Antrag des Landes Schleswig-Holstein
Entschließung des Bundesrates zur EEG-Reform: Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen

Schleswig-Holstein Kiel, 5. Mai 2020
Der Ministerpräsident

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Schleswig-Holstein hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte "Entschließung des Bundesrates zur EEG-Reform: Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen" zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 989. Sitzung am 15.05.2020 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Günther

Entschließung des Bundesrates zur EEG-Reform: Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

Begründung:

Zu Ziffer 1

Infolge des Corona-Geschehens wird es erforderlich sein, Impulse zur Stärkung der heimischen Wirtschaft zu setzen und Innovation und Beschäftigung zu unterstützen. Dies betrifft auch die Branche der Erneuerbaren Energien, deren Entwicklung bereits vor dem Corona-Geschehen durch unzureichende Rahmenbedingungen rückläufig war. Diesen Trend gilt es nun durch eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes umzukehren, um eine neue Dynamik in dieser Zukunftsbranche zu erzeugen und damit neue, zukunftsorientierte Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende Arbeitsplätze zu erhalten. Gleichzeitig soll damit ein Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes und der Länder geleistet werden.

Zu Ziffer 2

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist gemäß den vereinbarten Ausbauzielen fortzuführen. Bei der Bemessung des Stromverbrauchs sind innovative Zukunftstechnologien wie die Erzeugung von Grünem Wasserstoff und die Elektromobilität explizit zu berücksichtigen, da diese einen wertvollen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten und neue, innovative Geschäftsmodelle hervorbringen, gleichzeitig aber zu einem Anstieg des Stromverbrauchs in Deutschland führen können.

Zu Ziffer 3

Eine attraktivere Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom würde erheblich zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien beitragen.

Zu Ziffer 4

Es bedarf eines bundesweiten Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Mit Blick auf den Netzausbau ist dieser im Süden anzureizen, ohne den Ausbau im Norden zu blockieren. Regionale Verhinderungsplanungen sind auszuschließen.

Zu Ziffer 5

Das Instrument Nutzen statt Abregeln mit dem Ziel einer "doppelten Dividende" wird im Netzausbaugebiet in Schleswig-Holstein und Niedersachsen nicht genutzt: Wo die Kopplung von KWK und PtH-Anlagen wirtschaftlich interessant war, wurden diese schon vor Inkrafttreten des Instruments etabliert. In anderen Fällen ist es unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich. Um die Potenziale zuschaltbarer Lasten zu heben, ist eine Ausdehnung auf weitere PtX-Anwendungen erforderlich.

Die Regelungen nach § 36c EEG greifen für das Netzausbaugebiet. Um kurzfristig bundesweite Potenziale heben zu können, bietet sich eine Ausweitung der Regelungen in § 14a EnWG für steuerbare Verbrauchseinrichtungen in Niederspannung auf die Mittelspannungsebene an. Auf diese Weise können z.B. moderne Schnellladesäulen und Wärmepumpen schnell integriert werden.

Gleichzeitig ist zukünftig durch geeignete Maßnahmen ein deutschlandweiter Ausbau der Erneuerbaren Energien sicherzustellen, bei dem Netzengpässe vermieden werden sollen.

Zu Ziffer 6

Biogasanlagen, die bedarfsgerecht Strom erzeugen, sind als "Ausgleichsenergie", als regenerative Speicherkraftwerke für die Energiewende unentbehrlich und können eine Brückenfunktion übernehmen. Biogas in effizienten stromgeführten KWK-Anlagen kann als Flexibilitätsoption die schwankende Energieproduktion aus den volatilen Energiequellen Wind und Sonne ausgleichen.

Um die vorhandenen wirtschaftlich verfügbaren Potenziale biogener Rest- und Abfallstoffe auch aus der Landwirtschaft besser zu erschließen, sind Regelungen erforderlich, die zumeist einen klima- und umweltrelevanten Zusatznutzen aufweisen: eine möglichst vollständige energetische Verwertung der Gülle aus der Tierhaltung sowie Biogassubstrate aus Blühstreifen, Blühmischungen, (mehrjährigen) Blütenpflanzen, Zwischen-/ Folgefrüchten, Fruchtfolgen, usw., die Monokulturen vorbeugen und das Spektrum des landwirtschaftlichen Ackerbaus erweitern.

Zu Ziffer 7

Die Erfahrungen beim Ausbau der Windenergieanlagen auf See haben gezeigt, dass eine strukturierte und verlässliche Planung die Umsetzung der Ausbauziele ermöglicht. Mit Einführung des Ausschreibungsverfahrens und der im WindSeeG festgelegten Flächenentwicklungsplanung durch das BSH wird es erforderlich, längerfristige Planungszeiträume für die Flächenplanung, Flächenvorentwicklung und Ausschreibung sowie die dazugehörige Netzentwicklungsplanung des see- und landseitigen Stromnetzes in den Blick zu nehmen. Dies ist erforderlich, damit die für die Planung zuständigen Behörden (BSH, BNetzA) die dazugehörigen Verfahren zeitgerecht durchführen können. Mit der Aufnahme der Offshore-Anbindungsleitungen in das Bundesbedarfsplangesetz wird das überwiegende öffentliche Interesse festgestellt und die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Prüfung im einzelnen Planfeststelllungsverfahren entzogen.

Zu Ziffer 8

Wie für andere Industrieanlagen auch gelten für Windkraftanlagen die einschlägigen Abstandsregelungen entsprechend der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben bundesweit. Die Länder können darüber hinaus eigene Regelungen treffen. Neue bundesweit geltende Mindestabstände würden nicht nur die Planungshoheit der Länder empfindlich einschränken, sondern auch dringend benötigte Flächen für den Zubau zur Erreichung des 65%-Ziels blockieren.

Zu Ziffer 9

Der 52 GW PV-Deckel wird gemäß aktueller Prognosen voraussichtlich bereits im Frühjahr 2020 erreicht werden. Daher ist eine gesetzliche Anpassung dringend erforderlich, um Planungssicherheit zu gewährleisten und einen Markteinbruch für den Zubau von Solaranlagen zu verhindern. Gleichzeitig gilt es, eine Perspektive für die künftige Finanzierung der Förderung Erneuerbaren Energien zu erarbeiten.

Zu Ziffer 10

Bürgerenergieprojekte benötigen besondere Unterstützung, da sich die Akteure, auch wenn sie mit professionellen Projektierern kooperieren, i.d.R. kaum oder nur wenig Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren haben, häufig nur ein oder wenige Male im Leben mit diesen Rahmenbedingungen auseinander setzen müssen und zumeist größerer Abstimmungsbedarf besteht. Daher sind entsprechende Aktivitäten zumindest bis zur Gebotsabgabe mit sinnvollen Maßnahmen zu unterstützen. Schleswig-Holstein hat mit einem Bürgerenergiefonds bereits positive Erfahrungen gemacht und bittet den Bund, eine Förderung vor Gebotsabgabe bundesweit zu prüfen. Eine Vorlage einer BImSch-Genehmigung als Voraussetzung für die Teilnahme an Ausschreibungen, wie zwischenzeitlich eingeführt, wird jedoch ausdrücklich auch für Bürgerenergieprojekte unterstützt.