Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

A. Problem und Ziel

Das Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 regelt die Überleitung von Nutzungsverträgen über Grundstücke, die in der DDR begründet worden sind, in das Miet- und Pachtrecht des BGB. Der Geltung dieses Gesetzes unterfallen zum gegenwärtigen Zeitpunkt insbesondere noch Nutzungsverträge über Erholungsgrundstücke im Beitrittsgebiet, die von den Nutzerinnen und Nutzern bis zum Ablauf des 16. Juni 1994 mit einem Wochenendhaus (sogenannte Datsche) bebaut worden sind.

Am 3. Oktober 2015 endet der besondere Kündigungsschutz mit der Folge, dass die vor dem Beitritt begründeten Nutzungsverträge nach den allgemeinen Bestimmungen kündbar sind (§ 23 Absatz 4 SchuldRAnpG). Es steht zu erwarten, dass viele Eigentümerinnen und Eigentümer von der ihnen gewährten Kündigungsmöglichkeit erstmals Gebrauch machen werden und zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer das Wochenendgrundstück und die von ihnen errichteten Baulichkeiten herauszugeben haben.

Mit Beendigung des Nutzungsverhältnisses geht das nach dem Recht der DDR begründete und vom Grundstück getrennte Gebäudeeigentum des Nutzers an der vom ihm errichteten Baulichkeit auf den Grundstückseigentümer über. Der Grundstückseigentümer hat den Nutzer zwar grundsätzlich für das Bauwerk zu entschädigen. Endet das Vertragsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Eigentümerkündigung jedoch nach dem 3. Oktober 2022 und entschließt sich der Grundstückseigentümer für den Abbruch der Datsche, haben die Nutzerinnen und Nutzer die Hälfte der Abbruchkosten zu tragen, ohne dass sie eine Entschädigung für die Errichtung der Baulichkeit beanspruchen können. Wird das Nutzungsverhältnis erst nach Ablauf des 3 1. Dezember 2022 beendet, ist der Nutzer sogar zur Beseitigung der Datsche auf eigene Kosten verpflichtet.

Die nach dem Recht der DDR begründeten Nutzungsverträge über Erholungsgrundstücke waren faktisch unkündbar. Im Vertrauen auf den Fortbestand ihrer Nutzungsrechte haben Nutzerinnen und Nutzer zum Teil erhebliche Investitionen in Errichtung und Ausbau von Baulichkeiten getätigt. Erholungsgrundstücke im Beitrittsgebiet hatten für ihre Nutzerinnen und Nutzer einen beträchtlichen sozialen, insbesondere ideellen Stellenwert. Diesen haben die noch fortbestehenden Nutzungsverhältnisse im Wesentlichen auch heute noch.

B. Lösung

Die Überleitung der während der Zeit der DDR begründeten Nutzungsverträge in das Miet- und Pachtrecht des BGB soll im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer sozialverträglich gestaltet und zeitlich ausgedehnt werden. Die derzeit geltende Kündigungsschutzfrist für bebaute Erholungsgrundstücke soll deshalb um drei Jahre bis zum 3. Oktober 2018 verlängert werden.

Darüber hinaus soll die Kostentragungspflicht zu den Abbruchkosten neu geregelt werden. Die jetzige Regelung belastet Nutzerinnen und Nutzer über Gebühr. Die gegenläufigen Interessen des Grundstückseigentümers und Nutzers sollen in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

Die Neuregelung kann insofern finanzielle Auswirkungen auf Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken zeitigen, als es diesen innerhalb der verlängerten Kündigungsschutzfrist verwehrt bleibt, ihre vollen Eigentümerbefugnisse auszuüben, insbesondere ihr Grundstück frei von etwaigen Nutzungsbeschränkungen zu veräußern. Darüber hinaus wird sich die Neuregelung zu den Abbruchkosten insofern zulasten der Grundstückseigentümer auswirken, als diese im Regelfall selbst die Kosten für den Abbruch der vom Nutzer errichteten Baulichkeiten zu tragen haben. Der mit der Neuregelung verbundene erhöhte Kostenaufwand für Grundstückseigentümer, der hier nicht näher beziffert werden kann, kann sich auch auf die öffentlichen Haushalte auswirken, weil die betroffenen Grundstücke häufig im Eigentum von Kommunen stehen.

Gesetzentwurf des Bundesrates

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 923. Sitzung am 13. Juni 2014 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Das Schuldrechtsanpassungsgesetz vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

"Kapitel 7
Übergangsvorschrift

§ 58 Übergangsvorschrift zu § 15

Auf Vertragsverhältnisse, die vor dem ... [Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] beendet sind, ist § 15 in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Problem und Ziel

Das Schuldrechtsanpassungsgesetz leitet die Rechtsverhältnisse über die Nutzung von Erholungsgrundstücken und Garagen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung in das System des Miet- und Pachtrechts des BGB über.

Das Vertragsverhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer ist durch das Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) geprägt. Die während der Zeit der DDR abgeschlossenen Nutzungsverträge über Bodenflächen zu anderen persönlichen Zwecken als Wohnzwecken konnten vom Grundstückseigentümer nach § 314 Absatz 3 ZGB nur ausnahmsweise gekündigt werden, wenn gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe oder dringender Eigenbedarf vorlagen. Aufgrund dieser nahezu unkündbaren Rechtsposition und im Vertrauen auf den Fortbestand der damals geltenden Rechtslage haben Nutzerinnen und Nutzer teilweise erhebliche Investitionen in die Errichtung und den Ausbau von Baulichkeiten, insbesondere von Datschen, getätigt.

Das Schuldrechtsanpassungsgesetz sieht zur Überleitung dieser Nutzungsverhältnisse in BGB-konforme Rechtsverhältnisse einen abgestuften Kündigungsschutz und besondere Regelungen zu Entschädigungen und zur Übernahme von Abbruchkosten vor.

Der besondere Kündigungsschutz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes endet zum 3. Oktober 2015 (§ 23 Absatz 4 SchuldRAnpG). Ab dem 4. Oktober 2015 kann das Nutzungsverhältnis uneingeschränkt nach den miet- bzw. pachtrechtlichen Bestimmungen des BGB gekündigt werden.

Darüber hinaus gilt die in § 15 SchuldRAnpG vorgesehene besondere Regelung zur Verteilung der Abbruchkosten nur noch bis zum 3 1. Dezember 2022. Nach Ablauf dieses Übergangszeitraums gelten die allgemeinen Bestimmungen, wonach Nutzerinnen und Nutzer zur Rückgabe des Grundstücks in seinem ursprünglichen Zustand verpflichtet sind. Für etwaige Bauwerke würde der Nutzer nicht nur keine Entschädigung mehr beanspruchen können; er müsste die von ihm errichtete Baulichkeit auch noch auf eigene Kosten abreißen lassen.

Den bebauten Erholungsgrundstücken im Beitrittsgebiet, die vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes umfasst sind, kommt für Nutzerinnen und Nutzer auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ein sozialer, insbesondere ideeller Stellenwert zu. Die bestehende Rechtslage erweist sich als unzulänglich, die widerstreitenden Nutzer- und Eigentümerinteressen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, und bedarf der Anpassung.

II. Wesentlicher Inhalt

Zum Schutz des Vertrauens der Nutzerinnen und Nutzer in den Fortbestand der bei Eingehung des Nutzungsvertrages geltenden Rechtslage und der Amortisation ihrer auf das Grundstück getätigten Investitionen solI der Ablauf der besonderen Kündigungsschutzfrist in § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG vom 3. Oktober 2015 auf den 3. Oktober 2018 hinausgeschoben werden. Damit wird der Zeitraum zur Überleitung der dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterfallenden Nutzungsverhältnisse in das Miet- und Pachtrecht des BGB um drei Jahre verlängert. Davon umfasst sind Nutzungsverhältnisse über Erholungsgrundstücke, die vom Nutzer bis zum Ablauf des 16. Juni 1994 bebaut worden sind.

Zugleich soll die Kostentragungspflicht zu den Abbruchkosten neu geregelt werden. Dazu soll die Pflicht des Nutzers zur Übernahme von Abbruchkosten in § 15 SchuldRAnpG nur noch auf Härtefälle beschränkt werden.

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes. Der Gesetzentwurf trifft Regelungen auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts.

IV. Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Eine Verlängerung der Kündigungsschutzfrist in § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG um weitere drei Jahre bis zum 3. Oktober 2018 ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden. Sie erweist sich als erforderlich und angemessen, um die Folgen der Überleitung der betroffenen Nutzungsverhältnisse an das Miet- und Pachtrecht des BGB zugunsten der betroffenen Nutzerinnen und Nutzer abzumildern.

