Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren - COM (2018) 226 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 029/99 = AE-Nr. 990150 und
Drucksache 215/18 (PDF) = AE-Nr. 180487

Europäische Kommission
Straßburg, den 17.4.2018 COM (2018) 226 final 2018/0107 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren

{SWD(2018) 118 final} - {SWD(2018) 119 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Anbieter von Online-Diensten wie elektronischen Kommunikationsdiensten oder sozialen Netzwerken, Online-Marktplätze und andere Hosting-Dienstleister sind wichtige Triebkräfte für Innovation und Wachstum in der digitalen Wirtschaft. Sie ermöglichen einen Zugang zu Informationen in noch nie da gewesenem Umfang und erleichtern es Bürgerinnen und Bürgern, miteinander zu kommunizieren. Diese Dienste, die Hunderte Millionen Nutzer miteinander verbinden, bieten Privatpersonen und Unternehmen innovative Dienstleistungen. Sie bringen nicht nur für den digitalen Binnenmarkt erhebliche Vorteile mit sich, sondern auch für das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Nutzer innerhalb und außerhalb der Union. Die wachsende Bedeutung und Präsenz des Internets und von Kommunikationsdiensten und Diensten der Informationsgesellschaft im Alltag und in der Gesellschaft spiegeln sich in der exponentiellen Zunahme ihrer Nutzung wider. Diese Dienste können jedoch auch zur Begehung oder Erleichterung von Straftaten einschließlich schwerer Straftaten wie Terroranschlägen missbraucht werden. In einem solchen Fall können Ermittler häufig nur mithilfe dieser Dienste und Anwendungen ("Apps") Hinweise auf die Täter und gerichtstaugliche Beweismittel erlangen.

Angesichts des grenzenlosen Internets können solche Dienstleistungen grundsätzlich von jedem Ort der Welt aus erbracht werden und erfordern nicht unbedingt eine physische Infrastruktur, die Präsenz des Unternehmens oder von Personal in den Mitgliedstaaten, in denen die Dienste angeboten werden, oder im Binnenmarkt insgesamt. Das grenzüberschreitende Angebot solcher Dienste wird in der EU vor allem durch die Dienstleistungsfreiheit gefördert und unterstützt.

Die im Binnenmarkt tätigen Diensteanbieter lassen sich in drei Hauptgruppen unterteilen: 1) Diensteanbieter mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die Dienste nur im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats anbieten, 2) Diensteanbieter mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die Dienste in mehreren Mitgliedstaaten anbieten, und 3) Diensteanbieter mit Sitz außerhalb der EU, die Dienste in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten anbieten, unabhängig davon, ob sie in einem oder mehreren dieser Mitgliedstaaten über eine Niederlassung verfügen.

Da für Diensteanbieter keine allgemeine Pflicht besteht, im Gebiet der Union physisch präsent zu sein, haben die Mitgliedstaaten Schritte auf nationaler Ebene unternommen, um die Erfüllung nationaler gesetzlicher Pflichten sicherzustellen, die sie im Einklang mit Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr")1 als unerlässlich ansehen. Unter anderem muss Zugang zu Beweismitteln oder anderen Arten von Informationen gewährt werden, wenn dies von Justizbehörden in Strafsachen verlangt wird. Das nationale Konzept ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich und umfasst Maßnahmen, die von erweiterten Durchsetzungszuständigkeiten2 bis zu der Verpflichtung reichen, dass bestimmte Diensteanbieter, die in dem betreffenden Mitgliedstaat Dienste anbieten, einen Vertreter im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats bestellen. So wurde in Deutschland unlängst das Netzwerkdurchsetzungsgesetz3 verabschiedet" das die Betreiber sozialer Netzwerke4 verpflichtet, eine Person in Deutschland zu bestellen, die zum Empfang von Auskunftsersuchen und Zustellungen der Strafverfolgungsbehörden berechtigt ist. Für den Fall, dass kein inländischer Zustellungsbevollmächtigter ernannt wird oder der Empfangsberechtigte auf Auskunftsersuchen nicht reagiert, sieht das Gesetz Geldbußen bis zu 500 000 EUR vor. In Italien wird zurzeit über ähnliche Maßnahmen beraten.5 Andere Mitgliedstaaten, wie etwa Belgien, verlangen keinen inländischen Vertreter, sondern bemühen sich, die nationalen Verpflichtungen gegenüber im Ausland ansässigen Anbietern direkt im Wege innerstaatlicher Verfahren durchzusetzen.6

Zudem verwenden die Mitgliedstaaten unterschiedliche Anknüpfungspunkte, um die Zuständigkeit für einen Diensteanbieter zu begründen, zum Beispiel seinen Hauptsitz, den Ort, an dem die Dienste angeboten werden, den Ort, an dem die Daten gespeichert werden, oder eine Kombination von Anknüpfungen. Darüber hinaus gibt es verschiedenartige Mechanismen für die Zusammenarbeit und informelle Vereinbarungen zwischen den Behörden einiger Mitgliedstaaten und einigen Diensteanbietern. Einige der größeren Diensteanbieter schätzten für die Zwecke der Folgenabschätzung, dass ihre jährlichen Kosten für die Erfüllung der nationalen rechtlichen Verpflichtungen im hohen siebenstelligen Bereich liegen. Die Kosten für die Befolgung uneinheitlicher nationaler Anforderungen stehen zwar vermutlich im Verhältnis zur Marktpräsenz, können aber auf kleinere Diensteanbieter prohibitiv wirken.

Was die Durchsetzbarkeit von auf der Grundlage solcher Regelungen übermittelten Ersuchen angeht, hängt es von den Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats ab, ob der Diensteanbieter zur Zusammenarbeit verpflichtet ist oder nicht. Die Sanktionen und die Vollstreckung im Falle der Verweigerung sind ebenfalls nur bruchstückhaft geregelt. Auch wenn der Diensteanbieter der Sanktionsanordnung Folge leistet, ist es immer noch schwierig, die ursprüngliche Anordnung zur Bereitstellung der Daten zu vollstrecken.

Die Mitgliedstaaten haben mehrmals hervorgehoben, dass diese Probleme von zentraler Bedeutung sind und gemeinsam gelöst werden müssen:

Zur Lösung dieser Probleme muss der Gesetzgeber zweigleisig vorgehen. Zum einen werden mit der vorgeschlagenen Richtlinie Vorschriften festgelegt, nach denen bestimmte Diensteanbieter zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren einen Vertreter in der Union bestellen müssen. Zum anderen wird ein auf der Grundlage des Artikels 82 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erlassener Rechtsakt benötigt, der in Fällen mit Auslandsbezug die direkte Zustellung von Anordnungen an den Diensteanbieter ermöglicht. Die genannten Probleme werden somit durch Kombination dieser beiden Vorschläge gelöst. Es ist jedoch zu beachten, dass dieser Vorschlag vor allem darauf abzielt zu bestimmen, an wen die Behörden der Mitgliedstaaten in Strafsachen Anordnungen zur Erlangung von Beweismitteln richten können, die sich im Besitz von Diensteanbietern befinden. Ziel dieses Vorschlags ist daher, einige der Hindernisse für die Zustellung an Diensteanbieter dadurch zu beseitigen, dass er eine gemeinsame unionsweite Lösung für die Zustellung gerichtlicher Anordnungen an Diensteanbieter über einen Vertreter anbietet. Damit entfällt die Notwendigkeit eines individuellen, nicht abgestimmten Vorgehens auf nationaler Ebene, und es wird für Rechtssicherheit auf Unionsebene gesorgt. Deshalb verpflichtet dieser Vorschlag die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Diensteanbieter Vertreter bestellen, die im Namen dieser Diensteanbieter rechtlich dafür verantwortlich sind, dass gerichtlichen Anordnungen und Beschlüssen nachgekommen wird.

Darüber hinaus schafft eine einheitliche Vorgehensweise gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen, die in der EU dieselbe Art von Diensten anbieten, unabhängig davon, wo sie niedergelassen sind oder von wo aus sie tätig sind, und wahrt gleichzeitig das in Artikel 3 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr festgelegte Herkunftslandprinzip. Dieses Prinzip gilt nur für in der EU niedergelassene Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft und unterliegt zudem einer Reihe von Ausnahmen und möglichen Befreiungen. Harmonisierte Vorschriften auf Unionsebene sind nicht nur erforderlich, um Hindernisse für die Erbringung von Dienstleistungen zu beseitigen und ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sondern auch, um zu einem kohärenteren Strafrecht in der Union zu gelangen. Gleiche Wettbewerbsbedingungen sind ferner für andere Prämissen des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts erforderlich, z.B. für den Schutz der Grundrechte der Bürger und die Achtung der Souveränität und der Staatsgewalt bei der wirksamen Anwendung und Durchsetzung nationaler und europäischer Rechtsvorschriften.

- Kohärenz mit dem bestehenden EU-Rechtsrahmen in diesem Bereich

In einigen für bestimmte Bereiche geltenden EU-Rechtsakten ist bereits vorgeschrieben, dass Diensteanbieter, die in der EU nicht niedergelassen sind, dort aber Dienste anbieten, einen Vertreter bestellen müssen. Dies gilt beispielsweise für die Datenschutz-Grundverordnung (EU) Nr. 2016/6799 (Artikel 27) und für die Richtlinie (EU) Nr. 2016/1148 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union10 (Artikel 18). Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation11 enthält ebenfalls eine solche Verpflichtung (Artikel 3).

Wie oben festgestellt, steht dieser Vorschlag mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und insbesondere mit dem in Artikel 3 der Richtlinie festgelegten Herkunftslandprinzip im Einklang. Er lässt die Bestimmungen der Richtlinie, einschließlich der Informationspflichten nach Artikel 5, unberührt.

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Richtlinie (inwieweit sie den derzeitigen Rahmen verbessert)

Derzeit gibt es in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Vorgehensweisen in Bezug auf die Verpflichtungen, die Diensteanbietern insbesondere in Strafverfahren auferlegt werden. Diese Fragmentierung zeigt sich insbesondere bei elektronischen Beweismitteln, da einige Diensteanbieter Informationen speichern, die für die Untersuchung und Verfolgung von Straftaten von Belang sein können. Sie hat Rechtsunsicherheit bei den Beteiligten zur Folge und kann dazu führen, dass für Diensteanbieter in diesem Zusammenhang unterschiedliche, mitunter kollidierende Verpflichtungen und Sanktionsregelungen gelten, je nachdem, ob sie ihre Dienstleistungen im Inland, grenzüberschreitend innerhalb der Union oder von außerhalb der Union erbringen. Um die Hindernisse für den freien Dienstleistungsverkehr zu verringern, schreibt diese Richtlinie zwingend vor, dass Diensteanbieter einen Vertreter in der Union bestellen müssen, der Beweisbeschlüsse der zuständigen nationalen Behörden in Strafverfahren entgegennimmt, befolgt und durchsetzt. Der daraus resultierende Abbau von Hindernissen würde ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts in einer Weise gewährleisten, die mit der Schaffung eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Einklang steht.

