Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes
(Systemstabilitätsverordnung - SysStabV)

A. Problem und Ziel

Innerhalb der letzten Jahre hat die Einspeisung von Strom aus dezentralen Energieerzeugungsanlagen, insbesondere aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) erheblich zugenommen. Im Jahr 2011 waren 25 Gigawatt (GW) aus PV-Anlagen installiert. PV-Anlagen haben damit eine Systemrelevanz für das Elektrizitätsversorgungsnetz erreicht.

Die Wechselrichter von PV-Anlagen wurden im Mittelspannungsnetz bis Juni 2008 und im Niederspannungsnetz bis März 2011 mit einer "Sicherung" ausgestattet, die die Anlage bei einer Überfrequenz von 50,2 Hertz automatisch abschaltet. Ein ähnliches Problem besteht für die Unterfrequenz. Damit besteht das Risiko, dass sich in Deutschland derzeit etwa 9 GW (das entspricht einer Leistung von ca. 9 bis 13 Großkraftwerken) bei einer Frequenz von 50,2 Hertz gleichzeitig abschalten (sog. 50,2-Hertz-Problem). Eine kritische Situation des Stromnetzes oder sogar ein europaweiter Stromausfall (Blackout) wären nicht auszuschließen.

Zur Beseitigung dieser Systemgefährdung ist eine Nachrüstung von Bestandsanlagen unbedingt notwendig geworden. Es ist erforderlich, die Wechselrichter der PV-Anlagen dahingehend umzurüsten, dass ein gleichzeitiges An- und Abschalten der Anlagen vermieden wird.

B. Lösung

Mit der Verordnung wird die Rechtsgrundlage geschaffen, um Wechselrichter von Bestandsanlagen in der Weise umzurüsten, dass sich die Anlagen nicht alle bei einem Frequenzwert von 50,2 Hertz, sondern bei unterschiedlichen Frequenzwerten ausschalten.

Mit der Verordnung werden die Betreiber von Verteilernetzen verpflichtet, die erforderlichen Nachrüstungen innerhalb von drei Jahren durch von ihnen beauftragte Fachkräfte auszuführen. Die Betreiber der PV-Anlagen werden verpflichtet, die Nachrüstung zu ermöglichen und ggf. erforderliche Informationen zu liefern.

Die Kosten werden je zur Hälfte über die EEG-Umlage (Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz) und die Netzentgelte weitergegeben, so dass sie letztlich von den Stromkunden getragen werden. Die Betreiber von Verteilernetzen sind berechtigt, die zusätzlich aufgrund dieser Verordnung entstehenden Kosten unter bestimmten Voraussetzungen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten geltend zu machen. Die Umlagemöglichkeit auf die EEG-Umlage wird durch eine Änderung von § 35 des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in einem gesonderten Gesetz geregelt.

Die Kosten für die technische Umrüstung werden auf eine maximale Höhe von 170 Millionen Euro geschätzt. Für den vorgeschlagenen Nachrüstungsprozess werden außerdem administrative Kosten von ca. 20 Millionen Euro bei den Betreibern von Verteilnetzen entstehenden, z.B. für Anschreiben an die Betreiber von PV-Anlagen, Datenverwaltung sowie Ausschreibung, Beauftragung und Abrechnung der Installateursdienstleistung. Es ist davon auszugehen, dass diese Kosten in Abhängigkeit des Anlagenbestandes und der Verfügbarkeit von Installateuren im jeweiligen Verteilnetz variieren. Auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung sollen Betreiber von Verteilernetzen jedoch daran gebunden werden, standardisierte Ausschreibungen durchzuführen, mit denen die Umrüstkosten möglichst gering gehalten werden können.

C. Alternativen

Die Nachrüstung der PV-Anlagen ist zur Gewährleistung der Systemstabilität unbedingt erforderlich und alternativlos.

Bei der Übernahme der Kosten gäbe es die Alternative, dass die Betreiber von PV-Anlagen selbst die Kosten für die Nachrüstung tragen. Nach dieser Lösung würde der Betreiber von PV-Anlagen zur Nachrüstung verpflichtet. Der oben beschriebene administrative Aufwand läge somit größtenteils ebenfalls bei den Betreibern von PV-Anlagen. Die Betreiber von Verteilernetzen wären dann lediglich verpflichtet, die Betreiber von PV-Anlagen zur Umrüstung aufzufordern und zu kontrollieren. Mit dieser Variante würde zwar eine zusätzliche Kostenbelastung für den einzelnen Stromkunden entfallen (keine Wälzung über Netzentgelte/EEG-Umlage), der Nachrüstungsprozess würde sich jedoch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit entscheidend verzögern, da zahlreiche Betreiber von PV-Anlagen die Nachrüstung auf eigene Kosten zunächst verweigern würden. Da die Lösung des 50,2-Hertz-Problems, das inzwischen europäische Aufmerksamkeit erlangt hat, zur Gewährleistung der Systemstabilität schnellstmöglich geboten ist, ist eine Umsetzungsmöglichkeit erforderlich, die eine Nachrüstung ohne Verzögerung garantiert.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten für die technische Umrüstung auch bei der Alternativvariante - Kostentragung durch Betreiber von PV-Anlagen - ebenfalls bei maximal 170 Millionen Euro lägen. Die Betreiber von PV-Anlagen hätten zwar bei eigener Kostentragung ein großes Interesse an einer kosteneffizienten Umrüstung. Auf der anderen Seite entfielen Synergieeffekte, die im Falle einer Steuerung der Umrüstung durch den Betreiber von Verteilernetzen bestehen. So können die Betreiber von Verteilernetzen durch Sammelaufträge oder Rahmenverträge geschulte Installateure zu günstigeren Konditionen gegenüber einem einzelnen Betreiber von PV-Anlagen beauftragen.

