Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen
(Bundeskinderschutzgesetz - BKiSchG)

Der Bundesrat hat in seiner 883. Sitzung am 27. Mai 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zu Artikel 1 (§ 1 Überschrift, Absatz 1 und 4 und § 3 Überschrift, Absatz 1 und 4 KKG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Kinderschutz setzt die Förderung von Kindeswohl und Kindergesundheit voraus. Deshalb sollte dieses Ziel auch in § 1 KKG benannt werden. Der Entwurf des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz ist dann sinnvoll, wenn auch andere als die Jugendhilfe einen Beitrag zur staatlichen Mitverantwortung übernehmen - besonders das Gesundheitswesen. Das wird durch die Einfügung des Wortes "Gesundheit" in Absatz 1 verdeutlicht. In Absatz 4 werden die vorrangigen Akteure für den Vorhalt der multiprofessionellen Angebote genannt. Die Singularität der "Familienhebammen" in § 3 Absatz 4 kann dann entfallen. Dieser Satz ist auch in § 3 nicht zielführend, da die Arbeit der Netzwerke nicht durch Familienhebammen befördert werden kann. Deren Aufgabe ist es vielmehr, die Kindergesundheit zu fördern und bestimmte Angebote zusammenzuführen.

3. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 2 Satz 1 KKG)

In Artikel 1 ist § 3 Absatz 2 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Um sicherzustellen, dass ausschließlich fachlich qualifizierte Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen einen Anspruch auf Mitwirkung in den Netzwerken vor Ort geltend machen können, ist ein expliziter Verweis auf die §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes unerlässlich. Diese Konkretisierung vereinfacht die Netzwerkbildung vor Ort und sichert die Mitarbeit der anerkannten Beratungsstellen ab. Diese Beratungsstellen sind auch sprachlich von Beratungsstellen für soziale Problemlagen wie beispielsweise Schuldnerberatungsstellen oder Beratungsstellen bei sexuellem Missbrauch zu trennen.

Mit der Bezeichnung "Heilberufe" werden nur die akademischen Heilberufe (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Apotheker) erfasst, während die "nichtärztlichen Heilberufe" (wie z.B. Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger und Hebammen) als "Gesundheitsfachberufe" oder "Medizinalfachberufe" bezeichnet werden. Da in das Netzwerk gerade auch Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger und Hebammen als Partner im Gesundheitswesen eingebunden werden sollen, muss dies durch die Einfügung zum Ausdruck gebracht werden.

4. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 3 Satz 1 und Satz 1a - neu - KKG)

In Artikel 1 ist § 3 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Formulierung, dass die verbindliche Zusammenarbeit im Kinderschutz als Netzwerk "auf der Ebene" der örtlichen Jugendhilfeträger zu organisieren ist, lässt die Verantwortlichkeit für die Organisation des Netzwerks völlig offen, sofern Landesrecht keine Regelung trifft. Dies ist unzulänglich, weil es im Interesse des Kinderschutzes wichtig ist, auf jeden Fall die grundsätzliche Verantwortlichkeit klar zu regeln.

Die Verantwortung für Kinderschutznetzwerke ist Aufgabe der Jugendhilfe und sollte daher auch eindeutig beim örtlichen Jugendhilfeträger liegen. Dieser wäre dann auch für eine eventuelle Übertragung der Planung und Steuerung auf eine andere beteiligte Institution zuständig. Bei der derzeitigen Regelung in § 3 Absatz 2 KKG bleibt unklar, wer für die Planung und Steuerung von Netzwerken übertragungsbefugt ist.

Eine andere landesrechtliche Regelung bliebe davon unberührt.

Ob die Organisation der Netzwerke "auf der Ebene" der örtlichen Träger der Jugendhilfe organisiert wird, oder welche überregionalen Zusammenschlüsse sinnvoll sind, sollte der Organisationshoheit der örtlichen Träger der Jugendhilfe überlassen bleiben.

5. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Nummer 7 und 8 - neu - KKG)

In Artikel 1 ist § 4 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die bisherige Aufzählung der betroffenen Berufsgruppen ist unvollständig. Die vorgenommenen Ergänzungen sind im Hinblick auf die in den Nummern 1 bis 7 ausgeblendeten relevanten Berufsgruppen sachlich unverzichtbar.

6. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 KKG), Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 8a Absatz 1 Satz 2 SGB VIII) und Buchstabe b (§ 8a Absatz 4 Nummer 3 SGB VIII)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Im Gesetzentwurf werden die Begriffe "Personensorgeberechtigte" und "Erziehungsberechtigte" wechselnd und teilweise synonym verwandt. Personensorgeberechtigte und Erziehungsberechtigte sind aber nicht immer identisch. Wer im Kinderschutz in die Erörterung der Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung einzubeziehen ist, hängt von den individuellen Lebensbedingungen des Minderjährigen ab. So kann z.B. die Einbeziehung des Vormunds als Personensorgeberechtigter nachrangig gegenüber denjenigen Personen sein, die den alltäglichen Umgang mit dem Kind und damit tatsächlichen Einfluss auf die Gefährdungssituation haben.

Für Geheimnisträger ist in der Praxis nicht selten der Erziehungsberechtigte der Kontaktpartner. Es kann von dem Geheimnisträger nicht erwartet werden, dass er jeweils klärt, wer für das Kind der Personensorgeberechtigte ist, um mit diesem entsprechend der gesetzlichen Regelung die Situation zu erörtern und auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinzuwirken.

Es ist daher erforderlich, immer beide Berechtigte zu nennen. Die Einbeziehung von Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten entspricht auch den bewährten Regelungen in § 8a Absatz 2 und 3 SGB VIII.

7. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 4 - neu - KKG)

In Artikel 1 ist dem § 4 folgender Absatz 4 anzufügen:

(4) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt."

Begründung:

In mehreren Ländern existiert bereits eine gesetzliche Pflicht, wonach die in § 4 Absatz 1 KKG genannten Personen nicht nur befugt, sondern verpflichtet sind, dem Jugendamt entsprechende Anhaltspunkte mitzuteilen. Nur eine solche Regelung wird dem in der Begründung des Gesetzentwurfs angesprochenen aktiven Kinderschutz gerecht und schafft die dringend erforderliche Rechtssicherheit. Durch den angefügten Absatz 4 wird klargestellt, dass weitergehendes Landesrecht die entsprechenden bundesrechtlichen Regelungen insoweit ergänzen kann.

8. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe b (§ 8a Absatz 4 Satz 2 SGB VIII)

In Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe b sind in § 8a Absatz 4 Satz 2 nach dem Wort "hinzuziehenden" die Wörter "insoweit erfahrenen" und nach dem Wort "Fachkräfte" die Wörter "der Träger" einzufügen.

Begründung:

§ 8a Absatz 4 Satz 2 SGB VIII enthält verschiedene Begrifflichkeiten, die im Hinblick auf Verantwortlichkeiten und Aufgaben missverständlich sind. Wenn die "insoweit erfahrene Fachkraft" gemeint ist, sollte sie durchgängig auch so bezeichnet werden.

Die Änderung dient der Klarstellung, dass nur eine im Kinderschutz erfahrene Fachkraft als "insoweit erfahren" gelten kann, als die insoweit erfahrene Fachkraft in beratender Funktion tätig ist, und dass das Hinwirken auf die Inanspruchnahme von Hilfen bei den Sorgeberechtigten nicht zu ihren Aufgaben gehört, sondern zu den Aufgaben der jeweiligen Fachkraft des Trägers von Einrichtungen und Diensten.

9. Zu Artikel 2 Nummer 8 (§ 17 Absatz 2 - neu - und 3 SGB VIII)

Artikel 2 Nummer 8 ist wie folgt zu fassen:

'8. § 17 wird wie folgt geändert:

Begründung zu Buchstabe a:

Es handelt sich um eine notwendige klarstellende Ergänzung vor dem Hintergrund der Änderungen durch das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Im familiengerichtlichen Verfahren, in dem das Jugendamt mitwirkt, wird auf die Möglichkeiten der Beratung in der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung, hingewiesen ( § 156 FamFG). Ziel ist dabei, grundsätzlich ein Einvernehmen der Beteiligten zu erreichen.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, § 17 Absatz 2 SGB VIII deckungsgleich zu formulieren. Für bestimmte Streitfälle über die Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung, z.B. beim vom Sorgerecht unabhängigen Umgangsrecht, muss eindeutig sein, dass auch hier eine Konzeptentwicklung eingeschlossen ist.

Bei Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung nach § 156 Absatz 2 FamFG als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt. Es kommt daher nicht immer zu einer gerichtlichen Entscheidung. Der zweite Halbsatz von § 17 Absatz 2 SGB VIII ist entsprechend zu ergänzen.

10. Zu Artikel 2 Nummer 13 (§ 45 Absatz 2 Nummer 2 SGB VIII)

Der Bund wird gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, dass Trägern von Kindertageseinrichtungen durch die in Artikel 2 Nummer 13 (§ 45 Absatz 2 Nummer 2 SGB VIII) für Kinderheime vorgesehene Verschärfung der Anforderung zur Sicherstellung der gesundheitlichen Vorsorge und medizinischen Betreuung nicht eine originäre Handlungsverpflichtung auferlegt wird.

Begründung:

Der Gesetzentwurf erweitert die Anforderungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis, die sowohl Kindertageseinrichtungen als auch Heime benötigen.

Die Begründung des Entwurfs verdeutlicht, dass der Fokus der geplanten Änderung des § 45 SGB VIII auf dem Schutz derjenigen Kinder und Jugendlichen liegt, die der elterlichen Erziehungsverantwortung aufgrund räumlicher Distanz oder aus anderen Gründen durch Betreuung "Tag und Nacht" entzogen sind. Dies trifft auf die Betreuung in einer Kindertageseinrichtung gerade nicht zu. Nichtsdestotrotz ist von der derzeitigen Formulierung des Gesetzentwurfs jede Einrichtung erfasst, für die ein Erlaubnisvorbehalt nach § 45 Absatz 1 SGB VIII besteht.

Im Aufgabenkanon der Kindertageseinrichtungen, den §§ 22, 22a Absatz 1 SGB VIII, wird deren Förderauftrag bundesrechtlich abschließend mit Erziehung, Bildung und Betreuung festgelegt. Hierin wird die pädagogische Grundkonzeption deutlich. Die in § 22 Absatz 3 Satz 1 SGB VIII genannte Förderung der körperlichen Entwicklung eines Kindes umfasst dementsprechend nicht die Übernahme der medizinischen Verantwortung.

Die Sicherstellung der gesundheitlichen Vorsorge und medizinischen Betreuung durch Kindertageseinrichtungen ist durch die genannten gesetzlichen Aufgaben nicht erfasst. In Artikel 2 Nummer 13 (§ 45 Absatz 2 Nummer 2 SGB VIII) ist darauf zu achten, dass durch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Kindertageseinrichtungen die gesetzlichen Aufgaben nicht erweitert und keine neuen Standards gesetzt werden, die Kindertageseinrichtungen im Rahmen ihres Auftrags nicht erfüllen können. Zudem sind Dritte - Gesundheitsämter, Ärzte - für die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung primär verantwortlich. Das Personal der Kindertageseinrichtungen ist dafür hingegen nicht ausreichend ausgebildet.

Der Bundesrat geht daher davon aus, dass mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Formulierung "die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung ... gesichert sind" keine wesentlich veränderte Aufgabenstellung der Kindertageseinrichtungen verbunden ist. Dies ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen.

11. Zu Artikel 2 Nummer 16 Buchstabe b (§ 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 - neu -, 9 und Satz 2 SGB VIII)

Artikel 2 Nummer 16 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

'b) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa und bbb:

Die vorgeschlagenen Änderungen korrespondieren mit den aktuellen gemeinsamen Bemühungen des Bundes und der Länder um eine Entbürokratisierung des Unterhaltsvorschussgesetzes. Sind Unterhaltsansprüche des Kindes auf den Träger der Unterhaltsvorschussleistungen oder anderer Sozialleistungen, etwa nach dem SGB II, übergegangen, erleichtert die Erweiterung der Beurkundungsbefugnis der Urkundsperson im Jugendamt an dieser Stelle die Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche.

12. Zu Artikel 2 Nummer 19 (§ 74 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VIII), Nummer 20 (§ 79 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB VIII) und Nummer 21 (§ 79a SGB VIII)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Um den Kinder- und Jugendschutz zu stärken, ist unstrittig eine weitere Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe erforderlich. Entsprechend hatte sich beispielsweise schon die Unterarbeitsgruppe der AG I "Prävention - Intervention - Information" des Runden Tisches "Sexueller Kindesmissbrauch" geäußert und eine Verankerung von Mindeststandards, ausdrücklich aber nicht von überkomplexen und detailreichen arbeitsfeldspezifischen Standards gefordert. Die Bundesregierung setzt mit dem vorgelegten Gesetzentwurf auf eine staatliche Definition fachlicher Standards und deren Vereinbarung mit den Trägern der freien Jugendhilfe bzw. auf Landesebene auf Rahmenverträge zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Wohlfahrtsverbänden sowie sonstigen Vereinigungen von Leistungserbringern.

Dies erscheint nicht sachgerecht. Insbesondere das Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist so vielgestaltig, dass generelle Vorgaben für alle Arbeitsfelder zu wenig sinnvollen und praxisnahen Vorgaben führen würden. Andererseits würden differenzierte, an die Unterschiede der Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit angepasste Vorgaben voraussichtlich sehr detailliert und tendenziell überkomplex geraten. Dieses Problem stellt sich in ähnlicher Form auch in anderen Leistungs- und Aufgabenbereichen. Der Notwendigkeit von Qualitätsentwicklung und insbesondere den Schutzinteressen der Kinder und Jugendlichen kann so nicht angemessen Rechnung getragen werden. Alternativ besteht - ohne dass es dazu gesetzlicher Änderungen bedürfte - die Möglichkeit, sinnvolle einzelfallbezogende Vorgaben in Zuwendungsbescheide aufzunehmen. Dies wäre eine arbeitsökonomische und unbürokratische Möglichkeit, die gebotene Qualitätsentwicklung und den Schutz der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, zumal eingespielte Prüfverfahren die konkrete Umsetzung der Vorgaben begleiten. Bei kommunaler Trägerschaft kann alles Erforderliche in eigener Verantwortung der Kommunen durchgeführt werden. Nach allem ist zur Förderung der Qualitätsentwicklung und des damit verbundenen Schutzes von Kindern und Jugendlichen keine gesetzliche Regelung erforderlich. Auf § 79a SGB VIII kann verzichtet werden.

13. Zu Artikel 2 Nummer 22 (§ 81 Nummer 2 SGB VIII)

In Artikel 2 Nummer 22 sind in § 81 Nummer 2 nach dem Wort "Jugendgerichten" die Wörter ", den Staatsanwaltschaften" einzufügen.

Begründung:

Staatliche Reaktionen auf abweichendes oder delinquentes Verhalten junger Menschen sind nach wie vor vielfach dadurch gekennzeichnet, dass sie mit Verzögerungen und nicht aufeinander abgestimmt erfolgen. Dabei wird verkannt, dass die Gründe, warum junge Menschen strafrechtlich in Erscheinung treten, sehr vielschichtig und komplex sind und entsprechend differenzierter Lösungsansätze bedürfen. Erforderlich sind eine enge Vernetzung und ein abgestimmtes Vorgehen aller am Reaktions- und Interventionsprozess beteiligten Organisationen und Einrichtungen, und zwar sowohl für den Bereich des Strafverfahrens als auch für den Bereich der Jugendhilfe, um auf diese Weise zum Schutz der betroffenen jungen Menschen ein weiteres Abgleiten in die Kriminalität zu verhindern. Eine Zusammenarbeit der Jugendhilfebehörden im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse auch mit den Staatsanwaltschaften ist hier von grundlegender Bedeutung, da gerade durch die Staatsanwaltschaften im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vielfach schon die Weichen für den weiteren Verfahrensgang gestellt werden.

14. Zu Artikel 2 Nummer 22 (§ 81 Nummer 4 und Nummer 4a - neu - SGB VIII)

In Artikel 2 Nummer 22 ist § 81 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sind kein Bestandteil des Gesundheitswesens und deshalb gesondert zu benennen.

15. Zu Artikel 2 Nummer 24a - neu - ( § 87c Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 3 und Satz 3a - neu - SGB VIII)

In Artikel 2 ist nach Nummer 24 folgende Nummer 24a einzufügen:

'24a. § 87c wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Nach der geltenden Rechtslage hat bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes der Mutter das bisher zuständige Jugendamt zwingend die Weiterführung der Amtsvormundschaft beim Jugendamt des anderen Bereichs zu beantragen. Aufgrund der Änderungen ist dieser Antrag bei der Neubegründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in einem anderen Zuständigkeitsbereich künftig nicht mehr zwingend zu stellen, sondern nur dann, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht. Der Anwendungsbereich dieser Regelung wird außerdem auf die in Absatz 4 geregelten Vormundschaften, die im Rahmen des Verfahrens zur Annahme als Kind eintreten (Adoptionsvormundschaften nach § 1751 Absatz 4 BGB), erstreckt.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa:

Nach der geltenden Rechtslage hat bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes oder Jugendlichen das bisher zuständige Jugendamt zwingend beim Familiengericht einen Antrag auf Entlassung zu stellen. Durch die Änderungen ist für den Zuständigkeitswechsel künftig nicht mehr der Aufenthaltswechsel, sondern das Kindeswohl maßgebliches Kriterium. Künftig ist der Entlassungsantrag bei der Neubegründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in einem anderen Zuständigkeitsbereich nur dann zu stellen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb:

Diese Formulierung entspricht inhaltlich der geltenden Regelung des § 87c Absatz 3 Satz 3 SGB VIII, nach der das Jugendamt "im Fall des Satzes 2" (Kind oder Jugendlicher ohne gewöhnlichen Aufenthalt) zwingend einen Entlassungsantrag beim Familiengericht zu stellen hat, sobald es das Wohl des Kindes oder Jugendlichen erfordert.

16. Zu Artikel 2 Nummer 27 Buchstabe e Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe aaa und Buchstabe e1 - neu - (§ 99 Absatz 7 Nummer 3 Buchstabe c und Absatz 7a Nummer 2 Buchstabe c SGB VIII)

Artikel 2 Nummer 27 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Erhebung der wöchentlichen Betreuungszeit der in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege geförderten Kinder ist in Anbetracht der Vielzahl von Betreuungszeitmodellen mit unterschiedlichsten wöchentlichen Betreuungszeiten (z.B. nur tageweise Betreuung oder Betreuung an sechs Tagen pro Woche) erforderlich, um einen umfassenden Überblick über den Betreuungsumfang der einzelnen Kinder zu erhalten.

17. Zu Artikel 3 Nummer 01 - neu - (§ 11 Absatz 4 Satz 4 und § 39 Absatz 1 Satz 3 SGB V) und Nummer 3 - neu - (§ 3 Nummer 6 - neu - KHEntgG)

Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Geburts- und Kinderkliniken sind nach § 3 Absatz 2 des Entwurfs des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz Teil der verbindlichen Netzwerkstruktur im Kinderschutz. Geburts- und Kinderkliniken können die an sie gestellte Erwartung dann erfüllen, wenn die dafür notwendig zu erbringenden Leistungen zum Erhalt der Kindergesundheit auch finanziert werden.

Von den Geburts- und Kinderkliniken ist zu erwarten, dass sie künftig stärker Leistungen zum Erhalt der Kindergesundheit erbringen, z.B. bei der Anamnese auf kritische und riskante Lebensverhältnisse zu achten, um in der Behandlung Konsequenzen daraus ziehen, die betroffenen Familien entsprechend zu beraten, weitergehende Unterstützung und Förderung anzunehmen. Weiterhin brauchen sie zeitliche und personelle Ressourcen, um sich effektiv an der Netzwerkarbeit zu beteiligen.

Damit die Kosten der Krankenhäuser für Leistungen zum Erhalt der Kindergesundheit künftig abgegolten werden, sind entsprechende Regelungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch und im Krankenhausentgeltgesetz erforderlich.

18. Zu Artikel 3 Nummer 02 - neu - (§ 20e - neu - SGB V)

In Artikel 3 ist der Nummer 1 folgende Nummer 02 voranzustellen:

'02. Im Fünften Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach § 20d folgender § 20e eingefügt:

" § 20e Primäre Prävention für Kinder durch regionale Netzwerke

Begründung:

Während der letzten Jahre haben sich in allen Ländern regionale Netzwerke gebildet, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten und nicht selten ohne gesicherte finanzielle Absicherung der Verbesserung der Kindergesundheit und der Sicherung des Kindeswohls dienen. In einigen dieser Netzwerke leisten gut geschulte ehrenamtlich tätige Personen einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung und Entlastung von Schwangeren, Müttern und Familien. Insbesondere der präventive Hausbesuch in der Lebenswelt des Kindes ist ein sehr geeignetes Instrument, um die gesundheitliche Entwicklung von Kindern in den ersten Lebensjahren nachhaltig zu fördern. Durch diesen primärpräventiven, sozial nicht diskriminierenden Ansatz können auch Kindesgefährdungen vermieden bzw. frühzeitig erkannt werden.

Um diese präventiven Leistungen regionaler Netzwerke finanziell abzusichern und den Aufbau weiterer regionaler Netzwerke zur Förderung der Gesundheit und des Wohls von Kindern zu ermöglichen, ist eine gesetzliche Regelung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch unerlässlich, welche die Krankenkassen zu einem angemessenen Zuschuss zu den von diesen Netzwerken erbrachten präventiven Leistungen verpflichtet. Durch diesen Zuschuss soll insbesondere die professionelle Gewinnung, Schulung, Koordination und Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Personen sichergestellt werden.

Das Bundeskinderschutzgesetz bestätigt die Bedeutung "Früher Hilfen" im präventiven Kinderschutz und für eine gesunde Entwicklung des Kindes während der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren. Die Überführung entsprechender Netzwerke in die Regelpraxis durch Verbesserung der Rechtsgrundlagen auch im Bereich der Schnittstelle zum Gesundheitssystem wird mit dem Bundeskinderschutzgesetz für erforderlich gehalten. Damit wird insbesondere anerkannt, dass der staatliche Schutzauftrag systemübergreifend auch die im Rahmen der von regionalen Netzwerken für Kindergesundheit erbrachten präventiven Leistungen umfasst. Mithin gehört es zu den primären Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, diesen Teil des Leistungstatbestandes abzusichern, zumal bei den von den Netzwerken auf Grundlage besonderer Qualitätsanforderungen und -standards angebotenen Leistungen gesundheitliche Belange objektiv im Vordergrund stehen. Diese passgenauen, auf die Befähigung und Motivation zur Aneignung gesundheitlicher Kompetenzen ausgerichteten Hilfen sind geeignet, Entwicklungsauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen nachhaltig zu vermeiden oder zumindest weniger wahrscheinlich zu machen.

19. Zu Artikel 3 Nummer 03 - neu - (§ 63 Absatz 2 SGB V)

In Artikel 3 ist der Nummer 1 folgende Nummer 03 voranzustellen:

Begründung:

Bei der Implementierung des Projektes "Ausweitung der Hebammenleistungen" unter Beteiligung der AOK Bayern und der AOK Rheinland-Pfalz hat sich gezeigt, dass § 63 SGB V eine Regelungslücke enthält. § 63 Absatz 2 SGB V soll deshalb entsprechend ergänzt werden.

20. Zu Artikel 3 Nummer 04 - neu - (§ 134a Absatz 1 Satz 1 SGB V)

In Artikel 3 ist der Nummer 1 folgende Nummer 04 voranzustellen:

Begründung:

Die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz erproben derzeit gemeinsam mit der AOK Bayern und der AOK Rheinland-Pfalz in den Regionen Mainz, Trier und Unterfranken (Würzburg), welche Konsequenzen eine Ausweitung der Hebammenleistungen von acht Wochen auf sechs Monate für die gesundheitliche Entwicklung der Mütter und Kinder hat. Eine Ausweitung der Hebammenleistung ist grundsätzlich durch eine entsprechende Regelung in den Mutterschaftsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung über die Versorgung mit Hebammenhilfe möglich. § 134a SGB V soll daher entsprechend ergänzt werden.

21. Zu Artikel 3 Nummer 05 - neu - (§ 134a Absatz 2a - neu - SGB V)

In Artikel 3 ist der Nummer 1 folgende Nummer 05 voranzustellen:

'05. In § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach Absatz 2 folgender Absatz 2a eingefügt:

(2a) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen haben in entsprechender Anwendung der Vertragsregelungen des Absatzes 1 mit geeigneten Einrichtungen Verträge über die Versorgung mit Hebammenhilfe und die Abrechnung der Leistungen zu schließen, wenn in der Einrichtung angestellte Hebammen Leistungen der Hebammenhilfe nach § 196 Reichsversicherungsordnung in Verbindung mit § 134a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im zeitlichen Zusammenhang mit Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch erbringen. Die Vertragsparteien der Verträge nach Absatz 1 legen gemeinsam und einheitlich in Empfehlungen die Anforderungen an die Geeignetheit einer Einrichtung fest." '

Begründung:

Seit dem 1. Januar 2007 ist die Vergütungsregelung für Hebammen auf eine Vertragsregelung umgestellt worden. Nach geltendem Recht können hiernach nur freiberuflich tätige Hebammen oder von Hebammen geleitete

Einrichtungen in der ambulanten Versorgung der GKV tätig sein und zu Lasten der Krankenkassen abrechnen, die entweder Mitglied eines Berufsverbandes sind oder einem von diesem Berufsverband ausgehandelten Vertrag beigetreten ist. Seit dem 1. August 2007 haben die Hebammenverbände mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen einen Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V abgeschlossen. Diese Regelung schließt aus, dass andere Einrichtungen der ambulanten Versorgung Leistungen der Hebammenhilfe der bei ihnen angestellten Hebamme abrechnen können.

Im Zuge der fortschreitenden Flexibilisierung der Versorgungsstrukturen im Gesundheitssektor sind die Abrechnungsmöglichkeiten der Hebamme mit der GKV in geeigneten Fällen zu erweitern. Berufsübergreifende, vernetzte Angebote der Leistungserbringer bekommen zunehmend Bedeutung für eine integrierte und wohnortnahe Versorgung. Mit der Regelung sollen ambulante Versorgungsstrukturen erfasst werden, die auch nicht durch die integrierte Versorgung gemäß §§ 140a ff SGB V angeboten werden können, z.B. die sogenannten Familienhebammen, die kombinierte Leistungen in karitativen Einrichtungen erbringen und nicht zu den sonstigen Leistungserbringern des § 140b Absatz 1 Nummer 4 SGB V gehören.

An der Schnittstelle von Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitsversorgung kommt der Tätigkeit von Familienhebammen eine erhebliche gesellschaftspolitische Bedeutung bei der Förderung der Kindergesundheit zu. Mit ihr wird gravierenden Fehlentwicklungen in der frühen Elternzeit vorgebeugt. Familienhebammen sind in der Regel bei Jugendhilfeträgern, sozialen Einrichtungen oder Jugend- bzw. Gesundheitsämtern angestellt und erbringen neben medizinischen auch sozialpädagogische Leistungen. Die Änderung bezweckt daher, die Möglichkeit der Abrechnung für ambulante Leistungen für eine angestellte Hebamme vorzusehen, um bei Bedarf das Versorgungsangebot flexibel und variabel gestalten zu können.

Die Änderung ermöglicht die Vereinbarung eines Abrechnungsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Einrichtungsträger, das seine Rechtsgrundlage in der Leistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber den Versicherten und in entsprechender Anwendung in dem Vertrag nach § 134a Absatz 1 hat. Die privatrechtlichen Beziehungen der Hebammen zu den Versicherten sowie die berufsrechtlichen Bestimmungen bleiben von der Neuregelung unberührt. Zur Sicherung der Qualität und der Standards der Hebammenhilfe sind die Anforderungen an die Geeignetheit einer Einrichtung von den Kostenträgern und Interessenverbänden einheitlich zu gestalten. Die Vertragsautonomie der in § 134a Absatz 1 benannten Parteien wird mit der Formulierung des letzten Satzes in Absatz 3 bestätigt.

Die vorgesehene Änderung ist als Soll-Regelung weitergehender als die vom Bundesrat beschlossene Kann-Regelung zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - vgl. BR-Drucksache 484/10(B) HTML PDF -.

22. Zu Artikel 3 Nummer 06 - neu - (§ 294a Absatz 1 Satz 1a - neu - SGB V)

In Artikel 3 ist der Nummer 1 folgende Nummer 06 voranzustellen: '06. In § 294a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche

Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

"Die Verpflichtung zur Weitergabe der Angaben über den möglichen Verursacher entfällt, wenn damit der wirksame Schutz eines Kindes oder einer Jugendlichen oder eines Jugendlichen in Frage gestellt oder die Wahrscheinlichkeit einer Kindeswohlgefährdung erhöht wird." '

Begründung:

In der geltenden Fassung führt die Vorschrift zu einer weitgehenden Nichterfassung von Kindeswohlgefährdungen in medizinischen Statistiken, weil Ärzte verhindern wollen, dass die Krankenkassen die übermittelten Daten an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben. Die bisherigen Erkenntnisse des Projekts "Guter Start ins Kinderleben" haben einen entsprechenden Änderungsbedarf sehr deutlich gemacht. § 294a Absatz 1 SGB V ist daher entsprechend zu ergänzen.

23. Zu Artikel 3 Nummer 4 - neu - (§ 41 Absatz 1 Nummer 13 und 14 - neu - BZRG)

Dem Artikel 3 ist nach Nummer 3 - neu - folgende Nummer 4 anzufügen:

'4. In § 41 Absatz 1 Nummer 13 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird der Punkt am

Ende durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 14 angefügt:

"14. den Jugendämtern zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos, wenn ihnen gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt werden und soweit sich das Ersuchen auf Personen bezieht, von denen die Gefährdung ausgeht und die mit dem Kind oder Jugendlichen in häuslicher Gemeinschaft leben." '

Begründung:

Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es nach § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch das Gefährdungsrisiko einzuschätzen. Im Rahmen der Gefährdungsabschätzung kommt dem persönlichen Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen eine entscheidende Bedeutung zu.

Für das Jugendamt können bei der Gefährdungseinschätzung Informationen über eventuelle Vorstrafen von Bezugspersonen des Kindes oder des Jugendlichen zur Konkretisierung der vorhandenen Anhaltspunkte äußerst wertvoll sein. Deswegen forderte der Bundesrat bereits 2006, Jugendämtern eine unbeschränkte Auskunft aus dem Zentralregister einzuräumen, wenn ihnen gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt werden und soweit sich das Ersuchen auf Personen bezieht, von denen die Gefährdung ausgeht und die mit dem Kind oder Jugendlichen in häuslicher Gemeinschaft leben, vgl. BR-Drucksache 817/06(B) HTML PDF .

Zwar können Jugendämter bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung im Einzelfall nach § 31 Absatz 2 BZRG ein erweitertes Behördenführungszeugnis beantragen. Damit haben sich die Informationsmöglichkeiten der Jugendämter bereits verbessert. Zur weiteren Stärkung des Schutzes Minderjähriger sind jedoch zusätzliche Verbesserungen der Informationsbefugnisse der Jugendämter erforderlich. Die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister nach § 41 BZRG hat gegenüber einem erweiterten Behördenführungszeugnis einen entscheidenden Vorteil: Die Frist zur Tilgung von Eintragungen über Verurteilungen aus dem Zentralregister (§ 46 BZRG) ist regelmäßig länger als die Frist zur Nichtaufnahme von Verurteilungen in das Führungszeugnis (§ 34 BZRG). Somit ermöglicht eine Auskunft aus dem Zentralregister eine umfassendere Information über die strafrechtliche Vorgeschichte von Bezugspersonen, da erfolgte Verurteilungen dort länger nachvollziehbar sind.

Die unbeschränkte Auskunft aus dem Zentralregister berührt das Grundrecht der Bezugsperson auf informationelle Selbstbestimmung. Im Rahmen einer Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ist unter Berücksichtigung aller falltypischen Umstände dem Grundrecht des Minderjährigen auf körperliche und seelische Integrität jedoch das größere Gewicht beizumessen. Da nach geltendem Recht die für waffenrechtliche Erlaubnisse, für die Erteilung von Jagdscheinen und für Erlaubnisse zum Halten eines gefährlichen Hundes zuständigen Behörden eine unbeschränkte Auskunft aus dem Zentralregister erhalten können, sollte sie erst recht den Jugendämtern zum Zweck des Schutzes von Minderjährigen eingeräumt werden.

24. Zu Artikel 3 Nummer 5 - neu - (§ 2 Absatz 1 Satz 2 - neu - AdWirkG)

Dem Artikel 3 ist nach Nummer 4 - neu - folgende Nummer 5 anzufügen:

'5. Dem § 2 Absatz 1 des Adoptionswirkungsgesetzes vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2950, 2953), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Voraussetzung hierfür ist der Nachweis, dass eine nach § 2a Absatz 1 des Gesetzes über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern erforderliche internationale Adoptionsvermittlung erfolgreich durchgeführt wurde." '

Begründung:

Im Rahmen der Umsetzung des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 29. Mai 1993 (HAÜ) in das deutsche Recht wurde das Adoptionsvermittlungsrecht an die hohen Qualitätsstandards des HAÜ angepasst. Das gesetzlich geregelte Vermittlungsverfahren dient vor allem dazu, eine allein am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu gewährleisten und jedem Missbrauch, insbesondere dem Handel mit Kindern, vorzubeugen. Gleichwohl bestehen Schutzlücken, da es für Adoptionswillige auch möglich ist, unter Umgehung der deutschen Adoptionsvorschriften und Standards, die Adoption eines Kindes im Ausland zu erwirken. In vielen Fällen findet keine Prüfung der Adoptionseignung der Annehmenden sowie der Adoptionsbedürftigkeit des Kindes statt. Oftmals kann nicht nachvollzogen werden, über welche Kanäle sie zu ihrem Wunschkind kommen und ob dafür Geldleistungen an Vermittler fließen. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass ausländische Adoptionsbeschlüsse erkauft werden.

Die bei einer Auswertung der Verfahren auf Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung bei der Bundeszentralstelle für Auslandsadoption in den Jahren 2005 und 2006 festgestellten "Privatadoptionen" bzw. "unbegleiteten Adoptionen" sind höchst bedenklich. So waren deutsche Adoptionsvermittlungsstellen im Jahr 2005 lediglich in 45 Prozent aller Verfahren beteiligt, im Jahr 2006 lag diese Beteiligung bei 51 Prozent (Schlauß, FamRZ 2007, S. 1699-1702). Neuere Auswertungen hierzu wurden bislang nicht veröffentlicht.

Während Artikel 23 HAÜ die Anerkennung von Adoptionen aus Vertragsstaaten des HAÜ völkerrechtlich festlegt, besteht bei Adoptionen aus Nichtvertragsstaaten sowie den nicht vom Anerkennungsautomatismus des HAÜ erfassten Fällen Handlungsbedarf. Es ist erforderlich, über die Generalklausel des § 109 Absatz 1 Nummer 4 FamFG (ordre public) hinaus, konkret festzulegen, dass Adoptionen, die im Ausland unter Umgehung von deutschen Gesetzen und Standards erfolgt sind, nicht anerkannt werden. Eine solche Bestimmung dient dem effektiven Schutz von Kindern.

Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat in ihrem "Guide to good Practice" ("The Implementation and Operation of the 1993 Intercountry Adoption Convention", 2008) unter der Nummer 10.1.1.6 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "Privatadoptionen" bzw. "unbegleitete Adoptionen" aus dem Ausland mit dem HAÜ unvereinbar sind und die darin enthaltenen Schutzmechanismen unterlaufen. Sie hat die Mitgliedstaaten daher aufgefordert, die Möglichkeit unbegleiteter Adoptionen zu unterbinden.

25. Zu Artikel 3 (Änderung anderer Gesetze)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Aufnahme von Bestimmungen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zum Schutz behinderter Kinder und Jugendlicher, die unter der Verantwortung anderer Sozialleistungsträger durch Einrichtungen und Fachdienste außerhalb der Jugendhilfe betreut werden, erneut zu prüfen bzw. deren Schutz an geeigneter anderer Stelle durch entsprechende Rechtsvorschriften sicherzustellen.

Begründung:

Die mit dem Bundeskinderschutzgesetz intendierte weitere Stärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen durch die staatliche Gemeinschaft muss allen jungen Menschen zuteil werden, unabhängig davon, ob sie in Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe oder unter Verantwortung anderer Sozialleistungsträger betreut werden. Dies gebietet der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz sowie insbesondere auch die UN-Kinderrechtskonvention und als zielgruppenspezifische Rahmennorm die UN-Behindertenrechtskonvention.

Der Bundesrat stellt fest, dass die im Referentenentwurf noch enthaltenen Bestrebungen, durch Einführung eines neuen § 20a SGB IX auch die Rehabilitationsträger selbst auf den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung zu verpflichten, im Kern zurückgenommen und in Artikel 3 Nummer 1 durch einen Neuregelungsvorschlag zu § 21 Absatz 1 SGB IX auf den Verweis zur möglichen Inanspruchnahme eines Beratungsangebotes der öffentlichen Jugendhilfe reduziert wurde.

Zum Schutz behinderter Kinder und Jugendlicher in Einrichtungen und Fachdiensten anderer Sozialleistungsträger sind jedoch analog zu den Bestimmungen für den Geltungsbereich des SGB VIII legislative Maßnahmen zum unmittelbaren Schutz dort betreuter Minderjähriger erforderlich. Zudem ist analog zu den vorgesehenen neuen Bestimmungen des § 72a SGB VIII auch dort ein Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen sicherzustellen. Zwar besteht für die nach § 85 Absatz 2 Nummer 6 SGB VIII für erlaubnispflichtige Einrichtungen auch außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Behörden nach dem neuen § 45 Absatz 3 Nummer 2 SGB VIII das Recht zur Einforderung von Führungszeugnissen nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 BZRG. Dies sichert jedoch keinen durchgängigen Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen.

Auch nach den Ergebnissen des "Runden Tisches" und anderer fachlichen Erkenntnisse zur Thematik des sexuellen Missbrauchs sind gerade auch behinderte junge Menschen in besonderer Weise gefährdet, Opfer von Übergriffen zu werden. Dies erfordert einen durchgängigen, auch rechtlichen Konsens aller Sozialleistungsträger, sich an dieser Stelle der Schutzverantwortung zu stellen. Eine Kompensation dieser Verantwortung durch die in der Regel erst im Nachgang eingeschaltete Kinder- und Jugendhilfe ist nicht möglich.

Der Bundesrat bittet daher, die aufgezeigten Lücken zum Schutz behinderter Kinder und Jugendlicher im Rahmen des Bundeskinderschutzgesetzes zu schließen.

26. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Die Bundesregierung hat mit dem Gesetzentwurf einen Finanzierungsteil vorgelegt, der den Anforderungen einer transparenten Darstellung der durch das Gesetz verursachten Kostenfolgen nicht gerecht wird.

So schätzt beispielsweise die Bundesregierung die Kosten des Anspruchs der Gesundheitsberufe und anderer Berufsgruppen auf Hinzuziehung der Expertise der Kinder-/Jugendhilfe (Artikel 1 - § 4 Absatz 2 KKG, Artikel 2 Nummer 5 - § 8b Absatz 1 SGB VIII) auf 20 Millionen Euro jährlich. Die Bundesregierung beruft sich dabei auf Erfahrungen aus Modellprojekten und Ergebnissen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik sowie abgeleiteten Fallzahlen und weiteren Erfahrungen aus Modellprojekten, ohne die einzelnen Annahmen und Rechenschritte offenzulegen. Die Begründungen zu den anderen Kostenpositionen gleichen diesem Argumentationsmuster.