Die Verpflichtung für alle in der Union tätigen Diensteanbieter, einen Vertreter zu bestellen, würde sicherstellen, dass stets ein eindeutig bestimmter Adressat vorhanden ist, an den Anordnungen zur Beweiserhebung in Strafverfahren gerichtet werden können. Dies wiederum würde es den Diensteanbietern erleichtern, diesen Anordnungen nachzukommen, da der Vertreter im Namen des Diensteanbieters für die Entgegennahme, Befolgung und Durchsetzung dieser Anordnungen verantwortlich wäre.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

- Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für die Unterstützung von Maßnahmen in diesem Bereich findet sich in Artikel 53 in Verbindung mit Artikel 62 AEUV, die den Erlass von Maßnahmen zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung und Erbringung von Dienstleistungen vorsehen.

Im vorliegenden Fall würde eine Verpflichtung zur Bestellung eines Vertreters in der Union insbesondere dazu beitragen, Hindernisse für den in Artikel 56 AEUV verankerten freien Dienstleistungsverkehr zu beseitigen.

- Wahl des Instruments

Nach Artikel 53 in Verbindung mit Artikel 62 AEUV kann die Kommission Richtlinien und nicht verbindliche Instrumente wie Empfehlungen vorschlagen. Angesichts der Notwendigkeit, Rechtssicherheit zu schaffen und Hindernisse für die Erbringung von Dienstleistungen zu beseitigen, was durch die Annahme eines nicht verbindlichen Instruments nicht erreicht werden kann, wurde die Form der Richtlinie gewählt.

- Subsidiarität

Dieser Vorschlag betrifft Diensteanbieter, die Dienste in der EU anbieten, unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung, der sich innerhalb oder außerhalb der EU befinden kann. Da es an einer gemeinsamen EU-Regelung fehlt, können unkoordinierte nationale Lösungen für die Entgegennahme, Befolgung oder Durchsetzung von Beweisbeschlüssen in Strafverfahren zu einer Fragmentierung führen und einen Flickenteppich aus unterschiedlichen, möglicherweise kollidierenden nationalen Verpflichtungen für auf mehreren Märkten tätige Diensteanbieter zur Folge haben. Dies behindert die unionsweite Erbringung von Dienstleistungen. Angesichts der Vielfalt der rechtlichen Ansätze und der großen Bandbreite von Interessenträgern s i.d.R. chtsvorschriften auf Unionsebene das am besten geeignete Mittel, um die festgestellten Probleme zu lösen.

- Verhältnismäßigkeit

Mit dem Vorschlag soll eine einheitliche Regelung zur Beseitigung bestehender und sich abzeichnender Hindernisse für die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Entgegennahme, Befolgung oder Durchsetzung von Beweisbeschlüssen in Strafverfahren vorgelegt werden. Die gewählte Vorgehensweise wird hinsichtlich der entstehenden Belastung als verhältnismäßig angesehen. Angesichts der wachsenden Bedeutung und Präsenz des Internets und der Dienste der Informationsgesellschaft gibt es eine Reihe von Optionen für die Beseitigung der derzeitigen Hindernisse. Unter diesen Optionen, die in der Folgenabschätzung zum Legislativvorschlag12 ausführlicher behandelt werden, führt nur die zwingend vorgeschriebene Bestellung eines Vertreters für bestimmte in der EU tätige Diensteanbieter zu dem Ziel, eine wirksame Regelung bereitzustellen, die die Zustellung gerichtlicher Anordnungen ermöglicht, ohne die Diensteanbieter übermäßig zu belasten.

Die Pflicht zur Bestellung eines Vertreters stellt für nicht in der EU niedergelassene Unternehmen eine stärkere Belastung dar, da sie sich nicht auf eine bestehende Präsenz in der EU stützen können. Dieser Vertreter könnte allerdings ein Dritter sein, der für mehrere Diensteanbieter, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen ("KMU") tätig ist, und er könnte zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Vertreter nach der vorgeschlagenen Richtlinie noch andere Funktionen ausüben (z.B. als Vertreter im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung oder der Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation). Sie gilt nur für Unternehmen, die ihre Dienste in der EU anbieten, aber nicht im Falle der gelegentlichen Datenverarbeitung in der EU.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Konsultation der Interessenträger

Während eines Zeitraums von eineinhalb Jahren hat die Kommission alle maßgeblichen Interessenträger konsultiert, um Probleme zu erkennen und Lösungsmöglichkeiten zu finden, darunter Möglichkeiten zur Verbesserung der Kanäle für die Interaktion zwischen Behörden und Diensteanbietern.

