Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Digitalisierung der europäischen Industrie - Die Chancen des digitalen Binnenmarkts in vollem Umfang nutzen - COM (2016) 180 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 212/15 (PDF) = AE-Nr. 150306,
Drucksache 193/16 (PDF) = AE-Nr. 160314 und
Drucksache 194/16 (PDF) = AE-Nr. 160315

Brüssel, den 19.4.2016
COM (2016) 180 final
{SWD(2016) 110 final}

1. Kontext

Der Fertigungsindustrie kommt im Zusammenspiel mit den Dienstleistungen eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln. Gleichzeitig findet, bedingt durch neue Generationen digitaler Technologien, beispielsweise Massendaten (Big Data), eine neue industrielle Revolution statt.

Durch den Fortschritt bei den digitalen Technologien in Kombination mit anderen Schlüsseltechnologien verändert sich die Art, wie wir Produkte und damit verbundene Dienstleistungen entwickeln, herstellen, vermarkten und aus ihnen Wertschöpfung generieren. Durch technologische Fortschritte, beispielsweise in den Bereichen Internet der Dinge (IoT), 5G, Cloud-Computing, Datenanalyse und Robotik verändern sich Produkte, Verfahren und Geschäftsmodelle in allen Branchen, so dass im Zuge einer Verlagerung der globalen Wertschöpfungsketten letztendlich neue Industriemodelle entstehen. Die künftige Herausforderung liegt für die europäische Industrie darin, diese Chancen der Digitalisierung rasch und umfassend zu nutzen. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die mittel- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit Europas und hat Auswirkungen auf das Gemeinwohl.

Die Verwirklichung des digitalen Binnenmarktes in Europa bildet eine Voraussetzung für die Attraktivität digitaler Innovationen für Investoren sowie für ein schnelleres Wachstum der Unternehmen in der digitalen Wirtschaft. Im Jahr 2015 hat die Europäische Kommission eine ehrgeizige Strategie für einen digitalen Binnenmarkt gestartet. Ein wichtiger Erfolgsfaktor dafür, in vollem Umfang von den Vorteilen eines digitalen Binnenmarktes profitieren zu können, ist eine in hohem Maße wettbewerbsfähige digitale Wirtschaft in Europa und die Integration digitaler Innovationen in allen Bereichen. Die digitalen Technologien werden Unternehmen helfen, auch jenseits des EU-Binnenmarktes zu wachsen und die EU zu einem noch attraktiveren Standort für weltweite Investitionen machen. Digitale Kompetenzen sind von entscheidender Bedeutung. Die Offenheit des europäischen Marktes sollte bewahrt und im digitalen Bereich weiterentwickelt werden.

Die Strategie für den digitalen Binnenmarkt, vor allem der Pfeiler "Bestmögliche Ausschöpfung des Wachstumspotenzials der digitalen Wirtschaft", enthält alle wichtigen Hebel für eine verbesserte Digitalisierung der Wirtschaft mithilfe von Maßnahmen in Bereichen wie Datenwirtschaft, Internet der Dinge, Cloud-Computing, Normen, Kompetenzen und elektronische Behördendienste. Sie ist Teil eines kohärenten strategischen Rahmens von Kommissionsinitiativen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Dazu zählen insbesondere die Investitionsoffensive für Europa, die Energieunion, die Kapitalmarktunion, das Paket zur Kreislaufwirtschaft und die Binnenmarktstrategie. Die Strategie für den digitalen Binnenmarkt baut auf diesen Initiativen auf und bietet einen kohärenten Rahmen für eine zukunftsweisende Digitalisierung der Wirtschaft Europas.

Angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung können Unternehmen aus allen Branchen auf Europas Stärken in digitalen Technologien für gewerbliche Absatzmärkte, beispielsweise Elektronik für die Automobil-, Gesundheitsversorgungs- und Energiemärkte, Telekommunikationsausrüstungen, Unternehmenssoftware und fortgeschrittene Fertigung aufbauen. In anderen Bereichen, insbesondere bei den Investitionen kleinerer Unternehmen in die IKT, die Lieferung von digitalen Konsumgütern und in Internetdienste, müssen noch Fortschritte erzielt werden. In den Hochtechnologiesektoren in Europa ist der Einsatz digitaler Innovationen schon recht weit fortgeschritten, während ein Großteil der KMU, MidCap-Unternehmen sowie der nichttechnischen Branchen noch hinterherhinkt. Bei der Digitalisierung bestehen ferner große Unterschiede zwischen einzelnen Regionen.

Unternehmen müssen zwar bei der Anpassung an die Marktverhältnisse die Führung übernehmen, doch ist es dringend erforderlich, dass auf EU-Ebene Anstrengungen im Hinblick auf die Koordinierung nationaler und regionaler Initiativen zur Digitalisierung der Wirtschaft unternommen werden. Heute verlaufen Lieferketten durch ganz Europa und die Digitalisierung bringt Herausforderungen, u.a. in Bezug auf Normung, Regulierungsmaßnahmen und den Umfang von Investitionen mit sich, die nur auf europäischer Ebene bewältigt werden können.

Die in dieser Mitteilung aufgeführten kohärenten Maßnahmen sind Teil eines Pakets zur Modernisierung der Technologien des digitalen Binnenmarktes und der öffentlichen Dienste. Das Paket umfasst drei weitere Mitteilungen. In der vorliegenden Mitteilung wird erläutert, in welcher Beziehung die einzelnen Maßnahmen zueinander stehen. Außerdem soll ein Rahmen geschaffen werden für die Koordinierung der einschlägigen nationalen und europäischen Initiativen mit relevanten Maßnahmen, beispielsweise Investitionen in digitale Innovationen und Infrastrukturen, der beschleunigten Entwicklung von IKT-Normen, der Prüfung der rechtlichen Bedingungen und der (Höher)qualifizierung der Arbeitskräfte. Diese Herausforderungen und Chancen gelten auch für die Entwicklung von e-Government-Maßnahmen und die Stärkung der Rolle des öffentlichen Sektors bei der Steigerung der Nachfrage nach digitalen Lösungen.

