Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2011
(Zensusvorbereitungsgesetz 2011 - ZensVorbG 2011)

Der Bundesrat hat in seiner 833. Sitzung am 11. Mai 2007 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu § 5 Abs. 1 Satz 1

Nach Artikel 84 Abs. 1 Satz 7 des Grundgesetzes dürfen durch Bundesgesetz den Gemeinden Aufgaben nicht übertragen werden. Von verschiedenen Seiten wird eingewandt, der Gesetzentwurf verstoße gegen diese Regelung, da nach § 5 Abs. 1 Satz 1 bestimmte Aufgaben von den nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) vorzunehmen sind. Die Bundesregierung wird gebeten, im weiteren Verfahren umfassend zu begründen, warum kein Verstoß gegen das Verbot der Übertragung von Aufgaben auf die Gemeinden gemäß Artikel 84 Abs. 1 Satz 7 des Grundgesetzes vorliegt.

2. Zu § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

In § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist das Wort "Gemeindeeigener" durch die Wörter "Sofern vorhanden, der gemeindeeigene" zu ersetzen.

Begründung

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs sollen die nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) für den Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 und des Ortsverzeichnisses nach § 3 für alle gemeldeten Einwohner aus dem Melderegister elektronisch den gemeindeeigenen Schlüssel der Straße den statistischen Ämtern der Länder übermitteln. Der gemeindeeigene Schlüssel der Straße ist keine im Melderegister gespeicherte Angabe und damit kein Bestandteil des einheitlichen Bund-/Länderteils des Datensatzes für das Meldewesen; sie wird jedoch von den Meldebehörden einiger Bundesländer im landesinternen Teil gepflegt. Entsprechende Angaben können daher nur übertragen werden, sofern sie den Meldebehörden vorliegen.

3. Zu § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7

In § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 ist das Wort "Staatsangehörigkeit" durch das Wort "Staatsangehörigkeiten" zu ersetzen.

Begründung

Vor dem Hintergrund des Gebots der Bestimmtheit und Normenklarheit ist in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 die Angabe "Staatsangehörigkeit" in "Staatsangehörigkeiten" zu ändern, da nach dem Melderechtsrahmengesetz die Nennung mehrerer Staatsangehörigkeiten möglich ist und diese bei Vorliegen auch übermittelt werden sollten, um eine höhere Treffgenauigkeit zu erzielen.

4. Zu § 6

§ 6 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a:

Nach der Begründung zu § 6 d. E. dienen die Datenlieferungen der Bundesagentur für Arbeit auch zu dem Zweck, Lücken und Fehler der Datenlieferung aus anderen Registern zu ermitteln. Hierfür bedarf es der Festlegung einheitlicher Stichtage für die verschiedenen Register.

Die in dem Gesetzentwurf von dem Stichtag der Datenlieferung aus den Melderegistern (1. April 2008) vorgesehene Abweichungen für die Datenlieferung der Bundesagentur der Arbeit (für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: 30. September 2007; für die arbeitslos gemeldeten Personen: 13. März 2008) provozieren Unstimmigkeiten zwischen den Registern und damit Schein-Unrichtigkeiten, weil z.B. nach dem Stichtagsdatenabzug der Bundesagentur für Arbeit erfolgte Umzüge unberücksichtigt blieben und den tatsächlich unbegründeten Anschein einer Unstimmigkeit mit daraus folgendem Aufklärungsbedarf hervorrufen würden.

Zu Buchstabe b:

Die Durchführung des registergestützten Zensus steht und fällt mit der Vollständigkeit und Qualität des Anschriften- und Gebäuderegisters, das Grundlage für die Gebäude- und Wohnungszählung ist. Die im Gesetzentwurf vorgesehene einmalige Übermittlung begründet die Gefahr unvollständiger und in sich unplausibler Datenlieferungen. Deshalb ist eine weitere Übermittlung der Daten der Bundesagentur für Arbeit zu einem stichtagsnäheren Zeitpunkt aufzunehmen, wie dies bereits jetzt für die Datenlieferungen der Meldebehörden und der Landesvermessungsbehörden vorgesehen ist.

Dies ermöglicht ein nochmaliges Zusammenführen der Dateien und erhöht die Qualität des Anschriften- und Gebäuderegisters.

5. Zu § 7 Abs. 2 Satz 2 und 4

§ 7 Abs. 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Der Zensus kann die in ihn gesetzten Ziele nur dann erfüllen, wenn er in allen Ländern Deutschlands nach identischen Standards durchgeführt wird. Nur so funktionieren auf allen Ebenen akzeptierte Finanzausgleiche und Finanztransfers, die an die amtliche Einwohnerzahl gekoppelt sind. Gleiches gilt für die Festlegung der Wahlkreise und zahlreiche andere, an der amtlichen Einwohnerzahl orientierte Entscheidungsgrundlagen. Dies wird auch von der EU so gesehen. Wenn auch die EU die Erhebungsmethoden den Mitgliedstaaten im Einzelnen nicht vorgibt, so verlangt sie doch im Hinblick auf die Zensusergebnisse die Einhaltung von Qualitätsstandards, die in entsprechenden Berichten nachgewiesen werden muss.

Die Ergebnisse des Zensustests belegen, dass Einzelprüfungen - entgegen den Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 2 - zur Qualitätssicherung unumgänglich sind. Nur so kann die Vollzähligkeit des Anschriften- und Gebäuderegisters und damit eine hinreichend gute Qualität des Zensusergebnisses sichergestellt werden. Dass dies notwendig ist, sagt im Übrigen auch die Bundesregierung selbst in der Begründung zu § 2 Absatz 1 des vorliegenden Gesetzentwurfes: "Voraussetzung für eine gute Qualität der Zensusergebnisse ist die vollständige Erfassung der Zielbevölkerung (Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung und der Nebenwohnung). Grundlage dafür ist die Ermittlung aller existierenden Gebäude mit Wohnraum einschließlich aller bewohnten Unterkünfte." Zudem enthält auch die Begründung zu § 7 Abs. 2 den Hinweis, dass im Sinne der Vollzähligkeit des Zensus die Fälle von besonderer Bedeutung sind, in denen aus den Melderegistern (für Gebäude mit Wohnraum) keine Angaben zu den gemeldeten Personen vorliegen. Ohne Einzelprüfungen würde sich generell die Frage stellen, warum aufwändig Verwaltungsdaten aus verschiedenen Registern herangezogen werden sollen, wenn aus sich widersprechenden Verwaltungsdaten letztlich nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen würden und in Zweifelsfällen nur den Informationen eines Registers, z.B. des Melderegisters, gefolgt würde.

Anhand eines Beispiels aus der Praxis wird die Notwendigkeit zur Klärung von Unstimmigkeiten deutlich: Wenn die Daten der Vermessungsbehörde und der Bundesagentur für Arbeit den Daten der Meldebehörde - auch nach nochmaliger Überprüfung anhand des in der Meldebehörde vorhandenen Datenbestandes - widersprechen, kann nicht generell eine "Mehrheitsentscheidung" nach dem Prinzip 2:1 herbeigeführt werden, vielmehr muss der Einzelfall konkret aufgeklärt werden.

6. Zu § 7 Abs. 2 Satz 6

In § 7 Abs. 2 ist der Satz 6 wie folgt zu fassen:

Begründung

Die statistischen Ämter der Länder ermitteln die entsprechenden Daten. Zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Minimierung der entstehenden Kosten ist es fachlich sinnvoll, dass die statistischen Ämter der Länder Korrekturen und/oder Ergänzungen unmittelbar in das Anschriften- und Gebäuderegister einbringen. Eine Weiterleitung an das Statistische Bundesamt würde unter anderem das Verfahren bei erneuten Rückfragen, die dann wiederum über die statistischen Ämter der Länder laufen müssten, unnötig verkomplizieren. Eine ähnliche Vorgehensweise ist bereits bei § 10 vorgesehen.

7. Zu § 9 Abs. 2

In § 9 Abs. 2 ist folgender Satz 2 anzufügen:

Begründung

§ 9 Abs. 2 bezieht sich auf die Vollständigkeit der einzubeziehenden Sondergebäude und die Sicherstellung der Qualität ihrer Merkmale. Dies kann von den statistischen Ämtern nur gewährleistet werden, wenn sie von allen davon berührten Stellen unterstützt werden bzw. Auskünfte erhalten. Im Gegensatz zu Wohngebäuden bzw. zu den dort lebenden Menschen, deren Angaben von verschiedenen, in diesem Gesetzentwurf genannten Stellen geliefert und abgeglichen werden können, ist die Vorgehensweise bei Sondergebäuden im vorliegenden Gesetzentwurf nicht festgelegt, vielmehr sind die statistischen Ämter bei ihren Ermittlungen auf die Unterstützung und Auskünfte anderer Stellen angewiesen. Dies wird hier klargestellt.

8. Zu § 10 Abs. 1 Satz 2

In § 10 Abs. 1 Satz 2 sind nach dem Wort "Angaben" die Wörter ", soweit möglich elektronisch," einzufügen.

Begründung

Der registergestützte Zensus bedingt die Übermittlung von Massendaten zwischen den Daten führenden und den Daten annehmenden Stellen. Dies muss soweit wie möglich auf technisch einfachstem Weg erfolgen. In den übrigen Regelungen dieses Gesetzes wird die elektronische Übermittlung ebenfalls vorgegeben (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1).

Durch die Einschränkung - soweit möglich elektronisch - werden Stellen, die technisch nicht entsprechend ausgestattet sein sollten, von der Vorgabe befreit. Diejenigen, die hierzu in der Lage sind, werden gesetzlich verpflichtet

9. Zu § 10 Abs. 2

In § 10 Abs. 2 ist folgender Satz 2 anzufügen:

Begründung

Die Ergänzung stellt klar, dass die Offenbarung von Verhältnissen, die vom Steuergeheimnis umfasst sind, zum Zwecke der Zensus-Vorbereitung und Durchführung im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO ausdrücklich zugelassen ist. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Verhältnisse vor der Übermittlung anonymisiert werden.

10. Zu § 13 Abs. 1

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob § 13 Abs. 1 ZensVorbG 2011-E dahin gehend präzisiert werden sollte, dass die auskunftspflichtigen Stellen nur zur Übermittlung derjenigen - auf ihre inhaltliche Richtigkeit nicht zu überprüfenden - Daten verpflichtet sind, die sie mit den jeweils zur Verfügung stehenden technischen Mitteln ohne gesonderten manuellen Rechercheaufwand ermitteln können.

Begründung

Zur Vorbereitung einer Gebäude- und Wohnungszählung sollen nach § 10 Abs. 1 und 2 des Entwurfs unter anderem die Grundbuchämter zur Auskunft über Namen und Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen verpflichtet werden. Abgesehen davon, dass die Grundbuchblätter in vielen Fällen nicht die zutreffenden Daten über die Anschrift der Eigentümer enthalten, können - je nach eingesetzter Software - nicht alle Daten der einzelnen Grundbuchblätter (z.B. die Differenzierung zwischen Eigentum und Erbbaurecht) elektronisch ausgelesen werden. Da nach der Begründung zu § 13 die Übermittlung der Daten auf diejenigen aus den vorhandenen Unterlagen beschränkt ist, d. h. auf Daten, die bereits in den Stammdateien enthalten sind, und zusätzliche Erhebungen oder Bearbeitungen nicht durchgeführt werden sollen, ist davon auszugehen, dass nur die ohne Weiteres elektronisch auslesbaren Grundbuchdaten zu übermitteln sind und nicht etwa gefordert ist, dass jedes Grundbuchblatt "per Hand" geöffnet wird. Dies kommt im Entwurfstext selbst bislang nicht hinreichend zum Ausdruck und sollte klargestellt werden.

11. Zu § 14

In § 14 sind nach dem Wort "Datenübermittlungen" die Wörter "an das Statistische Bundesamt" zu streichen.

Begründung

Die Formulierung im Gesetzentwurf erweckt den falschen Eindruck, als ob eine Kostenerstattung von anderen Stellen in Betracht käme. Um dies auszuschließen, muss die vorstehende Klarstellung im Gesetzestext erfolgen.

12. Zu § 14a - neu -

Nach § 14 ist folgender § 14a einzufügen:

§ 14a Finanzzuweisung

Begründung

Der registergestützte Zensus stellt einen Paradigmenwechsel gegenüber einer herkömmlichen Volkszählung dar. Erfolg und Qualität hängen maßgeblich davon ab, dass die methodischen, organisatorischen und technischen Fragen rechtzeitig gelöst und die gefundenen Lösungen bei der Durchführung des Zensus effektiv umgesetzt werden. Eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist unabdingbar. Das Schwergewicht wird bei den Ländern (insbesondere bei den statistischen Ämtern) liegen. Das wird an der Verteilung der Kosten bereits beim Zensusvorbereitungsgesetz deutlich. Bereits im Rahmen des Zensusvorbereitungsgesetzes entstehen bei den Ländern voraussichtlich geschätzte Kosten in Höhe von mindestens 137 Millionen Euro, beim Bund dagegen nur knapp 40 Millionen Euro. In gleicher Weise werden die Länder beim Gesamtprojekt weit überproportional mit etwa 90 Prozent belastet.

Eine hälftige Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder ist im Blick auf die nationale und europäische Bedeutung unverzichtbar. Der geplante registergestützte Zensus stellt die erste Volkszählung für ganz Deutschland nach der Wiedervereinigung dar, die Vereinten Nationen empfehlen sogar einen Zehnjahresturnus für eine umfassende Bestandsaufnahme von Gesellschaft und Wirtschaft. Die Europäische Union wird gemeinschaftsweite Volks- und Wohnungszählungen für das Jahr 2011 durch eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen (Zensusverordnung) vorschreiben. Darüber hinaus entspricht die freiwillige Kostenbeteiligung des Bundes der Staatspraxis bei Volkszählungen. Eine angemessene Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen war auch bei früheren Zählungen immer gesetzlich verankert.

Angesichts der nationalen und internationalen Bedeutung und Tragweite des Zensus und angesichts der Tatsache, dass auf die Länder voraussichtlich mindestens 90 Prozent der Kosten des registergestützten Zensus entfallen werden, ist eine hälftige Beteiligung des Bundes sachlich und zur Einhaltung der von der EU vorgeschriebenen Qualitätsstandards geboten.

13. Zu § 15a - neu -

Nach § 15 ist folgender § 15a einzufügen:

§ 15a Sonderregelung zum Verwaltungsverfahren

Als Folge ist die Einleitungsformel wie folgt zu fassen:

Begründung

Mit dem Zensusvorbereitungsgesetz 2011 werden die rechtlichen Voraussetzungen für die rechtzeitige Vorbereitung des für das Jahr 2011 vorgesehenen registergestützten Zensus geregelt. Das Gesetz legt fest, welche Landesbehörden, das sind die Statistischen Ämter der Länder, die Landesvermessungsbehörden, die Meldebehörden, die Grundbuchämter sowie die für die Erhebung der Grundsteuer zuständigen Stellen, die Finanzbehörden und die Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe zur Mitwirkung und Datenlieferung verpflichtet werden. Damit hat der Bund die Behördenzuständigkeiten bei den Ländern und indirekt auch bei den Gemeinden sowie das Verwaltungsverfahren mitgeregelt. Wie sich aus dem Gesamtkontext des Gesetzes erschließt, machen Ausweichungsmöglichkeiten für die Länder keinen Sinn. Die Durchführung eines registergestützten Zensus kann nämlich nur dann gelingen, wenn die Vorgehensweise in Bund, Ländern und Gemeinden einheitlich ist. Dies sollte im Gesetz auch klargestellt werden.

Der Bund macht damit von seiner Befugnis nach Art. 84 Abs. 1 S. 5 Gebrauch, was nach Art. 84 Abs. 1 S. 6 GG die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates begründet. In den Gesetzentwurf geht der Bund indessen lediglich von einem Einspruchsgesetz aus.