Zu diesem Zweck wurden Erhebungen durchgeführt, die von einer öffentlichen Konsultation bis zu gezielten Umfragen unter den zuständigen Behörden reichten. Ferner wurden Treffen von Sachverständigengruppen und bilaterale Treffen veranstaltet, bei denen die potenziellen Auswirkungen einer EU-Regelung erörtert wurden. Darüber hinaus wurden Konferenzen über den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln genutzt, um Rückmeldungen zu dieser Initiative einzuholen.

Eine gezielte Umfrage unter Behörden der Mitgliedstaaten zeigte, dass es keine gemeinsame Vorgehensweise für die Erlangung eines grenzüberschreitenden Zugangs zu elektronischen Beweismitteln gibt, da jeder Mitgliedstaat eine eigene innerstaatliche Praxis entwickelt hat. Auch die Diensteanbieter reagieren auf Ersuchen ausländischer Strafverfolgungsbehörden unterschiedlich, und die Antwortzeiten variieren je nach ersuchendem Mitgliedstaat. Dies führt zu Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten.

Während der Konsultation haben die Diensteanbieter und einige Organisationen der Zivilgesellschaft regelmäßig auf die Notwendigkeit hingewiesen, Rechtssicherheit in der direkten Zusammenarbeit mit den Behörden zu gewährleisten und Rechtskollisionen zu vermeiden.

Zu den zentralen Fragen, die von den Behörden angesprochen wurden, gehörten das Fehlen einer verlässlichen Zusammenarbeit mit den Diensteanbietern, mangelnde Transparenz sowie Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Zuständigkeit für Ermittlungsmaßnahmen. Einige Organisationen der Zivilgesellschaft waren der Auffassung, dass Rechtsvorschriften auf Unionsebene in diesem Bereich nicht erstrebenswert seien und dass sich die EU auf eine Verbesserung der Amtshilfeverfahren beschränken solle. Diese wird gleichzeitig vorangetrieben.

- Folgenabschätzung

der Ausschuss für Regulierungskontrolle gab eine befürwortende Stellungnahme zur Folgenabschätzung13 ab und unterbreitete verschiedene Verbesserungsvorschläge14. Daraufhin wurde die Folgenabschätzung geändert, um die mit dem grenzüberschreitenden Austausch von Daten zusammenhängenden Grundrechtsfragen eingehender zu erörtern, insbesondere die Verbindungen zwischen den einzelnen Maßnahmen, die Teil der bevorzugten Option sind. Die Folgenabschätzung wurde auch geändert, um die Standpunkte der Interessenträger und der Mitgliedstaaten besser wiederzugeben und darzulegen, wie sie berücksichtigt wurden.

Zudem wurde der politische Kontext überprüft und zu verschiedenen Aspekten eine Bezugnahme eingefügt, etwa auf die Beratungen in den Sachverständigengruppen, die zur Gestaltung der Initiative beigetragen hatten. Die Komplementarität der verschiedenen Maßnahmen wurde in Bezug auf Gegenstand, zeitliche Abfolge und Tiefe präzisiert und das Basisszenario überarbeitet, um Entwicklungen, die unabhängig von der Annahme der vorgeschlagenen Maßnahmen eintreten könnten, besser Rechnung zu tragen. Außerdem wurden Flussdiagramme hinzugefügt, um die Arbeitsabläufe für den Datenaustausch genauer zu beschreiben.

Neben dem Basisszenario (Option O) wurden im Wesentlichen vier Optionen geprüft: eine Reihe praktischer Maßnahmen zur Verbesserung sowohl der Verfahren für die justizielle Zusammenarbeit als auch der direkten Zusammenarbeit zwischen Behörden und Diensteanbietern (Option A: nichtlegislativ), eine Option, bei der die praktischen Maßnahmen der Option A mit internationalen Lösungen kombiniert werden (Option B: legislativ), eine Option, bei der die unter Option B genannten Maßnahmen mit einer Europäischen Herausgabeanordnung und einer Maßnahme zur Verbesserung des Zugangs zu Datenbanken kombiniert werden (Option C: legislativ), und eine Option, bei der alle unter Option C genannten Maßnahmen mit Rechtsvorschriften über den direkten Zugang zu räumlich entfernt gespeicherten Daten kombiniert werden (Option D: legislativ). In der Folgenabschätzung wurde auch die Notwendigkeit erkannt, dass Diensteanbieter, die Dienste in der EU anbieten, einen Vertreter in der Union bestellen. Dies wurde bei den Optionen C und D berücksichtigt.

Die Folgenabschätzung ergab, dass die Optionen, die die Bestellung eines Vertreters umfassen (C und D), im Vergleich zu den anderen Optionen eindeutig einen zusätzlichen Nutzen bringen würden. Durch die Bestellung eines Vertreters würden den Diensteanbietern zwar kurzfristig zusätzliche Kosten entstehen, eine einheitliche Regelung auf Unionsebene dürfte jedoch die Belastung derjenigen Anbieter verringern, die derzeit freiwillig Ersuchen von Strafverfolgungsbehörden um Daten beantworten und diese nach den unterschiedlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten prüfen müssen. Das in Zusammenarbeit mit den betreffenden Diensteanbietern erstellte und validierte Kostenmodell zeigt, dass die Initiative mittel- und langfristig erhebliche Einsparungen bewirken und Hindernisse im Binnenmarkt beseitigen würde. Darüber hinaus dürften sich Rechtssicherheit und vereinheitlichte Verfahren auch auf KMU positiv auswirken, da sie die Verwaltungslasten verringern. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Initiative auch für sie zu Einsparungen führt.