Der administrative Aufwand - z.B. durch Beauftragung des Installateurs - entstünde bei der Alternative nun nicht mehr bei den Betreibern von Verteilernetzen, sondern bei den Betreibern von PV-Anlagen. Da nunmehr jeder einzelne Betreiber von PV-Anlagen sich um einen Installateur kümmern müsste, wären die summierten administrativen Kosten voraussichtlich höher als bei gesammelter Beauftragung durch den Betreiber von Verteilernetzen. Diese Kosten würden dann lediglich nicht mehr über die Netzentgelte auf die Stromkunden gewälzt, sondern würden zusätzlich den Betreiber von PV-Anlagen belasten.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es wird keine zusätzlichen finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte geben.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die voraussichtlich mehr als 315.000 von der Nachrüstung betroffenen Anlagen werden teilweise gewerblich betrieben, teilweise privat. Bei einer Anlagengröße mit einer installierten maximalen Leistung von über 10 Kilowatt ist davon auszugehen, dass die PV-Anlagen überwiegend gewerblich betrieben werden. Aus diesem Grund werden die Kosten unter "Wirtschaft" behandelt.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Nachrüstung wird durch die Betreiber von Verteilernetzen durchgeführt. Aufgrund der unterschiedlichen Ausbreitung von PV-Anlagen wird der Aufwand für südliche Verteilernetze größer sein als für die nördlichen. Die durch diese Verordnung entstehenden zusätzlichen Kosten können im Rahmen der Netzentgelte als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten geltend gemacht werden. Betreiber von PV-Anlagen haben die Verpflichtung, für den Prozess der Nachrüstung erforderliche Informationen an den Betreiber von Verteilernetzen zu übermitteln und die Vornahme von Arbeiten am Wechselrichter zu ermöglichen.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Damit die Betreiber von Übertragungsnetzen die Anforderungen des § 6 erfüllen können, sind Recherchearbeiten notwendig, die mit einem Zeitaufwand von 250 Stunden pro Betreiber von Übertragungsnetzen veranschlagt werden. Damit sind die Gesamtkosten auf ca. 40.000 Euro zu beziffern. Für die Erfüllung der Informationspflicht nach § 9 Absatz 1 wird pro Anlage ein Zeitaufwand von ca. zehn Minuten veranschlagt. Zuzüglich der Versandkosten in Höhe von 0,55 Euro pro Brief ergeben sich bei 315.000 Anlagen für die Betreiber von PV-Anlagen Gesamtkosten in Höhe von rund einer Million Euro.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung steigt nur geringfügig. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber von Verteilernetzen von der Möglichkeit gemäß § 10 Gebrauch machen, eine freiwillige Selbstverpflichtung bei der Bundesnetzagentur vorzulegen. Über diese Selbstverpflichtung trifft die Bundesnetzagentur eine Festlegung. Zudem könnte sich im Rahmen der allgemeinen Aufsichtspflichten für die Dauer der Nachrüstung zusätzlicher Aufwand für die Regulierungsbehörden und die zuständigen Landesbehörden ergeben. Es wird davon ausgegangen, dass die Aufgaben mit dem vorhandenen Personal erledigt werden können.

F. Weitere Kosten

Die Kosten der Nachrüstung an den Wechselrichtern der entsprechenden Anlagen werden auf 170 Millionen Euro geschätzt zuzüglich administrativer Kosten bei den Betreibern von Verteilernetzen in Höhe von ca. 20 Millionen Euro. Die Kosten werden je zur Hälfte über die Netzentgelte und die EEG-Umlage gewälzt. Dies bedeutet einen Anstieg der Netzentgelte für die Dauer des Nachrüstungsprozesses (drei Jahre) um durchschnittlich 0,0065 Cent pro Kilowattstunde, die EEG-Umlage wird sich in dem gleichen Zeitraum um 0,008 Cent pro Kilowattstunde erhöhen; beide Erhöhungen werden von den Stromverbrauchern getragen. Aufgrund der unterschiedlichen regionalen Ausbreitung von PV-Anlagen ist mit einem unterschiedlichen Anstieg der Netzentgelte zu rechnen.

Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes (Systemstabilitätsverordnung - SysStabV)

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 4. Mai 2012
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes (Systemstabilitätsverordnung - SysStabV) mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes (Systemstabilitätsverordnung - SysStabV)

Vom ...

Es verordnet

§ 1 Zweck der Verordnung

Zweck dieser Verordnung ist es, eine Gefährdung der Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes durch Anlagen zur Erzeugung von Energie aus solarer Strahlungsenergie bei Über- und Unterfrequenzen zu vermeiden.

§ 2 Sachlicher Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt für die Nachrüstung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie

§ 3 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung ist

§ 4 Verpflichtung zur Nachrüstung der Wechselrichter von Anlagen im Niederspannungsnetz

§ 5 Verpflichtung zur Nachrüstung der Wechselrichter von Anlagen im Mittelspannungsnetz

§ 6 Informationspflicht der Übertragungsnetzbetreiber

Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, den in ihrem Netzgebiet angeschlossenen Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen die für die Nachrüstung nach den §§ 4 und 5 erforderlichen Daten innerhalb von acht Kalenderwochen nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu beschaffen und den in ihrem Netzgebiet angeschlossenen Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen zur Verfügung zu stellen. Die Daten sollen insbesondere darüber Auskunft geben, nach welcher der in den §§ 4 und 5 beschriebenen Varianten der Wechselrichter nachzurüsten und auf welchen Frequenzwert er im Falle der Variante nach § 4 Absatz 3 und § 5 Absatz 2 einzustellen ist.

§ 7 Verpflichtung zur Nachrüstung von Entkupplungsschutzeinrichtungen

Für den Fall, dass zwischen der nach § 2 betroffenen Anlage und dem Netzanschluss eine zusätzliche übergeordnete Entkupplungsschutzeinrichtung installiert ist, hat der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen auch diese in der Weise nachzurüsten, dass für die Unterfrequenzabschaltung ein Wert von 47,5 Hertz und für die Überfrequenzabschaltung ein Wert von 51,5 Hertz einzustellen ist.

