Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen

Der Bundesrat hat in seiner 922. Sitzung am 23. Mai 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1a - neu -, Nummer 2 (§ 58 Absatz 6 Nummer 3 - neu -,§ 60 Nummer 3 - neu - und § 62a - neu - EEG 2014)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe a0 einzufügen:

"a0 § 62a Wasserfahrzeuge für die Schifffahrt".

Begründung:

Die Regelungen sollen wirtschaftliche Anreize zur Inanspruchnahme der alternativen Stromversorgung von Wasserfahrzeugen für die Schifffahrt schaffen, weil dadurch die Luft- und Lärmemissionen in Häfen wesentlich gesenkt werden können.

Schiffe benötigen auch während der Liegezeiten in Häfen zum Teil erhebliche Mengen an Strom, den sie üblicherweise mit Hilfe ihrer schiffseigenen Hilfsdiesel bzw. Generatoren unter Verwendung von Schweröl selbst erzeugen. Die dabei entstehenden Abgase tragen in den Hafenstädten erheblich zur Beeinträchtigung der Luftqualität bei.

Eine alternative Stromversorgung von Schiffen ermöglicht die Abschaltung der schiffseigenen Generatoren während der Liegezeiten in Häfen, ist aber wesentlich teuer als der von den Schiffen selbst erzeugte Strom. Nur wenn die Kosten für die alternative Stromversorgung von Schiffen nicht wesentlich höher liegen, werden Schiffsbetreiber diese umweltfreundlichen Technologien überhaupt benutzen.

Möglich ist eine alternative Stromversorgung von Schiffen derzeit durch eine landseitige Stromversorgung (Landstrom) oder eine wasserseitige Stromversorgung durch so genannte Bargen, bei denen der Strom in einer schwimmenden Kraftwärme-Kopplungs-Anlage mit Hilfe von (Flüssig-)Gas erzeugt wird.

Allerdings ist eine alternative Stromversorgung von Schiffen technisch anspruchsvoll, erfordert schiffsseitige Investitionen sowie teure Infrastruktur und befindet sich erst im Aufbau, so dass eine Einbeziehung in die EEG-Umlage die Wirtschaftlichkeit der Projekte verschlechtern und deren Realisierung stark gefährden würde. Bei Stromerzeugungsanlagen, die vorwiegend zur externen Stromversorgung von Schiffen bei Liegezeiten in Häfen dienen, reicht die Stromversorgung von Schiffen derzeit auch noch nicht für einen kostendeckenden Betrieb aus.

Eine Begrenzung der EEG-Umlage würde die Kosten der alternativen Stromversorgung entsprechend mindern und deren Akzeptanz bei den Schiffsbetreibern deutlich erhöhen. Den gleichen Ansatz hat der Gesetzgeber bereits durch die stromsteuerrechtliche Entlastung einer landseitigen Stromversorgung von Schiffen in § 9 Absatz 3 Stromsteuergesetz umgesetzt.

Die Reduzierung der EEG-Umlage entspricht auch der Umweltschutzpolitik der Europäischen Gemeinschaft und setzt die Empfehlung der Kommission vom 8. Mai 2006 über die Förderung der Landstromversorgung von Schiffen an Liegeplätzen in den Häfen der Gemeinschaft (2006/339/EG) um, nach der die Mitgliedstaaten unter Nutzung der Möglichkeiten, die das Gemeinschaftsrecht bietet, wirtschaftliche Anreize für Schiffsbetreiber, die Landstromversorgung zu nutzen, prüfen sollen.

Die Regelungen verhalten sich für das Gesamtaufkommen der EEG-Umlage neutral, da die alternative Stromversorgung lediglich Substitut für Schiffsstrom ist, welcher von der EEG-Umlage befreit ist. Somit wird die Finanzierungslast bei den übrigen Verbrauchern nicht beeinflusst.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 61 Absatz 5 Satz 1 EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 2 sind in § 61 Absatz 5 Satz 1 die Wörter "nach Liste 1" zu streichen.

Begründung:

Mit der restriktiven Regelung des § 61 Absatz 5 Satz 1 begrenzt die Bundesregierung die Möglichkeit zur Antragsstellung selektiv für selbständige Unternehmensteile und benachteiligt diese im Vergleich zu rechtlich selbständigen Unternehmen. Laut Gesetzesbegründung wird dies durch die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien vorgegeben. Aus der Formulierung der entsprechenden Randnummer 187 der Leitlinien lässt sich eine solche Vorgabe jedoch nicht ableiten, auch ist an anderer Stelle der Leitlinien eine entsprechende Vorgabe nicht ersichtlich. Somit sollte die unbegründete Benachteiligung für selbstständige Unternehmensteile aufgehoben werden, indem die entsprechende Einschränkung gestrichen wird.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 61 Absatz 5 Satz 2 EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 61 Absatz 5 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Ein selbständiger Unternehmensteil liegt nur vor, wenn es sich um einen Teilbetrieb mit eigenem Standort oder einen vom übrigen Unternehmen am Standort abgegrenzten Betrieb handelt, der über eine eigene Abnahmestelle verfügt und ohne Weiteres in die Lage versetzt werden kann, als rechtlich selbständiges Unternehmen betrieben zu werden."

Begründung:

Die bisherige Gesetzesbegründung des § 41 Absatz 5 EEG 2012 hat sich in Kombination mit der Auslegung und faktischen Selbstbindung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in ihrer Umsetzungspraxis vielfach nicht als zielführend erwiesen. Insbesondere führt der Ansatz einer weitreichenden Präzisierung durch den Gesetzgeber im Ergebnis dazu, dass die Antragsbearbeitung den mannigfaltigen tatsächlichen Verhältnissen innerhalb der gesamtdeutschen Wirtschaftsstruktur derzeit nur unzureichend gerecht wird. Auch die gegenüber der bisherigen Regelung neu formulierten Erfordernisse weit überwiegender externer Umsätze des Teilbetriebes und dort in toto vorhandener wesentlicher Unternehmensfunktionen würden der unternehmerischen Praxis beispielsweise im Zusammenhang mit Konzernverbünden entgegenstehen. Zudem wird die Forderung einer jederzeit möglichen rechtlichen Verselbständigung eines Teilbetriebes praxisfern erhoben. Daher sollte bei der Prüfung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines selbständigen Unternehmensteils auf eine Einzelfallprüfung abgestellt werden und der Bereich der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung angemessene Berücksichtigung finden. Ein insoweit erforderlicher Drittvergleich wird über das vorgesehene Wirtschaftsprüfer-Testat (§ 61 Absatz 5 Satz 3 und 4) abgedeckt.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 62 Absatz 2 EEG 2014)

Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Gesetzentwurf zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine Erhöhung der Umlagebeteiligung für Schienenbahnen von derzeit etwa 11 Prozent auf 20 Prozent vorgesehen ist. Es ist zu befürchten, dass diese Mehrkosten zum einen zu Fahrpreiserhöhungen führen und damit zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher gehen. Zum anderen wird ein erheblicher Anteil der Mehrkosten die Haushalte der Länder belasten. Mit Blick auf die Finanzlage der Länder und die Verpflichtungen der Schuldenbremse kann dies zu Abbestellungen von Leistungen im SPNV führen. Damit besteht die Gefahr, dass ausgerechnet das Angebot des umweltfreundlichsten Verkehrsträgers Schiene reduziert wird. Eine Rückverlagerung der Personen- und Güterverkehre auf die Straße könnte die Folge sein. Diese negativen Auswirkungen auf die CO₂-Reduktionsziele im Verkehrsbereich würden nach Auffassung des Bundesrates den Anforderungen des Klimaschutzes widersprechen.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, die den Ländern durch die Erhöhung der EEG-Umlagebeteiligung für Schienenbahnen im Rahmen der Reform des EEG entstehenden Mehrkosten zu kompensieren. Hierfür sieht der Bundesrat insbesondere eine entsprechende Erhöhung der Regionalisierungsmittel im Rahmen der in diesem Jahr anstehenden Revision des Regionalisierungsgesetzes als einen geeigneten Weg an.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht in § 62 vor, dass Schienenbahnen eine EEG-Umlage von 20 Prozent des Normalwertes von derzeit 6,24 Cent pro KWh bezahlen sollen, also dann 1,24 Cent, während sie nach der derzeitigen Gesetzeslage erheblich weniger bezahlen müssen. Diese faktische Verdoppelung der Umlagebeteiligung für Schienenbahnen kann insbesondere in Ländern mit großen Verkehrsunternehmen und soweit die Verträge dies vorsehen zu erheblichen Mehrkosten zulasten der Landeshaushalte führen. Vielerorts kann diese zusätzliche Belastung der Landeshaushalte voraussichtlich nur durch eine Abbestellung von Leistungen kompensiert werden. Die Beeinträchtigungen des Angebots im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs konterkarieren die Zielsetzung, Verkehre auch im regionalen Bereich zunehmend auf die Schiene zu verlagern. Der Schienenverkehr leistet einen erheblichen Beitrag zu einer klima- und ressourcenschonenden Mobilität und damit zum Gelingen der Energiewende. Daher sollten in jedem Fall die Benachteiligungen gegenüber anderen, weniger umwelt- und klimafreundlichen Verkehrsträgern von der Bundesregierung ausgeglichen werden. So ist etwa eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel als Ausgleich für die durch die Reform des EEG fehlenden Mittel angebracht.

Eine Förderung über eine EEG-Umlagebefreiung würde die EEG-Umlage erhöhen. Diese Mehrbelastungen wären ausschließlich von den nichtprivilegierten Stromverbrauchern zu tragen. Ziel muss es jedoch vielmehr sein, das Volumen der EEG-Umlage nicht weiter auszuweiten. Verkehrs- und umweltpolitisch sinnvolle und notwendige Vorhaben sollten aus diesem Grund außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefördert werden.

5. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 99 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 1 EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 6 ist § 99 wie folgt zu ändern:

Begründung:

§ 99 Absätze 1 und 2 enthalten die allgemeinen Übergangsvorschriften für die Umstellung der Besonderen Ausgleichsregelung von dem bisherigen System des EEG 2012 auf die neuen Bestimmungen des EEG 2014. Sie sollen sicherstellen, dass die betroffenen stromkosten- und handelsintensiven Unternehmen sich rechtzeitig auf die neuen Bedingungen einstellen und ihre Anträge hierauf ausrichten können. Dabei wird differenziert zwischen Anträgen für das Begrenzungsjahr 2015 (Absatz 1) und Anträgen für das Begrenzungsjahr 2016 (Absatz 2). In Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2

Nummer 1 wird festgelegt, dass übergangsweise in den nächsten beiden Antragsjahren bei der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten noch nicht das arithmetische Mittel der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre maßgeblich ist, sondern im Begrenzungsjahr 2015 nur das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr und im Begrenzungsjahr 2016 das arithmetische Mittel der letzten beiden abgeschlossenen Geschäftsjahre.

Die vorgeschlagene Übergangsregelung für die Begrenzungsjahre 2015 und 2016 ist aus wirtschaftspolitischer Sicht ausdrücklich zu begrüßen. Den betroffenen Unternehmen sollte allerdings auch die Wahlmöglichkeit eröffnet werden, die in den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission geforderte Bestimmung der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten als arithmetisches Mittel der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre sofort in Anspruch nehmen zu können. Mit dem empfohlenen Wahlrecht können Schwankungen der Bruttowertschöpfung durch konjunkturelle Sonderentwicklungen, Anlagenmodernisierungen oder längere ungeplante Stillstände besonders stromintensiver Anlagen, wie z.B. nach Bränden oder Überschwemmungen, ausgeglichen werden. So werden besondere Härten vermieden.

Die Wahlmöglichkeit eröffnet Unternehmen auf Antrag den sofortigen Zugang zu den von den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission geforderten Regeln, die ohne zusätzlichen Aufwand wegen fehlender Werte für die Vorjahre nicht umzusetzen sind und daher nicht verpflichtend sein sollten. Dies setzt auch die in der Gesetzesbegründung auf Seite 48 ff. angelegte Wahlmöglichkeit um.

6. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 99 Absatz 2 Nummer 2a - neu - EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 6 ist in § 99 Absatz 2 nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:

"2a. § 61 Absatz 5 Satz 3 und 4 gilt für die Begrenzungsjahre 2015 und 2016 nicht für selbständige Unternehmensteile, bei denen der Anteil der Strommenge nach § 41 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Dezember 2011 geltenden Fassung oder die EEG-Umlage nach Maßgabe des § 6 der Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus in der am 3 1. Dezember 2011 geltenden Fassung bereits vor dem 1. Januar 2012 begrenzt worden ist."

Begründung:

Gemäß § 66 Absatz 13a EEG 2012 gilt das Erfordernis der Vorlage einer eigenen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) nicht für selbständige Unternehmensteile, die bereits vor dem Inkrafttreten des EEG 2012 begrenzt wurden. Diese Unternehmen können keine Bilanz oder GuV über die Geschäftsjahre 2013 und 2014 als Voraussetzung für eine Begrenzung in 2015 und 2016 vorlegen, da sie von der Verpflichtung einer Bilanzierung ausgenommen waren und entsprechende Daten somit nicht vorliegen. Eine Übergangsvorschrift ist daher erforderlich, um diesen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, ab dem 1. Januar 2015 eine Bilanz und GuV für die selbständigen Unternehmensteile aufzustellen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 99 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c und d - neu - EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 6 ist § 99 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Selbständige Unternehmensteile von Unternehmen, die 2014 die Besondere Ausgleichsregelung erhalten und eine Stromkostenintensität von mindestens 20 Prozent erreichen, sind nach dem Gesetzentwurf zukünftig weder nach § 61 regulär antragsberechtigt, da ein Antrag nach Liste 2 nur auf Unternehmensebene gestellt werden kann, noch trifft auf sie eine der drei Fallkonstellationen des § 99 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c zu, so dass sie auch die Härtefallregelung nicht beantragen können.

Im Ergebnis wären selbständige Unternehmensteile mit einer Stromkostenintensität über 20 Prozent damit schlechter gestellt als Unternehmen, deren Stromkostenintensität weniger als 20 Prozent beträgt.

Um eine Gleichbehandlung verschiedener Härtefälle zu gewährleisten, sollte § 99 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 daher explizit um die selbständigen Unternehmensteile erweitert werden. In dem vorgeschlagenen Lösungsweg wird Buchstabe c) auf Unternehmen eingeschränkt und ein neuer Buchstabe d) eingefügt.

8. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 99 Absatz 4 Satz 1 EEG 2014)

In Artikel 1 Nummer 6 sind in § 99 Absatz 4 Satz 1 die Wörter "und insoweit" zu streichen.

Begründung:

Um die Anwendung der Härtefallregelung an die Bedingung zu knüpfen, dass bei der Stromkostenintensität ein definierter Mindestwert erreicht wird, reicht ein uneingeschränkter Konditionalsatz ("wenn") aus. Die zusätzliche Verwendung der Wörter "und insoweit" würde hingegen zu Unrecht eine nur anteilige Anwendung der Härtefallregelung auf den Verbrauchsbereich oberhalb von 1 Gigawattstunde suggerieren.

9. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 99 EEG 2014)

Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Bundesregierung, eine angemessene Härtefallregelung für die Unternehmen, die künftig nicht mehr den Kriterien für eine Befreiung entsprechen, zu schaffen. Für einige Unternehmen könnte das sofortige Ausscheiden aus der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) existenzbedrohend sein.

10. Zum Gesetzentwurf allgemein