Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, den 27. April 2010

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Sehr geehrter Herr Präsident,

der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten


mit dem Antrag zuzuleiten, die Einbringung in den Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 7. Mai 2010 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des

Bundesdatenschutzgesetzes Das Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeines

I. Ausgangslage

Das Bundesdatenschutzgesetz konkretisiert in seinem Dritten Abschnitt die Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten im nichtöffentlichen Bereich. Die Vorschriften dokumentieren noch immer, trotz mehrfacher Änderungen, u. a. in Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie, das Bestreben, nichtöffentlichen Stellen einen größeren Spielraum bei der Verarbeitung personenbezogener Daten einzuräumen. Die weitgehende Verwendung von Generalklauseln in § 28 BDSG ("berechtigtes Interesse", "offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen") ermöglicht zwar in einer Einzelfallabwägung den Ausgleich zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen und dem Recht auf Informationsfreiheit, das die verarbeitende Stelle und jene, an die die Daten übermittelt werden, für sich in Anspruch nehmen können. Sie stößt aber u. a. dort an ihre Grenzen, wo durch flächendeckende Film- oder Fotoaufnahmen von Straßenansichten, die über Geokoordinaten lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse, dem Gebäudeeigentümer sowie den Bewohnern zugeordnet werden können, Datenschutzrechte massenhaft beeinträchtigt werden. Hier scheint der Weg über eine einzelfallbezogene Abwägung widerstreitender Interessen nicht zielführend, um einen umfassenden Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten. Denn mag es sich gegenwärtig in der überwiegenden Zahl um Fälle mit geringer Eingriffstiefe handeln, so besteht doch eine abstrakte Gefährdungslage für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, weil die weitere Verwendung der erhobenen personenbezogenen Daten bei fortschreitender Technik nur schwer prognostiziert werden kann. Unabhängig von der Frage, welches Gewicht nach gegenwärtiger Rechtslage dem Interesse des Betroffenen zukommen muss, um die Erhebung und Verarbeitung der Bilddaten verhindern zu können, wird der Einzelne oftmals seine Rechte bereits deshalb nicht durchsetzen können, da eine Pflicht zur Information der Öffentlichkeit durch das verarbeitende Unternehmen bei flächendeckendem Abfilmen von Straßenansichten gegenwärtig nicht besteht.

Konsequenz dieses unbefriedigenden Rechtszustandes kann und soll hingegen unter Würdigung der grundrechtlich geschützten Informationsfreiheit nicht ein Verbot flächendeckender Erfassung von Straßenpanoramen sein. Einem solchen Verbot faktisch gleich käme auch die Forderung nach vorab erteilten Einwilligungen der Betroffenen in die Erhebung der Daten. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es sich bei den in Rede stehenden Daten weitestgehend um öffentliche Informationen handelt, die grundsätzlich jedem, der sich auf der Straße bewegt, zugänglich sind. Um hier zu einer praktikablen, zugleich aber umfassenden Schutz gewährleistenden Lösung zu gelangen, müssen den verarbeitenden Stellen - unabhängig von einer Einzelfallabwägung - umfassende Pflichten zur Anonymisierung auferlegt werden. Zugleich sind sie zu verpflichten, die Öffentlichkeit in wirksamer Weise über die Durchführung der großflächigen Datenerhebung zu informieren, um den Einzelnen in den Stand zu setzen, von seinen Rechten zum Schutz der persönlichen Daten Gebrauch zu machen.

II. Inhalt des Entwurfs

Den neu gefassten bzw. eingeführten Vorschriften gelingt es, die Betroffenen umfassend zu schützen. Dabei verdeutlicht die Neufassung der §§ 28 und 29 BDSG nunmehr, in welchen Fällen bei Bildaufnahmen nicht mehr von "allgemein zugänglichen" Daten gesprochen werden kann. Zugleich wird durch die Pflicht zur Anonymisierung von Gesichtern und Fahrzeugkennzeichen bei systematisch durchgeführten, mit Geodaten verknüpften Foto- oder Filmaufnahmen vor ihrer Übermittlung gewährleistet, dass nicht länger als erforderlich ein unanonymisierter Rohdatenbestand existiert. Der neu eingeführte § 28 Absatz 4a BDSG, der auch in den Fällen des § 29 BDSG gilt, statuiert ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht von Hauseigentümern und Mietern gegen die Abbildung der Hausansicht im Internet sowie von aufgenommenen Personen gegen ihre Abbildung. Zugunsten effektiven Schutzes wird in diesen Fällen auf eine Interessenabwägung verzichtet. Zugleich wird durch den neu eingeführten § 33a BDSG die frühzeitige Information der nach § 38 BDSG zuständigen Aufsichtsbehörde und der Öffentlichkeit sichergestellt. Die genannten Pflichten der verantwortlichen Stelle werden durch neue Bußgeldtatbestände in § 43 BDSG flankiert.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht des Bundesdatenschutzgesetzes nimmt am Gesetzesrang teil. Dies hat zur Folge, dass sie durch den Gesetzgeber mit geändert werden muss, soweit sich - wie hier - Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes auf die Inhaltsübersicht auswirken.