Der Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen mit einem klaren europäischen Mehrwert, die auf nationalen Initiativen aufbauen, sie ergänzen und für ihre Ausweitung sorgen. Sie stützt sich auf die Mitwirkung aller einschlägigen Interessengruppen, d.h. großer, mittlerer und kleiner Unternehmen aus allen Branchen, die digitale Zulieferindustrie, Sozialpartner, Mitgliedstaaten und Regionen.

Ergänzt wird die Mitteilung durch drei weitere Mitteilungen und drei Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen:

2. Digitale Technologien auf dem Vormarsch

Mit einem Anteil von rund 4 % am BIP und über 6 Millionen Beschäftigten ist der IKT-Sektor in Europa ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Wertschöpfung dieses Sektors (Herstellung digitaler Waren), der von Komponenten bis zu Softwareprodukten reicht, entspricht in der EU mit mehr als 580 Mrd. EUR1 fast 10 % der Wertschöpfung der Unternehmenstätigkeit insgesamt.

Jüngsten Studien2 zufolge wird die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen der europäischen Industrie in den nächsten fünf Jahren zusätzliche Einnahmen von mehr als 110 Mrd. Euro jährlich bescheren. Allein für Deutschland ist damit zu rechnen, dass die weitere Digitalisierung der Industrie innerhalb von zehn Jahren3 einen Produktivitätszuwachs von bis zu 8 % und einen Anstieg der Einnahmen um rund 30 Mrd. EUR pro Jahr zur Folge haben wird4. Sie wird außerdem zu einem Beschäftigungszuwachs von 6 % führen. Fast ein Drittel des Wachstums der gesamten Industrieproduktion in Europa ist bereits auf die Nutzung digitaler Technologien zurückzuführen5.

Heute beruht mehr als ein Viertel der Wertschöpfung in der Automobilbranche auf der Integration digitaler Innovationen in das Auto sowie in die Entwicklung und Produktion von Pkw. Schließlich sind digitale Innovationen ein Schlüsselfaktor für das Erreichen der Ziele - von nachhaltigen Gesundheitssystemen bis zur Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz -, die wir uns angesichts zahlreicher gesellschaftlicher Herausforderungen gesteckt haben und die die Kommission beispielsweise mit Strategien zur Energieunion und zur Kreislaufwirtschaft angeht. Durch das Internet und die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf virtuelle und erweiterte Realität werden die Produktions- und Geschäftsmodelle der gesamten Kreativwirtschaft weiterhin umgestaltet.

Diese zusätzliche Wertschöpfung durch digitale Innovationen findet sich in

Produktpalette der Fertigungsunternehmen hat sich die Rentabilität nachweislich um bis zu 5,3 % erhöht, während die Beschäftigung um bis zu 30 % gewachsen ist6.

Durch die Konvergenz verschiedener Technologien wird der digitale Wandel vorangetrieben, insbesondere in Bezug auf das Internet der Dinge, Big Data und Cloud-Computing, Robotik, künstliche Intelligenz und 3D-Druck. Sie ermöglichen es der Industrie, den großen Erwartungen der heutigen Verbraucher, beispielsweise hinsichtlich der Personalisierung, mehr Sicherheit und Komfort sowie Energie- und Ressourceneffizienz Rechnung zu tragen. Durch die Kombination von fortgeschrittenen Sensoren und Big Data in industriellen Verfahren kann z.B. der Energieverbrauch gesenkt7und der Rohstoffverbrauch verringert werden.

Diese Innovationen führen zu einer engeren Verflechtung der Fortschritte im Bereich der digitalen Technologien und deren branchenübergreifender Nutzung. Um das Potenzial der digitalen Technologien voll ausschöpfen zu können, ist Europa - neben einem außerordentlich innovativen digitalen Sektor - auch auf eine gut ausgebaute digitale Innovationsfähigkeit sämtlicher Branchen angewiesen. Außerdem ist ein innovativer öffentlicher Sektor erforderlich, der den Weg für digitalen Wandel weist, um die Effizienz zu steigern und hochwertige Dienstleistungen für alle Bürger zu gewährleisten.

3. Digitale Chancen nutzen: Wo steht Europa?

In jüngster Zeit wurden mehrere nationale und regionale Initiativen gestartet - darunter Industrie 4.0 (DE), Smart Industry (NL), Catapults (UK) und Industrie du Futur (FR) -, um die Möglichkeiten, die digitale Innovationen bieten, in der Wirtschaft zu nutzen. Das zeigt, dass überall in Europa der Wille vorhanden ist, die vor uns liegenden digitalen Chancen zu ergreifen. Werden die Herausforderungen des digitalen Wandels jedoch allein auf nationaler Ebene angegangen, birgt dies die Gefahr, dass der Binnenmarkt weiter fragmentiert wird, und dass diese Bemühungen nicht die erforderliche kritische Masse für private Investitionen erreichen.

Weltweit besteht zwischen den Volkswirtschaften ein harter Wettbewerb um Privatinvestitionen in digitale Innovationen. Zwischen 2000 und 2014 wurde in der EU deutlich weniger in Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie investiert als in den Vereinigten Staaten: diese Investitionen betrugen ca. ein Drittel der entsprechenden Investitionen in den USA. Und auch der Gesamtbetrag, den EU-Unternehmen in Forschung und Innovation investieren, liegt bei nur 40 % der entsprechenden Zahlen für die US-amerikanischen Unternehmen. Während den Mitgliedstaaten und Regionen eine wichtige Rolle zukommt, wenn es darum geht, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und Anreize für Investitionen zu schaffen, können Maßnahmen auf EU-Ebene für die erforderliche Größe und Reichweite sorgen, damit die gewünschten Auswirkungen erzielt werden können. Der Mehrwert einer weiteren Zusammenarbeit zwischen Entscheidungsträgern, die auf nationaler und regionaler Ebene für innovationspolitische Strategien zuständig sind, wird in dem Konzept für eine intelligente Spezialisierung8 und deutlich hervorgehoben, außerdem sind interregionale Bottom-Up-Initiativen9 entstanden.

Der Stand der Digitalisierung der Wirtschaft variiert von Branche zu Branche, so gibt es insbesondere Unterschiede zwischen High-Tech-Branchen und eher traditionellen Sektoren, aber auch zwischen Mitgliedstaaten und Regionen. Ferner bestehen große Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU10. Die große Mehrzahl der KMU und der MidCap-Unternehmen sind bei der Einführung digitaler Innovationen erheblich im Rückstand. Die europäische Wirtschaft läuft Gefahr, in Verzug zu geraten, wenn es darum geht, die Grundlagen ihrer digitalen Zukunft zu schaffen.

Die digitale Wirtschaft in Europa kann sich eine Reihe von Vorteilen zu Nutze machen, insbesondere die Größe des EU-Markts, der im Zuge seiner Entwicklung zu einem digitalen Binnenmarkt weitere Investitionen anziehen dürfte. Sie verfügt außerdem über eindeutige Stärken auf gewerblichen Absatzmärkten (z.B. B2B) und sektorspezifischen Märkten wie beispielsweise eingebettete

Software und Unternehmenssoftware, Telekommunikationsausrüstung, Robotik,

Automatisierungstechnik, Laser- und Sensorentechnik sowie Elektronik für Automobil-, Sicherheits-, Gesundheitsversorgungs- und Energiemärkte. Europa muss seine Attraktivität für Investitionen in die Herstellung digitaler Produkte - von Komponenten bis hin zu Geräten und Software, für Verbrauchermärkte und auf Internet- und Datenplattformen, wie auch für einschlägige Anwendungen und Dienste - deutlich verbessern. Dies gilt auch für PCs, Server, Software und "Paketsoftware" für Verbraucher.

Digitale Innovationen eröffnen nicht nur neue Möglichkeiten, sondern verändern auch das gesamte wirtschaftliche Umfeld. Sie ebnen den Weg für neue Wettbewerber in wichtigen Teilen der Wertschöpfungskette (z.B. Daten- und Internetplattformen). Die europäischen Unternehmen11 befürchten zunehmend, dass sie bei einem solchen Szenario an einige wenige Anbieter oder Plattformbetreiber gebunden wären, und dass außerdem ein erheblicher Teil der Wertschöpfung außerhalb ihres Geschäftsumfelds verlagert würde.

Die Entwicklung gemeinsamer Normen und interoperabler Lösungen muss beschleunigt werden. Interoperabilität ist eine wesentliche Voraussetzung für die Einführung des Internets der Dinge und für den reibungslosen Datenfluss zwischen Sektoren und Regionen. Die Verfügbarkeit von Normen und gemeinsamen Spezifikationen ist eine wesentliche Voraussetzung z.B. für die Einführung vernetzter Autos, die nicht nur mit der Straßeninfrastruktur, sondern auch mit anderen Fahrzeugen und Geräten interagieren, sowie um die zwangsweise Bindung der Kunden?? an bestimmte Anbieter zu vermeiden.

Die Digitalisierung des Wirtschaftsgefüges bringt auch neue regulatorische Herausforderungen mit sich. Dazu zählen Fragen betreffend die Daten, die von einer Vielzahl neuer intelligenter Produkte generiert werden, zur Haftbarkeit von Systemen, die über eine größere Autonomie verfügen, sowie Sicherheitsfragen, da der Bedarf an Interaktion zwischen Mensch und intelligenten Geräten zunimmt. Hier muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den legitimen wirtschaftlichen Interessen und den Grundrechten gefunden werden, so dass der Schutz der personenbezogenen Daten und der Privatsphäre - wie in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen - gewährleistet wird.

Auch die Weiterentwicklung in den Bereichen Internet der Dinge und Big Data bringt für alle Unternehmen erhebliche Herausforderungen in Bezug auf Verlässlichkeit und Sicherheit mit sich, die auch Fragen in Bezug auf die öffentliche Akzeptanz aufwerfen.

Rund 40 % der Arbeitnehmer in der EU12 verfügen über unzureichende digitale Kompetenzen. Der Bedarf an neuen multidisziplinären und digitalen Kompetenzen wächst rasant, so z.B. die Nachfrage nach Arbeitnehmern, die sowohl über Kompetenzen im Bereich der Datenanalyse als auch über und unternehmerische oder ingenieurtechnische Kompetenzen verfügen. Die Kluft zwischen der Nachfrage nach und der Verfügbarkeit von Arbeitnehmern mit digitalen Kompetenzen wird in Europa immer größer. Digitale Innovationen bergen auch ein großes Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Industrie, da einerseits neue Unternehmen gegründet werden und sie andererseits dazu beitragen, Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten und wieder nach Europa zurückzuverlagern. Allein für IKT-Fachkräfte wurden in den letzten drei Jahren mehr als eine Million zusätzlicher Arbeitsplätze geschaffen. Dennoch wird erwartet, dass es wegen der rasch steigenden Nachfrage im Jahr 2020 mehr als 800 000 unbesetzte Stellen geben wird. Gleichzeitig verändert sich die Art der Arbeit zunehmend durch Fortschritte in den Bereichen Automatisierung, Robotik und intelligente Systeme, was nicht nur repetitive Aufgaben betrifft sondern auch anspruchsvolle Aufgaben in den Bereichen Verwaltung, Rechts- und Aufsichtsfunktionen. Das Arbeiten in einer digitalisierten Wirtschaft wird auch neue Kompetenzen und Fertigkeiten erfordern, darunter mehr Kreativität sowie Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit. Dafür werden die Arbeitskräfte auf allen Ebenen in erheblichem Umfang weiterqualifiziert werden müssen.

All dies wird nur dank gemeinsamer Bemühungen des öffentlichen und des privaten Sektors gelingen können.

4. Das weitere Vorgehen

Die Digitalisierung bietet eine einzigartige Gelegenheit, weitere Investitionen in innovative und wachstumsstarke digitale und digitalisierte Industriezweige in Europa anzuziehen. Die Industrie in der EU kann auf ihre Stärken bei den professionellen digitalen Technologien und ihre starke Präsenz in traditionellen Branchen aufbauen, um die zahlreichen Möglichkeiten, die das Internet der Dinge, Big Data und KI-basierte Systeme bieten, zu nutzen und sich einen Platz auf den neu entstehenden Märkten für künftige Produkte und Dienste zu sichern.

Während die Anpassung an den digitalen Wandel in der Industrie in erster Linie Sache der Unternehmen ist, kann eine gezielte öffentliche Politik eine wichtige Rolle spielen, um optimale Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieser sich in allen Sektoren in einem mit Wettbewerbsvorschriften unterlegten Wettbewerbsumfeld vollziehen kann. Dies ist besonders wichtig für die Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen, die das Fundament der europäischen Wirtschaft bilden. Die Politik sollte darauf abzielen, eine florierende Digitalbranche zu fördern, die der Digitalisierung des gesamten Wirtschaftsgefüges zugutekommt, vom Baugewerbe über die Gesundheitsbranche und die Agrar- und Ernährungswirtschaft bis hin zur Kreativindustrie.

Zweck dieser Mitteilung ist es somit, die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Bereich der digitalen Technologien zu fördern und dafür zu sorgen, dass alle Unternehmen in Europa ungeachtet der jeweiligen Branche, des Standortes und ihrer Größe die digitalen Innovationen in vollem Umfang nutzen können.

Dank der Schaffung eines dynamischen Rahmens für die Koordinierung und den Erfahrungsaustausch zwischen öffentlichen und privaten Initiativen auf EU-, nationaler und regionaler Ebene, wird erwartet, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen in den nächsten fünf Jahren nahezu 50 Mrd. EUR an öffentlichen und privaten Investitionen13 mobilisieren werden. Zudem dürften sie zu einer Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung des Rechtsrahmens14 sowie zu einer verstärkten Koordinierung der Anstrengungen in den Bereichen Qualifizierung und hochwertige Arbeitsplätze im digitalen Zeitalter führen.

4.1 Ein Rahmen für die Koordinierung der Initiativen für die Digitalisierung der Industrie

In ganz Europa wurden in den letzten Jahren mehr als 30 nationale und regionale Initiativen für die Digitalisierung der Industrie ins Leben gerufen. Angesichts der Tatsache, dass die Wertschöpfungsketten zunehmend über ganz Europa verteilt sind, bringt die weitere Digitalisierung Herausforderungen mit sich, die nur durch gemeinsame EU-weite Anstrengungen bewältigt werden können. Nur auf EU-Ebene kann durch die Bündelung öffentlicher Ressourcen rasch die kritische Masse erreicht werden, die erforderlich ist, um das richtige Maß an privaten Investitionen anzuziehen. Zudem müssen nicht nur die Fragen Bereich der Normung auf EU-Ebene angegangen werden sondern es muss auch die Effizienz der Rechtsvorschriften auf EU-Ebene geprüft werden, damit der Binnenmarkt sich entwickeln kann. Ferner bietet auch der EU-weite Austausch bewährter Praktiken in den Bereichen Qualifikationen und Arbeitsplätze für den digitalen Wandel einen erheblichen Mehrwert.

In der ersten Jahreshälfte 2016 wird die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten und der Industrie einen Steuerungsrahmen ausarbeiten, der auf folgende Ziele ausgerichtet ist:

Die Kommission wird in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte bei den Maßnahmen berichten. Sie wird bis Ende 2016 ein Verzeichnis der nationalen und regionalen Initiativen und Prioritäten erstellen und dieses jährlich aktualisieren.

4.2 Gemeinsam in die Stärkung der digitalen Innovationskapazität Europas investieren

Die Förderung von Privatinvestitionen in digitale Innovationen in allen Industriezweigen in der EU ist eine große Herausforderung, die auf regionaler, nationaler und EU-Ebene angegangen werden muss. Die EU als Ganzes kann, wie sie kürzlich mit dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen gezeigt hat, im Bedarfsfall Mittel für Investitionen in einem Umfang mobilisieren, wie dies in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht erreicht werden kann, und die in Bezug auf Privatinvestitionen eine Hebelwirkung entfalten, die weit größer ist als in vielen Mitgliedstaaten möglich. Das Konzept zur Mobilisierung weiterer Investitionen ist sowohl nachfrage- als auch angebotsorientiert und sieht den Einsatz aller politischen Instrumente vor - von der finanziellen Unterstützung bis hin zur Koordinierung und gesetzgeberischen Maßnahmen. Durch die Entwicklung von "Digital Innovation Hubs" in ganz Europa werden alle Wirtschaftsbranchen in Europa Zugang zu den neuesten Technologien haben, wodurch eine Welle von Bottum-Up-Innovationen in allen Bereichen angestoßen werden soll. Ferner sollen öffentlichprivate Partnerschaften für Innovation und strategische FuE eingerichtet und ausgebaut werden, um eine EU-weite Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschulen unter Einbeziehung von Interessengruppen aus allen Wertschöpfungsketten zu ermöglichen. Sie werden einzigartige Möglichkeiten bieten, um Ressourcen, die für bahnbrechende Entwicklungen bei den digitalen Technologien und Plattformen benötigt werden, zu bündeln, einschließlich hochleistungsfähiger Cloud-Infrastrukturen für Wissenschaft und Innovation sowie groß angelegter Erprobungen, die die Ausarbeitung von Normen beschleunigen können.

4.2.1 Digitale Innovationen in allen Bereichen fördern: "Digital Innovation Hubs" in ganz Europa

Europa kann weltweit entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielen, wenn es gelingt, europaweit in allen Wirtschaftsbranchen eine Welle digitaler Innovationen nach dem Bottom-Up-Prinzip in Gang zu bringen. Angesichts des raschen Wandels bei den digitalen Technologien ist es für die meisten Entscheidungsträger in der Industrie schwierig, zu entscheiden, wann, in welcher Höhe und in welche Technologien sie investieren sollen. Rund 60 % der Großunternehmen und mehr als 90 % der KMU haben den Eindruck, dass sie bei den digitalen Innovationen im Rückstand sind17. Zudem gibt es bei der Digitalisierung starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen18.

Auf die Frage, welche öffentliche Unterstützung zur Bewältigung der oben genannten Herausforderungen gebraucht wird, weisen Interessenträger aus der Industrie darauf hin, dass dringend Anlagen benötigt werden, die im Vorfeld etwaiger Investitionen in die Digitalisierung das Experimentieren mit digitalen Innovationen und die Erprobung von Innovationen ermöglichen. Regionen und Städte mit einer größeren Bereitschaft zur digitalen Transformation haben bereits in digitale Kompetenzzentren (z.B. Forschungs- und Technologieorganisationen (RTO) und Hochschullabors) investiert, um die Industrie in diesem Sinne zu unterstützen19. Da Regionen mit starken Clustern in digitalen Branchen20 ein sehr hohes Innovationsniveau aufweisen, besteht auch die Möglichkeit, Cluster mit der entsprechenden technologischen Infrastruktur sowie Innovationsmittler besser zu nutzen.

Die Maßnahmen der EU21 zur Unterstützung solcher Kompetenzzentren haben gezeigt, dass diese nicht nur zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bereits bestehender Unternehmen - vor allem von KMU und MidCap-Unternehmen - beitragen, sondern auch zu Unternehmensneugründungen im Bereich neue digitale Produkte und Dienstleistungen. Dies ist auch der Fall bei Netzen für Startup-Beschleuniger, z.B. die Initiativen Startup Europe und FIWARE. Die Kommission ist bestrebt, in den kommenden fünf Jahren 500 Mio. EUR aus den Mitteln des Programms Horizont 2020 für diese Maßnahmen einzusetzen.

Noch weitreichendere Auswirkungen werden erzielt, wenn die Unterstützung für Kompetenzzentren mit Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln und mit Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlungsmaßnahmen kombiniert wird. Das Ergebnis sind umfassende "Digital Innovation Hubs" (DIH), die vielseitige ("manytomany") Verbindungen zwischen Kompetenzzentren, Nutzern und Anbietern aus der Industrie, Technologieexperten und Investoren fördern, und den Zugang zu EU-weiten Märkten erleichtern. Würden diese DIH in ganz Europa miteinander vernetzt, so würden zentrale Anlaufstellen (One-Stop-Shops) für die neuesten digitalen Technologien geschaffen, die für alle Unternehmen zugänglich sind. In diesem Zusammenhang könnten auch die Synergien zwischen digitalen und anderen Schlüsseltechnologien gefördert werden.

In ihren Prioritäten für eine intelligente Spezialisierung haben fast 90 % der Regionen den IKT (zwei Drittel der Mitgliedstaaten) und/oder der fortgeschrittenen Fertigung (die Hälfte der Mitgliedstaaten) Priorität eingeräumt oder aber beabsichtigen, IKT zur Unterstützung ihrer Prioritäten zu nutzen. In diesen Regionen könnten die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds sowie der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI), insbesondere sein Finanzierungsfenster "KMU", zur Unterstützung von DIH genutzt werden. Für die Schaffung neuer oder die Stärkung vorhandener Kompetenzzentren, die die Dienste eines DIH EU-weit anbieten, sowie zur Förderung ihrer Nutzung durch die Industrie, beispielsweise durch Gutscheine für digitale Innovation und Kompetenzen, sind große Anstrengungen auf nationaler und regionaler Ebene in Form von Investitionen in einer Größenordnung von 5 Mrd. EUR über fünf Jahre erforderlich.

Eine thematische Plattform für intelligente Spezialisierung für industrielle Modernisierung und Investitionen, die von den entsprechenden europäischen strategischen Cluster-Partnerschaften unterstützt wird, wird u.a. den regionenübergreifenden Zugang zu Kompetenzzentren und digitalen Clustern fördern.

Die Kommission plant Investitionen in Höhe von 500 Mio. EUR aus dem Programm Horizont 2020 für "Digital Innovation Hubs" zu:

Darüber hinaus wird die Kommission im Juni 2016 eine thematische Plattform für intelligente Spezialisierung für die Modernisierung der Industrie einrichten.

Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten und Regionen auf, in DIH zu investieren sowie Anreize für den Einsatz digitaler Innovationen in der Industrie und Synergien mit anderen Schlüsseltechnologien zu schaffen.

4.2.2 Partnerschaften im Hinblick auf die Führungsrolle bei den Wertschöpfungsketten und Plattformen für digitale Technologien

Zu den Herausforderungen, die durch die Bündelung öffentlicher und privater Ressourcen in Europa bewältigt werden können, zählen die erheblichen Investitionen in Hochleistungsrechenanlagen und Dateninfrastrukturen für Wissenschaft und Technik. In der beigefügten Mitteilung zur europäischen Cloud-Initiative wird dargelegt, wie durch eine solche gemeinsame Anstrengung in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Industrie die Innovationskapazität Europas über alle wissenschaftlichen Fachgebiete und Industriezweige hinweg gestärkt werden kann. Sie verdeutlicht ferner, dass eine solche Investition dazu beitragen kann, die Lieferkette für strategisches Hochleistungsrechnen in Europa von Komponenten mit niedrigem Stromverbrauch bis hin zu Rechnerarchitekturen, Cloud-Technologie und Datenanalyse zu stärken.

Außerdem sollte mehr unternommen werden, um die Koordinierung der großen, aber fragmentierten Anstrengungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation mit anderen zentralen Bereichen der digitalen Technologien zu erleichtern. Erreicht werden kann dies durch die Stärkung der koordinierenden Rolle der öffentlichprivaten Partnerschaften (ÖPP) im Rahmen von Horizont 2020, damit sie zu echten Aggregationsrahmen und Ökosystemen für digitale industrielle Innovationen werden. ÖPP können als wichtige Instrumente für die Durchführung EU-weiter digitaler Strategien der Industrie fungieren, engere Verbindungen zwischen den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation und den Normungstätigkeiten gewährleisten sowie die Nutzung aller verfügbaren Finanzinstrumente fördern, beispielsweise die Arbeiten im Hinblick auf einen 5G-Aktionsplan für koordinierte Investitionen in die nächste Generation flächendeckender 5G-Netze, um den Konnektivitätsbedarf der Industrie zu decken.

Derzeit decken ÖPP die gesamte digitale Wertschöpfungskette von Komponenten bis hin zu Anwendungen ab. Dazu gehören auch ÖPP für nanoelektronische Komponenten und eingebettete Software (ECSEL), Photonik, Robotik, 5G-Kommunikation, Hochleistungsrechnen, Cybersicherheit (geplant) und Big Data23.

Das Beispiel der gemeinsamen Technologieinitiative ECSEL24 zeigt, dass diese Angleichung der Strategien auf regionaler, nationaler und EU-Ebene durchführbar ist und erhebliche private Investitionen anziehen sowie bahnbrechende Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben kann. Diese Angleichung ermöglicht eine einzigartige Bündelung von Mitteln zur Unterstützung groß angelegter Initiativen wie Pilotlinien für die Produktion oder großmaßstäbliche Referenzimplementierungen, um das so genannte "Tals des Todes" der Innovation zu überbrücken25 und Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzuwandeln.

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Nutzung der wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) gemäß dem AEUV, um großmaßstäbliche Investitionen in die Produktionskapazitäten in äußerst innovativen Bereichen mit bedeutendem Spillover-Effekt in der gesamten Wirtschaft zu fördern. Diese IPCEI werden von der Industrie und den Mitgliedstaaten ausgearbeitet, um Europas Produktionskapazität bei den Komponenten mit niedrigem Stromverbrauch für das Internet der Dinge aufzustocken. Auf sie entfallen insgesamt 6 Mrd. EUR an Investitionen, davon 1 Mrd. EUR aus dem öffentlichen Sektor. Vergleichbare Initiativen werden auch für die Bereiche HPC und Big Data sowie vernetzte und automatisierte Fahrzeuge geprüft.

Insgesamt haben Industrie und EU bereits Investitionen von mehr als 20 Mrd. EUR in den kommenden fünf Jahren geplant, die zur Unterstützung der strategischen FuI-Pläne in ÖPP des digitalen Sektors fließen werden26. Angesichts der auf nationaler Ebene bereitgestellten öffentlichen Mittel für FuI im IKT-Bereich können die Investitionen in den nächsten fünf Jahren insgesamt bei bis zu 35 Mrd. EUR liegen, wenn die Mitgliedstaaten, einschließlich der Finanzierungsmöglichkeiten aus dem EFSI und ESIF, mindestens 3 Mrd. EUR pro Jahr zu diesen Strategien beitragen. Gezielte Investitionen in dieser Größenordnung werden einen Quantensprung in der Innovationsfähigkeit Europas bewirken und der Industrie Alleinstellungsmerkmale verleihen, dank derer sie im globalen Wettbewerb bestehen kann.

Die Kommission plant eine Reihe von Initiativen zur Förderung des Aufbaus der digitalen industriellen Plattformen der Zukunft. Hier sind unter Plattformen mehrseitige Zugänge zum Markt zu verstehen, die durch die Schaffung von Wechselwirkungen zwischen mehreren Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern Wert schöpfen. Der Aufbau einer Plattform erfordert u.a. die Entwicklung von Referenzarchitekturen sowie ihre schrittweise Umsetzung, Erprobung und Validierung in sich weiterentwickelnden Ökosystemen, die eine umfassende Wertschöpfung auslösen27.

Eine Gruppe von Initiativen zum Aufbau einer Plattform zielt darauf ab, digitale Technologien, insbesondere das Internet der Dinge, Big Data und Cloud Computing, autonome Systeme und künstliche Intelligenz sowie 3D-Druck in Integrationsplattformen zu kombinieren, um sektorübergreifenden Herausforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen:

Eine zweite Gruppe geplanter Initiativen für den Aufbau von Plattform betrifft die Zusammenführung digitaler Innovationen in branchenspezifischen Plattformen und umfassenden Lösungen, beispielsweise:

Andere branchenspezifische ÖPP behandeln wichtige Aspekte der Digitalisierung, beispielsweise die gemeinsame Technologieinitiative für Innovative Arzneimittel (IMI) und ihr Wissensmanagement-Pfeiler sowie das Programm "Big Data for better Outcomes"32. Außerdem wird die Kommission die auf die digitale Wirtschaft ausgerichteten Maßnahmen mit dem umfassenderen Rahmen von Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Binnenmarkt koordinieren, wozu auch branchenspezifische ÖPP wie die Initiativen für energieeffiziente Gebäude und für umweltgerechte Kraftfahrzeuge zählen.

Die Europäische Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Investitionen in die ÖPP auf folgende Bereiche konzentrieren:

Die Kommission wird die Zusagen des privaten Sektors, durchschnittlich mindestens vier Mal so viel wie die EU in ÖPP zu investieren, und die Nutzung der Möglichkeiten, die die Finanzierungsinstrumente im Rahmen des EFSI und der ESIF, bieten aufmerksam verfolgen.

4.2.3 Standardisierung: Schwerpunktsetzung und Verstärkung der Anstrengungen in Bezug auf Referenzarchitekturen und Erprobung

Ein wirksames Umfeld für die Standardisierung digitaler Technologien ist entscheidend für die Digitalisierung der europäischen Industrie und von zentraler Bedeutung für den digitalen Binnenmarkt. IKT-Standards ermöglichen es, Geräte und Dienste grenz- und technologieübergreifend nahtlos miteinander zu verbinden. In Zukunft werden Milliarden vernetzter Geräte (Haushaltsgeräte, Industrieausrüstung, Sensoren u.a.) unabhängig von Hersteller, technischen Eigenschaften oder Herkunftsland von dieser nahtlosen Kommunikation abhängen. Die IKT dringen mit hohem Tempo in sämtliche Wirtschaftszweige vor. In vielen Industriebranchen ist der herkömmliche Zyklus aus Entwicklung, Erprobung und Standardisierung allerdings nicht mehr angemessen, um mit den komplexen, sich rasch weiterentwickelnden konvergenten Technologien Schritt zu halten. Darüber hinaus wird die traditionelle Normungspraxis durch die Vielzahl von "Adhoc"-Gremien, die mit der Festlegung weltweiter Standards befasst sind, vor erhebliche Herausforderungen gestellt.

