Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union

833. Sitzung des Bundesrates am 11. Mai 2007

Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) der Ausschuss für Familie und Senioren (FS) der Ausschuss für Kulturfragen (K) der Rechtsausschuss (R) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b (§ 4 Abs. 3 Satz 4 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b ist § 4 Abs. 3 Satz 4 zu streichen.

Als Folge ist in Artikel 1 Nr. 78 der Buchstabe b zu streichen.

Begründung

Der Gesetzentwurf sieht in Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes vor. Nach § 4 Abs. 3 Satz 4 AufenthG-E soll künftig jeder, der "im Bundesgebiet einen Ausländer beschäftigt oder mit nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt", prüfen, ob der Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels ist, der ihn zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt bzw. ob es sich um einen Ausländer handelt, "dem auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit gestattet ist, ohne dass er hierzu durch einen Aufenthaltstitel berechtigt sein muss". Wer dies nicht tut, handelt nach dem Gesetzesentwurf fahrlässig und kann wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 98 Abs. 2a AufenthG-E).

Da der Gesetzentwurf keine Definition dazu enthält, wann von einer Nachhaltigkeit der Beauftragung eines Ausländers mit Dienst- und Werkleistungen auszugehen ist, wird der potenzielle Auftraggeber vor das Problem gestellt, den unbestimmten Rechtsbegriff der Nachhaltigkeit selbständig zu interpretieren. Hierbei wird sicherlich nicht nur der juristisch unerfahrene Auftraggeber schnell an seine Grenzen stoßen. Eine ähnliche Überforderungssituation dürfte sich auch in den Fällen ergeben, in denen das Vorliegen eines Aufenthaltstitels wegen Vorliegens anderer Ausnahmebestimmungen nicht erforderlich ist. Dem einfachen Auftraggeber wird angesonnen, sich über sämtliche zwischenstaatlichen Vereinbarungen, Gesetze oder Rechtsverordnungen eingehend zu informieren, um feststellen zu können, ob bestimmte Ausländer eine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen, ohne dass es hierzu eines Aufenthaltstitels bedarf. Da der potenzielle Auftraggeber daher einerseits große Probleme haben wird, nachzuprüfen, ob der in Frage kommende Ausländer berechtigt ist, die vorgesehen Arbeiten auszuführen, auf der anderen Seite ein Verstoß gegen das vorgesehene Beschäftigungsverbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, ist zu befürchten, dass zumindest Privatpersonen künftig darauf verzichten werden, Aufträge an Ausländer zu erteilen.

Die Regelung wird daher mittelbar zu einer Benachteiligung ausländischer Bewerber um einen Dienst- oder Werkleistungsauftrag führen und ist daher abzulehnen.

Als Folge der Streichung des § 4 Abs. 3 Satz 4 AufenthG-E wird der neu geschaffene Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand nach § 98 Abs. 2a AufenthG-E hinfällig.

2. Zu Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c ( § 5 Abs. 3 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c ist § 5 Abs. 3 wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Gesetzentwurf hält an der bisherigen Regelung fest, dass bei Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 24 (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz) und § 25 Abs. 3 (Aufenthaltserlaubnis bei festgestellten Abschiebungshindernissen) von dem Erfordernis der Passpflicht abzusehen ist. Gleiches gilt für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dem neu eingefügten § 25 Abs. 4a (Aufenthaltsrecht für Opfer von Straftaten, Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie). In allen drei Fallkonstellationen ist kein sachlicher Grund erkennbar, generell von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen. Die Möglichkeit, hiervon im Ermessenwege abzusehen, bleibt unverändert, ebenso die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzentwurfes.

3. Zu Artikel 1 Nr. 7a - neu - (§ 7 Abs. 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 7 folgende Nummer einzufügen:

Begründung

Die wohnsitzbeschränkende Auflage ist ein zentrales aufenthaltsrechtliches Instrument zur Steuerung und Sicherstellung einer räumlich und finanziell gleichmäßigen sowie der Bildung sozialer Brennpunkte entgegen wirkenden Verteilung von Ausländern, deren Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist.

Mit ihr wird sichergestellt, dass ein Ausländer der ungeachtet der fehlenden Sicherstellung des Lebensunterhalts eine Aufenthaltserlaubnis erhält, auf den Bereich der Ausländerbehörde beschränkt ist, die die Aufenthaltserlaubnis erteilt hat.

Wohnsitzbeschränkende Auflagen sind bislang in § 23 Abs. 2 Satz 2, § 54a Abs. 3 und § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sowie in § 56 AsylVfG geregelt. Darüber hinaus entsprechen wohnsitzbeschränkende Auflagen einer auf der Grundlage eines Beschlusses der Ausländerreferentenbesprechung des Bundes und der Länder (ARB) aus dem Jahre 2005 in den Ländern durch Verwaltungsvorschriften/Erlasse geregelten Praxis. Unter Hinweis auf die vorgenannten spezialgesetzlichen Regelungen wird die Anwendung des Beschlusses der ARB in der Fassung der Runderlasse der Länder durch neuere Rechtsprechung zunehmend in Frage gestellt, die eine vergleichbare ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Voraussetzung einer entsprechenden Auflage macht.

Vor diesem Hintergrund ist eine klarstellende gesetzliche Ermächtigung geboten.

4. Zu Artikel 1 Nr. 9 Buchstabe b (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 9 Buchstabe b ist in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 nach dem Wort "entgegenstehen" folgender Halbsatz einzufügen:

"; dies ist im Regelfall anzunehmen, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen verurteilt worden ist"

Begründung

Der Formulierung im Gesetzentwurf, in welchen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht entgegensteht, ist für die mit der Ausführung des Aufenthaltsrechts betrauten Ausländerbehörden kaum praktikabel. Es sollte daher zumindest ein Regelbeispiel eingefügt werden.

Die Höhe des unschädlichen Strafmaßes entspricht der beabsichtigten Neuregelung in § 12a Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz.

5. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 9a Abs. 2 Nr. 5 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 9a Abs. 2 Nr. 5 nach dem Wort "entgegenstehen" folgender Halbsatz einzufügen:

Begründung

Der Formulierung im Gesetzentwurf, in welchen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung der Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG nicht entgegensteht, ist für die mit der Ausführung des Aufenthaltsrechts betrauten Ausländerbehörden kaum praktikabel. Es sollte daher zumindest ein Regelbeispiel eingefügt werden.

Die Höhe des unschädlichen Strafmaßes entspricht der beabsichtigten Neuregelung in § 12a Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz.

6. Zu Artikel 1 Nr. 11a - neu - (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer 11a einzufügen:

Begründung

Die langjährige und einvernehmliche Praxis der Länder, nicht nur die Niederlassungserlaubnis nach § 23 sondern auch Aufenthaltserlaubnisse in bestimmten Fällen bei Bezug öffentlicher Leistungen mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage zu versehen, soll eine gesetzliche Klarstellung erfahren.

7. Zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a (§ 16 Abs. 1 Satz 5, Satz 6 und 7 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a ist in § 16 Abs. 1 Satz 5 durch folgende Sätze zu ersetzen:

Begründung

Um eine - wie im Bericht zu ausländerrechtlichen Erkenntnissen und möglichen Optimierungspotentialen im Zusammenhang mit den geplanten Bombenattentaten in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen - verschärfte aufenthaltsrechtliche Kontrolle durch die Ausländerbehörde zu ermöglichen, sollte die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei studienvorbereitenden Maßnahmen für die Dauer von unter einem Jahr explizit genannt werden. Das ist auch mit der Regelung in der Studentenrichtlinie konform.

8. Zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 16 Abs. 4 Satz 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe c ist der Doppelbuchstabe bb wie folgt zu fassen:

Begründung

Nach jetziger Rechtslage dürfen sich ausländische Absolventen deutscher Hochschulen zwar bis zu einem Jahr nach erfolgreichem Abschluss des Studiums im Bundesgebiet zur Arbeitsuche aufhalten. Jedoch gilt auch für diese Personengruppe das Vorrangprinzip nach § 39 Abs. 2 AufenthG. Dies ist nicht sachgerecht, da im Rahmen des internationalen Wettbewerbs um die klügsten Köpfe Beschäftigungshürden abzubauen sind, um auf dem globalisierten Arbeitsmarkt bestehen zu können. Nicht selten wandern diese Fachkräfte daher in andere Industrieländer ab, die sich über mit deutschen Steuergeldern ausgebildete Akademiker freuen. Bei diesen Hochschulabsolventen handelt es sich um in der Regel bestens integrierte Fachkräfte, die gut deutsch sprechen. Die vorgeschlagene Änderung führt dazu, dass das Vorrangprinzip für diesen Personenkreis keine Anwendung mehr findet.

9. Zu Artikel 1 Nummer 13a (§ 19 Überschrift, Absatz 1, Absatz 2 Nr. 3 sowie Absatz 3 und 4 - neu - AufenthG):

In Artikel 1 ist nach Nummer 13 folgende Nummer 13a einzufügen:

Begründung

Zur nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung des Wirtschafts- und Lebensstandorts Deutschland ist es in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft und damit einhergehend in einem immer stärker werdenden globalen Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte von zentraler Bedeutung, diesen attraktive, transparente und langfristige Perspektiven für einen Zuzug und Aufenthalt zu bieten. Dazu gehört insbesondere auch, Hochqualifizierten im Rahmen des Aufenthaltsrechts eine verlässliche und dauerhafte Zukunftsperspektive zu eröffnen.

§ 19 AufenthG (Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte) wird dem, wie auch die im letzten Jahr vorgenommene Evaluierung des Bundes zum Zuwanderungsrecht belegt, bislang nur zum Teil gerecht. Ein verbindlicher Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit wird Hochqualifizierten bislang allein im Hinblick auf eine Niederlassungserlaubnis eröffnet. Das dabei vorausgesetzte Gehalt in Höhe des Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung wird aber von vielen Hochqualifizierten, insbesondere auch gut ausgebildeten jüngeren Arbeitskräften mit erheblichem Zukunftspotenzial, nicht erreicht. Daher ist eine praxisgerechte und attraktivitätssteigernde Fortentwicklung geboten. Das gilt auch mit Blick auf Ausländer, die ihr Studium in Deutschland absolviert haben. Diese haben mit dem erfolgreichen Abschluss bewiesen, dass sie über eine hervorragende fachliche Ausbildung nach deutschen Maßstäben ebenso verfügen wie regelmäßig über entsprechend gute Kenntnisse der deutschen Sprache und der hiesigen Lebensverhältnisse. Damit, sowie mit in der Regel vorhandenen Kenntnissen in der Sprache und den Gewohnheiten ihres Herkunftslandes, verfügen sie über besondere Entwicklungspotenziale, mit denen sie neben ihrer persönlichen Weiterentwicklung in besonderer Weise einen Beitrag zur Sicherung und Fortentwicklung der Stellung Deutschlands im globalen Wettbewerb leisten können.

Mit der Änderung wird - anders als im Gesetzentwurf der Bundesregierung, der keinen Handlungsbedarf sieht - § 19 fortentwickelt und ein notwendiger Beitrag zur Sicherung und zum Ausbau der deutschen Position im globalen Wettbewerb um Hochqualifizierte geleistet.

Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte soll künftig nicht mehr allein im Ermessen der Behörde stehen und nur "in besonderen Fällen" erfolgen. Mit der neuen "Soll"-Verpflichtung soll Ausländern, die die Voraussetzungen des Absatzes 1, auch in Verbindung mit Absatz 2 erfüllen, vielmehr regelmäßig ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zustehen. Allein beim Vorliegen besonderer Ausnahmegründe, zum Beispiel dem Vorliegen eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Aufenthaltsgesetz oder bei Straffälligkeit, kommt im Einzelfall die Versagung einer Niederlassungserlaubnis im Betracht. Im Übrigen wird das Erfordernis der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit aus gesetzessystematischen Gründen in Absatz 4 (neu) geregelt.

Der bisher geltende doppelte Satz der Beitragsbemessungsgrenze wird vielfach und nicht nur von jüngeren Höchstqualifizierten nicht erreicht. Es ist daher geboten, im Interesse der Verbesserung der Stellung Deutschlands im globalen Wettbewerb Hochqualifizierten bereits beim Erreichen des Eineinhalbfachen der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (Absatz 2 Nr. 3). Damit wird insbesondere auch mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, hochqualifizierte Ausländer einzustellen. Gerade für den Mittelstand hat sich die Notwendigkeit eines Gehalts in Höhe des Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze als zu hohe Hürde erwiesen. Der Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft darf aber vom Nutzen einer gezielten Zuwanderung Hochqualifizierter nicht ausgenommen werden.

Um den Kreis der Hochqualifizierten mit Anspruch und verlässlicher Zuzugs- und Aufenthaltsperspektive praxis- und wettbewerbsgerecht zu erweitern, räumt Absatz 3 Satz 1 Hochqualifizierten einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bereits bei einem Gehalt in Höhe von mindestens dem einfachen Satz der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (= 3.562,50 Euro mtl.) ein. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Hochqualifizierte, insbesondere jüngere Arbeitskräfte mit erheblichem Zukunftspotenzial, nicht über ein deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Gehalt verfügen. Wird die Beitragsbemessungsgrenze nicht erheblich überschritten, ist es dabei angemessen, Betroffenen nicht von Anfang an einen unbefristeten Aufenthaltstitel, sondern zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Nur beim Vorliegen besonderer Ausnahmegründe ist im Einzelfall eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen.

In Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 wird Betroffenen zugleich eine attraktive und voraussehbare Entwicklungs- und Zukunftsperspektive in Deutschland in Form eines Anspruchs auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für den Fall eröffnet, dass sie seit mindestens 3 Jahren ein über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegendes Gehalt erzielen. Durch eine entsprechende berufliche Bewährung haben Betroffene damit Rechtssicherheit und es selbst in der Hand, eine Niederlassungserlaubnis - in einer gegenüber den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 deutlich vereinfachten und beschleunigten Form - zu erhalten. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit unbenommen, bereits früher, d.h. insbesondere beim Hineinwachsen in die Anspruchsvoraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 3 (neu) eine Niederlassungserlaubnis nach den dafür vorgegebenen spezifischen Voraussetzungen zu erhalten.

Das bislang im Zusammenhang mit den allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte vorgesehene Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit wird auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Hochqualifizierte erstreckt und aus gesetzessystematischen Gründen einheitlich in Absatz 4 Satz 1 zusammenfassend geregelt.

Absatz 4 Satz 2 sieht eine begrenzte Ausnahme vom Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit zugunsten von Studenten vor, die ihr Studium erfolgreich in Deutschland abgeschlossen haben. Damit wird den o. g. besonderen Kenntnissen und Perspektiven dieser Gruppe Rechnung getragen. Zugleich wird ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung der Attraktivität eines Verbleibs in Deutschland und zum Bürokratieabbau geleistet. Aus der Anknüpfung an das Vorliegen eines Aufenthaltstitels nach § 16 Abs. 4 ergibt sich, dass der Verzicht auf das Zustimmungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit allein für die Dauer von bis zu einem Jahr nach Abschluss des Studiums gilt. Diese Begrenzung ist gerechtfertigt, da davon auszugehen ist, dass Studenten mit einer guten Zukunftsprognose in dieser Zeit in der Lage sind, eine angemessene Arbeitsstelle zu erwerben.

Im Übrigen sind die Änderungen redaktioneller Art.

10. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe a (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe a ist das Wort "fünfhunderttausend" durch das Wort "einhundertfünfzigtausend" zu ersetzen. bei Annahme entfällt Ziffer 11

Begründung

Die Bedingungen für die Zuwanderung Selbständiger wirken auf Zuwanderungswillige eher abschreckend als einladend. Nach dem bislang geltenden Zuwanderungsrecht dürfen sich Selbständige nur dann in Deutschland niederlassen, wenn sie 1 Mio. Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen. Anfangs weisen aber die wenigsten Unternehmen derartige Investitionssummen und derartige Beschäftigtenzahlen auf. Somit bleibt vielen kleinen und innovativen Unternehmen der Zugang nach Deutschland verwehrt. Infolgedessen ist die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Reduzierung auf 500.000 Euro und fünf Arbeitsplätze zu begrüßen. Eine Investitionssumme von 500.000 Euro ist für viele kleine Unternehmen aber noch immer eine zu hohe Hürde, weswegen eine Herabsetzung dieses Wertes auf 150.000 Euro vorgeschlagen wird.

11. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe a ist die Angabe "fünfhunderttausend" durch die Angabe "zweihundertfünfzigtausend" zu ersetzen.


entfällt bei Annahme von Ziffer 10

Begründung

Die Tätigkeit selbständiger Unternehmer ist eine der tragenden Säulen für wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland. Das gilt auch im Hinblick auf selbständige Tätigkeit von Ausländern. Die Praxis seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes sowie die im Jahr 2006 durchgeführte Evaluierung des Zuwanderungsrechts haben gezeigt, dass die bisherige Fassung der Regelvoraussetzungen in § 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Vollzug zu erheblicher Unsicherheit und zu einer nicht gebotenen Zurückhaltung bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Ausübung selbständiger Tätigkeit geführt hat. Es ist daher geboten, die Regelvoraussetzungen deutlich und praxisgerecht zu reduzieren. Über den Entwurf der Bundesregierung hinaus ist daher im Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsplätzestandorts Deutschland eine Reduzierung der Mindestinvestitionssumme auf 250.000 Euro geboten.

12. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d (§ 21 Abs. 5 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d sind in § 21 Abs. 5 Satz 1 nach den Wörtern "erteilt werden" die Wörter ", wenn ein regionales Bedürfnis nachgewiesen ist" einzufügen.

Begründung

Zu den "klassischen" Freiberuflern gehören beispielsweise Künstler, Schriftsteller, Ingenieure, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Dolmetscher oder Architekten (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), teilweise werden auch andere Berufe freiberuflich ausgeübt (z.B. Musiklehrer, Übersetzer).

Die Freiberufler erfüllen in der Regel nicht die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 AufenthG (Niederlassung Selbständiger). Eine Sonderreglung für Freiberufler ist daher grundsätzlich zu begrüßen.

Der Entwurf enthält jedoch insoweit keine einschränkenden Kriterien. Die geplante Sonderregelung würde somit dazu führen, dass die Niederlassung von Freiberuflern faktisch ohne jede Einschränkung möglich ist. Dies kann wegen der damit verbundenen Gefahr einer Umgehung der Vorschriften über den Zuzug von ausländischen Arbeitnehmern und der Verdrängung von einheimischen Freiberuflern nicht hingenommen werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit sollte zumindest voraussetzen, dass ein regionales Bedürfnis nachgewiesen ist.

13. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d (§ 21 Abs. 6 Satz 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe d ist dem § 21 Abs. 6 folgender Satz 2 anzufügen:

Begründung

Mit der Anfügung des Satzes 2 in Absatz 6 wird die Möglichkeit geschaffen, Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck besitzen, unter Beibehaltung dieses Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit zu erlauben. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es zwar, der Absatz 6 regele die Voraussetzungen, unter denen Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck erteilt worden ist, die selbständige Tätigkeit erlaubt werden kann, tatsächlich werden jedoch keinerlei Voraussetzungen genannt. Weiter heißt in der Begründung, das durch die Ausländerbehörde auszuübende Ermessen sei auf die Prüfung reduziert, ob die gegebenenfalls erforderlichen Berufszugangsvoraussetzungen (z.B. Approbation) vorliegen, wobei offen bleibt, was die Ausländerbehörde zu prüfen hat, wenn keine besonderen Berufszugangsvoraussetzungen für die beantragte Tätigkeit bestehen.

Um Missbrauchsfälle zu vermeiden, sollten die Fälle, in denen die Möglichkeit der selbständigen Tätigkeit bestehen soll, näher beschrieben oder jedenfalls eingeschränkt werden. Ansonsten könnte sich auch jeder Student und oder sein Ehegatte selbständig machen und dies ist sicher nicht beabsichtigt.

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird Personen, die sich zum Zwecke des Studiums oder einer Ausbildung hier aufhalten, bewusst nicht die Gelegenheit gegeben, parallel zu der beabsichtigten Tätigkeit eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Zudem sollten auch Personen, deren Aufenthalt von vornherein einer Verfestigung nicht zugänglich ist, nicht die Möglichkeit bekommen, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Entstehenden Ausreiseverpflichtungen könnte stets die durch die selbständige Tätigkeit erreichte Einbindung in die Gesellschaft und die vorgenommenen Investitionen entgegengehalten werden.

14. Zu Artikel 1 Nr. 15a - neu - (§ 22 Abs. 2 und 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 15 folgende Nummer 15a einzufügen:

Begründung

In § 22 AufenthG fehlt eine Aussage zur Frage der Verteilung der Kosten der Aufnahme dieser Personen zwischen Bund und Ländern. In der Vergangenheit war insbesondere die aus der Entscheidung der Aufnahme unmittelbar folgende Kostenfrage zwischen Bund und Ländern streitig. Die getroffene Regelung ermöglicht eine gemeinsame Vereinbarung der jeweiligen Kostenanteile zwischen Bund und Ländern. Sofern eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, sind die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen.

Da in § 22 AufenthG keine Regelungen zur Verteilung des aufzunehmenden Personenkreises enthalten sind, wird diese hiermit geschaffen.

15. Zu Artikel 1 Nr. 16 ( § 24 AufenthG)

Artikel 1 Nr. 16 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Zu a)

Die Gewährung vorübergehenden Schutzes ist an die Stelle der Aufnahmeregelung für Bürgerkriegsflüchtlinge in § 32a Ausländergesetz (AuslG) getreten. Um die Interessen der Länder bei Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen zu sichern, stimmt die Bundesregierung entsprechenden Entscheidungen auf Ebene des Rates der Europäischen Union nur zu, wenn mit den Ländern Einvernehmen erzielt wurde. Dies ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass andernfalls die Länder Kosten für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen zu tragen hätten, jedoch eine diesbezügliche Entscheidung auch gegen ihren Willen getroffen werden könnte. Einer Aushöhlung der Länderkompetenzen kann nur auf diesem Wege begegnet werden.

Zu b)

Bislang fehlt in § 24 AufenthG jede Aussage zur Frage der Verteilung der Kosten der Aufnahme dieses Personenkreises. Die getroffene Regelung ermöglicht eine gemeinsame Vereinbarung der jeweiligen Kostenanteile zwischen Bund und Ländern. Sofern eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, sind die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen.

Zu c)

Entspricht dem Regierungsentwurf

Zu d)

Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur.

16. Zu Artikel 1 Nr. 20 Buchstabe b ( § 28 Abs. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 20 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:

Begründung

Die bisherige Voraussetzung, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können, wird durch ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache ersetzt, um dem Erfordernis der Sprachkenntnisse als wesentlicher Integrationsvoraussetzung und als Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben größere Bedeutung zu verschaffen. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache liegen vor, wenn sich der Ausländer im täglichen Leben einschließlich der Kontakte mit Behörden in seiner deutschen Umgebung sprachlich zurechtzufinden vermag und mit ihm ein seinem Alter und Bildungsstand entsprechendes Gespräch geführt werden kann. Dazu gehört auch, dass der Ausländer einen deutschsprachigen Text des alltäglichen Lebens lesen, verstehen und die wesentlichen Inhalte mündlich wiedergeben kann. Die Fähigkeit, sich auf einfache Art mündlich verständigen zu können, reicht nicht aus.

17. Zu Artikel 1 Nr. 21 Buchstabe d (§ 29 Abs. 5 Nr. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 21 Buchstabe d sind in § 29 Abs. 5 Nr. 2 nach den Wörtern "nach § 8 Abs. 2 versehen" die Wörter "oder dessen Aufenthalt nicht bereits durch Gesetz oder Verordnung von einer Verlängerung ausgeschlossen" einzufügen.

Begründung

Der Aufenthaltstitel des nachgezogenen Ehegatten soll auch nach zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestehender Ehe nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug erfolgt ist, nur über ein befristetes Aufenthaltsrecht verfügt und dessen Aufenthaltserlaubnis mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 AufenthG versehen ist.

Eine befristet erteilte Aufenthaltserlaubnis erfüllt allein nicht den Tatbestand des § 8 Abs. 2 AufenthG und stellt somit keinen Ausschluss der Verlängerung in diesem Sinne dar. Die zuständige Behörde muss eine Verlängerung des Titels nach § 8 Abs. 2 AufenthG explizit ausgeschlossen haben.

Durch eine vorgeschriebene Höchstaufenthaltsdauer ist eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum gleichen Zweck über den dort genannten Zeitraum hinaus ausgeschlossen. Dies stellt ebenfalls keinen Ausschluss der Verlängerung nach § 8 Abs. 2 AufenthG dar. Aus diesem Grunde sollten zur Rechtsklarheit auch die Fälle aufgeführt werden, in denen bereits gesetzlich oder durch Verordnung eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis über die Höchstaufenthaltsdauer hinaus ausgeschlossen ist (Beispiel Spezialitätenköche). Der Lebensunterhalt des mit- oder nachziehenden Ehegatten muss vom Zeitpunkt der Einreise durch die Erwerbstätigkeit des Ehegatten gesichert sein. Damit besteht auch keine Notwendigkeit, dem nachgezogenen Ehegatten nach einem Zeitraum von zwei Jahren einen Arbeitsmarktzugang bis zum Ende des erlaubten Aufenthalts zu gewähren.

18. Zu Artikel 1 Nr. 23 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 23 Buchstabe a ist Doppelbuchstabe aa wie folgt zu fassen:

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nr. 23 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:

Begründung

Um ausschließlich zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels beabsichtigte Eheschließungen (Scheinehen) zu vermeiden, soll für den Fall des Scheiterns der Ehe eine Mindestbestandszeit von vier Jahren festgelegt werden, um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu begründen. Damit wird die im Ausländergesetz 1990 enthaltene Mindestbestandszeit der ehelichen Lebensgemeinschaft wieder aufgenommen, die durch Änderungsgesetz im Jahre 2000 auf zwei Jahre verkürzt und in das Aufenthaltsgesetz übernommen worden war.

19. Zu Artikel 1 Nr. 34 Buchstabe a (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 34 Buchstabe a ist in § 44 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c wie folgt zu fassen:

Begründung

Einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs sollten grundsätzlich alle Ausländerinnen und Ausländer erhalten, die sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Mit Ausnahme der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG haben bisher aber alle anderen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen keinen Integrationskursanspruch. Ziel der Änderung ist, die Anspruchsberechtigung auch auf Ausländerinnen und Ausländer auszuweiten, bei denen aus humanitären Gründen eine Verfestigung ihres Aufenthalts erfolgt ist.

20. Zu Artikel 1 Nr. 36 ( § 45 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 1 ist Nummer 36 zu streichen.

bei Annahme entfällt Ziffer 21

Begründung

Im Evaluationsbericht der Fa. Rambøll Management wird empfohlen, die Nachhaltigkeit der Integrationskurse unter anderem durch eine verbesserte Verzahnung mit der Arbeitsmarktförderung, eine gezielte Einbettung in kommunale Integrationsstrategien sowie durch eine verbesserte Kooperation mit den Migrationsdiensten weiter zu steigern. Dieser Empfehlung hat sich die Arbeitsgruppe 1 "Integrationskurse verbessern" zum Nationalen Integrationsplan ausdrücklich angeschlossen. Zur Umsetzung dieser Empfehlung sind Akteure auf verschiedenen Ebenen notwenig. Eine Beschränkung auf Bund und Länder, wie sie der Gesetzentwurf vorsieht, ist nicht zielführend. Die geltende Regelung des § 45 AufenthG ist zur Umsetzung der Evaluationsempfehlung besser geeignet.

21. Zu Artikel 1 Nr. 36 ( § 45 Satz 1 AufenthG)

entfällt bei Annahme von Ziffer 20

In Artikel 1 Nr. 36 sind die Wörter "und der Länder" zu streichen.

Begründung

Die neue Formulierung enthält mit dem Wort "soll" eine Verpflichtung. Die Länder werden neben dem Bund als Adressaten der Verpflichtung explizit genannt. Der Bund sollte die Souveränität der Länder durch Bundesgesetze nicht einschränken. Die Länder sollten auch künftig in eigener Verantwortung über Handlung, Strategie und Mitteleinsatz bei den Integrationsmaßnahmen entscheiden können.

22. Zu Artikel 1 Nr. 40 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb (§ 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 40 ist Buchstabe a wie folgt zu ändern:

Begründung

§ 51 Abs. 2 AufenthG enthält für Inhaber einer Niederlassungserlaubnis, die sich länger als 15 Jahre hier aufgehalten haben oder mit einem Deutschen verheiratet sind, eine Ausnahme von der Regelung, wonach ein Aufenthaltstitel nach sechsmonatigem Auslandsaufenthalt i.d.R. automatisch erlischt. Diese Ausnahmeregelung darf schweren Straftätern nicht zugute kommen. Auch in Fällen, in denen ein Ausweisungsgrund nach § 53 oder § 54 Nr. 1 - 4 AufenthG vorliegt, sollte es daher beim automatischen Erlöschen verbleiben.

23. Zu Artikel 1 Nr. 41a - neu - und Nummer 42 (§ 53 Nr. 1 und 2 sowie § 54 Nr. 1 AufenthG) *

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a

Ein Ausländer der zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurde, stellt eine Bedrohung für die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik dar und muss zwingend ausgewiesen werden. Auch nach § 56 Abs. 2 StGB kann eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren unter keinen Umständen mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass bei einer höheren Freiheitsstrafe nicht mehr zu erwarten ist, dass sich der Verurteilte bereits die Verurteilung als solche zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Der Gesetzentwurf greift diese Wertung nicht uneingeschränkt auf, weil er in § 53 Nr. 1 eine zwingende Ausweisung erst bei der Verurteilung zu einer mindestens dreijährigen Freiheits- oder Jugendstrafe vorsieht. Diese Diskrepanz wird durch den Änderungsvorschlag vermieden.


* Bei Annahme der Ziffern 23 und 24 werden diese redaktionell zusammengeführt. ...

Zu Buchstabe b

Es besteht keine Veranlassung bei einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe eine Mindestdauer von zwei Jahren vorzusehen. Die beschriebenen Delikte erfordern in jedem Fall, bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe regelmäßig zu einer Aufenthaltsbeendigung zu kommen. Die Gefahrenabwehr muss hier Vorrang vor dem Jugendschutz haben.

24. Zu Artikel 1 Nr. 42 (§ 54 Nr. 5 AufenthG) *

Artikel 1 Nr. 42 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Wie bereits bei Zustandekommen des Aufenthaltsgesetzes abzusehen war, reichen in der Praxis die Tatsachen oft nicht aus, um zu Aufenthaltsbeendigungen zu kommen, obwohl genügend Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder deren Unterstützung vorliegen. Für die Tatsachen wird nämlich ein feststellbarer Sachverhalt gefordert. Für einen - auch begründeten - Verdacht sind dagegen keine festgestellten Sachverhalte oder Vorgänge erforderlich. Diesem Umstand ist im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr Rechnung zu tragen.

Unter Sicherheitsgesichtspunkten kann die Abwägung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland und der hier lebenden Bevölkerung gegenüber denen des Ausländers in solchen Fällen nur dahingehen, den Sicherheitsinteressen Deutschlands den Vorrang einzuräumen. Bei Gefährdungen von derartigem Gewicht darf nicht darauf abgestellt werden, ob dem einzelnen Ausländer sein Fehlverhalten ohne jeden Zweifel nachweisbar ist.


* Bei Annahme der Ziffern 23 und 24 werden diese redaktionell zusammengeführt. ...

25. Zu Artikel 1 Nr. 42a - neu - (§ 54a Abs. 1 und 2 sowie Absatz 5 Satz 2 und Satz 3 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 42 folgende Nummer 42a einzufügen:

42a.

§ 54a wird wie folgt geändert:

Begründung

Für eine effektive Gefahrenabwehr kann es bei als gefährlich einzustufenden Ausländern erforderlich sein, Maßnahmen zur Überwachung nach § 54a AufenthG bereits in direktem Anschluss an den Erlass der Ausweisungsverfügung einzuleiten. Da die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung nicht immer gegeben sind, würde so eine bestehende Lücke in der Gefahrenabwehr geschlossen.

26. Zu Artikel 1 Buchstabe a1 - neu - Nr. 43 (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 43 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:

Begründung

Durch das 1. Änderungsgesetz zum Aufenthaltsgesetz wurde in mehreren Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes der Begriff "Sozialhilfe" durch "Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches" ersetzt. Für den Bereich der Ermessensausweisung ist eine entsprechende Änderung seinerzeit jedoch unterblieben. Dies beschränkt den Anwendungsbereich des Ausweisungstatbestandes auf Personen, die nicht erwerbsfähig sind und damit regelmäßig unverschuldet Sozialleistungen beziehen. Es vermag nicht einzuleuchten, dass nur dieser Personenkreis einen Ausweisungstatbestand erfüllt, arbeitsfähige Hilfeempfänger dagegen außen vor bleiben.

Da der Ausweisungstatbestand - anders als die Vorgängerregelung im AuslG - an den tatsächlichen Bezug von Leistungen und nicht an die Hilfsbedürftigkeit anknüpft, haben die Betroffenen zudem die Möglichkeit, die Verwirklichung des Ausweisungstatbestandes durch Leistungsverzicht selbst zu steuern.

Die derzeitige Regelung ist insbesondere auch deshalb höchst unbefriedigend, weil die Unterrichtung der Ausländerbehörden über den Bezug sozialer Leistungen an diesen Ausweisungstatbestand anknüpft. So führt die derzeitige Regelung im Ergebnis dazu, dass die Ausländerbehörden in einem Großteil der Fälle überhaupt nicht erfahren, wenn ein Ausländer öffentliche Leistungen bezieht oder beziehen müsste.

