. 14183/08), der im Wesentlichen die Gegenstände von vier bisherigen Richtlinien, darunter auch die Richtlinie 93/13/EWG, zusammenfasst und fortentwickelt, auf eine genauere Bestimmung des Anwendungsbereichs der Richtlinie, insbesondere auch mit Blick auf Anleihebedingungen, hinzuwirken.

Unabhängig von dieser Grundsatzfrage wird im Entwurf jedoch ein spezialgesetzliches Transparenzgebot für Anleihebedingungen hinsichtlich des Leistungsversprechens des Emittenten vorgesehen, insbesondere im Hinblick auf die teils hochkomplexen Bedingungen von sogenannten strukturierten Anleihen. Hier hat sich gerade in der Finanzmarktkrise gezeigt, dass vielen Anlegern die Risiken aus diesen Produkten nicht hinreichend verständlich waren, weil sie anhand der Anleihebedingungen nicht nachvollziehen konnten, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sich das Leistungsversprechen des Emittenten vermindert.

Den Bedürfnissen der internationalen Kapitalmärkte nach Rechtssicherheit wird dadurch Rechnung getragen, dass in Abschnitt 2 zwingende Mindestanforderungen an Regelungen in Anleihebedingungen zu Mehrheitsentscheidungen von Gläubigern festgelegt werden.

Damit wird gesetzlich klargestellt, dass entsprechende vertragliche Klauseln nicht zu beanstanden sind.

Die im SchVG von 1899 angelegten Regeln sollen weitreichend erneuert werden. In der Krise des Schuldners müssen die Gläubiger auf der Grundlage vollständiger und richtiger Informationen sowie in einem geordneten, fairen Verfahren möglichst rasch eine Entscheidung mit u. U. großer finanzieller Tragweite treffen. Diese Entscheidung sollen die Gläubiger selbst oder durch rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter treffen. Dabei bedürfen sie keines übertriebenen Schutzes durch die gesetzliche Einschränkung ihrer Entscheidungsbefugnisse.

Inhaltlich sind die Gläubiger in ihrer Entscheidung nach dem neuen Recht deshalb weitgehend frei. Gesetzlich muss aber ein möglichst ungehinderter Informationszugang gewährleistet sein sowie ein transparentes Verfahren, das keine unnötigen Hürden aufrichtet. Insbesondere zur Beschaffung von Informationen und zur Vorbereitung einer Entscheidung können die Gläubiger mit Mehrheit einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestimmen. Ihre Entscheidungen treffen die Gläubiger nach dem gesetzlichen Leitbild wie bisher in einer Versammlung. Das Recht der Gläubigerversammlung wird jedoch erneuert und im Wesentlichen dem modernen Recht der Hauptversammlung bei der Aktiengesellschaft nachgebildet. Daneben wird die Möglichkeit einer Beschlussfassung ohne Versammlung eröffnet, um die vielfach zu schwerfällige Präsenzversammlung - besonders im Wiederholungsfall - zu ersparen. Gesetzlich geschützt werden müssen diejenigen Gläubiger, die an Abstimmungen nicht teilnehmen können. Verfahrensrechtlich muss deshalb sichergestellt werden, dass möglichst viele Gläubiger rechtzeitig erreicht und in die Lage versetzt werden, an der Entscheidung mitzuwirken. Der notwendige Minderheitenschutz soll durch Kombination gesetzlicher Mehrheitserfordernisse für die Beschlussfassung sowie durch individuellen Rechtsschutz gewährt werden.

Schuldverschreibungen werden regelmäßig langfristig begeben, üblich sind Laufzeiten von bis zu zehn Jahren. Während dieser - im Wirtschaftsleben langen - Zeit kann auch ohne eine Krise des Schuldners ein Bedürfnis für die Anpassung von Emissionsbedingungen entstehen, etwa weil für die Schuldverschreibung hingegebene Sicherheiten ausgetauscht, aus steuerlichen Gründen eine andere Finanzierungsgesellschaft als Schuldner eingesetzt oder die Schuldverschreibungen in Aktien desselben Unternehmens eingetauscht werden sollen. Solche Änderungen können durchaus im beiderseitigen Interesse von Schuldner und Gläubigern liegen. Da der Schuldner in der Praxis aber niemals alle Gläubiger für eine gemeinsame Änderungsvereinbarung erreichen könnte, ist es sinnvoll, die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger auch unabhängig vom Vorliegen einer Krise des Schuldners vorzusehen.

Anders als das SchVG von 1899 - das mit seinem engen Anwendungsbereich zwingend, BGBl. auch ohne Regelungen in den Anleihebedingungen gilt - soll es künftig den Regelungen in den Anleihebedingungen überlassen bleiben, ob und in welchem Umfang der Schuldner von der Möglichkeit Gebrauch machen kann, eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss anzustreben.

Die bisherige Geltungsbeschränkung des SchVG von 1899 auf Schuldner mit Sitz im Inland wird aufgehoben. Dadurch ist u.a. klargestellt, dass Umschuldungsklauseln (sogenannte "Collective Action Clauses" - CAC), die nach einem Beschluss der EU-Finanzminister in die Anleihebedingungen von Auslandsanleihen der Mitgliedstaaten aufgenommen werden sollen, nach deutschem Recht zulässig sind. Damit wird zugleich eine entsprechende Forderung der Group of Ten (G10) erfüllt. CACs sollen gewährleisten, dass die Anleihegläubiger bei einer Zahlungskrise des Schuldnerstaats zu dessen Sanierung einen finanziellen Beitrag leisten (können). Entsprechende Klauseln sind, soweit sie vom gesetzlichen Leitbild des Entwurfs nicht erheblich abweichen, nunmehr eindeutig auch nach deutschem Recht zulässig.

2. Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern im Fall einer Falschberatung

Der Gesetzentwurf soll auch die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern im Fall einer Falschberatung verbessern. Hierzu soll zum einen die Verjährung von Schadenersatzansprüchen wegen schuldhafter Verletzung von Beratungspflichten ( § 37a Wertpapierhandelsgesetz - WpHG) an die regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195 ff. BGB angepasst werden. Denn teilweise kann ein Anleger erst nach Jahren erkennen, dass er nicht richtig beraten wurde. Es ist deshalb sachgerecht, für den Beginn der dreijährigen Verjährung an die Kenntnis des Anlegers anzuknüpfen.

Zum anderen sollen die Aufzeichnungs- und Unterrichtungspflichten bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch eine Ergänzung des § 34 WpHG verschärft werden.

Zugleich wird dem Kunden ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch hinsichtlich der Aufzeichnungen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens eingeräumt. Auf diese Weise wird für alle Beteiligten Klarheit über den Inhalt des Beratungsgesprächs geschaffen und der Anleger hat im Fall der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen Falschberatung die erforderlichen Beweismittel zur Verfügung.

Es wurden ferner weitere kapitalmarktrechtliche Verjährungsvorschriften einer Überprüfung unterzogen. Der Bundesrat hat die Bundesregierung in seinen Stellungnahmen zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 11. Juni 2004 (BR-Drs. 341/04 (PDF) ) sowie zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Juli 2004 (BR-Drs. 436/04 (PDF) ) aufgefordert zu prüfen, ob die kapitalmarktrechtlichen Verjährungsvorschriften in den §§ 37a, 37b Absatz 4, § 37c Absatz 4, § 37d Absatz 4 Satz 2 WpHG a. F., § 46 Börsengesetz (BörsG), § 127 Absatz 5 Investmentgesetz (InvG) und § 3 Absatz 3 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) an die allgemeine zivilrechtliche Verjährung in §§ 195 ff. BGB angepasst werden können.

Eine Anpassung der kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfristen an die regelmäßige Verjährung ist nur zum Teil vorzunehmen. In jedem Fall ist es sachgerecht, dass Schadenersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung von Beratungspflichten (§§ 37a, 37d WpHG a.F.) wegen ihrer Ähnlichkeit mit anderen Schadenersatzansprüchen aus fehlerhafter Beratung regelmäßig nach §§ 195 ff. BGB verjähren. § 37d WpHG a.F. ist deshalb bereits durch Artikel 1 Nr. 30 des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) mit Wirkung zum 1. November 2007 aufgehoben worden. Die Anpassung der Verjährung bei Entschädigungsansprüchen nach § 3 EAEG soll im Rahmen eines anderen Gesetzes erfolgen. Für Ansprüche nach dem WpHG sind Übergangsregelungen nicht erforderlich, da die allgemeine Verjährungsregelung für Verbraucher günstiger ist.

In den übrigen Fällen bleibt dagegen die kurze Verjährungsfrist von einem Jahr bzw. maximal drei Jahren erhalten. Für Schadenersatzansprüche wegen falscher oder unterlassener Adhoc-Mitteilungen (§§ 37b und 37c WpHG) sowie wegen unrichtiger Börsen- oder Verkaufsprospekte ( § 46 BörsG und § 127 Absatz 5 InvG) gelten zugunsten des Anlegers erhebliche Beweiserleichterungen. Der Schuldner muss in diesen Fällen zu seiner Entlastung nachweisen, dass ihm die falsche Kapitalmarktinformation nicht bekannt war und diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Ebenso obliegt ihm der Beweis, ob der Anspruchssteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information bei Abschluss der Kapitalmarkttransaktion kannte. Durch diese Beweiserleichterungen wird eine im Vergleich zu anderen Haftungsgrundlagen erhebliche Besserstellung des Anspruchstellers geschaffen. Die erleichterte Durchsetzung der Ansprüche der Anleger bildet nur bei einer Beibehaltung der kurzen Verjährungsregelungen ein ausgewogenes Haftungsregime.

Zu diesen Erwägungen tritt hinzu, dass im Bereich des Kapitalmarktes aufgrund der zunehmenden Volatilität der Preise von Finanzinstrumenten und der schnell abnehmenden Bedeutung von Kapitalmarktinformationen für die Kursentwicklung auch seitens der Emittenten und deren Organmitgliedern ein berechtigtes Interesse an frühzeitiger Rechtssicherheit hinsichtlich der möglichen Haftungs- und Rückgewähransprüche besteht.

3. Bezüge zum Recht der Europäischen Union

Über den oben unter 1. genannten Bezug zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG (Nr. ) L 95S. 29) hinaus hat der Entwurf auch Bezug zur Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie) insoweit, als Artikel 18 dieser Richtlinie - der Informationspflichten der Emittenten von Schuldtiteln, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, enthält - auch gewisse Regelungen im Zusammenhang mit einer Gläubigerversammlung enthält. Artikel 18 der Transparenzrichtlinie wurde in §§ 30a bis 30g WpHG umgesetzt. Diese Vorschriften bleiben durch die Regelungen dieses Entwurfs unberührt, was in § 11 SchVG-E hinsichtlich des Ortes der Gläubigerversammlung klargestellt wird. Durch Verweis in § 17 Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz SchVG-E auf § 30e Absatz 1 WpHG sowie Ergänzung des § 30b Absatz 2 WpHG wird sichergestellt, dass es keine Verdoppelung von Veröffentlichungspflichten gibt.

Soweit § 34 WpHG - der Vorgaben der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie bzw. der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente umsetzt - im Hinblick auf die Protokollierungspflicht ergänzt wird, werden dadurch die geltenden Regelungen lediglich konkretisiert.

4. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft). Der Bund hat durch Änderung des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen bereits in der Vergangenheit von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht. Eine bundeseinheitliche Regelung ist auch weiterhin erforderlich, um eine Zersplitterung der Rechtsverhältnisse im Interesse der Märkte zu vermeiden.

5. Finanzielle Auswirkungen

Das Gesetz wird weder für den Bund noch für die Länder und Gemeinden Haushaltsausgaben mit oder ohne Vollzugsaufwand mit sich bringen. Zwar wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auch die neuen Anforderungen nach § 34 WpHG hinsichtlich der Protokollierung des Beratungsgesprächs überwachen. Bei den Änderungen des § 34 WpHG handelt es sich aber lediglich um eine Konkretisierung der bestehenden generellen Aufzeichnungspflicht nach § 34 Absatz 1 WpHG, die bisher schon überwacht wird. Ein gesonderter Vollzugsaufwand ist daher nicht feststellbar.

Auswirkungen auf Kosten und Preise sind nicht zu erwarten. Für die Wirtschaft entstehen aus der Änderung des § 34 WpHG die unter den Bürokratiekosten dargestellten Kosten.

Daraus lassen sich jedoch keine Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, spezifizieren.

6. Bürokratiekosten

In § 12 Absatz 3 und in § 17 Absatz 2 SchVG-E wird jeweils eine neue Informationspflicht begründet. Nach § 12 Absatz 3 hat der Schuldner von Schuldverschreibungen die Einberufung der Gläubigerversammlung und die Bedingungen zur Teilnahme und Stimmrechtsausübung im Internet unter seiner Adresse den Gläubigern zugänglich zu machen; nach § 17 Absatz 2 hat er die Beschlüsse der Gläubiger sowie, wenn ein Gläubigerbeschluss die Anleihebedingungen ändert, den Wortlaut der ursprünglichen Anleihebedingungen im Internet unter seiner Adresse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Informationspflichten dienen dem Schutz der Gläubiger. Die Belastung der Wirtschaft liegt jeweils unter 100 000 Euro pro Jahr.

Die Bekanntmachungspflichten in § 12 Absatz 2 und § 17 Absatz 1 SchVG-E begründen dagegen keine neuen Informationspflichten, da entsprechende Bekanntmachungspflichten bereits in § 6 Absatz 1 bzw. § 12 Absatz 2 des SchVG von 1899 enthalten sind. Die Kostenbelastung für die Unternehmen verringert sich sogar durch die Neuregelung, da das SchVG von 1899 jeweils eine Bekanntmachung im Print-Bundesanzeiger sowie weiteren Blättern vorschreibt, das neue Gesetz dagegen eine kostengünstigere Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Da es aber kaum Gläubigerversammlungen nach dem SchVG von 1899 gab, fällt diese Entlastung nicht ins Gewicht.