- Grundrechte

Die Pflicht zur Bestellung eines Vertreters soll Hindernisse für die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beseitigen und diese dadurch erleichtern. Insbesondere ermöglicht es der Vorschlag Diensteanbietern, die in der Union niedergelassen sind, eine bestehende Niederlassung als ihren Vertreter zu bestellen. Dies gilt allerdings nicht, wenn sich diese Niederlassung in einem Mitgliedstaat befindet, der sich nicht an Instrumenten der justiziellen Zusammenarbeit auf der Grundlage von Titel V AEUV beteiligt. Mit dieser Ausnahme soll der besonderen Lage Rechnung getragen werden, die sich aus Titel V AEUV ergibt.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Legislativvorschlag hat keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Die Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Kommission wird sie dabei unterstützen, indem sie einen Kontaktausschuss einsetzt, der eine harmonisierte und kohärente Umsetzung gewährleistet und unterschiedliche Systeme für die Diensteanbieter vermeidet. Erforderlichenfalls wird die Kommission einen Leitfaden für Diensteanbieter herausgeben. Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens 5 Jahre nach Geltungsbeginn der Richtlinie im Anschluss an eine eingehende Prüfung einen Bericht über ihre Anwendung vorlegen. Falls notwendig, werden dem Bericht Vorschläge zur Anpassung der Richtlinie beigefügt.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1: Gegenstand und Anwendungsbereich

In Artikel 1 wird der Gegenstand der Richtlinie bestimmt, nämlich die Festlegung von Vorschriften über die Vertreter in der Union, die bestimmte Diensteanbieter zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren bestellen müssen. Diensteanbieter sind beispielsweise verpflichtet, in Strafverfahren Anordnungen eines Staatsanwalts oder Richters entgegenzunehmen (was bestimmte Rechtsfolgen hat), für Strafverfahren benötigte Daten bereitzustellen oder Maßnahmen zur Datenbewahrung in Strafverfahren zu treffen, und müssen, wenn sie diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, damit rechnen, dass ein Vollstreckungsverfahren gegen sie eingeleitet wird. Aufgrund ihrer Geschäfts- und Gebietspolitik kann es für Diensteanbieter schwierig sein, diesen immer häufiger gestellten, verschiedenartigen Ersuchen zu entsprechen. Andererseits müssen die zuständigen Behörden wissen, wie sie sich an Diensteanbieter, die im Gebiet der Union niedergelassen sind oder Dienste anbieten, wenden können und an wen.

Über die sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen hinaus dürfen die Mitgliedstaaten Diensteanbietern, die unter die Richtlinie fallen, keine weiteren Verpflichtungen auferlegen, etwa die Verpflichtung, einen Vertreter im Hoheitsgebiet ihres Staates statt an einem Ort in der Union, an dem sie Dienste anbieten, zu bestellen.

Die harmonisierten Vorschriften über die Vertreter sollten nicht die im Unionsrecht und im nationalen Recht vorgesehenen Befugnisse der zuständigen Behörden beschränken, sich an im Hoheitsgebiet ihres Staates niedergelassene Diensteanbieter zu wenden. Wenn die nationalen Behörden in einem solchen Fall beschließen, ihre Anordnungen direkt an die Niederlassung des Diensteanbieters zu richten, ist der Vertreter nach dieser Richtlinie nicht verantwortlich.

Artikel 2: Begriffsbestimmungen

Artikel 2 enthält die für diesen Rechtsakt geltenden Begriffsbestimmungen.

Der Vertreter kann eine juristische oder eine natürliche Person sein, die vom Diensteanbieter bestellt wird, um in seinem Namen Beweisbeschlüsse zuständiger Strafverfolgungs- und Justizbehörden in Strafsachen zu befolgen. Der Diensteanbieter sollte die Möglichkeit haben, eine bestehende Niederlassung in einem Mitgliedstaat, einschließlich seines Hauptsitzes oder seiner Hauptverwaltung, als Vertreter zu bestellen oder auch mehrere Vertreter zu bestellen.

Unter die Richtlinie fallen Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste, Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft, die als Teil der dem Nutzer erbrachten Dienstleistung Daten speichern, darunter soziale Netzwerke, Online-Marktplätze und andere Hosting-Dienstleister, sowie Anbieter von Namen- und Nummerndiensten für das Internet.

Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste im Sinne der [Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation]. Statt herkömmliche Kommunikationsdienste zu nutzen, verlassen sich herkömmliche Telekommunikationsdienste, Verbraucher und Unternehmen zunehmend auf neue Internetdienste, die eine interpersonelle Kommunikation ermöglichen, z.B. VoIP-Telefonie, Sofortnachrichtenübermittlung (Instant-Messaging) und E-Mail-Dienste. Diese Dienste sowie soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook, die ihren Nutzern die Möglichkeit bieten, Inhalte mit anderen zu teilen, fallen daher unter diesen Vorschlag.

In vielen Fällen werden die Daten nicht auf dem Gerät des Nutzers gespeichert, sondern in einer Cloud-Infrastruktur bereitgestellt, auf die grundsätzlich von jedem beliebigen Ort aus zugegriffen werden kann. Die Diensteanbieter müssen nicht mehr in jedem Hoheitsgebiet niedergelassen sein oder über Server verfügen, sondern können ihre Dienstleistungen über zentralisierte Systeme erbringen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, erfasst die Begriffsbestimmung Cloud-Dienste, die eine Vielzahl von Rechenressourcen wie Netze, Server oder sonstige Infrastrukturen, Speicher, Apps und Dienste bereitstellen, die es möglich machen, Daten für unterschiedliche Zwecke zu speichern. Die Richtlinie gilt auch für digitale Marktplätze, über die Verbraucher und/oder Händler im Wege von Online-Kauf- oder - Dienstverträgen Geschäfte mit Händlern abschließen können. Solche Geschäfte werden entweder auf der Website des Online-Marktplatzes oder auf der Website eines Händlers getätigt, die Rechendienste des Online-Marktplatzes nutzt. Elektronische Beweismittel, die im Rahmen eines Strafverfahrens benötigt werden könnten, befinden sich daher in der Regel im Besitz des Betreibers des Marktplatzes. Dienste, bei denen die Datenspeicherung keine bestimmende Komponente ist, fallen nicht unter den Vorschlag. Obwohl die meisten von Anbietern erbrachten Dienstleistungen heutzutage in irgendeiner Form mit der Speicherung von Daten verbunden sind, insbesondere wenn sie online im Fernabsatz erbracht werden, gibt es Dienstleistungen, bei denen die Datenspeicherung kein wesentliches Merkmal darstellt, sondern nur von untergeordneter Bedeutung ist, darunter Dienstleistungen in den Bereichen Recht, Architektur, Ingenieurwesen und Buchhaltung, die über das Internet angeboten werden.

Daten, die sich im Besitz der Anbieter von Internetinfrastrukturdiensten (z.B. Domain-Namen-Registrierstellen und -Registern sowie Datenschutz- und Proxy-Diensten) oder der regionalen Internetregistrierstellen für Internetprotokoll-Adressen befinden, können für Strafverfahren von Belang sein, da sie Hinweise auf die Identität einer möglicherweise an einer Straftat beteiligten Person oder Organisation enthalten können.

Bei der Definition der Diensteanbieter, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, sollte eine ausreichende Verbindung zwischen dem Diensteanbieter und der Union verlangt werden. In diesem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob der Diensteanbieter natürliche oder juristische Personen in der Union dazu befähigt, seine Dienste zu nutzen. Eine bloße Zugangsmöglichkeit zu einem Dienst (die sich auch aus der Zugangsmöglichkeit zu der Website, einer E-Mail-Adresse oder anderen Kontaktdaten des Diensteanbieters oder eines Vermittlers ergeben könnte) sollte nicht als hinreichende Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie gelten. Daher sollte eine wesentliche Verbindung zur Union erforderlich sein. Eine solche wesentliche Verbindung wäre sicherlich gegeben, wenn der Diensteanbieter eine Niederlassung in der Union hat. Verfügt er über keine Niederlassung in der Union, sollte eine wesentliche Verbindung zur Union auch dann angenommen werden, wenn es in einem oder mehreren Mitgliedstaaten eine erhebliche Zahl von Nutzern gibt oder wenn die Tätigkeit auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ausgerichtet wird. Die Ausrichtung der Tätigkeit auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten lässt sich anhand aller relevanten Umstände bestimmen, einschließlich Faktoren wie der Verwendung einer Sprache oder Währung, die in dem betreffenden Mitgliedstaat üblicherweise verwendet wird, oder der Möglichkeit, Waren oder Dienstleistungen zu bestellen. Die Ausrichtung der Tätigkeit auf einen Mitgliedstaat lässt sich auch daran erkennen, dass im nationalen App-Store eine App zur Verfügung steht, lokale Werbung oder Werbung in der in diesem Mitgliedstaat verwendeten Sprache betrieben oder Informationen genutzt werden, die im Rahmen der Tätigkeit bei Personen in Mitgliedstaaten oder beim Management der Kundenbeziehungen, z.B. beim Betrieb eines Kundendienstes in der in dem Mitgliedstaat allgemein gebräuchlichen Sprache, gesammelt wurden. Eine wesentliche Verbindung ist auch dann anzunehmen, wenn ein Diensteanbieter seine Tätigkeit im Sinne des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ausrichtet.

Artikel 3: Vertreter

In Artikel 3 Absätze 1 und 2 ist festgelegt, dass Diensteanbieter, die in der Union Dienstleistungen erbringen, zur Bestellung eines Vertreters in der Union verpflichtet werden müssen. Grundsätzlich sollte der Diensteanbieter frei wählen können, in welchem Mitgliedstaat er seinen Vertreter bestellt.

Nach Artikel 1 Absatz 2 dürfen die Mitgliedstaaten diese freie Wahl nicht beschränken, etwa indem sie ihn verpflichten, den Vertreter in ihrem Hoheitsgebiet zu bestellen.

