Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes

969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018

A

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf allgemein

1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die nach dem neuen Wegekostengutachten notwendig gewordene Anpassung der Mautsätze und die dabei vorgenommene Ergänzung um die verursachten Lärmbelastungskosten. Allerdings hält es der Bundesrat angesichts der strukturellen Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur für sachgerecht und notwendig, bei der Bundesfernstraßenmaut von den nach der Richtlinie 2011/76/EU zulässigen Möglichkeiten zur Ausweitung auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht Gebrauch zu machen und die von der Bundesregierung bereits in der Begründung des Gesetzentwurfes zur Dritten Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes vom 7. November 2014 in Aussicht gestellte Ausdehnung der Maut auf Lkw ab 3,5 Tonnen sowie auf Fernbusse jetzt umzusetzen. Bei den vorhandenen Verkehrsinfrastrukturen Straße, Schiene und Wasserstraße liegt ein erheblicher Finanzierungsbedarf vor, um den stattfindenden Werteverzehr durch unzureichende Instandhaltungsmaßnahmen aufzuhalten und schrittweise abzubauen.

[Der Bundesrat hält die bestehende Ausnahmeregelung für Kraftomnibusse in § 1 Absatz 2 BFStrMG für nicht sachgerecht, da schwere Kraftfahrzeuge in besonderem Maße Kosten für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb von Bundesstraßen verursachen und dies auf Nutzfahrzeuge im Güterkraftverkehr und im Personenverkehr durch Kraftomnibusse in gleicher Weise zutrifft. Auch um die intermodalen Wettbewerbsbedingungen für Straßen- und Schienenverkehre sukzessive zu harmonisieren, sind Fernbusse in die Bundesfernstraßenmaut einzubeziehen und an den Kosten für das nachgeordnete Straßennetz ver-ursachergerecht zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund ist die bestehende Ausnahmeregelung für Kraftomnibusse bei der Maut nicht gerechtfertigt und lediglich auf Linienverkehre im öffentlichen Personennahverkehr zu beschränken. Verkehre mit Kraftomnibussen, die ausschließlich im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden, sind von der Maut zu befreien, da diese Verkehre zur Kostendeckung in der Regel von der öffentlichen Hand bezuschusst werden müssen und daher eine weitere Belastung im Sinne des Gemeinwohls kontraproduktiv wäre.]

2. Der Bundesrat hält ferner die in 2011 im BFStrMG eingeführte Zweckbindung der Mauteinnahmen für die Bundesfernstraßeninfrastruktur unter den gegebenen Rahmenbedingungen der Kostenanlastung und Preisbildung für unvereinbar mit einer integrierten Verkehrspolitik. Vielmehr sind Querfinanzierungen in begrenztem Umfang sachgerecht und erforderlich, um das gemeinsame Ziel einer Verlagerung im Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu unterstützen und zu einer sinnvollen und umweltverträglicheren Aufteilung der Verkehrsträger zu gelangen. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, dass die Mauteinnahmen künftig wieder verkehrsträgerübergreifend für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur verwendet werden.

Der Bundesrat stellt fest, dass in der sachlichen und rechtlichen Herleitung mit der Lkw-Maut die Kosten für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb von Straßen verursachergerecht anzulasten sind, um von der Steuer- hin zur Nutzerfinanzierung zu gelangen und zudem die Verlagerung des Gütertransports auf die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße zu unterstützen. Diese Begründung trifft nicht nur auf Bundesstraßen, sondern auf alle Straßennetzteile gleichermaßen zu, da Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs und des Kraftomnibusverkehrs auch außerhalb der Bundesstraßen Kosten verursachen. Die Verkehrsressorts der Länder hatten bereits im Jahr 2013 weitere Nutzerfinanzierungen für erforderlich gehalten und dabei die Option einer Ausweitung der bestehenden Lkw-Maut auf das nachgeordnete Straßennetz genannt. Für diese Ausweitung besitzt der Bund nach Artikel 72 Absatz 2 GG in Verbindung mit Artikel 74 Absatz 1 Nummer 22 GG das Gesetzgebungsrecht (Erhebung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen). Zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse und mittelbar zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ist eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung zu einer eindeutigen Festlegung auf, in welcher Art und Weise der Bund perspektivisch von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch machen wird.

3. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Ansatz der Bundesregierung, Elektro-Lkw von der Lkw-Maut zu befreien, um so den Markthochlauf für diese Fahrzeuge zu unterstützen.

4. Allerdings wird dadurch der im Wettbewerb stehende Schienengüterverkehr benachteiligt. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die finanzielle Belastung des Schienengüterverkehrs bei der Stromsteuer, bei der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) sowie durch die kostenpflichtigen CO₂-Zertifikate des Emissionshandelssystems zu reduzieren und dazu die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Zu den einzelnen Vorschriften

5. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist Doppelbuchstabe aa wie folgt zu fassen:

"aa) Nummer 6 wird wie folgt neu gefasst:

"land- oder fortwirtschaftliche Fahrzeuge im Güterkraftverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h sowie land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 7 Güterkraftverkehrsgesetz," "

Begründung:

Mit der Änderung wird der bisherige Ausnahmetatbestand für lof-Fahrzeuge gemäß GüKG § 2 Absatz 1 Nummer 7 GüKG wiederhergestellt. Höchstrichterliche Entscheidungen hatten die bisherige gleichlautende Auslegung des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) verneint.

Als mit der in 2017 erfolgten Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG) die Mautpflicht für Bundesstraßen ab dem 1. Juli 2018 beschlossen wurde, sollten nach Absicht des Gesetzgebers die Transporte der landwirtschaftlichen Betriebe unter anderem mit klassischen land- oder forstwirtschaftlichen (lof) Zugmaschinen (Ackerschlepper, Geräteträger) für eigene Zwecke weiterhin umfänglich von der Maut befreit sein. Zusätzlich wurde ein Befreiungstatbestand für den geschäftsmäßigen (entgeltlichen) Güterverkehr im landwirtschaftlichen Bereich bis zu einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h eingeführt (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG).

Die Regelung in § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG erfolgte als zusätzlicher Befreiungstatbestand. Für Transporte mit klassischen lof-Zugmaschinen Ackerschlepper und lof-Zugmaschinen Geräteträger war nach allgemeiner Rechtsauffassung ein gesetzlicher Befreiungstatbestand nicht nötig, da die nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) erfassten Transporte kein "Güterkraftverkehr" im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 Variante 2 BFStrMG darstellen.

Nach mehreren jüngsten Gerichtsentscheidungen - unter anderem des OVG Münster (Beschluss vom 26. Oktober 2016, AZ: 9(B) 550/16 (PDF) ) - hat die Definition des Begriffs "Güterkraftverkehr" im Sinne des BFStrMG nicht mehr unter Berücksichtigung der Ausnahmen des § 2 GüKG zu erfolgen. Dieser Rechtsauffassung hat sich das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Ende April dieses Jahres angeschlossen.

Dies hat zur Folge, dass ab dem 1. Juli 2018 auch die Transporte der landwirtschaftlichen Betriebe für eigene Zwecke oder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder im Rahmen von Maschinenringen, sofern diese Fahrzeuge über eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h verfügen, der Mautpflicht unterliegen.

Ersichtlich war und ist diese Verfahrensweise hinsichtlich der landwirtschaftlichen Transporte vom Gesetzgeber nicht gewollt. Klassische lof-Zugmaschinen Ackerschlepper (Traktoren) und lof-Zugmaschinen Geräteträger mit einer höheren bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit als 40 km/h, die für Feldarbeiten konstruiert sind, sollten nach der gesetzgeberischen Intention zur Einführung der Maut auf Bundesstraßen auch künftig nicht der Mautpflicht unterfallen, soweit diese für die übliche Beförderung von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern oder Erzeugnissen gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 7 GüKG verwendet werden.

Die Ergänzung um forstwirtschaftliche Fahrzeuge am Anfang des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG dient lediglich der redaktionellen Klarstellung, dass forstwirtschaftliche Fahrzeuge ebenfalls dieser Ausnahmeregelung unterfallen. Dies entspricht der bereits gelebten Auslegungspraxis und im Übrigen auch der gesetzlichen Gleichbehandlung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen im Deutschen Verkehrsrecht.

Der Wegfall des Wortes "geschäftsmäßig" inklusive der Änderung des Wortes "Güterverkehr" durch "Güterkraftverkehr" dient ebenfalls der Klarstellung hinsichtlich der aktuellen Auslegung des Begriffs "geschäftsmäßig" durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG), wonach "entgeltliche Transporte (gewerblicher Güterkraftverkehr) nicht vom Mautbefreiungstatbestand des § 1 Absatz 2 Nummer 6 BFStrMG nicht umfasst" seien. Der Grund für den Ausschluss entgeltlicher Transporte von der Mautbefreiung ist nicht ersichtlich. Vor allem ist dieser Ausschluss nicht mit dem Begriff des geschäftsmäßigen Güterverkehrs in Einklang zu bringen und würde im Ergebnis die Motive des Gesetzgebers zur Schaffung der Ausnahme des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG konterkarieren.

Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit wird nach dem GüKG wie folgt definiert:

"Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit setzt voraus, dass der Beförderer zumindest beabsichtigt, die wiederholte Beförderung zum Gegenstand seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Betätigung zu machen." Damit ist ersichtlich, dass auch entgeltliche Transporte geschäftsmäßig in diesem Sinne sind, denn auch hier beabsichtigt der Beförderer, die wiederholte Beförderung zum Gegenstand seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Betätigung zu machen. Insofern ist der Begriff "entgeltlich" Teil des Begriffs "geschäftsmäßig" bzw. der Begriff "geschäftsmäßig" ist der Überbegriff, in welchem der Begriff "entgeltlich" mit enthalten ist.

Würde nun die gegenteilige Auffassung des BAG zutreffend sein, so hätte dies weitreichende Folgen für die Praxis. Entgeltliche Transporte würden nicht der Ausnahme für landwirtschaftliche Fahrzeuge unterfallen. Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG geregelte Ausnahme würde zu einem großen Teil "leerlaufen". Für die Kontrolle wäre dies mit einem hohen Aufwand verbunden, weil schwer kontrollierbar.

6. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 BFStrMG)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 wie folgt zu fassen:

"7. elektrisch betriebene Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, deren Reichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 40 Kilometer beträgt."

Begründung:

Unter § 2 Nummer 1 EmoG fallen auch von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge, wobei keine Mindestreichweite für den elektrischen Antrieb vorgegeben ist. Eine Befreiung von Plugin-Hybrid-Lkw mit einer sehr geringen elektrischen Reichweite ist aus umweltpolitischer Sicht nicht zweckdienlich. Signifikante positive Effekte auf THG-Emission, Luftbelastung und Lärmbelastung sind nur mit einer Mindestreichweite zu erwarten. Es bedarf somit der Einführung einer Mindestreichweite zur Mautbefreiung der von außen aufladbaren Hybridelektrofahrzeuge. Diese ist in § 3 Absatz 2 Nummer 2 derzeit mit 40 Kilometern festgesetzt.

7. Zu Artikel 1 Nummer 8 (Anlage 1 (zu § 3 Absatz 3) Nummer 3 BFStrMG)

In Artikel 1 Nummer 8 ist Anlage 1 (zu § 3 Absatz 3) Nummer 3 wie folgt zu fassen:

"3. Mautteilsätze für die verursachten Lärmbelastungskosten je Kilometer nach § 3 Absatz 1 Nummer 3:

Tag (6:00 - 22:00 Uhr): 0,002 Euro
Nacht (22:00 - 6:00 Uhr): 0,003 Euro."

Begründung:

Der Gesetzentwurf wird dem Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik durch eine schadstoff- und lärmabhängige Anrechnung der Kosten verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung nicht gerecht. Entgegen Artikel 7c Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (2011/76/EU) erfolgt keine Differenzierung der Kosten für die verkehrsbedingte Lärmbelastung.

Vor allem die nächtlichen verkehrsbedingten Lärmemissionen führen zu Gesundheitsschäden bei den Anwohnern an Fernstraßen. Daher sollte die in der EU-Richtlinie vorgesehene Differenzierung auf jeden Fall berücksichtigt werden.

B

8. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.