Beschluss des Bundesrates
a) Neunzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission 2010/2011 Drucksache: 423/12/(neu) PDF b) Neunzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission 2010/2011

Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache: 234/13 (PDF)

Der Bundesrat hat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 beschlossen, zu dem Neunzehnten Hauptgutachten der Monopolkommission 2010/2011 und zu der Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Hauptgutachten gemäß § 44 Absatz 3 GWB wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Allgemein

Der Bundesrat hält die eingehende Würdigung der zentralen wettbewerbspolitischen und wettbewerbsrechtlichen Fragen sowie der Praxis der Kartellbehörden durch die Monopolkommission für eine wichtige fundierte Basis bei der Fortentwicklung des Kartellrechts und seiner Anwendung.

2. Zum Glücksspielstaatsvertrag

3. Zur Anwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die gesetzlichen Krankenkassen

4. Zur Zuständigkeit der Kartellbehörden im Bereich der Wasserversorgung

Der Bundesrat lehnt die Empfehlung der Monopolkommission ab, im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gesetzlich zu verankern, dass Wasserentgelte sowohl in Form von Preisen als auch von Gebühren vom Wettbewerbsrecht erfasst werden. Mit einer derartigen Regelung würde der Bund verfassungswidrig in die Länderautonomie eingreifen. Denn das kommunale Abgabenrecht, hierzu zählen die Gebühren für kommunale Einrichtungen, unterliegen der ausschließlichen Gesetzgebungshoheit der Länder (Nummer 169 des Neunzehnten Hauptgutachtens der Monopolkommission 2010/2011, Nummern 10 und 81 der Stellungnahme der Bundesregierung).

Mit der Ausweitung des Kartellrechts auf die Trinkwassergebühren wird in das Hoheitsrecht der Länder eingegriffen, die auf Grundlage ihrer Kommunalabgabengesetze in eigener Verantwortung über die Regelungen zu den Trinkwassergebühren und ihrer Überprüfung durch die Kommunalaufsicht zu bestimmen haben. Ebenso können die Kommunen auf Grund ihrer grundgesetzlichen kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ( Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes) bestimmen, in welcher Handlungsform sie die Daseinsvorsorge und hier speziell die Trinkwasservorsorge betreiben wollen. Somit kann ihnen auch nicht wie die Monopolkommission vermutet, "eine Flucht in das öffentliche Recht" unterstellt werden, wenn sie ihre Trinkwassereinrichtungen wieder öffentlichrechtlich ausgestalten.

5. Zur Forderung nach einer sektorspezifischen (Anreiz-)Regulierung durch die Bundesnetzagentur

Vor allem aus den Nummern 169 und 612 des Neunzehnten Hauptgutachtens der Monopolkommission 2010/2011 sowie aus der Nummer 91 der Kurzfassung geht hervor, dass die Monopolkommission den Trinkwasserbereich einer eigenen sektorspezifischen (Anreiz-)Regulierung durch die Bundesnetzagentur unterwerfen möchte.

Der Bundesrat lehnt die Einführung einer sektorspezifischen (Anreiz-)Regulierung ab. Es ist auch fraglich, ob angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Gemeinden, insbesondere in struktureller, topographischer und geologischer Hinsicht, aussagekräftige Vergleichswerte aufgestellt werden könnten. Eine verpflichtende Teilnahme an einem Benchmarking ist abzulehnen.

6. Zur kartellrechtlichen Fusionskontrolle bei der Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe

Der Bundesrat lehnt eine kartellrechtliche Fusionskontrolle bei der Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe im Zusammenhang mit kommunalen Gebietsreformen ab (Nummer 80 der Kurzfassung und Nummern 412 ff. des Neunzehnten Hauptgutachtens der Monopolkommission 2010/2011).

Ziel von kommunalen Gebietsreformen ist es nicht, wirtschaftliche Unternehmen zu vergrößern, um einen größeren Anteil am Markt zu erlangen. Stattdessen geht es darum, die öffentlichen Aufgaben der Gebietskörperschaften im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger besser zu bewältigen. Wettbewerbsregelungen dürfen deshalb nicht dazu führen, kommunale Gebietsreformen zu erschweren bzw. unmöglich zu machen.

7. Zur Umsetzung von Compliance-Programmen

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Monopolkommission, dass die Umsetzung von Compliance-Programmen noch mehr in den Fokus der Diskussion gerückt werden muss. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass nach geltendem nationalem Recht - anders als auf europäischer Ebene - die Verantwortlichkeit der Unternehmensorgane zwingende Voraussetzung für eine Ahndung der von Kartellverstößen profitierenden Unternehmen darstellt. Auch aus generalpräventiven Gründen und gestützt auf Erfahrungen aus großen Kartellverfahren in der Vergangenheit gilt es, den Eindruck zu vermeiden, allein mit der Installierung eines Complianceprogramms seien bußgeldmindernde Voraussetzungen erfüllt.

8. Zur Zusammenarbeit zwischen Kartellbehörden und Strafverfolgungsbehörden

Der Bundesrat sieht im Zusammenhang mit der Verfolgung von Hardcore-Kartellen bei Submissionsabsprachen einen wichtigen Effizienzvorteil in der Verstetigung der Zusammenarbeit zwischen Kartellbehörden und Strafverfolgungsbehörden. Er begrüßt deshalb die Unterstützung der Monopolkommission, wenn es um die Schaffung einheitlicher Ansprechpartner und gegebenenfalls die Bildung von gemeinsamen Einsatzgruppen geht.

9. Zur preisbindenden Wirkung von Preisempfehlungen

Der Bundesrat sieht wie die Monopolkommission weiterhin Bedarf, sich mit der preisbindenden Wirkung von Preisempfehlungen auseinanderzusetzen. Die Erfahrungen der Kartellbehörden zeigen, dass der Nichteinhaltung solcher - angeblich unverbindlicher - Empfehlungen häufig mit Druckausübung oder Nichtbelieferung begegnet wird. Der Bundesrat sieht deshalb Anlass, diesem Phänomen verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen.