Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen (2006/2200(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 304830 - vom 20. März 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 14. Februar 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass es in seiner Entschließung vom 6. Juli 2006 beschlossen hat, dass der nichtständige Ausschuss seine Tätigkeit für die verbleibende Zeit des bestehenden Mandats von 12 Monaten unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 175 seiner Geschäftsordnung über eine etwaige Verlängerung fortsetzen wird,

B. in der Erwägung, dass das Parlament durch die Annahme seiner Entschließung vom 22. November 1990 zur Affaire Gladio6 schon vor mehr als 16 Jahren auf das Vorhandensein geheimer Tätigkeiten unter Beteiligung von Geheimdiensten und militärischen Organisationen außerhalb jeglicher angemessener demokratischer Kontrolle hingewiesen hat,

C. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen aufgrund des Gemeinschaftsrechts und des internationalen Rechts nicht dadurch umgehen können, dass sie es den Geheimdiensten anderer Länder, die weniger strengen gesetzlichen Auflagen unterliegen, gestatten, in ihrem Hoheitsgebiet tätig zu werden; in der Erwägung ferner, dass die Tätigkeit von Geheimdiensten nur dann den Grundrechten entspricht, wenn angemessene Maßnahmen zu ihrer Überwachung vorgesehen sind,

D. in der Erwägung, dass der Grundsatz der Unverletzlichkeit der Menschenwürde in den internationalen Menschenrechtsgesetzen festgehalten ist, insbesondere in der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in der Präambel und in Artikel 10 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, und dass dieser Grundsatz durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte garantiert wird; in der Erwägung ferner, dass dieser Grundsatz in den Verfassungen den meisten Mitgliedstaaten und in Artikel 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union7 enthalten ist und in keiner Weise untergraben werden sollte, auch nicht für Zwecke der Sicherheit in Friedens oder Kriegszeiten,

E. in der Erwägung, dass der Grundsatz der Unverletzlichkeit der Menschenwürde jedem anderen durch internationale, europäische und nationale Menschenrechtsinstrumente garantierten Grundrecht zugrunde liegt, insbesondere dem Recht auf Leben, dem Recht auf Freiheit in Bezug auf Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit, dem Recht auf Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein unparteiisches Gericht,

F. in der Erwägung, dass außerordentliche Überstellungen und geheime Inhaftierungen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen implizieren, insbesondere Verstöße gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und in Extremfällen das Recht auf Leben; in der Erwägung ferner, dass in einigen Fällen, in denen die Überstellung zu einer geheimen Inhaftierung wird, diese eine Zwangsverschleppung darstellt,

G. in der Erwägung, dass das Verbot von Folter eine zwingende Norm des Völkerrechts darstellt (jus cogens), von der keine Abweichung möglich ist, und dass die Verpflichtung zum Schutz gegen Folter, zu deren Ermittlung und Bestrafung eine allen Staaten gemeinsame Verpflichtung darstellt (erga omnes), wie dies in Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, in Artikel 3 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der entsprechenden Gesetzgebung, in Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie in den nationalen Verfassungen und Rechtsvorschriften vorgesehen ist; in der Erwägung ferner, dass die auf europäischer und internationaler Ebene angenommenen besonderen Übereinkommen und Protokolle über Folter und entsprechende Überwachungsmechanismen die Bedeutung belegen, die dieser unverletzlichen Norm von der internationalen Gemeinschaft beigemessen wird; in der Erwägung, dass die Anwendung diplomatischer Zusicherungen mit dieser Norm unvereinbar ist H. in der Erwägung, dass in Demokratien, in denen die Rechtstaatlichkeit eine Selbstverständlichkeit darstellt, Terrorismus nicht dadurch erfolgreich bekämpft werden kann, dass die Grundsätze selbst, die der Terrorismus zu zerstören sucht, geopfert oder eingeschränkt werden, und dass der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten niemals in Frage gestellt werden darf; in der Erwägung ferner, dass Terrorismus mit rechtlichen Mitteln sowie unter Beachtung der internationalen und nationalen Gesetze besiegt werden kann und muss,

I. in der Erwägung, dass im Rahmen sowohl des internationalen wie auch des nationalen Rechts wirksame Rechtsinstrumente zur Bekämpfung von Terrorismus geschaffen werden müssen J. in der Erwägung, dass die von der Regierung der Vereinigten Staaten umgesetzte Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus auf fragwürdige Instrumente zur Kontrolle der sensiblen Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger wie das Abkommen über Fluggastdatensätze (Passenger Names Record - PNR) und die Kontrolle der Bankdaten mit Hilfe von Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) zurückgegriffen hat,

K. in der Erwägung, dass der vorliegende Bericht nicht dazu dienen soll, den Geheimhaltungscharakter von Geheimdiensten anzugreifen, sondern vielmehr das Ziel verfolgt, die Rechtswidrigkeit jener geheimdienstlichen Tätigkeiten anzuprangern, die unter den Umständen, die Gegenstand der Ermittlungen sind, ohne angemessene demokratische Kontrolle zu Verstößen gegen nationales und internationales Recht geführt haben,

L. in der Erwägung, dass US-Präsident George W. Bush am 6. September 2006 bestätigt hat, dass der amerikanische Geheimdienst Central Intelligence Agency (CIA) ein geheimes Inhaftierungsprogramm außerhalb der Vereinigten Staaten betreibt,

M. in der Erwägung, dass Präsident George W. Bush weiter ausgeführt hat, dass die im Rahmen des Programms der außerordentlichen Überstellungen und geheimen Inhaftierungen gewonnenen wesentlichen Informationen an andere Länder weitergegeben wurden und dass das Programm fortgesetzt werden soll, was die Möglichkeit durchaus wahrscheinlich erscheinen lässt, dass mehrere europäische Länder wissentlich oder unwissentlich Informationen erhalten haben, die unter Anwendung von Folter zustande kamen,

N. in der Erwägung, dass der nichtständige Ausschuss aus vertraulicher Quelle Aufzeichnungen des informellen transatlantischen Treffens der Außenminister der Europäischen Union und der NATO einschließlich der US-Außenministerin Condoleezza Rice vom 7. Dezember 2005 erhalten hat, aufgrund derer bestätigt wird, dass die Mitgliedstaaten Kenntnis von dem Programm der außerordentlichen Überstellungen hatten, wogegen alle offiziellen Gesprächspartner des nichtständigen Ausschusses diesbezüglich falsche Angaben gemacht haben,

O. in der Erwägung, dass der nichtständige Ausschuss aus vertraulicher Quelle Aufzeichnungen von Sitzungen der Arbeitsgruppe des Rates Internationales Öffentliches Recht (COJUR) und der Arbeitsgruppe Transatlantische Beziehungen (COTRA) mit hohen Vertretern des US-Außenministeriums in der ersten Jahreshälfte 2006 (insbesondere am 8. Februar und am 3. Mai 2006) erhalten hat; wogegen er vom Ratsvorsitz lediglich mit einer zusammenfassenden Version dieser Unterlagen bedacht wurde; in der Erwägung ferner, dass die dem Parlament auf dessen besonderen Antrag hin vom Rat übermittelten Unterlagen zu diesen Sitzungen sich als unvollständige Zusammenfassungen des Sitzungsverlaufs erwiesen haben, bei denen wesentliche Teile fehlten,

P. in der Erwägung, dass dem Parlament die Informationen zu diesen Sitzungen vorenthalten wurden und dass über deren Abhaltung größte Geheimhaltung praktiziert worden ist,

Q. in der Erwägung, dass in der vorliegenden Entschließung die Bezeichnungen "europäische Länder" und "Länder Europas" alle Mitgliedstaaten sowie alle Bewerberländer und assoziierten Länder umfasst, wie dies in dem am 18. Januar 2006 angenommenen Mandat des nichtständigen Ausschusses festgelegt worden ist,

Zusammenarbeit mit Organen der Europäischen Union sowie internationalen Organisationen

Vom nichtständigen Ausschuss ausgewertete Informationen

Italien

Vereinigtes Königreich

Deutschland

Schweden

Österreich

Spanien

Portugal

Irland

Griechenland

Zypern

Dänemark

Belgien

Türkei

Ehemealige Jugoslavische Republik Mazedonien

Bosnien und Herzegowina

Sonstige europäische Länder

Geheime Haftanstalten

Rumänien

Polen

Kosovo (Gemäß Resolution 1244/1999 des Unsicherheitsrates)

Empfehlungen

Politische Empfehlungen

Rechtliche Empfehlungen

Geheimdienste

Luftverkehr

Internationale Übereinkommen und Vereinbarungen

Verwaltungstechnische Empfehlungen (auf EU-Ebene)

Beziehungen der EU zu Drittländern

Abschließende Schlussfolgerungen