27. Zu Artikel 1 Nr. 44 Buchstabe a (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 44 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

Begründung

Da der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG (falsche Angaben bei einer Sicherheitsbefragung) nicht in den in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannten Regelfällen enthalten ist, können falsche Angaben in einer Sicherheitsbefragung in den Fällen besonderen Ausweisungsschutzes nur in Ausnahmefällen mit einer Ausweisung geahndet werden. § 54 Nr. 6 AufenthG sollte deshalb in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG mitaufgenommen werden.

28. Zu Artikel 1 Nr. 49 Buchstabe a0 - neu -(§ 60a Abs. 1 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 49 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe a0 einzufügen:

Begründung

Die bisherige Rechtslage schließt die Möglichkeit eines über sechs Monate hinausgehenden Abschiebungsstopps aus, sondern verweist in diesen Fällen auf die Möglichkeit einer Anordnung nach § 23 Abs. 1. Dies wird den Anforderungen der Praxis nicht gerecht: Der einem Abschiebungsstopp zugrunde liegende Sachverhalt, der eine über sechs Monate hinausgehende Aussetzung der Abschiebung angezeigt erscheinen lässt, erfordert im Regelfall nicht die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf der Grundlage einer Anordnung nach § 23 Abs. 1.

29. Zu Artikel 1 Nr. 51 Buchstabe b ( § 62 Abs. 4 AufenthG)

Artikel 1 Nr. 51 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Ziel der Regelung des Absatzes 4 ist es, eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die vorläufige Festnahme von Ausländern in das Aufenthaltsgesetz aufzunehmen, um die richterliche Vorführung zur Anordnung der Sicherungshaft sicherzustellen.

Die bestehende Rechtslage führt in der Praxis zu Schwierigkeiten, weil es keine eindeutige Rechtsgrundlage zur vorläufigen Festnahme zum Zwecke der Vorführung bei einem Haftrichter gibt. Dem könnte nur durch Anträge auf Erlass von Haftbeschlüssen auf "Vorrat" begegnet werden. Diese Beschlüsse wiederum müssten in Abwesenheit des Betroffenen, somit ohne vorherige Anhörung ergehen, was zusätzlich problematisch ist. Da die Ausländerbehörden in der Regel nicht über eigene Vollzugsbeamte verfügen, sollte auf die in § 71 Abs. 5 enthaltene Zuständigkeitsregelung zurückgegriffen werden, nach der auch die Polizeien der Länder für die Festnahme und Beantragung von Haft zuständig sind. Aus diesem Grunde sollte auch nicht der Begriff der vorläufigen "Festnahme" sondern der Terminus "Ingewahrsamnahme" verwendet werden, weil dieser in den Gefahrenabwehrgesetzen der Länder enthalten ist und auch von der Rechtsprechung, die sich bereits mit der Frage der Befugnis der Ausländerbehörden zur "vorläufigen Ingewahrsamnahme" beschäftigt haben, gebraucht wird. Ansonsten würde sich die Frage der Differenzierung zwischen diesen beiden Begriffen in der Praxis stellen und die Rechtsanwendung unnötig erschwert. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, auch eine Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme zur Vorbereitung von Maßnahmen zur Identitätsklärung oder zur Beschaffung von Passersatzpapieren zu schaffen. Damit wird erreicht, dass entsprechende behördliche Maßnahmen nicht so häufig erfolglos bleiben, weil die Betroffenen nicht nur nicht ausreichend mitwirken, sondern sich gezielt diesen Maßnahmen entziehen, so dass aufwändige Vorbereitungen leer laufen und Rückführungen dadurch erheblich verzögert oder ganz vereitelt werden.

Die im Entwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung des Absatzes 4 ist insbesondere mit der Formulierung der Nr. 3 sprachlich missglückt. Der "Anordnung der Sicherungshaft" kann sich typischerweise nur derjenige entziehen, dem dieses obliegt, und das ist der Richter. Es ist fraglich was gemeint ist. Soll mit der Nr. 3 die Voraussetzung vorliegen, dass der Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Sicherungshaft oder sich der Vorführung bei einem Richter zur Anordnung der Sicherungshaft entziehen will. In beiden Fällen ist es jedoch der Ausländerbehörde nicht möglich Anhaltspunkte zu benennen, die den Verdacht begründen können, dass der Ausländer sich der Maßnahme entziehen will. Die Sicherungshaft wird gegenüber dem Ausländer weder angedroht noch angekündigt. Folglich kann in seinem Verhalten in der Regel nichts darauf hindeuten, das den Verdacht begründen könnte, dass er sich dieser Maßnahme entziehen wird. Da die in dem Entwurf der Bundesregierung vorgeschlagenen (neuen) Absatz 4 genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, würde bei einem beibehalten der Nr. 3 die angestrebte Ermächtigung für eine Ingewahrsamnahme zur Vorführung bei einem Haftrichter aufgehoben, weil die unter Nr. 3 genannte Voraussetzung faktisch nicht zu erfüllen ist.

30. Zu Artikel 1 Nr. 59 Buchstabe b ( § 73 Abs. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 59 ist Buchstabe b zu streichen.

Begründung

Das Verfahren nach § 73 Abs. 2 sollte auch weiterhin auf Länderebene erfolgen, um die Informationswege so kurz wie möglich zu halten.

Die Verpflichtung der Ausländerbehörden, Anfragen nach § 73 Abs. 2 über das Bundesverwaltungsamt den Sicherheitsbehörden zuzuleiten, würde durch die Zentralisierung und die damit verbundene "Nadelöhrfunktion" angesichts der Anzahl durchzuführender Überprüfungen zwangsläufig auch zu zeitlichen Verzögerungen im Verfahren führen.

Zudem bestehen Zweifel, ob durch die Einschaltung des Bundesverwaltungsamtes und damit der Schaffung einer weiteren Ebene im Verfahren den Ausländerbehörden inhaltlich weitergehende Erkenntnisse zur Verfügung gestellt werden könnten.

Die bestehende Regelung, nach der die Ausländerbehörden ihre Anfragen nach § 73 Abs. 2 den zu beteiligenden Sicherheitsbehörden direkt zuleiten können, hat sich bewährt.

Zudem ergibt sich erfahrungsgemäß bei relevanten Einzelfällen oftmals Erörterungsbedarf, dem auf Länderebene eher Rechnung getragen werden könnte.

31. Zu Artikel 1 Nr. 63 (§ 81 Abs. 1, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 2 - neu - AufenthG)

Artikel 1 Nr. 63 ist wie folgt zu fassen:

63.

§ 81 wird wie folgt geändert:

Begründung

Für die Regelung in § 81 Abs. 2 Satz 2 wird kein Bedarf mehr gesehen, da nach der Neufassung des § 33 über das Aufenthaltsrecht in Deutschland geborener ausländischer Kinder in jedem Fall von Amts wegen entschieden wird.

Die Ergänzung in Absatz 4 dient einer befriedigenden gesetzlichen Regelung der Fälle, in denen die Verlängerung eines bestehenden Aufenthaltstitels erst mit geringfügiger Verspätung beantragt wird. Die bisherige Rechtslage lässt eine analoge Anwendung der gesetzlichen fiktiven Verlängerung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels nicht zu, so dass auch bei nur geringfügig verspätet gestellten Verlängerungsanträgen nicht die materiellrechtlichen Verlängerungsvoraussetzungen, sondern die Voraussetzungen für die erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels heranzuziehen sind. Dies kann in der Praxis zu unvertretbaren Ergebnissen führen und ist auch im Lichte der Regelung in § 81 Abs. 3 Satz 2 nicht zu vertreten, der Ausländern ohne Aufenthaltstitel insoweit eine bessere Rechtsstellung einräumt.

32. Zu Artikel 1 Nr. 73 Buchstabe a und b (§ 91a Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und Nummer 2 AufenthG)


Artikel 4 Nr. 3 Buchstabe a0 - neu - (§ 3 Nr. 5 AZRG)
Artikel 7 Abs. 3 Nr. 9 (Ziffer 4 Buchstabe h Anlage zur AZRG-Durchführungsverordnung)

Begründung

Für die sicherheitsrelevante Beurteilung eines Ausländers sind Angaben zur Religionszugehörigkeit von erheblicher Bedeutung. Die Erfassung und Speicherung dieser Daten ist daher sicherzustellen.

Die Religionszugehörigkeit ist ein Anhaltspunkt von mehreren zur Abschätzung von Risiken im Zusammenhang mit der Gewährung von Einreisemöglichkeiten und Aufenthaltsrechten. Angesichts der erheblichen Gefahren, die mit dem internationalen Terrorismus verbunden sind, kann auf die Verarbeitung der entsprechenden Daten, insbesondere die Übermittlung an die Sicherheits- und Ausländerbehörden, nicht verzichtet werden. Die Ereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass gerade auch die Religionszugehörigkeit ein wichtiges Merkmal der Risikoeinschätzung sein kann.

33. Zum Gesetzentwurf insgesamt:

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob ein - über den im Gesetzentwurf vorgesehenen präventiven und auf den Familiennachzug bezogenen Ansatz hinausgehender - wirksamer Schutz der Opfer von Zwangsheirat aufgenommen werden kann, und dabei insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Begründung

Zwangsheirat - eine Eheschließung gegen den Willen eines oder beider Ehepartner - ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und ein nachhaltiges Integrationshemmnis. Der Bekämpfung von Zwangsheirat kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Das gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Zwangsehen regelmäßig aus familiärem Druck resultieren, so dass die Opfer bei einem Ausbrechen aus ihrer Zwangslage Repressalien auch ihrer eigenen Familie zu besorgen haben, zumindest aber ohne familiären Beistand sind.

Mit dem 37. Strafrechtsänderungsgesetz vom 11. Februar 2005 wurde die Zwangsverheiratung als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Nötigung in § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 des StGB aufgenommen. Derzeit wird auf Bundesebene der Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat beraten (BT-Drs. 016/1035). Dieser sieht die Einführung eines eigenen Straftatbestandes zur Zwangsheirat sowie flankierende Regelungen im bürgerlichen Recht vor.

Im Aufenthaltsrecht fehlt es dagegen bislang an Regelungen zur Bekämpfung und Ächtung von Zwangsheirat sowie zum Schutz der Betroffenen.

Der Gesetzentwurf beschränkt sich auf punktuelle Regelungen und einen präventiven, auf den Familiennachzug bezogenen Ansatz zur Bekämpfung von Zwangsheirat. Vorgesehen sind ein Mindestalter von 18 Jahren und einfache deutsche Sprachkenntnisse als Voraussetzung für einen Familiennachzug (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufentG-E) sowie ein Ausschluss des Nachzugs, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde (§ 27 Abs. 1a Nr. 2 AufentG-E).

Dagegen fehlt es an Vorgaben zum Schutz derjenigen, die vor dem Inkrafttreten der Präventivmaßnahmen oder ungeachtet der vorgesehenen neuen Rechtslage Opfer von Zwangsheirat geworden sind bzw. zukünftig werden. Ebenso verzichtet der Gesetzentwurf gänzlich auf den Schutz von Zwangsheiratsopfern, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland hatten und mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List ins Ausland verbracht oder an der Rückkehr nach Deutschland gehindert werden.

Der Bundesrat sieht es daher als geboten an, dass über das Straf- und Zivilrecht hinaus auch das Aufenthaltsrecht einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz der Opfer von Zwangsheirat leistet und damit ein deutliches Signal gegen Zwangsverheiratung als Menschenrechtsverletzung und Integrationshemmnis gesetzt wird.

34. Zu Artikel 2 Nr. 10a - neu - und Artikel 6 Abs. 12 - neu - (§ 11a - neu - Freizügigkeitsgesetz / EU und § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 - neu - SGB X)

Begründung

Die beiden neuen Vorschriften sollen dazu dienen, den Missbrauch des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts zum Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB II verhindern zu können. Voraussetzung des Freizügigkeitsrechts ist nämlich bei Nichterwerbstätigen gemäß § 4 Satz 1 das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel. Nach dem 16. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie dürfen die Aufnahmemitgliedstaaten überprüfen, ob von der Richtlinie begünstigte Personen Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nehmen, um dann ggf. über eine Ausweisung zu entscheiden. Diese Möglichkeit der Überprüfung ist in § 5 Abs. 4 umgesetzt. Sie ist den Ausländerbehörden jedoch nur möglich, wenn sie überhaupt Kenntnis von dem Leistungsbezug erlangen, was nach derzeitiger Rechtslage nur auf Ersuchen der Ausländerbehörde im Einzelfall möglich ist (§ 11 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 AufenthG). Da jedoch die durch das FreizügG/EU eingeführte Verfahrensvereinfachung bei der Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigungen regelhaft dazu führt, dass die Betroffenen höchstens einmal zu Beginn ihres Aufenthalts bei der Ausländerbehörde vorsprechen, ist eine Regelung, die lediglich eine Datenübermittlung auf Ersuchen ermöglicht, unzureichend.

Der neue § 11a FreizügG/EU schafft in Verbindung mit der neuen Nr. 4 des § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Voraussetzungen dafür, dass die Ausländerbehörden ohne vorheriges Ersuchen davon Kenntnis erlangen, wenn Unionsbürger, die noch nicht über ein Daueraufenthaltsrecht verfügen, oder ihre Familienangehörigen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beantragen. In diesen Fällen besteht nämlich ein besonderer Anlass im Sinne des § 5 Abs. 4, die Ausstellungsvoraussetzungen für die Freizügigkeitsbescheinigung bzw. die Aufenthaltskarte zu überprüfen. Stellt sich dabei heraus, dass die Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts nicht mehr vorliegen, so kann nach § 5 Abs. 5 dessen Verlust festgestellt werden. Der ansonsten von Gesetzes wegen nach fünf Jahren ständigem rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet erfolgende Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a, obwohl keine ausreichenden Existenzmittel vorhanden sind und Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezogen werden, kann nur verhindert werden, wenn die Ausländerbehörde Kenntnis von diesem Tatbestand erhält.

35. Zu Artikel 3 Nr. 11a - neu - und Artikel 9 Satz 1 (§ 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 Asylverfahrensgesetz und Einschränkung von Grundrechten)

Begründung

Zu Buchstabe a:

Es erscheint notwendig, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Aufenthaltsgesetz und im Asylverfahrensgesetz angeglichen werden. Eine unterschiedliche Regelung der Maßnahmen zur Sicherung der Identität ist nicht begründbar.

Zu Buchstabe b:

Artikel 9 enthält die nach Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche Angabe grundrechtseinschränkender Regelungen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Neuregelung des körperlichen Eingriffs im Rahmen der Identitätsfeststellung nach § 16 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz.

36. Zu Artikel 3 Nr. 25 (§ 31 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AsylVfG)

In Artikel 3 Nr. 25 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb § 31 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 sind die Wörter "eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen" durch die Wörter "der Ausländer über die Entscheidungsformel und die Rechtsbehelfsbelehrung auch in einer Sprache formlos zu unterrichten" zu ersetzen.

Begründung

Mit der in Artikel 3 Nr. 25 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Entwurfs vorgesehenen Ergänzung des § 31 Abs. 1 AsylVfG soll Artikel 10 Abs. 1 Buchstabe e der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren der Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. EG (Nr. ) L 326, S. 13) umgesetzt werden.

Die Formulierung im Entwurf ist missverständlich. Sie regelt nicht eindeutig, welche rechtliche Qualität dem fremdsprachigen Text zukommt. Insbesondere ist der Begriff "beizufügen" geeignet, entgegen der aus der Entwurfsbegründung ersichtlichen Intention zu suggerieren, dass eine schriftliche Übersetzung als Bestandteil des Verwaltungsaktes zu übergeben sei. Streitigkeiten um die inhaltliche Richtigkeit dieses fremdsprachigen Textes dürfen aber im Verwaltungsprozess um die Rechtmäßigkeit asylrechtlicher Bescheide keine streitentscheidende Bedeutung haben.

Es sollte in der Regelung daher klargestellt werden, dass die Übersetzung des Bundesamtsbescheides nicht Bestandteil der behördlichen Entscheidung ist und rechtlich allein der Inhalt des deutschen Textes maßgeblich ist.

Streitigkeiten über die inhaltliche Richtigkeit der Übersetzung berühren dann allenfalls die Rechtmäßigkeit des Verfahrens; Übersetzungsfehler oder eine gar fehlende Übersetzung könnten noch nachgebessert bzw. nachgeholt werden und führten in der Regel nicht zur Unrichtigkeit und Aufhebung des Bescheides.

Dies steht auch nicht in Widerspruch zu Artikel 10 Abs. 1 Buchstabe e der genannten Richtlinie, da hiernach der Antragsteller in einer ihm verständlichen Sprache über das Ergebnis der behördlichen Entscheidung zu unterrichten ist. Die Richtlinie setzt nicht voraus, dass die Entscheidung als solche in einer ihm verständlichen Sprache ergeht.

37. Zu Artikel 3 Nr. 39a - neu - (§ 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 - neu - Asylverfahrensgesetz) *

In Artikel 3 ist nach Nummer 39 folgende Nummer 39a einzufügen:

39a.

In § 56 Abs. 1 werden nach Satz 1 folgende Sätze eingefügt:

Begründung

§ 44 Abs. 1 AsylVfG verpflichtet die Länder, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in den Aufnahmeeinrichtungen notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen". Dieser Regelung steht die Praxis, Wohnaußenstellen von Aufnahmeinrichtungen zu unterhalten, in die die Asylbegehrenden nach erster Bearbeitung des Asylantrages verlegt werden können, nicht entgegen. Während in der Praxis bislang die Wohnaußenstellen von Aufnahmeeinrichtungen lediglich die Zuständigkeitsbezirke von Ausländerbehörden überschritten hatten, werden mittlerweile auch länderübergreifende Kooperationen praktiziert. Bei den momentan stark rückläufigen Asylantragstellerzahlen können solche Kooperationen Synergieeffekte erzielen, die zu einer deutlichen Kostensenkung führen können. Aber auch bei stark steigenden Zahlen können auf diese Weise Unterbringungsprobleme gerade der kleinen Länder bzw. der Stadtstaaten gelöst werden. Die asylverfahrensrechtlichen Regelungen stehen dem nicht entgegen, vielmehr legt § 55 Absatz 1 AsylVfG sogar ausdrücklich fest, dass die Unterbringung in einem bestimmten Land gerade nicht verlangt werden kann. Auch dem Sinn und Zweck der Verteilung der Asylantragsteller auf alle Länder steht eine vorübergehende Unterbringung in einem anderen als dem für die Unterbringung zuständigen Land nicht entgegen, wenn sichergestellt ist, dass dies zu keiner Verschiebung der hiermit verbundenen Kosten führt.

Eine Regelung der Folgewirkungen auf die räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgestattung trifft § 56 AsylVfG allerdings für derartige Unterbringungslösungen nicht. In der Praxis der Flächenländer wird dieses Problem über die Anwendung des § 56 Absatz 2 AsylVfG gelöst, indem die Aufenthaltsgestattung auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Wohnaußenstelle liegt, räumlich beschränkt wird. Diese Vorgehensweise ist für Stadtstaaten indes nicht möglich, wenn die Wohnaußenstelle nicht im Stadtgebiet liegt. In diesen Fällen soll es gerade zu keiner endgültigen Umverteilung der Asylbegehrenden auf ein anderes Bundesland kommen mit den damit einhergehenden Folgen, sondern es soll vorübergehend der allgemeine Aufenthalt in der Wohnaußenstelle ermöglicht werden, und zwar in der Regel bis zum Erlöschen der Wohnverpflichtung.

Die vorgeschlagene Änderung trägt diesen Bedürfnissen Rechnung, ohne die Verpflichtung der Länder nach § 44 Abs.1 AsylVfG anzutasten. Die Interessen des Bezirks, in dem die Asylbegehrenden vorübergehend untergebracht werden, bleiben durch das Zustimmungserfordernis gewahrt. Der neue Satz 3 stellt klar, dass die Erlaubnis nach dem neuen Satz 2 auf die verwaltungsbehördliche und die gerichtlichen örtlichen Zuständigkeiten keinen Einfluss hat. Es soll insoweit vielmehr bei der Zuständigkeit bleiben, die infolge der Bestimmung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung entstanden ist. Dies liegt auch im Interesse der betroffenen Asylbegehrenden, die regelmäßig zum Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung und Entscheidung den Bezirk der Wohnaußenstelle bereits wieder verlassen haben werden und für die somit durch die Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit am Ort der lediglich kurzfristigen Unterbringung die Rechtsverfolgung erheblich erschwert werden würde.


* Bei Annahme der Ziffern 37 und 38 werden diese redaktionell zusammengeführt. ...

38. Zu Artikel 3 Nr. 39a - neu - (§ 56 Abs. 3 Satz 2 - neu - Asylverfahrensgesetz) *

In Artikel 3 ist nach Nummer 39 folgende Nr. 39a einzufügen:

39a.


* Bei Annahme der Ziffern 37 und 38 werden diese redaktionell zusammengeführt. ...

Begründung

Nach Satz 1 dieser Vorschrift bleiben räumliche Beschränkungen aus dem Asylverfahren bestehen, auch wenn die Aufenthaltsgestattung erloschen ist. Umverteilungen richten sich nach Auffassung aller Länder nach den Regelungen für die Duldungen. Der hessische VGH hält demgegenüber die Regelungen des Asylverfahrensgesetzes für anwendbar. Dies führt zu Schwierigkeiten bei landesinternen und länderübergreifenden Regelungen. Die Änderung dient der Wahrung der Bundeseinheitlichkeit des Verfahrens.

39. Zu Artikel 3 Nr. 40 ( § 58 AsylVfG)

In Artikel 3 ist Nummer 40 wie folgt zu fassen:

40.

§ 58 wird wie folgt geändert:

Begründung

Um zu erreichen, dass nicht nur für ein Land in einer Rechtsverordnung geregelt werden kann, dass sich Asylbewerber im Bereich mehrerer Ausländerbehörden vorübergehend ohne Erlaubnis ihrer zuständigen Ausländerbehörde aufhalten können, soll die bestehende Rechtsgrundlage erweitert werden. Die Regelung stellt es den Ländern bei entsprechenden regionalen Bedürfnissen frei, für die ihnen zugewiesenen Asylbewerber im Einvernehmen mit dem anderen Land Lockerungen des zugewiesenen Aufenthaltsbereichs vorzusehen.

40. Zu Artikel 3 Nr. 49 (§ 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG)

Artikel 3 Nr. 49 ist zu streichen.

Begründung

Die vorgesehene Änderung sieht eine Verdoppelung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung im asylgerichtlichen Verfahren vor. Die dafür vorgetragenen Gründe überzeugen nicht. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Fallgestaltungen jetzt komplexer wären als früher. Die Verdoppelung der Rechtsmittelfrist ist daher nicht erforderlich, sie würde zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung führen und ein falsches Signal darstellen.

41. Zu Artikel 5 des Gesetzentwurfs allgemein

42. Zu Artikel 5 und Artikel 10 Abs. 4 (StAG und Inkrafttreten)

Begründung

Artikel 5 soll durch die Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 ersetzt werden, die die Entschließung des Bundesrates vom 7. Juli 2006 (Bundesratsdrucksache 460/06(B) HTML PDF ) hinsichtlich des Teils Einbürgerung umsetzt und auf den von der Innenministerkonferenz am 4./5. Mai 2006 beschlossenen Einbürgerungsstandards beruht. Mit ihnen konnte eine intensive politische Diskussion zu einem weithin anerkannten Abschluss gebracht werden. Die Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 wurde von einer Arbeitsgruppe der Fachreferenten aller Länder erarbeitet und beruht daher in besonderem Maß auf den Erfahrungen der Länder im Gesetzesvollzug.

Artikel 5 berücksichtigt bislang nur einzelne Vorschläge der Gesetzesinitiative des Bundesrates vom 9. März 2007 und weicht zum Teil erheblich davon ab. Darüber hinaus enthält der Entwurf der Bundesregierung Detailänderungen des StAG, die auf erhebliche fachliche Bedenken stoßen. Die zahlreichen materiellen Teiländerungen halten erhebliche Wertungswidersprüche aufrecht und sind in sich nicht stimmig. Sie nehmen Teile einer Gesamtreform des Staatsangehörigkeitsrechts vorweg, ohne Berücksichtigung weiterer zwingend erforderlicher Teiländerungen. Im übrigen dient Artikel 5 nicht der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union und stellt damit einen Fremdkörper im Gesetzentwurf dar, der bei der politischen Einigung im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens keine Rolle gespielt hat.

Zur weiteren Begründung wird auf den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Bundesratsdrucksache 137/07(B) HTML PDF , vom 09.03.2007) Bezug genommen.

Unbeschadet der Stellungnahme unter Ziffer 42 nimmt der Bundesrat zu Artikel 5 des Gesetzentwurfs weiterhin wie folgt Stellung*:

43. Zu Artikel 5 Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG)

In Artikel 5 Nr. 9 Buchstabe a ist Doppelbuchstabe bb wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Wortlaut der derzeitigen Regelung stellt auf den Besitz des Reiseausweises (für Flüchtlinge) nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ab.

Zwar regelt ergänzend dazu § 73 Absatz 2 a Satz 4 des Asylverfahrensgesetzes, dass bis zur Bestandskraft des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter die Verbindlichkeit der Entscheidung über den Asylantrag für Einbürgerungsverfahren entfällt. Gleichwohl ist der Ausländer so lange rechtmäßig im Besitz des Reiseausweises, wie die Asylanerkennung nicht bestandskräftig zurückgenommen ist. Erst dann hat er den Reiseausweis unverzüglich abzugeben.

In der Praxis bereitet diese Regelung zunehmend Probleme, weil nach Auffassung einiger, so auch niedersächsischer, Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgericht Lüneburg 6 A 291/04 und Oberverwaltungsgericht Lüneburg 13 LA 215/06) ein Anspruch auf Hinnahme von Mehrstaatigkeit unabhängig von einem eingeleiteten Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren der Asylanerkennung allein deshalb bestehe, weil der Ausländer (noch) im Besitz des entsprechenden Reiseausweises sei. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Staatsangehörigkeitsgesetzes stelle nicht auf den Status des Ausländers oder den Verfahrensstand eines evtl. Widerrufs- oder Rücknahmeverfahrens, sondern einzig auf den Besitz des Reiseausweises ab.

Die anderslautende Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (12 S 1695/05 und 12 S 2430/05) erkennt einen Rechtsvorteil aus § 12 (1) Nr. 6 bis zur Bestandskraft des Widerrufs hingegen nicht an, weil der Staat das berechtigte Anliegen habe, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen möglichst dauerhaft erfüllt seien und nicht - möglicherweise bereits kurz nach der Einbürgerung - wieder entfielen.

Im Interesse eindeutiger und praktikabler gesetzlicher Regelungen ist deshalb eine gesetzliche Klarstellung im Staatsangehörigkeitsgesetz geboten.


* Gilt bei Annahme mindestens einer der unter Ziffern 43 bis 48 genannten Empfehlungen als mitbeschlossen.

44. Zu Artikel 5 Nr. 19 (§§ 30, 31 und § 32 StAG)

In Artikel 5 ist Nummer 19 wie folgt zu ändern:

Als Folge ist Artikel 1 Nr. 7 des unter Ziffer 42 genannten Gesetzentwurfs wie folgt zu fassen:

Begründung

Die von der Bundesregierung mit der Einfügung eines neuen § 30 StAG vorgeschlagene Einführung eines behördlichen Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens bedarf einer vertieften Prüfung. Angesichts des Umstandes, dass die staatsangehörigkeitsrechtliche Praxis in der Vergangenheit auch ohne ein entsprechendes Institut handlungsfähig war, kann das Vorhaben jedenfalls nicht als eilbedürftig eingestuft werden. Der Bedarf nach einem behördlichen Feststellungsverfahren sowie seine mögliche Ausgestaltung soll daher im Rahmen der angemahnten Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts erörtert werden.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass durch gesetzgeberische Maßnahmen, wie z.B. eine einmalige stichtagsbezogene gesetzliche Vermutung des Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit und eine lückenlose Fortschreibung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse in den Personenstandsregistern die Anlässe für ein behördliches Feststellungsverfahren erheblich eingeschränkt werden können. Falls danach gleichwohl ein Bedarf für ein entsprechendes Verfahren verbleiben sollte, setzt seine Institutionalisierung zwingend voraus, dass den nach Landesrecht zuständigen Behörden - es muss sich dabei nicht um die im Entwurf der Bundesregierung genannten Staatsangehörigkeitsbehörden handeln - Instrumente zur zuverlässigen Sachverhaltsermittlung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt vor allem für Möglichkeiten, den exlege-Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25 StAG feststellen zu können.

Schließlich sind die verfahrensmäßigen Belastungen der Länder zu bedenken, die mit der Einführung von gesonderten Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren verbunden wären: Hätte es das von der Bundesregierung vorgeschlagene Institut bereits im Vorfeld der Bundestagswahl 2005 gegeben, hätten allein in Hessen von Amts wegen ca. 30.000 Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren für Eingebürgerte türkischer Herkunft eingeleitet werden müssen. Die Verfahren hätten mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit vor Durchführung der Bundestagswahl nicht bestandskräftig abgeschlossen werden können mit der Folge, dass die Betroffenen - soweit sie volljährig waren - in die Wählerverzeichnisse hätten aufgenommen werden müssen, obwohl ein beträchtlicher Anteil zu diesem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatte. Abgesehen von der tatsächlichen Unmöglichkeit, ein derartiges Verfahren zeitnah umzusetzen, erhellt dieses Szenario, dass im Rahmen der Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts eine einfach vollziehbare Bestandsbeschreibung der deutschen Staatsangehörigkeit gefunden werden muss, die beweiskräftig dokumentiert ist und bis zur rechtskräftigen Widerlegung für alle Rechtsbereiche gilt. Diesem Anspruch wird der Vorschlag der Bundesregierung derzeit nicht gerecht.

Die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Datenverarbeitungsregeln sollen durchweg abgeändert werden. Nach den Prinzipien des allgemeinen Datenschutzrechts ist für das Staatsangehörigkeitsrecht keine datenschutzrechtliche Vollregelung erforderlich; vielmehr genügt eine Regelung der bereichsspezifischen Besonderheiten, die die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder ergänzt. Staatsangehörigkeitsrechtlicher Regelungsbedarf besteht danach lediglich für die Datenerhebung durch die für die Ausführung des Staatsangehörigkeitsgesetzes und der staatsangehörigkeitsrechtlichen Nebengesetze zuständigen Behörden, § 31 StAG, für anlassbezogene Übermittlungen auf Ersuchen und von Amts wegen an die zuständigen Stellen, §§ 32, 32a StAG, sowie die Übermittlungen auf umgekehrtem Wege, § 32b StAG.

Auf Grund des Sachzusammenhangs mit dem Aufenthaltsrecht und eines vergleichbaren Kreises der Beteiligten bietet sich eine weitgehende Anlehnung an die Datenverarbeitungsregeln des Aufenthaltsgesetzes an. Aus systematischen Gründen erscheint es darüber hinaus sinnvoll, die bereits vorhandene Vorschrift zur Regelanfrage bei den Verfassungsschutzbehörden aus § 37 Abs. 2 StAG als lex specialis in die staatsangehörigkeitsrechtlichen Datenverarbeitungsregeln zu integrieren und dabei gleichzeitig eine Aktualisierungsverpflichtung der Verfassungsschutzbehörden zu normieren, § 32a StAG.

Ob weitergehend - wie in § 33 des Entwurfs der Bundesregierung vorgeschlagen - ein gesetzgeberischer Bedarf für eine eilige Errichtung eines zentralen Staatsangehörigkeitsregisters besteht, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die Klärung dieser Frage gehört in den Kontext der angemahnten Gesamtnovelle des Staatsangehörigkeitsrechts. In dem Maße, in dem es gelingt, zu einer einfachen Bestandsbeschreibung des Kreises der deutschen Staatsangehörigen zu kommen und den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit beweiskräftig in den Personenstandsregistern zu dokumentieren, wird der aus dem Abstammungsprinzip folgende Bedarf nach einer weit in die Vergangenheit reichenden Dokumentation der Staatsangehörigkeitsverhältnisse an Bedeutung verlieren. Aus dem Entwurf der Bundesregierung eines neuen § 33 verbleibt danach für das gegenwärtige Gesetzgebungsverfahren lediglich die Notwendigkeit, die Mitteilung des Erwerbs oder Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit an die Ausländer-, Melde-, Personalausweis- und Passbehörden sowie auf Ersuchen an die Behörden, die ihrerseits Informationen zu den Staatsangehörigkeitsverfahren beigesteuert haben, zu regeln.

45. Zu Artikel 5 Nr. 19 (§ 34 StAG)

In Artikel 5 ist § 34 wie folgt zu fassen:

§ 34

Begründung

Die Umsetzung des Optionsmodells ist dringlich. 2008 werden die ersten optionspflichtigen deutschen Staatsangehörigen die Option ausüben. Bis dahin müssen bundesweit ausreichende rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, um die Optionsregelung vollziehen zu können. Dabei hat die Staatsangehörigkeitsbehörde den Optionspflichtigen unverzüglich nach Vollendung des 18. Lebensjahres an seine Verpflichtungen und die nach den Absätzen 2 bis 4 des § 29 StAG hinzuweisen. Erfolgt dieser Hinweis nicht oder nicht rechtzeitig, so tritt die Optionspflicht nicht ein mit der Folge, dass dauerhaft Mehrstaatigkeit entsteht. Zu berücksichtigen ist beim Vollzug der Optionsregelung ferner, dass nach § 29 Abs. 3 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit selbst dann verloren geht, wenn es dem Optionspflichtigen nicht rechtzeitig vor Vollendung des 23. Lebensjahres gelingt, den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Da in einer Reihe von Staaten sehr aufwendige Entlassungs- oder Verlustverfahren durchgeführt werden müssen und im Übrigen zunächst der Besitz der ausländischen Staatsangehörigkeiten geklärt werden muss, wird es in vielen Fällen erfahrungsgemäß dazu kommen, dass die Klärung des Besitzes zum Teil mehrerer ausländischer Staatsangehörigkeiten und die anschließende Durchführung der Verzichtsverfahren nicht in der vorgeschriebenen Frist gelingen wird.

Deshalb ist es zwingend erforderlich, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden möglichst frühzeitig Kenntnis von den Optionspflichtigen einschließlich der möglichen Staatsangehörigkeiten erlangen, die ein Optionspflichtiger besitzt bzw. besitzen kann, um ihrer Hinweispflicht rechtzeitig nachkommen zu können. Als mögliche Staatsangehörigkeiten kommen insbesondere alle Staatsangehörigkeiten seiner Eltern in Betracht. Zwingend erforderlich ist es darüber hinaus, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden vom Umzug von Optionspflichtigen in ihren Bereich bzw. aus ihrem Bereich rechtzeitig unterrichtet werden. Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass den Staatsangehörigkeitsbehörden die notwendigen Informationen vorliegen, um bereits im Vorfeld die Klärung der ausländischen Staatsangehörigkeiten zusammen mit den Optionspflichtigen durchführen zu können.

46. Zu Artikel 5 Nr. 19 (§ 34a - neu - StAG)

In setzt Annahme von Ziffer 45 voraus In Artikel 5 Nr. 19 ist nach § 34 folgender § 34a einzufügen:

§ 34a

Begründung

Die Umsetzung des Optionsmodells ist dringlich. 2008 werden die ersten optionspflichtigen deutschen Staatsangehörigen die Option ausüben. Bis dahin müssen bundesweit ausreichende rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, um die Optionsregelung vollziehen zu können. Die zentrale Erfassung aller Optionspflichtigen und die Speicherung aller maßgeblichen Erklärungen, die Einfluss auf den Bestand oder den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit haben, sowie die Schaffung der notwendigen Datenübermittlungsregelungen für die beteiligten Behörden ist für den erfolgreichen Vollzug der Optionsregelung die Grundvoraussetzung.

47. Zu Artikel 5 Nr. 20 (§ 35 StAG):

Artikel 5 Nr. 20 ist wie folgt zu fassen:

20. § 35 wird wie folgt gefasst:

§ 35

Begründung

In Umsetzung des Auftrags des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2006 -2 BvR 669/04- ist eine spezialgesetzliche Regelung zur Rücknahme von Einbürgerungen erforderlich, die eine vorhersehbare und dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Fallbehandlung sicherstellt. Besondere grundrechtsbezogene Probleme stellen sich hinsichtlich der Einbürgerung von Angehörigen, die eine hinreichend bestimmte Entscheidung des Gesetzgebers erfordern. Ausdrücklich fordert das Bundesverfassungsgericht die Antwort des Gesetzgebers auf die Frage, welche Auswirkungen das Fehlverhalten im Einbürgerungsverfahren auf den Bestand der Staatsangehörigkeit Dritter haben kann, die an diesem Fehlverhalten nicht beteiligt waren.

Der Grundtatbestand in Absatz 1 schreibt zwingend die Rücknahme vor.

Prinzipiell geschützt sein müssen die im Wege der Miteinbürgerung nach § 10 Absatz 2 eingebürgerten Ehegatten und Kinder sowie die nach § 9 eingebürgerten Ehegatten, weil diese Einbürgerungen immer auch die Einbürgerung im Familienverband oder die bereits erfolgte Einbürgerung des anderen Ehegatten (bzw. das hier nicht maßgebliche Vorhandensein eines deutschen Ehegatten) voraussetzen und deshalb unter erleichterten Voraussetzungen erfolgt sind. Die Rücknahme der diesen Einbürgerungen zugrunde liegenden Einbürgerung kann den nachträglichen Wegfall der Einbürgerungsvoraussetzungen für die Angehörigen bedeuten. Insoweit ist ein Bestandsschutz der Mit- oder Ehegatteneinbürgerung erforderlich.

Dieser Bestandsschutz gilt jedoch nicht, wenn den im Wege der Mit- oder Ehegatteneinbürgerung Eingebürgerten eigenes zurechenbares Verhalten vorgeworfen werden kann, das eine Rücknahme begründet.

Bei der Miteinbürgerung von Angehörigen oder der Ehegatteneinbürgerung wird in Absatz 2 deshalb grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Angehörigen sich das Verhalten des "führenden" Eingebürgerten nicht zurechnen lassen müssen, weil insoweit der Funktion der Staatsangehörigkeit in ihrer Bedeutung als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit Vorrang gebührt. Das gilt für die Kinder unabhängig vom Alter, selbst wenn eines der betroffenen Kinder sich in einem Alter befindet, in dem Kinder üblicherweise ein eigenes Vertrauen auf den Bestand ihrer Staatsangehörigkeit noch nicht entwickelt haben, weil insoweit eine Gleichbehandlung sämtlicher (mit)eingebürgerter Kinder zu erfolgen hat.

Haben hingegen die Angehörigen durch eigenes Verhalten oder das der gesetzlichen Vertreter Anlass zu einer eigenständigen Rücknahmeentscheidung gegeben, ist die Einbürgerung nach Absatz 1 zurück zu nehmen.

Insbesondere die Auswirkungen der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung auf die nach der Einbürgerung auf Grund des ius sanguinis-Prinzips nach § 4 Abs. 1 erworbene Staatsangehörigkeit des nachgeborenen Kindes sowie die nach § 6 durch Annahme als Kind erworbene Staatsangehörigkeit bedürfen einer spezialgesetzlichen Regelung. Insoweit ist der Gesetzgeber gehalten, dem Vertrauensschutz Rechnung zu tragen und Bestandsschutz für diese Form des Erwerbs der Staatsangehörigkeit zu gewährleisten. Auch Absatz 3 trägt somit der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer spezialgesetzlichen Regelung zur Frage des Bestands der Staatsangehörigkeit Dritter Rechnung.

Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung ist ein wichtiger, die Rechtsposition des Einzelnen wesentlich prägender rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Es besteht selbst bei Täuschungshandlungen u. ä. ein privates und ein öffentliches Interesse daran, dass eine Unsicherheit über die endgültige Entscheidung nur für eine vorübergehende Zeit besteht. Mit zunehmendem Zeitablauf wäre eine Rücknahme unverhältnismäßig. Es wird eine Zeitspanne von 12 Jahren als absolute Ausschlussfrist für angemessen angesehen. Wenn allerdings die Behörde Kenntnis von Umständen erhält, die eine Rücknahmemöglichkeit eröffnen, soll sie sich schnell, nämlich innerhalb von 2 Jahren dazu entscheiden.

Die Rücknahmeregelung entspricht zudem dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit, das in der der Bundesrepublik Deutschland am 1. September 2005 in Kraft getreten ist. Dort wird ausdrücklich ein Staatsangehörigkeitsverlust zugelassen, wenn der vorhergehende Erwerb durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder einer dem Antragsteller zurechenbaren Verschleierung einer erheblichen Tatsache erfolgt ist.

48. Zu Artikel 5 Nr. 24 (§ 41 StAG)

In Artikel 5 Nr. 24 ist § 41 wie folgt zu fassen:

" § 41 Von den in diesem Gesetz getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann mit Ausnahme des § 38 durch Landesrecht nicht abgewichen werden; § 16 Abs. 2 Satz 4 bleibt unberührt."*

Begründung

Mit Hilfe des Staatsangehörigkeitsrechts wird die Zugehörigkeit zum deutschen Staatsvolk einfachgesetzlich geregelt. Vor diesem verfassungspolitischen Hintergrund ist ein flächendeckend einheitlicher Vollzug des Staatsangehörigkeitsgesetzes unabdingbar. Es besteht daher ein im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG besonderes Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung des Verwaltungsverfahrens ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder.

Eine Ausnahme hiervon soll lediglich für die Eidesleistung nach § 16 StAG sowie die Kostenregelung nach § 38 StAG gelten.


* Die Angabe zu § 16 Abs. 2 Satz 4 bezieht sich auf den unter Ziffer 42 genannten Gesetzentwurf.

49. Zu Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2 (§ 2 AsylblG)

Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2 ist wie folgt zu fassen:

§ 2 wird aufgehoben.

Begründung

Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten über eine Dauer von 36 Monaten Grundleistungen, die rund 25 vom Hundert unterhalb des Niveaus der Sozialhilfe liegen. Nach dieser Zeit sind aufgrund von § 2 AsylbLG Leistungen entsprechend SGB XII zu gewähren, sofern Leistungsberechtigte die Dauer ihres Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung ist lediglich vorgesehen, den Zeitraum des Bezugs von Grundleistungen von 36 Monaten auf 48 Monate zu verlängern.

Durch Aufhebung des § 2 AsylbLG sollen die Hilfen für Leistungsberechtigte auf dem gegenüber der Sozialhilfe abgesenkten Niveau auch nach einem Zeitraum von 36 Monaten bzw. 48 Monaten weiterhin beibehalten werden. Die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen soll erst erfolgen, wenn die Person vom Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht mehr umfasst ist und ein Bedürfnis nach sozialer Eingliederung besteht.

Daneben wird mit der Aufhebung des § 2 verhindert, dass Ausländer ungerechtfertigt in den Genuss voller Leistungen kommen können, wenn sie eine Beendigung ihres Aufenthalts verzögern, ohne dass Rechtsmissbrauch nachgewiesen werden kann. Der mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1.1.2005 eingeführte unbestimmte Rechtsbegriff "rechtsmissbräuchlich" bereitete in der Praxis bislang erhebliche Probleme. Ähnliches dürfte für die Frage der "Zumutbarkeit" der Ausreise gelten, auf die das Bundessozialgericht in diesem Zusammenhang abgehoben hat.

50. Zu Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2a - neu - (§ 6 Abs. 3 - neu - AsylbLG)

In Artikel 6 Abs. 2 ist nach Nummer 2 folgende Nummer einzufügen:

2a. Dem § 6 wird folgender Absatz angefügt:

Begründung

Die Änderungen betreffen das durch die Einfügung des § 25 Abs. 4a AufenthG neu geschaffene Aufenthaltsrecht für Opfer des Menschenhandels im Sinne der Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 betreffend Opfer von Menschenhandel, die mit den zuständigen Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden kooperieren. Bei einem Aufenthaltsrecht für einen nur vorübergehenden Aufenthalt besteht keine längerfristige Aufenthaltsperspektive, so dass nach der angelegten Systematik, wie auch im Fall des § 25 Abs. 4 AufenthG, nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und nicht nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch in Betracht kommen, wenn der betroffene Ausländer über keine ausreichenden eigenen Mittel verfügt.

Unter dem Gesichtspunkt der Stabilisierung der Opfer ist es gleichwohl zur Förderung ihrer Bereitschaft, als Zeugen auszusagen und für die Dauer des Strafverfahrens zur Verfügung zu stehen, angezeigt, den Opfern die erforderliche medizinische Hilfe einschließlich angemessener psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung zukommen zu lassen. Nur wenn Opfer des Menschenhandels solche stabilisierenden Hilfen in Anspruch nehmen können, werden sie die erlittenen Traumata verarbeiten können und damit bereit und in der Lage sein, im Strafprozess als selbstbewusste Zeugen auszusagen. Soweit Opfer von Menschenhandel besondere Bedürfnisse haben, wie etwa Schwangere, Behinderte, Opfer von sexueller oder sonstiger Formen von Gewalt sowie Minderjährige, verlangt Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie 2004/81/EG, diesen Personen auch die erforderliche sonstige Hilfe zu gewähren.

51. Zu Artikel 6 Abs. 12 - neu - ( § 21 Satz 1 SGB XII)

Dem Artikel 6 ist folgender Absatz anzufügen:

Begründung

In Bezug auf den Ausschluss von Leistungsansprüchen nach dem SGB II in den ersten drei Monaten des Aufenthalts (Artikel 6 Abs. 9 Nr. 2 des Gesetzentwurfs) bedarf es einer Folgeänderung im SGB XII, um zu vermeiden, dass nach der neuen Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II ausgeschlossene Personen Ansprüche nach dem SGB XII geltend machen können.

Die heutige Regelung des § 21 SGB XII ist leider geeignet, Fehlinterpretationen zu verursachen, weil der eigentliche Wille des Gesetzgebers in der Formulierung, wonach der Leistungsausschluss in der Sozialhilfe für Personen zu gelten hat, die "nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind", nicht klar zum Ausdruck kommt:

Durch die Neuregelung in § 21 SGB XII wird unmissverständlich deutlich, dass z.B. im Fall fehlender Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 9 SGB II, ebenso im Fall eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4a oder Abs. 5 SGB II, keine ersetzenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Betracht kommen; insoweit sind generell Fürsorgeleistungen ausgeschlossen. Damit wird gewährleistet, dass der neu eingeführte Ausschluss von Leistungsansprüchen nach dem SGB II in den ersten drei Monaten des Aufenthalts nicht durch entsprechende Leistungen nach dem SGB XII unterlaufen werden kann.

52. Zu Artikel 6 Abs. 12 - neu - (Einfügung einer Länderöffnungsklausel in das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch)

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren an geeigneter Stelle eine Länderöffnungsklausel in das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch eingefügt werden sollte, wie dies im vorliegenden Gesetzentwurf bereits in Artikel 6 Abs. 9 Nr. 3 für das Zweite Buch Sozialgesetzbuch mit der Einfügung von § 70 SGB II geschehen ist.

Begründung

Für den Bereich des SGB II wird mit der Einfügung von § 70 SGB II in Artikel 6 des vorliegenden Gesetzentwurfs eine Übergangsregelung getroffen, die es den Ländern ermöglicht, durch Landesgesetze zu bestimmen, dass für diejenigen ehemaligen Geduldeten, die ihren Lebensunterhalt noch nicht eigenständig durch eine Erwerbstätigkeit sichern und die am 1. März 2007 leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG waren sowie Sachleistungen bezogen haben, sich die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht nach den Vorschriften des SGB II richten, sondern dass sie stattdessen weiterhin vom Land Sachleistungen entsprechend den Vorschriften des AsylbLG erhalten. Damit soll erreicht werden, dass die im Gesetzentwurf enthaltene Altfallregelung bis zur Arbeitsaufnahme zu keinen höheren Sozialleistungen führt.

Es sollte eine entsprechende Regelung auch für das SGB XII aufgenommen werden, da Fälle denkbar sind, in denen eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe auch an Ausländer erteilt wird, die nicht unter den Anwendungsbereich des SGB II fallen, z.B. Ausländer, die bereits das 65. Lebensjahr erreicht haben oder als Kind unter 15 Jahren ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 104b AufenthG erhalten, also nicht erwerbsfähig und hilfsbedürftig sind. Diese würden ansonsten Leistungen nach dem SGB XII erhalten, eine Absenkung der Leistungen auf das Niveau des AsylbLG und die Gewährung von Sachleistungen wäre nicht möglich.

53. Zu Artikel 7 Abs. 4 Nr. 2 und 17 Buchstaben a und b (§ 4 Abs. 1 Satz 3, 4 - neu - und 5, § 48 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1b1 - neu - und Nummer 2 Aufenthaltsverordnung)

Artikel 7 Abs. 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Eine Ausnahme von der Pflicht, Pässe und Reisedokumente mit einem Speichermedium zu versehen, gilt nur für vorläufige Pässe und Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu 12 Monaten. Die Formulierung in der VO (EG) Nr. 2252/04 stellt damit eine Begriffsbestimmung für einen vorläufigen Pass oder ein vorläufiges Reisedokument dar, allein die Bezeichnung eines Reisedokuments als "vorläufig" mit einer beliebig langen Gültigkeitsdauer ist nicht ausreichend, um eine Ausnahme im Sinne der VO (EG) Nr. 2252/2004 zu begründen. Sonstige Pässe und Reisedokumente sind zwingend mit einem Speichermedium zu versehen.

Durch das Fehlen einer Ausnahme von der Pflicht, Pässe und Reisedokumente mit einem Speichermedium zu versehen, im Bezug auf Reisedokumente, die an Kinder ausgestellt werden, besteht keine Möglichkeit, an Kinder ausgestellte vorläufige Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Jahren vorzusehen. Eine jährliche Neuausstellung eines vorläufigen Passersatzes dürfte weder gewollt noch im Hinblick auf Kosten und Aufwand sowohl für die Ausländerbehörden als auch für die Eltern verhältnismäßig sein.

Die EU-Kommission hat angekündigt, im Jahr 2007 einen Vorschlag für eine Änderung der VO (EG) Nr. 2252/2004 zur Aufnahme einer Altersgrenze zur Aufnahme biometrischer Merkmale vorzulegen.

Im Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Konstruktion (GKI) zur Aufnahme biometrischer Identifikationen einschließlich Bestimmungen über die Organisation der Entgegennahme und Bearbeitung von Visumanträgen (BR-Drs. 417/06 (PDF) ) findet sich bereits eine Altersangabe hinsichtlich der Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken. Nach Teil III Punkt 1.2 b) sind Kinder unter sechs Jahren von dieser Pflicht befreit.

Nach Artikel 6 Nr. 6 des Entwurfs über das Visa-Informationssystem (VIS) sollen Fingerabdrücke nach den maßgeblichen Bestimmungen des GKI eingegeben werden, d.h. auch erst ab sechs Jahren.

Im Rahmen der Beratungen über den Vorschlag zur Änderung der VO (EG) Nr. 1030/02 - einheitliche Gestaltung der Aufenthaltstitel - votiert die Mehrheit der Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission für eine Speicherung biometrischer Daten ab sechs Jahren.

In dem angekündigten Änderungsvorschlag dürfte die Altersgrenze daher voraussichtlich ebenfalls bei sechs Jahren festgemacht werden.

In Anlehnung an die Bestimmungen in dem Entwurf zur Änderung des deutschen Passgesetzes sollten Reisedokumente an Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr ohne Speichermedium ausgestellt und von der Speicherung der Fingerabdrücke bei Kindern bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr abgesehen werden. Sofern das Reiseland die Vorlage eines mit einem Chip versehenen Reisepasses fordert, muss die Möglichkeit bestehen, auch für Kinder ein biometrisches Reisedokument auszustellen.


[Bei den weiteren Änderungen zu § 48 handelt es sich um Folgeänderungen.

Die neu einzuführende Gebühr nach § 48 Abs. 1 Nr. 1b1 -neu - setzt sich entsprechend der Gebührenfestsetzung für Erwachsene aus dem Verhältnis der Gebührensätze für die Ausstellung eines regulären und eines vorläufigen Passersatzpapieres zusammen und wurde demnach auf das Doppelte des Gebührensatzes für die Ausstellung eines vorläufigen Passersatzpapieres festgesetzt.]

54. Zu Artikel 7 Abs. 5 Nummer 0 - neu - (§ 6 Satz 1 und Satz 2 - neu - BeschVerfV)

In Artikel 7 Abs. 5 ist vor Nummer 1 folgende Nummer einzufügen:

Begründung

Verbleibt ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis bei demselben Arbeitgeber, so ist es im Regelfall fachlich gerechtfertigt und im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und des Abbaus von Bürokratie geboten, auf die Vorrangprüfung im Zustimmungsverfahren der Bundesanstalt für Arbeit zu verzichten. Das gilt entsprechend auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber eine neue Tätigkeit übernimmt bzw. der Beschäftigungsort sich ändert. Dem wird durch die vorgesehenen Änderungen Rechnung getragen.

55. Zu Artikel 7 Abs. 5 Nr. 3 (§ 9 Abs. 1 und 3 BeschVerfV)

Artikel 7 Abs. 5 Nr. 3 ist wie folgt zu fassen:

3. § 9 wird wie folgt geändert:

Begründung

Deutschland benötigt aufgrund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung und der qualitativen Anforderungen des Arbeitsmarktes qualifizierte Zuwanderung. Der in § 16 Abs. 4 AufenthG vorgesehene Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Zuwanderer, die in Deutschland ein Hochschulstudium erfolgreich absolviert haben und somit gut qualifiziert und integriert sind, sollte deshalb weitestgehend gleichberechtigt ausgestaltet werden. Bislang steht dem die Regelung des § 9 Abs. 3 BeschVerfV entgegen, weil sie verhindert, dass die Voraufenthaltszeiten der Studierenden anders als bei allen sonstigen Ausländern zu ihren Gunsten angerechnet werden können. Dies hat zur Folge, dass die ausländischen Hochschulabsolventen bei ihrer Arbeitsplatzsuche den Restriktionen des § 39 Abs. 2 AufenthG unterliegen. Die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung darf bei ihnen nur nach Vorrangprüfung und Prüfung der Arbeitsmarktbedingungen erteilt werden. Beides hat sich in der Praxis als Hemmschuh für die Umsetzung des § 16 Abs. 4 AufenthG erwiesen.

Die Änderung im Satz 1 hat zur Folge, dass die Zeiten eines Aufenthalts zum Zweck des Studiums komplett angerechnet werden können, wenn das Studium erfolgreich abgeschlossen wurde. Damit kann ausländischen Hochschulabsolventen nach einem dreijährigen (vgl. Art. 7 Abs. 5 Nr. 3c) Studienaufenthalt in Deutschland die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG, d.h. ohne Vorrangprüfung und ohne Arbeitsmarktprüfung (vgl. Art. 7 Abs. 5 Nr. 3a) erteilt werden.

Für die sonstigen Aufenthalte nach § 16 AufenthG, also für Aufenthalte zum Zwecke eines Schulbesuchs und der Absolvierung von Sprachkursen sowie bei Studienabbrechern bleibt es nach dem neuen Satz 2 dabei, dass die Aufenthaltszeiten lediglich zur Hälfte und nur bis zu zwei Jahren angerechnet werden. Diese Differenzierung ist gerechtfertigt, weil diese Personengruppen nur teilweise zu den qualifizierten Zuwanderern zu zählen sind und die Missbrauchsgefahr bei diesen Personengruppen höher eingeschätzt wird.

Für eine entsprechende Begünstigung der ausländischen Hochschulabsolventen spricht neben dem dargestellten besonderen Interesse der Bundesrepublik Deutschland an qualifizierten Zuwanderern insbesondere auch die Tatsache, dass durch die Änderung des § 10 BeschVervfV in Art. 7 Abs. 5 Nr. 4 im Rahmen der Altfallregelung künftig selbst Asylbewerber im laufenden Asylverfahren und geduldete Ausländer nach vierjährigem Aufenthalt den unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt genießen werden. Es ist weder einzusehen, noch integrationspolitisch begründbar, dass hier eine Öffnung des im Bereich der Geringqualifizierten eher bedrängten deutschen Arbeitsmarktes erfolgt, während die von der Wirtschaft gesuchten Hochqualifizierten strengen Restriktionen unterliegen sollen.