Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Februar 2009 zu der psychischen Gesundheit (2008/2209(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305177 - vom 20. März 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 19. Februar 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass psychische Gesundheit und Wohlbefinden von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität des Einzelnen und der Gesellschaft sind und außerdem Schlüsselfaktoren für die Ziele der Lissabon-Strategie der Union und der revidierten Strategie für nachhaltige Entwicklung darstellen, sowie in der Erwägung, dass Prävention, Früherkennung, Intervention und Behandlung psychischer Erkrankungen erheblich dazu beitragen, die individuellen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Erkrankungen zu mildern,

B. in der Erwägung, dass in zahlreichen Strategiepapieren der Europäischen Union deutlich hervorgehoben wurde, dass der psychischen Gesundheit im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele große Bedeutung zukommt und daher entsprechende praktische Maßnahmen zu treffen sind,

C. in der Erwägung, dass der Mehrwert der Gemeinschaftsstrategie für psychische Gesundheit in erster Linie im Bereich Prävention und in der Förderung der Menschen- und Bürgerrechte von Menschen mit psychischen Erkrankungen liegt,

D. in der Erwägung, dass psychische Probleme in Europa weit verbreitet sind, da jeder vierte europäische Bürger in seinem Leben mindestens einmal an einer psychischen Störung erkrankt ist und sehr viel mehr Personen indirekt betroffen sind, sowie in der Erwägung, dass sich die Standards der psychologischen Betreuung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten - und vor allem zwischen den alten Mitgliedstaaten und einigen der neuen Mitgliedstaaten - stark unterscheiden,

E. in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Aspekte bei der Auseinandersetzung mit der Frage der psychischen Gesundheit berücksichtigt werden sollten, sowie in der Erwägung, dass mehr Frauen als Männer an psychischen Erkrankungen leiden und mehr Männer als Frauen Selbstmord begehen,

F. in der Erwägung, dass Selbstmord - mit EU-weit über 50 000 Todesfällen im Jahr - nach wie vor eine wichtige Ursache für vorzeitigen Tod in Europa ist und dass ihm in neun von zehn Fällen die Entwicklung psychischer Störungen, häufig Depressionen, vorangeht, sowie in der Erwägung, dass die Rate von Suiziden und Suizidversuchen bei Gefängnisinsassen im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich höher ausfällt,

G. in der Erwägung, dass die Ausarbeitung von Präventivmaßnahmen gegen Depression und Suizid in engem Zusammenhang mit dem Schutz der Würde des Menschen steht,

H. in der Erwägung, dass Depressionen zwar zu den häufigsten und schwerwiegendsten psychischen Störungen zählen, jedoch oft nicht angemessen therapiert werden, sowie in der Erwägung, dass nur einige wenige Mitgliedstaaten hier Präventivprogramme eingeführt haben,

I. in der Erwägung, dass es immer noch an Verständnis und Investitionen zur Förderung der psychischen Gesundheit und zur Prävention von psychischen Störungen mangelt und die medizinische Forschung sowie Menschen mit psychischen Problemen nicht ausreichend unterstützt werden,

J. in der Erwägung, dass die durch psychische Erkrankungen verursachten wirtschaftlichen Kosten für die Gesellschaft schätzungsweise zwischen 3 und 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU-Mitgliedstaaten ausmachen und sich im Jahr 2006 in der Europäischen Union auf 436 Milliarden Euro beliefen, sowie ferner in der Erwägung, dass die meisten Ausgaben außerhalb des Gesundheitssektors - in erster Linie aufgrund von systematischer Abwesenheit am Arbeitsplatz, Arbeitsunfähigkeit und vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand - entstehen und die geschätzten Kosten in vielen Fällen nicht die zusätzlichen wirtschaftlichen Belastungen durch Komorbidität widerspiegeln, für die Menschen mit psychischen Erkrankungen anfälliger sind,

K. in der Erwägung, dass sozioökonomische Ungleichheiten die Problematik psychischer Erkrankungen verstärken können und der Anteil psychisch Kranker in benachteiligten und marginalisierten Bevölkerungsgruppen deutlich höher liegt, beispielsweise bei Arbeitslosen, Migranten, Strafgefangenen und ehemaligen Strafgefangenen, Konsumenten psychotroper Substanzen, Personen mit Behinderungen sowie chronisch Kranken, sowie in der Erwägung, dass gezielte Maßnahmen und geeignete politische Ansätze notwendig sind, um ihre Integration und soziale Eingliederung zu fördern,

L. in der Erwägung, dass innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten beträchtliche Ungleichheiten im Bereich der psychischen Gesundheit, einschließlich der Bereiche Therapie und soziale Eingliederung, bestehen,

M. in der Erwägung, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen auch ein höheres Risiko somatischer Erkrankungen als die übrige Bevölkerung aufweisen und dass es für sie weniger wahrscheinlich ist, wegen dieser somatischen Erkrankungen behandelt zu werden,

N. in der Erwägung, dass körperliche und geistige Gesundheit gleichermaßen wichtig sind und sich gegenseitig bedingen und dass psychische Gesundheitsprobleme häufig nicht diagnostiziert oder auch unterschätzt werden und daher unangemessen behandelt werden,

O. in der Erwägung, dass in den meisten Mitgliedstaaten inzwischen eine Abkehr von der langfristigen Betreuung in Anstalten und eine Hinwendung zum betreuten Leben in der Gemeinschaft stattgefunden hat, jedoch in der Erwägung, dass sich dieser Prozess häufig ohne ordentliche Planung und Ressourcenausstattung, ohne Kontrollmechanismen und häufig unter Mittelkürzungen vollzogen hat, weshalb Tausenden psychisch kranker Bürger die Wiedereinweisung in eine Anstalt droht,

P. in der Erwägung, dass 2008 das Europäische Forum für psychische und physische Gesundheit ins Leben gerufen wurde, dem hochrangige Vertreter maßgeblicher Organisationen angehören,

Q. in der Erwägung, dass der Grundstein für lebenslange psychische Gesundheit in den allerersten Lebensjahren eines Menschen gelegt wird sowie dass psychische Störungen unter jungen Menschen weit verbreitet sind und eine frühzeitige Diagnose und Behandlung hier von größter Bedeutung ist,

R. in der Erwägung, dass die Alterung der Bevölkerung in der Europäischen Union einen Anstieg von neurodegenerativen Erkrankungen zur Folge hat,

S. in der Erwägung, dass Diskriminierung und soziale Ausgrenzung, von denen psychisch Kranke und ihre Familien häufig betroffen sind, nicht nur eine Folge dieser psychischen Erkrankung, sondern auch der Stigmatisierung, Ablehnung und Ausgrenzung dieser Menschen durch die Gesellschaft sind, und zudem das Risiko erhöhen, dass die Betroffenen keine Hilfe in Anspruch nehmen oder sich nicht in Behandlung begeben,

T. in der Erwägung, dass die Europäische Union 2010 zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung erklärt hat,

U. in der Erwägung, dass in der Forschung neue Daten über medizinische und soziale Aspekte der psychischen Gesundheit gewonnen werden, sowie in der Erwägung, dass es gleichwohl noch immer beträchtliche Lücken gibt und dafür gesorgt werden sollte, dass die öffentliche und private medizinische Forschung weder durch zahlreiche und häufig sehr hohe verwaltungstechnische Hürden noch durch allzu große Beschränkungen in Bezug auf den Einsatz von einschlägigen Modellen zur Entwicklung unbedenklicher und wirksamer Arzneimittel behindert wird,

V. in der Erwägung, dass Lernschwächen (geistige Behinderungen) und psychische Störungen viele gemeinsame Merkmale aufweisen und oft in gleichem Maße behandlungsbedürftig sind,

W. in der Erwägung, dass bei der Ausbildung von medizinischem Fachkräften, einschließlich praktischer Ärzte und Angehöriger der Justizbehörden, die Kontakt zu psychisch Kranken haben, großer Verbesserungsbedarf besteht,

X. in der Erwägung, dass psychische Erkrankungen bezüglich der Morbidität an erster Stelle stehen,

Prävention von Depression und Selbstmord

Psychische Gesundheit in den Bereichen Jugend und Bildung

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Psychische Gesundheit älterer Menschen

Bekämpfung von Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung