Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften

Der Bundesrat hat in seiner 978. Sitzung am 7. Juni 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 32 Absatz 5 Satz 1 SGB IX), Nummer 02 - neu - (§ 41 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 16, Absatz 2 Satz 3, 4 SGB IX)

In Artikel 1 sind der Nummer 1 folgende Nummern 01 und 02 voranzustellen:

"01. In § 32 Absatz 5 Satz 1 werden die Wörter "und ist bis zum 31. Dezember 2022 befristet" gestrichen.

02. § 41 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Nummer 01 - neu - :

Nach § 32 Absatz 5 SGB IX ist die Bundesförderung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) bis 31. Dezember 2022 befristet. Im Interesse der Menschen mit Behinderungen ist es erforderlich, die dadurch inzwischen landesweit entstandenen Angebote weiter zu etablieren und dauerhaft sicherzustellen. Die bereits durch das BMAS angekündigte Entfristung der Regelungen zur Finanzierung der unabhängigen Teilhabeberatung wurde in den Gesetzentwurf nicht aufgenommen.

Zu Nummer 02 - neu - :

Gemäß § 41 Absatz 1 SGB IX sind 16 Einzelpositionen statistisch zu erfassen und gegenüber einer bundesweiten Stelle (der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation - BAR) zu berichten. Das bedingt eine grundlegende Neuausrichtung der Datenerhebung in der Eingliederungshilfe (EGH), der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge (KOF) bzw. die Schaffung eines neuen Datenwesens. Diese Anforderungen sind durch die Träger der EGH und der KOF nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand realisierbar. Um den Aufwand für die Umsetzung auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, ist die Erfassung der Einzelpositionen in den Nummern 4, 5 und 7 zu streichen, da diese Angaben als nicht praktikabel angesehen werden. Die in Nummer 16 gewünschten Angaben werden dem Rehabilitationsträger in der Regel nur zufällig bekannt, so dass die Träger keine verlässlichen relevanten Angaben machen können.

Die derzeit vom BMAS durchgeführte Pilotphase ist bis zum Ende des Jahres 2020 entsprechend zu verlängern und für die Träger der EGH die Pflicht zur Datenerfassung frühestens zum 1. Januar 2021 einzuführen, weil eine Datenerfassung und -lieferung für die Jahre 2019 und 2020 mit einem unverhältnismäßig großen finanziellen und personellen Aufwand in einer überdies bestehenden Umbruchphase verbunden ist, und zudem die materiellrechtlichen Grundlagen für die Berichterstattung erst ab 2020 vorliegen.

Es wird ferner auf die Entschließung des Bundesrates vom 14. Dezember 2018, BR-Drucksache 570/18(B) HTML PDF verwiesen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (§ 60 Absatz 2 Nummer 7 SGB IX), Artikel 4a - neu - ( § 118 GWB)

Begründung:

Bisher gelten alle Vorschriften für die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) grundsätzlich auch für die "anderen Leistungsanbieter", es sei denn, die Regelung wird explizit in § 60 SGB IX genannt und damit ausgeschlossen. Bisher wirken alle genannten Ausnahmen sich erleichternd für die anderen Leistungsanbieter aus - zum Beispiel müssen sie nicht über eine förmliche Anerkennung oder eine Mindestplatzzahl oder die in WfbM erforderliche räumliche Ausstattung verfügen. Dies dient der Stärkung des Wahlrechtes der Menschen mit Behinderung, denen tatsächlich eine Alternative zur WfbM zur Verfügung gestellt werden soll.

Der Gesetzentwurf will jetzt eine weitere Ausnahme für die "anderen Leistungsanbieter" normieren.

Es geht um die Regelungen zur Anrechnung von Aufträgen auf die Ausgleichsabgabe sowie die Regelungen zur bevorzugten Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand. Hierbei geht es aber (anders als bei den bisherigen Ausnahmen) darum, die "anderen Leistungsanbieter" von Privilegierungen, die den WfbM zugutekommen, auszuschließen.

Nach dem Sinn und Zweck der Privilegierung ist kein Grund ersichtlich, warum diese Regelungen nicht ebenso auf die "anderen Leistungsanbieter" angewendet werden sollten:

Die "Anderen Leistungsanbieter" lassen sich unter die in der EU-Richtlinie gewählten Begrifflichkeiten "geschützte Werkstätten" und "Wirtschaftsteilnehmer, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist" (mit mindestens 30 Prozent Beschäftigten der besonderen Zielgruppe) subsumieren. Klarstellend sollte aber die GWB-Formulierung um die "anderen Leistungsanbieter" ergänzt werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 61 Überschrift, Absatz 1a - neu - SGB IX), Nummer 2b - neu - (§ 63 Absatz 3 Satz 1 SGB IX)

In Artikel 1 sind nach Nummer 2 folgende Nummern 2a und 2b einzufügen:

"2a. § 61 wird wie folgt geändert:

2b. In § 63 Absatz 3 Satz 1 wird der Punkt am Ende durch die Wörter "sowie für das Budget für Ausbildung." ersetzt."

Begründung:

Zu Nummer 2a - neu - :

Die bisherige Formulierung in § 61 hat zur Folge, dass Menschen, die bereits den Berufsbildungsbereich durchlaufen und im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen angekommen sind, mit dem Budget für Arbeit ausschließlich in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehen könnten. Bei einer Gesetzesänderung könnten diese Menschen auch eine Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchlaufen. Die vorgeschlagene Änderung ermöglicht die Fortführung der bisherigen Praxis der Leistungsträger.

Nach den gegenwärtigen Regelungen müssen Abgänger von Förderschulen, zunächst den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (gegebenenfalls auch bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX) durchlaufen. Insbesondere in Bezug auf junge Menschen ist es unter anderem arbeitsmarktpolitisch geboten, diese Gruppe so schnell wie möglich in Arbeitskontexte des allgemeinen Arbeitsmarktes zu bringen. Die Ausgestaltung als Ermessensanspruch gewährleistet eine bestmögliche Förderung für den Menschen mit Behinderung im jeweiligen Einzelfall. Die vorgeschlagene Änderung ermöglicht auch die Fortführung der bisherigen Praxis der Leistungsträger.

Mit der Aufnahme von landesrechtlich geregelten Ausbildungen werden unter anderem auch vollschulische Ausbildungen möglich. Mit der Aufnahme dieser Ausbildungsform wird das Wunsch- und Wahlrecht (§ 8 SGB IX) gestärkt. Es wird die Möglichkeit gegeben, künftig gegebenenfalls weitere landesrechtliche Regelungen einzuführen.

Zu Nummer 2b - neu - :

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung von § 63 Absatz 3 Satz 1 werden die Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Budget für Ausbildung nach § 61 Absatz 1a - neu - SGB IX geregelt.

Dies schließt die Finanzierungszuständigkeit ein und verpflichtet die für die Finanzierung des Berufsbildungsbereiches zuständigen Rehabilitationsträger, auch das Budget für Ausbildung zu finanzieren. Dies ist systemgerecht, weil die Förderung von Ausbildungs- und Berufseinstiegsqualifizierung nach dem SGB III (auch) für behinderte Menschen zum Kerngeschäft der Agenturen für Arbeit gehört.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 91 Absatz 1 Satz 2 - neu - SGB IX)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

"3a. Dem § 91 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

"Soweit ein Bedarf durch Leistungen des Siebten bis Neunten Kapitels des Zwölften Buches gedeckt wird, gehen diese der Leistung nach Satz 1 vor, es sei denn der Bedarf wird durch Leistungen nach Teil 2 dieses Buches gedeckt." "

Begründung:

Mit dem SGB IX ist ein weiteres Leistungsgesetz für die Eingliederungshilfe (EGH) geschaffen worden. Das Verhältnis der Leistungen zwischen SGB IX und SGB XII ist allerdings nicht geregelt, da beide Gesetze eine inhaltlich gleiche Ausschlussregelung enthalten.

§ 2 SGB XII bestimmt, dass Sozialhilfe unter anderem nicht erhält, wer die erforderliche Leistung von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

§ 91 Absatz 1 SGB IX formuliert den Nachrang der EGH positiv, inhaltlich aber identisch. Danach erhält EGH, wer unter anderem die erforderliche Leistung nicht von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Demnach hätte die Leistung Vorrang, die rein faktisch als erste erbracht wird. Dies ist aber weder sinnvoll noch praktikabel.

Relevant wird dies beim Zusammentreffen von Leistungen der EGH nach dem SGB IX mit solchen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel SGB XII, da jede dieser Leistungen prinzipiell auch Inhalt von Leistungen der EGH sein könnte.

Es soll daher geregelt werden, dass die speziellen Leistungen des SGB XII (Siebtes bis Neuntes Kapitel) Vorrang vor Leistungen der EGH haben, sofern sie im Einzelfall nicht ausdrücklich Bestandteil der Eingliederungshilfeleistung sind.

5. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 91 Absatz 4 - neu - SGB IX)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

"3a. Dem § 91 wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) § 103 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 3 sowie die §§ 104 und 105 des Zwölften Buches sind entsprechend anwendbar." "

Begründung:

Die §§ 103 ff. SGB XII regeln den Ersatz von Kosten in Fällen, in denen die Leistungen zu Unrecht erbracht wurden. Diese Vorschriften wurden nicht in das SGB IX übernommen. Begründet wurde dies damit, dass der Ersatz von Kosten Ausdruck des Fürsorgeprinzips und mit der Abkehr von diesem obsolet sei.

Richtig ist dies für den Kostenersatz durch Erben gemäß § 102 SGB XII. Da das geschützte Vermögen des Leistungsberechtigten (§ 139 SGB IX) diesem endgültig verbleiben soll, entspräche es nicht der neuen Systematik der Eingliederungshilfe, wenn Erben hierfür Kostenersatz leisten müssten. Soweit das Vermögen über das geschützte Vermögen hinausgeht, ist es grundsätzlich einzusetzen, es sei denn der Verbrauch oder die Verwertung stellt eine Härte dar. Dann soll die Leistung als Darlehen bewilligt werden. Der Anspruch auf Rückzahlung geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Eine Anspruchsgrundlage für den Kostenersatz gegen die Erben ist daher nicht nötig, zumal der Rückzahlungsanspruch gesichert werden kann (§ 140 Absatz 2 Satz 2 SGB IX) .

Auch der Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten gemäß § 103 Absatz 1 Satz 1 SGB XII spielt für die Eingliederungshilfe keine Rolle, weil die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht schuldhaft herbeigeführt werden.

Relevant sind aber die Regelungen zum Kostenersatz gemäß § 103 Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 sowie nach den §§ 104 und 105 SGB XII. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ausprägung des Fürsorgeprinzips. Vielmehr geht es um Zahlungen des Kostenträgers, die den leistungsberechtigten Personen nicht zustehen:

Da aber dem Leistungsberechtigten die Leistung nicht doppelt zusteht, ist ein Ausgleich nur über eine entsprechende Anwendung von § 105 SGB XII möglich.

Daher sollten § 103 Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 sowie die §§ 104 und 105 SGB XII im SGB IX entsprechend angewendet werden können.

6. Zu Artikel 1 Nummer 3b - neu - (§ 94 Absatz 1 Satz 2 - neu - SGB IX)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3a folgende Nummer 3b einzufügen:

"3b. Dem § 94 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

"Sie können den zuständigen Träger für die Erlaubnis zur Betreuung von volljährigen Leistungsberechtigten in einer Pflegefamilie nach § 80 Satz 3 bestimmen." "

Begründung:

Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie können nach § 80 Satz 3 SGB IX auch erwachsenen Leistungsberechtigten gewährt werden. § 44 SGB VIII gilt entsprechend. Es fehlt jedoch an einer gesetzlichen Regelung, wer die Erlaubnis zu erteilen hat. Die nach § 44 SGB VIII zuständigen Jugendämter sind nicht für die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX zuständig. Die Träger der Eingliederungshilfe werden hinsichtlich der Leistungsgewährung von volljährigen Leistungsberechtigten in einer Pflegefamilie nicht ausdrücklich erwähnt.

Die vorgeschlagene Ergänzung von § 94 Absatz 1 um einen neuen Satz schafft eine Ermächtigung, wonach die Länder die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 80 Satz 3 SGB IX zuständige Stelle bestimmen können.

7. Zu Artikel 1 Nummer 5a - neu - (§ 120 Absatz 3a - neu - SGB IX)

In Artikel 1 ist nach Nummer 5 folgende Nummer 5a einzufügen:

"5a. Nach § 120 Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

(3a) Der Träger der Eingliederungshilfe kann die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf der Fristen, die ohne sein Verschulden verstrichen sind, wirkt nicht gegen ihn. Satz 2 gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit der Träger der Sozialhilfe das Verfahren selbst betreibt." "

Begründung:

Gemäß § 95 SGB XII hat der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, andere Sozialleistungen feststellen zu lassen und Rechtsmittel einzulegen.

Diese Regelung wurde nicht in das SGB IX übernommen. Zwar s i.d.R. habilitationsträger und andere Beteiligte im Rahmen des Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahrens zu beteiligen und die Leistungen insgesamt zu koordinieren. Auch die Pflegeversicherung und der Träger der Sozialhilfe sind nach § 117 Absatz 3 bzw. Absatz 4 SGB IX zwingend zu beteiligen, wenn Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bedarf bestehen. Diese Regelungen laufen aber ins Leere, wenn kein Antrag auf die Leistungen gestellt wird. Es fehlt aber die Möglichkeit des Trägers der Eingliederungshilfe, bei einem fehlenden Antrag die entsprechenden Sozialleistungen feststellen zu lassen. Auch sollte der Träger der Eingliederungshilfe die Möglichkeit haben, im Zweifel Rechtsmittel einzulegen, um in einem schlanken Verfahren zu einer Klärung zu kommen.