Artikel 3 Absätze 1 bis 3 beschränkt die freie Wahl jedoch unter anderem insofern, als der Vertreter in einem Mitgliedstaat niedergelassen sein muss, in dem der Diensteanbieter Dienstleistungen erbringt oder niedergelassen ist. Diese Beschränkung, die eine bestehende Verbindung zwischen dem Diensteanbieter und dem Mitgliedstaat, in dem der Vertreter bestellt werden soll, erfordert, verringert die Wahrscheinlichkeit, dass der Diensteanbieter diesen Mitgliedstaat aus Erwägungen auswählt, die den Zielen der Richtlinie zuwiderlaufen, z.B. aufgrund der Höhe der Geldbußen.

Artikel 3 Absätze 1 bis 3 bestimmt auch, welche Mitgliedstaaten den Diensteanbietern die Verpflichtung aufzuerlegen haben.

Artikel 3 Absatz 1 gilt für Diensteanbieter, die in der Union niedergelassen sind. Diese müssen mindestens einen Vertreter in der Union bestellen, und zwar in einem Mitgliedstaat, in dem sie Dienste anbieten oder niedergelassen sind. Für die Auferlegung dieser Verpflichtung sind die Mitgliedstaaten zuständig, in denen die Diensteanbieter niedergelassen sind.

Artikel 3 Absatz 2 gilt für Diensteanbieter, die nicht in der Union niedergelassen sind. Diese sollten einen Vertreter in einem der Mitgliedstaaten bestellen, in denen sie Dienste anbieten. Für die Auferlegung dieser Verpflichtung sind die Mitgliedstaaten zuständig, in denen die Diensteanbieter Dienste anbieten.

Artikel 3 Absatz 3 gilt sowohl im Falle des Artikels 3 Absatz 1 als auch im Falle des Artikels 3 Absatz 2 und enthält zusätzliche Bestimmungen zur Lösung des Problems, das aus dem Zusammenspiel zwischen einem Binnenmarktinstrument und Instrumenten der justiziellen Zusammenarbeit auf der Grundlage von Titel V AEUV entsteht. Ein Vertreter, der in einem Mitgliedstaat bestellt wird, der sich nicht an einem einschlägigen Instrument der justiziellen Zusammenarbeit beteiligt, würde seine Funktion nicht in vollem Umfang erfüllen, da auf der Grundlage dieses Instruments keine Anordnungen an ihn gerichtet werden könnten. Deshalb verlangt Artikel 3 Absatz 3, dass Diensteanbieter, die Dienste in Mitgliedstaaten anbieten, die sich an solchen Instrumenten beteiligen, einen Vertreter in einem dieser Mitgliedstaaten bestellen. Ein Diensteanbieter, der einen Vertreter in einem Mitgliedstaat bestellt, der sich an einem Instrument der justiziellen Zusammenarbeit nach Titel V beteiligt, erfüllt somit sowohl seine Verpflichtungen nach Absatz 1 bzw. 2 als auch nach Absatz 3. Dagegen erfüllt ein Diensteanbieter, der einen Vertreter in einem Mitgliedstaat bestellt, der sich nicht an einem Instrument der justiziellen Zusammenarbeit nach Titel V beteiligt, zwar seine Verpflichtung nach Absatz 1 bzw. 2, müsste aber, um auch seine Verpflichtung nach Absatz 3 zu erfüllen, einen weiteren Vertreter in einem der Mitgliedstaaten bestellen, die sich an dem Instrument der justiziellen Zusammenarbeit nach Titel V beteiligen. Für die Auferlegung dieser Verpflichtung sind die Mitgliedstaaten zuständig, die sich an dem Instrument beteiligen und in denen der Diensteanbieter Dienste anbietet.

Wegen der "variablen Geometrie" im Bereich des Strafrechts (Dänemark beteiligt sich nicht an Rechtsvorschriften der Union nach Titel V, das Vereinigte Königreich und Irland haben ein Optin-Recht) gelten bei der Beweiserhebung in Strafverfahren im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander verschiedene Rechtsakte, unter anderem die Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung und das Rechtshilfeübereinkommen von 2000. Diese vielschichtige rechtliche Regelung wird durch die Europäische Herausgabeanordnung ergänzt werden. Die hieraus resultierende Komplexität dürfte ein erhöhtes Risiko zur Folge haben, dass die Mitgliedstaaten, die sich an der Verordnung über die Europäische Herausgabeanordnung beteiligen, unkoordinierte nationale Lösungen entwickeln, die wiederum zu weiterer Fragmentierung und Rechtsunsicherheit bei allen Beteiligten führen würde. Deshalb sollten alle Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass Diensteanbieter, die nicht in der Union niedergelassen sind, aber in der Union Dienste anbieten, einen Vertreter in der Union bestellen, an den direkte Ersuchen in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug sowie Ersuchen im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit zwischen Justizbehörden gerichtet werden können. Um der Gefahr vorzubeugen, dass die Wirksamkeit der nach Titel V Kapitel 4 AEUV angenommenen EU-Rechtsinstrumente für die Beweiserhebung in Strafsachen, an denen sich nur einige Mitgliedstaaten beteiligen, verringert wird, sollte ein Vertreter in einem der sich an diesen Rechtsinstrumenten beteiligenden Mitgliedstaaten bestellt werden.

