Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Mobilisierung der Informations- und Kommunikationstechnologien für die Erleichterung des Übergangs zu einer energieeffizienten und kohlendioxidarmen Wirtschaft KOM (2009) 111 endg.; Ratsdok. 7566/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 17. März 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 12. März 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 12. März 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 334/08 (PDF) = AE-Nr. 080368,
Drucksache 221/09 (PDF) = AE-Nr. 090219 und
Drucksache 237/09 (PDF) = AE-Nr. 090227

1. Einleitung

Im Dezember 2008 bekräftigte die Europäische Union die von ihr eingegangene Verpflichtung1, ihre Ziele im Hinblick auf Energieeinsparungen und die Senkung der Kohlendioxidemissionen bis 2020 zu erfüllen, und hob die Dringlichkeit hervor, verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz2 zu unternehmen. Die Energieeffizienz steht im Mittelpunkt der Bemühungen der EU zur Bewältigung der Probleme im Zusammenhang mit der Energiesicherheit und dem Klimawandel3. Angesichts der jüngsten Finanzkrise und des Abschwungs der europäischen Wirtschaft sind Effizienzgewinne beim Energie- und Ressourceneinsatz sogar noch wichtiger geworden.

Die Neuausrichtung der technologischen Innovation auf die Herausforderungen eines energieeffizienten und kohlenstoffarmen Wachstums wird Europa dabei helfen, auf einer tragfähigeren Grundlage aus der Wirtschaftskrise hervorzugehen. Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) haben bekanntermaßen das Zeug, große Energieeinsparungen zu ermöglichen und in allen Bereichen der Gesellschaft, Regierung und Wirtschaft schnell tiefgreifende Veränderungen herbeizuführen.

Benötigt wird dafür nun ein Politikrahmen, der die IKT in passender Weise in die Bemühungen zur Bewältigung der heutigen Krisen einbezieht. Europa hat die Gelegenheit, bei der Schaffung solcher Rahmenbedingungen eine Führungsrolle zu übernehmen, und die Herausforderung besteht darin, diese Chance auch zu ergreifen. Im Vorfeld der Klimakonferenz der Vereinten Nationen, auf der über Folgemaßnahmen zum Kyoto-Protokoll zu beschließen sein wird, befassen sich mit den IKT auch verschiedene internationale Organisationen wie die OECD4.

In dieser Mitteilung wird eine Reihe ehrgeiziger Maßnahmen vorgestellt, die sich auf Ziele konzentrieren, die kurzfristig erreicht werden können, und zwar sowohl durch den IKT-Sektor selbst als auch durch die vollständige Nutzung der Grundlagen schaffenden Funktion der IKT in allen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft. Sie bildet den Hintergrund für eine Empfehlung, welche die Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2009 anzunehmen gedenkt. Darin werden die Aufgaben, Ziele und Termine dargelegt werden, damit Wirtschaftsakteure und Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht schneller vorankommen.

2. Die mögliche Rolle Der IKT

Das Potenzial der IKT für die Verbesserung der Energieeffizienz ist allgemein anerkannt5,6.

Mangels besonderer politischer Maßnahmen zur Koordinierung des zersplitterten Vorgehens und zur Schaffung von Anreizen kann dieses Potenzial jedoch im Zeitrahmen bis 2020 möglicherweise nicht ausgeschöpft werden. Die IKT sollen hier einen zweifachen Beitrag leisten:

IKT schaffen die Grundlagen

Die IKT ermöglichen Energieeffizienzsteigerungen, indem sie die zur Erbringung einer bestimmten Dienstleistung benötigte Energiemenge verringern:

Ein gutes Beispiel dafür sind Halbleiterleuchten. Neu aufkommende Lösungen im Computerbereich wie Thin-Client8-, Grid-Rechen- oder Virtualisierungstechnologien versprechen weniger Redundanz als in heutigen Systemen.

IKT ermöglichen die Quantifizierung

Die IKT können die quantitative Basis für die Ausarbeitung, Umsetzung und Bewertung von Energieeffizienz-Strategien liefern.