Dies ist bei der Teilhabeplanung für den Träger der Eingliederungshilfe insbesondere im Verhältnis zu anderen Sozialleistungsträgern wichtig, damit sämtliche zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehenden Sozialleistungen erschlossen werden können und nicht Teile des Bedarfs unberücksichtigt bleiben müssen. Dabei kann es weder auf die Erstattungsberechtigung ankommen, noch auf die Rehabilitationsleistungen, weil es darum geht, die zur Bedarfsdeckung erforderlichen Leistungen sicherzustellen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe d (§ 142 Absatz 4 Nummer 2 SGB IX)

In Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe d sind in § 142 Absatz 4 Nummer 2 nach dem Wort "Nacht" die Wörter "oder über Tag" einzufügen.

Begründung:

Nach § 142 Absatz 4 SGB IX-E soll das Bruttoprinzip entsprechend der bisherigen Rechtslage in § 92 Absatz 1 SGB XII auch für volljährige leistungsberechtigte Personen gelten, die in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht leben. Für die begrenzte Zeit, in der sie sich als Volljährige in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht aufhalten, wird dieser Personenkreis im Sinne des § 134 Absatz 4 SGB XII leistungsrechtlich weiterhin wie Minderjährige behandelt. Die Regelung erfasst Sonderfälle (zum Beispiel Internatsschulen für blinde oder taubblinde Kinder) und soll insoweit eine Schlechterstellung der Betroffenen gegenüber der bisherigen Rechtslage verhindern.

Die Einbeziehung dieses Personenkreises in den Kostenbeitrag nach § 142 Absatz 1 SGB IX-E bei Inanspruchnahme von Leistungen in bisherigen teilstationären Einrichtungen durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 142 Absatz 4 Nummer 2 SGB IX-E wird als sachlich gerechtfertigt erachtet.

9. Zu Artikel 1 Nummer 13 - neu - (§ 221 Absatz 2a - neu - SGB IX), Artikel 12 Absatz 1a - neu - (Inkrafttreten)

Begründung:

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgesetzes soll mit der Neufassung des § 125 SGB III das Ausbildungsgeld bei Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen und bei vergleichbaren Maßnahmen anderer Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) einheitlich auf 117 Euro monatlich angehoben werden. Das Inkrafttreten dieser Änderung ist zum 1. August 2019 vorgesehen.

Nach § 221 Absatz 2 SGB IX ist das Ausbildungsgeld als Grundbetrag Bestandteil der Zahlung an im Arbeitsbereich der Werkstätten beschäftigte Menschen mit Behinderungen. Dieser wird ergänzt um einen leistungsabhängigen Steigerungsbetrag. Die Anhebung eines nicht unerheblichen Bestandteils der Vergütung um 46 Prozent in einem Schritt hat erhebliche Auswirkungen auf die Entgeltzusammensetzung in den Werkstätten insgesamt. Durch die Erhöhung des Grundbetrages kommt es zu grundsätzlichen Verschiebungen bei der Verwendung des Arbeitsergebnisses der WfbM. Dies erfordert eine Anpassung der Entlohnungsgrundsätze und eine neue Festsetzung der Steigerungsbeträge und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte.

Mit einer übergangsweisen, abgestuften Erhöhung des Grundbetrages in fünf Schritten wird es den Werkstätten ermöglicht, die bestehenden Entgeltordnungen planbar neu auszugestalten und Maßnahmen zu ergreifen, das leistungsabhängige Vergütungssystem weiter auszubauen.

Die stufenweise Anhebung des im Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Grundbetrages ist als Übergangsregelung ausgestaltet. Werkstätten, die eine frühere Erhöhung des Grundbetrages vornehmen möchten, haben hierzu die Möglichkeit, da die Übergangsbeträge als Mindestbetrag ausgestaltet sind. Ab dem 1. August 2023 tritt die Koppelung an das im Berufsbildungsbereich gezahlte Ausbildungsgeld wieder in Kraft.

Die Übergangsphase gibt dem Bundesgesetzgeber ausreichend Zeit, gemeinsam mit den betroffenen Verbänden ein ausgewogenes Arbeitsentgeltsystem in den Werkstätten zu finden.

Die Regelung des Inkrafttretens zum 1. August 2019 ist erforderlich, da die korrespondierende Regelung in § 125 SGB III ebenfalls zum 1. August 2019 in Kraft treten soll. Da § 221 Absatz 2a als Übergangsregelung ausgestaltet ist, ist diese Regelung zeitlich zu befristen.

10. Zu Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe a - neu - (§ 27a Absatz 4 Satz 4 - neu - SGB XII)

Artikel 3 Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:

"1. § 27a Absatz 4 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetzes sind die Eigenanteile für Schülerbeförderungskosten (§ 34 Absatz 4 Satz 1 SGB XII), sowie Teilnahme am gemeinschaftlichen Mittagessen (§ 34 Absatz 6 Satz 1 SGB XII) gestrichen worden. Auch für den Mehrbedarf für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung nach § 42b Absatz 2 SGB XII ist zunächst ein Eigenanteil vorgesehen gewesen, welcher konsequenterweise dann ebenfalls durch das Starke-Familien-Gesetz wieder herausgenommen worden ist.

Rechtlicher Hintergrund für die Erhebung eines Eigenanteils war der Umstand, dass Aufwendungen für die eigene Zubereitung des Mittagessens ebenso wie die Aufwendungen für Mobilitätskosten bereits in der Höhe des Regelbedarfs berücksichtigt werden. Durch die Zahlung eines Eigenanteils sollte insofern eine Doppelleistung (einmal durch die Berücksichtigung der Verbrauchsausgaben für Ernährung und Mobilität in den Regelsätzen nach den Regelbedarfsstufen als Regelbedarf, einmal über das Bildungspaket bzw. als Mehrbedarf) vermieden werden. Bei Wegfall des Eigenanteils und Gewährung eines regelmäßigen freien Mittagessens würde nach der Systematik des SGB XII grundsätzlich die Anwendung der Regelung des § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 SGB XII ausgelöst. Hiernach erfolgt im Einzelfall eine von der maßgebenden Regelbedarfsstufe abweichende Regelsatzfestsetzung, wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern voraussichtlich für die Dauer von mehr als einem Monat nachweisbar teilweise oder vollständig bereits anderweitig gedeckt wird. Dies würde eine Prüfung und gegebenenfalls Absenkung des Regelsatzes gegenüber der maßgebenden Regelbedarfsstufe im Einzelfall bedingen.

Die mit dem Wegfall des Eigenanteils bedingte gesetzgeberische Intention der Vermeidung des Ausschlusses bedürftiger Schülerinnen und Schüler von der Mittagsverpflegung bzw. die vollständige Übernahme der zusätzlichen Schülerbeförderungskosten und Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs würde konterkariert. Es bedarf daher der klarstellenden Regelung, dass § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 SGB XII insoweit keine Anwendung findet. Gleiches gilt für Mittagsverpflegung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM). Um die, durch die Streichung des Eigenanteils geschaffene Gleichbehandlung dieser Personengruppe mit der gleichgelagerten Fallkonstellation der Mittagsverpflegung in Schulen und Kitas zu erhalten, ist die Anwendbarkeit des § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 SGB XII im Fall der Inanspruchnahme des Mehrbedarfes für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in WfbM ebenfalls für nicht anwendbar zu erklären.

11. Zu Artikel 3 Nummer 4a - neu - (§ 37 Absatz 2 SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:

"4a. § 37 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

§ 37 Absatz 2 SGB XII enthält eine spezielle Regelung, wonach der Träger der Sozialhilfe die an Krankenkassen bis zur Belastungsgrenze zu leistenden Zuzahlungen als Darlehen übernimmt und dieses auf das Jahr verteilt zurückfordert. Diese Regelung ist aber auf Leistungsberechtigte nach § 27b SGB XII, also auf Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Einrichtungen beschränkt. Da es im SGB IX keine stationären Einrichtungen mehr gibt, hätten Leistungsberechtigte in besonderen Wohnformen nach SGB IX ab 1. Januar 2020 keinen Anspruch auf Zuzahlungsdarlehen nach § 37 Absatz 2 SGB XII. Es wären nur noch allgemeine ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 SGB XII möglich.

Leistungsberechtigte, die ab 2020 in einer sogenannten besonderen Wohnform leben, haben aus ihrem Regelbedarf die Lebensunterhaltsaufwendungen (Verpflegung, Beförderung, und so weiter) an den Anbieter (ehemals stationärer Unterbringung) zu zahlen, welche dieser zur Verfügung stellt und welche sich aus dem Vertrag zwischen Leistungsberechtigten und Leistungsanbieter ergeben. Hierdurch ist der Dispositionsspielraum der Leistungsberechtigten eingeschränkt.

Haben die Leistungsberechtigten in der besonderen Wohnform folglich Zuzahlungen zu erbringen, stehen ihnen - wie Bezieherinnen und Beziehern stationären Leistungen - bis zur Erreichung der Zuzahlungsgrenze Anfang des Jahres nur begrenzt Barmittel zur Verfügung. Der Personenkreis würde also nicht lediglich bei der Umstellung aufgrund des BTHG, sondern jedes Jahr im Januar vor einer Bedarfsspitze stehen.

Es ist daher sachgerecht, die Zuzahlungsdarlehen gemäß § 37 Absatz 2 SGB XII auch auf Leistungsberechtigte in besonderen Wohnformen zu erweitern, so dass diese wie bisher entsprechende Darlehen bekommen können.

12. Zu Artikel 3 Nummer 4b - neu - (§ 41 Absatz 1 SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 4a folgende Nummer 4b einzufügen:

"4b. In § 41 Absatz 1 werden nach dem Wort "Inland" die Wörter "sowie Personen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter den Eingangs- und Berufsbildungsbereich durchlaufen" eingefügt."

Begründung:

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Vierten Kapitel des SGB XII in mehreren Rundschreiben (unter anderem 2/2017 und 3/2017) die Ansicht vertreten, dass bei Menschen mit Behinderungen im Eingangsbereich der Werkstatt keine gutachterliche Feststellung erforderlich sei, ob sie erwerbsfähig sind. Diese Ansicht bezog sich auf § 45 SGB XII. Literatur und Rechtsprechung stehen dieser Ansicht entgegen. Das BMAS wurde aufgefordert, Menschen mit Behinderungen auch im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstätten, Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zuzuerkennen. Da nach Auffassung der Länder der Wortlaut des § 45 SGB XII eindeutig ist, erfolgt eine gleichwohl hilfreiche Klarstellung zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen bzw. bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX in § 41 Absatz 1 SGB IX.

13. Zu Artikel 3 Nummer 6 Buchstabe d (§ 42a Absatz 5 Satz 4 SGB XII)

In Artikel 3 Nummer 6 Buchstabe d ist in § 42a Absatz 5 Satz 4 vor dem Wort "Trägers" das Wort "örtlichen" einzufügen.

Begründung:

Die vorgeschlagene Änderung ist notwendig, da es in § 42a Absatz 5 Satz 4 SGB XII-E, entgegen der Begründung zum Gesetzentwurf, an einer Klarstellung fehlt, dass für die Bestimmung der durchschnittlichen Warmmiete auf die Verhältnisse des örtlichen Trägers der Sozialhilfe abzustellen ist, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Räumlichkeiten liegen.

In Bayern kann es sich bei den nach § 46b SGB XII zuständigen Trägern aber sowohl um örtliche als auch um überörtliche Träger der Sozialhilfe handeln. Im Regelfall ist nach dem bayerischen Landesrecht für die Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII der örtliche Träger zuständig.

Wenn jedoch gleichzeitig Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege zu gewähren ist, sind die Bezirke als überörtliche Träger der Sozialhilfe zugleich auch für die existenzsichernden Leistungen zuständig. Da die Bedarfe für Unterkunft innerhalb eines Bezirkes stark variieren, ist gesetzlich klarzustellen, dass zur Bestimmung der durchschnittlichen Warmmiete auf die Verhältnisse des örtlichen Trägers der Sozialhilfe abzustellen ist.

Auch der Referentenentwurf sah diese Klarstellung noch vor. In § 42a Absatz 5 Satz 5 SGB XII-E wird ebenfalls weiterhin auf den zuständigen örtlichen Träger abgestellt. Konsequenterweise und im Sinne der Rechtsklarheit ist somit auch § 42a Absatz 5 Satz 4 SGB XII-E entsprechend zu präzisieren.

14. Zu Artikel 3 Nummer 6a - neu - (§ 45 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 - neu - SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 6 folgende Nummer 6a einzufügen:

"6a. Dem § 45 Satz 3 Nummer 4 wird folgender Satz angefügt:

"Eine Stellungnahme des Fachausschusses wird bei Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens nach den §§ 19 bis 23 des Neunten Buches durch eine entsprechende Feststellung im Teilhabeplan ersetzt." "

Begründung:

Notwendig ist eine redaktionelle Anpassung im Zusammenhang mit der Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung bei § 45 Satz 3 Nummer 4 SGB XII.

In § 45 Satz 3 Nummer 4 SGB XII wird gegenwärtig darauf verwiesen, dass der Fachausschuss einer Werkstatt für behinderte Menschen über die Aufnahme in eine Werkstatt oder Einrichtung eine Stellungnahme nach den §§ 2 und 3 der Werkstättenverordnung abgegeben und dabei festgestellt hat, dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung nicht vorliegt.

Gemäß § 2 Absatz 1a der Werkstättenverordnung unterbleibt ein Tätigwerden des Fachausschusses, soweit ein Teilhabeplanverfahren nach den §§ 19 bis 23 SGB IX durchgeführt wird. Auf Grund der Intention des Bundesteilhabegesetzes wird künftig regelhaft ein Teilhabeplanverfahren zur Anwendung kommen, so dass der Verweis in § 45 Satz 3 Nummer 4 SGB XII bezüglich der Stellungnahme des Fachausschusses entsprechend anzupassen ist.

15. Zu Artikel 3 Nummer 7 (§ 46b Absatz 3 Satz 1, 4, 5 - neu - SGB XII)

Artikel 3 Nummer 7 ist wie folgt zu fassen:

"7. § 46b Absatz 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstaben a und b (Redaktionelle Änderung):

§ 46b Absatz 3 SGB XII umfasst zukünftig 4 statt 3 Sätze. Insoweit wird auf die aktuelle Fassung der Vorschrift durch Artikel 4 Nummer 7 des Gesetzes zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe (StaFamG) vom 29. April 2019 (BGBl. I, Seite 530) Bezug genommen. Der hier unter Buchstabe c vorgeschlagene neue Satz 5 würde zudem angefügt.

Zu Buchstabe c:

Die bisher vorgesehene neue Regelung des § 46b Absatz 3 Satz 4 SGB XII-E trifft mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 eine einheitliche bundesgesetzliche Zuständigkeitsregelung für die Fallgestaltungen, die bis zum 31. Dezember 2019 unter die Begrifflichkeit des Aufenthaltes in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII subsumiert werden. (Zukünftig: Unterbringung in einer besonderen Wohnform nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB XII).

Es besteht das Erfordernis, dass für die Leistungsfälle der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII in den bisherigen stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII eine länderübergreifende Zuständigkeitsregelung im Vierten Kapitel SGB XII fortgeführt wird. Dies begründet sich aus dem Umstand, dass in den Fällen einer länderübergreifenden auswärtigen Unterbringung von leistungsberechtigen Personen Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden sollen.

Dies gilt in gleichem Maße aber auch für die Leistungsfälle nach dem Vierten Kapitel SGB XII in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten nach dem Sechsten Kapitel SGB XII.

Eine ländergesetzliche Normierung der örtlichen Zuständigkeit eines entsprechenden Grundsicherungsfalls scheidet bei länderübergreifender auswärtiger Unterbringung insoweit aus, da die ländergesetzliche Normsetzungskompetenz auf das jeweilige Land begrenzt ist.

Zum anderen sollen Zuständigkeitsänderungen zum 1. Januar 2020 weitestgehend vermieden werden. Die bisherigen Begriffsbestimmungen der stationären Einrichtung im Sinne des Sechsten Kapitels SGB XII und der Leistungen in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten nach dem Sechsten Kapitel SGB XII sind daher an das neue Recht anzupassen.

Die Anwendung des § 98 Absatz 6 SGB XII ab dem 1. Januar 2020 ist daher nicht wie im Gesetzentwurf vorgesehen nur auf die Fallgestaltungen der Leistungserbringung nach dem Vierten Kapitel SGB XII bei Unterbringung in einer besonderen Wohnform nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB XII zu beschränken, sondern darüber hinaus zu öffnen.

Dies entspricht auch dem Anwendungsbereich des § 98 Absatz 6 SGB XII für das Dritte Kapitel SGB XII. Hierdurch wird außerdem ein Gleichklang der örtlichen Zuständigkeitsregelungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII herbeigeführt, wenn gleichzeitig Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbracht werden.

16. Zu Artikel 3 Nummer 8a - neu - (§ 133c - neu - SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 8 folgende Nummer 8a einzufügen:

"8a. Nach § 133b wird folgender § 133c eingefügt:

" § 133c Übergangsregelung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes

Erhält eine leistungsberechtigte Person Leistungen der stationären Eingliederungshilfe und Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel, so ist die Rentenzahlung nach dem Sechsten Buch im Monat Dezember 2019 abweichend von § 82 Absatz 1 Satz 1 nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dieser Betrag dient der Sicherstellung des Bedarfs an existenzsichernden Leistungen für den Monat Januar 2020." "

Begründung:

Durch § 133c Satz 1 soll eine Übergangsregelung für die Fälle der stationären Eingliederungshilfe im Hinblick auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts für Januar 2020 geschaffen werden.

Da die Renten für den Monat Januar 2020 bereits Ende Dezember 2019 angerechnet werden und die nächste Rente erst am Monatsende zufließt, besteht ein hohes Risiko, dass die Leistungsberechtigten durch den Systemwechsel durch das Bundesteilhabegesetz über den gesamten Monat Januar 2020 nicht über Barmittel verfügen.

Der neue § 133c SGB XII soll verhindern, dass in Folge der durch das Bundesteilhabegesetz ab dem 1. Januar 2020 eingeführten Trennung der existenzsichernden Leistungen von Fachleistungen der Eingliederungshilfe Rentenempfänger benachteiligt werden, die im Dezember 2019 stationäre Eingliederungshilfe erhalten. Diesem Personenkreis würde ansonsten aufgrund des Systemwechsels des Bundesteilhabegesetzes im Monat Januar 2020 faktisch eine Monatsrente fehlen, da entweder die nachschüssige Auszahlung der Rente des Monats Januar 2020 noch nicht erfolgt ist bzw. die vorschüssige Zahlung der Februar-Rente noch aussteht.

Rentenzahlungen, die nach dem 1. April 2004 begonnen haben, werden nach § 118 SGB VI am Ende des laufenden Monats gezahlt. Renten, die vorher begonnen haben, werden nach § 272a SGB VI am Ende des Vormonats für den Folgemonat gezahlt. In beiden Fällen handelt es sich bei diesen Renten sozialhilferechtlich um Einkommen des Zahlmonats (Zuflussprinzip).

Dies hätte zur Folge, dass Rentenzahlungen im Monat Dezember 2019 als Einkommen des Monats Dezember auf die stationäre Eingliederungshilfe (einschließlich Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritte Kapitel SGB XII und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierte Kapitel SGB XII) angerechnet werden müssten. Dies wird als eine durch das Bundesteilhabegesetz hervorgerufene Verschlechterung eingestuft und behindertenpolitisch sehr kritisch gesehen.

Um Leistungslücken zu verhindern, soll die Rentenzahlung im Übergangsmonat Dezember 2019 nicht als Einkommen angerechnet werden.

17. Zu Artikel 8 Nummer 3 Buchstabe a - neu - (§ 90 Absatz 4 Satz 4 - neu - SGB VIII)

Artikel 8 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:

"3. § 90 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Möglichkeit, dass der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen wird, soll künftig auch dann bestehen bleiben, wenn die betroffenen Eltern zwar nicht in eine der in § 90 Absatz 4 SGB VIII explizit genannten Kategorien fallen, denen nach bisheriger Rechtslage aber dennoch eine Belastung durch Elternbeiträge aus anderen Gründen (§§ 82 bis 85, 87, 88 und 92a SGB XII) unzumutbar ist und deren Kostenbeiträge bislang auf Antrag erlassen oder übernommen werden konnten. Bei der Regelung soll es sich entsprechend den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs und der bisherigen Regelung um eine Ermessensentscheidung ("Kann-Regelung") handeln.

Aus der vorgenommenen Änderung lässt sich jedoch ohne Zugrundelegung der Begründung des Gesetzentwurfs nicht eindeutig erkennen, ob es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung oder um eine rechtliche Verpflichtung handelt. Vielmehr lässt der Wortlaut des § 90 Absatz 4 SGB VIII darauf schließen, dass im Falle der Nichtzumutbarkeit der Kostenbeitragsbelastung von Eltern und dem Kind - also gegebenenfalls auch unter den Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92a SGB XII - der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden muss. Daher wird vorgeschlagen, die Regelung eindeutig im Gesetz auszuformulieren, um mögliche Ausgleichsforderungen der Kommunen zu vermeiden.

18. Zu Artikel 12 (Inkrafttreten)

Artikel 12 ist wie folgt zu fassen:

"Artikel 12
Inkrafttreten

(1) Artikel 8 Nummer 3 tritt mit Wirkung vom 1. August 2019 in Kraft.

(2) Am Tag nach der Verkündung treten in Kraft

(3) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Januar 2020 in Kraft."

Begründung:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften enthält in Artikel 8 Nummer 3 eine Änderung des § 90 Absatz 4 Satz 4 SGB VIII, mit der klargestellt werden soll, dass für die Übernahme von KiTa-Beiträgen weiterhin eine Einkommensprüfung stattfinden soll. Damit soll es den Jugendämtern bei geringverdienenden Familien, die keiner der geregelten Fallgruppen angehören, und denen die Zahlung der KiTa-Beiträge ebenfalls unzumutbar sein kann, weiterhin möglich sein, die Unzumutbarkeit der Kosten im Wege einer Einkommensprüfung festzustellen.

Da die mit Artikel 2 des Gute-KiTa-Gesetzes beschlossenen Änderungen des § 90 SGB VIII am 1. August 2019 in Kraft treten werden, sollte auch Artikel 8 Nummer 3 des vorliegenden Gesetzentwurfs am 1. August 2019 in Kraft treten, und nicht wie in Artikel 12 Absatz 1 Nummer 6 vorgesehen ist, am Tag nach der Verkündung. Dies ist im Sinne einer gleichmäßigen Behandlung aller Antragsteller auf Kostenübernahme und zur Herstellung von Rechtssicherheit für die betroffenen Jugendämter mit Beginn des Kindergartenjahres 2019/20, das heißt ab dem 1. August 2019 erforderlich.

Es ist davon auszugehen, dass dieses Gesetz weder vor der Sommerpause noch vor dem 1. August 2019 verabschiedet wird, sodass ein rückwirkendes Inkrafttreten formuliert werden muss. Da das rückwirkende Inkrafttreten des § 90 Absatz 4 Satz 4 SGB VIII keine belastende und in Rechtspositionen der betroffenen Antragsteller eingreifende Regelung darstellt, ist ein rückwirkendes Inkrafttreten zulässig.