Insbesondere steht einer Gesetzesänderung nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Schuldrechtsanpassungsgesetz (vgl. Beschluss vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 995/95 -) entgegen. Darin hat sich das BVerfG lediglich mit der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Rechtslage befasst, ohne anderweitige Ausgestaltungen sowie künftige Anpassungen auszuschließen. Weiterhin hat das Gericht einen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse anerkannt.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass sich der fortgeltende Kündigungsschutz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes nur noch auf einen Teilbereich der ursprünglich bei Erlass des Gesetzes erfassten Nutzungsverhältnisse beschränkt: Zum geschützten Personenkreis zählen nur noch Nutzerinnen und Nutzer, die mit dem Grundstückseigentümer vor dem 3. Oktober 1990 nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches der DDR einen Nutzungsvertrag über ein im Beitrittsgebiet gelegenes Grundstück abgeschlossen und dieses Grundstück bis zum Ablauf des 16. Juni 1994 bebaut haben. Der Kündigungsschutz für unbebaute oder erst später bebaute Grundstücke ist bereits abgelaufen. Entsprechende Nutzungsverträge bleiben von der verlängerten Kündigungsschutzfrist des § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG unberührt.

Darüber hinaus besteht für diese Nutzerinnen und Nutzer die bei Erlass des Schuldrechtsanpassungsgesetzes maßgebliche Interessenlage, die die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse rechtfertigte, auch weiter fort, so dass sich aus heutiger Sicht eine Verlängerung der Übergangsfrist als angezeigt erweist. Dafür spricht bereits, dass der geschützte Nutzerkreis grundsätzlich personenidentisch ist mit jenen Nutzerinnen und Nutzern, die selbst mit dem Grundstückseigentümer noch vor der Wiedervereinigung im Vertrauen auf den Fortbestand der damaligen Rechtslage den Nutzungsvertrag abgeschlossen und das Grundstück bebaut haben. Ausnahmsweise wird bei ihrem Tod der ursprüngliche Nutzungsvertrag mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt, wenn auch der überlebende Ehegatte Nutzer ist (§ 16 Absatz 2 SchuldRAnpG). Im Übrigen ist der Grundstückseigentümer bei Tod des Nutzers zur Kündigung des Vertrages berechtigt (§ 16 Absatz 1 SchuldRAnpG).

Bei Eingehung des Nutzungsverhältnisses konnten Nutzerinnen und Nutzer nach dem Recht der DDR auf den dauernden Fortbestand des Vertrages, der faktisch nahezu unkündbar war, vertrauen. Im Bewusstsein einer eigentümerähnlichen Stellung haben sie zum Teil erhebliche Investitionen in die Errichtung von Baulichkeiten auf diesen Grundstücken getätigt, die sie auch heute noch nutzen. Auch wenn sich der Nutzungszweck im Laufe der Zeit gewandelt hat, kommt den bebauten Wochenendgrundstücken auch heute noch eine beachtliche soziale Funktion zu. Weiterhin dient die Datsche neben Freizeit- und Erholungszwecken auch dem Ausgleich für beengte Wohnverhältnisse und steigende Grundstückspreise, insbesondere in Ballungsgebieten.

Die Privatnützigkeit des Eigentums ist bei Verlängerung des Übergangszeitraums bis zum 3. Oktober 2018 auch weiterhin gewährleistet. Zum einen stellt die Nutzungsentgeltregelung des § 20 SchuldRAnpG in Verbindung mit § 3 Nutzungsentgeltverordnung sicher, dass der Eigentümer für die Nutzung seines Grundstücks ein Entgelt bis zur Höhe des ortsüblichen Entgelts beanspruchen kann.

Zum anderen räumt § 23 SchuldRAnpG dem Grundstückseigentümer bereits vor Ablauf der verlängerten Kündigungsschutzfrist verschiedene Kündigungsmöglichkeiten ein. Mit zunehmendem Zeitablauf haben sich die Kündigungsmöglichkeiten des Eigentümers seit Erlass des Schuldrechtsanpassungsgesetzes sukzessive erweitert: Seit dem 1. Januar 2000 kann der Grundstückseigentümer den Nutzungsvertrag kündigen, wenn er das Grundstück zu eigenen Wohnzwecken benötigt und seine Interessen bei der Abwägung mit den berechtigten Interessen des Nutzers überwiegen (§ 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SchuldRAnpG). Seit dem 1. Januar 2005 kann der Eigentümer wegen Eigenbedarfs zu Wohnzwecken sogar ohne Berücksichtigung von Nutzerbelangen kündigen (§ 23 Absatz 3 Nummer 1 SchuldRAnpG). Ferner können Eigentümerinnen und Eigentümer kündigen, wenn sie das Grundstück einer im Bebauungsplan vorgesehenen geänderten Nutzung zuführen wollen (§ 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SchuldRAnpG). Seit 1. Januar 2005 ist der Eigentümer auch dann zur Kündigung wegen Eigenbedarfs berechtigt, wenn er das Grundstück selbst zu kleingärtnerischen Zwecken, zur Erholung oder Freizeitgestaltung nutzen will und ihm der weitere Ausschluss seines Kündigungsrechts unter Berücksichtigung der Interessen des Nutzers nicht zugemutet werden kann (§ 23 Absatz 3 Nummer 2 SchuldRAnpG).

