Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates

946. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2016

A

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U),

der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (§ 3 Absatz 5a BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a sind in § 3 Absatz 5a die Wörter "Infrastrukturen und Tätigkeiten" durch die Wörter "Infrastrukturen oder Tätigkeiten" zu ersetzen.

Begründung:

Anpassung an den Wortlaut der Richtlinie.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5b Satz 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5b Satz 1 nach den Wörtern "störfallrelevante Errichtung" die Wörter "und der Betrieb" einzufügen.

Folgeänderungen:

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

* vgl. hierzu auch Ziffer 30 **vgl. hierzu auch Ziffer 38

Begründung:

Die vorgeschlagene Legaldefinition in § 3 Absatz 5b BImSchG greift vom Wortlaut her zu kurz. Erfasst werden muss zum einen die (störfallrelevante) Neuanlage (Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2012/18/EU) und zum anderen die (störfallrelevante) Änderung einer bestehenden Anlage (Artikel 11 i.V.m. Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2012/18/EU) jeweils im Zusammenhang mit einem Betriebsbereich. Die immissionsschutzrechtliche Neugenehmigung einer Anlage ist jedoch nicht begrenzt auf deren Errichtung, sondern umfasst Errichtung und Betrieb (vgl. § 4 Absatz 1 BImSchG). Dies sollte klar zum Ausdruck gebracht werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5b Satz 1 BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5b Satz 1 die Wörter "schwerer Unfälle" durch die Wörter "von Störfällen" zu ersetzen.

Begründung:

Für den in der Seveso-III-Richtlinie verwendeten Begriff "schwerer Unfall" wird im deutschen Immissionsschutzrecht seit jeher der Begriff "Störfall" verwendet. Es sollten nicht unterschiedliche Begriffe mit gleicher Bedeutung verwendet werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5b Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5b Satz 2 die Wörter "oder umgekehrt" zu streichen.

Begründung:

Wenn ein Betriebsbereich von der oberen Klasse in die untere Klasse umgestuft wird, also die Gefährlichkeitsmerkmale geringer werden, ist anzunehmen, dass es sich nicht um eine tatsächlich störfallrelevante Änderung handelt. Für

* vgl. hierzu auch Ziffer 5

diese Fälle ein eigenes störfallrechtliches Genehmigungsverfahren nach § 23b BImSchG zu fordern, erscheint unverhältnismäßig und wird die Genehmigungsbehörde unnötig belasten. Es ist nicht ersichtlich, welchen Mehrwert hier eine Öffentlichkeitsbeteiligung erzielen soll. Auch ist ein Mehr an Sicherheit nicht zu erkennen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c Satz 1 BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5c Satz 1 die Wörter "schwere Unfälle" durch das Wort "Störfälle" zu ersetzen.

Begründung:

Für den in der Seveso-III-Richtlinie verwendeten Begriff "schwerer Unfall" wird im deutschen Immissionsschutzrecht seit jeher der Begriff "Störfall" verwendet. Es sollten nicht unterschiedliche Begriffe mit gleicher Bedeutung verwendet werden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5c Satz 2 die Wörter "störfallspezifischer Faktoren" durch die Wörter "anlagenspezifischer Faktoren" zu ersetzen.

Begründung:

Die Terminologie des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2012 - 4 C 11/11 - ist nicht konsistent (s. Rn. 18 einerseits und Rn. 22 andererseits, zit. n. juris) und hat im Vollzug zu einer heftigen Debatte darüber geführt, ob unter dem Begriff "störfallspezifischer Faktoren" anlagenspezifische Faktoren oder darüber hinaus auch vorhabenspezifische Faktoren (hierunter werden Faktoren am Schutzobjekt verstanden) zu verstehen sind. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei der Entscheidung, ob letztere abstandsbestimmend auf der 1. Stufe bei der Festlegung des "angemessenen Sicherheitsabstands" oder im Rahmen der planerischen Abwägung auf der 2. Stufe zu berücksichtigen sind. Die Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau "Berücksichtigung des Arti-

* vgl. hierzu auch Ziffer 3

kels 12 Absatz 2 Seveso-II-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren" vom 11. März 2015 bezieht die vorhabenspezifischen Faktoren schon auf der 1. Stufe bei der Abstandsbestimmung ein. Demgegenüber ist die LAI der Ansicht, dass die vorhabenbezogenen Faktoren nicht für die Ermittlung des "angemessenen Abstands" herangezogen werden können und hat seine Position in der Fußnote 19 in o.g. Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau ausführlich und überzeugend begründet; u.a. mit der Hinweis, dies sei weder sachgerecht noch faktisch möglich.

Der Gesetzgeber sollte daher für Klarheit sorgen, auch vor dem Hintergrund, dass eine nähere Ausgestaltung des "angemessenen Abstands" in einer neuen "Technischen Anleitung Abstand" vorbehalten bleiben soll. Hierzu sieht der Gesetzentwurf eine neue Ermächtigung in § 48 Absatz 1 Nummer 6 BImSchG vor (Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe a). Hierin wird ausdrücklich auf § 3 Absatz 5c BImSchG verwiesen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c BImSchG)

Der Bundesrat stellt zustimmend fest, dass nach § 3 Absatz 5c BImSchG der angemessene Sicherheitsabstand anhand störfallspezifischer Faktoren zu bestimmen ist und der Gesetzentwurf damit auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt.

Begründung:

Nach § 3 Absatz 5c BImSchG ist der angemessene Sicherheitsabstand anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln. Die Begründung zum Gesetzentwurf nimmt im Allgemeinen Teil in Abschnitt II.2. (Abstandsgebot) und im Besonderen Teil zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 3 Absatz 5a bis 5d BImSchG) auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012 (Az.: 4 C 11.11, Rn. 18) Bezug.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH vom 15. September 2011 (Rechtssache C-53/10) nennt das Bundesverwaltungsgericht neben den in der Begründung zu § 3 Absatz 5c BImSchG aufgeführten Faktoren (die Art der jeweiligen gefährlichen Stoffe, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schweren Unfalls, die Folgen eines etwaigen Unfalls für die menschliche Gesundheit und die Umwelt) auch technische Maßnahmen zur Verminderung des Unfallrisikos oder zur weiteren Begrenzung möglicher Unfallfolgen auch außerhalb des Betriebsbereichs, wie etwa Nutzungseinschränkungen oder besondere bauliche Anforderungen an das an den Störfallbetrieb heranrückende Vorhaben, sofern über diese Maßnahmen mögliche Schadensfolgen und damit auch die Angemessenheit des Abstands beeinflusst werden können.

Damit können derartige Maßnahmen an Schutzobjekten zu einer Verringerung des angemessenen Sicherheitsabstands führen, ohne dass damit eine Verringerung des Schutzniveaus verbunden wäre.

Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung in der Begründung des Gesetzentwurfs deutlich macht, dass die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Gesichtspunkte auch nach der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu berücksichtigen sind.

8. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5c Satz 2 nach den Wörtern "zu ermitteln" die Wörter "und beinhaltet eine baurechtliche Abwägung" einzufügen.

Begründung:

Klarstellung des Gewollten. Wie bereits in der Begründung angeführt (Seite 12 der Vorlage), sollte rechtlich verbindlich klargestellt werden, dass die Abstandsbewertung dem Bauplanungsrecht zuzuordnen ist.

9. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c Satz 3 - neu - BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist dem § 3 Absatz 5c folgender Satz 3 anzufügen:

"Störfallspezifische Faktoren sind insbesondere:

Begründung:

In seiner Entscheidung vom 15. September 2011 in der Rechtssache C-53/10 ("Mücksch") definiert der Europäische Gerichtshof in Randnummer 44 Faktoren für die Bemessung des angemessenen Sicherheitsabstandes. Zur Rechtsklarheit sollten diese in die Definition des Gesetzes aufgenommen werden. Dies dient auch der 1 : 1-Umsetzung des europäischen Rechts in deutsches Recht.

10. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5c BImSchG)

Der Bundesrat unterstützt die Wahrung angemessener Sicherheitsabstände zwischen Betriebsbereichen und Schutzobjekten. Zugleich darf es keinen Zweifel geben, dass bei der Prüfung der Angemessenheit alle Gesichtspunkte einschließlich eines Bestandsschutzes und einer gewissen Entwicklungsmöglichkeit für Betriebsbereiche in gewachsenen Gemengelagen einfließen sollen.

Daher stellt der Bundesrat fest, dass der im vorliegenden Gesetzentwurf in § 3 Absatz 5c des Bundes-Immissionsschutzgesetzes definierte Sicherheitsabstand, anders als in der Gesetzesbegründung erwähnt, nicht als der angemessene Abstand nach Artikel 13 der Seveso-III-Richtlinie zu verstehen ist. Der angemessene Abstand gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Seveso-III-Richtlinie und § 50 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wird ausweislich der Rechtsprechung anhand störfallspezifischer Faktoren und sozioökonomischer Faktoren im Rahmen einer bauplanungsrechtlichen Abwägung bestimmt.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Nachdem § 50 BImSchG nunmehr im Wesentlichen unverändert bleiben soll, muss daher sichergestellt werden, dass das gewachsene Rechtsverständnis und die Rechtsprechung hierzu in der Definition des angemessenen Sicherheitsabstands abgebildet werden. Es könnte auf Grund der Begründung auf Seite 24 letzter Absatz erster Satz der Eindruck entstehen, dass über die Richtlinie und die gegenwärtige Rechtslage hinaus die angemessenen Abstände ausschließlich anhand störfallspezifischer Faktoren ermittelt werden sollen - möglicherweise mit Rückwirkung auf die Auslegung des § 50 BImSchG.

Gleichwohl scheint es aus Gründen der Bestimmtheit und Praktikabilität sinnvoll, in der ersten Stufe bei der Prüfung der formalen Voraussetzungen für das störfallrechtliche Genehmigungsverfahren und die Beteiligung der Öffentlichkeit auf eine vereinfachte Ermittlung des angemessenen Abstands zurückzugreifen. Daher sollte hier auf sozioökonomische Faktoren verzichtet werden. In der zweiten Stufe sind bei der materiellen Prüfung des auf dem Rücksichtnahmegebot basierenden Abstandsgebotes auch die sozioökonomischen Faktoren zu berücksichtigen.

11. Hauptempfehlung zu Ziffer 12

Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5d BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5d nach den Wörtern "dem Wohnen dienende" die Wörter "Gebäude oder" einzufügen.

Begründung:

Die Definition der "benachbarten Schutzobjekte" ist nicht sachgerecht und greift daher zu kurz. Zwar werden in Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 2 Seveso-III-Richtlinie einzelne Wohngebäude nicht ausdrücklich genannt. Dies liegt indes daran, dass dieser Artikel nicht etwa die Zulassungsbehörde adressiert, sondern die Planungsebene ("Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung"). Der Umkehrschluss, wonach das Abstandsgebot der Richtlinie prinzipiell einzelne Wohngebäude nicht erfasse, ist daher nicht zutreffend und im Übrigen auch mit der staatlichen Gewährleistung des Schutzgrundsatzes nicht zu vereinbaren. Wenn schon durch Planung das Abstandsgebot nicht hinreichend berücksichtigt worden ist, muss auf jeden Fall (hilfsweise) auf der Ebene des konkreten Zulassungsverfahrens nach Maßgabe des geltenden Rechts i.S.d. Auslegung durch das BVerwG (Urteil vom 20. Dezember 2012, Az.: 4 C 11/11) erfolgen. Dies entspricht auch der Positionierung der LAI in der Fn. 8 der Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau vom 11. März 2015.

12. Hilfsempfehlung zu Ziffer 11

Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5d BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5d nach dem Wort "dienende" die Wörter "Gebäude mit einer Wohnfläche von mehr als 500 Quadratmetern und" einzufügen.

*vgl. hierzu auch Ziffer 15

Begründung:

Grundsätzlich soll der Schutz auch für Wohngebäude gelten, die nicht in einem dem Wohnen dienenden Gebiet stehen. Allerdings erscheint es vertretbar, einzelne Gebäude wie z.B. Betriebsleiterwohnungen und Wohngebäude im Außenbereich vom Anwendungsbereich auszunehmen. Dies soll durch die Beschränkung auf Gebäude mit mehr als 500 Quadratmetern Nutzfläche erreicht werden.

13. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5d BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 3 Absatz 5d vor dem Wort "Hauptverkehrswege" die Wörter "- soweit möglich -" einzufügen.

Begründung:

Bei der Definition der Schutzobjekte ist die Formulierung des Artikels 13 Absatz 2 der Seveso-III-Richtlinie zu übernehmen.

14. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5d BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist in § 3 Absatz 5d das Wort "Hauptverkehrswege" durch die Wörter "wichtige Verkehrswege" zu ersetzen.

Begründung:

Die Terminologie sollte mit dem § 50 BImSchG abgestimmt sein. Dementsprechend sollte das Wort "Hauptverkehrswege" durch die Wörter "wichtige Verkehrswege" ersetzt werden.

15. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Absatz 5d BImSchG)

Der Bundesrat begrüßt, dass bei der Bestimmung der Schutzobjekte in § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Begriffe aus Artikel 13 der Richtlinie 2012/18/EU in den Gesetzentwurf übernommen werden. Er stellt insofern fest, dass das von den Fachministern der Länder beschlossene Konzept zur Konkretisierung der in der Richtlinie 2012/18/EU genannten Schutzobjekte in der Musterbauordnung mit der vorgesehenen Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vereinbar ist und diese ergänzt.

Begründung:

Die Frage, was ein benachbartes Schutzobjekt ist, kann im Störfallrecht und im Baurecht nur einheitlich beantwortet werden, da nicht vermittelbar wäre, wenn die Schutzbedürftigkeit zum Beispiel einer Wohngebietsbegegnungsstätte davon abhängig wäre, ob diese in der Nähe eines Betriebsbereichs geplant werden soll oder ob ein Betriebsbereich in der Nähe einer Begegnungsstätte verändert werden soll. Daher müssen im Störfallrecht und im Baurecht einheitliche Maßstäbe angelegt werden.

Die Länder sind bei ihrem Konzept zur Umsetzung des Artikels 15 der Richtlinie 2012/18/EU davon ausgegangen, dass der in Artikel 13 der Richtlinie 2012/18/EU verwendete Begriff des Wohngebiets nicht als Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung verstanden werden kann und haben daher entschieden, auch größere Einzelwohnbauvorhaben in der Nähe von Betriebsbereichen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterziehen. [Die Verwendung der Wörter "überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete" in § 3 Absatz 5d BImSchG-E verdeutlicht, dass jedenfalls kleinere Wohngebäude keine Schutzobjekte in diesem Sinn sind, da ein einzelnes Gebäude kein Gebiet sein kann.]*

Auch hinsichtlich des Schutzobjekts "öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete" in § 3 Absatz 5d BImSchG-E geht der Bundesrat davon aus, dass Einzelgebäude nur erfasst sind, wenn sie für die gleichzeitige Anwesenheit einer vergleichbar großen Zahl von Besuchern bestimmt sind.

*[ ... ] entfällt bei Annahme mit Ziffer 11

16. Zu Artikel 1 Nummer 2

Begründung:

Anpassung an den Wortlaut der einschlägigen Richtlinien. Sowohl Artikel 15 Absatz 1 der Seveso-III-Richtlinie (2012/18/EU) als auch Artikel 24 Absatz 1 der Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) sehen eine Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit vor. Dies steht auch im Einklang mit den Beteiligungspflichten der UN ECE Aarhus-Konvention. Darüber hinausgehende Anforderungen sollten daher vermieden werden.

17. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b (§ 15 Absatz 2a Satz 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b ist in § 15 Absatz 2a Satz 1 vor dem Wort "Anlage" das Wort "genehmigungsbedürftigen" einzufügen.

Begründung:

Es handelt sich um eine Klarstellung, dass § 15 Absatz 2a BImSchG ausschließlich für genehmigungsbedürftige Anlagen heranzuziehen ist.

18. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b (§ 15 Absatz 2a Satz 2 - neu - BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b ist in § 15 Absatz 2a nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Insoweit kann die zuständige Behörde auch ein Gutachten zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands fordern."

Begründung:

Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf ist nicht eindeutig, ob die Behörde oder der Betreiber den angemessenen Sicherheitsabstand ermitteln muss. Ginge man davon aus, dass diese Ermittlung eine Aufgabe der Behörde ist, müsste diese einen Gutachter beauftragen und in den meisten Fällen ein Vergabeverfahren durchführen. Selbst wenn die Kosten für das Gutachten dem Betreiber auferlegt werden können, wird durch die Vergabe des Gutachtens ein nicht unerheblicher Mehraufwand für die Behörde entstehen. Da der Sicherheitsabstand anhand anlagenspezifischer Faktoren bestimmt wird und bei dessen Ermittlung wertende Elemente keine Rolle spielen, spricht nichts dagegen, dass die Pflicht zur Ermittlung des Sicherheitsabstands den Betreibern auferlegt wird. Die Behörde bleibt allerdings zuständig für die Festlegung des Sicherheitsabstandes und überprüft das vom Betreiber vorgelegte Gutachten auf dessen Richtigkeit.

19. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b (§ 15 Absatz 2a Satz 3 - neu -, 4 - neu BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b sind dem § 15 Absatz 2a folgende Sätze anzufügen:

"Der Inhalt dieser Mitteilung ist der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Wird kein Genehmigungsverfahren nach § 16a durchgeführt, macht die zuständige Behörde dies in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standorts des Betriebsbereichs verbreitet sind, öffentlich bekannt."

Begründung:

Der Öffentlichkeit müssen auch für den Fall, dass bei genehmigungsbedürftigen Anlagen eine Änderungsgenehmigung nicht erforderlich ist, weil der angemessene Sicherheitsabstand eingehalten w i.d.R. chtschutzmöglichkeiten gewährt werden. Diese können die Betroffenen nur wahrnehmen, wenn das Ergebnis der Prüfung der Behörde öffentlich bekannt gemacht wird.

20. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 16a Satz 1 BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 5 sind in § 16a Satz 1 die Wörter "unterschritten wird" durch die Wörter "erstmalig unterschritten wird oder der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand weiter unterschritten wird" zu ersetzen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht als Tatbestandsvoraussetzungen lediglich vor, dass "... durch die störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand ..." unterschritten wird.

Daher würde in Fällen, in denen der angemessene Sicherheitsabstand vor einer störfallrelevanten Änderung bereits unterschritten war, die Anwendung von § 16a nicht ausgelöst.

Der Vorschlag gewährleistet somit eine notwendige Klarstellung.

21. Zu Artikel 1 Nummer 5, 7 und 10 (§ 16a Satz 2, § 19 Absatz 4 Satz 5, § 23b Absatz 1 Satz 2 BImSchG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

*vgl. hierzu auch Ziffern 25, 27

Begründung:

Der Verweis auf die Richtlinie 2012/18/EU dient der Klarstellung. Mit der stärkeren Anlehnung an den Wortlaut der Richtlinienbestimmung soll verdeutlicht werden, dass sich das "Abstandsgebot" an behördliche Stellen richtet und es sich bei der räumlichen Trennung von Betriebsbereichen und Schutzobjekten um ein Ziel handelt, dessen Erreichung langfristig angestrebt wird.

Ferner werden die Wörter "durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen" durch die Wörter "angemessen berücksichtigt" ersetzt. Wie der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 15. September 2011 in der Rechtssache C-53/10 ("Mücksch") entnommen werden kann, genügt es, wenn die Risiken der störfallrelevanten Änderung (im Urteil des EuGH der "Ansiedelung") im Rahmen der Abwägung gebührend gewürdigt worden sind.

22. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 16a Satz 2 BImSchG), Nummer 7 (§ 19 Absatz 4 Satz 5 BImSchG), Nummer 10 (§ 23b Absatz 1 Satz 2 BImSchG)

Der Bundesrat stellt fest, dass die in den §§ 16a, 19 Absatz 4 und 23b Absatz 1 BImSchG vorgesehene Möglichkeit zur Abschichtung auf vorgelagerte Planverfahren sowohl die Planung von Betriebsbereichen als auch die Planung von benachbarten Schutzobjekten umfasst, wenn in diesen Planverfahren dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

Begründung:

Der angemessene Sicherheitsabstand ergibt sich als Abstand zwischen Betriebsbereich und benachbartem Schutzobjekt. Durch vorgelagerte Planverfahren - für Betriebsbereiche oder benachbarte Schutzobjekte - kann dieser Abstand festgelegt werden. Die Rechtsprechung des EuGH fordert, dass eine Berücksichtigung angemessener Abstände auf planerischer Ebene oder auf Ebene der Vorhabenzulassung stattfinden müsse. Der Verzicht auf die Berücksichtigung des angemessenen Abstands im Zulassungsverfahren wird dadurch möglich, dass man sich mit den ansonsten auf Ebene der Zulassung zu klärenden Fragen bereits im Planverfahren beschäftigt hat. Das Planverfahren muss dann nah an der konkreten Vorhabenzulassung liegen und verbindliche Vorgaben machen. Dies ist im Bebauungsplanverfahren dann der Fall, wenn dem Abstandsgebot bereits im Bebauungsplan Rechnung getragen wurde. Aus den entsprechenden Festsetzungen und aus der Begründung ergibt sich die Berücksichtigung des Abstands.

Da dem Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplan keine Verbindlichkeit in Bezug auf die Vorhabenzulassung zukommt und auf dieser Planungsebene die konkreten Vorhaben regelmäßig nicht bekannt sind, kann insofern auf den Flächennutzungsplan nicht Bezug genommen werden.

23. Zu Artikel 1 Nummer 5, 6, 7 und 10 (§ 16a, § 17 Absatz 4, § 19 Absatz 4, § 23a und § 23b BImSchG)*

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eine klarstellende Regelung zum Bestandsschutz aufzunehmen.

Begründung:

In § 16a, § 17 Absatz 4, § 19 Absatz 4 sowie § 23a und § 23b BImSchG ist unter anderem geregelt, dass eine Genehmigung erforderlich ist, wenn durch die Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird.

Um klarzustellen, dass der Bestandsschutz hier Anwendung findet, sollte eine Regelung bestimmen, dass Genehmigungen nur erforderlich sind, wenn der angemessene Sicherheitsabstand zu Schutzobjekten durch das Vorhaben erstmals unterschritten wird oder der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand sich weiter verringert.

Mit einer solchen klarstellenden Regelung wäre gewährleistet, dass in den Fällen von geplanten Anlagenänderungen in vorhandenen Betriebsbereichen, in denen der angemessene Abstand bereits heute unterschritten ist, alleine hierdurch keine Genehmigungen erforderlich sind, soweit sich keine gegenüber dem Bestand nachteilige Auswirkung auf den Sicherheitsabstand ergibt. Damit besteht nicht das Risiko, dass bisher gebundene Genehmigungen oder bisher nicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Vorhaben, die zu keiner Änderung des angemessenen Abstandes des Betriebsbereiches führen, versagt werden.

Bereits heute ist an einer erheblichen Anzahl von Standorten - meist historisch bedingt - der angemessene Abstand zu den Schutzobjekten (z.B. Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden, Hauptverkehrswege) sehr gering oder bereits unterschritten. Um sicherzustellen, dass an solchen bestehenden Industriestandorten in Gemengelagen mit Schutzobjekten auch weiterhin industrielle Entwicklungen möglich bleiben, ist das Gesetz um eine klarstellende Regelung zu ergänzen.

* Sachzusammenhang mit Ziffern 20, 25, 27; ist bei Annahme mit Ziffer 30 redaktionell anzupassen

24. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a - neu - (§ 17 Absatz 1b - neu - BImSchG)

In Artikel 1 ist Nummer 6 wie folgt zu fassen:

'6. § 17 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist bisher nicht geregelt, wenn eine geltende Verwaltungsvorschrift in Anwendung von § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen vorsieht, als in den BVT-Schlussfolgerungen genannt sind. Die Entscheidung der Behörde beruht dann auf dem Vorsorgegrundsatz nach § 17 Absatz 1 Satz 1 und wird daher nicht von § 17 Absatz 1a erfasst. Die Öffentlichkeitsbeteiligung und Einwendungsbefugnis nach § 17 Absatz 2b Satz 3 sind durch den Verweis auf Absatz 2a nur vorgesehen, wenn eine Verwaltungsvorschrift nach § 12 Absatz 1a keine Anforderungen vorsieht. Eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b sieht jedoch entsprechende Anforderungen vor.

Aus Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2010/75/EG folgt, dass auch nach der Umsetzung der BVT-Schlussfolgerung über eine Verwaltungsvorschrift (sogenannte "binding rule") eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden muss, wenn die Behörde im Anwendungsbereich einer geltenden Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen will. Diese Regelungslücke muss geschlossen werden.

25. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 17 Absatz 4 Satz 2 BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 6 ist in § 17 Absatz 4 Satz 2 das Wort "unterschritten" durch die Wörter "erstmalig unterschritten oder wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand weiter unterschritten" zu ersetzen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht als Tatbestandsvoraussetzungen lediglich vor, dass "... durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand ..." unterschritten wird.

Daher würde in Fällen, in denen der angemessene Sicherheitsabstand vor einer störfallrelevanten Änderung bereits unterschritten war, die Anwendung von § 17 Absatz 4 nicht ausgelöst.

Der Vorschlag gewährleistet somit eine notwendige Klarstellung.

26. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 17 Absatz 4 Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 6 sind in § 17 Absatz 4 Satz 2 die Wörter ", wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist" zu streichen.

*vgl. hierzu auch Ziffern 20, 27

Begründung:

Der vorgeschlagene letzte Halbsatz in § 17 Absatz 4 Satz 2 BImSchG ist missverständlich. Wenn durch die störfallrechtliche Änderung der angemessene Sicherheitsabstand unterschritten wird, ist nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b i.V.m. Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b ein (störfallrechtliches) Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Die Möglichkeit, durch eine abschließend bestimmte Anordnung nach § 17 Absatz 1 BImSchG ein solches Genehmigungsverfahren zu "ersetzen", besteht europarechtlich nicht. Ein solches Genehmigungsverfahren ist nur im Falle des § 23b Absatz 1 Satz 2 BImSchG entbehrlich.

27. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 19 Absatz 4 Satz 1 BImSchG)*

In Artikel 1 Nummer 7 ist § 19 Absatz 4 Satz 1 wie folgt zu fassen:

"Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereich ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird oder der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand weiter unterschritten wird."

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht als Tatbestandsvoraussetzungen lediglich vor, dass "... durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand ..." unterschritten wird.

Daher würde in Fällen, in denen der angemessene Sicherheitsabstand vor einer störfallrelevanten Änderung bereits unterschritten war, die Anwendung von § 19 Absatz 4 nicht ausgelöst.

Der Vorschlag ergibt sich auch aus Artikel 11 der Seveso-III-Richtlinie, wonach "... erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ..." zur Einstufung als (störfallrelevante) Änderung führt und i.V.m. Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b der Seveso-III-Richtlinie die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig einzubinden ist.

Der Vorschlag gewährleistet somit eine notwendige Klarstellung.

*vgl. hierzu auch Ziffern 20, 25

28. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 19 Absatz 4 Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 7 sind in § 19 Absatz 4 Satz 2 die Wörter "mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6" zu streichen.

Begründung:

Der Bundesrat hält auch im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren, die auf Grund einer störfallrelevanten Änderung im Sinne von § 16a im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 durchzuführen sind, die Möglichkeit der Durchführung eines Erörterungstermins für sinnvoll. Die Regelung zur Durchführung eines fakultativen Erörterungstermins in § 10 Absatz 6 BImSchG hat sich bewährt und sollte auch in den Fällen des § 16a BImSchG gegeben sein. Sofern eine größere Zahl an Einwendungen vorliegt, kann die Behörde im Interesse der Befriedung und der Verfahrensökonomie einen Erörterungstermin durchführen, wenn sie dies für sachdienlich hält. Liegen keine oder nur wenige Einwendungen mit geringer Bedeutung vor, wird die Behörde auf die Durchführung eines Erörterungstermins verzichten.

29. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 19 Absatz 4 Satz 3 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 7 ist § 19 Absatz 4 Satz 3 zu streichen.

Begründung:

Die Begrenzung der Personen, die Einwendungen erheben können, ist nicht sachgerecht. Durch deren Streichung verringert sich der Aufwand für die Behörden, da nicht geprüft werden muss, ob ein konkreter Einwender betroffen ist.

Des Weiteren wird die Rechtssicherheit für den Vorhabenträger erhöht, da niemand im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung fälschlicherweise ausgeschlossen wird, der zur betroffenen Öffentlichkeit zählt.

Zudem verstößt es gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn sachlich gerechtfertigte Hinweise einer nicht einwendungsbefugten Person unberücksichtigt bleiben.

Eine Öffnung des Kreises der Mitwirkungsberechtigten zu Gunsten der allgemeinen Öffentlichkeit führt auch nicht zur Erweiterung des Kreises der potenziell Klageberechtigten, denn insoweit gelten die besonderen Klagevoraussetzungen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes bzw. der VwGO.

30. Hauptempfehlung zu Ziffer 47

Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23a BImSchG)* In Artikel 1 Nummer 10 ist § 23a zu streichen.

Folgeänderungen:

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

* ist bei Annahme mit Ziffer 40 redaktionell anzupassen

Begründung:

§ 23a geht über das europarechtlich Gebotene hinaus und ist daher zu streichen. Die Seveso-III-Richtlinie selbst enthält keine Regelung zur Einführung eines Anzeige- bzw. Vorverfahrens. Dieses Anzeigeverfahren würde lediglich unnötige Kosten für Unternehmen und Behörden verursachen und zu Verzögerungen bei der Durchführung des Vorhabens führen.

31. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23a Absatz 1 Satz 3 - neu - BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 ist in § 23a Absatz 1 nach Satz 2 folgender Satz einzufügen:

"Insoweit kann die zuständige Behörde auch ein Gutachten zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands fordern."

Begründung:

Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf ist nicht eindeutig, ob die Behörde oder der Betreiber den angemessenen Sicherheitsabstand ermitteln muss. Ginge man davon aus, dass diese Ermittlung eine Aufgabe der Behörde ist, müsste diese einen Gutachter beauftragen und in den meisten Fällen ein Vergabeverfahren durchführen. Selbst wenn die Kosten für das Gutachten dem Betreiber auferlegt werden können, wird durch die Vergabe des Gutachtens ein nicht unerheblicher Mehraufwand für die Behörde entstehen. Da der Sicherheitsabstand anhand anlagenspezifischer Faktoren bestimmt wird und bei dessen Ermittlung wertende Elemente keine Rolle spielen, spricht nichts dagegen, dass die Pflicht zur Ermittlung des Sicherheitsabstands den Betreibern auferlegt wird. Die Behörde bleibt allerdings zuständig für die Festlegung des Sicherheitsabstandes und überprüft das vom Betreiber vorgelegte Gutachten auf dessen Richtigkeit.

32. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23a Absatz 2 Satz 4 - neu - BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 ist dem § 23a Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Der Träger des Vorhabens darf die Errichtung und Betrieb oder die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitteilt, dass sein Vorhaben keiner Genehmigung bedarf."

Begründung:

Die vorgeschlagene Ergänzung in § 23a Absatz 2 BImSchG dient der Klarstellung und Rechtssicherheit und ist an § 15 Absatz 2 BImSchG angelehnt. Der Vorhabenträger darf mit dessen Realisierung erst beginnen, wenn die zuständige Behörde ihm gegenüber durch Verwaltungsakt festgestellt hat, dass für sein Vorhaben keine Genehmigung nach § 23b BImSchG erforderlich ist. Ansonsten bleibt ihm die Option nach § 23a Absatz 3 BImSchG, trotz Einhaltung des angemessenen Sicherheitsabstands für sein Vorhaben freiwillig eine Genehmigung zu beantragen.

33. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23a und § 23b BImSchG),* Nummer 11 (§ 25 Absatz 1a BImSchG), Nummer 12 (§ 25a BImSchG)

Der Bundesrat stellt fest, dass in den §§ 23a, 23b, 25 Absatz 1a und § 25a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes keine einheitliche Terminologie in Bezug auf die angesprochene Behörde, die für die Entgegennahme von Anzeigen oder für die Durchführung von Öffentlichkeitsbeteiligungs- oder störfallrelevanten Genehmigungsverfahren zuständig ist, verwendet wird. Der Bundesrat geht davon aus, dass sowohl dann, wenn von "zuständiger Behörde", als auch wenn von "Genehmigungsbehörde" die Rede ist, stets die für die Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens zuständige Behörde gemeint ist und nicht etwa die Behörde, die für die Durchführung eines anderen Genehmigungsverfahrens, beispielsweise nach Bauordnungsrecht, zuständig ist.

34. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23b Absatz 1 Satz 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 sind in § 23b Absatz 1 Satz 1 nach den Wörtern "genehmigungsbedürftigen Anlage" die Wörter ", die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereiches ist," einzufügen.

* ist bei Annahme mit Ziffer 30 redaktionell anzupassen

Begründung:

Klarstellung des Gewollten. Die vorgesehene Genehmigungspflicht kann sich nur auf Bereiche von Betrieben beziehen, die in den Anwendungsbereich der Seveso-III-Richtlinie fallen. Diese sind durch § 3 Absatz 5a als Betriebsbereich definiert.

35. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23b Absatz 1 Satz 5 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 sind in § 23b Absatz 1 Satz 5 nach dem Wort "Vorschriften" die Wörter "und Belange des Arbeitsschutzes" einzufügen.

Begründung:

Hierdurch erfolgt eine Anlehnung an den Sprachgebrauch des § 6 Absatz 1 Nummer 2 BImSchG, der Arbeitsschutz soll dadurch hervorgehoben und gestärkt werden.

36. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23b Absatz 2 Satz 3 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 sind in § 23b Absatz 2 Satz 3 die Wörter "Personen, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des UmweltRechtsbehelfsgesetzes erfüllen, können" durch die Wörter "Die Öffentlichkeit kann" zu ersetzen.

Begründung:

Die Begrenzung der Personen, die Einwendungen erheben können, ist nicht sachgerecht. Durch deren Streichung verringert sich der Aufwand für die Behörden, da nicht geprüft werden muss, ob ein konkreter Einwender betroffen ist.

Des Weiteren wird die Rechtssicherheit für den Vorhabenträger erhöht, da niemand im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung fälschlicherweise ausgeschlossen wird, der zur betroffenen Öffentlichkeit zählt.

Zudem verstößt es gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn sachlich gerechtfertigte Hinweise einer nicht einwendungsbefugten Person unberücksichtigt bleiben.

Eine Öffnung des Kreises der Mitwirkungsberechtigten zu Gunsten der allgemeinen Öffentlichkeit führt auch nicht zur Erweiterung des Kreises der potenziell Klageberechtigten, denn insoweit gelten die besonderen Klagevoraussetzungen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes bzw. der VwGO.

37. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23b Absatz 4 Satz 3, 4, 5 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 ist § 23b Absatz 4 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die bisherigen Sätze 4 und 5 des Absatzes 4 stehen im Zusammenhang mit der Entscheidungsfrist des Satzes 2 und sollten deshalb im Gesetzestext direkt hinter diesem stehen. Der Verweis auf § 10 Absatz 7 Satz 1 im bisherigen Satz 3 weist hingegen keinen Zusammenhang mit der Entscheidungsfrist auf und sollte daher ans Ens Absatzes rücken.

38. Hauptempfehlung zu Ziffer 39

Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23c BImSchG)

Artikel 1 Nummer 10 ist wie folgt zu ändern:

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist in der Inhaltsübersicht die Angabe zu § 23c zu streichen.

Begründung:

Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die Verweisung der störfallrelevanten Tatbestände im Falle einer gleichzeitigen Betriebsplanpflicht nach dem BBergG auf das bergrechtliche Verfahren europarechtskonform ist. Das Betriebsplanzulassungsverfahren nach § 50 BBergG erfolgt nur in seltenen Fällen als Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Dieses ist für die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans nur dann vorgesehen, wenn hierfür eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist, §§ 52 Absatz 2a, 57a BBergG. Wann ein bergrechtliches Verfahren einer UVP bedarf, richtet sich (ausschließlich) nach der UVP-V Bergbau. Die hier in Rede stehenden Tatbestände sind dort allenfalls rudimentär abgebildet. Hieran ändert auch der neue Artikel 2 des Gesetzentwurfes nichts, der einen neuen " § 3d UVP-Pflicht bei Störfallrisiko" und eine entsprechende Ergänzung der Anlage 2 zum UVPG vorsieht. Unabhängig von dem grundsätzlichen Konkurrenzverhältnis zwischen UVPG und den bergrechtlichen Sonderregelungen, enthält § 3d UVPG - neu - lediglich eine Präzisierung im Hinblick auf die allgemeine Vorprüfung im Einzelfall, schafft aber selbst keine neuen UVP-pflichtigen Tatbestände.

39. Hilfsempfehlung zu Ziffer 38

Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 23c BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 10 sind in § 23c nach dem Wort "erforderlich" die Wörter "und diese gemäß § 52 Absatz 2a Satz 1 des Bundesberggesetzes mit einem Planfeststellungsverfahren verbunden" einzufügen.

Begründung:

Die Ausnahmeregelung gemäß § 23c für Vorhaben, die keiner bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, aber einer Betriebsplanpflicht nach dem Bundesberggesetz unterliegen, begegnet bezüglich ihrer Europarechtskonformität Bedenken. Das Zulassungsverfahren zum Betriebsplan - gegebenenfalls unter Beteiligung anderer Behörden und Gemeinden - richtet sich grundsätzlich nach § 54 des Bundesberggesetzes. Die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe der §§ 57a und 57b des Bundesberggesetzes ist gemäß § 52 Absatz 2a Satz 1 des Bundesberggesetzes nur bei Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen, wenn ein Vorhaben nach § 57c des Bundesberggesetzes einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung richtet sich nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben. Das Planfeststellungsverfahren tritt dann an die Stelle des Verfahrens nach den §§ 54 und 56 Absatz 1 des Bundesberggesetzes.

40. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe c (§ 25 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe c ist § 25 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 zu streichen.

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe c ist die Nummernbezeichnung "2." zu streichen.

Begründung:

Eine nicht fristgerechte Übermittlung von Mitteilungen, Berichten oder sonstigen Informationen darf nicht gleich zu einer Untersagung der Inbetriebnahme oder Weiterführung einer Anlage bzw. einer Betriebsuntersagung führen. Eine derartige Vorgabe ist unverhältnismäßig.

41. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 25a Satz 2 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 12 sind in § 25a Satz 2 die Wörter "oder die Nachbarschaft" durch die Wörter ", die Nachbarschaft oder die Umwelt" zu ersetzen.

Begründung:

Der Regelungsgegenstand der Seveso-III-Richtlinie umfasst gemäß Artikel 1 auch die Umwelt.

Nach Artikel 5 Absatz 1 der Seveso-III-Richtlinie sollen Betreiber zum Schutz der Umwelt verpflichtet werden.

42. Zu Artikel 1 Nummer 13 Buchstabe b (§ 31 Absatz 2a Satz 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 13 Buchstabe b sind in § 31 Absatz 2a Satz 1 die Wörter "Anlagen eines Betriebsbereichs" durch die Wörter "Anlagen, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs sind," zu ersetzen.

Begründung:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an den Gesetzestext (z.B. § 3 Absatz 5b BImSchG-E).

43. Zu Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe a (§ 48 Absatz 1 Nummer 6 BImSchG)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Technische Anleitung Abstand, die bundeseinheitliche Vorgaben zur Bewertung und Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands für die zuständigen Behörden beinhalten soll, schnellstmöglich zu erlassen.

Begründung:

Derzeit findet im Verwaltungsvollzug der Leitfaden "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG" (KAS-18) der Kommission für Anlagensicherheit Anwendung. Dieser Leitfaden wurde jedoch ursprünglich für die Abstandsermittlungen im Rahmen der Bauleitplanung und nicht bei Einzelfallzulassungen erarbeitet.

Um einen bundesweit einheitlichen und rechtssicheren Verwaltungsvollzug auch für die Einzelfallzulassungen zu gewährleisten, ist daher der schnelle Erlass der Technischen Anleitung Abstand erforderlich.

44. Zu Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe b (§ 48 Absatz 1a Satz 1 und 2 - neu - BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe b ist § 48 Absatz 1a wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die vorgeschlagene Änderung dient der Klarstellung, dass hier nicht die zuständige Behörde angesprochen ist, im Genehmigungsbescheid für Neuanlagen die Emissionsbandbreite der BVT-Schlussfolgerungen zu berücksichtigen, wenn eine noch gültige Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte vorsieht. Die Behörde darf nach § 12 Absatz 1a nur unmittelbar auf die Emissionsbandbreiten der BVT-Schlussfolgerungen zurückgreifen, wenn die Bindung an die Verwaltungsvorschrift vom zuständigen Bundesministerium aufgehoben wurde.

45. Zu Artikel 1 Nummer 15 (§ 50 BImSchG)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit eine Normierung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 15. September 2011, Az. C-53/10) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012, Az. 4 C 11/11) zum Abstandsgebot der Seveso-III-Richtlinie im nationalen Recht rechtlich erforderlich ist und wie eine solche Regelung aussehen müsste.

Begründung:

Die derzeit geltende Regelung des § 50 BImSchG fordert lediglich, dass bei raumbedeutsamen Planungen den Abstandsanforderungen der Seveso-IIIRichtlinie Rechnung getragen wird. Der EuGH hat in seinem Urteil aus 2011 jedoch festgestellt, dass die Abstandsanforderungen auch im Rahmen von Einzelfallzulassungen berücksichtigt werden müssen, wenn dies auf der planerischen Ebene noch nicht erfolgt ist. Die Behörde hat hierbei einen Abwägungsspielraum und kann z.B. sozioökonomische Faktoren in die Abwägung mit einbeziehen. Die Rechtsprechung des BVerwG knüpft diese Abwägung rechtlich an die Regelungen der §§ 34 und 35 BauGB an, insbesondere an das Rücksichtnahmegebot. Es ist insbesondere fraglich, ob ohne gesetzliche Normierung nicht eine Regelungslücke für die Genehmigungsverfahren in Betriebsbereichen besteht, die keine bauliche Änderung beinhalten (z.B. bei einer reinen Erhöhung der Lagermengen von Stoffen, die störfallrelevant ist).

46. Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe c (§ 61 Absatz 2 Satz 1 BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe c sind in § 61 Absatz 2 Satz 1 die Wörter "nach dessen Vorgaben" zu streichen.

Begründung:

Der Bundesrat legt bei der EU-rechtlich geforderten Berichterstattung Wert auf eine konstruktive und kooperative Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern. Daher sollte die Übermittlung der Daten auch künftig in gegenseitiger, frühzeitiger Absprache erfolgen.

47. Hilfsempfehlung zu Ziffer 30

Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe b (§ 62 Absatz 2 Nummer 1b BImSchG)

In Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe b sind in § 62 Absatz 2 Nummer 1b die Wörter ", nicht vollständig" zu streichen.

Begründung:

Hier besteht ein Regelungswiderspruch. Die Vervollständigung der notwendigen Unterlagen für das Anzeigeverfahren erfolgt gemäß § 23a Absatz 1 Satz 4 im Dialog mit der zuständigen Behörde. Die vorgeschlagene Erweiterung der Ordnungswidrigkeitentatbestände auf unvollständige Anzeigen sollte daher gestrichen werden.

48. Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung)

Die vorgeschlagene Änderung des UVPG führt zu einer Ausweitung der UVPPflicht auf benachbarte Schutzobjekte, die einer Vorprüfung des Einzelfalls unterliegen.

Die Auffassung, dass das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren nach § 9 UVPG den Anforderungen des Artikels 15 der Seveso-III-Richtlinie entspricht (siehe Seite 11 der Vorlage), ohne darüber hinauszugehen, teilt der Bundesrat nicht. Durch den Verweis des § 9 UVPG auf § 73 VwVfG ergäbe sich hieraus zum Beispiel, dass ein Erörterungstermin durchgeführt werden müsste. Einen solchen fordert die Seveso-III-Richtlinie jedoch nicht. In den Fällen, in denen eine Vorprüfung erfolgt, dürfte sich zudem der Entscheidungsspielraum erheblich verringern, um unter Berücksichtigung von Katastrophen, Klimawandel etc., ausschließen zu können, dass sich die Folgen eines etwaigen Störfalls zumindest verschlimmern könnten. In der Praxis dürfte die vorgeschlagene Regelung daher dazu führen, dass für faktisch jedes Vorhaben innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, auch wenn ansonsten keine Umweltbelange berührt werden.

Mit Artikel 15 der Richtlinie 2012/18/EU (Seveso-III-Richtlinie) wird zwar eine Öffentlichkeitsbeteiligung für Entwicklungen in der Nachbarschaft von Störfallbetrieben gefordert, eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist jedoch weder direkt, noch indirekt - z.B. durch Verweis auf die UVP-Richtlinie - vorgesehen. Dies scheint der Richtliniengeber auch nicht beabsichtigt zu haben, da ansonsten eine Bezugnahme auf die Richtlinie nahegelegen hätte, wie bei der Regelung zur Öffentlichkeitsbeteiligung für umweltbezogene Pläne und Programme auch geschehen (Artikel 15 Absatz 6 mit direkter Bezugnahme auf die Richtlinie 2003/35/EG und die Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie)). Vielmehr obliegt es gemäß Artikel 15 Absatz 7 den Mitgliedstaaten, die Vorkehrungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und zur Anhörung der betroffenen Öffentlichkeit selbst festzulegen.

Der Bundesrat bittet daher, das Verfahren zur Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit im weiteren Gesetzgebungsverfahren ohne zusätzliche Verschärfungen umzusetzen, um bürokratischen Mehraufwand sowie zeit- und kostenintensivere Verfahren so weit wie möglich zu vermeiden.

49. Zu Artikel 3 (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2b UmwRG)

In Artikel 3 ist § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2b wie folgt zu fassen:

"2b. Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die als benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gelten und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;"

Begründung:

Die Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU gebietet lediglich, dass für die Verfahren, die in den Schutzbereich der Richtlinie fallen, auch ein Gerichtszugang gewährt wird. Würde tatsächlich jedes bauliche Vorhaben, wie es der Gesetzentwurf vorsieht, dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unterworfen, würde auch jeder Dachgeschossausbau in einem bereits bestehenden Wohngebäude ein Verbandsklagerecht auslösen. Dieser Maßstab entspricht nicht dem Maßstab, den das Bundes-Immissionsschutzgesetz bei der Definition der benachbarten Schutzobjekte anlegt, aber auch nicht dem Maßstab, der derzeit beim Vollzug des Bauordnungsrechts angelegt wird. Es ist daher sachgerecht, auch hier auf die Definition des benachbarten Schutzobjektes des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen.

B