Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft

Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

2. Zu Artikel 1 Nr. 2 ( § 20b Abs. 2 UrhG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens bei der Ausgestaltung der Kabelweitersendungsvergütung gemäß § 20b Abs. 2 UrhG eine im Hinblick auf die Art der Datenübertragung technologieneutrale Ausgestaltung sicherzustellen.

Begründung

Die in § 20b UrhG geregelte Kabelweitersendungsvergütung gewährt dem Urheber einen gesonderten Vergütungsanspruch gegen die Kabelnetzbetreiber.

Für die terrestrische Ausstrahlung sowie die Verbreitung via Satellit existieren keine entsprechenden Vergütungsansprüche. Gründe für die isolierte Belastung nur des Übertragungswegs Kabel und die damit verbundene Diskriminierung sind nicht ersichtlich.

Bei der Novellierung des UrhG ist eine technologieneutrale Ausgestaltung des Vergütungssystems für Urheber anzustreben.

3. Zu Artikel 1 Nr. 4 ( § 31a Abs. 1 UrhG)

Bei der Ausgestaltung des Urheberrechts muss geprüft werden, wie den Besonderheiten von Open Access- und Open Source-Verwertungsmodellen Rechnung getragen werden kann.

Begründung

Die Stärkung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts Deutschland bedarf effektiver wissenschaftlicher Kommunikations- und Kooperationsstrukturen.

Entscheidend ist ein schnelles, transparentes und wissenschaftsnahes Kommunikations- und Publikationssystem als entscheidender Baustein für exzellente Wissenschaft und Forschung.

Zunehmend werden wissenschaftlich relevante Publikationen ausschließlich oder ergänzend online nach Open Access-Grundsätzen veröffentlicht. Gleichzeitig gewinnt Open Source-Software in vielen Bereichen der Gesellschaft an Bedeutung. Beide Entwicklungen sind davon geprägt, dass der Urheber sein Werk bzw. den Quelltext eines Softwareprogramms der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bedingungen, unter denen jedermann dieses Werk nutzen kann ergeben sich aus der vom Urheber gewählten Lizenz. Mit der freien Verfügbarkeit der Werke nach den genannten Grundsätzen entsteht auch ein neues Interessen- und Schutzgefüge zwischen Urhebern, Verwertern und Endnutzern.

In diesem Zusammenhang erscheint das Schriftformerfordernis in § 31a Abs. 1 Satz 1 UrhG-E als wenig praktikabel. Denn üblicherweise werden in diesen Fällen gerade keine schriftlichen Verträge zwischen Werkschaffenden und Nutzern abgeschlossen. Vielmehr sind die Open Source- bzw. Open Access-Lizenzen unmittelbar mit dem Werk verbunden, so dass Lizenzgeber und Lizenznehmer nicht in unmittelbaren Kontakt treten.

4. Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 31a Abs. 1 Satz 2, 3 - neu - UrhG)

In Artikel 1 Nr. 4 ist § 31a Abs. 1 Satz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:

Begründung

Der Bundesrat begrüßt es, dass künftig auch Verträge über unbekannte Nutzungsarten ermöglicht werden sollen. Konsequent sieht der Gesetzentwurf in § 31a Abs. 1 Satz 2 UrhG-E die Möglichkeit des Urhebers vor, die Einräumung von Rechten für unbekannte Nutzungsarten zu widerrufen. Die Entwurfsbegründung (vgl. BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 50) weist zu Recht darauf hin, dass hierin ein Schutz des Urhebers vor seinem stärkeren Vertragspartner liegt, wenn er ihm Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten aus gegebenen Konstellationen heraus einräumen "musste". Das Widerrufsrecht ist aber nach der vorgeschlagenen Regelung zu schwach ausgestaltet. Anstelle einer Informationspflicht des anderen Vertragspartners statuiert es eine Erkundigungsobliegenheit des Urhebers. Denn es soll automatisch entfallen, wenn der andere beginnt, das Werk in der neuen Nutzungsart zu nutzen. Der Urheber wird aber von der bevorstehenden neuen Nutzung zumeist keine Kenntnis haben. Er wird auch nicht immer darüber informiert sein, dass sich überhaupt eine neue Nutzungsart entwickelt hat. Eine wirkliche Entscheidungsmöglichkeit des Urhebers, ob er einer Verwertung seines Werkes in der neuen Nutzungsart zustimmen will, setzt deshalb voraus, dass er von der beabsichtigten Aufnahme der neuen Nutzungsart erfährt. Das Widerrufsrecht sollte deshalb erst dann entfallen, wenn der Vertragspartner den Urheber entsprechend informiert hat. Um dem Vertragspartner damit nicht zusätzliche Rechercheverpflichtungen aufzuerlegen, soll die Absendung der Information an die letzte dem Vertragspartner bekannte Anschrift des Urhebers ausreichen; diesem obliegt es damit, eventuelle Änderungen dem Vertragspartner mitzuteilen. Außerdem sieht § 32c Abs. 1 Satz 3 UrhG-E ohnehin vor, dass der Vertragspartner den Urheber über die Aufnahme der neuen Art der Werknutzung unverzüglich zu unterrichten hat. Die Anknüpfung an die Information durch den Vertragspartner vermeidet ferner die streitträchtige Feststellung des Zeitpunkts der Aufnahme einer neuen Nutzung und gibt damit auch dem Vertragspartner Klarheit.

5. Zu Artikel 1 Nr. 4a - neu - (§ 32 Abs. 1a - neu - , 3 UrhG), Nr. 6 (§ 32c UrhG), Nr. 21 (§ 137l Abs. 5 UrhG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

§ 32c Abs. 1 UrhG-E sieht einen gesonderten Anspruch auf angemessene Vergütung des Urhebers in Bezug auf unbekannte Nutzungsarten vor. Nach der Entwurfsbegründung soll es sich dabei um einen gesetzlichen Vergütungsanspruch handeln (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 51). Das begegnet Bedenken.

Gesetzliche Vergütungsansprüche sind vor allem bei gesetzlichen Lizenzen vorgesehen (vgl. Dreier-Schulze/Schulze, 2. Aufl., § 63a Rnr. 3); hier geht es aber um einen Vergütungsanspruch im Zusammenhang mit einer vertraglichen Nutzungsrechtseinräumung. Der Anspruch ist deshalb mit dem Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 1 UrhG zu vergleichen. Dieser Anspruch wurde als vertraglicher Anspruch ausgestaltet. § 32 Abs. 1 UrhG ist im Übrigen auch auf die nachträgliche Vereinbarung einer neuen Nutzungsart anwendbar (vgl. Dreier-Schulze/Schulze, 2. Aufl., § 32 Rnr. 5). Dies sollte daher auch für die vorweggenommene Vereinbarung gemäß § 31a UrhG-E gelten. Im Sinne der Klarheit sollte der Vergütungsanspruch in § 32 UrhG aufgenommen werden.

Damit wird das Gesetz übersichtlicher und auch das Verhältnis zu den nachfolgenden Bestimmungen klar. § 32c UrhG-E kann dann entfallen. In § 137l Abs. 5 UrhG-E ist eine entsprechende Folgeänderung vorzunehmen.

6. Zu Artikel 1 Nr. 6a - neu - (§ 38 Abs. 1 Satz 3 - neu - , 4 - neu - UrhG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 6 folgende Nummer 6a einzufügen:

Begründung

Eine der größten Herausforderungen von Wissenschaft und Forschung ist es heute Zugang zu wissenschaftlichen Informationen zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu erhalten. Hintergrund sind die technischen Möglichkeiten der Rechteinhaber, Inhalte über Onlinemedien zugänglich zu machen und den Zugang mit technischen Schutzmaßnahmen zu steuern. Verfügen sie dabei über für Wissenschaft und Forschung unumgängliche Informationen, können praktisch beliebig hohe Preise verlangt werden. Die Kosten für die Zeitschriften sind daher in den letzten Jahren enorm angestiegen, so etwa bei der Universität Regensburg in der Zeit von 1995 bis 2003 von 1,25 Millionen Euro auf 2,35 Millionen Euro obwohl in dieser Zeit der Betrag entsprechend dem Verbraucherpreis-Index lediglich von 1,25 Millionen Euro auf 1,40 Millionen Euro hätte klettern dürfen. Einzelne Zeitschriftenverlage haben die Preise im STM-Bereich exorbitant erhöht. Internationale wissenschaftliche Großverlage haben zwischen 1993 bis 2003 die Preise einzelner Zeitschriften vervier- und verfünffacht. Die Gewinnmargen liegen bei deutlich über 20 bis weit über 30 Prozent des Umsatzes. Folge dieser Entwicklung ist die Abbestellung von Journalen. Den von den internationalen Marktführern (Elsevier, Wiley, Kluwer/Springer und Blackwell) verlegten ca. 3 000 wissenschaftlichen Zeitschriften stehen ca. 150 wissenschaftliche Zeitschriften großer deutscher Wissenschaftsverlage (Mohr/Siebeck, De Gruyter und Urban) gegenüber. Dies entspricht in etwa einem Verhältnis von 95 zu 5 Prozent.

Vor dem Hintergrund dieser Besorgnis erregenden Entwicklung haben die großen Wissenschaftsorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland - zusammen mit weiteren nationalen und internationalen Unterzeichnern - das Thema unter dem Aspekt des "Open Access" aufgegriffen und sich in der "Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen" vom 22. Oktober 2003 auf eine Strategie über die Sicherstellung des Zugangs zu wissenschaftlichen Informationen verständigt.

Dieser Tatbestand ist Folge einer fehlenden urhebervertragsrechtlichen Regelung, die - zusammen mit der für die Wissenschaftler gegebenen Notwendigkeit der Veröffentlichung in internationalen Zeitschriften mit hoher Reputation - den Rechteinhabern eine weit gehend unbeschränkte Verhandlungsmacht einräumt und wissenschaftliche Autoren dazu veranlasst, jede für sie auch noch so ungünstige Vereinbarung zu unterzeichnen. In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass den Hochschulen nach § 2 Abs. 7 HRG sowie nach den einschlägigen Regelungen in den Hochschulgesetzen der Länder auch die Aufgabe des Wissenstransfers übertragen ist. Daher haben die Unterhaltsträger der Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein elementares Interesse daran die mit erheblichem Einsatz von Steuergeldern generierten wissenschaftlichen Erkenntnisse einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mit der Ergänzung des § 38 UrhG erfolgt ein Paradigmenwechsel im Bereich wissenschaftlicher Veröffentlichungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, der für einen möglichst freien Zugang zu wissenschaftlichen Informationen die geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen schafft. Die vertraglich nicht abdingbar ausgestaltete Stärkung der Stellung des Urhebers beseitigt die zwischen Rechteinhabern und wissenschaftlichen Autoren entstandene Schieflage unter Wahrung der grundrechtlich geschützten Position der Wissenschaftler aus Artikel 5 Abs. 3 und Artikel 14 Abs. 1 GG auf urhebervertragsrechtlicher Ebene. Das Erstverwertungsrecht des Verlegers wird damit nicht ungebührlich beeinträchtigt da der Inhalt der Veröffentlichung nur mit nicht der Erstveröffentlichung entsprechender Paginierung erlaubt ist und damit in nicht zitierfähiger Form anderweitig zugänglich gemacht wird. Dies rechtfertigt auch die mit längstens sechs Monaten relativ kurz gesetzte Frist zur anderweitigen Zugänglichmachung, die je nach Disziplin - wie etwa in den STM-Fächern - auch deutlich darunter liegend vereinbart werden kann.

Diese Regelung greift über das Schutzlandprinzip auf deutschem Territorium auch dann, wenn große, international agierende Verlagshäuser involviert sind.

7. Zu Artikel 1 Nr. 10a - neu - (§ 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 UrhG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 10 folgende Nummer 10a einzufügen:

"10a. § 52a wird wie folgt geändert:

Begründung

Zu a:

Moderne Unterrichtsformen wie Vor- und Nachbereitung von Lerninhalten in der Schule, klassenübergreifende Projektarbeiten oder die ganztägige Förderung und Betreuung in der Schule bedingen eine Intranet-Nutzung auch über die einzelne Schulstunde hinaus. Die vorgeschlagene Formulierung entspricht dem Vorschlag der Bundesregierung zur Änderung des § 53 Abs. 3 UrhG. Eine unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Tatbestände ist nicht nachvollziehbar.

Zu b:

Der Schutz von Filmwerken während der Zweijahresfrist sollte nicht an die Kinoauswertung, sondern an den Beginn der kommerziellen Verwertung (Ausstrahlung im Fernsehen, Verkauf von DVDs) geknüpft werden.

Zu c:

Eine Vorratsspeicherung für eine spätere privilegierte Nutzung im Unterricht sollte ermöglicht werden.

8. Zu Artikel 1 Nr. 11 ( § 52b Satz 1 UrhG)

In Artikel 1 Nr. 11 § 52b Satz 1 sind die Wörter "oder Archive" durch die Wörter ", Archive oder in den Räumen von Bildungseinrichtungen im Sinne des § 52a Abs. 1 Nr. 1" zu ersetzen.

Begründung

Der Anwendungsbereich der Neuregelung muss generell auf Bildungseinrichtungen, wie etwa die nicht öffentlich zugänglichen Bibliotheken an Hochschulen,

Forschungseinrichtungen und Schulen, erweitert werden. Zum Bildungsauftrag der Schulen und Hochschulen gehört es, die Medienkompetenz zu fördern und gerade den Schülerinnen und Schülern sowie den Studierenden, die nicht selbst über die erforderlichen Geräte verfügen, die Nutzung digitaler Medien nahe zu bringen. Auch bietet die maßgebliche EU-Richtlinie einen großen Spielraum, den der Regierungsentwurf nicht nutzt. Neben den im Entwurf genannten Einrichtungen gehören hierzu auch sonstige nichtgewerbliche Bildungseinrichtungen, zu deren Gunsten eine Urheberrechtsschranke für die Zugänglichmachung an elektronischen Leseplätzen eingeführt werden kann (Artikel 5 Abs. 3 Buchstabe n i.V.m. Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe c EU-Richtlinie).

9. Zu Artikel 1 Nr. 11 ( § 52b Satz 1 UrhG)

Begründung

Zu a:

Nach der Entwurfsbegründung zu § 52b Satz 1 UrhG-E ist nur die öffentliche Zugänglichmachung von Werken aus dem Bestand der jeweiligen Institution erlaubt (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 54). Dies sollte auch im Gesetzeswortlaut klargestellt werden.

Zu b:

Durch die Neuregelung wird in Umsetzung von Artikel 5 Abs. 3 Buchstabe n der Richtlinie dem Bildungsauftrag der genannten Einrichtungen Rechnung getragen und zugleich ein Schritt zur Förderung der Medienkompetenz der Bevölkerung unternommen (vgl. Begründung, a.a.O., S. 53 f.). Dieser Gesichtspunkt gilt in besonderer Weise auch für Schulbibliotheken. Bei diesen erfüllt zwar der Kreis der Nutzer das Kriterium der Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG, gleichwohl sind sie im engen Sinn nicht "öffentlich zugänglich", da sie nur für die Schüler und Lehrer der Schule zur Verfügung stehen. Es sollte daher klargestellt werden, dass die Schulbibliotheken unter die Vorschrift fallen.

10. Zu Artikel 1 Nr. 11 (§ 52b Satz 2 - neu - UrhG)

In Artikel 1 Nr. 11 § 52b ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

Begründung

Nach der Entwurfsbegründung zu § 52b Satz 1 UrhG-E soll gewährleistet sein, dass Benutzer von öffentlichen Bibliotheken, Museen oder nichtkommerziellen Archiven deren Sammlungen an elektronischen Leseplätzen in gleicher Weise wie in analoger Form nutzen können. Um dies auch im Gesetzeswortlaut klarzustellen sollte § 52b UrhG-E dahin gehend ergänzt werden, dass ein Werk nicht an mehr elektronischen Leseplätzen zugänglich gemacht werden darf als der Bestand der Einrichtung Exemplare umfasst, um den Interessen der Verlagswirtschaft ausreichend und angemessen Rechnung zu tragen. Mit dieser Klarstellung entfällt die Notwendigkeit, dass Bibliotheken Selbstverpflichtungserklärungen betreffend die elektronische Nutzung der Werke aus ihrem Bestand und ihr Anschaffungsverhalten abgeben.

11. Zu Artikel 1 Nr. 11a - neu - (§ 52c - neu - UrhG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer 11a einzufügen:

Begründung

Die Bibliotheken können gestützt auf das Archivprivileg (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UrhG) zwar ihre Bestände ohne Zustimmung digitalisieren, aber keiner öffentlichen Nutzung zuführen. Der Zugang zum kulturellen Erbe und geistigen Schaffen ist aber für Bildung und Wissenschaft unerlässlich. Dabei bietet die neue elektronische Form der Zugänglichmachung eine das Original schonende und zugleich bedarfsorientierte Zugangsmöglichkeit. Hinzu kommt, dass die Verlage nicht immer im Besitz der ausschließlichen Rechte sind, so dass auch nach der Neuregelung der Verträge über unbekannte Nutzungsarten (Artikel 1 Nr. 4 bis 6, 21 des Gesetzentwurfs) die Suche nach dem Urheber bleibt.

12. Zu Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe b (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UrhG)

In Artikel 1 Nr. 12 ist Buchstabe b zu streichen.

Begründung

Die vorgesehene Neufassung des § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UrhG verbietet die Herstellung einer Kopie zum wissenschaftlichen Gebrauch, wenn mit der Vervielfältigung ein gewerblicher Zweck verfolgt wird. Die EU-Richtlinie verbietet zwar in Artikel 5 Abs. 3 Buchstabe a die öffentliche Zugänglichmachung und die Vervielfältigung in elektronischer Form bei einer mittelbaren oder unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzung, aber keinesfalls die Herstellung und Nutzung einer analogen Kopie oder einer Kopie mit ähnlicher Wirkung. Auch die Bibliotheken in Unternehmen gelten als Spezialbibliotheken, deren Bestände arbeitsteilig im gesamten Bibliothekswesen genutzt werden. Diese Bibliotheken dürften künftig den eigenen Unternehmensmitarbeitern etwa aus ihrer Forschungsabteilung weder eine Papier- noch eine PDF-Kopie zur Verfügung stellen. In den öffentlichen Bibliotheken müsste bei der Herstellung jeder Kopie beim Besteller nachgefragt werden, zu welchem Zweck er diese Kopie verwenden will. Die Neuregelung ist nicht bibliotheks- und wissenschaftsadäquat.