Dabei erstarkt das Kündigungsrecht des Eigentümers nach § 23 Absatz 3 Nummer 2 SchuldRAnpG mit fortschreitendem Zeitablauf und gewinnt bei Verlängerung der Kündigungsschutzfrist in § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG weiter an Gewicht: Nach den Vorgaben des BVerfG (a.a. O.) ist den berechtigten Interessen des Eigentümers im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung mit den Interessen des Nutzers mit fortschreitender Zeit zunehmend mehr Gewicht einzuräumen. Dies gilt umso mehr, als sich die Kündigungsschutzfrist um weitere drei Jahre verlängert. Mit zunehmendem Ablauf der Übergangsfrist wird die Zumutbarkeit des Kündigungsausschlusses für Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken im Falle des Eigenbedarfs nach der genannten Vorschrift dementsprechend immer seltener anzunehmen sein.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht Kapital 7 - neu - SchuldRAnpG-E)

Die Inhaltsübersicht wird um ein weiteres Kapitel und eine weitere Vorschrift ergänzt.

Zu Nummer 2 (§ 15 SchuldRAnpG-E)

In Anlehnung an das Recht und die Rechtswirklichkeit der DDR sind Nutzerinnen und Nutzer nach § 15 Absatz 1 Satz 1 SchuldRAnpG bei Vertragsbeendigung nicht zur Beseitigung eines entsprechend den Vorschriften der DDR errichteten Bauwerks verpflichtet. Die Eigentümerin bzw. der Eigentümer konnte das Nutzungsverhältnis nur bei Vorliegen gesellschaftlich gerechtfertigter Gründe oder dringenden Eigenbedarfs kündigen (§ 314 Absatz 3 ZGB). Die grundsätzlich unbefristeten Nutzungsverhältnisse waren damit faktisch unkündbar. Im Vertrauen auf den Fortbestand ihrer Nutzungsrechte haben Nutzerinnen und Nutzer teilweise erhebliche Investitionen in Errichtung und Ausbau von Baulichkeiten, insbesondere Datschen, vorgenommen. Soweit dem Nutzer ausnahmsweise durch den Grundstückseigentümer wegen dringenden Eigenbedarfs gekündigt wurde, war dieser zum Ankauf einer vom Nutzer errichteten Baulichkeit verpflichtet (§ 314 Absatz 6 ZGB). Bei der Errichtung eines Bauwerks durfte der Nutzer mithin davon ausgehen, einen bleibenden Wert zu schaffen, für den er im seltenen Fall der Vertragsbeendigung einen finanziellen Ausgleich erhalten würde.

Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung war vorgesehen, Nutzerinnen und Nutzer grundsätzlich von der Pflicht zur Beseitigung eines rechtmäßig errichteten Bauwerks und der Übernahme von Abbruchkosten zu befreien (vgl. BT-Drucksache 012/7135, S. 48f.). Die Pflicht des Grundstückseigentümers zur alleinigen Übernahme von Abbruchkosten sollte jedoch für ihn nicht zu einer unzumutbaren Belastung werden. Daher war im Regierungsentwurf auch bestimmt, dass in Härtefällen die Abbruchkosten zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer ausnahmsweise aufgeteilt werden.

Im Gesetzgebungsverfahren ist § 15 SchuldRAnpG-E des damaligen Regierungsentwurfs verschiedenen Änderungen unterworfen worden. Auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages bestimmt sich die Frage, ob und zu welchem Anteil sich Nutzerinnen und Nutzer an den Abbruchkosten zu beteiligen haben, bei einer ordentlichen Eigentümerkündigung nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses. Endet das Vertragsverhältnis noch vor Ablauf der siebenjährigen Investitionsschutzfrist, die sich an die Kündigungsschutzfrist anschließt, trägt die Eigentümerin bzw. der Eigentümer die Abbruchkosten allein. Endet das Vertragsverhältnis nach Ablauf der Investitionsschutzfrist, hat die Nutzerin bzw. der Nutzer die Hälfte der Abbruchkosten zu zahlen (vgl. § 15 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 12 Absatz 2 SchuldRAnpG).

Darüber hinaus geht § 15 Absatz 3 SchuldRAnpG auf die Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages zurück, wonach die allgemeinen Vorschriften gelten, wenn das Vertragsverhältnis nach Ablauf des 3 1. Dezember 2022 endet. Nach allgemeinem Miet- und Pachtrecht besteht grundsätzlich die Verpflichtung zur Rückgabe der Sache in ihrem ursprünglichen Zustand. Etwaige Bauwerke müssen vom Nutzer also auf seine Kosten beseitigt werden.

Die aktuelle Regelung führt im Falle einer ordentlichen Eigentümerkündigung eines Erholungsgrundstücks, das von Nutzerinnen oder Nutzern rechtmäßig mit einer Datsche bebaut worden ist und dem besonderen Kündigungsschutz bis zum 3. Oktober 2015 unterliegt, dazu, dass die Nutzerin bzw. der Nutzer bei Vertragsbeendigung bis zum 3. Oktober 2022 (Phase 1) überhaupt keine Abbruchkosten trägt, bei Beendigung im Zeitraum zwischen dem 4. Oktober 2022 und dem 31. Dezember 2022 (Phase 2) die Hälfte der Abbruchkosten und ab dem 1. Januar 2023 (Phase 3) sämtliche Abbruchkosten allein zu tragen hat. Dieser Regelung wohnt kein angemessener Interessenausgleich inne. Insbesondere mutet die besonders kurze Phase 2 (vom 4. Oktober 2022 bis zum 3 1. Dezember 2022) als gesetzgeberisches Versehen an. Es wird kaum ein Eigentümer, der den Abbruch von Baulichkeiten beabsichtigt, eine Vertragsbeendigung in dieser Phase anstreben. Dieser wird vielmehr noch kurze Zeit mit der Kündigung zuwarten, um vom Nutzer die Übernahme sämtlicher Abbruchkosten beanspruchen zu können.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass dem Nutzer nach Ablauf der Investitionsschutzfrist (Phase 2 und 3) bei Abriss seiner Datsche auch keine Entschädigung mehr zusteht. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich gemäß § 12 Absatz 3 SchuldRAnpG in diesem Fall nach der Höhe des durch das Bauwerk erhöhten Verkehrswertes des Grundstücks. Dabei wird eine Verkehrswerterhöhung nach der Gesetzesbegründung nur dann angenommen, wenn ein für den Grundstückseigentümer "realisierbarer Wert" der Baulichkeit vorhanden ist (vgl. BT-Drucksache 012/7135, S. 47). Beabsichtigt der Grundstückseigentümer die Beseitigung der Anlage, erfährt das Grundstück durch die vom Nutzer errichtete Baulichkeit keine Erhöhung des Verkehrswertes mehr, so dass die Nutzerin bzw. der Nutzer auch keine Entschädigung beanspruchen kann.

Die besondere Belastung der Nutzerin bzw. des Nutzers bei einer Beendigung des Nutzungsverhältnisses ab dem 1. Januar 2023 (Phase 3) ist evident: Der Nutzer verliert nicht nur die Nutzungsmöglichkeit am Erholungsgrundstück und der von ihm errichteten Baulichkeit. Er hat darüber hinaus das von ihm errichtete Gebäude auch noch auf eigene Kosten abzureißen, ohne eine Entschädigung beanspruchen zu können.

Die Überleitung zu einer BGB-konformen Rechtslage nach Pacht- und Mietrecht erfordert keine Pflicht des Nutzers, Abbruchkosten zu tragen. Eine Gleichbehandlung mit den miet- und pachtrechtlichen Vorschriften ist insbesondere deshalb nicht angezeigt, weil die Eigentümerin bzw. der Eigentümer des Grundstücks nach dem Nutzungsvertrag damit rechnen musste, dass ihr bzw. sein Grundstück nach § 313 Absatz 2 ZGB mit einem Wochenendhaus bebaut werden darf.

Die Neuregelung beseitigt das aufgezeigte Missverhältnis und begrenzt die Pflicht des Nutzers zur Übernahme von Abbruchkosten auf Härtefälle. Davon werden unter anderem Fälle erfasst, in denen die Abbruchkosten im Verhältnis zum Verkehrswert des Grundstücks unverhältnismäßig hoch sind oder der Nutzer durch unterlassene Instandhaltung des Bauwerks die Ursache für die erforderliche Beseitigung der Anlage gesetzt hat, so dass es der Eigentümerin bzw. dem Eigentümer des Grundstücks nicht zugemutet werden kann, die Abbruchkosten allein zu tragen.

Zu Nummer 3 (§ 23 Absatz 4 SchuldRAnpG-E)

In § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG soll die Geltung der allgemeinen Vorschriften vom 4. Oktober 2015 auf den 4. Oktober 2018 hinausgeschoben werden. Der besondere Kündigungsschutz wird damit um drei Jahre verlängert. Dem verlängerten Kündigungsschutz unterfallen nur bestimmte Nutzungsverträge: Es muss sich um einen Altvertrag handeln, also einen Nutzungsvertrag über ein Grundstück im Beitrittsgebiet, der noch vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossen worden ist (vgl. §§ 2f. SchuldRAnpG). Weitere Voraussetzung ist, dass das bebaute Grundstück vom selben Nutzer, der das Nutzungsverhältnis eingegangen ist, bzw. von dessen überlebendem Ehegatten (vgl. § 16 Absatz 2 SchuldRAnpG) noch tatsächlich genutzt wird. Zudem muss das Grundstück durch die Nutzerin bzw. den Nutzer noch bis zum Ablauf des 16. Juni 1994 bebaut worden sein.

Der besonderen Kündigungsschutzfrist nach § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG unterfallen nach geltendem Recht keine Nutzungsverträge über unbebaute oder später bebaute Grundstücke. Der Kündigungsschutz für solche Verträge endete bereits zum 3 1. Dezember 2002 (vgl. § 23 Absatz 6 Satz 1 SchuldRAnpG). Diesen gleichgestellt sind Grundstücke, die nicht vom Nutzer selbst, sondern von einem Dritten oder dem Grundstückseigentümer bebaut wurden, und solche, die rechtswidrig mit einer Baulichkeit (Schwarzbau) versehen wurden. Der besondere Kündigungsschutz nach § 23 SchuldRAnpG gilt ferner auch dann nicht, wenn die Berechtigten die tatsächliche Nutzung aufgegeben haben und auf Dauer nicht mehr ausüben (vgl. BVerfG, a.a. O.). Nutzerinnen und Nutzer, denen schon nach bisher geltender Rechtslage der besondere Kündigungsschutz des § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG nicht zugute kam, werden auch nicht von der verlängerten Kündigungsschutzfrist profitieren, weil der Kreis der geschützten Nutzerinnen und Nutzer durch die Änderung nicht erweitert wird.

Bei den in den besonderen Kündigungsschutz des § 23 Absatz 4 SchuldRAnpG einbezogenen Personenkreis gilt die ursprüngliche - bei Erlass des Schuldrechtsanpassungsgesetzes maßgebliche - Interessenlage weitgehend fort. Im Vertrauen auf den dauerhaften Fortbestand des Nutzungsverhältnisses und im Bewusstsein einer nahezu eigentümerähnlichen Stellung hinsichtlich des Grundstücks haben diese Nutzerinnen und Nutzer nach dem Recht der DDR teilweise erhebliche Investitionen in Errichtung und Ausbau von Wochenendhäusern getätigt. Über den materiellen Stellenwert hinaus kommt den bebauten Grundstücken für die Nutzerinnen und Nutzer eine hohe soziale, insbesondere auch ideelle Bedeutung zu, die - durch frühere Erfahrungen und Lebensgewohnheiten geprägt - auch heute noch fortbesteht.

Der zur Umstellung auf BGB-konforme Rechtsverhältnisse erforderliche Zeitbedarf ist weiterhin gegeben. Deshalb soll der Übergangszeitraum um drei Jahre bis zum 3. Oktober 2018 verlängert werden. Durch Verlängerung der besonderen Kündigungsschutzfrist verschiebt sich auch der Beginn der Investitionsschutzfrist, die sich an die Kündigungsschutzfrist anschließt (vgl. § 12 Absatz 2 SchuldRAnpG).

Zu Nummer 4 (Kapitel 7 -neu-, § 58 - neu - SchuldRAnpG-E)

Die Bestimmung dient der Klarstellung. Sie soll Streitigkeiten über die Anwendung der Neuregelung des § 15 SchuldRAnpG vermeiden. Maßgeblich ist danach, ob das Nutzungsverhältnis vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits beendet ist. In diesem Fall ist § 15 SchuldRAnpG in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.