Die Änderung des WpHG konkretisiert die generelle Aufzeichnungspflicht nach § 34 Absatz 1 WpHG, die alle Wertpapierdienstleistungen betrifft, für den Bereich der Anlageberatung.

Es wird ein Protokoll über das Beratungsgespräch verlangt, das eine Kontrolle des Gesprächshergangs durch die Aufsichtsbehörde ermöglicht. Damit wird eine neue Informationspflicht für die Wirtschaft in § 34 Absatz 2a WpHG eingeführt, die in der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVer-OV) wiederum konkretisiert wird.

Die Kosten der Informationspflicht belaufen sich auf 50 133 333 Euro. Die Kosten werden maßgeblich durch die hohe Fallzahl beeinflusst (acht Millionen, diese Fallzahl ergibt sich aus den Daten der Bestandsmessung). Bei der Berechnung der Standardkosten nach der Zeitwerttabelle wurde für die Zeitmessung eine einfache Tätigkeit angenommen, für den Lohnsatz aber der Stundensatz für mittlere Komplexität verwendet. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass das Protokoll in der Regel vom Berater selbst angefertigt wird.

Weitere Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung oder Bürger werden weder eingeführt, geändert noch abgeschafft.

7. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

8. Gesetzesfolgen

Ziel des Gesetzentwurfs ist zum einen, bei nach deutschem Rechts begebenen Schuldverschreibungen Rechtssicherheit für die Verwendung international üblicher Klauseln in Anleihebedingungen für Mehrheitsentscheidungen durch eine Gläubigerversammlung unter gleichzeitiger Festlegung von Mindeststandards zum Schutz der Schuldverschreibungsgläubiger zu schaffen; zum anderen soll der Anlegerschutz gestärkt werden, indem Anforderungen an die Risikotransparenz von Anleihebedingungen gestellt werden und indem die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung dadurch verbessert wird, dass die bisherige kurze Sonderverjährungsfrist bei solchen Ansprüchen entfällt und dass strengere Anforderungen an die Dokumentation des Beratungsgesprächs gestellt werden.

Alternativen zu den vorgeschlagenen gesetzgeberischen Maßnahmen bestehen nicht.

Eine Erledigung oder Übertragung der vorgeschlagenen Maßnahmen auf Private scheidet aus. Das Gleiche gilt für Möglichkeiten der Selbstverpflichtung oder Selbstbeschränkung, da zum Zwecke von Gläubiger- und Anlegerschutz verbindliche Vorgaben erforderlich sind. Ebenso bieten sich für die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen keine Befristungen an, da nicht ersichtlich ist, dass der dem Entwurf zugrunde liegende Regelungsbedarf ganz oder teilweise in absehbarer Zeit entfallen könnte.

Die Bundesregierung prüft laufend, ob die beabsichtigten Wirkungen dieses Gesetzes erreicht worden sind und ob etwaige Kosten, die dieser Gesetzentwurf auslöst, in einem angemessenen Verhältnis zu den Ergebnissen des Gesetzentwurfs stehen und ob und welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen eingetreten sind. Sie wird, soweit erforderlich, rechtzeitig die hieraus resultierenden erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen)

Zu § 1 (Anwendungsbereich)

Der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes wird bestimmt durch den Begriff der Gesamtemission (vgl. § 151 Strafgesetzbuch). Gesamtemissionen werden üblicherweise eingeteilt in Teilschuldverschreibungen einer bestimmten Stückelung (Schuldverschreibungen).

Die Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemissionen, auf die das Gesetz abzielt, sind notwendig "inhaltsgleich", weil sie auf denselben Bedingungen beruhen und weil in den Bedingungen gleiche Rechte für alle Schuldverschreibungen vorgesehen sind.

Sie sind deshalb untereinander austauschbar. Das SchVG von 1899 sprach von Schuldverschreibungen, welche den Gläubigern "gleiche Rechte" gewähren. Für die Anwendung des Gesetzes kommt es dagegen auf die Art der Verbriefung nicht an. Die Schuldverschreibungen können - wie heute üblich - in einer Sammelurkunde verbrieft sein (§ 9a Depotgesetz) oder in Einzelurkunden. Auch die Kombination ist innerhalb einer Emission möglich. Die unterschiedliche Verbriefung ändert nichts an der rechtlichen Gleichartigkeit der Schuldverschreibungen. Unerheblich ist auch, von wem, in welcher Form und wo die Urkunden verwahrt werden und ob der Anspruch auf Auslieferung einzelner Wertpapiere besteht oder ob er nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen ist (§ 9a Absatz 3 Depotgesetz). Nicht erfasst werden einzeln verbriefte Forderungen nach dem Leitbild der §§ 793 ff. BGB.

Durch die Formulierung "nach deutschem Recht begebene" Schuldverschreibungen wird klargestellt, dass der Geltungsbereich anders als beim SchVG von 1899 nicht auf Schuldner mit Sitz im Inland beschränkt ist.

Das Gesetz gilt für alle Arten von Schuldverschreibungen, d. h. auch z.B. für als Schuldverschreibungen begebene Zertifikate oder Optionen. Nach Absatz 2 sind jedoch Pfandbriefe nach dem Pfandbriefgesetz vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373) vom Anwendungsbereich ausgenommen. Das Pfandbriefgesetz beruht auf einem eigenständigen Regelungskonzept und sieht besondere gesetzliche Abwicklungsmechanismen vor. Mehrheitsentscheidungen der Pfandbriefgläubiger sind darin zwar nicht vorgesehen, sie sind aber auch nicht erforderlich. Insbesondere werden Pfandbriefgläubiger von einer Insolvenz der Pfandbriefbank insofern nicht betroffen, als die Deckungswerte nicht in die Insolvenzmasse fallen. Zur kommissarischen Verwaltung der Deckungsmasse wird ein von der staatlichen Aufsicht bestellter Sachwalter eingesetzt. Vor diesem Hintergrund wird auch kein Bedürfnis erkennbar, die Anleihebedingungen eines gedeckten Pfandbriefs während der Laufzeit zu ändern. Gleiches gilt für Schuldverschreibungen, deren Schuldner der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land oder eine Gemeinde ist; insbesondere weil diese Schuldner nicht insolvenzfähig sind, besteht hier kein Bedürfnis, die Anleihebedingungen während der Laufzeit dieser Schuldverschreibungen zu ändern. Auch von der öffentlichen Hand - wie etwa vom Finanzmarktstabilisierungsfonds - garantierte Schuldverschreibungen sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.

Zu § 2 (Anleihebedingungen)

Satz 1 definiert den Begriff der Anleihebedingungen für die Zwecke dieses Gesetzes und bestimmt, dass sich die Anleihebedingungen grundsätzlich aus der Urkunde ergeben müssen. Damit geht das Gesetz vom traditionellen wertpapierrechtlichen Leitbild einer umlauffähigen Urkunde aus, aus der sich der Inhalt des verbrieften Rechts vollständig ergeben muss (Skripturprinzip). Satz 2 sieht aber eine praktisch bedeutsame Ausnahme von diesem Grundsatz vor, soweit die Urkunde nicht zum Umlauf bestimmt ist. Das ist heute bei Schuldverschreibungen der Regelfall, insbesondere soweit sie in einer Sammelurkunde verbrieft sind. In diesem Fall kann in der Sammelurkunde auf außerhalb der Urkunde niedergelegte Anleihebedingungen verwiesen werden. Bei zentral verwahrten Sammelurkunden entspricht dies bereits der Praxis. Satz 3 bestätigt das allgemeine Skripturprinzip, indem er anordnet, dass zu jeder wirksamen Änderung des Inhalts einer Sammelurkunde oder der ihr angehängten Anleihebedingungen durch Rechtsgeschäft nach Abschnitt 2 des Gesetzes (zu dieser Ausnahme näher: vgl. die Erläuterungen zu § 3) die Urkunde oder der für sie maßgebende Text der Anleihebedingungen geändert oder ergänzt werden muss (hierfür reicht es gemäß § 21 aus, dass der in der Niederschrift dokumentierte, die Anleihebedingungen ändernde oder ergänzende Beschluss der Urkunde oder den in Bezug genommenen Anleihebedingungen beigefügt wird). Im Interesse der Rechtssicherheit sollten die maßgebenden Urkunden und Texte den aktuellen Inhalt des Rechts stets richtig wiedergeben.

Zu § 3 (Transparenz des Leistungsversprechens)

Nach dieser Vorschrift müssen die Anleihebedingungen eine eindeutige und klare Ermittlung des Leistungsversprechens des Emittenten ermöglichen. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass eine solche eindeutige Bestimmung bei manchen Schuldverschreibungen wie etwa den sogenannten Ketten-Verbriefungen oder einigen Basket-Zertifikaten selbst für professionelle Anleger schwierig ist. Die Anleihebedingungen müssen so gefasst sein, dass ein bezüglich der jeweiligen Schuldverschreibung sachkundiger Anleger diese Ermittlung vornehmen kann. Allgemein erwartbare Vorkenntnisse des jeweiligen Adressatenkreises können bei der Abfassung der Bedingungen berücksichtigt werden. Unter gegebenen Voraussetzungen können so auch sehr komplizierte Bedingungen rechtlich zulässig sein, soweit sie erkennbar an einen Anlegerkreis gerichtet sind, der über entsprechende Kenntnisse verfügt, weil er sich z.B. auf bestimmte Investitionen in risikoreiche Schuldtitel spezialisiert hat. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sehr komplexe Zusammenhänge auch oder gerade bei sehr präziser Beschreibung nicht ausreichend vorgebildeten Anlegern häufig unverständlich bleiben. Diese relative "Unverständlichkeit" komplexer Anleihebedingungen darf aber kein Wesensmerkmal der modernen Anleiheprodukte sein. Für die jeweiligen Adressaten eines bestimmten Produkts müssen die Bedingungen nach deren durchschnittlichem Verständnishorizont durchschaubar sein.

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot richten sich nach den allgemeinen Vorschriften. Dabei werden auch die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sein. Je nach Schwere des Verstoßes kommt dabei z.B. eine Auslegung der Anleihebedingungen, ein Anspruch aus § 311 Absatz 2 in Verbindung mit § 241 Absatz 2 BGB oder eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) in Betracht.

Zu § 4 (Kollektive Bindung)

Nach dem Grundsatz in Satz 1 können Bestimmungen in Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe durch Rechtsgeschäft nur nach Maßgabe der Vorschriften in Abschnitt 2 des Gesetzes oder - für den Fall, dass dem Schuldner alle Gläubiger bekannt sind - durch inhaltsgleichen Vertrag mit sämtlichen Gläubigern geändert werden. Die darin liegende Beschränkung der individuellen Rechtsmacht wird mit einem neuen Ausdruck als "kollektive Bindung" bezeichnet. Das SchVG von 1899 bezeichnet denselben Umstand in seiner Überschrift mit dem Ausdruck "gemeinsame Rechte". Dadurch kann jedoch der unrichtige Eindruck entstehen, dass es sich um zusätzliche Rechte handelt. Demgegenüber bringt der Begriff "Bindung" besser zum Ausdruck, dass in der Gemeinsamkeit zugleich eine Einschränkung individueller Rechte liegt. Die kollektive Bindung bewirkt, dass zweiseitige Vereinbarungen zwischen dem Schuldner und einzelnen Schuldverschreibungsgläubigern während der Laufzeit der Anleihe ausgeschlossen sind. Sie erfordert außerdem, dass der Schuldner die Gläubiger im Hinblick auf die der kollektiven Bindung unterliegenden Vertragsinhalte materiell gleich behandelt. Dies wird erstmals in Satz 2 ausdrücklich geregelt.

Ihre Rechtfertigung findet die kollektive Bindung in der zwecktauglichen Ausgestaltung von Schuldverschreibungen als fungiblen Wertpapieren. Ohne Sicherheit über die inhaltliche Austauschbarkeit aller Wertpapiere derselben Emission wäre die Funktionsfähigkeit des auf schnelle und anonyme Abwicklung des Massengeschäfts ausgerichteten Kapitalmarkts gefährdet (vgl. BGHZ 163, 311). Die gesetzliche Regelung beschränkt sich auf eine Aussage zur kollektiven Bindung im Hinblick auf rechtsgeschäftliche Änderungen von Anleihebedingungen. Ob auch mit gerichtlicher Hilfe einseitig herbeigeführte Inhaltsänderungen ausgeschlossen sind oder wie sich ihre Wirkungen ggf. verallgemeinern ließen, bleibt der zukünftigen Klärung durch die Rechtswissenschaft und die Gerichte überlassen.

Da bisher nicht verbindlich geklärt ist, ob die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG (Nr. ) L 95 S. 29) und dementsprechend auch die Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. EG (Nr. ) L 166 S. 51) auf Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen anwendbar ist, ist derzeit eine gesetzliche Regelung hierzu kaum möglich.

Die konkrete Reichweite der kollektiven Bindung kann durch den Gesetzgeber nicht abschließend bestimmt werden. Sie reicht jedenfalls so weit, wie es der mit ihr verfolgte Zweck gebietet. Zweck der kollektiven Bindung ist es, die rechtlich identische Ausgestaltung von Bestimmungen in Anleihebedingungen und damit die freie Handelbarkeit der Schuldverschreibungen zu einem einheitlichen Preis zu gewährleisten. Im Regelfall ist daher von der kollektiven Bindung auszugehen.

Zu § 5 (Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger)

Absatz 1 Satz 1 legt die Grenzen fest, in denen die Anleihebedingungen vorsehen können, dass die Gläubiger mit Wirkung für alle Mehrheitsbeschlüsse fassen können. Der personelle Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet für alle Gläubiger der jeweils selben Anleihe. Zur selben Anleihe gehören Schuldverschreibungen auch dann, wenn sie nicht zum selben Zeitpunkt, sondern in verschiedenen Tranchen ausgegeben worden sind, sofern für sie dieselben Bedingungen gelten und in den Bedingungen für alle Schuldverschreibungen die gleichen Rechte vorgesehen sind. Für die Gläubiger unterschiedlicher Anleihen desselben Schuldners sieht das Gesetz keine gemeinsamen Befugnisse vor, obwohl auch sie gemeinsame Interessen haben können. Sie müssen sich erforderlichenfalls über ihre jeweiligen gemeinsamen Vertreter auf ein einheitliches Vorgehen verständigen.

Anders als im SchVG von 1899 sind Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger nicht zwingend vorgesehen, sondern es bleibt den Anleihebedingungen überlassen, ob und inwieweit solche möglich sind. Damit wird dem Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen, z.B. sehr kurzlaufende Schuldverschreibungen ohne solche Änderungsmöglichkeit zu begeben.

Sehen die Anleihebedingungen Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger vor, müssen die Mindestanforderungen dieses Gesetzes eingehalten werden (Absatz 1 Satz 2).

Der Gläubigermehrheit stehen zwei Befugnisse zu. Sie kann zum einen Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen. Die Änderung der Anleihebedingungen setzt grundsätzlich einen gleichlautenden Vertrag zwischen dem Schuldner und jedem Gläubiger voraus.

Zu einem solchen Vertrag können die Gläubiger aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung nach den Vorschriften des zweiten Abschnitts mit Mehrheit ihre Zustimmung erklären. Sie können zum anderen zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter bestellen.

Ohne die Regelung müsste jeder Gläubiger der Bestellung zustimmen. Die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters wird regelmäßig zweckmäßig sein, um die Informationsrechte der Gläubiger geltend zu machen und um ggf. Verhandlungen mit dem Schuldner zu führen. Ohne ihn könnten die Gläubiger kaum jemals mit einer Stimme sprechen.

Satz 2 ordnet an, dass durch Mehrheitsentscheidung keine Verpflichtung zur Leistung begründet werden kann. Das entspricht dem SchVG von 1899 und dem Grundverständnis von Finanzanlagen. Gläubiger von Schuldverschreibungen haben als Fremdkapitalgeber zwar u. U. das Risiko des Kapitalverlusts zu tragen, sie übernehmen darüber hinaus jedoch insbesondere keine Nachschusspflichten.

Gesetzlich nicht mehr geregelt ist die Frage, unter welchen Umständen die Gläubiger von ihren Befugnissen Gebrauch machen können. Insbesondere ist eine wie auch immer geartete Notlage des Schuldners dafür nicht mehr vorausgesetzt. Die Bemühungen zur Sanierung des Schuldners können damit früher ansetzen, was die Aussicht auf ihren nachhaltigen Erfolg deutlich erhöht. Gleichwohl können aber die Anleihebedingungen - ebenso wie sie Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger gar nicht vorsehen können - solche Beschlüsse auch nur für bestimmte Situationen wie einer Krise des Schuldners vorsehen.

Absatz 2 Satz 1 ordnet an, dass die Beschlüsse der Gläubiger verbindliche Kraft haben für alle Gläubiger derselben Anleihe. Die Aussage hat klarstellenden Charakter. Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich der Sache nach bereits aus der Befugnis in Absatz 1. Für Gläubiger anderer Anleihen desselben Schuldners gilt die Verbindlichkeit nicht. Sie müssen jeweils für sich entsprechende Beschlüsse fassen; ein Anleihen übergreifendes gemeinsames Mehrheitsprinzip gibt es nicht. Beschlüsse der Gläubiger sind verbindlich, soweit sie nicht nichtig oder erfolgreich mit der Klage angefochten worden sind. Ein Beschluss ist nach Satz 2 unwirksam und nichtig, wenn er nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht. Da einzelne Schuldverschreibungen im Regelfall nicht individualisierbar sind, muss jeder Gläubiger dieselben Ansprüche gegen den Schuldner haben. Die Gleichartigkeit aller Schuldverschreibungen aus einer Anleihe ist die notwendige Voraussetzung für deren Verkehrsfähigkeit. Dieses Grundprinzip kann durch eine Mehrheitsentscheidung nicht wirksam aufgehoben werden. Für die Einhaltung dieses Grundprinzips sind der Schuldner und die Mehrheit der Gläubiger verantwortlich, die an der Abstimmung teilnehmen.

Absatz 3 Satz 1 konkretisiert die in Absatz 1 abstrakt umschriebene Befugnis der Gläubiger,

Änderungen der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss zuzustimmen. Die Aufzählung ist nicht vollständig. Sie soll der Klarstellung dienen und so Rechtssicherheit schaffen. In der Sache können die Gläubiger nach dem neuen Recht - mit Ausnahme der Begründung von Leistungspflichten (Absatz 1 Satz 2) - grundsätzlich jeder Änderung der Anleihebedingungen zustimmen. Die Befugnis der Gläubigermehrheit wird damit gegenüber dem alten Recht erheblich ausgeweitet. Insbesondere der teilweise Verzicht auf die Hauptforderung war bisher nicht zulässig. Diese Beschränkung ist jedoch zum Schutz der Gläubiger nicht erforderlich und erschwert gleichzeitig die effektive Sanierung des Schuldners. Durch die Ausweitung des Mehrheitsprinzips sollen die Anleihegläubiger in die Lage versetzt werden, wie andere Gläubiger auch einen substantiellen Sanierungsbeitrag zu leisten, wenn es zur Rettung des Schuldners erforderlich ist. Das fordern auch die EU-Finanzminister im Zusammenhang mit der Einführung von CACs in Anleihebedingungen.

Durch die Ausweitung des Mehrheitsprinzips wird auch in anderen Zusammenhängen die Handlungsfähigkeit der Gläubiger gesteigert. Für die Schuldner erhöht sich zugleich die Aussicht, auf eine unvorhergesehene Situation flexibel reagieren zu können.

Dadurch dürfte auch die internationale Attraktivität des deutschen Rechts steigen, denn entsprechende Klauseln sind in international üblichen Anleihebedingungen regelmäßig enthalten. Belange des Minderheitenschutzes sprechen nicht grundsätzlich gegen die Ausweitung des Mehrheitsprinzips, vorausgesetzt, für jeden einzelnen Gläubiger besteht eine zumutbare Möglichkeit, an den Abstimmungen der Gläubiger teilzunehmen, und die Bedingungen für Abstimmungen gewährleisten eine rationale Entscheidung auf wohl informierter Grundlage.

Absatz 3 Satz 2 bestimmt, dass der Schuldner in den Anleihebedingungen die Möglichkeiten für Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger einschränken kann, indem er entweder bestimmte Bereiche von Änderungen ausnimmt oder von vornherein nur einen abschließenden Katalog von Änderungsmöglichkeiten aufzählt.

Absatz 4 bestimmt die Mehrheitserfordernisse. Im Grundsatz beschließen die Gläubiger mit der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte (Satz 1).

Davon sieht Satz 2 als Ausnahme die sogenannte qualifizierte Mehrheit vor, wenn durch den Beschluss der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert werden soll. Hinzukommen muss jeweils die Beschlussfähigkeit der Versammlung, die nur gegeben ist, wenn ein bestimmtes Quorum der Gläubiger anwesend ist (vgl. § 15 Absatz 3). Das entspricht internationalen Standards. Eine wesentliche Änderung der Anleihebedingungen ist insbesondere anzunehmen in den Fällen von Absatz 3 Nummer 1 bis Nummer 9. Die Aufzählung ist nicht abschließend; vergleichbare, dort nicht aufgezählte Änderungen können ebenfalls dem qualifizierten Mehrheitserfordernis unterfallen. Ob ggf. eine wesentliche Änderung der Anleihebedingungen beschlossen werden soll, ist im Einzelfall durch Auslegung unter Berücksichtigung der in Absatz 3 konkretisierten Fallgruppen zu bestimmen.

Die qualifizierte Mehrheit ist erreicht, wenn - die Beschlussfähigkeit der Versammlung vorausgesetzt - mehr als 75 Prozent der abgegebenen Stimmen auf den zur Abstimmung gestellten Vorschlag entfallen. Die Mehrheitserfordernisse sind nur Mindestanforderungen; die Anleihebedingungen können für einzelne oder alle Beschlüsse höhere Mehrheiten vorsehen.

Absatz 5 enthält spezielle Mehrheitserfordernisse für international übliche Bestimmungen in Anleihebedingungen, wonach das Kündigungsrecht nicht vom einzelnen Gläubiger, sondern nur gemeinsam mit anderen Gläubigern ausgeübt werden kann (sogenannte Gesamtkündigung). Der Anteil der Gläubiger, von deren Mitwirkung die Wirksamkeit der Kündigung abhängig sein soll, darf 25 Prozent bezogen auf die ausstehenden Schuldverschreibungen nicht übersteigen. Eine solche Kollektivkündigung entfaltet ihre Wirkung nur für diejenigen Gläubiger, die ihr zugestimmt haben. Aus Sicht der übrigen Gläubiger handelt es sich ggf. um die Entscheidung einer Minderheit. Dies rechtfertigt es, dass die Gläubiger eine solche Kündigung mit Mehrheit überstimmen können. Erforderlich ist in jedem Fall, dass sich mehr Gläubiger gegen die Kündigung aussprechen als an ihrem Zustandekommen beteiligt waren. Ist diese Voraussetzung erfüllt, genügt für die Wirksamkeit des Beschlusses im Übrigen die einfache Mehrheit der Gläubiger. Aufgrund des Mehrheitsbeschlusses entfallen die Wirkungen der Kollektivkündigung, wenn der Beschluss binnen drei Monaten seit der Kündigung zustande gekommen ist. Bis zum Ablauf dieser Frist kann der Schuldner die Leistung verweigern.

Nach Absatz 6 können die Gläubiger Beschlüsse in der Gläubigerversammlung (§§ 9 bis 17) oder in einem neuen Verfahren ohne Versammlung fassen (§ 18), wobei die Anleihebedingungen sich auf eine der beiden Möglichkeiten beschränken können.

Zu § 6 (Stimmrecht)

Absatz 1 Satz 1 begründet das Stimmrecht der Gläubiger und legt die Grundlagen für seine Bemessung. Ein Stimmrecht ist mit dem Erwerb einer Schuldverschreibung grundsätzlich nicht verbunden, da die Gläubiger außerhalb des Anwendungsbereichs des Gesetzes keine Gemeinschaft bilden. Es wird deshalb gesetzlich angeordnet. Der Stimmanteil des einzelnen Gläubigers richtet sich nach seinem Anteil an der ausstehenden Anleihe.

Der Anteil bestimmt sich bei einer auf einen Gesamtbetrag lautenden Anleihe nach dem Nennwert der einzelnen Schuldverschreibungen, ansonsten nach dem rechnerischen Anteil. Jede Schuldverschreibung (der kleinsten Stückelung) gewährt eine Stimme. Ausstehend sind alle Schuldverschreibungen, die noch nicht erfüllt sind. Satz 2 soll verhindern, dass die Beschlüsse der Gläubiger durch Interessenkonflikte verfälscht werden.

Deshalb sind alle Schuldverschreibungen, die dem Schuldner unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind, in den Abstimmungen der Gläubiger nicht stimmberechtigt. Solange die Schuldverschreibungen dem Schuldner zuzurechnen sind, ruht das Stimmrecht aus diesen Schuldverschreibungen. Gehen die Schuldverschreibungen später auf einen unabhängigen Gläubiger über, lebt es wieder auf. Die relativen Stimmanteile der anderen Gläubiger bleiben also stets gleich. Schuldverschreibungen, deren Stimmrechte ruhen, dürfen einem anderen nach Satz 3 nicht zu dem Zweck überlassen werden, das Stimmrecht anstelle des Schuldners oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens auszuüben; auch die Ausübung des Stimmrechts zu diesem Zweck ist untersagt. Damit soll die Ruhensregelung gegen Umgehung geschützt werden. Die Nichtbeachtung dieses Verbots ist in § 23 Absatz 1 als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht.

Absatz 2 verbietet den sogenannten Stimmenkauf, Absatz 3 die Bestechlichkeit des Stimmberechtigten. Beide Verbote sollen die freie Willensbildung der Gläubiger vor Fremdeinflüssen schützen. Die Verbotstatbestände entsprechen inhaltlich den Vorgaben in § 405 Absatz 3 des Aktiengesetzes (AktG). Die Zuwiderhandlung ist in § 23 Absatz 1 als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht.

Zu § 7 (Gemeinsamer Vertreter)

Bei der Auswahl der Person des gemeinsamen Vertreters unterliegen die Gläubiger nach Absatz 1 Satz 1 keinen Beschränkungen; lediglich die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit wird bei natürlichen Personen vorausgesetzt sowie bei juristischen Personen die Sachkunde, was insbesondere bei Rechtsanwaltsgesellschaften oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Fall sein dürfte. Als gemeinsamer Vertreter kommen danach auch Personen in Betracht, die der Interessensphäre des Schuldners zuzurechnen sind.

Das erscheint sinnvoll, da der Vorschlag für die Bestellung einer bestimmten Person regelmäßig vom Schuldner ausgehen wird, der auch die Kosten des Vertreters zu tragen hat (Absatz 6). Für die Gläubiger ergibt sich daraus grundsätzlich kein Nachteil, da die Vollmacht des Vertreters beschränkt werden kann und er den Weisungen der Gläubiger Folge zu leisten hat. Ohne einen konkreten Vorschlag wäre es für die Gläubiger möglicherweise schwierig, sich auf eine bestimmte Person zu einigen. Um Interessenkonflikten dennoch vorzubeugen, ist der vorgeschlagene Vertreter vor seiner Bestellung verpflichtet, den Gläubigern die Umstände zu offenbaren, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 bis Nummer 4 in seiner Person vorliegen. Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflichtung sind in § 23 Absatz 2 als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht.

Die in Absatz 1 Satz 2 geregelten Fallgruppen sind aus Gründen der Bestimmtheit abschließend. Der gemeinsame Vertreter hat die Gläubiger nach Satz 3 auch unverzüglich darüber zu unterrichten, wenn in seiner Person nachträglich Umstände eintreten, die er nach Satz 2 vor seiner Bestellung hätte offenbaren müssen. Die Gläubiger sollen so in die Lage versetzt werden, von ihrem Recht zur jederzeitigen Abberufung des gemeinsamen Vertreters (Absatz 4) auf sachlicher Grundlage Gebrauch machen zu können.

