Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz

Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 1 BfJG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob in Artikel 1 § 2 Abs. 1 die Wörter ", der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten" gestrichen werden können.

Begründung

Nach § 2 Abs. 1 BfJG-E nimmt das Bundesamt u.a. Aufgaben des Bundes auf den Gebieten des Registerwesens, des internationalen Rechtsverkehrs, der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und der allgemeinen Justizverwaltung wahr die ihm durch dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze oder auf Grund dieser Gesetze zugewiesen werden. Im Bereich der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten wird als einziges Beispiel das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) genannt (vgl. BR-Drs. 258/06 (PDF) , allgemeine Begründung, S. 13 Nr. 8). Der Deutsche Bundestag hat seine Beratungen zu diesem Gesetzentwurf noch nicht abgeschlossen. Der Bundesrat hat am 10. Februar 2006 zu dem Entwurf des EHUG eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen, BR-Drs. 942/05(B) HTML PDF . Die Wörter "der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten" ergeben daher derzeit noch keinen Sinn.

Im Übrigen bilden der Entwurf des EHUG sowie die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die jedenfalls bisher noch in diesem Gesetzentwurf vorgesehen sind, ein Gesamtpaket, zu dem die parlamentarischen Beratungen noch nicht abgeschlossen sind. Da derzeit noch keine Entscheidung darüber getroffen ist ob die Einführung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Handelsregisterwesens sachgerecht ist, und zum anderen eine abschließende Beratung in Bundestag und Bundesrat über das Gesamtpaket noch aussteht, sollte geprüft werden, die entsprechende Textpassage zu streichen, wenn sie nicht aus sonstigen Gründen gerechtfertigt werden kann.

2. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 1 BfJG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Überführung der Aufgaben der derzeit beim Amtsgericht Schöneberg geführten Hauptkartei für Testamente einschließlich der Nichtehelichenkartei in die Verwaltungszuständigkeit des Bundes sowie die Zuweisung dieser Aufgaben an das zu errichtende Bundesamt für Justiz zu prüfen.

Begründung

Die Tätigkeit der Hauptkartei für Testamente im Rahmen des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen ist keine originäre gerichtliche Aufgabe und wird vom Amtsgericht Schöneberg für das gesamte Bundesgebiet ausgeübt.

Für die Zuordnung dieser Tätigkeit an das Amtsgericht Schöneberg besteht kein zwingender sachlicher Grund. Es entspräche vielmehr dem Zweck der Errichtung eines Bundesamts für Justiz, Verwaltungstätigkeiten aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz sowie anderer Ressorts zu bündeln wenn die Aufgaben der Hauptkartei für Testamente vom Bundesamt für Justiz übernommen würden. Dort sollen auch weitere Registertätigkeiten zusammengefasst werden, so dass dort angesiedeltes Fachwissen auch für die Arbeit der Hauptkartei für Testamente genutzt werden könnte. Langfristig könnte die Hauptkartei für Testamente Grundstein für ein zu errichtendes nationales Testamentsregister sein.

3. Zu Artikel 4 Abs. 8 (Änderung sonstiger Vorschriften)

Artikel 4 Abs. 8 ist wie folgt zu fassen:

(8) Artikel 2 des Gesetzes zum Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnr. 319-10, veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. März 1971 (BGBl. 1971 II S. 105) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"Artikel 2

Die Aufgaben der Empfangs- und Übermittlungsstelle im Sinne des Artikels 2 des Übereinkommens nimmt das Bundesamt für Justiz in eigener Zuständigkeit wahr."

Begründung

Die bisherige Trennung der Aufgabenwahrnehmung nach Artikel 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, nach der für ausländische Gesuche der Bund und für deutsche Gesuche die Länder zuständig sind, ist nicht sachgerecht.

Eine Zusammenführung der Aufgaben bei dem Bundesamt für Justiz ist im Interesse eines einheitlichen Vollzugs des Übereinkommens geboten.

Dadurch werden nicht nur ein Gleichlauf der Verfahren und Synergieeffekte im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung mit geringeren Personal- und Sachkosten erreicht sondern insbesondere Aufgaben im europäischen und internationalen Rechtsverkehr gebündelt und somit der europäische und internationale Justizverkehr gestärkt. Es ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb etwa im Anwendungsbereich des Auslandsunterhaltsgesetzes bereits gegenwärtig der Bund sowohl für ein- als auch ausgehende Gesuche zuständig ist (vgl. Artikel 4 Abs. 10 des Gesetzentwurfs), dagegen im Regelungsbereich des UN-Übereinkommens vom 20. Juni 1956 eine Splittung der Zuständigkeiten beibehalten werden sollte.

4. Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) dazu genutzt werden kann, zugleich eine kurzfristige Realisierung des Projekts eFührungszeugnis (Privat- und Behördenführungszeugnisse) zu ermöglichen.

Begründung

Es ist unbedingt notwendig, das BZRG zu ändern, wenn das Projekt eFührungszeugnis kurzfristig realisiert werden soll. Dabei müsste geregelt werden, dass die Antragstellung über das Internet bei der Meldebehörde und auch beim Bundeszentralregister zulässig ist, wenn dieses einen Zugang eröffnet; ebenso sollte eine Antragserledigung über das Internet ermöglicht werden. Gleichfalls müsste geregelt werden, dass eine Bezahlkomponente durch die Behörden und die Bürger genutzt werden kann. Das Gleiche gilt für Behördenführungszeugnisse und auch die anderen Antragsformen, wenn die Geschäftsprozesse standardisiert sind. Auch hier müsste das BZRG flexible Prozessstandards und -erledigungen erlauben.

Da im Gesetzentwurf ohnehin auch eine Änderung des BZRG vorgesehen ist, sollte diese Gelegenheit dazu genutzt werden, auch die notwendigen Änderungen des BZRG für das Projekt eFührungszeugnis aufzunehmen, um kurz- bis mittelfristig die angestrebte Elektronisierung des Geschäftsverkehrs mit dem Bundeszentralregister zu erreichen.