Sie macht es erforderlich, dass vor der Herstellung einer Papierkopie zum wissenschaftlichen Gebrauch eine Zustimmung der Rechteinhaber eingeholt werden muss. Denn auch außerhalb der Unternehmen wird im Zweifel wirtschaftlicher Gebrauch begründet, wenn ein Hochschullehrer die Kopie herstellt, um sie im Rahmen der Auftragsforschung oder einer Verlagspublikation zu nutzen. Diese Beschränkung gerade beim wissenschaftlichen Gebrauch aufzuerlegen, würde über die Behinderung des Technologie- und Wissenstransfers gravierende Folgen für den Wissenschaftsstandort Deutschland nach sich ziehen und kann daher nicht hingenommen werden.

13. Zu Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe f (§ 53 Abs. 5 Satz 1 UrhG)

In Artikel 1 Nr. 12 ist Buchstabe f wie folgt zu fassen:

Begründung

Durch das in § 53 Abs. 5 UrhG bestimmte Verbot, elektronische Datenbanken im Rahmen des § 53 UrhG mit Ausnahme des wissenschaftlichen Gebrauchs nicht vervielfältigen zu dürfen, entfällt auch das Recht zur Herstellung einer Archivkopie nach § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UrhG. Dieses ist aber unerlässlich, um die Aufgabe der Überlieferung des geistigen Schaffens an künftige Generationen erfüllen zu können. Zahlreiche Sammelwerke erscheinen ausschließlich als elektronische Datenbank. Die Archivierung ganzer Datenbanken bedarf daher einer rechtlichen Grundlage.

14. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 53a Abs. 1 Satz 2 UrhG)

In Artikel 1 Nr. 13 ist § 53a Abs. 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:

Begründung

Mit § 53a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 UrhG-E wird eine Einschränkung vorgenommen, die weit über die BGH-Entscheidung zum Kopienversand vom 25. Februar 1999 - I ZR 118/96 - (BGHZ 141, 13) hinausgeht. Der Versand von Kopien in elektronischer Form wäre ausgeschlossen, wenn der Verlag selbst elektronische Angebote (pay per view) der Öffentlichkeit anbietet. Vor dem Hintergrund, dass bereits heute Verlage neben der gedruckten Ausgabe diese auch auf dem elektronischen Wege der Öffentlichkeit lizenziert zur Verfügung stellen und es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann diese Form in der Wissenschaft eine weit verbreitete Publikationsform sein wird, würde der Zugang auch zu wissenschaftlichen Informationen bei der Zweitverwertung allein dem Markt überlassen. Da bereits heute elektronische Beiträge von Verlagen für über 30 Euro angeboten werden, ist zu befürchten, dass der schnelle und durch das Grundgesetz garantierte offene Zugang zu Informationen nicht mehr für jedermann zur Verfügung stehen wird. Zusammen mit der Preispolitik weltweit agierender Wissenschaftsverlage werden Bibliotheken nicht mehr in der Lage sein, alle notwendigen Lizenzen vorzuhalten, so dass Wissenschaftler künftig gezwungen werden, benötigte Informationen direkt vom Anbieter zu hohen Preisen käuflich zu erwerben. Die Kernaufgaben einer wissenschaftlichen Bibliothek würden zu Gunsten des Marktes beschränkt. Mit der Beschränkung auf den Versand von grafischen Dateien (Faksimile) ist - der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend - eine Weiterverwendung nur in analoger Form sichergestellt und lässt die digitale Primärverwertung unberührt.

Damit unterscheidet sich diese Versandform deutlich von dem Angebot der Verlage, die ohne Zeitverlust einen direkten Zugriff auf ein elektronisches Volltextdokument ermöglichen. Einer über das Erfordernis der Übermittlung ausschließlich als grafische Datei hinausgehenden Beschränkung des Kopienversands durch Bibliotheken bedarf es demnach nicht.

15. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 54 ff. UrhG)

Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ist klarzustellen, dass Kopien von im Internet öffentlich zugänglich gemachten Werken, die vom Rechteinhaber zugelassen wurden, nicht nach den Vorschriften über die pauschale Vergütungspflicht für Privatkopien vergütungspflichtig sind.

Begründung

Es ist sicherzustellen, dass keine Pauschalabgaben für Kopien aus dem Internet abgeführt werden müssen. Pauschalabgaben sind nur dort zu erheben, wo der eigentliche Nutzer nicht greifbar ist und der Rechteinhaber die Privatkopie-Nutzung nicht verhindern kann. Bei Internetkopien können sich die Rechteinhaber durch technische Maßnahmen und den Einsatz von DRM-Systemen aber selbst schützen.

16. Zu Artikel 1 Nr. 14 ( § 54 Abs. 1 UrhG)

In Artikel 1 Nr. 14 § 54 Abs. 1 sind die Wörter "in nennenswertem Umfang" zu streichen.

Begründung

§ 54 Abs. 1 UrhG-E enthält die grundsätzliche Regelung der Vergütungspflicht der Hersteller von Geräten und Speichermedien. Anders als im geltenden Recht soll es in Zukunft nicht mehr darauf ankommen, ob Geräte für Vervielfältigungen "erkennbar bestimmt" sind, sondern ob sie "in nennenswertem Umfang" für Vervielfältigungen benutzt werden. Das Maß der Nutzung von Geräten und Speichermedien soll dagegen erst bei der Bestimmung der Vergütungshöhe nach § 54a Abs. 1 UrhG-E eine Rolle spielen.

Dieser neue Ansatz, wonach im Grundsatz alle Geräte und Speichermedien, die für Vervielfältigungen genutzt werden, vergütungspflichtig sind, ist zu begrüßen.