Die beigefügte Mitteilung über vorrangige IKT-Normen für den digitalen Binnenmarkt umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die eine Straffung der Normung im Bereich der IKT-Technologien mit zwei miteinander verbundenen Schwerpunkte vorsehen: erstens die strategische Fokussierung auf einen Grundstock wesentlicher Technologie-Bausteine und zweitens einen robusten Mechanismus für die Umsetzung. Dieser Ansatz steht mit der geplanten, weiter gefassten gemeinsamen Normungsinitiative im Einklang, die im Rahmen der Binnenmarktstrategie angekündigt wurde.

Im Hinblick auf die strategische Ausrichtung der Standardisierung nennt die Kommission fünf Bereiche, die im Mittelpunkt der diesbezüglichen Anstrengungen stehen sollen: 5G, Cloud-Computing, Internet der Dinge, Datentechnik und Cybersicherheit. Durch die Bündelung der Anstrengungen in diesen Bereichen und ihre Integration in die industriellen Wertschöpfungsketten wird erkennbar, wo unsere strategischen Interessen bei der Verwirklichung des digitalen Binnenmarkts liegen, und sie wird dabei helfen, Ressourcen zu bündeln, Forscher, Innovatoren und Normungseinrichtungen effizienter zusammenzubringen sowie Referenzarchitekturen und Testinfrastrukturen zu entwickeln33. Ferner können durch gestraffte bereichsübergreifende Standardisierungsansätze auf diesen Gebieten auch Fortschritte in den Bereichen elektronische Gesundheitsdienste, intelligente Energiesysteme, intelligente Verkehrssysteme und vernetzte Fahrzeuge, fortgeschrittene Fertigung, intelligente Häuser und Städte erzielt werden.

Diese strategische Ausrichtung wird durch einen robusten Umsetzungsmechanismus unterstützt, bestehend aus der regelmäßigen Überwachung durch die Kommission, einem fortgesetzten politischen Dialog der Kommission mit sämtlichen Akteuren, einer intensiveren Zusammenarbeit mit den Normungseinrichtungen sowie einem stärkeren Engagement auf internationaler Ebene. Eine weitere Voraussetzung für die IKT-Normung ist eine ausgewogene Politik zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, die den Zugang zu standardessentiellen Patenten (SEP) auf der Grundlage von FRAND-Lizenzbedingungen regelt. Die Maßnahmen, die in der beigefügten Mitteilung über vorrangige IKT-Normen für den digitalen Binnenmarkt genannt werden, sollen eine angemessene Investitionsrendite sicherstellen, um Anreize für globale FuE- und Innovationstätigkeiten zu schaffen und einen nachhaltigen Standardisierungsprozess zu ermöglichen und dabei zugleich die breite Verfügbarkeit von Technologien in einem offenen und wettbewerbsorientierten Markt zu gewährleisten.

4.3 Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen

Vom Datenschutz über die Datensicherheit bis zur Verfügbarkeit weltweit führender Netz- und Cloud-Infrastrukturen umfasst die Strategie für den digitalen Binnenmarkt Maßnahmen, die für digitale Innovationen in der Industrie von grundlegender Bedeutung sind.

Infolge der raschen Entwicklung und stärkeren Nutzung digitaler Technologien kann aber auch die Notwendigkeit entstehen, den derzeitigen Rechtsrahmen weiter zu modernisieren. Eine Präzisierung und eventuelle Anpassung des Rechtsrahmens sind wichtig, um in der europäischen Wirtschaft das nötige Vertrauen und Rechtssicherheit herzustellen, was als Teil der Kommissionsstrategie für eine bessere Rechtsetzung im Rahmen des REFIT-Programms weiter vorangetrieben wird34. Schwerpunkte der REFIT-Plattform werden Innovationshemmnisse und Gespräche darüber sein, wie diese durch innovative Regulierungsansätze, wie sie in der Binnenmarktstrategie35 beschrieben werden, oder durch so genannte "Innovation Deals"36 beseitigt oder abgebaut werden können.

In der Tat entwickeln sich die digitalen Technologien derart rasant, dass eine kontinuierliche Überwachung des Rechtsrahmens erforderlich ist, um mit der technischen Entwicklung Schritt halten zu können. Einige Mitgliedstaaten haben damit begonnen, ihre nationalen Gesetze anzupassen, um Tests und Experimente zu ermöglichen. So gibt es in Spanien das Versuchszentrum ATLAS mit einem eigenen Test- und Übungsluftraum für Drohnen, und in Italien die so genannte RoboTown, wo Dienstroboter unter realen Bedingungen erprobt werden können. Der Bedarf an Maßnahmen auf EU-Ebene sollte untersucht werden.

In Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre bietet die Datenschutz-Grundverordnung bereits einen Rahmen für die Vertrauensbildung bei digitalen Diensten. Durch sie kommen die Bürgerinnen und Bürger, Verwaltungen und Unternehmen in den Genuss klarer Datenschutzvorschriften, die dem Digitalzeitalter angemessen sind und einen hohen Schutz bieten, gleichzeitig aber auch neue Möglichkeiten schaffen und die Innovation im digitalen Binnenmarkt fördern. "Datenschutz durch Technik und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen" wird zu einem wesentlichen Grundsatz werden, um Unternehmen Innovationsanreize zu bieten und zu veranlassen, neue Ideen, Methoden und Technologien für die Sicherheit und den Schutz personenbezogener Daten zu entwickeln. Insbesondere durch Techniken wie anonymisierte oder pseudonymisierte Daten wird die Auswertung von Massendaten (Big Data Analytics) Impulse erhalten.

Die Interessenträger wiesen auf die Notwendigkeit hin, den Rechtsrahmen für digitale Innovationen zu prüfen und in Bezug auf folgende Aspekte für weitere Klärung zu sorgen:

Mit Unterstützung der Industrie und der Mitgliedstaaten plant die Kommission Folgendes:

4.4 Humankapital, das für den digitalen Wandel bereit und mit den notwendigen Fähigkeiten ausgestattet ist

Der digitale Wandel führt zu strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarkts und des Wesens der Arbeit selbst. Jedoch gibt es Bedenken, dass sich diese Veränderungen auf die Arbeitsbedingungen und auf die Höhe und Verteilung der Einkommen niederschlagen könnten. Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert einen umfassenden Dialog über die sozialen Aspekte der Digitalisierung, an dem alle Akteure beteiligt werden, die mit den verschiedenen Facetten der Arbeit, Bildung und Ausbildung befasst sind. Die europäischen Sozialpartner haben erkannt, dass die Digitalisierung keine rein technische Angelegenheit ist, sondern weiter reichende Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Arbeitswelt und die Wirtschaft hat. Auch die wirtschaftliche Entwicklung und der soziale Zusammenhalt spielen bei diesem Thema eine Rolle. In Anerkennung ihrer fundamentalen Rolle hat die Kommission die Sozialpartner aufgefordert, den digitalen Binnenmarkt in ihren sozialen Dialog auf europäischer Ebene einzubeziehen, was auf ein positives Echo gestoßen ist.

In der Industrie wird die Arbeit auf allen Ebenen - Arbeiter, technisches und Verwaltungspersonal gleichermaßen - zunehmend darin bestehen, intelligente Maschinen, die die Erfüllung von Aufgaben unterstützen, zu entwickeln, zu warten und zu überwachen. Dafür werden unterschiedliche Qualifikationsprofile notwendig sein.

Neben den digitalen Fähigkeiten und Qualifikationen sind zunehmend auch komplementäre Kompetenzen gefragt, wie unternehmerische Initiative, Führungsqualitäten und technische Fähigkeiten. Die Arbeitsplätze der Zukunft werden eine geeignete Kombination aus persönlichen und technischen Fähigkeiten erfordern, insbesondere auch digitale und unternehmensspezifische Kompetenzen, die in den Aus- und Weiterbildungssystemen noch nicht vollständig vermittelt werden. Die Industrie muss bei der Bestimmung und Vermittlung der entscheidenden Qualifikationen und Kompetenzen eine aktive Rolle übernehmen38.

Zwar handelt es sich hierbei eindeutig um ein gesamteuropäisches Problem, doch sind für die wichtigsten dieser Kompetenzen die Mitgliedstaaten und Regionen zuständig, und die spezifischen Fragestellungen müssen auf nationaler und regionaler Ebene ermittelt und behandelt werden. Darüber hinaus muss die Nach- bzw. Umschulung der Arbeitskräfte in den Unternehmen stattfinden, was eine starke Beteiligung der Betriebe und der Sozialpartner erfordert.

Die Kommission rief 2013 die "Große Koalition für digitale Arbeitsplätze"39 ins Leben, eine europaweite und von mehreren Akteuren getragene Initiative für den verstärkten Erwerb digitaler Kompetenzen durch Zusagen der Akteure und entsprechende Angebote von IKT-Schulungen, Ausbildungsplätzen und Praktika sowie durch Maßnahmen zur Förderung der Mobilität und/oder Aufklärungskampagnen, um junge Menschen für IKT-Studiengänge und -Laufbahnen zu gewinnen. Durch die Initiative kamen mehr als 60 Zusagen von über 100 Akteuren - überwiegend aus dem IKTSektor - zustande, wodurch Hunderttausenden von Menschen neue digitale Kompetenzen vermittelt werden können. Darüber hinaus wurden 13 nationale und lokale Koalitionen aufgebaut, während weitere sich in der Planung befinden. Mit Blick auf die Zukunft wird die anstehende Agenda für neue Kompetenzen auf den Erfolg dieser Koalitionen aufbauen und spezifische Maßnahmen für den verstärkten Erwerb digitaler Kompetenzen in Europa vorsehen.

Durch eine enge Verknüpfung zwischen den DIH und den Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen würde sichergestellt, dass die Wirtschaftsakteure Innovationen auf lokaler Ebene besser nutzen und auch die Absolventen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen im Rahmen der lokalen Beschäftigung besser zur Geltung bringen können. Zudem würde dafür gesorgt, dass vor Ort einschlägige innovative Aus- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen.

Mit der anstehenden europäischen Agenda für neue Kompetenzen wird ein umfassender Rahmen für die Beschäftigungsfähigkeit geschaffen und zugleich dem Bedarf an digitalen Kompetenzen und ergänzenden Fähigkeiten Rechnung getragen.

Gemeinsam mit allen Beteiligten wie den Mitgliedstaaten, der Industrie, den Sozialpartnern und den Bildungsanbietern wird die Kommission

5. Fazit

Vor weniger als einem Jahr wurden in der Strategie für den digitalen Binnenmarkt Maßnahmen für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel in Europa vorgeschlagen. In der vorliegenden Mitteilung werden Maßnahmen vorgestellt, mit denen der Industrie- und Innovationspfeiler dieser Strategie gestärkt werden soll. In der Mitteilung wird an die Mitgliedstaaten, die Regionen und die Industrie appelliert, Investitionen in erheblichem Umfang zu tätigen, und die Industrie wird zu einer Bündelung der Kräfte über die verschiedenen Wertschöpfungsketten und Sektoren hinweg aufgefordert. Die Kommission ersucht das Europäische Parlament und den Rat, diese Mitteilung und die beigefügten Dokumente im Hinblick auf die möglichst rasche Vollendung des digitalen Binnenmarkts zu billigen und sich in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Akteuren aktiv an ihrer Umsetzung zu beteiligen.