§ 8 Durchführung der Nachrüstung; Fristen

§ 9 Pflichten der Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreiber

§ 10 Kosten

§ 11 Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Ziel des Verordnungsentwurfs

Die Verordnung wird auf der Ermächtigungsgrundlage des § 12 Absatz 3a, neu gefasst durch Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe c des Gesetzes vom 26. Juli 2011 (BGBl. I S. 1554), des § 49 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, geändert durch Artikel 1 Nummer 41 Buchstabe b des Gesetzes vom 26. Juli 2011 (BGBl. I S. 1554) und des § 21a Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Nummer 7 sowie Satz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) erlassen.

Innerhalb der letzten Jahre hat die Einspeisung aus dezentralen Anlagen, insbesondere aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) erheblich zugenommen. 2011 waren 25 Gigawatt (GW) aus PV-Anlagen installiert. Die Anlagen haben damit eine Systemrelevanz für das Elektrizitätsversorgungsnetz erreicht.

Bis zur Einführung der Richtlinie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. "Erzeugungseinheiten am Mittelspannungsnetz" in der Fassung von Juni 2008, des technischen Hinweises "Rahmenbedingungen für eine Übergangsregelung zur frequenzabhängigen Wirkleistungssteuerung von PV-Anlagen am NS-Netz" in der Fassung von März 2011 und der VDE-AR-N 4105 für "Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz" in der Fassung von August 2011 waren die Wechselrichter von PV-Anlagen mit einer "Sicherung" ausgestattet, die eine automatische Abschaltung der Anlage bei einer Überfrequenz von 50,2 Hertz verursachte. Ein ähnliches Problem besteht für die Unterfrequenz. Damit würden sich in Deutschland derzeit etwa 9 GW (im Vergleich entspricht das der Leistung von ca. 9 bis 13 Großkraftwerken) bei einer Frequenz von 50,2 Hz gleichzeitig abschalten. Bei gleichzeitigem Abschalten des betroffenen Anlagenbestandes wären eine kritische Netzsituation oder sogar ein europaweiter Stromausfall (Blackout) nicht auszuschließen.

Zu Beseitigung dieser Systemgefährdung ist eine Nachrüstung von Bestandsanlagen unbedingt notwendig geworden. Es ist erforderlich, die Wechselrichter der PV-Anlagen dahingehend umzurüsten, dass ein gleichzeitiges An- und Abschalten der Anlagen vermieden wird.

II. Wesentlicher Inhalt

Mit der Verordnung wird die Rechtsgrundlage geschaffen, um Bestandsanlagen in der Weise umzurüsten, dass sich die Wechselrichter der PV-Anlagen bei unterschiedlichen Frequenzwerten ausschalten. Die Betreiber von Verteilernetzen werden verpflichtet, die erforderlichen Nachrüstungen innerhalb von drei Jahren zu organisieren und durch von ihnen beauftragte Fachkräfte ausführen zu lassen. Die Betreiber der PV-Anlagen werden verpflichtet, die Nachrüstung zu ermöglichen und erforderliche Informationen zu liefern. Die Kosten werden je zur Hälfte über die EEG-Umlage und die Netzentgelte gewälzt, so dass sie letztlich von den Stromkunden getragen werden. Die Betreiber von Verteilernetzen sind berechtigt, die zusätzlich aufgrund dieser Verordnung entstehenden Kosten unter bestimmten Voraussetzungen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten geltend zu machen. Die Umlagemöglichkeit auf die EEG-Umlage wird durch eine Änderung von § 35 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in einem gesonderten Gesetz geregelt.

III. Gesetzesfolgen

1. Haushaltsaufgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es entstehen keine zusätzlichen Haushaltsausgaben.

2. Erfüllungsaufwand

a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die voraussichtlich mehr als 315 000 von der Nachrüstung betroffenen PV-Anlagen werden teilweise gewerblich betrieben, teilweise privat. Bei einer Anlagengröße mit einer installierten maximalen Leistung von über 10 Kilowatt ist davon auszugehen, dass die PV-Anlagen überwiegend gewerblich betrieben werden. Aus diesem Grund werden die Kosten unter "Wirtschaft" behandelt.

b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Nachrüstung wird durch die Betreiber von Verteilernetzen durchgeführt. Aufgrund der unterschiedlichen Ausbreitung von PV-Anlagen wird der Aufwand für südliche Verteilernetze größer sein als für die nördlichen. Die durch diese Verordnung entstehenden zusätzlichen Kosten können nach § 10 im Rahmen der Netzentgelte unter bestimmten Voraussetzungen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten von den Betreibern von Verteilernetzen geltend gemacht werden. Betreiber der PV-Anlagen haben die Verpflichtung, für den Prozess der Nachrüstung erforderliche Informationen an den Betreiber von Verteilernetzen zu übermitteln und die Vornahme von Arbeiten am Wechselrichter zu ermöglichen.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Nach § 6 sind die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, den Betreibern von Verteilernetzen die für die Nachrüstung notwendigen technischen Werte zu nennen. Dabei handelt es sich insbesondere um die Bestimmung, welcher Wechselrichter mit welcher der in §§ 4 und 5 beschriebenen Varianten nachzurüsten ist. Die Variante der Nachrüstung richtet sich nach den Vorgaben der Wechselrichterhersteller, auf die die Betreiber von Übertragungsnetzen zurückgreifen werden. Außerdem ist ggf. ein Frequenzeinstellwert vorzugeben, der nur von den Betreibern von Übertragungsnetzen bestimmt werden kann. Um diese Angaben machen zu können, sind Recherchearbeiten notwendig, die mit einem Zeitaufwand von 250 Stunden pro Betreiber von Übertragungsnetzen veranschlagt werden. Damit sind die Gesamtkosten auf ca. 40.000 Euro zu beziffern.

§ 9 Absatz 1 verpflichtet die Betreiber der PV-Anlagen, für die Nachrüstung notwendige Informationen an den betreffenden Betreiber von Verteilernetzen zu übermitteln. Die Informationspflicht kann beispielsweise die Seriennummer und den Herstellertyp des Wechselrichters betreffen und soll die mehrmalige Anfahrt einer Fachkraft vermeiden. Für die Erfüllung dieser Informationspflicht können ca. zehn Minuten veranschlagt werden. Zuzüglich der Versandkosten in Höhe von 0,55 Euro, ergeben sich bei 315 000 Anlagen rund eine Million Euro Gesamtkosten.

c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung steigt nur geringfügig. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber von Verteilernetzen von der Möglichkeit gemäß § 10 Gebrauch machen werden, eine freiwillige Selbstverpflichtung bei der Bundesnetzagentur vorzulegen. Über diese Selbstverpflichtung müsste die Bundesnetzagentur dann eine Festlegung treffen. Zudem könnte sich im Rahmen der allgemeinen Aufsichtspflichten für die Dauer der Nachrüstung zusätzlicher Aufwand für die Regulierungsbehörden und die zuständigen Landesbehörden ergeben. Es wird davon ausgegangen, dass die Aufgaben mit dem vorhandenen Personal erledigt werden können.

3. Weitere Kosten

Die Kosten der Nachrüstung an den Wechselrichtern der betroffenen PV-Anlagen werden auf 170 Millionen Euro geschätzt zuzüglich administrativer Kosten bei den Betreibern von Verteilernetzen in Höhe von ca. 20 Millionen Euro. Die Kosten werden je zur Hälfte über die Netzentgelte und die EEG-Umlage gewälzt. Dies bedeutet einen Anstieg der Netzentgelte für die Dauer des Nachrüstungsprozesses (drei Jahre) um durchschnittlich 0,0065 Cent je Kilowattstunde (die EEG-Umlage wird sich in dem gleichen Zeitraum um 0,008 Cent je Kilowattstunde erhöhen); beide Erhöhungen werden von den Stromverbrauchern getragen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausbreitung von PV-Anlagen, ist regional mit einem unterschiedlichen Anstieg der Netzentgelte zu rechnen.

B. Im Einzelnen

Zu § 1

Die Vorschrift regelt den Zweck der Verordnung.

Zu § 2

Mit dieser Vorschrift wird der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung definiert. In Nummer 1 werden die PV-Anlagen im Niederspannungsnetz nach Leistungsklasse und Datum der Inbetriebnahme näher bestimmt. PV-Anlagen am Niederspannungsnetz wurden seit Mai 2001 nach den Anschlussbedingungen der VDEW-Richtlinie "Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz - Richtlinie für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz" (VDEW, 4. Ausgabe 2001 mit VDN-Ergänzungen von 2004 und 2005) installiert. Die dort genannten Abschaltwerte führen nach heutigem Kenntnisstand zu einer Systemgefährdung und müssen daher entsprechend der Verordnung angepasst werden. Seit dem 01. Januar 2012 ist die VDE-AR-N 4105 (Stand: August 2011) in Kraft, die das Problem für Neuanlagen behebt.

Mit Nummer 2 werden die betroffenen PV-Anlagen im Mittelspannungsnetz nach Leistungsklasse und Datum der Inbetriebnahme definiert. Im Mittelspannungsnetz werden PV-Anlagen mit einer installierten maximalen Leistung von mehr als 30 Kilowatt erfasst, die nach dem 30. April 2001 installiert wurden. PV-Anlagen im Mittelspannungsnetz wurden seit Dezember 1998 nach der VDEW-Richtlinie "Eigenerzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz" (2. Ausgabe 1998) installiert. Die dort genannten Abschaltwerte für den Überfrequenzschutz führen nach heutigem Kenntnisstand zu einer Systemgefährdung und müssen entsprechend der Verordnung angepasst werden. Seit dem 1. Januar 2009 ist die Technische Richtlinie des BDEW für "Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz" (Stand Juni 2008) in Kraft, die das Problem für Neuanlagen behebt.

Die PV-Anlagen werden nach Leistungsklassen differenziert. Als (Nominal-) Leistung des PV-Generators wird die Leistung bezeichnet, die sich aus der Summe der Nennleistungen aller eingesetzten Module entsprechend den Herstellerangaben ergibt. Diese Leistung wird vielfach auch als "Spitzenleistung" oder "maximale Leistung" mit der Dimension Wp bzw. kWp ("Wattpeak" bzw. "Kilowattpeak") bezeichnet. Von der Verordnung werden Anlagen mit einer installierten maximalen Leistung von mehr als 10 kW erfasst.

Zu § 3

Die Vorschrift definiert die im Folgenden in der Rechtsverordnung verwendeten Begriffe, soweit sie von den Begriffbestimmungen des § 3 des Energiewirtschaftsgesetz abweichen oder dort nicht enthalten sind. Dementsprechend gelten für Begriffe die nicht in der Rechtsverordnung neu oder abweichend bestimmt sind, die Begriffsbestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes.

Der Anlagenbegriff der Verordnung soll § 3 Nummer 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entsprechen. Da im EnWG und im EEG ein unterschiedlicher Anlagenbegriff gilt, ist eine Bestimmung notwendig. Da als Grundlage für die Nachrüstung die Daten des Stammdatenregisters nach dem EEG dienen, muss auch der Anlagenbegriff der Verordnung dem EEG-Anlagenbegriff entsprechen, um eine einheitliche Handhabung im Rahmen der Umsetzung der Nachrüstungspflicht durch die Verteilnetzbetreiber zu gewährleisten. Die Verwendung des Energieanlagebegriffes des § 3 Nr. 15 des Energiewirtschaftsgesetz erfasst zwar den betroffenen Wechselrichter, jedoch können an eine "Anlage" nach Stammdatenregister mehrere Wechselrichter angeschlossen sein.

Darüber hinaus ist die Verwendung des Anlagenbegriffes des § 6 Absatz 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geboten, da nur so sichergestellt werden kann, dass eine einheitliche und widerspruchsfreie Erstattung der Nachrüstungskosten an die Netzbetreiber über die EEG-Umlage erfolgt.

Die Definition des Begriffs des Betreibers in Nummer 2 dient der Klarstellung, dass unabhängig vom Eigentum nur der wirtschaftlich betroffene Nutzer Adressat der sich aus der Rechtsverordnung ergebenden Rechte und Pflichten sein soll. Eine wirtschaftliche Nutzung meint dabei, dass derjenige Nutzer einer Anlage ist, dem im Sinne des § 16 EEG der Vergütungsanspruch zusteht.

Mit Nummer 3 wird die Entkupplungsschutzeinrichtung definiert, die nach § 7 der Verordnung ebenfalls umzurüsten ist. Vereinzelt ist zwischen der Anlage und dem Netzanschluss eine so genannte Entkupplungsschutzeinrichtung installiert, die als übergeordnete Sicherung dient, um in einem Störungsfall die Anlage vom Netz zu trennen.

Zu § 4

Mit der Vorschrift werden die Betreiber von Verteilernetzen dazu verpflichtet, die Wechselrichter von nach § 2 Nummer 1 betroffenen Anlagen entsprechend den beschriebenen technischen Anforderungen nachzurüsten. Die Absätze 1 bis 3 sind dabei als Rangfolge zu verstehen, wobei Absatz 1 die optimale Lösung darstellt, Absatz 2 eine vertretbare und Absatz 3 eine noch zu tolerierende Lösung. Absatz 4 und 5 beschreiben die Fälle, in denen eine Nachrüstung entbehrlich ist.

In Absatz 1 wird eine Nachrüstung nach den Abschnitt en 5.7.3.3 und 5.7.3.4 der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105:2011-08 gefordert. Bei dieser Variante wird innerhalb eines Frequenzbereichs von 50,2 Hz und 51,5 Hz die Wirkleistungs-Einspeisung der Anlage, in Abhängigkeit einer Frequenzreduzierung bzw. eines Frequenzanstiegs, permanent auf einer Frequenz-Kennlinie auf und ab bewegt.

Im Absatz 2 wird eine Nachrüstung nach den Kapiteln 2.5.3 und Bild 2.5.3-1 sowie Kapitel 5.7.1 der Richtlinie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. "Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz" gefordert. Bei dieser Variante wird innerhalb eines Frequenzbereichs von 50,2 Hz und 51,5 Hz die Wirkleistungs-Einspeisung der Anlage im Falle eines Frequenzanstiegs auf einer Frequenz-Kennlinie ab bewegt und im Falle einer Frequenzreduzierung auf den letzten erreichten Einspeisewert der Wirkleistung eingefroren.

Im Absatz 3 werden Frequenzwerte für die An- und Abschaltung von Wechselrichtern im Niederspannungsnetz definiert. Der Frequenzbereich im Niederspannungsnetz umfasst einen Bereich von 50,25 Hz bis 51,00 Hz. Dabei wurde berücksichtigt, dass für Netzersatzanlagen, die für einen kurzzeitigen Inselbetrieb von Verteilnetzabschnitten eingesetzt werden, ein Frequenzbereich von 51,00 Hz bis 52,00 Hz ermöglicht wird.

Mit Absatz 4 wird geregelt, dass PV-Anlagen, bei denen keine der Umrüstvarianten der Absätze 1 bis 3 möglich ist, von der Umrüstungspflicht ausgenommen werden. In der Studie "Auswirkungen eines hohen Anteils dezentraler Erzeugungsanlagen auf die Netzstabilität bei Überfrequenz & Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu deren Überwindung" vom Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik (IFK) und der Ecofys Germany GmbH, wurde ermittelt, dass über die Gesamtheit der umgerüsteten Wechselrichter mit den definierten Varianten in den Absätzen 1 bis 4 die Systemsicherheit gewährleistet wird. Wenn also eine Umrüstung ausgehend von Absatz 1 möglich ist, ohne die Kosten für die Anschaffung und Installation eines neuen, qualitativ gleichwertigen Wechselrichters zu übersteigen, dann ist die Variante nach Absatz 1 zu wählen. Sollte eine Umrüstung nach dem jeweiligen Absatz wirtschaftlich nicht vertretbar sein, weil zum Beispiel mit den anfallenden Kosten ein neuer qualitativ gleichwertiger Wechselrichter angeschafft und installiert werden könnte, ist der jeweils nachfolgende Absatz zu wählen. Auf die Gesamtheit aller nachzurüstenden PV-Anlagen betrachtet, kann deshalb bei den Anlagen auf eine Nachrüstung verzichtet werden, bei denen eine Nachrüstung nur durch einen Tausch des Wechselrichters möglich wäre; gleichsam eine Härtefallregelung. Die hohen Kosten eines Wechselrichtertausches sollen damit vermieden werden.

Mit Absatz 5 wird eine weitere Ausnahme zugelassen. PV-Anlagen, die nach dem "Technischen Hinweis: Übergangsregelung zur frequenzabhängigen Wirkleistungssteuerung von Photovoltaik-Anlagen am Niederspannungsnetz" installiert wurden, sind ebenfalls von der Nachrüstung befreit. Der technische Hinweis wurde während der Überarbeitung der VDEW-Richtlinie "Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz - Richtlinie für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz" (VDEW, 4. Ausgabe 2001 mit VDN-Ergänzungen von 2004 und 2005) bis 31. Dezember 2011 genutzt, um Neuanlagen bereits vor dem Inkrafttreten der VDE-AR-N 4105 am 1. Januar 2012 entsprechend der Anforderungen dieser Norm installieren zu können. Die Übergangsregelung entspricht weitgehend der Nachrüstvariante nach Absatz 3, so dass diese bereits installierten PV-Anlagen keiner weiteren Nachrüstung bedürfen. Der Konformitätsnachweis über die Nachrüstung nach dieser Vorschrift sollte den betreffenden Betreibern von Verteilernetzen und Betreibern von PV-Anlagen vorliegen.

Zu § 5

Die Vorschrift entspricht der Regelung des § 4 mit dem Unterschied, dass sie auf Anlagen im Mittelspannungsnetz Anwendung findet. Da die VDE-Anwendungsregel, auf die in § 4 Absatz 1 Bezug genommen wird, ausschließlich auf Anlagen im Niederspannungsnetz Anwendung findet, scheidet sie als Variante für die Mittelspannung aus. Es bleiben damit nur zwei Nachrüstungsvarianten im Mittelspannungsnetz.

Im Absatz 1 wird eine Nachrüstung nach den Kapiteln 2.5.3 und Bild 2.5.3-1 sowie Kapitel 5.7.1 der Richtlinie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. "Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz" gefordert. Bei dieser Variante wird innerhalb eines Frequenzbereichs von 50,2 Hz und 51,5 Hz die Wirkleistungs-Einspeisung der Anlage im Falle eines Frequenzanstiegs auf einer Frequenz-Kennlinie ab bewegt und im Falle einer Frequenzreduzierung auf den letzten erreichten Einspeisewert der Wirkleistung eingefroren.

Im Absatz 2 werden Frequenzwerte für die An- und Abschaltung von Wechselrichtern im Mittelspannungsnetz definiert. Bei den Einstellwerten im Mittelspannungsnetz wurde berücksichtigt, dass die Einstellungen des Ab- und Anschaltwertes im Niederspannungsnetz aufgrund der Netzersatzanlagen, in einem Frequenzbereich zwischen 50,25 Hz bis 51,00 Hz festgelegt wurden. Um über die gesamte Anlagenpopulation der Photovoltaikanlagen ein optimales An- und Abschaltverhalten zu erreichen, werden die An- und Abschaltwerte im Mittespannungsnetz in einem Bereich von 51,00 Hz bis 51,50 Hz festgelegt.

In Absatz 3 findet sich die Härtefallklausel für das Mittelspannungsnetz, die für das Niederspannungsnetz in § 4 Absatz 4 geregelt wird.

Zu § 6

Die Betreiber von Verteilernetzen werden nach den §§ 4 und 5 zur Durchführung der Nachrüstung verpflichtet. Ihnen liegen allerdings nicht alle zur Nachrüstung notwendigen technischen Informationen vor. Insbesondere fehlen Informationen dazu, nach welcher Variante der einzelne Wechselrichter nachgerüstet werden kann. Diese Information wird dem Betreiber von Verteilernetzen von dem Betreiber von Übertragungsnetzen in dessen Netz er mittelbar oder unmittelbar angeschlossen ist, mithilfe von Informationen seitens der Wechselrichterhersteller, geliefert. Da der Betreiber von Übertragungsnetzen für die Systemstabilität verantwortlich ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Auswahl der Nachrüstvarianten den Prioritäten entsprechend vorgenommen wird.

Auch die Frequenzwerteinstellung sollte zentral geschehen, um eine gleichmäßige

Verteilung der Werte zu gewährleisten. Deshalb soll der Betreiber von Übertragungsnetzen auch die Verteilung der Frequenzeinstellungen nach § 4 Absatz 3 und § 5 Absatz 2 bestimmten. Jeder Betreiber von Übertragungsnetzen nimmt eine Verteilung der Frequenzwerte für seine Regelzone vor und übermittelt diese Daten an den Betreiber von Verteilernetzen. Es handelt sich hierbei um die Übermittlung nicht personenbezogener Daten.

Zu § 7

Soweit zwischen der Anlage und dem Netzanschluss Entkupplungsschutzeinrichtungen installiert sind, müssen auch diese nachgerüstet werden, da die Einstellung des Wechselrichters ansonsten gar nicht greifen würde. Die Sicherungen der Entkupplungsschutzeinrichtung würde die Anlagen wie bisher gleichzeitig vom Netz trennen. Für die Nachrüstung der Entkupplungsschutzeinrichtungen sind keine weiteren Informationen erforderlich. Mit Satz 2 wird bestimmt, dass sie mit dem einheitlichen höchsten bzw. niedrigsten Frequenzwert auszustatten sind, um zu gewährleisten, dass die Einstellung des Wechselrichters wirken kann und die Systemsicherheit gewährleistet ist.

Zu § 8

Mit Absatz 1 werden die Betreiber von Verteilernetzen verpflichtet, die Wechselrichter und Entkupplungsschutzeinrichtungen durch eine fachkundige Person nachrüsten zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der spezifischen Anforderungen im Zusammenhang mit Wechselrichtern nicht jeder ausgebildete Elektroinstallateur in der Lage ist, die Nachrüstung nach den Anforderungen der §§ 4 und 5 durchzuführen. Um ein schnelles Nachrüstungsverfahren garantieren zu können und durch falsche Umrüstungen unnötige Kosten zu vermeiden, ist deshalb eine Einschränkung des Personenkreises der Fachkräfte erforderlich. Bezüglich der Anforderung nach Absatz 1 Nummer 1 ist ausreichend, dass eine Eintragung in das Verzeichnis irgendeines Betreibers von Verteilernetzen erfolgt ist.

Um zu vermeiden, dass durch die Beauftragung eines "fremden" Installateurs noch bestehende Garantieansprüche der Betreiber von PV-Anlagen gegenüber dem Hersteller des Wechselrichters erlöschen würden, wird ihnen in Satz 3 die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb der Frist nach Absatz 2 Wünsche bei der Auswahl des Installateurs zu äußern. Sofern das Erlöschen einer Garantie droht und der gewünschte Installateur die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, ist dem Wunsch des Betreibers der PV-Anlagen Folge zu leisten. Allerdings hat in diesem Fall der Betreiber der PV-Anlagen die zusätzlichen Kosten zu tragen. Zusätzliche Kosten können insbesondere dadurch anfallen, dass die Beauftragung der vom Betreiber der PV-Anlagen gewünschten fachkundigen Person höhere Kosten verursacht, als nach Rahmenvertrag vom Betreiber des Verteilernetzes vorgesehene fachkundige Person.

Mit Absatz 2 und 3 werden die Maßnahmen des Betreibers von Verteilernetzen gegenüber den Betreibern von PV-Anlagen genauer geregelt. Jeder Betreiber von Verteilernetzen verfügt über die Adressen aller Betreiber von PV-Anlagen, die an sein Netz angeschlossen sind und Angaben zur Leistung der jeweiligen PV-Anlage. Um allerdings einem Installateur einen konkreten Auftrag zur Nachrüstungsvariante in Bezug auf den jeweiligen Wechselrichter erteilen zu können, sind weitere Informationen erforderlich. Beispielsweise zum Herstellertyp, der Seriennummer und der Lage des Wechselrichters. Welche Variante der Nachrüstung möglich ist, bestimmt sich nach Typ und Seriennummer des Wechselrichters. Nur so kann der beauftragte Installateur ausreichend vorbereitet sein, um eine erneute kostenproduzierende Anfahrt zu vermeiden. Mit der Bestimmung einer Mindestfrist von 4 Kalenderwochen in Absatz 2 soll den Betreibern der PV-Anlagen ausreichend Zeit gegeben werden, die notwendigen Informationen zu übermitteln. Mit Absatz 3 wird eine Mindestfrist von ebenfalls 4 Kalenderwochen für die Ankündigung des Besuchs der fachkundigen Person vorgeschrieben.

Um sicherzustellen, dass die Nachrüstung zügig durchgeführt wird, sind die in Absatz 5 genannten Fristen den Betreibern der Verteilernetze einzuhalten. Um in dem ersten Zeitabschnitt bis zum 31. August 2013 bereits einen Grossteil der Leistung zu erfassen, soll der Nachrüstungsprozess mit PV-Anlagen mit einer installierten maximalen Leistung von mehr als 100 Kilowatt beginnen.

Zu § 9

Die Vorschrift regelt die Pflichten der Betreiber von PV-Anlagen.

Nach Absatz 1 sind die Betreiber von PV-Anlagen verpflichtet, die nach § 8 Absatz 2 angeforderten Informationen innerhalb der gesetzten Frist zu übermitteln. Um die Art der Nachrüstung bestimmen zu können und eine zusätzliche Anfahrt des Installateurs zu vermeiden sind für den Betreiber von Verteilernetzen beispielsweise Informationen über den Typ, den Hersteller und den Standort des Wechselrichters wichtig.

Absatz 2 verpflichtet die Betreiber von PV-Anlagen, die Nachrüstung zu ermöglichen, d.h. der vom Verteilernetzbetreiber beauftragten fachkundigen Person Zugang zu dem Wechselrichter zu gewähren und Arbeiten am Wechselrichter zu ermöglichen. Dies bedeutet auch, dass er für den Zeitraum der Nachrüstung die Trennung seiner PVAnlage vom Netz zu dulden hat. Schadensersatzansprüche entstehen ihm dadurch nicht. Für schuldrechtliche Ansprüche fehlt es im Fall einer ordnungsgemäßen Nachrüstung schon an der Pflichtverletzung, § 12 EEG greift nicht, da die Ursache der Abregelung kein Netzengpass ist.

Da es sich bei dem Vertrag zwischen dem Betreiber von Verteilernetzen und einer sachkundigen Person über die Vornahme der Nachrüstung um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handelt, kann der Betreiber der PV-Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz für die im Rahmen der Nachrüstung verursachten Schäden verlangen.

Um den Betreibern von PV-Anlagen ausreichend Flexibilität zu gewähren, besteht die Möglichkeit, bei Bedarf einen neuen Termin für die Nachrüstung vorzuschlagen.

Sollten die Betreiber von PV-Anlagen ihren Pflichten nach dieser Verordnung nicht nachkommen, können Netzbetreiber die Zahlung der EEG-Einspeisevergütung dauerhaft einbehalten, bis der Betreiber der PV-Anlagen seinen Pflichten nachkommt (siehe dazu § 66 Nummer 14 des EEG-Entwurf Bundestagsdrucksache 17/8877).

Zu § 10

Mit dieser Verordnung werden die Betreiber von Verteilernetzen zur Durchführung einer Nachrüstung verpflichtet, die nicht bereits originär zu den Aufgaben des Netzbetriebs eines Verteilernetzbetreibers zählen. 50 Prozent der zusätzlich entstehenden Kosten werden nach § 35 Absatz 1 b EEG-Entwurf Bundestagsdrucksache 17/8877 über die EEG-Umlage gewälzt und damit auf alle Stromkunden umgelegt.

Mit Absatz 1 wird bestimmt, dass die verbleibenden 50 Prozent der zusätzlichen Kosten für die Nachrüstung der Wechselrichter im Rahmen der Netzentgelte geltend gemacht werden können.

Mit Absatz 2 wird geregelt, dass die zusätzlich entstehenden Kosten als dann dauerhaft nicht beeinflussbar gelten, wenn die Voraussetzungen des § 11 Absatz 2 Satz 2 und 4 der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) erfüllt werden.

Absatz 3 stellt klar, dass in diesem Fall die Voraussetzungen des § 11 Absatz 4 dann erfüllt werden, wenn eine umfassende Regulierung des Nachrüstungsprozesses durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Netzbetreiber erfolgt und die Regulierungsbehörde dies nach § 32 Absatz 1 Nummer 4 festgelegt hat. Die freiwillige Selbstverpflichtung wird insbesondere Vorgaben für die Ausschreibung der Dienstleistung und die Auswahl der Installateure machen. Außerdem kann der Nachweis gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2b EEG - E durch einen in der freiwilligen Selbstverpflichtung festgelegten Kostennachweis ersetzt werden.

Um das Verfahren durch das Erfordernis der Festlegung nicht zu verzögern, ist die Bundesnetzagentur nach Absatz 4 an eine Frist von acht Wochen nach Vorlage der freiwilligen Selbstverpflichtung gebunden, um die Festlegung zu treffen. Zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs, ist die Festlegung durch die Bundesnetzagentur zu treffen. Um außerdem ein effizientes Verfahren gewährleisten zu können, wird der Bundesnetzagentur die Möglichkeit eingeräumt, auch Bestimmungen zur Verpflichtung zur Anpassung pauschaler Kostensätze zu treffen.

Absatz 5 regelt, dass die Kostenregelung nach Absatz 1 Satz 1 auch auf geschlossene Verteilernetzbetreiber Anwendung finden soll.

Die Anerkennung der Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbar ist gerechtfertigt, da es sich bei der Nachrüstung um ein Aufgabe handelt, die den Betreibern von Verteilernetzen vom Verordnungsgeber aufgegeben wird, ohne das ein originärer Bezug zum Netzbetrieb besteht. Die Kosteneffizienz ist durch das beschriebenen Verfahren gewährleistet.

Zu § 11

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 2082:
Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes

Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben geprüft.

Ziel des Regelungsvorhabens ist es, eine Systemgefährdung für das Elektrizitätsversorgungsnetz, die von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) mit einer Leistung von mehr als 10 Kilowatt ausgeht, zu beseitigen. Hierzu ist es erforderlich, die Wechselrichter von etwa 315.000 bestehenden PV-Anlagen umzurüsten.

I. Abschätzung und Darstellung des Erfüllungsaufwands

Das Ressort hat die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand und die weiteren Kosten nachvollziehbar dargestellt. Danach führt das Regelungsvorhaben in einem Zeitraum von drei Jahren zu einem einmaligen Umstellungsaufwand der Wirtschaft von rund 191 Mio. Euro.

Betreiber von Verteilernetzen werden verpflichtet, die erforderlichen Nachrüstungen innerhalb von drei Jahren durch von Ihnen beauftragte Fachkräfte auszuführen. Der Erfüllungsaufwand, der Verteilernetzbetreibern im Zuge der Umrüstung entsteht, wird auf rund 190 Mio. Euro geschätzt und setzt sich wie folgt zusammen:

Die Kosten von rund 190 Mio. Euro, die Verteilernetzbetreibern durch die Nachrüstung entstehen, werden je zur Hälfte auf die EEG-Umlage und die Netzentgelte gewälzt, so dass sie letztlich von den Stromkunden getragen werden.

Der Erfüllungsaufwand für Betreiber der nachzurüstenden PV-Anlagen wird auf rund 1 Mio. Euro geschätzt und resultiert aus der Verpflichtung, für die Nachrüstung notwendige Informationen an den betreffenden Verteilernetzbetreiber zu übermitteln. Der Schätzung wurden pro Anlage ein Zeitaufwand von 10 Minuten, Arbeitskosten von 20 Euro/Stunde und 315.000 Anlagen zugrunde gelegt.

II. Darstellung der Alternativen

Das Ressort hat mögliche Regelungsalternativen zur Lösung des 50,2 Hertz-Problems dargestellt.

Danach wird das grundsätzliche Erfordernis zur Nachrüstung der betroffenen 315.000 PV-Anlagen als alternativlos angesehen, um die Systemstabilität zu gewährleisten. Diese Auffassung spiegelt sich im Wesentlichen auch in den Stellungnahmen wider, die von den Verbänden zum Regelungsvorhaben abgegeben wurden.

Mit dem vorliegenden Regelungsvorhaben werden im Wesentlichen die Verteilernetzbetreiber verpflichtet, die erforderlichen Nachrüstungen innerhalb von drei Jahren durch von Ihnen beauftragte Fachkräfte zu organisieren und auszuführen. Die daraus resultierenden Kosten werden über die EEG-Umlage und Netzentgelte auf die Endverbraucher gewälzt.

Alternativ könnten die Betreiber der PV-Anlagen verpflichtet werden, die Umrüstung auf eigene Kosten zu organisieren und ausführen zu lassen. Mit dieser Variante würde eine zusätzliche Kostenbelastung für den einzelnen Stromkunden entfallen. Allerdings befürchtet das Ressort, dass sich der Nachrüstungsprozess entscheidend verzögern würde, da zahlreiche Anlagenbetreiber die Nachrüstung auf eigene Kosten zunächst verweigern würden.

Der administrative Aufwand läge bei dieser Alternative größtenteils bei den Anlagebetreibern. Die Verteilnetzbetreiber wären lediglich verpflichtet, die Anlagenbetreiber zur Umrüstung aufzufordern und zu kontrollieren. Da nunmehr jedoch jeder einzelne Anlagenbetreiber die Umrüstung organisieren müsste, wäre der administrative Aufwand insgesamt voraussichtlich höher als bei gesammelter Beauftragung durch die jeweiligen Verteilnetzbetreiber.

Bei den Kosten für die technische Umrüstung geht das Ressort davon aus, dass diese ebenfalls bei max. 170 Mio. Euro lägen. Die Anlagenbetreiber hätten zwar bei eigener

Kostentragung ein großes Interesse an einer effizienten Umrüstung. Andererseits entfielen aber Synergieeffekte, die im Falle einer Steuerung der Umrüstung durch den Verteilnetzbetreiber bestehen.

III. Votum

Das Ressort hat die Auswirkungen des Regelungsvorhabens auf Erfüllungsaufwand und weitere Kosten sowie mögliche Regelungsalternativen nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Lechner
Vorsitzender Berichterstatter