Der Diensteanbieter sollte die Möglichkeit haben, eine seiner Niederlassungen in der Union, auch seinen Hauptsitz oder seine Hauptverwaltung, als Vertreter zu bestellen, sofern die in der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

In Artikel 3 Absatz 6 wird klargestellt, dass die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht gewährleisten müssen, dass ein bestellter Vertreter für die Nichterfüllung seiner Pflichten haftbar gemacht werden kann. Die Haftung des Diensteanbieters selbst bleibt hiervon unberührt. Der Diensteanbieter sollte beispielsweise nicht geltend machen können, für Pflichtverstöße seines Vertreters nicht verantwortlich zu sein. Auch fehlende oder unwirksame interne Verfahren können ihn nicht entlasten, da er für die Bereitstellung der Mittel und Befugnisse verantwortlich ist, die notwendig sind, um die Befolgung von Anordnungen und nationalen Beschlüsse zu gewährleisten. Ebenso wenig sollte der Vertreter zu seiner Entschuldigung anführen können, nicht zur Übermittlung von Daten befugt zu sein.

Artikel 4: Mitteilungen und Sprachen

Artikel 4 verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Diensteanbieter einen oder mehrere Vertreter bestellen und deren Kontaktdaten mitteilen.

Die Mitteilung sollte auch Informationen über die Sprachen enthalten, in denen der Diensteanbieter kontaktiert werden kann. Standardmäßig wird die Amtssprache des Mitgliedstaats verwendet, in dem der Vertreter ansässig ist. Falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, kann der Diensteanbieter eine oder mehrere dieser Sprachen wählen. Darüber hinaus kann der Diensteanbieter weitere Amtssprachen der Union wählen, in denen sich die zuständigen Behörden aller Mitgliedstaaten an ihn wenden können. Dies ermöglicht es dem Diensteanbieter, eine Sprache zu wählen, die beispielsweise in der internen Kommunikation mit der Hauptverwaltung oder derzeit häufig in Ersuchen verwendet wird, und führt damit sowohl für die zuständigen Behörden als auch für den Diensteanbieter zu mehr Kohärenz und Sicherheit.

Wenn der Diensteanbieter mehrere Vertreter bestellt, kann er in der Mitteilung auch angeben, in welchen Fällen welcher Vertreter kontaktiert werden sollte. Diese Angaben sind für die mitgliedstaatlichen Behörden nicht bindend, sollten jedoch, außer in hinreichend begründeten Fällen, befolgt werden.

Die Diensteanbieter sind dafür verantwortlich, diese Informationen - z.B. auf ihrer Website - öffentlich zugänglich zu machen und auf dem neuesten Stand zu halten. Zusätzlich sollten die Mitgliedstaaten die einschlägigen Informationen auf besonderen Websites bereitstellen, um den Justizbehörden die Ermittlung des richtigen Adressaten zu erleichtern.

Artikel 5: Sanktionen

Für die Fälle, in denen die unter die Richtlinie fallenden Diensteanbieter gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie verstoßen, sollten die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorsehen, die gegen Diensteanbieter verhängt werden können, wenn diese nicht nach Maßgabe der Richtlinie einen Vertreter bestellen oder nicht die notwendigen Befugnisse, Mittel und Bedingungen bereitstellen, beispielsweise die Infrastruktur, die der Vertreter generell benötigt, um die Beschlüsse der nationalen Behörden befolgen und die angeforderten Beweismittel übermitteln zu können.

Dagegen sind finanzielle und andere Sanktionen, die verhängt werden, wenn der Vertreter einem bestimmten Beschluss, etwa einer Anordnung in einem konkreten Verfahren, nicht nachkommt, Gegenstand anderer, besonderer Rechtsakte, z.B. der Verordnung über Europäische Anordnungen zur Herausgabe und Sicherung von elektronischen Beweismitteln in Strafsachen, oder des nationalen Rechts.

Artikel 6: Koordinierung

Um ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten, ist in der Richtlinie ein Koordinierungsmechanismus auf der Grundlage zentraler Behörden vorgesehen, die von den Mitgliedstaaten benannt werden. Dieser Koordinierungsmechanismus ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Informationen auszutauschen, einander Hilfe zu leisten und bei der Durchsetzung der Vorschriften zusammenzuarbeiten, z.B. indem ermittelt wird, welcher Mitgliedstaat am besten in der Lage wäre, in einem bestimmten Fall tätig zu werden.

Artikel 7, 8, 9 und 10

Diese Artikel enthalten weitere Bestimmungen über die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten, die Überprüfung durch die Kommission, das Inkrafttreten der Richtlinie und die Adressaten der Richtlinie. Die vorgeschlagene Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben 6 Monate Zeit, um die Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Im Einklang mit den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung nimmt die Kommission eine Evaluierung der Richtlinie nach Randnummer 22 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 1615 vor. 2018/0107 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 53 und 62, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses16, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

Artikel 3
Vertreter

Artikel 4
Mitteilungen und Sprachen

Artikel 5
Sanktionen

Artikel 6
Koordinierung

Artikel 7
Umsetzung

Artikel 8
Bewertung

Spätestens [fünf Jahre nach Geltungsbeginn dieser Richtlinie] nimmt die Kommission eine Bewertung der Richtlinie vor und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor, in dem auch die Notwendigkeit einer Erweiterung ihres Anwendungsbereichs beurteilt wird. Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Richtlinie beigefügt. Die Bewertung wird gemäß den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung durchgeführt. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle erforderlichen Angaben für die Ausarbeitung des Berichts.

Artikel 9
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 10
Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am [...]

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident