Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union

Der Bundesrat hat in seiner 833. Sitzung am 11. Mai 2007 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c ( § 5 Abs. 3 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c ist § 5 Abs. 3 wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Gesetzentwurf hält an der bisherigen Regelung fest, dass bei Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 24 (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz) und § 25 Abs. 3 (Aufenthaltserlaubnis bei festgestellten Abschiebungshindernissen) von dem Erfordernis der Passpflicht abzusehen ist. Gleiches gilt für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dem neu eingefügten § 25 Abs. 4a (Aufenthaltsrecht für Opfer von Straftaten, Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie). In allen drei Fallkonstellationen ist kein sachlicher Grund erkennbar, generell von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen. Die Möglichkeit, hiervon im Ermessenwege abzusehen, bleibt unverändert, ebenso die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzentwurfes.

2. Zu Artikel 1 Nr. 7a - neu - (§ 7 Abs. 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 7 folgende Nummer einzufügen:

Begründung

Die wohnsitzbeschränkende Auflage ist ein zentrales aufenthaltsrechtliches Instrument zur Steuerung und Sicherstellung einer räumlich und finanziell gleichmäßigen sowie der Bildung sozialer Brennpunkte entgegen wirkenden Verteilung von Ausländern, deren Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist.

Mit ihr wird sichergestellt, dass ein Ausländer der ungeachtet der fehlenden Sicherstellung des Lebensunterhalts eine Aufenthaltserlaubnis erhält, auf den Bereich der Ausländerbehörde beschränkt ist, die die Aufenthaltserlaubnis erteilt hat.

Wohnsitzbeschränkende Auflagen sind bislang in § 23 Abs. 2 Satz 2, § 54a Abs. 3 und § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sowie in § 56 AsylVfG geregelt. Darüber hinaus entsprechen wohnsitzbeschränkende Auflagen einer auf der Grundlage eines Beschlusses der Ausländerreferentenbesprechung des Bundes und der Länder (ARB) aus dem Jahre 2005 in den Ländern durch Verwaltungsvorschriften/Erlasse geregelten Praxis. Unter Hinweis auf die vorgenannten spezialgesetzlichen Regelungen wird die Anwendung des Beschlusses der ARB in der Fassung der Runderlasse der Länder durch neuere Rechtsprechung zunehmend in Frage gestellt, die eine vergleichbare ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Voraussetzung einer entsprechenden Auflage macht.

Vor diesem Hintergrund ist eine klarstellende gesetzliche Ermächtigung geboten.

3. Zu Artikel 1 Nr. 9 Buchstabe b (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 9 Buchstabe b ist in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 nach dem Wort "entgegenstehen" folgender Halbsatz einzufügen:

Begründung

Der Formulierung im Gesetzentwurf, in welchen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht entgegensteht, ist für die mit der Ausführung des Aufenthaltsrechts betrauten Ausländerbehörden kaum praktikabel. Es sollte daher zumindest ein Regelbeispiel eingefügt werden.

Die Höhe des unschädlichen Strafmaßes entspricht der beabsichtigten Neuregelung in § 12a Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz.

4. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 9a Abs. 2 Nr. 5 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 9a Abs. 2 Nr. 5 nach dem Wort "entgegenstehen" folgender Halbsatz einzufügen:

Begründung

Der Formulierung im Gesetzentwurf, in welchen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung der Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG nicht entgegensteht, ist für die mit der Ausführung des Aufenthaltsrechts betrauten Ausländerbehörden kaum praktikabel. Es sollte daher zumindest ein Regelbeispiel eingefügt werden.

Die Höhe des unschädlichen Strafmaßes entspricht der beabsichtigten Neuregelung in § 12a Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz.

5. Zu Artikel 1 Nr. 11a - neu - (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer 11a einzufügen:

Begründung

Die langjährige und einvernehmliche Praxis der Länder, nicht nur die Niederlassungserlaubnis nach § 23 sondern auch Aufenthaltserlaubnisse in bestimmten Fällen bei Bezug öffentlicher Leistungen mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage zu versehen, soll eine gesetzliche Klarstellung erfahren.

6. Zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a (§ 16 Abs. 1 Satz 5, Satz 6 und 7 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a ist in § 16 Abs. 1 Satz 5 durch folgende Sätze zu ersetzen:

Begründung

Um eine - wie im Bericht zu ausländerrechtlichen Erkenntnissen und möglichen Optimierungspotentialen im Zusammenhang mit den geplanten Bombenattentaten in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen - verschärfte aufenthaltsrechtliche Kontrolle durch die Ausländerbehörde zu ermöglichen, sollte die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei studienvorbereitenden Maßnahmen für die Dauer von unter einem Jahr explizit genannt werden. Das ist auch mit der Regelung in der Studentenrichtlinie konform.

7. Zu Artikel 1 Nummer 13a (§ 19 Überschrift, Absatz 1, Absatz 2 Nr. 3 sowie Absatz 3 und 4 - neu - AufenthG):

In Artikel 1 ist nach Nummer 13 folgende Nummer 13a einzufügen:

Begründung

Zur nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung des Wirtschafts- und Lebensstandorts Deutschland ist es in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft und damit einhergehend in einem immer stärker werdenden globalen Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte von zentraler Bedeutung, diesen attraktive, transparente und langfristige Perspektiven für einen Zuzug und Aufenthalt zu bieten. Dazu gehört insbesondere auch, Hochqualifizierten im Rahmen des Aufenthaltsrechts eine verlässliche und dauerhafte Zukunftsperspektive zu eröffnen.

§ 19 AufenthG (Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte) wird dem, wie auch die im letzten Jahr vorgenommene Evaluierung des Bundes zum Zuwanderungsrecht belegt, bislang nur zum Teil gerecht. Ein verbindlicher Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit wird Hochqualifizierten bislang allein im Hinblick auf eine Niederlassungserlaubnis eröffnet. Das dabei vorausgesetzte Gehalt in Höhe des Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung wird aber von vielen Hochqualifizierten, insbesondere auch gut ausgebildeten jüngeren Arbeitskräften mit erheblichem Zukunftspotenzial, nicht erreicht. Daher ist eine praxisgerechte und attraktivitätssteigernde Fortentwicklung geboten. Das gilt auch mit Blick auf Ausländer, die ihr Studium in Deutschland absolviert haben. Diese haben mit dem erfolgreichen Abschluss bewiesen, dass sie über eine hervorragende fachliche Ausbildung nach deutschen Maßstäben ebenso verfügen wie regelmäßig über entsprechend gute Kenntnisse der deutschen Sprache und der hiesigen Lebensverhältnisse. Damit, sowie mit in der Regel vorhandenen Kenntnissen in der Sprache und den Gewohnheiten ihres Herkunftslandes, verfügen sie über besondere Entwicklungspotenziale, mit denen sie neben ihrer persönlichen Weiterentwicklung in besonderer Weise einen Beitrag zur Sicherung und Fortentwicklung der Stellung Deutschlands im globalen Wettbewerb leisten können.

Mit der Änderung wird - anders als im Gesetzentwurf der Bundesregierung, der keinen Handlungsbedarf sieht - § 19 fortentwickelt und ein notwendiger Beitrag zur Sicherung und zum Ausbau der deutschen Position im globalen Wettbewerb um Hochqualifizierte geleistet.

Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte soll künftig nicht mehr allein im Ermessen der Behörde stehen und nur "in besonderen Fällen" erfolgen. Mit der neuen "Soll"-Verpflichtung soll Ausländern, die die Voraussetzungen des Absatzes 1, auch in Verbindung mit Absatz 2 erfüllen, vielmehr regelmäßig ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zustehen. Allein beim Vorliegen besonderer Ausnahmegründe, zum Beispiel dem Vorliegen eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Aufenthaltsgesetz oder bei Straffälligkeit, kommt im Einzelfall die Versagung einer Niederlassungserlaubnis im Betracht. Im Übrigen wird das Erfordernis der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit aus gesetzessystematischen Gründen in Absatz 4 (neu) geregelt.

Der bisher geltende doppelte Satz der Beitragsbemessungsgrenze wird vielfach und nicht nur von jüngeren Höchstqualifizierten nicht erreicht. Es ist daher geboten, im Interesse der Verbesserung der Stellung Deutschlands im globalen Wettbewerb Hochqualifizierten bereits beim Erreichen des Eineinhalbfachen der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (Absatz 2 Nr. 3). Damit wird insbesondere auch mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, hochqualifizierte Ausländer einzustellen. Gerade für den Mittelstand hat sich die Notwendigkeit eines Gehalts in Höhe des Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze als zu hohe Hürde erwiesen. Der Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft darf aber vom Nutzen einer gezielten Zuwanderung Hochqualifizierter nicht ausgenommen werden.

Um den Kreis der Hochqualifizierten mit Anspruch und verlässlicher Zuzugs- und Aufenthaltsperspektive praxis- und wettbewerbsgerecht zu erweitern, räumt Absatz 3 Satz 1 Hochqualifizierten einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bereits bei einem Gehalt in Höhe von mindestens dem einfachen Satz der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (= 3.562,50 Euro mtl.) ein. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Hochqualifizierte, insbesondere jüngere Arbeitskräfte mit erheblichem Zukunftspotenzial, nicht über ein deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Gehalt verfügen. Wird die Beitragsbemessungsgrenze nicht erheblich überschritten, ist es dabei angemessen, Betroffenen nicht von Anfang an einen unbefristeten Aufenthaltstitel, sondern zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Nur beim Vorliegen besonderer Ausnahmegründe ist im Einzelfall eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen.

In Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 wird Betroffenen zugleich eine attraktive und voraussehbare Entwicklungs- und Zukunftsperspektive in Deutschland in Form eines Anspruchs auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für den Fall eröffnet, dass sie seit mindestens 3 Jahren ein über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegendes Gehalt erzielen. Durch eine entsprechende berufliche Bewährung haben Betroffene damit Rechtssicherheit und es selbst in der Hand, eine Niederlassungserlaubnis - in einer gegenüber den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 deutlich vereinfachten und beschleunigten Form - zu erhalten. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit unbenommen, bereits früher, d.h. insbesondere beim Hineinwachsen in die Anspruchsvoraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 3 (neu) eine Niederlassungserlaubnis nach den dafür vorgegebenen spezifischen Voraussetzungen zu erhalten.

Das bislang im Zusammenhang mit den allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte vorgesehene Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit wird auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Hochqualifizierte erstreckt und aus gesetzessystematischen Gründen einheitlich in Absatz 4 Satz 1 zusammenfassend geregelt.

Absatz 4 Satz 2 sieht eine begrenzte Ausnahme vom Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit zugunsten von Studenten vor, die ihr Studium erfolgreich in Deutschland abgeschlossen haben. Damit wird den o. g. besonderen Kenntnissen und Perspektiven dieser Gruppe Rechnung getragen. Zugleich wird ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung der Attraktivität eines Verbleibs in Deutschland und zum Bürokratieabbau geleistet. Aus der Anknüpfung an das Vorliegen eines Aufenthaltstitels nach § 16 Abs. 4 ergibt sich, dass der Verzicht auf das Zustimmungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit allein für die Dauer von bis zu einem Jahr nach Abschluss des Studiums gilt. Diese Begrenzung ist gerechtfertigt, da davon auszugehen ist, dass Studenten mit einer guten Zukunftsprognose in dieser Zeit in der Lage sind, eine angemessene Arbeitsstelle zu erwerben.

Im Übrigen sind die Änderungen redaktioneller Art.

8. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe a ist die Angabe "fünfhunderttausend" durch die Angabe "zweihundertfünfzigtausend" zu ersetzen.

Begründung

Die Tätigkeit selbständiger Unternehmer ist eine der tragenden Säulen für wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland. Das gilt auch im Hinblick auf selbständige Tätigkeit von Ausländern. Die Praxis seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes sowie die im Jahr 2006 durchgeführte Evaluierung des Zuwanderungsrechts haben gezeigt, dass die bisherige Fassung der Regelvoraussetzungen in § 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Vollzug zu erheblicher Unsicherheit und zu einer nicht gebotenen Zurückhaltung bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Ausübung selbständiger Tätigkeit geführt hat. Es ist daher geboten, die Regelvoraussetzungen deutlich und praxisgerecht zu reduzieren. Über den Entwurf der Bundesregierung hinaus ist daher im Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsplätzestandorts Deutschland eine Reduzierung der Mindestinvestitionssumme auf 250.000 Euro geboten.

9. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d (§ 21 Abs. 5 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d sind in § 21 Abs. 5 Satz 1 nach den Wörtern "erteilt werden" die Wörter ", wenn ein regionales Bedürfnis nachgewiesen ist" einzufügen.

Begründung

Zu den "klassischen" Freiberuflern gehören beispielsweise Künstler, Schriftsteller, Ingenieure, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Dolmetscher oder Architekten (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), teilweise werden auch andere Berufe freiberuflich ausgeübt (z.B. Musiklehrer, Übersetzer).

Die Freiberufler erfüllen in der Regel nicht die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 AufenthG (Niederlassung Selbständiger). Eine Sonderreglung für Freiberufler ist daher grundsätzlich zu begrüßen.

Der Entwurf enthält jedoch insoweit keine einschränkenden Kriterien. Die geplante Sonderregelung würde somit dazu führen, dass die Niederlassung von Freiberuflern faktisch ohne jede Einschränkung möglich ist. Dies kann wegen der damit verbundenen Gefahr einer Umgehung der Vorschriften über den Zuzug von ausländischen Arbeitnehmern und der Verdrängung von einheimischen Freiberuflern nicht hingenommen werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit sollte zumindest voraussetzen, dass ein regionales Bedürfnis nachgewiesen ist.

10. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d (§ 21 Abs. 6 Satz 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d ist dem § 21 Abs. 6 folgender Satz 2 anzufügen:

Begründung

Mit der Anfügung des Satzes 2 in Absatz 6 wird die Möglichkeit geschaffen, Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck besitzen, unter Beibehaltung dieses Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit zu erlauben. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es zwar, der Absatz 6 regele die Voraussetzungen, unter denen Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck erteilt worden ist, die selbständige Tätigkeit erlaubt werden kann, tatsächlich werden jedoch keinerlei Voraussetzungen genannt. Weiter heißt in der Begründung, das durch die Ausländerbehörde auszuübende Ermessen sei auf die Prüfung reduziert, ob die gegebenenfalls erforderlichen Berufszugangsvoraussetzungen (z.B. Approbation) vorliegen, wobei offen bleibt, was die Ausländerbehörde zu prüfen hat, wenn keine besonderen Berufszugangsvoraussetzungen für die beantragte Tätigkeit bestehen.

Um Missbrauchsfälle zu vermeiden, sollten die Fälle, in denen die Möglichkeit der selbständigen Tätigkeit bestehen soll, näher beschrieben oder jedenfalls eingeschränkt werden. Ansonsten könnte sich auch jeder Student und oder sein Ehegatte selbständig machen und dies ist sicher nicht beabsichtigt.

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird Personen, die sich zum Zwecke des Studiums oder einer Ausbildung hier aufhalten, bewusst nicht die Gelegenheit gegeben, parallel zu der beabsichtigten Tätigkeit eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Zudem sollten auch Personen, deren Aufenthalt von vornherein einer Verfestigung nicht zugänglich ist, nicht die Möglichkeit bekommen, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Entstehenden Ausreiseverpflichtungen könnte stets die durch die selbständige Tätigkeit erreichte Einbindung in die Gesellschaft und die vorgenommenen Investitionen entgegengehalten werden.

11. Zu Artikel 1 Nr. 15a - neu - (§ 22 Abs. 2 und 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 15 folgende Nummer 15a einzufügen:

Begründung

In § 22 AufenthG fehlt eine Aussage zur Frage der Verteilung der Kosten der Aufnahme dieser Personen zwischen Bund und Ländern. In der Vergangenheit war insbesondere die aus der Entscheidung der Aufnahme unmittelbar folgende Kostenfrage zwischen Bund und Ländern streitig. Die getroffene Regelung ermöglicht eine gemeinsame Vereinbarung der jeweiligen Kostenanteile zwischen Bund und Ländern. Sofern eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, sind die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen.

Da in § 22 AufenthG keine Regelungen zur Verteilung des aufzunehmenden Personenkreises enthalten sind, wird diese hiermit geschaffen.

12. Zu Artikel 1 Nr. 16 ( § 24 AufenthG)

Artikel 1 Nr. 16 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Zu a)

Die Gewährung vorübergehenden Schutzes ist an die Stelle der Aufnahmeregelung für Bürgerkriegsflüchtlinge in § 32a Ausländergesetz (AuslG) getreten. Um die Interessen der Länder bei Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen zu sichern, stimmt die Bundesregierung entsprechenden Entscheidungen auf Ebene des Rates der Europäischen Union nur zu, wenn mit den Ländern Einvernehmen erzielt wurde. Dies ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass andernfalls die Länder Kosten für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen zu tragen hätten, jedoch eine diesbezügliche Entscheidung auch gegen ihren Willen getroffen werden könnte. Einer Aushöhlung der Länderkompetenzen kann nur auf diesem Wege begegnet werden.

Zu b)

Bislang fehlt in § 24 AufenthG jede Aussage zur Frage der Verteilung der Kosten der Aufnahme dieses Personenkreises. Die getroffene Regelung ermöglicht eine gemeinsame Vereinbarung der jeweiligen Kostenanteile zwischen Bund und Ländern. Sofern eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, sind die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen.

Zu c)

Entspricht dem Regierungsentwurf Zu d)

Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur, da es im Hinblick auf die Vereinbarungen nach Absatz 1a - neu - der Sätze 2 bis 4 des § 24a Abs. 3 nicht mehr bedarf.

13. Zu Artikel 1 Nr. 20 Buchstabe b ( § 28 Abs. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 20 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:

Begründung

Die bisherige Voraussetzung, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können, wird durch ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache ersetzt, um dem Erfordernis der Sprachkenntnisse als wesentlicher Integrationsvoraussetzung und als Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben größere Bedeutung zu verschaffen. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache liegen vor, wenn sich der Ausländer im täglichen Leben einschließlich der Kontakte mit Behörden in seiner deutschen Umgebung sprachlich zurechtzufinden vermag und mit ihm ein seinem Alter und Bildungsstand entsprechendes Gespräch geführt werden kann. Dazu gehört auch, dass der Ausländer einen deutschsprachigen Text des alltäglichen Lebens lesen, verstehen und die wesentlichen Inhalte mündlich wiedergeben kann. Die Fähigkeit, sich auf einfache Art mündlich verständigen zu können, reicht nicht aus.

14. Zu Artikel 1 Nr. 21 Buchstabe d (§ 29 Abs. 5 Nr. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 21 Buchstabe d sind in § 29 Abs. 5 Nr. 2 nach den Wörtern "nach § 8 Abs. 2 versehen" die Wörter "oder dessen Aufenthalt nicht bereits durch Gesetz oder Verordnung von einer Verlängerung ausgeschlossen" einzufügen.

Begründung

Der Aufenthaltstitel des nachgezogenen Ehegatten soll auch nach zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestehender Ehe nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug erfolgt ist, nur über ein befristetes Aufenthaltsrecht verfügt und dessen Aufenthaltserlaubnis mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 AufenthG versehen ist.

Eine befristet erteilte Aufenthaltserlaubnis erfüllt allein nicht den Tatbestand des § 8 Abs. 2 AufenthG und stellt somit keinen Ausschluss der Verlängerung in diesem Sinne dar. Die zuständige Behörde muss eine Verlängerung des Titels nach § 8 Abs. 2 AufenthG explizit ausgeschlossen haben.

Durch eine vorgeschriebene Höchstaufenthaltsdauer ist eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum gleichen Zweck über den dort genannten Zeitraum hinaus ausgeschlossen. Dies stellt ebenfalls keinen Ausschluss der Verlängerung nach § 8 Abs. 2 AufenthG dar. Aus diesem Grunde sollten zur Rechtsklarheit auch die Fälle aufgeführt werden, in denen bereits gesetzlich oder durch Verordnung eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis über die Höchstaufenthaltsdauer hinaus ausgeschlossen ist (Beispiel Spezialitätenköche). Der Lebensunterhalt des mit- oder nachziehenden Ehegatten muss vom Zeitpunkt der Einreise durch die Erwerbstätigkeit des Ehegatten gesichert sein. Damit besteht auch keine Notwendigkeit, dem nachgezogenen Ehegatten nach einem Zeitraum von zwei Jahren einen Arbeitsmarktzugang bis zum Ende des erlaubten Aufenthalts zu gewähren.

15. Zu Artikel 1 Nr. 34 Buchstabe a (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 34 Buchstabe a ist in § 44 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c wie folgt zu fassen:

Begründung

Einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs sollten grundsätzlich alle Ausländerinnen und Ausländer erhalten, die sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Mit Ausnahme der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG haben bisher aber alle anderen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen keinen Integrationskursanspruch. Ziel der Änderung ist, die Anspruchsberechtigung auch auf Ausländerinnen und Ausländer auszuweiten, bei denen aus humanitären Gründen eine Verfestigung ihres Aufenthalts erfolgt ist.

16. Zu Artikel 1 Nr. 36 ( § 45 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 1 ist Nummer 36 zu streichen.

Begründung

Im Evaluationsbericht der Fa. Rambøll Management wird empfohlen, die Nachhaltigkeit der Integrationskurse unter anderem durch eine verbesserte Verzahnung mit der Arbeitsmarktförderung, eine gezielte Einbettung in kommunale Integrationsstrategien sowie durch eine verbesserte Kooperation mit den Migrationsdiensten weiter zu steigern. Dieser Empfehlung hat sich die Arbeitsgruppe 1 "Integrationskurse verbessern" zum Nationalen Integrationsplan ausdrücklich angeschlossen. Zur Umsetzung dieser Empfehlung sind Akteure auf verschiedenen Ebenen notwenig. Eine Beschränkung auf Bund und Länder, wie sie der Gesetzentwurf vorsieht, ist nicht zielführend. Die geltende Regelung des § 45 AufenthG ist zur Umsetzung der Evaluationsempfehlung besser geeignet.

17. Zu Artikel 1 Nr. 42a - neu - (§ 54a Abs. 1 und 2 sowie Absatz 5 Satz 2 und Satz 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 42 folgende Nummer 42a einzufügen:

"42a.

Begründung

Für eine effektive Gefahrenabwehr kann es bei als gefährlich einzustufenden Ausländern erforderlich sein, Maßnahmen zur Überwachung nach § 54a AufenthG bereits in direktem Anschluss an den Erlass der Ausweisungsverfügung einzuleiten. Da die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung nicht immer gegeben sind, würde so eine bestehende Lücke in der Gefahrenabwehr geschlossen.

18. Zu Artikel 1 Buchstabe a1 - neu - Nr. 43 (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 43 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:

Begründung

Durch das 1. Änderungsgesetz zum Aufenthaltsgesetz wurde in mehreren Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes der Begriff "Sozialhilfe" durch "Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches" ersetzt. Für den Bereich der Ermessensausweisung ist eine entsprechende Änderung seinerzeit jedoch unterblieben. Dies beschränkt den Anwendungsbereich des Ausweisungstatbestandes auf Personen, die nicht erwerbsfähig sind und damit regelmäßig unverschuldet Sozialleistungen beziehen. Es vermag nicht einzuleuchten, dass nur dieser Personenkreis einen Ausweisungstatbestand erfüllt, arbeitsfähige Hilfeempfänger dagegen außen vor bleiben.

Da der Ausweisungstatbestand - anders als die Vorgängerregelung im AuslG - an den tatsächlichen Bezug von Leistungen und nicht an die Hilfsbedürftigkeit anknüpft, haben die Betroffenen zudem die Möglichkeit, die Verwirklichung des Ausweisungstatbestandes durch Leistungsverzicht selbst zu steuern.

Die derzeitige Regelung ist insbesondere auch deshalb höchst unbefriedigend, weil die Unterrichtung der Ausländerbehörden über den Bezug sozialer Leistungen an diesen Ausweisungstatbestand anknüpft. So führt die derzeitige Regelung im Ergebnis dazu, dass die Ausländerbehörden in einem Großteil der Fälle überhaupt nicht erfahren, wenn ein Ausländer öffentliche Leistungen bezieht oder beziehen müsste.

19. Zu Artikel 1 Nr. 44 Buchstabe a (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 44 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

Begründung

Da der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG (falsche Angaben bei einer Sicherheitsbefragung) nicht in den in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannten Regelfällen enthalten ist, können falsche Angaben in einer Sicherheitsbefragung in den Fällen besonderen Ausweisungsschutzes nur in Ausnahmefällen mit einer Ausweisung geahndet werden. § 54 Nr. 6 AufenthG sollte deshalb in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG mitaufgenommen werden.

20. Zu Artikel 1 Nr. 49 Buchstabe a0 - neu -(§ 60a Abs. 1 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 49 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe a0 einzufügen:

Begründung

Die bisherige Rechtslage schließt die Möglichkeit eines über sechs Monate hinausgehenden Abschiebungsstopps aus, sondern verweist in diesen Fällen auf die Möglichkeit einer Anordnung nach § 23 Abs. 1. Dies wird den Anforderungen der Praxis nicht gerecht: Der einem Abschiebungsstopp zugrunde liegende Sachverhalt, der eine über sechs Monate hinausgehende Aussetzung der Abschiebung angezeigt erscheinen lässt, erfordert im Regelfall nicht die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf der Grundlage einer Anordnung nach § 23 Abs. 1.

21. Zu Artikel 1 Nr. 59 Buchstabe b ( § 73 Abs. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 59 ist Buchstabe b zu streichen.

Begründung

Das Verfahren nach § 73 Abs. 2 sollte auch weiterhin auf Länderebene erfolgen, um die Informationswege so kurz wie möglich zu halten.

Die Verpflichtung der Ausländerbehörden, Anfragen nach § 73 Abs. 2 über das Bundesverwaltungsamt den Sicherheitsbehörden zuzuleiten, würde durch die Zentralisierung und die damit verbundene "Nadelöhrfunktion" angesichts der Anzahl durchzuführender Überprüfungen zwangsläufig auch zu zeitlichen Verzögerungen im Verfahren führen.

Zudem bestehen Zweifel, ob durch die Einschaltung des Bundesverwaltungsamtes und damit der Schaffung einer weiteren Ebene im Verfahren den Ausländerbehörden inhaltlich weitergehende Erkenntnisse zur Verfügung gestellt werden könnten.

Die bestehende Regelung, nach der die Ausländerbehörden ihre Anfragen nach § 73 Abs. 2 den zu beteiligenden Sicherheitsbehörden direkt zuleiten können, hat sich bewährt.

Zudem ergibt sich erfahrungsgemäß bei relevanten Einzelfällen oftmals Erörterungsbedarf, dem auf Länderebene eher Rechnung getragen werden könnte.

22. Zu Artikel 1 Nr. 63 (§ 81 Abs. 1, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 2 - neu - AufenthG)

Artikel 1 Nr. 63 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Für die Regelung in § 81 Abs. 2 Satz 2 wird kein Bedarf mehr gesehen, da nach der Neufassung des § 33 über das Aufenthaltsrecht in Deutschland geborener ausländischer Kinder in jedem Fall von Amts wegen entschieden wird.

Die Ergänzung in Absatz 4 dient einer befriedigenden gesetzlichen Regelung der Fälle, in denen die Verlängerung eines bestehenden Aufenthaltstitels erst mit geringfügiger Verspätung beantragt wird. Die bisherige Rechtslage lässt eine analoge Anwendung der gesetzlichen fiktiven Verlängerung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels nicht zu, so dass auch bei nur geringfügig verspätet gestellten Verlängerungsanträgen nicht die materiellrechtlichen Verlängerungsvoraussetzungen, sondern die Voraussetzungen für die erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels heranzuziehen sind. Dies kann in der Praxis zu unvertretbaren Ergebnissen führen und ist auch im Lichte der Regelung in § 81 Abs. 3 Satz 2 nicht zu vertreten, der Ausländern ohne Aufenthaltstitel insoweit eine bessere Rechtsstellung einräumt.

23. Zum Gesetzentwurf insgesamt:

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob ein - über den im Gesetzentwurf vorgesehenen präventiven und auf den Familiennachzug bezogenen Ansatz hinausgehender - wirksamer Schutz der Opfer von Zwangsheirat aufgenommen werden kann, und dabei insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Begründung

Zwangsheirat - eine Eheschließung gegen den Willen eines oder beider Ehepartner - ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und ein nachhaltiges Integrationshemmnis. Der Bekämpfung von Zwangsheirat kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Das gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Zwangsehen regelmäßig aus familiärem Druck resultieren, so dass die Opfer bei einem Ausbrechen aus ihrer Zwangslage Repressalien auch ihrer eigenen Familie zu besorgen haben, zumindest aber ohne familiären Beistand sind.

Mit dem 37. Strafrechtsänderungsgesetz vom 11. Februar 2005 wurde die Zwangsverheiratung als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Nötigung in § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 des StGB aufgenommen. Derzeit wird auf Bundesebene der Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat beraten (BT-Drs. 016/1035). Dieser sieht die Einführung eines eigenen Straftatbestandes zur Zwangsheirat sowie flankierende Regelungen im bürgerlichen Recht vor.

Im Aufenthaltsrecht fehlt es dagegen bislang an Regelungen zur Bekämpfung und Ächtung von Zwangsheirat sowie zum Schutz der Betroffenen.

Der Gesetzentwurf beschränkt sich auf punktuelle Regelungen und einen präventiven, auf den Familiennachzug bezogenen Ansatz zur Bekämpfung von Zwangsheirat. Vorgesehen sind ein Mindestalter von 18 Jahren und einfache deutsche Sprachkenntnisse als Voraussetzung für einen Familiennachzug (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufentG-E) sowie ein Ausschluss des Nachzugs, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde (§ 27 Abs. 1a Nr. 2 AufentG-E).

Dagegen fehlt es an Vorgaben zum Schutz derjenigen, die vor dem Inkrafttreten der Präventivmaßnahmen oder ungeachtet der vorgesehenen neuen Rechtslage Opfer von Zwangsheirat geworden sind bzw. zukünftig werden. Ebenso verzichtet der Gesetzentwurf gänzlich auf den Schutz von Zwangsheiratsopfern, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland hatten und mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List ins Ausland verbracht oder an der Rückkehr nach Deutschland gehindert werden.

Der Bundesrat sieht es daher als geboten an, dass über das Straf- und Zivilrecht hinaus auch das Aufenthaltsrecht einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz der Opfer von Zwangsheirat leistet und damit ein deutliches Signal gegen Zwangsverheiratung als Menschenrechtsverletzung und Integrationshemmnis gesetzt wird.

24. Zu Artikel 2 Nr. 10a - neu - und Artikel 6 Abs. 12 - neu - (§ 11a - neu - Freizügigkeitsgesetz / EU und § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 - neu - SGB X)

Begründung

Die beiden neuen Vorschriften sollen dazu dienen, den Missbrauch des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts zum Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB II verhindern zu können. Voraussetzung des Freizügigkeitsrechts ist nämlich bei Nichterwerbstätigen gemäß § 4 Satz 1 das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel. Nach dem 16. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie dürfen die Aufnahmemitgliedstaaten überprüfen, ob von der Richtlinie begünstigte Personen Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nehmen, um dann ggf. über eine Ausweisung zu entscheiden. Diese Möglichkeit der Überprüfung ist in § 5 Abs. 4 umgesetzt. Sie ist den Ausländerbehörden jedoch nur möglich, wenn sie überhaupt Kenntnis von dem Leistungsbezug erlangen, was nach derzeitiger Rechtslage nur auf Ersuchen der Ausländerbehörde im Einzelfall möglich ist (§ 11 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 AufenthG). Da jedoch die durch das FreizügG/EU eingeführte Verfahrensvereinfachung bei der Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigungen regelhaft dazu führt, dass die Betroffenen höchstens einmal zu Beginn ihres Aufenthalts bei der Ausländerbehörde vorsprechen, ist eine Regelung, die lediglich eine Datenübermittlung auf Ersuchen ermöglicht, unzureichend.

Der neue § 11a FreizügG/EU schafft in Verbindung mit der neuen Nr. 4 des § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Voraussetzungen dafür, dass die Ausländerbehörden ohne vorheriges Ersuchen davon Kenntnis erlangen, wenn Unionsbürger, die noch nicht über ein Daueraufenthaltsrecht verfügen, oder ihre Familienangehörigen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beantragen. In diesen Fällen besteht nämlich ein besonderer Anlass im Sinne des § 5 Abs. 4, die Ausstellungsvoraussetzungen für die Freizügigkeitsbescheinigung bzw. die Aufenthaltskarte zu überprüfen. Stellt sich dabei heraus, dass die Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts nicht mehr vorliegen, so kann nach § 5 Abs. 5 dessen Verlust festgestellt werden. Der ansonsten von Gesetzes wegen nach fünf Jahren ständigem rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet erfolgende Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a, obwohl keine ausreichenden Existenzmittel vorhanden sind und Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezogen werden, kann nur verhindert werden, wenn die Ausländerbehörde Kenntnis von diesem Tatbestand erhält.

25. Zu Artikel 3 Nr. 11a - neu - und Artikel 9 Satz 1 (§ 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 Asylverfahrensgesetz und Einschränkung von Grundrechten)

Begründung

Zu Buchstabe a:

Es erscheint notwendig, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Aufenthaltsgesetz und im Asylverfahrensgesetz angeglichen werden. Eine unterschiedliche Regelung der Maßnahmen zur Sicherung der Identität ist nicht begründbar.

Zu Buchstabe b:

Artikel 9 enthält die nach Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche Angabe grundrechtseinschränkender Regelungen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Neuregelung des körperlichen Eingriffs im Rahmen der Identitätsfeststellung nach § 16 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz.

26. Zu Artikel 3 Nr. 39a - neu (§ 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 - neu - sowie Absatz 3 Satz 2 - neu - Asylverfahrensgesetz)

In Artikel 3 ist nach Nummer 39 folgende Nummer 39a einzufügen:

Zu Buchstabe a:

§ 44 Abs. 1 AsylVfG verpflichtet die Länder, "für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in den Aufnahmeeinrichtungen notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen". Dieser Regelung steht die Praxis, Wohnaußenstellen von Aufnahmeinrichtungen zu unterhalten, in die die Asylbegehrenden nach erster Bearbeitung des Asylantrages verlegt werden können, nicht entgegen. Während in der Praxis bislang die Wohnaußenstellen von Aufnahmeeinrichtungen lediglich die Zuständigkeitsbezirke von Ausländerbehörden überschritten hatten, werden mittlerweile auch länderübergreifende Kooperationen praktiziert. Bei den momentan stark rückläufigen Asylantragstellerzahlen können solche Kooperationen Synergieeffekte erzielen, die zu einer deutlichen Kostensenkung führen können. Aber auch bei stark steigenden Zahlen können auf diese Weise Unterbringungsprobleme gerade der kleinen Länder bzw. der Stadtstaaten gelöst werden. Die asylverfahrensrechtlichen Regelungen stehen dem nicht entgegen, vielmehr legt § 55 Absatz 1 AsylVfG sogar ausdrücklich fest, dass die Unterbringung in einem bestimmten Land gerade nicht verlangt werden kann. Auch dem Sinn und Zweck der Verteilung der Asylantragsteller auf alle Länder steht eine vorübergehende Unterbringung in einem anderen als dem für die Unterbringung zuständigen Land nicht entgegen, wenn sichergestellt ist, dass dies zu keiner Verschiebung der hiermit verbundenen Kosten führt.

Eine Regelung der Folgewirkungen auf die räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgestattung trifft § 56 AsylVfG allerdings für derartige Unterbringungslösungen nicht. In der Praxis der Flächenländer wird dieses Problem über die Anwendung des § 56 Absatz 2 AsylVfG gelöst, indem die Aufenthaltsgestattung auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Wohnaußenstelle liegt, räumlich beschränkt wird. Diese Vorgehensweise ist für Stadtstaaten indes nicht möglich, wenn die Wohnaußenstelle nicht im Stadtgebiet liegt. In diesen Fällen soll es gerade zu keiner endgültigen Umverteilung der Asylbegehrenden auf ein anderes Bundesland kommen mit den damit einhergehenden Folgen, sondern es soll vorübergehend der allgemeine Aufenthalt in der Wohnaußenstelle ermöglicht werden, und zwar in der Regel bis zum Erlöschen der Wohnverpflichtung.

Die vorgeschlagene Änderung trägt diesen Bedürfnissen Rechnung, ohne die Verpflichtung der Länder nach § 44 Abs.1 AsylVfG anzutasten. Die Interessen des Bezirks, in dem die Asylbegehrenden vorübergehend untergebracht werden, bleiben durch das Zustimmungserfordernis gewahrt. Der neue Satz 3 stellt klar, dass die Erlaubnis nach dem neuen Satz 2 auf die verwaltungsbehördliche und die gerichtlichen örtlichen Zuständigkeiten keinen Einfluss hat. Es soll insoweit vielmehr bei der Zuständigkeit bleiben, die infolge der Bestimmung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung entstanden ist. Dies liegt auch im Interesse der betroffenen Asylbegehrenden, die regelmäßig zum Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung und Entscheidung den Bezirk der Wohnaußenstelle bereits wieder verlassen haben werden und für die somit durch die Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit am Ort der lediglich kurzfristigen Unterbringung die Rechtsverfolgung erheblich erschwert werden würde.

Zu Buchstabe b:

Nach Satz 1 dieser Vorschrift bleiben räumliche Beschränkungen aus dem Asylverfahren bestehen, auch wenn die Aufenthaltsgestattung erloschen ist.

Umverteilungen richten sich nach Auffassung aller Länder nach den Regelungen für die Duldungen. Der hessische VGH hält demgegenüber die Regelungen des Asylverfahrensgesetzes für anwendbar. Dies führt zu Schwierigkeiten bei landesinternen und länderübergreifenden Regelungen. Die Änderung dient der Wahrung der Bundeseinheitlichkeit des Verfahrens.

27. Zu Artikel 3 Nr. 40 ( § 58 AsylVfG)

In Artikel 3 ist Nummer 40 wie folgt zu fassen:

Begründung

Um zu erreichen, dass nicht nur für ein Land in einer Rechtsverordnung geregelt werden kann, dass sich Asylbewerber im Bereich mehrerer Ausländerbehörden vorübergehend ohne Erlaubnis ihrer zuständigen Ausländerbehörde aufhalten können, soll die bestehende Rechtsgrundlage erweitert werden. Die Regelung stellt es den Ländern bei entsprechenden regionalen Bedürfnissen frei, für die ihnen zugewiesenen Asylbewerber im Einvernehmen mit dem anderen Land Lockerungen des zugewiesenen Aufenthaltsbereichs vorzusehen.

28. Zu Artikel 3 Nr. 49 (§ 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG)

Artikel 3 Nr. 49 ist zu streichen.

Begründung

Die vorgesehene Änderung sieht eine Verdoppelung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung im asylgerichtlichen Verfahren vor. Die dafür vorgetragenen Gründe überzeugen nicht. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Fallgestaltungen jetzt komplexer wären als früher. Die Verdoppelung der Rechtsmittelfrist ist daher nicht erforderlich, sie würde zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung führen und ein falsches Signal darstellen.

29. Zu Artikel 5 des Gesetzentwurfs allgemein

30. Zu Artikel 5 und Artikel 10 Abs. 4 (StAG und Inkrafttreten)

Begründung

Artikel 5 soll durch die Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 ersetzt werden, die die Entschließung des Bundesrates vom 7. Juli 2006 (Bundesratsdrucksache 460/06(B) HTML PDF ) hinsichtlich des Teils Einbürgerung umsetzt und auf den von der Innenministerkonferenz am 4./5. Mai 2006 beschlossenen Einbürgerungsstandards beruht. Mit ihnen konnte eine intensive politische Diskussion zu einem weithin anerkannten Abschluss gebracht werden. Die Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 wurde von einer Arbeitsgruppe der Fachreferenten aller Länder erarbeitet und beruht daher in besonderem Maß auf den Erfahrungen der Länder im Gesetzesvollzug.

Artikel 5 berücksichtigt bislang nur einzelne Vorschläge der Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 und weicht zum Teil erheblich davon ab. Darüber hinaus enthält der Entwurf der Bundesregierung Detailänderungen des StAG, die auf erhebliche fachliche Bedenken stoßen. Die zahlreichen materiellen Teiländerungen halten erhebliche Wertungswidersprüche aufrecht und sind in sich nicht stimmig. Sie nehmen Teile einer Gesamtreform des Staatsangehörigkeitsrechts vorweg, ohne Berücksichtigung weiterer zwingend erforderlicher Teiländerungen. Im übrigen dient Artikel 5 nicht der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union und stellt damit einen Fremdkörper im Gesetzentwurf dar, der bei der politischen Einigung im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens keine Rolle gespielt hat.

Zur weiteren Begründung wird auf den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Bundesratsdrucksache 137/07(B) HTML PDF , vom 09.03.2007) Bezug genommen.

Unbeschadet der Stellungnahme unter Ziffer 30 nimmt der Bundesrat zu Artikel 5 des Gesetzentwurfs weiterhin wie folgt Stellung:

31. Zu Artikel 5 Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG)

In Artikel 5 Nr. 9 Buchstabe a ist Doppelbuchstabe bb wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Wortlaut der derzeitigen Regelung stellt auf den Besitz des Reiseausweises (für Flüchtlinge) nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ab.

Zwar regelt ergänzend dazu § 73 Absatz 2 a Satz 4 des Asylverfahrensgesetzes, dass bis zur Bestandskraft des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter die Verbindlichkeit der Entscheidung über den Asylantrag für Einbürgerungsverfahren entfällt. Gleichwohl ist der Ausländer so lange rechtmäßig im Besitz des Reiseausweises, wie die Asylanerkennung nicht bestandskräftig zurückgenommen ist. Erst dann hat er den Reiseausweis unverzüglich abzugeben.

In der Praxis bereitet diese Regelung zunehmend Probleme, weil nach Auffassung einiger, so auch niedersächsischer, Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgericht Lüneburg 6 A 291/04 und Oberverwaltungsgericht Lüneburg 13 LA 215/06) ein Anspruch auf Hinnahme von Mehrstaatigkeit unabhängig von einem eingeleiteten Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren der Asylanerkennung allein deshalb bestehe, weil der Ausländer (noch) im Besitz des entsprechenden Reiseausweises sei. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Staatsangehörigkeitsgesetzes stelle nicht auf den Status des Ausländers oder den Verfahrensstand eines evtl. Widerrufs- oder Rücknahmeverfahrens, sondern einzig auf den Besitz des Reiseausweises ab.

Die anderslautende Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (12 S 1695/05 und 12 S 2430/ 05) erkennt einen Rechtsvorteil aus § 12

32. Zu Artikel 5 Nr. 19 (§§ 30, 31 und § 32 StAG)

In Artikel 5 ist Nummer 19 wie folgt zu ändern:

Begründung

Die von der Bundesregierung mit der Einfügung eines neuen § 30 StAG vorgeschlagene Einführung eines behördlichen Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens bedarf einer vertieften Prüfung. Angesichts des Umstandes, dass die staatsangehörigkeitsrechtliche Praxis in der Vergangenheit auch ohne ein entsprechendes Institut handlungsfähig war, kann das Vorhaben jedenfalls nicht als eilbedürftig eingestuft werden. Der Bedarf nach einem behördlichen Feststellungsverfahren sowie seine mögliche Ausgestaltung soll daher im Rahmen der angemahnten Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts erörtert werden.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass durch gesetzgeberische Maßnahmen, wie z.B. eine einmalige stichtagsbezogene gesetzliche Vermutung des Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit und eine lückenlose Fortschreibung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse in den Personenstandsregistern die Anlässe für ein behördliches Feststellungsverfahren erheblich eingeschränkt werden können. Falls danach gleichwohl ein Bedarf für ein entsprechendes Verfahren verbleiben sollte, setzt seine Institutionalisierung zwingend voraus, dass den nach Landesrecht zuständigen Behörden - es muss sich dabei nicht um die im Entwurf der Bundesregierung genannten Staatsangehörigkeitsbehörden handeln - Instrumente zur zuverlässigen Sachverhaltsermittlung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt vor allem für Möglichkeiten, den exlege-Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25 StAG feststellen zu können.

Schließlich sind die verfahrensmäßigen Belastungen der Länder zu bedenken, die mit der Einführung von gesonderten Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren verbunden wären: Hätte es das von der Bundesregierung vorgeschlagene Institut bereits im Vorfeld der Bundestagswahl 2005 gegeben, hätten allein in Hessen von Amts wegen ca. 30.000 Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren für Eingebürgerte türkischer Herkunft eingeleitet werden müssen. Die Verfahren hätten mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit vor Durchführung der Bundestagswahl nicht bestandskräftig abgeschlossen werden können mit der Folge, dass die Betroffenen - soweit sie volljährig waren - in die Wählerverzeichnisse hätten aufgenommen werden müssen, obwohl ein beträchtlicher Anteil zu diesem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatte. Abgesehen von der tatsächlichen Unmöglichkeit, ein derartiges Verfahren zeitnah umzusetzen, erhellt dieses Szenario, dass im Rahmen der Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts eine einfach vollziehbare Bestandsbeschreibung der deutschen Staatsangehörigkeit gefunden werden muss, die beweiskräftig dokumentiert ist und bis zur rechtskräftigen Widerlegung für alle Rechtsbereiche gilt. Diesem Anspruch wird der Vorschlag der Bundesregierung derzeit nicht gerecht.

Die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Datenverarbeitungsregeln sollen durchweg abgeändert werden. Nach den Prinzipien des allgemeinen Datenschutzrechts ist für das Staatsangehörigkeitsrecht keine datenschutzrechtliche Vollregelung erforderlich; vielmehr genügt eine Regelung der bereichsspezifischen Besonderheiten, die die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder ergänzt. Staatsangehörigkeitsrechtlicher Regelungsbedarf besteht danach lediglich für die Datenerhebung durch die für die Ausführung des Staatsangehörigkeitsgesetzes und der staatsangehörigkeitsrechtlichen Nebengesetze zuständigen Behörden, § 31 StAG, für anlassbezogene Übermittlungen auf Ersuchen und von Amts wegen an die zuständigen Stellen, §§ 32, 32a StAG, sowie die Übermittlungen auf umgekehrtem Wege, § 32b StAG.

Auf Grund des Sachzusammenhangs mit dem Aufenthaltsrecht und eines vergleichbaren Kreises der Beteiligten bietet sich eine weitgehende Anlehnung an die Datenverarbeitungsregeln des Aufenthaltsgesetzes an. Aus systematischen Gründen erscheint es darüber hinaus sinnvoll, die bereits vorhandene Vorschrift zur Regelanfrage bei den Verfassungsschutzbehörden aus § 37 Abs. 2 StAG als lex specialis in die staatsangehörigkeitsrechtlichen Datenverarbeitungsregeln zu integrieren und dabei gleichzeitig eine Aktualisierungsverpflichtung der Verfassungsschutzbehörden zu normieren, § 32a StAG.

Ob weitergehend - wie in § 33 des Entwurfs der Bundesregierung vorgeschlagen - ein gesetzgeberischer Bedarf für eine eilige Errichtung eines zentralen Staatsangehörigkeitsregisters besteht, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die Klärung dieser Frage gehört in den Kontext der angemahnten Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts. In dem Maße, in dem es gelingt, zu einer einfachen Bestandsbeschreibung des Kreises der deutschen Staatsangehörigen zu kommen und den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit beweiskräftig in den Personenstandsregistern zu dokumentieren, wird der aus dem Abstammungsprinzip folgende Bedarf nach einer weit in die Vergangenheit reichenden Dokumentation der Staatsangehörigkeitsverhältnisse an Bedeutung verlieren. Aus dem Entwurf der Bundesregierung eines neuen § 33 verbleibt danach für das gegenwärtige Gesetzgebungsverfahren lediglich die Notwendigkeit, die Mitteilung des Erwerbs oder Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit an die Ausländer-, Melde-, Personalausweis- und Passbehörden sowie auf Ersuchen an die Behörden, die ihrerseits Informationen zu den Staatsangehörigkeitsverfahren beigesteuert haben, zu regeln.

33. Zu Artikel 6 Absatz 2 Nr. 2 (§ 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz)

Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Dauer der Gewährung verminderter Leistungen nach § 3 AsylbLG von drei auf vier Jahre verlängert wird. Damit hält der Gesetzentwurf an der bisherigen Regelung fest, dass auch Gestattete und Geduldete - also Ausländer ohne Aufenthaltsperspektive - nach einer bestimmten Aufenthaltszeit aus dem Regelleistungsbezug nach § 3 AsylbLG herausfallen und Anspruch auf die höheren Leistungen analog dem SGB XII haben, soweit sie die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

Mit der Schaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat der Gesetzgeber bewusst eine unterschiedliche Behandlung von Berechtigten nach dem Bundessozialhilferecht und nach diesem Gesetz vorgesehen. Ziel war es, ein eigenständiges Regelwerk zu schaffen, das auf die Bedürfnisse eines in der Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalts ausgerichtet ist. Die Erwartung des Gesetzgebers, dass die im Asylverfahren erfolglos gebliebenen Ausländer ihrer Ausreiseverpflichtung nach Abschluss ihrer Verfahren nachkommen, hat sich nicht in allen Fällen erfüllt. Deshalb sollen künftig nach einer Aufenthaltszeit von vier Jahren nur noch die Leistungsempfänger (sowie deren Familienangehörigen) nach dem AsylbLG erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, die zwischenzeitlich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, weil für diese Ausländer die grundsätzlich zwischen Sozialhilfeempfängern und Leistungsempfängern nach dem AsylbLG existierenden Unterschiede nicht mehr von solcher Art und solchem Gewicht sind, die eine dauerhafte Absenkung der Leistungen rechtfertigen.

34. Zu Artikel 6 Abs. 12 - neu - ( § 21 Satz 1 SGB XII)

Dem Artikel 6 ist folgender Absatz anzufügen:

Begründung

In Bezug auf den Ausschluss von Leistungsansprüchen nach dem SGB II in den ersten drei Monaten des Aufenthalts (Artikel 6 Abs. 9 Nr. 2 des Gesetzentwurfs) bedarf es einer Folgeänderung im SGB XII, um zu vermeiden, dass nach der neuen Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II ausgeschlossene Personen Ansprüche nach dem SGB XII geltend machen können.

Die heutige Regelung des § 21 SGB XII ist leider geeignet, Fehlinterpretationen zu verursachen, weil der eigentliche Wille des Gesetzgebers in der Formulierung, wonach der Leistungsausschluss in der Sozialhilfe für Personen zu gelten hat, die "nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind", nicht klar zum Ausdruck kommt:

Durch die Neuregelung in § 21 SGB XII wird unmissverständlich deutlich, dass z.B. im Fall fehlender Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 9 SGB II, ebenso im Fall eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4a oder Abs. 5 SGB II, keine ersetzenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Betracht kommen; insoweit sind generell Fürsorgeleistungen ausgeschlossen. Damit wird gewährleistet, dass der neu eingeführte Ausschluss von Leistungsansprüchen nach dem SGB II in den ersten drei Monaten des Aufenthalts nicht durch entsprechende Leistungen nach dem SGB XII unterlaufen werden kann.

35. Zu Artikel 7 Abs. 4 Nr. 2 und 17 Buchstaben a und b (§ 4 Abs. 1 Satz 3, 4 - neu - und 5, § 48 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1b1 - neu - und Nummer 2 Aufenthaltsverordnung)

Artikel 7 Abs. 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Eine Ausnahme von der Pflicht, Pässe und Reisedokumente mit einem Speichermedium zu versehen, gilt nur für vorläufige Pässe und Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu 12 Monaten. Die Formulierung in der VO (EG) Nr. 2252/04 stellt damit eine Begriffsbestimmung für einen vorläufigen Pass oder ein vorläufiges Reisedokument dar, allein die Bezeichnung eines Reisedokuments als "vorläufig" mit einer beliebig langen Gültigkeitsdauer ist nicht ausreichend, um eine Ausnahme im Sinne der VO (EG) Nr. 2252/2004 zu begründen. Sonstige Pässe und Reisedokumente sind zwingend mit einem Speichermedium zu versehen.

Durch das Fehlen einer Ausnahme von der Pflicht, Pässe und Reisedokumente mit einem Speichermedium zu versehen, im Bezug auf Reisedokumente, die an Kinder ausgestellt werden, besteht keine Möglichkeit, an Kinder ausgestellte vorläufige Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Jahren vorzusehen. Eine jährliche Neuausstellung eines vorläufigen Passersatzes dürfte weder gewollt noch im Hinblick auf Kosten und Aufwand sowohl für die Ausländerbehörden als auch für die Eltern verhältnismäßig sein.

Die EU-Kommission hat angekündigt, im Jahr 2007 einen Vorschlag für eine Änderung der VO (EG) Nr. 2252/2004 zur Aufnahme einer Altersgrenze zur Aufnahme biometrischer Merkmale vorzulegen.

Im Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Konstruktion (GKI) zur Aufnahme biometrischer Identifikationen einschließlich Bestimmungen über die Organisation der Entgegennahme und Bearbeitung von Visumanträgen (BR-Drs. 417/06 (PDF) ) findet sich bereits eine Altersangabe hinsichtlich der Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken. Nach Teil III Punkt 1.2 b) sind Kinder unter sechs Jahren von dieser Pflicht befreit.

Nach Artikel 6 Nr. 6 des Entwurfs über das Visa-Informationssystem (VIS) sollen Fingerabdrücke nach den maßgeblichen Bestimmungen des GKI eingegeben werden, d.h. auch erst ab sechs Jahren.

Im Rahmen der Beratungen über den Vorschlag zur Änderung der VO (EG) Nr. 1030/02 - einheitliche Gestaltung der Aufenthaltstitel - votiert die Mehrheit der Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission für eine Speicherung biometrischer Daten ab sechs Jahren.

In dem angekündigten Änderungsvorschlag dürfte die Altersgrenze daher voraussichtlich ebenfalls bei sechs Jahren festgemacht werden.

In Anlehnung an die Bestimmungen in dem Entwurf zur Änderung des deutschen Passgesetzes sollten Reisedokumente an Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr ohne Speichermedium ausgestellt und von der Speicherung der Fingerabdrücke bei Kindern bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr abgesehen werden. Sofern das Reiseland die Vorlage eines mit einem Chip versehenen Reisepasses fordert, muss die Möglichkeit bestehen, auch für Kinder ein biometrisches Reisedokument auszustellen.

Bei den weiteren Änderungen zu § 48 handelt es sich um Folgeänderungen.

Die neu einzuführende Gebühr nach § 48 Abs. 1 Nr. 1b1 - neu - setzt sich entsprechend der Gebührenfestsetzung für Erwachsene aus dem Verhältnis der Gebührensätze für die Ausstellung eines regulären und eines vorläufigen Passersatzpapieres zusammen und wurde demnach auf das Doppelte des Gebührensatzes für die Ausstellung eines vorläufigen Passersatzpapieres festgesetzt.

36. Zu Artikel 7 Abs. 5 Nummer 0 - neu - (§ 6 Satz 1 und Satz 2 - neu - Besch-VerfV)

In Artikel 7 Abs. 5 ist vor Nummer 1 folgende Nummer einzufügen:

Begründung

Verbleibt ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis bei demselben Arbeitgeber, so ist es im Regelfall fachlich gerechtfertigt und im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und des Abbaus von Bürokratie geboten, auf die Vorrangprüfung im Zustimmungsverfahren der Bundesanstalt für Arbeit zu verzichten. Das gilt entsprechend auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber eine neue Tätigkeit übernimmt bzw. der Beschäftigungsort sich ändert. Dem wird durch die vorgesehenen Änderungen Rechnung getragen.

37. Zu Artikel 7 Abs. 5 Nr. 3 (§ 9 Abs. 1 und 3 BeschVerfV)

Artikel 7 Abs. 5 Nr. 3 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Deutschland benötigt aufgrund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung und der qualitativen Anforderungen des Arbeitsmarktes qualifizierte Zuwanderung. Der in § 16 Abs. 4 AufenthG vorgesehene Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Zuwanderer, die in Deutschland ein Hochschulstudium erfolgreich absolviert haben und somit gut qualifiziert und integriert sind, sollte deshalb weitestgehend gleichberechtigt ausgestaltet werden. Bislang steht dem die Regelung des § 9 Abs. 3 BeschVerfV entgegen, weil sie verhindert, dass die Voraufenthaltszeiten der Studierenden anders als bei allen sonstigen Ausländern zu ihren Gunsten angerechnet werden können. Dies hat zur Folge, dass die ausländischen Hochschulabsolventen bei ihrer Arbeitsplatzsuche den Restriktionen des § 39 Abs. 2 AufenthG unterliegen. Die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung darf bei ihnen nur nach Vorrangprüfung und Prüfung der Arbeitsmarktbedingungen erteilt werden. Beides hat sich in der Praxis als Hemmschuh für die Umsetzung des § 16 Abs. 4 AufenthG erwiesen.

Die Änderung im Satz 1 hat zur Folge, dass die Zeiten eines Aufenthalts zum Zweck des Studiums komplett angerechnet werden können, wenn das Studium erfolgreich abgeschlossen wurde. Damit kann ausländischen Hochschulabsolventen nach einem dreijährigen (vgl. Art. 7 Abs. 5 Nr. 3c) Studienaufenthalt in Deutschland die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG, d.h. ohne Vorrangprüfung und ohne Arbeitsmarktprüfung (vgl. Art. 7 Abs. 5 Nr. 3a) erteilt werden.

Für die sonstigen Aufenthalte nach § 16 AufenthG, also für Aufenthalte zum Zwecke eines Schulbesuchs und der Absolvierung von Sprachkursen sowie bei Studienabbrechern bleibt es nach dem neuen Satz 2 dabei, dass die Aufenthaltszeiten lediglich zur Hälfte und nur bis zu zwei Jahren angerechnet werden. Diese Differenzierung ist gerechtfertigt, weil diese Personengruppen nur teilweise zu den qualifizierten Zuwanderern zu zählen sind und die Missbrauchsgefahr bei diesen Personengruppen höher eingeschätzt wird.

Für eine entsprechende Begünstigung der ausländischen Hochschulabsolventen spricht neben dem dargestellten besonderen Interesse der Bundesrepublik Deutschland an qualifizierten Zuwanderern insbesondere auch die Tatsache, dass durch die Änderung des § 10 BeschVervfV in Art. 7 Abs. 5 Nr. 4 im Rahmen der Altfallregelung künftig selbst Asylbewerber im laufenden Asylverfahren und geduldete Ausländer nach vierjährigem Aufenthalt den unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt genießen werden. Es ist weder einzusehen, noch integrationspolitisch begründbar, dass hier eine Öffnung des im Bereich der Geringqualifizierten eher bedrängten deutschen Arbeitsmarktes erfolgt, während die von der Wirtschaft gesuchten Hochqualifizierten strengen Restriktionen unterliegen sollen.