Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung eines Nationalen Diabetesplans

Der Bundesrat hat in seiner 924. Sitzung am 11. Juli 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung eines Nationalen Diabetesplans

I. Der Bundesrat stellt fest:

Die Zahl der Diabetes-Erkrankungen hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen. Etwa 270 000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Diabetes. Zurzeit sind es schon weit über acht Millionen Betroffene. Fast jede und jeder Dritte über 70 Jahren ist Diabetikerin oder Diabetiker. Besonders alarmierend dabei ist, dass immer mehr Kinder und Jugendliche erkranken. Eine erhebliche Rolle spielen hierbei insbesondere auch Lebensstil und Ernährungsverhalten.

Das Gesundheitssystem steht hierdurch vor einer großen Herausforderung, da die Behandlung des Diabetes und der Folgeerkrankungen angesichts der demographischen Entwicklung ohne Qualitätseinbußen nur noch eingeschränkt finanzierbar sein wird. Ein nachhaltiger Ansatz muss somit vor allem auch die Gesundheitsförderung und Prävention im Fokus haben.

Ein von der Weltgesundheitsorganisation, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen geforderter Diabetesplan, der insbesondere Präventionsmaßnahmen sowie die Stärkung der Selbsthilfe zu beinhalten hat, ist in 17 Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits umgesetzt worden. In Deutschland steht diese Umsetzung noch aus.

II. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung,

Begründung:

Diabetes mellitus ist mit etwa acht Millionen betroffenen Menschen schon heute eine der häufigsten nicht übertragbaren Volkskrankheiten. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt konstant - jeden Tag erkranken in Deutschland über 700 Personen neu an Typ-2-Diabetes, pro Jahr circa 270 000 Menschen. Bereits heute ist in Deutschland fast jeder Dritte über 70-Jährige Diabetiker. Zudem beginnt der Typ-2-Diabetes immer früher, immer häufiger sind auch Kinder und Jugendliche betroffen. Für die Prävention des Typ-2-Diabetes sind verhaltens- wie verhältnispräventive Maßnahmen notwendig. Es gilt, diese frühzeitig systemisch im Setting zu implementieren.

Ergebnisse aus bevölkerungsbasierten Erhebungen verdeutlichen, dass die Zahl unentdeckter Diabetiker hoch ist. Sowohl in der Altersgruppe der 35- bis 59-jährigen als auch in der Gruppe der 55- bis 74-jährigen Personen steht einem diagnostizierten Diabetespatienten ein unentdeckter gegenüber. Damit steigt die Gesamtzahl aller Menschen mit Diabetes zusätzlich. Additiv leiden elf Prozent (35 bis 59 Jahre) bzw. 16 Prozent (55 bis 74 Jahre) an der Vorstufe eines Diabetes (Prädiabetes). Personen mit einem unentdeckten Diabetes haben ein deutlich erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Wichtiges Ziel sollte daher die Verbesserung der Früherkennungsmaßnahmen für Typ-2-Diabetiker darstellen.

Trotz der hohen individuellen und gesellschaftlichen Belastung durch die Diabetes-Erkrankung liegen für die deutsche Bevölkerung nur wenige verlässliche Daten zur Häufigkeit des Diabetes und des Prädiabetes vor. Der Bericht "Diabetes in Schleswig- Holstein" (LT-Drucksache 18/694) beschreibt die Problematik der Datenerhebung eingehend. Valide Daten sind jedoch zur Planung und Steuerung von gezielten Maßnahmen zur Prävention und besseren Versorgung von Diabetespatienten eine unabdingbare Voraussetzung. Auch fehlen systematische Daten zur Behandlung und zu den Ergebnissen der Therapie. Erforderlich ist daher die Verbesserung der Datenerfassung und der Datenqualität. Eine sektorenübergreifende verbesserte Dokumentation könnte auch zur erhöhten Transparenz und damit zur Steigerung der Versorgungsqualität beitragen.

Effektive und effiziente Qualitätssicherungsmaßnahmen setzen eine nachhaltige Versorgungsforschung voraus. Diese gilt es bundesweit zu intensivieren und zu vernetzen. Innovative sektorenübergreifende Versorgungsmodelle zwischen ambulanten und stationären Leistungsanbietern müssen entwickelt und etabliert werden, um alle Akteure im therapeutischen Umfeld enger zu vernetzen. Vergleichende Qualitätssicherung schafft dabei Transparenz für Leistungserbringer und Krankenkassen.

Die Stärkung der Kompetenz von Patientinnen und Patienten ist für eine Verbesserung der Versorgungssituation wesentlich. Information und strukturierte Schulung erhöhen die Therapietreue (Compliance) und die Selbstwirksamkeit. Es gilt, den trotz verbesserter Rahmenbedingungen durch die Disease-Management-Programme noch hohen Anteil nicht geschulter Patientinnen und Patienten zu verringern und damit deren Lebensqualität zu verbessern, um psychische Erkrankungen wie Depressionen, die im Zusammenhang mit Diabetes etwa doppelt so häufig auftreten, zu minimieren. Maßnahmen zur Ressourcenstärkung sollen Betroffene auf der Basis selbstbestimmter Entscheidungen gezielt beim Umgang mit der Erkrankung in allen Stadien unterstützen.