Allein die Existenz der 2020-Ziele macht die genaue und überprüfbare Quantifizierung des Energieverbrauchs zu einer enorm wichtigen Angelegenheit. Die IKT-Branche ist besser als jeder andere Sektor aufgestellt, um diese Herausforderung zu meistern und die Lösungen und Instrumente bereitzustellen, die notwendig sind, damit auch andere dazu in die Lage versetzt werden.

3. Bestmöglicher IKT-Einsatz: Herausforderungen und Handlungsbedarf

Die Kommission führte eine breit angelegte Datenerfassung und -analyse11 durch, um abzuschätzen, welche Rolle die IKT spielen können, wenn es darum geht, die Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der 2020-Ziele zu unterstützen. Die gewonnenen Erkenntnisse brachten mehrere Herausforderungen ans Licht und bildeten die Grundlage für die Aufstellung von Handlungsschwerpunkten.

Die Herausforderungen Der Einsatz von IKT-Ausrüstungen bei der Erbringung von Dienstleistungen macht etwa 1,75 % der Kohlendioxidemissionen in Europa aus. Weitere 0,25 % der Kohlendioxidemissionen werden durch die Herstellung der IKT-, Haushalts- und Unterhaltungselektronikgeräte verursacht. Mit der zunehmenden Vielfalt und Verbreitung der IKT steigt auch ihr Anteil am Gesamtenergieverbrauch12.

Die anderen Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft sind für die verbleibenden 98 % der CO₂-Emissionen verantwortlich. Hier wird von der Grundlagen schaffenden Funktion der IKT der größte Beitrag zu Emissionssenkungen - einigen Berichten13 zufolge bis zu 15 % bis 2020 - sowie zu weiteren Kosteneinsparungen erwartet.

Einige IKT-Unternehmen haben sich zur Erreichung bestimmter Vorgaben für Energieeinsparungen und Emissionssenkungen verpflichtet14. Die Ziel- und Zeitvorgaben, die häufig ehrgeizig sind, unterscheiden sich jedoch stark voneinander, so dass es kaum eine gemeinsame Basis gibt, auf welcher der Sektor genau bestimmen könnte, wo genau die Chancen für Effizienzgewinne liegen und worauf die Anstrengungen konzentriert werden sollten. Darüber hinaus sind quantitative Daten über den mit Hilfe der IKT erreichten und erreichbaren Nutzen oft widersprüchlich15. Die daraus erwachsende Schwierigkeit, Energiesparlösungen vor allem auf Systemebene zu vergleichen, kann deren Übernahme geradezu verhindern.

Zur Beseitigung solcher Widersprüche wird es notwendig sein, die Mess- und Quantifizierungsmethoden für die Gesamtenergieeffizienz zu vereinheitlichen. Diese werden dann allerdings verlässliche Daten für die für die Ausarbeitung, Umsetzung und Bewertung von Energieeffizienz-Strategien liefern.

Der Handlungsbedarf Solange es keinen systematischeren Ansatz für die Messung und Quantifizierung der Gesamtenergieeffizienz der eigenen Prozesse innerhalb des gesamten IKT-Sektors gibt, besteht die ernste Gefahr, dass die tatsächlichen Vorteile der IKT übersehen oder falsch eingeschätzt werden.

Angesichts fehlender Mittel, mit denen Energieverbraucher - ob Privatpersonen, Unternehmen oder öffentliche Verwaltungen - potenzielle Energiesparstrategien der IKT und deren Kostenwirksamkeit nachprüfen und vergleichen könnten, besteht die ernste Gefahr, dass jenen Lösungen, die tatsächlich echte Vorteile bieten, durch irreführende Öffentlichkeitsarbeit (sog. "Grünwaschen" oder "Greenwashing")16 wichtige Marktanteile verloren gehen.

Um Rechtmäßigkeit, Transparenz und wirklichen Fortschritt beim IKT-Einsatz zur Steigerung der Energieeffizienz zu fördern, müssen daher zunächst gleiche Voraussetzungen geschaffen werden, und zwar aufgrund gemeinsamer Messmethoden für die Gesamtenergieeffizienz - gerade in komplexeren Systemen - und eines gemeinsamen Verständnisses der Verpflichtungen, Ziele und Methoden.

Dazu plant die Kommission eine Empfehlung, in der sie Maßnahmen darlegen wird, die den Weg ebnen, damit die IKT überall in Wirtschaft und Gesellschaft messbar und nachprüfbar zu Energieeffizienzsteigerungen und Emissionssenkungen beitragen können. Die Maßnahmen werden sich in die drei folgenden Handlungsbereiche gliedern.

4. Allgemeiner Hintergrund der Empfehlung

4.1 Verbesserung der Energie- und Kohlenstoffbilanz der IKT

Die gesamte IKT-Branche in den 27 EU-Mitgliedstaaten beschäftigt etwa 6,6 Millionen Mitarbeiter. Die IKT erhöhen die Innovationsfähigkeit aller Wirtschaftszweige und zeichnen für mehr als 40 % des gesamten Produktivitätszuwachses17 verantwortlich.

Die IKT sind heute in fast allen Teilen der europäischen Wirtschaft fest eingebettet. Als Ergebnis ihres eigenen Erfolgs macht die Verwendung von IKT-Produkten und -Diensten bereits etwa 7,8 % des Stromverbrauchs in der EU aus und dürfte bis 2020 auf 10,5 % zunehmen18.

Dem steigenden Verbrauch, der sich aus der wachsenden Nutzung von IKT-Produkten ergibt, wird mit mehreren bereits bestehenden Rechtsinstrumenten entgegengetreten. Entsprechend der Richtlinie über die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte (Ökodesign-Richtlinie)19 werden Mindestanforderungen an den Energieverbrauch bestimmter Produkte wie externer Netzteile und Computer festgelegt. Die Verordnung über das Energy-Star-Programm20 regelt die Vergabe des Energy-Star-Zeichens an die energieeffizientesten Geräte auf dem Markt und verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung anspruchsvoller Energieeffizienzkriterien bei der Beschaffung von Bürogeräten.

Andere Vorschriften wie die Umweltzeichenverordnung21 ergänzen diesen Rahmen, der die fortlaufende Verbesserung der IKT-Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus auch in Bezug auf ihre Energieeffizienz vorsieht. Der Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik22 dient der Schaffung eines integrierten und umfassenden Rahmens für die Weiterentwicklung und Verschärfung der oben genannten Maßnahmen. Darüber hinaus schreibt das EU-Recht die Minderung der von IKT-Ausrüstungen am Ende ihres Lebenszyklus verursachten Umweltauswirkungen vor23.

Der IKT-Sektor hat ein bislang nicht ausgeschöpftes Potenzial für systemische Verbesserungen und die weitere Senkung des Energieverbrauchs in den eigenen Prozessen (z.B. in Betrieb, Herstellung, Dienstleistungserbringung und Lieferkette). Mit einem systematischeren Herangehen an die Überwachung und Messung des Energieverbrauchs in jedem einzelnen Prozessschritt könnte er nachprüfbare und vergleichbare Daten liefern, auf deren Grundlage Verbesserungsmöglichkeiten aufgedeckt sowie Lösungen entwickelt und angewandt werden könnten.

Die IKT-Branche sollte aufgerufen werden, in einem kollektiven Prozess der Selbstverbesserung gemeinsame Methoden und Messinstrumente zur Erfassung von Daten über ihre eigene Energieeffizienz zu vereinbaren, realistische Ziele zu setzen und die erreichten Fortschritte zu überwachen. Dabei sollten der gesamte Lebenszyklus und die entsprechenden Umweltauswirkungen gebührend berücksichtigt werden. Die IKT-Branche sollte mit gutem Beispiel vorangehen und wird ermuntert, sich im Zusammenhang mit den europäischen 2020-Zielen selbst ehrgeizige Ziele zu setzen.

Zusätzlich zu den Umwelt- und Kostenvorteilen werden solche Bemühungen zweifellos auch zu innovativen Verfahren führen, die auch in anderen Wirtschaftszweigen angewandt werden können.

Im Mittelpunkt der Empfehlung werden die Bereiche Gebäude und Bauwesen sowie Verkehrslogistik wegen ihres relativ großen Anteils am gesamten Energieverbrauch und wegen der andauernden Bemühungen der Kommission und der Mitgliedstaaten in diesen Sektoren stehen.

4.1.1 Gebäude und Bauwesen

Auf Gebäude entfallen ungefähr 40 % Energieendverbrauchs in der EU, davon mehr als die Hälfe in Form von elektrischem Strom. In dem Sektor besteht ein erhebliches ungenutztes Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen, bei dessen Ausschöpfung der Gesamtenergieverbrauch in der EU bis 2020 um 11 % sinken könnte24.

Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie werden derzeit Durchführungsbestimmungen über die Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit der im Gebäude- und Bausektor verwendeten IKT-Produkte erlassen. Durch den Einsatz von Gebäude- und Energiemanagementsystemen, intelligenter Messtechnik, Halbleiterleuchten und Beleuchtungssteuerungssystemen, intelligenten Sensoren und Optimierungssoftware können die IKT weiter zur Ausschöpfung dieses Potenzials beitragen. Angesichts der Bedeutung zahlreicher unterschiedlicher Faktoren für die Energieeffizienz, darunter der Materialen und Technologien, sowie ihrer vielen möglichen Wechselwirkungen, erscheint die Entwicklung eines systemischen Verständnisses in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes äußerst wünschenswert. Als Teil des im November 2008 verabschiedeten Konjunkturprogramms25 schlägt die Kommission die Einrichtung von Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zur Weiterentwicklung und Demonstration umweltfreundlicher Technologien und energieeffizienter Systeme und Materialien in Gebäuden vor, um deren Energieverbrauch und Kohlenstoffemissionen stark zu senken.

Mit der vorgeschlagenen Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden soll ein allgemeiner Rahmen für Methoden zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden eingeführt werden. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie werden große Mengen an Informationen über die Merkmale des Gebäudebestands in ganz Europa anfallen26.

Solche Informationen sind eine nützliche Planungsgrundlage für den Gebäude- und Bausektor wie auch für die Politik. Außerdem bieten sie Chancen für die Entwicklung von Software-Anwendungen und -Werkzeugen im Hinblick auf die Einhaltung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.

Die IKT-Branche wird aufgefordert werden, gemeinsam mit der Bauwirtschaft diejenigen Bereiche zu ermitteln, in denen die Wirkung und Kostenwirksamkeit der IKT am größten wäre, und entsprechende Anforderungen aufzustellen. Außerdem sollten sie sich für die Interoperabilität zwischen Prüfinstrumenten und Gebäude- und Energiemanagementsystemen einsetzen, um ein systemisches Verständnis in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes zu entwickeln.

Ferner ist es möglich, über den mit der Richtlinie eingeführten methodischen Rahmen hinauszugehen und gemeinsame Methoden für die Darstellung der Daten zu vereinbaren.

Dadurch könnten die IKT für eine EU-weite Sammlung, Aggregierung und Vergleichsanalyse zu Zwecken des Leistungsvergleichs und der Politikbewertung eingesetzt werden.

4.1.2 Rationalisierung des verkehrsbedingten Energieverbrauchs dank besserer Logistik

Auf Verkehrssysteme entfallen etwa 26 % des Energieendverbrauchs in der EU. Es gibt viele Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Rationalisierung, vor allem durch eine verbesserte Logistik.

Der Aktionsplan zur Güterverkehrslogistik27 sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um der Logistik bei der Rationalisierung des Verkehrs und der Verringerung seiner Umweltauswirkungen eine größere Rolle zukommen zu lassen. Im Mittelpunkt einiger konkreter Maßnahmen des Aktionsplans für intelligente Verkehrssysteme (IVS)28 stehen die IVS-Einführung zur Förderung der Verlagerung auf andere Verkehrsträger, insbesondere auf Güterverkehrskorridore, und die Bereitstellung multimodaler Reiseplaner für den Personenverkehr, um eine erhebliche Verringerung von Staus zu ermöglichen.

Die Maßnahmen auf den Gebieten des elektronischen Güterverkehrssystems (e-Freight) und der intelligenten Verkehrssysteme (IVS) unterstreichen die große Bedeutung der IKT-Werkzeuge für die Erreichung dieser Ziele. Das Konjunkturprogramm von November 2008 sieht die Einrichtung von Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zur Entwicklung einer breiten Palette von Technologien und intelligenten Energieinfrastrukturen für den Verkehr vor.

Der IKT-Sektor sollte gemeinsam mit dem Verkehrslogistiksektor entsprechend dem Aktionsplan29 an den Möglichkeiten für verbesserte und erweiterte Informationen weiterarbeiten. Sinnvolle Informationen über Energieverbrauch und Kohlendioxidemissionen im Güterverkehr sollten all jenen Unternehmen gegeben werden, die in ihrer geschäftlichen Tätigkeit auf den Güterverkehr angewiesen sind.

In dem Maße, wie solche Informationen dank des breiteren IVS-Einsatzes verfügbar werden, kommt es darauf an, dass diese in standardisierter Weise gesammelt, dargestellt und aggregiert und allen potenziellen Nutzern zugänglich gemacht werden: von Privatpersonen über Unternehmen, die den Güterverkehr nutzen, bis hin zu öffentlichen Verwaltungen und politischen Entscheidungsträgern.

4.2 Förderung dauerhafter Verhaltensänderungen der Verbraucher, Unternehmen und Kommunen

4.2.1 Energieendverbrauch

Durch eine intelligente Verbrauchsmessung kann ein zweiseitiger Informationsfluss in Echtzeit zwischen Netzbetreibern, Energieversorgern und Verbrauchern hergestellt werden, der es allen Seiten ermöglicht, ihren Energiebrauch und die damit verbundenen Kosten besser zu verwalten und zu steuern. Außerdem können dadurch Regelkreise für die Fernsteuerung von Geräten eingebaut werden. Von einer solchen Umsetzung profitieren Netzbetreiber, Versorger und Verbraucher.

Intelligente Verbrauchszähler geben genauere Informationen über die Verbrauchernachfrage, mit deren Hilfe die Netzbetreiber wiederum ihre Netze besser verwalten und so Verluste verringern können. Ferner können mit ihrer Hilfe nachfrageseitige Elastizitätsmechanismen eingerichtet werden, um die Nachfrage zu Spitzenzeiten zu verringern und dadurch unnötige Investitionen in zusätzliche Kapazitäten zu vermeiden. Außerdem können die Versorger diese Informationen zur Preisgestaltung nutzen und für Energie, die zu unterschiedlichen Uhrzeiten verbraucht wird, auch unterschiedliche Kosten berechnen.

Dank intelligenter Verbrauchsmessung können den Verbrauchern umfassende Informationen über ihren Energieverbrauch und die entsprechenden Kosten gegeben werden30, damit diese in den Genuss der Vorteile des Energiebinnenmarktes kommen können. Wie die Ergebnisse der in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Feldversuche belegen, kann durch die Einführung intelligenter Verbrauchszähler je nach den Gegebenheiten und der Qualität der den Verbrauchern gegebenen Informationen der Energieverbrauch um bis zu 10 % gesenkt werden31.

Die intelligente Verbrauchsmessung wird allerdings nicht immer auf diese Weise verwirklicht; die Regel ist eher ein einseitiger Informationsfluss in Richtung des Versorgers oder Netzbetreibers. Angesichts der hohen anfänglichen Investitionskosten und einer voraussichtlichen Lebensdauer der Messeinrichtungen von 10-15 Jahren ist es unbedingt erforderlich, dass sich die Mitgliedstaaten auf einen Mindestfunktionsumfang für die intelligente Messung verständigen, damit allen Verbrauchern unabhängig von Wohnort und Leistungserbringer die gleichen Mindestoptionen geboten werden können und die Interoperabilität gewährleistet ist.

Die Mitgliedstaaten sollten aufgerufen werden, EU-weite Mindestspezifikationen für die Funktionsmerkmale intelligenter Messeinrichtungen zu vereinbaren, damit die Netzbetreiber, die Energieversorger und vor allem auch die Verbraucher in die Lage versetzt werden, ihren Energiebedarf wirksam zu steuern und IKT-Lösungen für ein automatisches Energiemanagement zu nutzen, sobald diese verfügbar werden. Der Funktionsumfang muss einen zweiseitigen Informationsfluss in Echtzeit und die Möglichkeit neuer Regelkreise bieten. Diese Spezifikationen würden mit dem kürzlich von der Kommission erteilten Normungsauftrag für Verbrauchszähler32 im Einklang stehen.

Die intelligente Verbrauchsmessung ist nur ein erster Schritt auf dem Weg zu intelligenten Stromversorgungsnetzen. Letztlich sollen intelligente Stromnetze nicht nur eine bessere Energieverbrauchssteuerung erleichtern, sondern auch in einem weit größeren Umfang als heute möglich die Einbindung alternativer und erneuerbarer Energiequellen erlauben, was sich wiederum positiv auf die Energieversorgungssicherheit und die Umwelt auswirken dürfte.

4.2.2 Die Führungsrolle der Mitgliedstaaten

Die Behörden verfügen über eine ganze Palette von Instrumenten, um in ihrem Einflussbereich kohlenstoffarme, energieeffiziente Verhaltensweisen zu fördern. Dazu zählen beispielsweise die Befugnis zur Aufstellung und Durchsetzung von Bau- und Planungsgrundsätzen, die Vergabe öffentlicher Aufträge zur Steigerung der Nachfrage, die Aufstellung von Innovationsprogrammen und die Unterstützung von Pilotprojekten und vorbildlichen Verfahren. Darüber hinaus sind sie in der Lage, ihren eigenen Energieverbrauch direkt zu beeinflussen.

Mitgliedstaaten und ihre zentralen, regionalen und lokalen Behörden sollten aufgerufen werden, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Nachfrage nach innovativen IKT-gestützten Lösungen zu steigern, die ihnen helfen, die Energieeffizienz in alle Aspekte der Dienstleistungserbringung und Infrastrukturverwaltung, Stadtplanung und Politikgestaltung einzubeziehen. Der Einsatz hochentwickelter Optimierungssoftware in Verbindung mit verlässlichen Daten wird sich dabei als unverzichtbare Grundlage für die Entscheidungsfindung erweisen.

Im Rahmen der Kohäsionspolitik stehen für den Zeitraum 2007-2013 ungefähr 86 Milliarden EUR für Investitionen in die Forschung, Entwicklung und Innovation zur Verfügung, was auch die IKT-Nutzung und deren technologische Weiterentwicklung einschließt. Die Mitgliedstaaten werden ermuntert, diese Mittel zur Unterstützung der Entwicklung von IKT-Lösungen, die die Gesamtenergieeffizienz verbessern, einzusetzen.

4.3 Weiteres Vorgehen

Eine öffentliche Konsultation wird eingeleitet werden, um sicherzustellen, dass die Kommission und alle Beteiligten die zu lösenden Probleme und die dazu vorgeschlagenen Lösungen auf gleiche Weise verstehen. Im Interesse der Transparenz und der Erzielung wirklicher, messbarer Fortschritte, möchte sich die Kommission insbesondere dessen versichern, dass hinsichtlich der Erwartungen, Forderungen und Verpflichtungen eine gemeinsame Sprache gesprochen wird.

Im Anschluss an die öffentliche Konsultation ist die Annahme einer Empfehlung für die zweite Jahreshälfte 2009 geplant.

5. Die Rolle der Europäischen Kommission

Unterstützung der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen Im Anschluss an die Veröffentlichung dieser Mitteilung wird die Kommission Branchenvertreter - gegebenenfalls über ihre Branchenvereinigungen - auffordern, zur Erreichung der gesetzten Ziele eine Arbeitsstruktur einzurichten.

Außerdem wird die Kommission die Möglichkeit der Schaffung eines europäischen Webportals prüfen, das als offene Informations- und Kommunikationsplattform dienen könnte, um öffentliche wie private Beteiligte für einen Austausch vorbildlicher Praktiken, Erfahrungen, Informationen und Daten zu gewinnen und dadurch die Erreichung der gesetzten Ziele zu beschleunigen.

In Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen arbeitet die Kommission an der Erstellung eines praktischen Leitfadens für regionale und lokale Behörden für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz durch einen innovativen IKT-Einsatz.

Ferner unterstützt die Kommission die Arbeiten der ICT21EE33-Initiative als Beitrag für den Bürgermeisterkonvent, wobei es darum geht, Städte und Kommunalbehörden zum Einsatz der IKT für die Emissionsreduzierung zu ermuntern und sie dabei zu unterstützen.

Förderung der Forschung und Entwicklung Im Jahr 2007 wurde "IKT für Energieeffizienz" als Einzelthema des vorrangiges Themenbereichs "IKT" in das 7. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung aufgenommen. Darin geht es um Lösungen für (intelligente) Stromnetze, Gebäude und den Verkehr sowie die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleiterleuchten. Zu den gleichen Themen werden Pilotprojekte durch das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) unterstützt. Überdies stellt die Kommission Fördermittel für energieeffiziente IKT34 bereit.

Die Investitionen müssen stärker auf jene Forschungsgebiete konzentriert werden, die im Hinblick auf die Steigerung der Energieeffizienz und die Senkung der Kohlendioxidemissionen den größten Nutzen versprechen. In dieser Hinsicht werden groß angelegte, sektorübergreifende und multidisziplinäre Vorhaben an Bedeutung gewinnen. Das von der Kommission im November 2008 vorgeschlagene Konjunkturprogramm sieht derartige Maßnahmen in Form öffentlichprivater Partnerschaften für die Forschung und Entwicklung im Bauwesen, in der Automobilindustrie und im Fertigungsbereich vor.

Außerdem werden zahlreiche Projekte, die sich mit dem Thema IKT für Energieeffizienz und der Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von IKT-Produkten und -Diensten befassen, auch im Rahmen der Kohäsionspolitik finanziert. Im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm hat die Kommission ferner Schritte unternommen, um die Durchführung der kohäsionspolitischen Programme zu beschleunigen und die Finanzierungsmöglichkeiten für Energieeffizienzprojekte auszubauen.

Förderung der Innovation Viele der IKT-Anwendungen und -Lösungen, die Europa beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft helfen werden, werden auf Innovationen im Softwarebereich beruhen. In der EU gibt es etwa eine halbe Million Software-Unternehmen. Solche Unternehmen beschäftigen üblicherweise 3 bis 7 Personen und weisen die höchste Produktivität und Rentabilität aller Wirtschaftszweige auf35.

In dem (bereits erwähnten) praktischen Leitfaden für regionale und lokale Behörden wird darlegt werden, wie öffentliche Verwaltungen die IKT für ihre Klimaschutzpläne nutzbar machen können36. Gleichzeitig wird darin erläutert werden, wie die Kohäsionsfonds Unternehmenspartnerschaften zur Schaffung innovativer IKT-Anwendungen unterstützen können und welche praktischen Schritte möglich sind, um Synergien in der von der Kommission mitfinanzierten Forschung und Innovation zu fördern.

Weitere Impulse sollten von den sog. "Wissens- und Innovationsgemeinschaften" (KIC) ausgehen die das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT)37 unterstützen wird. Die erste Aufforderung für solche KIC hatte drei Hauptthemen: Anpassung an den Klimawandel und Minderung seiner Folgen, nachhaltige Energieversorgung und die künftige Informations- und Kommunikationsgesellschaft.

Das von der Kommission im November 2008 vorgeschlagene Konjunkturprogramm sieht umfangreiche Haushaltsmittel für die Bereitstellung von Breitbandverbindungen in ganz Europa vor. In einer Folgemitteilung geht die Kommission noch einen Schritt weiter und erläutert, auf welche Vorhaben die Energie- und Breitbandinvestitionen konzentriert werden sollten38. Damit will sie durch einen breiteren IKT-Einsatz zur Bewältigung der Klima- und Energieprobleme beitragen und neue Möglichkeiten für europaweite Verbindungen zwischen Kommunen und innovativen Unternehmen eröffnen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

6. Bewertung und Überwachung

Die Maßnahmen, die in der Empfehlung der Kommission vorgeschlagen werden sollen, beziehen sich auf den Beitrag, den die IKT-Branche und die IKT zur Erreichung der 2020-Ziele leisten können. Im Jahr 2012 wird eine Überprüfung stattfinden, deren Ergebnisse veröffentlicht werden und gegebenenfalls als Belege für etwaige Folgemaßnahmen dienen sollen.

Die beabsichtigten Maßnahmen, Meilensteine, Ergebnisse und Terminvorgaben werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Akteur / Maßnahme Meilenstein / Berichterstattung Termin
IKT-Sektor Absichtserklärung des IKT-Sektors innerhalb von 6 Monaten nach Annahme
Ziele und Fahrpläne Ende 2010
Fortschrittsberichte jährlich
IKT-Sektor mit Gebäude- und Bausektor Verfügbarkeit der Anforderungen für IKT-Lösungen Fortschrittsbericht Ende 2012
IKT-Sektor mit Logistik-Sektor Verfügbarkeit von Daten über Energieverbrauch und Kohlendioxidemissionen Fortschrittsbericht Ende 2012
Mitgliedstaaten Gemeinsame Funktionsspezifikationen für die intelligente Verbrauchsmessung Ende 2012
Stadtplanungsstrategien unter Einbeziehung der Energieeffizienz und Kohlendioxidemissionen Ende 2010
Fortschrittsberichte jährlich

7. Schlussfolgerungen

Europa hat sich selbst für 2020 ehrgeizige Ziele gesetzt: Senkung des Primärenergieverbrauchs um 20 %39, Verringerung der Treibhausgasemissionen um 20 % und Anhebung des Anteils der erneuerbaren Energiequellen auf 20 %. Der Schlüssel für die Erreichung dieser Ziele ist die Verbesserung der Energieeffizienz.

Obwohl entsprechende Rechtsvorschriften erlassen und angewandt werden, lassen die Daten darauf schließen, dass die angestrebten Energieeinsparungen nicht schnell genug realisiert werden. Wie jüngste Berichte belegen, würden die derzeitigen Maßnahmen bei vollständiger Verwirklichung bis 2020 zu Energieeinsparungen von etwa 13 % führen40. Dies ist zwar eine stolze Leistung, reicht aber bei weitem nicht aus.

Es gibt jedoch bislang ungenutzte Möglichkeiten, die bestehenden Maßnahmen mit einer Reihe konkreter Aktionen zu ergänzen. Dadurch könnten Hindernisse beseitigt und das volle Potenzial der IKT ausgeschöpft werden, so dass die Energie noch effizienter genutzt würde.

Der vorgeschlagene Politikrahmen soll den bestehenden verbindlichen und unverbindlichen Maßnahmen auf dem Gebiet der Energieeffizienz neuen Schwung verleihen und dadurch zur Erreichung der 2020-Ziele beitragen, und zwar durch Folgendes:

Die bevorstehende öffentliche Konsultation wird der Kommission und allen Beteiligten die Gelegenheit bieten, ein gemeinsames Verständnis in Bezug auf die bestehenden Probleme und die Möglichkeiten ihrer Bewältigung zu erlangen.

Um wirkliche Fortschritte zu erzielen, ist ein entschlossenes Engagement auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene notwendig. Deshalb liegt es nun am Rat, am Europäischen Parlament und an den nationalen, regionalen und lokalen politischen Entscheidungsträgern, ihr uneingeschränktes Engagement für in der dieser Mitteilung angekündigten Handlungsschwerpunkte zu bekräftigen.