Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen

C(2013) 7582 final
siehe Drucksache 418/13(B) HTML PDF

Brüssel, den 14.11.2013
C(2013) 7582 final

Herrn Stephan WEIL
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3 - 4
D - 10117 BERLIN

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (COM (2013) 266 final}.

Die Kommission dankt dem Bundesrat insbesondere für die Unterstützung der von der Kommission mit diesem Vorschlag verfolgten Ziele und für die detaillierten und konstruktiven Hinweise.

Zu den wichtigsten Punkten, die der Bundesrat angesprochen hat, nimmt die Kommission wie folgt Stellung.

Harmonisierung

Der Bundesrat hebt hervor, dass es den Mitgliedstaaten erlaubt bleiben muss, strengere Verbraucherschutzvorschriften zu erlassen als auf EU-Ebene festgelegt (keine Vollharmonisierung).

Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass der Vorschlag generell Mindeststandards an Verbraucherschutzvorschriften enthält, die im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht weiter verbessert werden können. Die Kommission betont ferner, dass hierzu eine genaue Bewertung notwendig ist, welches die am besten geeignete Lösung für die Verbraucher ist. So wurde die Auskunftspflicht über die Gebühren auf einige Kerndienstleistungen beschränkt, die die Verbraucher am stärksten betreffen, um diese nicht mit unnötigen Informationen zu belasten. Daher scheint eine Umsetzungsmaßnahme, die die Banken verpflichtet, Verbrauchern wesentlich umfangreichere Informationen zur Verfügung zu stellen, nicht angemessen.

Information über Überziehungsgebühren

Der Bundesrat verweist auf die Bedeutung von Überziehungsgebühren und schlägt vor, Verbrauchern spezifische Informationen über die zu zahlenden Überziehungszinsen zur Verfügung zu stellen.

Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass die Überziehungsgebühren eng mit den gesamten Nutzungskosten eines Zahlungskontos verbunden sind. In diesem

Zusammenhang sollte allerdings darauf hingewiesen werden, dass derartige Gebühren höchstwahrscheinlich in den Geltungsbereich der Bestimmungen über die Transparenz und Vergleichbarkeit der Gebühreninformationen fallen (Artikel 3-5), die die Auskunftspflichten für Zahlungsdienstleister "von mindestens 20 Zahlungsdiensten, die in der Summe mindestens 80 % der repräsentativsten gebührenpflichtigen Zahlungsdienste auf nationaler Ebene ausmachen," festlegen.

Abstimmung zwischen Artikel 15 Absatz 1, 2 und 3 sowie Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe d

Der Bundesrat stellt fest, dass die Bestimmungen von Artikel 15 Absatz 1, 2 und 3 nicht mit Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe d abgestimmt sind. Insbesondere vertritt der Bundesrat die Auffassung, dass nach Artikel 18 Verbraucher potenziell Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen in allen 28 Mitgliedstaaten haben, während Artikel 15 diese Möglichkeit nur bietet, wenn der Verbraucher kein Zahlungskonto in seinem Herkunftsland hat.

Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates über die fehlende Kohärenz zwischen den genannten Bestimmungen nicht. Offensichtlich legt der Bundesrat den Wortlaut von Artikel 15 Absatz 3 falsch aus. Dort heißt es:

"Zahlungsdienstleister können einen Antrag auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen nur verweigern [...], wenn ein Verbraucher bereits Inhaber eines Zahlungskontos bei einem in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Zahlungsdienstleister ist". Aus Gründen der Klarheit ist darauf hinzuweisen, dass der Ausdruck "in seinem Hoheitsgebiet" sich auf das Gebiet bezieht, in dem der Zahlungsdienstleister ansässig ist. Dies bedeutet, dass ein Verbraucher, der bereits Inhaber eines Zahlungskontos in einem Mitgliedstaat ist, keinen Anspruch auf ein zweites Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen bei einem in dem gleichen Mitgliedstaat ansässigen Zahlungsdienstleister hat. Daher kann eine deutsche Bank einem Verbraucher den Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen verweigern, wenn dieser bereits Inhaber eines anderen Zahlungskontos (mit grundlegenden oder anderen Funktionen) in Deutschland ist. Somit liegen keine Unstimmigkeiten zwischen den Artikeln 15 und 18 vor.

Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen

Die Stellungnahme des Bundesrates enthält zahlreiche Vorschläge über das Vorgehen im Zusammenhang mit dem Recht des Verbrauchers auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen. Der Bundesrat schlägt vor, dass diese Zahlungskonten von allen Zahlungsdienstleistern (statt nur von mindestens einem pro Mitgliedstaat) angeboten, aber auch weitere Ausnahmen im Hinblick auf das Recht der Verbraucher auf Zugang zu diesen Zahlungskonten eingeführt werden sollten. So dürfte dieses Recht nicht gewährt werden bei falschen Angaben des Verbrauchers gegenüber dem Zahlungsdienstleister, wenn ein Konto über einen erheblichen Zeitraum kein Guthaben aufweist, bei Missbrauch von Dienstleistungen, grober Belästigung der Mitarbeiter des Zahlungsdienstleisters oder aus anderen wichtigen Gründen. Dieses Vorgehen käme nach Auffassung des Bundesrates den Verbrauchern zugute, da sie einen besseren Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen erhielten. Darüber hinaus würde die Vertragsfreiheit der Zahlungsdienstleister besser respektiert.

In diesem Zusammenhang möchte die Kommission auf Folgendes hinweisen:

Durch die Beschränkung von Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen auf mindestens einen Dienstleister pro Mitgliedstaat sollen insbesondere übermäßige Eingriffe in die Geschäftstätigkeit der Banken verhindert und angemessene Lösungen entsprechend der nationalen Gegebenheiten gefunden werden. Aufgrund der Tatsache, dass derartige Zahlungskonten notwendig sind, sich aber auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen von Land zu Land unterscheiden, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten am besten selbst festlegen, wie viele und welche Banken diese Dienstleistungen anbieten. Hierdurch wären Lösungen möglich, die die Zahlungsdienstleister nur insoweit belasten, wie dies aufgrund der nationalen Gegebenheiten notwendig ist. Ferner wäre eine ausreichende Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gewährleistet.

Was die anderen vom Bundesrat vorgeschlagenen Ausnahmen betriffi, so teilt die Kommission die Auffassung, dass weitere Beschränkungen des Zugangsrechts vorgesehen werden könnten, damit die den Dienstleistern auferlegten Pflichten nicht zu unangemessenen Belastungen führen. Die Kommission macht allerdings darauf aufmerksam, wie wichtig die richtige Gestaltung dieser Ausnahmen ist. Einige der vom Bundesrat genannten Gründe sind zu weit gefasst und bergen für die Verbraucher die Gefahr, diskriminiert oder zu Unrecht abgelehnt zu werden. Dies gilt beispielsweise für Formulierungen wie "Belästigung von Mitarbeitern", bei denen eine genaue Definition äußerst schwierig ist, sowie für pauschale Ausnahmeklauseln wie " andere wichtige Gründe", die zu unangemessenen Beschränkungen des Rechts auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen führen könnten.

Ferner möchte die Kommission darauf hinweisen, dass einige der weiteren in der Stellungnahme des Bundesrates vorgeschlagenen Ausnahmen bereits jetzt (ganz oder teilweise) im gegenwärtigen Wortlaut des Vorschlags enthalten sind Dies gilt bereits für Verbraucher, die falsche Angaben gemacht haben, was in gewisser Weise nach Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe c1 als möglicher Kündigungsgrund des Vertrages angesehen werden kann. Ebenso findet sich in Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe a eine Ausnahme für Verbraucher, die das Zahlungskonto missbraucht haben. Darin heißt es, dass der Vertrag gekündigt werden kann, "wenn der Verbraucher das Konto absichtlich für kriminelle Tätigkeiten nutzt". Der Verweis auf "kriminelle Tätigkeiten" und nicht auf einen allgemeinen "Missbrauch" des Zahlungskontos soll dafür sorgen, dass der Text rechtlich so eindeutig wie möglich ist. Der Begriff " kriminelle Tätigkeiten" ist präziser als das Wort "Missbrauch", das unterschiedlich ausgelegt werden kann.

Der Bundesrat schlägt letztlich eine Ausnahme für Verbraucher vor, deren Konto seit längerer Zeit kein Guthaben aufweist. Die Kommission ist überzeugt, dass die Formulierung in Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe b, wonach eine Vertragskündigung zulässig ist, "wenn über das Konto in mehr als zwölf aufeinanderfolgenden Monaten kein Zahlungsvorgang abgewickelt wurde", eher dem allgemeinen politischen Konzept, das dem Vorschlag zugrunde liegt, entspricht. Die Nichtabwicklung von Zahlungsvorgängen bedeutet, dass das Konto nicht genutzt wird, was darauf hindeuten kann, dass der Verbraucher dieses Konto nicht braucht. Es ist daher nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums gerechtfertigt, dieses Konto zu schließen. Andererseits dürfte die Schließung eines Kontos aufgrund eines unzureichenden Guthabens höchstwahrscheinlich Kunden mit geringen Mitteln diskriminieren, die das Konto benötigen, allerdings die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel regelmäßig vollständig aufbrauchen. Ein derartiges Vorgehen würde einen Teil der Bevölkerung, dem die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen im Wesentlichen zugute kommen sollen, von dem Zweck der Initiative ausschließen.

Der Zahlungsdienstleister kann einen Rahmenvertrag einseitig kündigen, wenn [...] der Verbraucher wissentlich unkorrekte Informationen beigebracht hat, um Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen zu erlangen, während ihm der Zugang bei Vorlage korrekter Informationen verwehrt worden wäre.

Gebühren für Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die Gebühren für Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen angemessen sein sollen. Diese Bedingung sollte ausdrücklich in den Text aufgenommen und die Angemessenheit der Gebühren normiert werden. Die Kommission stellt fest, dass Artikel 17 (wie auch in der Stellungnahme erwähnt) ausdrücklich vorschreibt, dass Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen kostenlos oder gegen eine angemessene Gebühr anzubieten sind. Es werden eine Reihe von Kriterien genannt, um festzulegen, was angemessene Gebühren sind, und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beauftragt, eine kohärente Anwendung dieser Kriterien in der EU zu gewährleisten.

Der Bundesrat vertritt ferner die Ansicht, dass die Gebühren für Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen den Betrag nicht übersteigen dürfen, der für anderweitige Konten mit entsprechenden Funktionen gilt. Die Kommission stellt fest, dass diese Frage mittelbar behandelt werden könnte, wenn die EBA-Leitlinien für die konkrete Anwendung der oben genannten Kriterien erstellt werden.

Von den Zahl ungsdienstleistern zu verwendende Sprache

Der Bundesrat fordert eine ausdrückliche Klarstellung, dass Zahlungsdienstleister bei Informationen im Zusammenhang mit dem Basiskonto und der diesbezüglichen Kommunikation ausschließlich zur Verwendung der Amtssprache desjenigen Mitgliedstaats verpflichtet sind, in dem sie ansässig sind. Ferner wird darauf hingewiesen, dass es für die Finanzdienstleister unverhältnismäßig wäre, diese Informationen in allen 24 EU-Amts- und Arbeitssprachen bereitzustellen.

Die Kommission teilt die Auffassung, dass die Bereitstellung von Informationen in allen Amtssprachen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde. Die Finanzdienstleister sollten jedoch ermuntert werden, ihre Erzeugnisse in mehreren Sprachen anzubieten, wenn dies für sie machbar und von Vorteil ist. Der Richtlinienentwurf äußert sich hierzu nicht, da es Angelegenheit der Mitgliedstaaten oder Finanzdienstleister ist, über diese Fragen zu entscheiden.

Kündigung

Nach Auffassung des Bundesrates sollten die Mitgliedstaaten weiterhin den Finanzdienstleistern die Möglichkeit bieten, für die Kündigung von Zahlungskonten auch bei einem Kontowechsel keine Entgeltpflicht vorzusehen.

Die Kommission stellt fest, dass die Mitgliedstaaten durch den Richtlinienvorschlag hieran nicht gehindert werden. In Artikel 11 Absatz 3 wird lediglich an die Bestimmung von Artikel 45 der Zahlungsdiensterichtlinie erinnert, die die Kündigung der Rahmenverträge regelt. Dieser Verweis schafft keinerlei neue Verpflichtungen im Hinblick auf die zu erhebenden Gebühren für die Schließung von Konten bei einem Kontowechsel. Sie soll vielmehr vermeiden, dass Finanzdienstleister von Verbrauchern, die das Konto wegen eines Kontowechsels schließen, höhere Gebühren verlangen als von Kunden, die lediglich das Konto schließen.

SEPA-Kundenidentifizierung

Abschließend möchte die Kommission darauf hinweisen, dass die Bemerkung hinsichtlich des Abgleichs der Kundenangaben bei SEPA-Überweisungen nicht im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Vorschlag behandelt werden sollte, sondern im Zusammenhang mit den SEPA-Verordnungen oder der Zahlungsdiensterichtlinie.

Die Kommission hofft, mit diesen Ausführungen die in der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Fragen geklärt zu haben, und sieht der Fortsetzung unseres politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen