Beschluss des Bundesrates
Zweite Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung

Der Bundesrat hat in seiner 957. Sitzung am 12. Mai 2017 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe der sich aus der Anlage ergebenden Änderungen zuzustimmen.

Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen

Anlage

Änderungen und Entschließung zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung

A Änderungen

1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 erster Halbsatz)

In Artikel 1 ist vor Nummer 1 folgende Nummer 01 einzufügen:

Begründung:

Nach der Intention des europäischen Gesetzgebers sollen Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen schon im Vorfeld der Kaufentscheidung Wirkung entfalten. Insofern dient die Änderung der Klarstellung, dass im Zeitpunkt des Anbietens eines Tabakerzeugnisses im Handel ein Verdecken der gesundheitsbezogenen Warnhinweise (z.B. das Stecken von "Produktkarten" vor die Schachteln) unzulässig ist.

Nach Artikel 8 Absatz 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakprodukterichtlinie) sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung und der Außenverpackung unablösbar aufgedruckt, unverwischbar und vollständig sichtbar sind und dass sie, wenn die Tabakerzeugnisse in Verkehr gebracht werden, nicht teilweise oder vollständig durch Steuerzeichen, Preisaufkleber, Sicherheitsmerkmale, Hüllen, Taschen,

Schachteln oder sonstige Gegenstände verdeckt oder getrennt werden.

Die Vorschriften des § 6 Absatz 1 und 2 Nummer 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzG) in Verbindung mit § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 TabakerzV dienen der Umsetzung dieser Vorgaben der Richtlinie.

Der Begriff des "Inverkehrbringens" ist in der Tabakprodukterichtlinie in Artikel 2 Nummer 40 bestimmt als "die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung von Produkten - unabhängig vom Ort ihrer Herstellung - für Verbraucher [...]". Unter dem Begriff des "Inverkehrbringens" ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht lediglich die Abgabe eines Tabakproduktes zum Verbrauch, - also der Akt der Übergabe - zu verstehen, sondern bereits das Anbieten der Ware für den Endverbraucher. Mit der Tabakprodukterichtlinie und der sie umsetzenden Tabakerzeugnisverordnung sollte nicht nur die Gestaltung und Anbringung der Warnhinweise auf und an der Verpackung selbst, sondern eben gerade die Verdeckung auch durch andere Elemente bzw. sonstige Gegenstände geregelt werden. Die "Schockbilder" auf Tabakerzeugnissen sollen bereits zu sehen sein, wenn das Tabakerzeugnis den Verbrauchern im Handel angeboten wird. Eine "Bereitstellung für den Verbraucher" meint insofern immer auch den - in bestimmten Fallkonstellationen nur sehr kurzen - Moment des "Anbietens", d.h. den Zeitpunkt bis der Verbraucher oder die Verbraucherin die Kaufentscheidung endgültig getroffen hat. Eine Verdeckung der "Schockbilder" durch die Händler im Vorfeld des Kaufs hat somit zu unterbleiben - nicht nur bei einem Angebot im Tabakwarenregal, sondern auch im Fall des Anbietens von Tabakerzeugnissen in Automaten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich eine "packungsexterne" Verdeckung der Warnhinweise handelt (vgl. auch die amtl. Begründung zu § 11 TabakerzV). Diese Auslegung ist vor dem Hintergrund des Wortlautes des Artikels 8 Absatz 3 Satz 1 der Tabakprodukterichtlinie auch EU-rechtlich geboten.

Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zu einer Stellungnahme des Bundesrates zum TabakerzG (BT-Drucksache 18/7452) bereits erklärt, dass die Begriffsbestimmung des "Inverkehrbringens" in Artikel 2 Nummer 40 der Tabakprodukterichtlinie im Lichte der Definitionen der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 gesehen werden müsse. Es sei die "Bereitstellung auf dem Markt" gemeint und damit "klargestellt, dass das Inverkehrbringen über die Abgabe an den Endverbraucher hinaus die gesamte Wertschöpfungskette umfasst".

Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 TabakerzV jedoch nicht mit der für einen rechtssicheren und ordnungsgemäßen Vollzug erforderlichen Klarheit. So wurde die von der Bundesregierung geäußerte Rechtsauffassung zu der Reichweite und zeitlichen Geltung der Warnvorschriften der TabakerzeugnisV durch jeweils ein wissenschaftliches und fachanwaltliches Rechtsgutachten in Frage gestellt. Es bedarf daher der Klarstellung, dass von dem "Inverkehrbringen" im Sinne der Tabakprodukterichtlinie und entsprechend im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 TabakerzV auch das Anbieten der Ware für den Verbraucher umfasst sein soll. Die vorgeschlagene Änderung ist daher erforderlich, um Probleme in der Tabaküberwachung abzuwenden und die Handlungsfähigkeit des Vollzuges zu gewährleisten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (Anlage 1 Nummer 1 Eingangssatz), Nummer 6 (Anlage 2 Nummer 1 Eingangssatz)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Gemäß § 4 Tabakerzeugnisverordnung dürfen Tabakerzeugnisse nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn sie einen der in der Anlage 1 enthaltenen Stoffe enthalten. Die in der Anlage 1 gelisteten Stoffe sind nicht additiv zu betrachten. Es muss daher in der ersten Zeile der Nummer 1 heißen:

"Vitamine oder folgende sonstige Zusatzstoffe (...)" (statt Vitamine und folgende sonstige Zusatzstoffe). Entsprechendes gilt für die Anlage 2 in Verbindung mit § 28 Tabakerzeugnisverordnung.

3. Zu Artikel 1 Nummer 6 (Anlage 2 Nummer 4)

In Artikel 1 Nummer 6 ist Anlage 2 wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 34 Absatz 3 die Wörter "und Anlage 2 Nummer 4 sind" durch das Wort "ist" zu ersetzen.

Begründung:

Häufige Aromen für E-Zigaretten sind z.B. Blaubeere, Kirsche, Vanille oder Pfefferminz. In allen Fällen wird Menthol entweder als Hauptaroma (Pfefferminz) oder als Hintergrundaroma eingesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung kommt in seiner Stellungnahme (Nr. 045/2015 vom 30. Juli 2015) zu der Einschätzung, dass E-Zigaretten keine reizenden und irritierenden Verbrennungsprodukte freisetzen, deren Wirkung durch Zusatzstoffe maskiert werden müssten. Des Weiteren heißt es, dass eine durch Menthol erleichterte Inhalation bei diesen Produkten deutlich weniger relevant ist als bei Tabakzigaretten. Da die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und gesundheitlichen Bewertungen für ein generelles Menthol-Verbot nicht ausreichend sind, könnte statt eines Verbots, welches erst im Jahr 2020 gilt, zeitnah eine Höchstmengenregelung für Menthol erlassen werden. Für eine solche Regelung bietet § 13 Absatz 2 Nummer 2 Tabakerzeugnisgesetz eine Ermächtigungsgrundlage.

B Entschließung

1. Zu Artikel 1 Nummer 5 (Anlage 1) und Nummer 6 (Anlage 2)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, den betroffenen Produzenten von nach Artikel 1 Nummer 5 (Anlage 1) und Nummer 6 (Anlage 2) zukünftig verbotenen Produktlinien eine angemessene Übergangsfrist für die Umstellung und den Abverkauf der bis zum Inkrafttreten der Änderungsverordnung hergestellten Produkte einzuräumen.

Begründung:

Im Falle produktbezogener Regulierungseingriffe sind grundsätzlich Übergangsfristen zur Produktionsumstellung und zum Abverkauf von Altware im Handel zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich.

2. Zur Einführung einer Höchstmengenregelung für Menthol

Der Bundesrat bittet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bezüglich der Verwendung von Menthol in E-Zigaretten, von seiner Ermächtigungsgrundlage gemäß § 13 Absatz 2 Nummer 2 Tabakerzeugnisgesetz Gebrauch zu machen und eine Höchstmengenregelung für Menthol zu erlassen, damit dieser Aromastoff noch in geringen Mengen aus technologischen Gründen verwendet werden kann.

Häufige Aromen für E-Zigaretten sind z.B. Blaubeere, Kirsche, Vanille oder Pfefferminz. In allen Fällen wird Menthol entweder als Hauptaroma (Pfefferminz) oder als Hintergrundaroma zur Abrundung anderer Aromen eingesetzt. Um Risiken zu minimieren, ist ein Verbot von Menthol als Hauptaroma sinnvoll. Der Einsatz von Menthol als Hintergrundaroma liegt nach Informationen aus der Wirtschaft bei ca. 0,1 Prozent. Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesundheitlichen Bewertungen gibt es derzeit keine Gründe, diese geringen Gehalte zu verbieten, die aus technologischer Sicht wichtig sind. Ein Totalverbot würde zu einer unkontrollierten Verwendung von Ersatzstoffen, welche weniger bekannt und toxikologisch bewertet sind, führen. Deshalb wird eine Höchstmengenregelung für sachgerechter gehalten.

3. Zu Regelungen zu verbotenen und begrenzt zugelassenen Zusatz- bzw. Inhaltsstoffen

Der Bundesrat bedauert, dass abgesehen von der Liste der verbotenen Inhaltsstoffe keine Regelungen zu den begrenzt zugelassenen Zusatzstoffen bzw. Inhaltsstoffen erlassen worden s i.d.R. gelungen zu Konservierungsstoffen oder weiteren Zusatzstoffen, die nur für bestimmte Tabakerzeugnisse oder E-Zigaretten zulässig sind, sollten zeitnah erlassen werden.

Des Weiteren ist die Liste der verbotenen Inhaltsstoffe in Tabakerzeugnissen und E-Zigaretten, u.a. im Hinblick auf Aromen für Wasserpfeifentabak oder Pfeifentabak, weiter fortzusetzen. In der aufgehobenen Tabakverordnung waren in der Anlage 2 Aromen aufgeführt, die auf der Grundlage von toxikologischen Daten als so kritisch eingestuft worden sind, dass sie nicht in Tabakerzeugnissen verwendet werden durften. Dazu gehörte beispielsweise das Aroma Campher. In der vorliegenden Änderungsverordnung wird Campher weder in der Liste der verbotenen Inhaltsstoffe für Tabakerzeugnisse (Anlage 1) noch in der für E-Zigaretten (Anlage 2) geführt.

Das Aroma Campher ist zwar als charakteristisches Aroma für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen verboten, in anderen Tabakerzeugnissen, wie z.B. Wasserpfeifentabak, aber nach derzeitigem Recht zulässig. Insbesondere eine inhalative Aufnahme von Campher kann zu schweren gesundheitlichen Komplikationen führen.

Der Bundesrat bittet bezüglich der verbotenen und begrenzt zugelassenen Inhaltsstoffe um eine Anpassung an das bisherige Schutzniveau.