Der Vorteil liegt insbesondere darin, dass ein Streit über die grundsätzliche Vergütungspflicht von Geräten und Speichermedien vermieden wird und lediglich die Vergütungshöhe geklärt werden muss (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 61).

Der Vorzug der Neuregelung wird aber durch das Verständnis der Bundesregierung für das Tatbestandsmerkmal "in nennenswertem Umfang" in § 54 Abs. 1 UrhG-E in Frage gestellt. Nach der Entwurfsbegründung kann nämlich eine Vergütungspflicht für Geräte und Speichermedien - mangels "nennenswertem Umfang" - bereits dann entfallen, "wenn der Nutzungsumfang zumindest unter 10 % liegt" (Begründung, a.a.O., S. 61). Offenbar soll sich dieser Prozentsatz auf den Anteil der Nutzung der Geräte und Speichermedien für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E beziehen. Wenn z.B. ein Gerät nur zu 10 % für private Vervielfältigungen von geschützten Werken nach § 53 Abs. 1 UrhG, zu 90 % aber für Vervielfältigungen von gemeinfreien Werken oder für individuell lizenzierte Vervielfältigungen genutzt wird, so soll es keiner Vergütungspflicht unterliegen.

Dieses Verständnis würde bedeuten, dass aller Voraussicht nach doch wieder erheblicher Streit darüber entstehen wird, ob Geräte und Speichermedien im Grundsatz vergütungspflichtig sind. Dies dürfte sowohl für die Feststellung des prozentualen Anteils hinsichtlich des konkreten Gerätetyps gelten, als auch - trotz der Hilfestellung in der Begründung - für die Frage, ab welchem Anteil ein "nennenswerter Umfang" zu bejahen ist. Potenziell vergütungspflichtige Hersteller dürften sich deshalb regelmäßig auf diese Grenze berufen und eine Vergütungspflicht verneinen. Der Ansatz ist aber auch deshalb verfehlt, weil es für die Frage der Vergütungspflicht nicht darauf ankommen kann, ob Geräte oder Speichermedien in Relation zu der sonstigen Nutzung in einem bestimmten Umfang für relevante Vervielfältigungen eingesetzt werden, sondern ob dies absolut gesehen der Fall ist. Auch wenn ein Gerät zu 90 % für Vervielfältigungen eingesetzt wird, die nicht unter § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E fallen, so können doch die verbleibenden 10 % der Nutzungsvorgänge ein ganz erhebliches Ausmaß erreichen und damit eine Vergütungspflicht erforderlich machen.

Vor diesem Hintergrund sollten die Wörter "in nennenswertem Umfang" im Gesetzestext gestrichen werden. Damit würde - entsprechend der Intention der Regelung - die Vergütungspflicht für alle Geräte und Speichermedien gelten, die für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E benutzt werden und die Auseinandersetzung tatsächlich auf die Frage der Vergütungshöhe verlagert werden. Dies würde auch das problematische Verhältnis zu § 54a Abs. 4 Satz 3 UrhG-E ausräumen, der nach dem Entwurf nur Gerätetypen erfasst, die weit überwiegend nicht, aber gleichwohl in nennenswertem Umfang für Kopien nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E genutzt werden. Schließlich dient es auch der Ausgewogenheit der Bestimmungen insgesamt, wenn die Position der Urheber nicht auch durch diese "Bagatellklausel" geschmälert wird.

17. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 54a Abs. 4 Satz 2, 3 UrhG)

Begründung

Zu a:

Nach § 54a Abs. 4 Satz 2 UrhG-E darf die Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten für einen Gerätetyp 5 Prozent des Verkaufspreises nicht übersteigen. Diese Obergrenze ist keineswegs unproblematisch. Aus urheberrechtlicher Sicht gibt es dafür keine Rechtfertigung, weil der Preis eines Geräts nichts über die Höhe des angemessenen Ausgleichs für den mit Hilfe dieses Geräts erfolgten Eingriff in das Urheberrecht aussagt. Insoweit besteht hier auch eine verfassungsrechtliche Problematik. Andererseits sieht der Bundesrat auch dass die Weitergabe der Vergütung an den Verbraucher in dem hart umkämpften internationalen Markt schwierig ist und bei einem wirtschaftlich unangemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder Speichermediums der Inlandsabsatz der Geräte und Speichermedien beeinträchtigt werden könnte was auch nicht im Sinne der Urheber wäre. Es stellt sich aber die Frage, ob die Interessen der Gerätehersteller nicht bereits durch § 54a Abs. 4 Satz 1 UrhG-E hinreichend gewahrt sind, wonach die Vergütung den Hersteller nicht unzumutbar beeinträchtigen darf und in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts stehen muss. Eine starre prozentuale Grenze in Höhe von 5 Prozent macht es - anders als in der Entwurfsbegründung dargestellt (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 67) - dagegen unmöglich die Fälle zu erfassen, in denen sich der Hersteller seiner Vergütungspflicht durch ein gerätespezifisches Preiskonzept entzieht. Der Gesetzentwurf betont im Übrigen gerade den Systemwechsel weg von den starren gesetzlich regulierten Vergütungssätzen hin zu einer flexiblen und praxisgerechten Bestimmung durch die Parteien (Begründung, a.a.O., S. 60). Damit ist die Neuregelung kaum zu vereinbaren. Nicht hinnehmbar wäre es jedenfalls, wenn die 5-Prozent-Klausel zu einem signifikanten Absinken der Vergütung der Urheber führen würde, obwohl dies auf Grund des Umfangs der Nutzung nach § 54a Abs. 1 UrhG-E in keiner Weise gerechtfertigt wäre. Der Bundesrat vermisst in diesem Zusammenhang auch eine Aussage des Gesetzentwurfs dazu, wie sich die 5-Prozent-Grenze bei den derzeitigen Gerätevergütungen auswirken würde. Ebenso vermisst er eine Darstellung der Vergütungspflicht für Geräte- und Speichermedien im europäischen Vergleich.

Zu b:

Die 5-Prozent-Obergrenze soll nach § 54a Abs. 4 Satz 3 UrhG-E bei Multifunktionsgeräten nochmals abgesenkt werden, wenn die Gerätetypen "weit überwiegend" nicht für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 genutzt werden. Diese Regelung ist in jedem Fall abzulehnen.

Unklar ist zunächst, was unter "weit überwiegend" genau zu verstehen ist. Unklar ist ferner, auf welchen Prozentsatz die Obergrenze ggf. dann abzusenken ist. Selbst wenn aber diese Vorgaben noch konkretisiert würden, so bliebe doch in jedem Fall eine erhebliche - und streitträchtige - Unsicherheit darüber, in welchem Umfang Multifunktionsgeräte tatsächlich für Vervielfältigungen eingesetzt werden. Hinzukommt, dass die prozentuale Obergrenze für jedes Multifunktionsgerät neu bestimmt werden müsste.

Vor diesem Hintergrund sollte es - wenn überhaupt - auch im Hinblick auf Multifunktionsgeräte bei der allgemeinen Obergrenze von 5 Prozent des Verkaufspreises bleiben. Es obliegt dann der Bestimmung durch die Parteien, eine angemessene Vergütung unter Berücksichtigung des multifunktionalen Einsatzes dieser Geräte zu finden, die ja auch deutlich unter der Obergrenze bleiben kann.

18. Zu Artikel 1 Nr. 14 ( § 54a UrhG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob nach fünf Jahren ein Bericht durch unabhängige Experten zu den Auswirkungen des Gesetzes auf die Vergütungshöhe der Kreativen vorgelegt werden kann und danach gegebenenfalls Nachbesserungen vorgenommen werden können.

Begründung

Da die Urheber zwar Anspruch auf eine angemessene Vergütung haben, aber gleichzeitig die Geräteindustrie nicht unangemessen belastet werden darf, stellt sich die Frage, ob in der Gesetzespraxis ein Interessenausgleich herbeigeführt wird oder ob die Regelungen zur Vergütungshöhe zu Einkommensverlusten auf Seiten der Urheber führen und damit die Gesetzesabsicht einer Stärkung der Urheber konterkarieren.

19. Zu Artikel 1 Nr. 14 ( § 54c Abs. 1 UrhG)

Der Bundesrat bittet, in geeigneter Weise klarzustellen, dass eine Betreibervergütung nach § 54c Abs. 1 UrhG-E lediglich für herkömmliche Fotokopiergeräte zu zahlen ist.

Begründung

§ 54c Abs. 1 UrhG-E überführt die Betreiberabgabe in das neue Vergütungssystem.

Eine Betreiberabgabe soll für alle Geräte gezahlt werden, "die im Wege der Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigen".

Das begegnet Bedenken.

Die Abgabe für bestimmte Großbetreiber von Fotokopiergeräten (z.B. Schulen, Bibliotheken oder Copyshops) war 1985 eingeführt worden, weil der Gesetzgeber davon ausging, dass eine Geräteabgabe die "materielle Gerechtigkeit nicht gewährleisten würde" (vgl. Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts; BT-Drs. 010/837, S. 21). Hintergrund war dabei insbesondere, dass fotomechanische Vervielfältigungen in privaten Haushalten kaum vorkamen.

Der Gesetzentwurf übernimmt im Hinblick auf die Beschreibung der Geräte, für die in Zukunft eine Betreibervergütung zu zahlen ist, die Formulierung der geltenden Vorschrift des § 54a Abs. 1 UrhG, der die Geräteabgabe für Ablichtungsgeräte regelt. Nach Rechtsprechung und Schrifttum zu § 54a Abs. 1 UrhG sind aber unter Geräten, "die im Wege der Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigen", nicht nur herkömmliche Fotokopiergeräte zu verstehen, sondern z.B. auch Telefaxgeräte, Scanner, CD-Brenner, DVD-Brenner, Drucker und PC (vgl. nur Dreier-Schulze/Dreier, 2. Aufl., § 54a UrhG, Rnr. 4 m.w.N). Nach dem Entwurfswortlaut müssten deshalb die in § 54c Abs. 1 UrhG-E genannten Einrichtungen auch für diese Geräte eine Betreiberabgabe zahlen. Das erscheint nicht gerechtfertigt. Privatpersonen nutzen derartige Vervielfältigungsgeräte in gleicher Weise, wie die in § 54c Abs. 1 UrhG-E genannten Einrichtungen. Hinzu kommt, dass eine derartige Ausweitung der Betreiberabgabe die öffentlichen Einrichtungen stark belasten würden. Zu berücksichtigen ist schließlich auch der erhebliche Verwaltungsaufwand, wenn auch für diese Geräte eine Abgabe gezahlt werden sollte.

Es sollte deshalb klargestellt werden, dass die Betreiberabgabe auf die "traditionellen" Fotokopiergeräte beschränkt bleibt.

20. Zu Artikel 1 Nr. 20a - neu - ( § 101a UrhG)

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im laufenden Gesetzgebungsverfahren sichergestellt werden sollte, Betreibern von Telekommunikationsanlagen bei Auskunftsersuchen gemäß Urheberrecht einen angemessenen Entschädigungsanspruch einzuräumen.

Der Auskunftsanspruch gemäß § 101a UrhG für Inhaber von geistigen Eigentumsrechten verursacht bei Auskunftsersuchen Kosten bei Betreibern von Telekommunikationsanlagen oder -diensten. Somit ist eine ausreichende Entschädigung festzulegen die sicherstellt, dass der Auskunftsanspruch nicht zu Lasten der Telekommunikationsanbieter geht. Zugleich sollte - gegebenenfalls durch einen entsprechenden Pauschalsatz - ein wirtschaftlicher Anreiz gesetzt werden, damit der Auskunftsanspruch nicht in überzogener Weise und für Bagatellfälle genutzt wird.

21. Zu Artikel 1 Nr. 20a - neu - ( § 137k UrhG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 20 folgende Nummer 20a einzufügen:

Begründung

Angesichts des kurzen Zeitraums, in dem die neue Urheberrechtsschranke des § 52a UrhG Gesetz ist, und da rechtzeitig vor dem Ablauf der Frist keine aussagekräftigen Erkenntnisse zur Evaluation der Vorschrift vorliegen, muss die Frist um drei Jahre verlängert werden. Dies ist auch deswegen erforderlich, da sich die Unterzeichnung des Gesamtvertrages zwischen den Ländern und den Verwertungsgesellschaften verzögert hat. Unter dem Vorbehalt, dass diese Fristverlängerung nicht anderweitig erfolgt, ist diese Anpassung unerlässlich.

Die Geltungsdauer des § 52a UrhG sollte auch verlängert werden, um den Schulen mehr Zeit zu geben, die notwendigen Erfahrungen mit diesem Medium zu machen.

22. Zu Artikel 1 Nr. 21 ( § 137l UrhG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die Übergangsregelung für neue Nutzungsarten nach § 137l UrhG-E zu überprüfen.

Begründung

§ 137l UrhG-E sieht eine Übertragungsfiktion für neue Nutzungsarten in Bezug auf "Altverträge" vor. Nach § 137l Abs. 1 Satz 1 UrhG-E soll derjenige Vertragspartner des Urhebers die Rechte an unbekannten Nutzungsarten kraft Gesetzes erwerben, dem zwischen 1966 und dem Inkrafttreten des Gesetzes alle wesentlichen (bekannten) Nutzungsrechte für ein Werk ausschließlich sowie räumlich und zeitlich unbegrenzt eingeräumt wurden. Diese Regelung begegnet Bedenken.

Nach der Entwurfsbegründung soll "die Anknüpfung an die Übertragung der wesentlichen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übertragbaren Rechte ... die nötige Flexibilität (schaffen), um der Rechtsprechung die Entscheidung zu überlassen welche Rechte bei den verschiedenen Werkarten übertragen worden sein müssen" (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 72). Diese Entscheidung dürfte schon deshalb kaum möglich sein, weil bereits unklar ist, ob es sich um die "wesentlichen Nutzungsrechte" im Hinblick auf alle denkbaren Verwertungsformen eines Werkes oder aber lediglich in Bezug auf einen bestimmten Verwertungszweck handeln soll. Der Entwurfswortlaut und die soeben zitierte Entwurfsbegründung legen die Vermutung nahe, dass die erstgenannte Variante gemeint ist. Es ist schon zweifelhaft, ob eine derart umfassende Rechtseinräumung zu Gunsten eines Verwerters, die im Übrigen nach § 137l Abs. 1 UrhG-E auch noch räumlich und zeitlich unbegrenzt erfolgt sein muss der Vertragspraxis der letzten 40 Jahre in Bezug auf alle Werkarten entspricht. Zweifel sind aber insbesondere auch deshalb angebracht, weil sich nach der seit langem anerkannten Zweckübertragungsregel (vgl. § 31 Abs. 5 UrhG) bei einer pauschalen Vergabe der Rechte der Umfang der Rechtseinräumung nach dem Vertragszweck bestimmt und die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich bei dem Urheber zu verbleiben (vgl. BGH, GRUR 1996, 121 ff. - "Pauschale Rechtseinräumung"). Hinzu kommt dass typischerweise bestimmte Rechte nicht individuell, sondern kollektiv durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden. Diese Rechte, z.B. Aufführungs- Sende- und Vervielfältigungsrechte, haben eine ganz erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, so dass unklar ist, ob es sich insoweit um "wesentliche" oder "unwesentliche" Rechte handelt. Zwar lassen sich Verleger häufig auch die Rechte einräumen, die von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden. Dies geschieht aber nur zur gemeinsamen Einbringung in die Verwertungsgesellschaft. Im Übrigen scheidet auch ein vorübergehender Rechtserwerb der Verleger jedenfalls dann aus, wenn Urheber vor Abschluss des Verlagsvertrages bereits einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft abgeschlossen haben.

Sollte es dagegen um die "wesentlichen Nutzungsrechte" im Hinblick auf einen bestimmten Verwertungszweck - z.B. die Buchausgabe eines Schriftwerkes (so ausdrücklich die Begründung, a.a.O., S. 72) - gehen, so hilft dies jedenfalls dann nicht weiter, wenn mehrere Verwertungsverträge bestehen. Wenn z.B. für ein Schriftwerk ein Verlagsvertrag über eine Buchausgabe abgeschlossen wurde gleichzeitig aber die Verfilmungsrechte einem Filmproduzenten eingeräumt wurden so ist erneut völlig unklar, wem die "wesentlichen Nutzungsrechte" zustehen und wer deshalb die Rechte für die neuen Nutzungsarten erhält.

Aber auch eine Zuordnung von neuen Nutzungsarten nach dem jeweiligen Vertragszweck, an die hier möglicherweise gedacht wurde, dürfte kaum möglich sein. Denn eine neue Nutzungsart liegt erst dann vor, wenn es sich um eine technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes handelt (vgl. BGH, GRUR 2005, 939 - "Der Zauberberg"). Zumindest auf der Grundlage der Zweckübertragungsregel dürfte deshalb eine Zuordnung von neuen Nutzungsarten nach dem seinerzeit vereinbarten Vertragszweck nur selten möglich sein. Dafür spricht insbesondere auch, dass die Zweckübertragungsregel in der Zeit vor 1966, als es das Verbot der Übertragung von unbekannten Nutzungsarten nach § 31 Abs. 4 UrhG noch nicht gab, einer Einräumung von Rechten an unbekannten Nutzungsarten regelmäßig entgegenstand (vgl. Dreier-Schulze/Schulze, 2. Aufl., § 31 UrhG, Rnr. 86).

Des Weiteren erscheint die mit der Neuregelung auch beabsichtige Öffnung der Archive, um die darin ruhenden Schätze neuen Nutzungsarten problemlos zugänglich zu machen (vgl. Begründung, a.a.O., S. 44), so noch nicht vollständig erreicht zu werden. So hilft die geplante Neuregelung den Bibliotheken nicht, ihre Bestände elektronisch zugänglich zu machen, da sie in der Regel nicht die ausschließlichen Rechte im Sinn der Vorschrift haben. Sie laufen vielmehr Gefahr, dass kommerzielle Rechteinhaber nun automatisch auch die digitalen Rechte bekommen, was nicht im Sinne der Öffnung der Archive ist.

Insgesamt erscheint deshalb die vorgeschlagene Regelung zumindest noch nicht ausgereift. Es bestehen auch Zweifel, ob es überhaupt möglich ist, eine verlässliche und sachgerechte Zuordnung von neuen Nutzungsarten zu Gunsten eines einzelnen Verwerters zu erreichen. Eine Ausnahme gilt höchstens für Filmwerke, wo bereits gesetzlich eine umfassende Rechtseinräumung zu Gunsten des Filmherstellers vorgesehen ist (vgl. §§ 88, 89 UrhG). Soweit daran festgehalten wird, eine Bestimmung für sämtliche Werkarten zu finden, sollte deshalb erneut auch über andere Regelungsmodelle nachgedacht werden. Das gilt insbesondere auch für die Möglichkeit, im Hinblick auf "Altverträge" eine Verwertungsgesellschaftslösung vorzusehen und damit jedenfalls das "Zuordnungsproblem" zu lösen.

Bei der weiteren Prüfung sollte im Übrigen auch die verfassungsrechtliche Bewertung des vorgeschlagenen Regelungsmodells überdacht werden. Nach der Begründung zu § 137l UrhG-E soll eine verfassungsrechtlich relevante Rückwirkung nicht bestehen, weil der mit der Übertragungsfunktion verbundene Verlust des Rechts des Urhebers davon abhängt, ob ein Widerruf erfolgt oder nicht. Das begegnet - unabhängig von der Frage, ob die Regelung im Ergebnis verfassungsrechtlich zulässig ist - erheblichen Bedenken. Der Verlust des Rechts des Urhebers - mit Wirkung für die Vergangenheit - beruht auf der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung. Das Widerrufsrecht, das bei den bereits bekannt gewordenen Nutungsarten nach einem Jahr entfällt, mag die Wirkung der Entziehung der Rechte abmildern; es führt aber nicht dazu, dass nur noch das "Handeln bzw. Nichthandeln des Urhebers" (vgl. Begründung, a.a.O., S. 73) als - verfassungsrechtlich relevante - Ursache für den Verlust der Rechte angesehen werden kann.

23. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Überschrift zu § 13a, § 13a Abs. 2 UrhWahrnG)

Artikel 2 Nr. 2 § 13a ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Tarife für Geräte und Speichermedien sowie für den Betrieb von Ablichtungsgeräten in Zukunft von den Parteien vereinbart oder von den Verwertungsgesellschaften festgesetzt werden. Im Streitfall schließt sich - wenn es nicht zu einer freiwilligen Schlichtung kommt - das Schiedsstellen- und Gerichtsverfahren an. § 13a Abs. 2 UrhWahrnG-E sieht im Hinblick auf die bisherigen gesetzlichen Vergütungssätze (Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhWahrnG) eine Übergangsregelung vor. Eine solche Übergangsregelung ist zu begrüßen, weil ansonsten während der Neufestsetzungsphase keine verlässlichen Tarife bestehen würden. Der Vorschlag des Gesetzentwurfs, dass die bisherigen gesetzlichen Vergütungssätze in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhWahrnG als Tarife fortgelten sollen, löst allerdings das Problem nicht ausreichend. Tarife werden von den Verwertungsgesellschaften einseitig aufgestellt. Die (fiktive) Fortgeltung der Vergütungssätze als Tarife birgt deshalb die Gefahr, dass in der Übergangsphase keine Vergütung mehr bezahlt wird. Damit eine größere Verbindlichkeit der bisherigen gesetzlichen Tarife für die Übergangszeit erreicht wird, sollten deshalb die Tarife als "vereinbarte Vergütungssätze" fortgelten. Durch die Eingangsformulierung der Norm ("Soweit Tarife ... nicht bestehen oder nicht neu bestimmt werden...") wird gleichzeitig deutlich, dass bestehende Tarife, z.B. auf Grund von Gesamtverträgen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 UrhG), weiterhin den gesetzlichen Vergütungssätzen vorgehen und neue Tarife im Rahmen des neuen Tarifaufstellungsverfahrens bestimmt werden können.

Durch die Änderung der Überschrift zu § 13a UrhWahrnG-E wird klargestellt, dass § 13a Abs. 2 UrhWahrnG-E auch für die Betreiberabgabe gilt. Dagegen erscheint der Hinweis "Transparenz" in der Überschrift nicht erforderlich.

24. Zu Artikel 2 Nr. 2 (§ 13a Abs. 1 Satz 3 UrhWahrnG)

In Artikel 2 Nr. 2 § 13a Abs. 1 Satz 3 sind die Wörter ", die zu veröffentlichen sind" durch die Wörter "oder für neue Nutzungen abzuschätzen; die Untersuchungen sind zu veröffentlichen" zu ersetzen.

Begründung

§ 13a Abs. 1 Satz 2 UrhWahrnG-E verweist zur Bemessung der Tarife auf die Vorgaben des § 54a UrhG-E. Zur Ermittlung der tatsächlichen Nutzung gibt Satz 3 den Verwertungsgesellschaften auf, empirische Untersuchungen anzustellen.

Da die tatsächliche Nutzung nur im Nachhinein ermittelt werden kann geht die Begründung zu § 54a UrhG-E (vgl. Begründung, BR-Drs. 257/06 (PDF) , S. 62) davon aus, dass bei neuen Gerätetypen die empirischen Untersuchungen erst nach gewisser Zeit möglich sind. Damit könnten für Geräte und Speichermedien, die neu auf den Markt kommen, zunächst keine Tarife aufgestellt werden. Dies ist aber nicht im Sinn der Neuregelung, die eine flexible Anpassung der Vergütung an den Stand der Technik gewährleisten und bei Streitigkeiten durch ein straffes Verfahren schnell Rechtsklarheit schaffen will (vgl. Begründung, a.a.O., S. 29). Gerade im Hinblick auf den schnellen Wandel bei der technologischen Entwicklung soll die Festlegung der Tarife gerade nicht mehr - wie bisher - erst Jahre nach der Markteinführung erfolgen. Durch die Ergänzung soll erreicht werden, dass mit dem Verfahren zur Aufstellung eines neuen Tarifs schon kurz nach Markteinführung begonnen werden kann, auch wenn vorerst nur empirisch abgesicherte Prognosen über die voraussichtliche tatsächliche Nutzung vorliegen.