Nach Absatz 2 Satz 1 ergeben sich die Aufgaben und Befugnisse des gemeinsamen Vertreters entweder aus dem Gesetz (§§ 7, 8) oder sie werden ihm durch Rechtsgeschäft (Auftrag, Vollmacht, Ermächtigung) übertragen. Die Gläubiger müssen in der konkreten Situation selbst entscheiden, mit welchem Mandat sie ihren gemeinsamen Vertreter ausstatten wollen. Dabei unterliegen sie keinen inhaltlichen Beschränkungen. Auf diese Weise soll einerseits die Autonomie der Gläubiger betont und auf der anderen Seite ihre Flexibilität nicht eingeschränkt werden. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, mit welcher Mehrheit der gemeinsame Vertreter von den Gläubigern bestellt werden kann. Das hängt davon ab, welche Befugnisse ihm übertragen werden sollen. Grundsätzlich genügt für die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters die einfache Mehrheit (§ 5 Absatz 4 Satz 1).

Soll der gemeinsame Vertreter aber zugleich berechtigt sein, im Namen aller Gläubiger einer wesentlichen Änderung der Anleihebedingungen zuzustimmen, bedarf es zu seiner Bestellung der für die Zustimmung der Gläubiger zu der entsprechenden Änderung der Anleihebedingungen erforderlichen Mehrheit. Nach Satz 2 ist der gemeinsame Vertreter an die Weisungen der Gläubiger (d. h. nicht eines einzelnen Gläubigers) gebunden; auf § 665 BGB kann er sich also nicht berufen. Ist der gemeinsame Vertreter (auch) zur Geltendmachung von Rechten der Gläubiger ermächtigt, entfällt zugleich nach Satz 3 die Rechtszuständigkeit der einzelnen Gläubiger. Die grundsätzlich ausschließliche Zuständigkeit des gemeinsamen Vertreters dient der geordneten und einheitlichen Abwicklung des Auftrags. Wollen die Gläubiger im Einzelfall von der ausschließlichen Zuständigkeit des gemeinsamen Vertreters abweichen, müssen sie dies ausdrücklich beschließen.

Satz 4 ordnet die Berichtspflicht des gemeinsamen Vertreters an. Die Vorschrift hat klarstellende Funktion. Da sich das Innenverhältnis zwischen den Gläubigern und dem gemeinsamen Vertreter im Regelfall nach Auftragsrecht richten wird, gilt auch § 666 BGB.

Darüber geht die Berichtspflicht nach Satz 4 inhaltlich nicht hinaus. Satz 4 stellt jedoch klar, dass die Berichtspflicht nicht gegenüber jedem einzelnen Gläubiger zu erfüllen ist, sondern gegenüber den Gläubigern als Gesamtheit. Zwar bestehen grundsätzlich gleichlautende Auftragsverhältnisse zwischen jedem Gläubiger und dem gemeinsamen Vertreter.

Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger ändern nichts daran, dass die Rechtsverhältnisse zwischen dem jeweiligen Gläubiger und dem Schuldner bezüglich der Schuldverschreibungen individuell sind. In Bezug auf ihre gemeinsame Vertretung müssen sich die Gläubiger jedoch - auch im Innenverhältnis - als Gesamtheit behandeln lassen.

Nach Absatz 3 Satz 1 muss der gemeinsame Vertreter den Gläubigern für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben und der ihm erteilten Weisungen einstehen.

Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Pflichtverletzung hat er den Gläubigern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen ( § 280 Absatz 1 BGB). Bei seiner Tätigkeit hat der gemeinsame Vertreter nach Satz 1, 2. Halbsatz die Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (vgl. § 93 Absatz 1 AktG). Dieser besondere Sorgfaltsmaßstab erscheint angemessen, obwohl der gemeinsame Vertreter nicht die Aufgaben eines Geschäftsleiters hat. Aber häufig wird die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters eine unternehmerische Prognose über die zukünftige Entwicklung des Schuldners verlangen. Bei insofern nicht immer zu vermeidenden Fehleinschätzungen kann er sich ggf. unter Hinweis auf § 93 Absatz 1 Satz 2 AktG exkulpieren. Die Gläubiger können die Haftung des gemeinsamen Vertreters durch Beschluss beschränken oder ausschließen (Satz 2). Sie werden dies insbesondere dann tun, wenn sich anderenfalls keine geeignete Person bereit erklärt, die Aufgabe des gemeinsamen Vertreters zu übernehmen. Der Anspruch auf Schadenersatz steht den Gläubigern als Gesamtgläubiger zu. Abweichend von § 428 BGB ist der einzelne Gläubiger nicht ohne weiteres befugt, die Leistung an alle zu verlangen.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Gläubiger zuvor mit Mehrheit beschlossen haben, Schadenersatzansprüche gegen den (ehemaligen) gemeinsamen Vertreter geltend zu machen (Satz 3). Diese Einschränkung ist gerechtfertigt, weil sich die Gläubiger in Bezug auf ihre gemeinsame Vertretung auch im Innenverhältnis gegenüber dem gemeinsamen Vertreter als Gesamtheit behandeln lassen müssen. In dem Beschluss müssen sich die Gläubiger auch darüber verständigen, wer die Ansprüche stellvertretend für alle einfordern soll, da die Gläubiger als Gesamtheit nicht prozessfähig sind. Erforderlich ist die einfache Mehrheit der Stimmen.

Nach Absatz 4 können die Gläubiger den gemeinsamen Vertreter jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen. Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 671 Absatz 1 BGB. Sie bringt lediglich klarstellend zum Ausdruck, dass die Gläubiger zur Abberufung des gemeinsamen Vertreters eine gemeinsame Entscheidung mit Mehrheit treffen müssen. Die Mehrheitserfordernisse für die Abberufung eines gemeinsamen Vertreters entsprechen denen für seine Berufung.

Absatz 5 gewährt dem gemeinsamen Vertreter Informationsrechte gegenüber dem Schuldner. Die Rechte stehen nur dem gemeinsamen Vertreter zu, nicht den einzelnen Schuldverschreibungsgläubigern. Daraus kann sich eine wesentliche Veranlassung für die Gläubiger ergeben, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, insbesondere wenn die Vermögenslage des Schuldners unklar ist. Der gemeinsame Vertreter kann vom Schuldner umfassende Auskunft verlangen, soweit es die Erfüllung seiner Aufgaben erfordert.

Der Schuldner ist verpflichtet, auf ein berechtigtes Verlangen des gemeinsamen Vertreters die erbetenen Auskünfte zu erteilen.

Nach Absatz 6 hat der Schuldner die Kosten und Aufwendungen (vgl. § 670 BGB) zu tragen, die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters entstehen, einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Die Gläubiger sollen nicht mit Kosten belastet werden, da sie nicht über gemeinsame Mittel verfügen. Die Ansprüche des gemeinsamen Vertreters richten sich demzufolge direkt gegen den Schuldner. Der Schuldner hat die Kosten für einen gemeinsamen Vertreter zu tragen. Mehrere gemeinsame Vertreter können von den Gläubigern demnach nicht gleichzeitig auf seine Kosten bestellt werden. Haben die Gläubiger den gemeinsamen Vertreter durch Mehrheitsbeschluss abberufen, können sie aber einen neuen gemeinsamen Vertreter bestellen, dessen Kosten ebenfalls dem Schuldner zur Last fallen.

Zu § 8 (Bestellung des gemeinsamen Vertreters in den Anleihebedingungen)

Nach § 8 kann der gemeinsame Vertreter auch bereits in den Anleihebedingungen bestellt werden. Dies kann sinnvoll sein, damit der gemeinsame Vertreter die Organisation und Einberufung der Gläubigerversammlung übernehmen kann, was im Einzelfall eine Beschleunigung des Verfahrens bewirken kann. Da die Gläubiger keinen Einfluss auf die Auswahl der Person haben, werden in Absatz 1 strengere Anforderungen an die Auswahl gestellt als bei einem von den Gläubigern selbst bestellten Vertreter. Auch sind die Aufgaben des in den Anleihebedingungen bestellten gemeinsamen Vertreters begrenzt: Auf Rechte der Gläubiger kann er nicht verzichten, sondern hierzu ist gemäß Absatz 2 stets ein ausdrücklicher Beschluss der Gläubigerversammlung erforderlich. Nach Absatz 3 ist eine Haftungsbeschränkung in den Anleihebedingungen nur in Grenzen möglich; für eine weitergehende Haftungsbeschränkung ist ein Gläubigerbeschluss erforderlich. Im Übrigen gelten gemäß Absatz 4 die Regelungen über den durch die Gläubiger bestellten gemeinsamen Vertreter entsprechend. Die Gläubiger können daher den in den Anleihebedingungen bestellten gemeinsamen Vertreter jederzeit ohne Angabe von Gründen durch Mehrheitsbeschluss abberufen, so dass ein in den Anleihebedingungen bestellter gemeinsamer Vertreter faktisch nur einen vorläufigen Vertreter darstellt.

Zu § 9 (Einberufung der Gläubigerversammlung)

§ 9 entspricht inhaltlich weitgehend § 3 SchVG von 1899. Die Vorschrift ist redaktionell neu gefasst worden. Zur Einberufung der Gläubigerversammlung sind grundsätzlich nur der Schuldner und der gemeinsame Vertreter der Gläubiger befugt. Eine Minderheit der Gläubiger kann aber die Einberufung aus besonderen Gründen verlangen. Denn an manchen Gläubigerbeschlüssen hat der Schuldner selbst kein unmittelbares Interesse, z.B. wenn die Gläubiger einen in den Anleihebedingungen bestellten gemeinsamen Vertreter abberufen wollen. Für das Verlangen ist eine Minderheit von 5 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen erforderlich; das entspricht den Anforderungen des § 122 Absatz 1 AktG für die Einberufung der Hauptversammlung. Das Verlangen muss schriftlich an den Schuldner oder den gemeinsamen Vertreter der Gläubiger gerichtet sein. Als Begründung für das Einberufungsverlangen muss ein besonderes Interesse der Gläubiger angegeben werden; hierfür wird in Satz 2 als Beispiel genannt, dass die Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter bestellen oder abberufen wollen. Nach Satz 3 können die Anleihebedingungen aber zusätzlich vorsehen, dass die Gläubiger auch aus sonstigen Gründen die Einberufung verlangen können.

Nach Absatz 2 kann die qualifizierte Gläubigerminderheit das Gericht anrufen, wenn ihr Verlangen auf Einberufung der Gläubigerversammlung erfolglos geblieben ist. Das Gericht wird die Gläubiger ermächtigen, die Einberufung selbst vorzunehmen, wenn der Antrag begründet ist; es kann zugleich den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen. In der Einberufung muss auf die Ermächtigung hingewiesen werden, damit die Adressaten der Einberufung die Berechtigung zur Einberufung erkennen können.

Die Zuständigkeitsregel in Absatz 3 ist deklaratorisch im Hinblick auf die Zuständigkeit des Gerichts am Sitz des Schuldners (vgl. § 377 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG); sie geht aber darüber hinaus hinsichtlich der Auffangzuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main. Bisher gehörten die Verfahren nach dem SchVG von 1899 nicht zu den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sie werden aber zukünftig in den Katalog der unternehmensrechtlichen Verfahren in § 375 FamFG aufgenommen. Weitere Vorschriften über das Verfahren (z.B. Anhörung) sind unter der Geltung des FamFG entbehrlich.

Insbesondere die im SchVG von 1899 vorgeschriebene vorherige Hinterlegung der Schuldverschreibungen (§ 4 Absatz 2 SchVG von 1899) kann ersatzlos entfallen.

Die Kostenregelung in Absatz 4 entspricht § 3 Absatz 3 SchVG von 1899. Sie erscheint gerechtfertigt, weil die Gläubigerversammlung in erster Linie den Interessen des Schuldners dienen soll. Davon ist auch dann auszugehen, wenn sie auf Betreiben einer Gläubigerminderheit einberufen wird. Wird dem Antrag nicht entsprochen, entscheidet das Gericht nach allgemeinen Vorschriften über die Kosten des Verfahrens; dann können die Kosten ggf. auch den Antragstellern auferlegt werden.

Zu § 10 (Frist, Anmeldung, Nachweis)

Die relativ kurze Einberufungsfrist von 14 Tagen trägt dem Umstand Rechnung, dass insbesondere in einer akuten Krise des Schuldners u. U. sofort gehandelt werden muss.

Nach Möglichkeit sollte eine Gläubigerversammlung stattfinden, bevor Insolvenzantrag gestellt werden muss. Der Insolvenzantrag muss unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden (vgl. nur § 15a Insolvenzordnung - InsO). Die Frist entspricht im Ergebnis dem alten Recht, das zwar keine Frist für die Einberufung vorsah, nach dem aber zwischen der letzten Veröffentlichung der Einberufung und dem Tag der Versammlung mindestens zwei Wochen für die Hinterlegung der Schuldverschreibungen frei bleiben mussten (§ 6 Absatz 3 SchVG von 1899).

Nach Absatz 2 kann in Anleihebedingungen vorgesehen werden, dass sich die Gläubiger zu der Versammlung anmelden müssen. In diesem Fall verlängert sich die Einberufungsfrist um die Anmeldefrist. Die Anmeldefrist darf höchstens drei Tage betragen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass in jedem Fall eine Gläubigerversammlung innerhalb der dreiwöchigen Frist für die Stellung des Insolvenzantrags stattfinden kann.

Absatz 3 betrifft die Legitimation der Gläubiger. Im Ergebnis muss gewährleistet sein, dass an den Abstimmungen der Gläubiger nur Personen (selbst oder durch Vertreter) teilnehmen denen die Rechte aus den Schuldverschreibungen im Zeitpunkt der Abstimmung letztlich zustehen. Ansonsten wären die Beschlüsse der Gläubigerversammlung u. U. anfechtbar. Diese schwierige Aufgabe muss vor Ort von den Beteiligten gelöst werden; sie entzieht sich einer für alle Fälle geltenden abstrakten Regelung. Die Anleihebedingungen können hierzu allgemeine Vorgaben machen. Dabei dürfen jedoch nur Anforderungen formuliert werden, welche zur Feststellung der Identität und der Berechtigung des einzelnen Gläubigers unerlässlich sind. Für den Regelfall einer zentral verwahrten Sammelurkunde gibt das Gesetz vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung in den Anleihebedingungen vor, dass ein besonderer Nachweis des depotführenden Instituts ausreicht.

Gemeint ist dasjenige Institut, das dem letzten Inhaber des Rechts den Besitz vermittelt.

Form und genauer Inhalt des Nachweises bleiben frei, so dass die Praxis hier einen möglichst einfachen Weg finden kann. Das Regelungsmodell entspricht dem des § 123 Absatz 3 Satz 2 AktG (Legitimation der Aktionäre börsennotierter Gesellschaften in der Hauptversammlung). Der besondere Nachweis des depotführenden Instituts bedarf zu Dokumentationszwecken lediglich der Textform ( § 126b BGB).

Zu § 11 (Ort der Gläubigerversammlung)

Die Vorschrift bestimmt, an welchem Ort die Gläubigerversammlung abzuhalten ist. Die Frage war im SchVG von 1899 nicht geregelt. Die gesetzliche Festlegung soll Rechtssicherheit schaffen, indem sie Streitigkeiten von vornherein den Boden entzieht, ob die Wahl eines bestimmten Versammlungsorts die berechtigten Interessen oder Rechte der Gläubiger verletzt. Satz 3 stellt klar, dass § 30a Absatz 2 WpHG unberührt bleibt.

Zu § 12 (Inhalt der Einberufung, Bekanntmachung)

Die Vorschrift regelt, mit welchem Inhalt und in welcher Form die Gläubigerversammlung einzuberufen ist. Absatz 1 regelt den Inhalt der Einberufung. Mit der Einberufung sollen die Gläubiger nicht nur über die wichtigsten Daten der Versammlung informiert, sondern zugleich darauf hingewiesen werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um an der Versammlung teilnehmen und das Stimmrecht ausüben zu können.

Absatz 2 regelt die öffentliche Bekanntmachung der Einberufung. Dem Schuldner sind die Gläubiger einer Anleihe regelmäßig nicht bekannt; sie können zudem weltweit verstreut sein. Das Gesetz verzichtet deshalb wie das SchVG von 1899 auf eine persönliche Einladung.

Zwar könnten theoretisch bei einer zentral verwahrten Sammelurkunde individuelle Einladungen entlang der Verwahrerkette vom Zentralverwahrer bis zum jeweiligen Inhaber des Rechts weitergegeben werden. Das wäre jedoch zu aufwendig und würde zu lange dauern; im internationalen Rechtsverkehr fehlen dafür außerdem die geeigneten Instrumente.

Stattdessen ist die Einberufung öffentlich bekannt zu machen. Dafür genügt die einmalige Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Die im SchVG von 1899 vorgeschriebene zweimalige Bekanntmachung ist teuer, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass alle Gläubiger erreicht werden, aber nur unwesentlich. Häufig wird schon die redaktionelle Presseberichterstattung zu einer weiteren Verbreitung der Nachricht beitragen.

Dem Schuldner steht es dennoch frei, weitere Formen der öffentlichen Bekanntmachung, insbesondere auch im Ausland, frei zu wählen. Die Anleihebedingungen können Entsprechendes vorsehen. Letztlich liegt es im Interesse des Schuldners, möglichst viele Gläubiger anzusprechen, um die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu erreichen. Die Kosten für die öffentliche Bekanntmachung fallen dem Schuldner zur Last.

Nach Absatz 3 hat der Schuldner die Einberufung und weitere für die Vorbereitung der Teilnahme an der Versammlung wichtige Unterlagen zusätzlich unter seiner Adresse im Internet zugänglich zu machen. Die Informationen müssen nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein; es genügt, wenn sie für die Gläubiger zugänglich sind. Eine eigene Internetseite wird bei einem Anleiheschuldner vorausgesetzt; auch bei den Gläubigern wird eine Möglichkeit zur Nutzung des Internets vorausgesetzt. Die Verbreitung im Internet ist mindestens in gleichem Maße wie die öffentliche Bekanntmachung dazu geeignet, die Gläubiger rechtzeitig anzusprechen. Gläubiger, welche bereits von der Versammlung erfahren haben, können sich hier über die Einzelheiten informieren. Im Kosteninteresse bedürfen nicht alle wichtigen Inhalte der öffentlichen Bekanntmachung. Nach der Richtlinie 2007/36/EG über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (Aktionärsrechterichtlinie) soll die Internetseite der Gesellschaft in Zukunft die Funktion einer Informationsbasis für die Angelegenheiten der Aktionäre übernehmen.

Die gleiche Funktion kann sie mit rechtlicher Wirkung auch für die Angelegenheiten der Schuldverschreibungsgläubiger übernehmen. Der Schuldner wird deshalb im vorgesehenen Umfang verpflichtet, alle für die Gläubiger wichtigen Informationen und Unterlagen dort zur Verfügung stellen, und zwar vom Tag der Einberufung an bis zum Tag der Gläubigerversammlung.

Die Nichteinhaltung dieser Anforderungen kann zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führen.

Zu § 13 (Tagesordnung)

Absatz 1 regelt die Pflicht des Einberufenden, eine Tagesordnung zu erstellen, die zu jedem Gegenstand, über den die Gläubigerversammlung beschließen soll, einen konkreten Vorschlag zur Beschlussfassung enthalten muss.

Absatz 2 regelt die Bekanntmachung der Tagesordnung und die Folgen fehlender Bekanntmachung.

Für die Bekanntmachung der Tagesordnung gilt § 12 Absatz 2 und 3 über die Bekanntmachung und Zugänglichmachung der Einberufung entsprechend. Die öffentliche Bekanntmachung der Beschlussgegenstände und der Beschlussvorschläge dient der Unterrichtung der Gläubiger über den Zweck der Versammlung und der Vorbereitung ihrer Entscheidung. Über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht in der vorgeschriebenen Weise vorher bekannt gemacht worden sind, dürfen Beschlüsse nicht gefasst werden.

Eine Minderheit von 5 Prozent der Gläubiger kann nach Absatz 3 verlangen, dass neue Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden (vgl. § 7 Absatz 3 SchVG von 1899 und § 122 Absatz 2 AktG). Für das Verfahren und die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs gilt § 9 Absatz 2 bis 4 entsprechend. Die erweiterte Tagesordnung ist bekannt zu machen. Sie ist rechtzeitig bekannt gemacht, wenn die Bekanntmachung am dritten Tag vor der Gläubigerversammlung bewirkt ist. Über Beschlussgegenstände, die nicht spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannt gemacht worden sind, kann kein Beschluss gefasst werden (vgl. Absatz 2 Satz 2). Dies dient dem Schutz der anderen Gläubiger; sie benötigen zur Vorbereitung ihrer Entscheidung ausreichend Zeit.

Jeder Gläubiger kann zu Gegenständen auf der Tagesordnung eigene Beschlussvorschläge einbringen (Gegenanträge). Gegenanträge müssen nicht bekannt gemacht werden (ebenso: § 124 Absatz 4 AktG). Werden sie rechtzeitig vor der Versammlung angekündigt, gebietet es die Fairness, sie auch den anderen Gläubigern zur Kenntnis zu bringen, um ihnen eine angemessene Vorbereitung auf die Versammlung zu ermöglichen.

Deshalb sieht Absatz 4 vor, dass der Schuldner die Gegenanträge der Gläubiger unverzüglich unter seiner Adresse im Internet zugänglich machen muss.

Zu § 14 (Vertretung)

Gemäß Absatz 1 können sich die Gläubiger in der Versammlung individuell vertreten lassen.

Darauf muss in der Einberufung hingewiesen werden. In der Einberufung muss auch angegeben werden, welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit der Vertreter an der Verhandlung teilnehmen und das Stimmrecht wirksam ausüben kann. Im Ergebnis muss gewährleistet sein, dass an den Abstimmungen nur Bevollmächtigte von stimmberechtigten Gläubigern teilnehmen. Dafür muss nicht nur die Stimmberechtigung des Gläubigers, sondern auch die Identität und die Bevollmächtigung des Vertreters festgestellt werden. Wie dies geschehen kann, lässt das Gesetz bewusst offen, um Raum für die Berücksichtigung zukünftiger, insbesondere technischer Entwicklungen zu lassen. Die Anleihebedingungen können hierzu allgemeine Vorgaben machen. Dabei dürfen jedoch in Bezug auf den Vertreter nur Anforderungen formuliert werden, welche zur Feststellung der Identität und der Berechtigung des Vertreters unerlässlich sind. Die jeweils vorgesehenen Formalitäten müssen in der Einberufung vollständig und verständlich dargestellt werden. Diese Vorschrift hat im Hinblick auf § 12 Absatz 1 klarstellende Bedeutung. Falls die Benutzung bestimmter Formulare vorgesehen ist, sollte in der Einberufung auch darauf hingewiesen und angegeben werden, wo die Formulare für die Gläubiger erhältlich sind; ggf. können entsprechende Angaben auch auf der Internetseite des Schuldners zur Verfügung gestellt werden. Im Anwendungsbereich des § 30a WpHG ist allerdings die zwingende Vorschrift des § 30a Absatz 1 Nummer 6 WpHG zu beachten, wonach zusammen mit der Einladung zur Gläubigerversammlung oder danach auf Verlangen rechtzeitig in Textform ein Formular für die Erteilung einer Vollmacht zu übermitteln ist.

Nach Absatz 2 ist die Form der Vollmachtserteilung weitgehend freigestellt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Textform ( § 126b BGB; früher: Schriftform). Satz 2 setzt voraus, dass auch ein vom Schuldner benannter Vertreter bevollmächtigt werden kann (sogenanntes Proxy Voting). In der Wahl des Vertreters sind die Gläubiger frei. Beim sogenannten Proxy Voting muss zu Dokumentationszwecken die Vollmachtserklärung vom Schuldner für drei Jahre aufbewahrt werden (vgl. § 134 Absatz 3 Satz 3 AktG). Innerhalb von drei Jahren verjähren etwaige Schadenersatzansprüche gegen den Vertreter.

Zu § 15 (Vorsitz, Beschlussfähigkeit)

Absatz 1 bestimmt, wer den Vorsitz in der Versammlung führt. Der Vorsitzende hat ein Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen (Absatz 2) und es den Teilnehmern zugänglich zu machen. Das Verzeichnis muss nicht mehr - wie bisher - vor der Abstimmung verteilt werden. Es genügt das unverzügliche Zugänglichmachen, z.B. auf der Internetseite des Schuldners. Das ordnungsgemäße Zustandekommen der Abstimmungsergebnisse kann dann innerhalb der Anfechtungsfrist von jedem Gläubiger überprüft werden.

Der Vorsitzende hat die Beschlussfähigkeit der Versammlung festzustellen (Absatz 3).

Wird die Beschlussfähigkeit nicht erreicht, kann der Vorsitzende eine zweite Versammlung einberufen, die grundsätzlich ohne Rücksicht auf die vertretenen Stimmanteile beschlussfähig ist. Soll in der zweiten Versammlung allerdings eine wesentliche Änderung der Anleihebedingungen beschlossen werden, muss in ihr mindestens ein Viertel der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten sein. Das entspricht internationalen Standards.

Die Anleihebedingungen können allerdings höhere Anforderungen an die Beschlussfähigkeit stellen, d. h. ein höheres Quorum als die Hälfte bzw. ein Viertel der ausstehenden Schuldverschreibungen festlegen. In Satz 4 wird klargestellt, dass Schuldverschreibungen, deren Stimmrechte ruhen, nicht zu den ausstehenden Schuldverschreibungen zählen.

Zu § 16 (Auskunftspflicht, Abstimmung, Niederschrift)

Absatz 1 begründet die Auskunftspflicht des Schuldners gegenüber den Gläubigern. Ihr entspricht ein Fragerecht der Gläubiger. Beides reicht nur so weit, wie es zur sachgemäßen Beurteilung eines Beschlussgegenstands oder Antrags auf der Tagesordnung erforderlich ist. Ein Beschluss der Gläubigerversammlung kann wegen angeblicher Verletzung des Fragerechts oder der Antwortpflicht nur eingeschränkt mit der Klage angefochten werden (§ 20 Absatz 1 Satz 2, vgl. § 243 Absatz 4 AktG).

Hinsichtlich der Formen der Stimmabgabe und Modalitäten der Auszählung enthält Absatz 2 keine zwingenden Vorgaben. Denkbar ist danach nicht nur die Stimmabgabe unter Anwesenden, sondern z.B. auch per Brief oder elektronischer Post, soweit die Sendung unverfälscht ist und dem Absender eindeutig zugerechnet werden kann. Sehen die Anleihebedingungen hierzu keine Regelung vor, kommen die Vorschriften des Aktiengesetzes in der jeweils geltenden Fassung entsprechend zur Anwendung. Dadurch sollen insbesondere die technischen Erleichterungen bei der Beschlussfassung, die zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie im Aktiengesetz vorgesehen sind (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie [ARUG], BR-Drs. 847/08 (PDF) ), in das SchVG dynamisch einbezogen werden. Entsprechendes gilt für die Auszählung. Auch hierbei kommen insbesondere technische Methoden in Betracht. Das Ergebnis muss im Hinblick auf § 130 Absatz 2 AktG aber nachprüfbar und nachweisbar sein.

Absatz 3 verlangt aus Gründen der Rechtssicherheit die (notarielle) Beurkundung der Beschlüsse in einer Niederschrift. Bei einer Versammlung im Ausland muss eine gleichwertige Niederschrift gewährleistet sein. Form und Inhalt der Niederschrift richten sich nach den § 130 Absatz 2 bis 4 AktG. Gläubiger, die an der Versammlung teilgenommen haben, können binnen eines Jahres vom Schuldner eine Abschrift der Niederschrift und der Anlagen verlangen.

Zu § 17 (Bekanntmachung von Beschlüssen)

Die Beschlüsse der Gläubiger müssen öffentlich bekannt gemacht werden. Das Gesetz lässt im Einzelnen offen, wie dies zu geschehen hat. Schuldner mit Sitz im Inland müssen die Beschlüsse der Gläubiger aber mindestens einmal im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen; die bisher geltende Pflicht zur zweimaligen Veröffentlichung entfällt (vgl. die Begründung zu § 12 Absatz 2). Die gemäß § 30e Absatz 1 WpHG vorgeschriebene Veröffentlichung über das Medienbündel und im Unternehmensregister reicht nach Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz jedoch aus; so wird sichergestellt, dass es keine Verdoppelung von Veröffentlichungspflichten gibt. Weitere Veröffentlichungspflichten können in den Anleihebedingungen vorgesehen werden.

Nach Absatz 2 hat der Schuldner die Beschlüsse außerdem auf seiner Internetseite zugänglich zu machen. Die Beschlüsse der Gläubiger müssen dort für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Wenn ein Gläubigerbeschluss die Anleihebedingungen ändert, hat der Schuldner zugleich auch den Wortlaut der ursprünglichen Anleihebedingungen zugänglich zu machen, damit ohne großen Aufwand die Änderungen im Textzusammenhang nachvollzogen werden können. Im Übrigen wird auf die Begründung zu § 12 Absatz 3 verwiesen.

Zu § 18 (Abstimmung ohne Versammlung)

Nach dieser Vorschrift können die Gläubiger Beschlüsse fassen, ohne dass an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit eine Versammlung stattfindet (virtuelle Versammlung).

Die Abstimmung ohne Versammlung ist im Gesetz bislang ohne Vorbild. Das Verfahren soll dazu beitragen, unnötigen Aufwand für den einzelnen Gläubiger und den Schuldner zu vermeiden. Es könnte sich insbesondere eignen zur frühen Bestellung eines gemeinsamen Vertreters (ohne Ermächtigung zu Stundung und Verzicht) oder zur Vermeidung einer weiteren Versammlung, wenn eine Gläubigerversammlung bereits stattgefunden hat. Ggf. können die Gläubiger aber auch ausschließlich im Verfahren ohne Versammlung beschließen, insbesondere dann, wenn erkennbar kein Informations- oder Diskussionsbedarf besteht, der nur in einer Versammlung befriedigt werden kann.

Nach Absatz 1 gelten für das Verfahren der Abstimmung ohne Versammlung grundsätzlich die Vorschriften über die Gläubigerversammlung entsprechend. Nicht anwendbar sind danach insbesondere § 11 (Ort der Versammlung) sowie § 12 Absatz 1 Satz 1 bezüglich der Mitteilung von Ort und Zeit der Versammlung in der Einberufung. Möglich ist aber z.B. die Vertretung bei der Stimmabgabe entsprechend § 14.

Nach Absatz 2 wird die Abstimmung vom Abstimmungsleiter geleitet. Abstimmungsleiter ist im Regelfall ein vom Schuldner beauftragter Notar. Der gemeinsame Vertreter ist Abstimmungsleiter, wenn er zu der Abstimmung aufgefordert hat. In diesem Fall wird aus Kostengründen davon abgesehen, einen Notar mit der Abstimmungsleitung zu beauftragen, da die Gläubiger nicht über gemeinsame Mittel verfügen und der gemeinsame Vertreter der Gläubiger nicht zugleich den Schuldner verpflichten kann. Wegen seiner Haftung wird der gemeinsame Vertreter diesen Weg aber nur in Ausnahmefällen beschreiten.

Ist eine Minderheit der Gläubiger gerichtlich ermächtigt worden, zur Stimmabgabe aufzufordern, und hat das Gericht zugleich einen Abstimmungsleiter bestellt (§ 9 Absatz 2 Satz 2), so leitet dieser die Abstimmung.

Nach Absatz 3 tritt an die Stelle der Präsenzversammlung ein Abstimmungszeitraum, innerhalb dessen der Abstimmungsleiter die abgegebenen Stimmen der Gläubiger entgegennimmt und zählt. Die Einberufung wird ersetzt durch eine Aufforderung zur Stimmabgabe.

Der Zeitraum für die Stimmabgabe beträgt mindestens 72 Stunden. Er sollte so bemessen sein und so gelegt werden, dass der zeitgerechte Zugang der Stimme bei einer üblichen Übermittlung per Post erwartet werden kann. Das Risiko des Zugangs innerhalb des Abstimmungszeitraums trägt der einzelne Gläubiger. Stimmen, welche zu früh oder zu spät eingegangen sind, können nicht gewertet werden. Insbesondere bei der Stimmabgabe mit technischen Hilfsmitteln setzt die Empfangsbereitschaft des Abstimmungsleiters technische Vorkehrungen voraus, die lediglich für einen im Voraus angegebenen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden können. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Gläubiger müssen deshalb auch verfrüht eingegangene Erklärungen unberücksichtigt bleiben, selbst wenn sie in schriftlicher Form vorliegen. Für die Abgabe der Stimme genügt die Textform ( § 126b BGB); das eröffnet insbesondere die Möglichkeit zur Nutzung elektronischer Übertragungsmöglichkeiten und erleichtert die Teilnahme an der Abstimmung.

Für die Integrität und Authentizität der übermittelten Stimmen haben der Schuldner und der Abstimmungsleiter Sorge zu tragen. Das Gesetz enthält sich hierzu jeder Vorgabe.

In den Anleihebedingungen können entsprechende Verfahren vorgesehen werden. In jedem Fall muss in der Aufforderung zur Stimmabgabe - in Abhängigkeit von den jeweils zulässigen Formen der Stimmabgabe - genau angegeben werden, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit abgegebene Stimmen gezählt werden können.

Absatz 4 regelt den Ablauf einer Abstimmung ohne Versammlung. Nach Satz 1 hat der Abstimmungsleiter die Berechtigung der Gläubiger festzustellen und ein Verzeichnis der an der Abstimmung (berechtigt) teilnehmenden Gläubiger aufzunehmen. Für den Nachweis der Berechtigung gilt § 10 Absatz 3 entsprechend. Für den Inhalt und die Form des Verzeichnisses gilt § 15 Absatz 2 entsprechend. Insbesondere hat der Abstimmungsleiter das von ihm unterschriebene Verzeichnis der teilnehmenden Gläubiger allen Gläubigern unverzüglich zugänglich zu machen. Sodann hat der Abstimmungsleiter die abgegebenen Stimmen zu zählen und das Erreichen oder Nichterreichen der Beschlussfähigkeit sowie ggf. das Ergebnis der Abstimmung festzustellen. Wird die Beschlussfähigkeit verfehlt, kann der Abstimmungsleiter nach Satz 2 eine Gläubigerversammlung einberufen. Für diese Gläubigerversammlung gelten die reduzierten Anforderungen an die Beschlussfähigkeit entsprechend (§ 15 Absatz 3 Satz 3), auch wenn ihr keine (erste) Gläubigerversammlung vorangegangen ist. Eine zweite Abstimmung ohne Versammlung mit reduzierten Anforderungen an die Beschlussfähigkeit ist zum Schutz der Gläubiger nicht vorgesehen.

Nach Satz 3 wird für die Niederschrift der Beschlüsse auf § 16 Absatz 3 Satz 2 und 3 verwiesen d. h. für den Inhalt und die Form der Niederschrift gilt § 130 Absatz 2 bis 4 AktG entsprechend. Das Recht, eine Abschrift der Niederschrift zu verlangen, steht (abweichend von § 16 Absatz 3 Satz 3) allen Gläubigern zu, welche an der Abstimmung teilgenommen haben.

Absatz 5 regelt das Widerspruchsrecht der teilnehmenden Gläubiger. Die Klagebefugnis hängt davon ab, dass der anfechtende Gläubiger zuvor erfolglos Widerspruch erhoben hat (§ 20 Absatz 2 Nummer 1). Die Vorschrift soll die Gerichte entlasten, indem unstreitige Fehler bei der Beschlussfassung ohne Anrufung des Gerichts korrigiert werden können.

Der Widerspruch muss im Regelfall in der Gläubigerversammlung zu Protokoll erklärt werden. Durch Aufnahme des Widerspruchs in die Niederschrift entscheidet der Vorsitzende zugleich (ablehnend) über den Widerspruch. In Anlehnung an dieses Verfahren sieht Absatz 5 ein schriftliches Widerspruchsverfahren vor, das nach Möglichkeit innerhalb der Klagefrist von vier Wochen (§ 20 Absatz 3 Satz 1) abgeschlossen sein sollte. Der Widerspruch ist deshalb binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung der Beschlüsse zu erheben. Über den Widerspruch entscheidet der Abstimmungsleiter. Hat der Widerspruch Erfolg, muss der Abstimmungsleiter das Ergebnis unverzüglich wie einen Beschluss nach § 17 bekannt machen. Andernfalls teilt er dem widersprechenden Gläubiger lediglich mit, dass der Widerspruch keinen Erfolg gehabt habe. Eine Begründung ist nicht erforderlich.

Absatz 6 ordnet an, dass der Schuldner die Kosten einer Abstimmung ohne Versammlung zu tragen hat; die Vorschrift entspricht inhaltlich § 9 Absatz 4.

Zu § 19 (Insolvenzverfahren)

Absatz 1 legt die Rangordnung der Vorschriften im Verhältnis zwischen diesem Gesetz und der Insolvenzordnung fest. Danach gehen die Vorschriften der Insolvenzordnung in ihrem Anwendungsbereich den Vorschriften dieses Gesetzes im Grundsatz vor, sobald das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist (vgl. § 87 InsO).

Abweichend davon enthalten die Absätze 2 bis 4 Sondervorschriften, die denjenigen der Insolvenzordnung vorgehen oder diese ergänzen. § 19 enthält darüber hinaus teilweise Sondervorschriften zu den §§ 5 ff. dieses Gesetzes.

§ 19 ist als insolvenzrechtliche Regelung zu verstehen, weshalb ein Gleichlauf mit den Grundsätzen der internationalen Zuständigkeit im Insolvenzverfahren notwendig ist. Die Bestimmung findet nur dann Anwendung, wenn der COMI (Centre of Main Interest) im Inland belegen ist. So ist ein deutsches Insolvenzgericht etwa für inländische (Zweig-)

Niederlassungen ausländischer Schuldner im Inland zuständig. Diese Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Insolvenzrecht und schlagen auf § 19 durch.

Bei einer Teilnahme der Schuldverschreibungen an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 5 WpHG unterliegen die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Rechte und Pflichten der Teilnehmer an diesem Markt nach § 340 Absatz 1 InsO dem Recht des Staates, das für diesen Markt gilt. In 19 Absatz 1 Satz 2 wird daher klargestellt, dass § 340 InsO auch im Falle des § 19 Absatz 1 gilt.

Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass die Anleihegläubiger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners (abweichend von § 5 Absatz 1 Satz 1) nur befugt sind, durch Mehrheitsbeschluss einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger zu bestellen. Das Insolvenzgericht muss zu diesem Zweck eine Gläubigerversammlung einberufen, wenn ein gemeinsamer Vertreter für alle Gläubiger noch nicht bestellt worden ist.

Das entspricht im Wesentlichen dem bisher geltenden Recht (§ 18 Absatz 3 und 4 SchVG von 1899). Die Gläubiger sind nicht verpflichtet, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.

Im Gesetz kommt aber zum Ausdruck, dass dies in aller Regel wünschenswert wäre.

Absatz 3 ordnet an, dass nur der gemeinsame Vertreter im Insolvenzverfahren die Rechte der Gläubiger geltend machen kann. Einzelne Gläubiger sind, wenn ein gemeinsamer Vertreter bestellt ist, nicht mehr befugt, ihre Rechte im Insolvenzverfahren selbst zu verfolgen.

Eine Ausnahme hiervon ist (abweichend von § 7 Absatz 2 Satz 3) auch durch Mehrheitsbeschluss nicht vorgesehen. Diese strenge gesetzliche Anordnung erscheint gerechtfertigt, um ein Insolvenzverfahren auch unter Beteiligung einer sehr großen Anzahl von Anleihegläubigern rechtssicher und zügig durchführen zu können und um dabei die Gleichbehandlung der Gläubiger zu gewährleisten. Für einen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellten gemeinsamen Vertreter ergibt sich der Umfang seiner Befugnisse unmittelbar aus Absatz 3; für einen bereits zuvor bestellten Vertreter ergibt sich ein eventueller Zuwachs an Aufgaben und Befugnissen als gesetzliche Folge aus dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners.

Bei seiner Tätigkeit im Rahmen des Insolvenzverfahrens braucht der gemeinsame Vertreter für alle Gläubiger die Schuldurkunde(n) nicht vorzulegen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass der Vertreter seine Aufgabe effektiv wahrnehmen kann, ohne sich zuvor ggf. mit einzelnen Gläubigern über die Herausgabe von Schuldurkunden auseinander setzen zu müssen (vgl. § 797 Satz 1 BGB).

Absatz 4 ergänzt die §§ 227 ff. InsO mit der Maßgabe, dass ein Insolvenzplan für alle Gläubiger derselben Anleihe gleiche Bedingungen vorsehen muss. Das entspricht § 19a Absatz 1 SchVG von 1899. Diese Konkretisierung des für Gläubigerbeschlüsse geltenden allgemeinen Gleichbehandlungsgebots (vgl. § 5 Absatz 2 Satz 3) ist insbesondere für den gemeinsamen Vertreter bindend; einem Insolvenzplan, der nicht gleiche Bedingungen für sämtliche Gläubiger derselben Anleihe vorsieht, darf er nicht zustimmen.

Absatz 5 ordnet an, dass alle Bekanntmachungen nach diesem Gesetz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zusätzlich unter der von § 9 InsO vorgegebenen Adresse im Internet zu erfolgen haben (www.insolvenzbekanntmachungen.de). Alle das Insolvenzverfahren betreffenden Entscheidungen sollen zentral verfügbar sein.

Zu § 20 (Anfechtung von Beschlüssen)

Die Vorschrift schafft erstmals die Möglichkeit, Beschlüsse der Gläubiger vor Gericht anzufechten.

Das SchVG von 1899 sah dies nicht vor. Eine gerichtliche Kontrollmöglichkeit erscheint schon im Hinblick auf den grundgesetzlichen Eigentumsschutz sowie die Einschränkung der individuellen Vertragsmacht durch die kollektive Bindung (§ 4) geboten.

Sie ergibt sich auch aus der Anlehnung des Verfahrens an das Aktiengesetz und die aktienrechtliche Anfechtungsklage.

Absatz 1 Satz 1 begründet die Anfechtungsbefugnis in sachlicher Hinsicht und zählt die Anfechtungsgründe auf. Anfechtbar sind alle Beschlüsse der Gläubiger, unabhängig davon, ob sie in einer Gläubigerversammlung oder ohne Versammlung zustande gekommen sind. Die Anfechtung kann nur auf eine Verletzung des Gesetzes oder der Anleihebedingungen gestützt werden. In Betracht kommen nicht nur Verstöße gegen verfahrensrechtliche, sondern auch gegen materiellrechtliche Vorschriften, namentlich gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Die Vorschrift entspricht in Inhalt und Aufbau dem § 243 Absatz 1 AktG. Davon abweichender Regeln bedarf es vorliegend nicht. Satz 2 konkretisiert die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen Informationsmängeln nach Maßgabe von § 243 Absatz 4 Satz 1 AktG. Diese von der Regierungskommission Corporate Governance vorgeschlagene Regelung ist durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2082) in das Aktiengesetz eingeführt worden und hat sich bewährt (vgl. BT-Drs. 016/6136, S. 5).

Auf die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des UMAG wird insoweit ergänzend verwiesen (BT-Drs. 015/5092, S. 25 f.). Satz 3 übernimmt die im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vorgesehene Regelung in § 243 Absatz 3 Nummer 1 AktG, um eine Anfechtbarkeit wegen technischer Störungen zu vermeiden.

Absatz 2 regelt die Anfechtungsbefugnis in persönlicher Hinsicht. Nummer 1 betrifft Gläubiger, die an der Abstimmung teilgenommen haben und entspricht im Wesentlichen § 245 Nummer 1 AktG in der Fassung durch das UMAG. Anders als im Aktienrecht begründet aber nicht das Erscheinen in der Hauptversammlung/Gläubigerversammlung die umfassende Befugnis zur Beschlussanfechtung nach Nummer 1, sondern - insbesondere mit Rücksicht auf die Abstimmung ohne Versammlung - die Teilnahme an der Abstimmung.

Weiter ist Voraussetzung, dass der Gläubiger gegen den Beschluss erfolglos Widerspruch erklärt hat. Erfolglos ist der Widerspruch, wenn den vom Gläubiger geäußerten Bedenken innerhalb angemessener Frist nicht Rechnung getragen worden ist; einer förmlichen Entscheidung bedarf es nicht. Abweichend von § 245 Nummer 1 AktG muss der Widerspruch nicht zur Niederschrift erklärt worden sein, weil bei der Abstimmung ohne Versammlung die Niederschrift geschlossen ist, wenn der Widerspruch (regelmäßig erst) nachträglich erklärt wird. Der Kläger muss darlegen und ggf. beweisen, dass er den Widerspruch erklärt hat. Außerdem muss der Kläger die Schuldverschreibung vor Bekanntmachung der Einberufung der Gläubigerversammlung erworben haben. Dadurch soll etwaigen Missbräuchen des Klagerechts vorgebeugt werden; denn da die Tatsache der Einberufung einer Gläubigerversammlung in der Regel nicht vorhergesagt werden kann, ist ein gezielter Erwerb der betreffenden Schuldverschreibungen kaum denkbar. Zur Begründung wird ergänzend auf die entsprechende Begründung zu § 245 Nummer 1 AktG verwiesen (BT-Drs. 015/5092, S. 26 f.). Nummer 2 betrifft alle Gläubiger, die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben und entspricht im Wesentlichen § 245 Nummer 2 AktG. Gläubiger, die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, können die Beschlüsse der Gläubiger nur wegen der im Gesetz abschließend aufgezählten formalen Fehler anfechten.

Absatz 3 regelt die Klagefrist, die Zuständigkeit des Gerichts sowie Besonderheiten des Verfahrens. Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntmachung des Beschlusses zu erheben. Da die Gläubiger keine rechtsfähige Gemeinschaft bilden, so dass ihnen auch die Beklagtenfähigkeit fehlt, ist die Klage gegen den Schuldner zu richten, auf dessen Veranlassung und in dessen hauptsächlichem Interesse die Beschlüsse der Gläubiger regelmäßig ergehen werden. Die Regelung für die örtliche Zuständigkeit des Gerichts entspricht inhaltlich § 246 Absatz 3 AktG, auf dessen Sätze 2 bis 6 (in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie [ARUG]) ausdrücklich verwiesen wird. Für Klagen gegen Schuldner ohne Sitz im Inland wird die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main gesetzlich begründet. Satz 4 ordnet für angefochtene Beschlüsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts eine Vollziehungssperre an und eröffnet die Freigabe der Vollziehung auf Antrag des Schuldners (Freigabeverfahren) nach Maßgabe des § 246a AktG (in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie [ARUG]).

Zu § 21 ( Vollziehung von Beschlüssen)

Vollziehung bedeutet bei Gläubigerbeschlüssen, die den Inhalt der Anleihebedingungen nach Abschnitt 2 dieses Gesetzes ändern, dass sie in der Urkunde oder in den Anleihebedingungen vollzogen werden - erst dann werden sie gemäß § 2 Satz 3 wirksam. Hierfür reicht es nach Absatz 1 Satz 2 bei durch eine Wertpapiersammelbank verwahrten Sammelurkunden aus, dass der Versammlungsleiter - oder im Fall des § 18 der Abstimmungsleiter - den in der Niederschrift dokumentierten Beschlussinhalt an die Wertpapiersammelbank übermittelt mit dem Ersuchen, die eingereichten Dokumente den vorhandenen Dokumenten in geeigneter Form beizufügen. Dabei hat der Versammlungs- oder Abstimmungsleiter gemäß Satz 3 gegenüber der Wertpapiersammelbank zu versichern, dass der Beschluss vollzogen werden darf (d. h. dass entweder die Klagefrist von einem Monat verstrichen ist, ohne dass Anfechtungsklage erhoben wurde, oder die Klage rechtskräftig abgewiesen wurde oder das Gericht die Freigabe der Vollziehung eröffnet hat).

Absatz 2 betrifft den Fall, dass durch Gläubigerbeschluss ein gemeinsamer Vertreter bestellt wird. Ein solcher Beschluss wird im Regelfall nicht durch eine Änderung oder Ergänzung der Anleihebedingungen vollzogen. Daher wird angeordnet, dass der gemeinsame Vertreter von der ihm durch Beschluss erteilten Vollmacht oder Ermächtigung keinen Gebrauch machen darf, solange der zugrunde liegende Beschluss noch nicht vollzogen werden darf.

Zu § 22 (Geltung für Mitverpflichtete)

Anleihen werden häufig von Finanzierungsgesellschaften begeben, die nicht über eigene Sicherheiten verfügen. Sicherheiten müssen in diesen Fällen von Dritten gestellt werden.

Diese werden im Gesetz als Mitverpflichtete bezeichnet. In der Krise insbesondere des Sicherungsgebers kann es erforderlich sein, auch die Sicherungsabrede zu modifizieren.

Allerdings können der Schuldner und der Sicherungsgeber die Sicherungsbedingungen nicht zu Lasten der Gläubiger ändern ohne deren Zustimmung - und die Gläubiger können einer solchen Änderung nicht durch Mehrheitsbeschluss zustimmen, wenn die Sicherungsabrede nicht Bestandteil der Anleihebedingungen ist. Denn nach § 5 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 Nummer 6 können nur die Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Für diesen Fall sieht § 21 vor, dass die entsprechende Anwendung der §§ 5 bis 21 in den Anleihebedingungen vorgesehen werden kann. Dies muss aber ausdrücklich geschehen. Die gesetzlichen Regelungen können außerdem nur vollständig übernommen werden.

Zu § 23 (Bußgeldvorschrift)

Nach Absatz 1 werden Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der Stimmrechtsausübung durch den Schuldner (§ 6 Absatz 1 Satz 3) sowie des Stimmenkaufs (§ 6 Absatz 2) und der Bestechlichkeit des Stimmberechtigten (§ 6 Absatz 3) als Ordnungswidrigkeit verfolgt.

Absatz 2 regelt die Folgen bei Verletzung der Offenbarungspflicht in § 7 Absatz 1.

Dass bei Stimmenkauf ein höheres Bußgeld vorgesehen ist als im SchVG von 1899 und bei den vergleichbaren Vorschriften im Aktiengesetz und Genossenschaftsgesetz hat seinen Grund zum einen in den weiterreichenden Befugnissen der Gläubigerversammlung und zum anderen darin, dass die stärkere Anonymität der Schuldverschreibungsgläubiger untereinander und die nur im SchVG vorgesehene Abstimmung ohne Versammlung möglicherweise die Gefahr von unzulässigen Stimmrechtsausübungen erhöhen könnten, dem mit einer verschärften Bußgeldandrohung entgegengesteuert werden soll.

Zu § 24 (Übergangsvorschrift)

Das Gesetz ist nach Absatz 1 nicht anzuwenden auf Schuldverschreibungen, die vor seinem Inkrafttreten ausgegeben waren. Insoweit finden die Vorschriften des SchVG von 1899 weiterhin Anwendung.

Nach Absatz 2 haben die Gläubiger jedoch die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss für die Anwendung des neuen SchVG zu optieren. Die Anwendung des neuen Rechts setzt in diesem Fall die Zustimmung des Schuldners voraus.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit)

Durch die Änderung wird das Verfahren nach § 9 Absatz 2 SchVG wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Verfahren nach § 122 Absatz 3 AktG in den Katalog der unternehmensrechtlichen Verfahren ( § 375 FamFG) sowie in die entsprechende Konzentrationsermächtigung (§ 376 FamFG) einbezogen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes)

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen wegen der Aufhebung des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen.

Da die Hinterlegung der Schuldverschreibungen zukünftig ersatzlos entfällt, sind auch diesbezügliche Ersatzvorschriften gegenstandslos (§ 89 Absatz 2 und 3).

Zu Artikel 4 (Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Folgeänderung zu Nummer 2

Zu Nummer 2 (Überschrift des Abschnitts 6)

Neufassung der Abschnittsüberschrift wegen Aufhebung des § 37a WpHG

Zu Nummer 3 ( § 30b WpHG)

Durch die Ergänzung des § 30b Absatz 2 WpHG wird sichergestellt, dass es keine Verdoppelung von Veröffentlichungspflichten hinsichtlich der Einberufung einer Gläubigerversammlung gibt.

Zu Nummer 4 ( § 34 WpHG)

Zu Buchstabe a

In § 34 WpHG werden zur Konkretisierung der Pflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen zwei neue Absätze eingefügt.

In dem neuen Absatz 2a wird die generelle Aufzeichnungspflicht nach Absatz 1, die alle Wertpapierdienstleistungen betrifft, für den Bereich der Anlageberatung (§ 2 Absatz 3 Nummer 9 WpHG) konkretisiert. Es wird ein Protokoll über das Beratungsgespräch verlangt, das eine Kontrolle des Gesprächshergangs durch die Aufsichtsbehörde ermöglicht.

Bislang erstellen Banken und Finanzdienstleistungsinstitute häufig nur ansatzweise Aufzeichnungen über die von ihnen durchgeführte Anlageberatung. Üblicherweise wird lediglich der sogenannte WpHG-Bogen hinterlegt, der grobe Anhaltspunkte über die nach § 31 Absatz 4 WpHG eingeholten Kundenangaben und eine danach gewählte Risikoklasse enthält, der die für einen Kunden geeigneten Finanzinstrumente angehören sollen. Des Weiteren wird vermerkt, ob eine Anlageberatung stattgefunden und welches Instrument der Kunde schließlich erworben hat. Anhand dieser Unterlagen ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) lediglich in der Lage zu prüfen, ob dem Kunden ein Finanzinstrument verkauft wurde, das mit der aus dem WpHG-Bogen hervorgehenden Risikoklasse im Einklang steht. Die bei den Instituten vorhandenen Unterlagen geben hingegen oft keinen Aufschluss über den Hergang und die abschließenden Empfehlungen des eigentlichen Beratungsgesprächs. Es ist für die Aufsichtsbehörde in der Regel nicht nachprüfbar, ob ein Berater den Kunden beispielsweise durch Übertreiben der Renditechancen oder Verschweigen der Risiken überredet hat, sich für eine höhere als die zunächst angestrebte Risikoklasse zu entscheiden. Es ist für die Bundesanstalt auch kaum festzustellen, ob ein Anlageberater dem Kunden etwa empfohlen hat, davon abzusehen, ein Finanzinstrument aus dem Kundendepot zu verkaufen, obwohl der Kunde Befürchtungen im Hinblick auf eine Erhöhung der Verlustrisiken geäußert hat.

Dieser Praxis soll mit dem Beratungsprotokoll entgegengewirkt werden. Das Protokoll ist schriftlich anzufertigen und vom Anlageberater zu unterzeichnen. Eine Unterzeichnung durch den Kunden ist bewusst nicht vorgeschrieben, weil ein solches Erfordernis Fernabsatzgeschäfte erschweren könnte; es steht der Bank jedoch frei, sich das Beratungsprotokoll vom Kunden - gegebenenfalls nach einer von diesem gewünschten Prüfungsfrist - unterzeichnen zu lassen. Eine Ausfertigung des Protokolls ist dem Kunden unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Damit wird der Kunde in die Lage versetzt, das Protokoll zu überprüfen, und das Protokoll wird vor Manipulationen geschützt. Im Streitfall kann das Protokoll als Beweismittel dienen. Bei persönlicher Anwesenheit beider Parteien dürfte die sofortige Fertigstellung des Protokolls keine Schwierigkeiten machen, da es unmittelbar während des Gesprächs schriftlich oder elektronisch angefertigt werden kann. Unstimmigkeiten über den Inhalt können sofort geklärt werden.

Das Protokoll wird dem Kunden grundsätzlich vor Geschäftsabschluss zur Verfügung gestellt.

Der Kunde kann damit das Beratungsgespräch auswerten und wird in die Lage versetzt, auf der Grundlage des Protokolls eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen.

Allerdings soll auch in Zukunft die telefonische Beratung mit anschließender Auftragserteilung möglich sein. In diesem Fall kann der Kunde ausdrücklich einen Geschäftsabschluss vor Erhalt des Protokolls herbeiführen. Das Institut muss dem Kunden jedoch in jedem Fall anbieten, das gesamte Beratungsgespräch technisch aufzuzeichnen. Der Kunde kann ausdrücklich auf diese Aufzeichnung verzichten. Die Weisungen des Kunden sind im Protokoll zu vermerken, das dem Kunden auch bei telefonischer Beratung unverzüglich zuzuleiten ist.

Mit dem neuen Absatz 2b erhält der Kunde einen Anspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Herausgabe einer Ausfertigung des Protokolls nach Absatz 2a. Damit wird es ihm erleichtert, etwaige zivilrechtliche Ansprüche gegen das Unternehmen zu prüfen und durchzusetzen. Zwar besteht bereits nach Absatz 2a eine Pflicht zur unverzüglichen Aushändigung des Protokolls an den Kunden. Durch Absatz 2b wird aber ausdrücklich klargestellt, dass dieser Pflicht auch ein korrespondierender Anspruch des Kunden gegenübersteht. Denn die Bundesanstalt kann die aufsichtsrechtliche Pflicht nach Absatz 2a nur im öffentlichen Interesse und im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel überprüfen. Eine Wahrnehmung individueller Anlegerinteressen durch die Aufsicht ist nicht möglich.

Zu Buchstabe b

Die Ausgestaltung des Beratungsprotokolls soll in der Wertpapierdienstleistungsverhaltens-und Organisationsverordnung geregelt werden. Die Ermächtigungsnorm des § 34 Absatz 4 WpHG wird entsprechend ergänzt.

Zu Nummer 5 ( § 37a WpHG)

§ 37a wird aufgehoben. Die Verjährung für Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung wird an die allgemeinen Verjährungsregeln angepasst.

Zu Nummer 6 ( § 39 WpHG)

Die Ergänzung des Katalogs der bußgeldpflichtigen Ordnungswidrigkeiten dient der Durchsetzung der neu eingeführten Protokollierungspflicht. Der Bußgeldrahmen von bis zu fünfzigtausend Euro erscheint angemessen. Der Bußgeldrahmen ist niedrig angesetzt, da durch den zivilrechtlichen Anspruch des Kunden auf Herausgabe des Beratungsprotokolls ein ausreichender Anreiz geschaffen wird, der Bestimmung in § 34 Absatz 2a zu entsprechen.

Zu Nummer 7 ( § 43 WpHG)

Die Übergangsvorschrift in § 43 wird neu gefasst. Ansprüche, für die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung § 37a galt, verjähren auch zukünftig nach dieser Vorschrift.

Zu Artikel 5 (Änderung des Depotgesetzes)

Durch die vorgeschlagene Ergänzung des Depotgesetzes soll klargestellt werden, dass auch Namensschuldverschreibungen in das sachenrechtliche Wertpapiergiro nach dem Depotgesetz einbezogen sind. Es geht hierbei um ein Sonderproblem sogenannte "global bonds". Dabei handelt es sich um Anleihen deutscher oder US-amerikanischer Schuldner, die sowohl in Deutschland als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika zum Handel zugelassen sind und als Namensschuldverschreibungen ausgestaltet werden. Ohne die gesetzliche Klarstellung könnte angenommen werden, dass der in den USA "verbriefte" Teil der Schuldverschreibungen nach deutschem Recht als Forderung übertragbar wäre.

Um diesem Missverständnis vorzubeugen, sollen solche Namensschuldverschreibungen ausdrücklich dem sachenrechtlichen Wertpapiergiro unterstellt werden, sofern eine inländische Wertpapiersammelbank (z.B. Clearstream Banking AG Frankfurt) im Register des Schuldners als Inhaber des Rechts eingetragen ist.

Zu Artikel 6 (Änderung des Pfandbriefgesetzes)

Das SchVG ist nach seinem § 1 Absatz 2 nicht auf Pfandbriefe anwendbar. § 30 Absatz 7 Pfandbriefgesetz, der die Anwendung des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vorsieht, ist deshalb aufzuheben.

Zu Artikel 7 (Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung)

Die bisherige Vermutungsregel wird durch die spezielle Regelung über den Mindestinhalt des Beratungsprotokolls nach § 34 Absatz 2a WpHG ersetzt.

Angaben über den Beratungsanlass geben Aufschluss darüber, auf wessen Initiative das Gespräch geführt wurde, ob es Vorgaben eines Instituts an seine Mitarbeiter gab, Kunden auf bestimmte Produkte anzusprechen oder ob ein Kunde in einer besonderen persönlichen Situation oder auf Informationen hin, die er von dritter Seite erhalten hat, um Beratung nachgesucht hat.

Aus der festgehaltenen Dauer des Beratungsgesprächs lassen sich Rückschlüsse auf dessen Qualität und die Plausibilität der inhaltlichen Angaben zum Gesprächsverlauf ziehen.

Die Angabe der der Beratung zugrunde liegenden Informationen sowohl über den Kunden als auch über die besprochenen Produkte ist unerlässlich, um die Ordnungsmäßigkeit der Beratung zu überprüfen. Sie ist für die Eignung des Protokolls als Beweismittel von Bedeutung.

Zu vermerken ist im Protokoll des Weiteren, welche Wünsche ein Kunde bezüglich der Anlage geäußert hat und welche Bedeutung er möglicherweise sich einander widersprechenden Anlagezielen beigemessen hat. Hat er etwa erklärt, eine sichere Anlage erwerben, gleichzeitig aber eine außergewöhnlich hohe Rendite erzielen zu wollen, so muss sich aus dem Protokoll ergeben, welches Ziel vorrangig sein sollte und inwieweit der Kunde insofern von dem Berater geleitet wurde.

Schließlich sind sämtliche im Verlauf der Beratung ausgesprochenen Empfehlungen auch dann zu vermerken, wenn diese nicht weiter verfolgt werden. Der Berater muss darlegen, warum er ein bestimmtes Produkt als das für den Kunden am besten geeignete identifiziert hat.

Nach Satz 2 sind bei einer Telefonberatung ausdrückliche Kundenwünsche zum Geschäftsabschluss vor Zugang des Beratungsprotokolls und zum Verzicht auf technische Aufzeichnungen in das Protokoll aufzunehmen.

Zu Artikel 8 (Inkrafttreten; Außerkrafttreten)

Die Vorschrift bestimmt das Inkrafttreten des Gesetzes. Das SchVG von 1899 geht inhaltlich in dem neuen Gesetz auf und ist daher aufzuheben. Das Gleiche gilt für das Gesetz über die Anwendung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen. Das Gesetz sah in seinem Artikel 2 die Nichtanwendbarkeit des SchVG von 1899 auf Schuldverschreibungen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft vor. Solche Schuldverschreibungen existieren nicht mehr.

Anlage 1
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 533:
Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des Gesetzes auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden insgesamt fünf neue Informationspflichten für die Wirtschaft geschaffen. Das Bundesministerium hat in der Gesetzesbegründung nur drei der Informationspflichten dargestellt und die Auswirkungen auf Bürokratiekosten geschätzt.

Diese Pflichten verursachen jährliche Bürokratiekosten in Höhe von 50.333.333 €. Der überwiegende Teil dieser Kosten in Höhe von 50.133.333 € entfällt auf die Verpflichtung der Wertpapierdienstleister, Beratungsgespräche zu protokollieren und den Kunden eine Ausfertigung des Protokolls zu übergeben. Das Bundesministerium geht dabei von 8 Millionen Beratungen jährlich aus. Pro Fall liegen die Kosten mithin bei rund 6 €. Primäres Ziel der Regelung ist es, die Rechte von Anlegern im Falle einer Falschberatung zu stärken.

Das Protokoll soll aber nicht nur im Streitfall über den Inhalt der Beratung als Beweismittel dienen, sondern auch eine Kontrolle der Beratungspraxis durch die Aufsichtsbehörden ermöglichen. Das Bundesministerium hat nachvollziehbar begründet, warum es die Einführung dieser Informationspflicht zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels für notwendig erachtet.

Als Alternative hat das Bundesministerium die Einführung einer Beweislastumkehr im Streitfall über die Beratung geprüft. Auch nach Rücksprache mit den zuständigen Fachverbänden hat es sich gegen diese Alternative entschieden, da der vorgesehene Lösungsweg mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten bietet.

Zwei Informationspflichten hat das Bundesministerium nicht dargestellt. Es handelt sich dabei um die Verpflichtungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen. Diese Regelungen sehen vor, dass derjenige, der als gemeinsamer Vertreter der Gläubiger vorgesehen ist, die Gläubiger vor seiner Bestellung über seine Beziehungen zum Schuldner informieren muss, z.B. wenn er Mitglied im Vorstand oder Aufsichtsrat des Schuldners ist. Zudem muss er die Gläubiger darüber informieren, wenn nach seiner Bestellung entsprechende Beziehungen zum Schuldner entstanden sind.

Das Bundesministerium beruft sich bei der Einordnung der Regelungen auf eine von der Bundesregierung im Rahmen der Kabinettsitzung am 5. November 2008 gefundene Abgrenzung von Informationspflichten innerhalb von Schuldverhältnissen zu inhaltlichen Pflichten. Es argumentiert, es handelt sich bei diesen Pflichten nicht um Informationspflichten, da die Angaben "als für den Vertragsabschluss bzw. seine Durchführung erforderlich vorgesehen sind". Das Bundesministerium verkennt dabei, dass der Vertrag zwischen Gläubigern und Vertreter auch dann Zustande kommt, wenn die Information den Gläubigern vorenthalten wird. Die Information ist mithin nicht für den Vertragsabschluss erforderlich. Eine Verletzung der Informationspflicht kann allenfalls Schadensersatzansprüche zur Folge haben. Ziel der Informationspflicht ist hingegen die Warnung der Gläubiger vor einem möglicherweise befangenen Vertreter. Die Gläubiger sollen mit der Information in die Lage versetzt werden abzuwägen, ob sie den Vertreter für geeignet halten, ihre Interessen gegenüber dem Schuldner wahrzunehmen. Derartige Warnhinweise sind auch nach der o.g. Abgrenzung Informationspflichten im Sinne des NKR-Gesetzes.

Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass wegen der voraussichtlich sehr geringen Fallzahl mit keiner großen Bürokratiekostenbelastung zu rechnen sein wird.

Der Normenkontrollrat fordert das Bundesministerium auf, die beiden Informationspflichten zeitnah zu schätzen und das Ergebnis in den Gesetzgebungsprozess nachzureichen.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter

Anlage 2
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung (NKR-Nr. 533)

Die Bundesregierung nimmt zu der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates wie folgt Stellung:

Von einer Informationspflicht im Sinne des SKM ist nach dem von der Bundesregierung im Rahmen der Kabinettsitzung am 5. November 2008 gefundenen Kompromiss durch Abgrenzung von Informationspflichten innerhalb von Schuldverhältnissen zu inhaltlichen Pflichten immer, aber auch nur dann auszugehen, wenn die Information nicht nur erforderlich ist, um einen Vertrag sachgerecht abzuschließen, durchzuführen oder zu beenden, sondern ihre Erfüllung auch einem darüber hinausgehenden Interesse dient. Vor diesem Hintergrund hat der NKR die Verpflichtungen nach § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Entwurfs des Schuldverschreibungsgesetzes (wonach derjenige, der als gemeinsamer Vertreter der Gläubiger vorgesehen ist, die Gläubiger vor seiner Bestellung über seine Beziehungen zum Schuldner informieren muss - z.B. wenn er Mitglied im Vorstand oder Aufsichtsrat des Schuldners ist - bzw. nach seiner Bestellung, wenn nachträglich entsprechende Beziehungen zum Schuldner entstanden sind) als Informationspflichten im Sinne des NKR-Gesetzes qualifiziert.

Zwischen der Bundesregierung und dem Nationalen Normenkontrollrat besteht Einigkeit darüber, dass im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass wegen der voraussichtlich sehr geringen Fallzahl mit keiner großen Kostenbelastung zu rechnen sein wird. Die Bestellung und Abberufung eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger erfolgt durch Beschluss der Gläubiger in der Gläubigerversammlung oder im Wege einer Abstimmung nach § 18 des Entwurfs des Schuldverschreibungsgesetzes. Für etwaige Gläubigerversammlungen bzw. Abstimmungen ist eine sehr geringe Fallzahl anzunehmen, da es auch nach dem derzeitigen Schuldverschreibungsgesetz nur sehr wenige Anwendungsfälle gab. Mit der Ausdehnung des Anwendungsbereichs des neuen Gesetzes auf ausländische Schuldner - und auch ausländische Staaten als Schuldner - ist zwar diesbezüglich ggf. mit etwas höheren Fallzahlen zu rechnen - insoweit ergibt sich aber keine Kostenbelastung der deutschen Wirtschaft. Wegen der geringen Fallzahl von Gläubigerversammlungen wurde auch für die Informationspflichten nach § 12 Absatz 3 und § 17 Absatz 2 des Entwurfs des Schuldverschreibungsgesetzes (Information über die Einberufung der Gläubigerversammlung und über die Beschlüsse der Gläubiger) jeweils eine Bürokratiekostenbelastung der Wirtschaft unter 100 000 Euro angenommen. Die Kostenbelastung durch die Pflicht des gemeinsamen Vertreters nach § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Entwurfs des Schuldverschreibungsgesetzes liegt daher ebenfalls unter 100 000 Euro.