Zu Nummer 2 ( § 28 BDSG)

Zu Buchstabe a.

Bei der Abbildung von Straßenansichten von einer öffentlichen Straße aus handelt es sich grundsätzlich um die Erhebung öffentlich zugänglicher Daten. Durch die Einführung eines neuen Satzes 2 in Absatz 1 wird für die Fälle von Bildaufnahmen - sei es durch Foto oder Film - klargestellt, dass die Daten dann nicht "allgemein zugänglich" sind, wenn sie unter Entfernung oder Überwindung, also der bewussten Beseitigung blickschützender Vorrichtungen, wie beispielsweise Hecken oder Mauern, erhoben werden. Ausschlaggebend für diese Bewertung ist der Umstand, dass in den genannten Fällen eine Perspektive gewählt wird, die derjenigen eines typischen Benutzers des öffentlich zugänglichen Verkehrsraums nicht mehr entspricht. Die hier gewählte Lösung beachtet den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Sie steht zum einen im Einklang mit dem urheberrechtlich Prinzip der Panoramafreiheit ( § 59 Urheberrechtsgesetz) und berücksichtigt zum anderen den Umstand, dass bürgerlichrechtlich die Fotografie fremden Eigentums dann einen Unterlassungsanspruch auslösen kann, wenn die Entscheidung des Eigentümers, andere vom Zugang bzw. Anblick der Sache auszuschließen, nicht respektiert wird. Dies gilt es mit der Einführung des zweiten Halbsatzes klarzustellen.

Über diese Fallgruppe des Entfernens oder Überwindens eines Sichtschutzes hinaus bleibt es auch nach der Neuregelung gem. § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG dabei, dass die Erhebung etc. im Übrigen zulässig bleibt, soweit nicht die Interessen des Betroffenen offensichtlich überwiegen. Ein hinreichender Schutz der Betroffenen wird bereits durch die auf Tatbestandsseite neu aufgenommene Konkretisierung dessen, was als "allgemein zugänglich" beim Abfilmen und Fotografieren von Häusern gilt, erreicht.

Zu Buchstabe b.

§ 28 Absatz 1 Satz 3 legt der verarbeitenden Stelle darüber hinaus Pflichten zur weitgehenden Anonymisierung auf. Nicht nur Bilder von Personen bzw. ihren Gesichtern, sondern auch Aufnahmen von beweglichen und unbeweglichen Sachen können personenbezogene Daten darstellen, wenn sie durch zusätzliche Informationen einen konkreten Personenbezug erlangen. Besonders deutlich wird dies beim Fahrzeugkennzeichen, das als Identifizierungsmerkmal die Rückführung auf eine bestimmte Person eindeutig ermöglicht. Dies rechtfertigt es, von der verarbeitenden Stelle eine Unkenntlichmachung vor der Übermittlung zu verlangen. Eine Pflicht zur Unkenntlichmachung bereits bei der Bildaufnahme - also der Datenerhebung - und der digitalen Speicherung besteht nicht, da diese gegenwärtig technisch nur mit erheblichem Aufwand erreicht werden könnte.

Tatbestandlich erfasst wird lediglich die systematisch erfolgende fotografische oder filmische Abbildung von Straßenansichten, die mit Geodaten verknüpft werden, also einer Position im geographischen Raum zugeordnet werden können (georeferenziert). Um eine systematische Übermittlung im Sinne des Gesetzes handelt es sich insbesondere dann, wenn die Daten im Rahmen eines Geodatendienstes an abfragende Nutzer über das Internet allgemein zugänglich gemacht werden. Vom Begriff nicht erfasst werden hingegen vereinzelte Veröffentlichungen digitaler Foto- oder Filmaufnahmen von Stadtansichten, beispielsweise im Rahmen einer Werbekampagne.

Das bei der Aufnahme entstandene und gespeicherte unanonymisierte Datenrohmaterial ist nach Satz 4 von der verantwortlichen Stelle nach erfolgter Verarbeitung zu löschen, ohne dass der Betroffene widersprechen muss.

Zu Buchstabe c.

Das durch Absatz 4a eingeführte Widerspruchsrecht der Hauseigentümer und Mieter ist erforderlich, weil auch nach der Neuregelung der §§ 28 und 29 die digitale Abbildung von Gebäudeansichten grundsätzlich zulässig bleibt, soweit sie von öffentlichem Grund aus und ohne Entfernung oder Umgehung blickschützender Vorrichtungen erfolgt. Die Aufnahme von Gebäuden, insbesondere Hausfassaden, auf denen die Hausnummer zu erkennen ist, kann aber zur Identifizierung des Wohnorts einer bestimmten Person und zu verschiedenen Zwecken der Ausforschung (z.B. als Einbruchsobjekt) herangezogen werden. Der Hauseigentümer soll deshalb die uneingeschränkte Möglichkeit haben, der Abbildung seines Eigentums in einer veröffentlichten Straßenansicht zu widersprechen. Gleiches soll für die gleichermaßen schutzbedürftigen Mieter gelten. Auf die im Falle des § 35 Absatz 5 Satz 1 vorgesehene Interessenabwägung wird in diesem Fällen verzichtet, so dass dem Widerspruch zwingend - durch Löschung nach § 35 Absatz 2 Nr. 1 - abzuhelfen ist.

Satz 4 ergänzt die Pflicht zur Unkenntlichmachung von Gesichtern nach § 28 Absatz 1 Satz 3 um ein weitergehendes Widerspruchsrecht abgebildeter Personen. Da unter Umständen eine Verpixelung des Gesichtes nicht ausreicht, um einen Rückschluss auf eine bestimmte Person zu verhindern, können die Betroffenen auch die Unkenntlichmachung des weiteren äußeren Erscheinungsbildes (Kleidung und Statur) verlangen.

Zu Nummer 3 ( § 29 BDSG)

Da als Rechtsgrundlage für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten nichtöffentlicher Stellen im Einzelfall sowohl § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 als auch § 29 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG in Betracht kommen können, entsprechen die Änderungen des § 29 BDSG jenen des § 28 BDSG bzw. sind Folgeänderungen, so dass auf die Begründung zu Nummer 1 verwiesen werden kann.

Zu Nummer 4 ( § 33a BDSG)

Die in § 33 Absatz 1 BDSG vorgesehene Benachrichtigung des von der Datenerhebung Betroffenen wird sich bei Vorhaben zur flächendeckenden digitalen Abbildung von Straßenansichten stets als unverhältnismäßig erweisen, so dass die Ausnahme von der Benachrichtigungspflicht nach § 33 Absatz 2 Satz 1 Nr. 7a) greift. Da aber ein Bedürfnis besteht, die Öffentlichkeit über entsprechende Vorhaben zu informieren, wird die (individuelle) Benachrichtigung in diesen Fällen durch eine öffentliche Mitteilung ersetzt. Um auch jene Bevölkerungskreise zu erreichen, die nicht das Internet nutzen (insbesondere ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger) hat die Mitteilung nicht nur über das Internet zu erfolgen, sondern auch über eine Anzeige in lokalen Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem die Aufnahmen stattfinden. Zugleich muss die verantwortliche Stelle auf das Widerspruchsrecht hinweisen, dass durch Einführung des § 28 Absatz 4a erweitert wird.

Zu Nummer 5 ( § 43 BDSG)

Zu Buchstabe a. bis c.

Verstöße gegen die Anonymisierungpflichten aus § 28 Abs. 1 Satz 3 (ggf. in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 2) sollen nicht in jedem Fall als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Vorstellbar ist nämlich auch zeitweises technisches Versagen der zur Unkenntlichmachung eingesetzten Software. Maßgeblich ist vielmehr, dass die verantwortliche Stelle aus bewusster Missachtung der gesetzlichen Pflicht die Unkenntlichmachung unterlässt. Der Begriff der Beharrlichkeit, der sich auch in den §§ 184e, 238 Strafgesetzbuch findet, setzt eine Gesamtwürdigung des Verhaltens im Zusammenhang mit den konkreten Gegebenheiten voraus.

Verstöße gegen die Löschungspflichten aus § 28 Abs. 1 Satz 4 (ggf. in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 2) sind hingegen ohne Weiteres bußgeldbewehrt. Die Löschung der Daten innerhalb eines Monats nach Übermittlung wird regelmäßig ohne Weiteres möglich sein.

Entsprechend einem Verstoß gegen die Benachrichtigungspflicht (§ 43 Absatz 1 Nr. 8) ist auch der Verstoß gegen die neu eingeführte Mitteilungspflicht nach § 33a sanktionsbewehrt. Sanktionen ziehen auch der Verstoß gegen die Pflicht zur Unkenntlichmachung und die weitere Speicherung unanonymisierter Rohdaten nach sich.

Zu Buchstabe d.

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Übergangsvorschriften sind nicht erforderlich.