Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2008 an den Rat zur Rolle der Europäischen Union im Irak (2007/2181(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305610 - vom 9. April 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. März 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass in der Republik Irak seit 2005 zwei Mal Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien stattgefunden haben, eine Verfassung im Rahmen eines Referendums angenommen, die Grundlage für einen Bundesstaat geschaffen und der schwierige Prozess eingeleitet wurde, demokratische Institutionen aufzubauen,

B. in der Erwägung, dass die irakische Gesellschaft und ihre politische Führung gespalten sind und dass die Sicherheitslage in einigen Teilen des Irak nach wie vor außerordentlich prekär ist,

C. in der Erwägung, dass der Irak mit Feindseligkeiten zwischen Bevölkerungsgruppen und aufständischen Bewegungen zu kämpfen hat, die Lage im Land aber auch von einem generellen Fehlen von Rechtsstaatlichkeit gekennzeichnet ist,

D. in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage in der Republik Irak verbessert hat, die irakischen Streitkräfte jedoch weiterhin vor der schweren Aufgabe stehen, diese Verbesserung - mit internationaler Unterstützung - aufrechtzuerhalten und zu konsolidieren und dass ernsthafte Anstrengungen zur Sicherung des Wiederaufbaus und der nachhaltigen Entwicklung sowie die Fähigkeit der Europäischen Union, dem irakischen Volk Unterstützung zu leisten, von der stetigen Verbesserung der politischen Lage und der Sicherheitslage abhängen,

E. in der Erwägung, dass die irakischen Behörden während der jahrzehntelangen Diktatur eher auf eine Kontrolle der Bevölkerung als auf öffentliche Dienstleistungen ausgerichtet waren und dass die Jahre der rigoros zentralisierten Verwaltung durch die Baath-Partei zu schwerwiegenden Defiziten im Zusammenhang mit der Fähigkeit der Iraker geführt haben, den Haushalt zu verwalten und auf angemessene Weise mit den finanziellen Ressourcen umzugehen, mit dem Ergebnis, dass der öffentliche Sektor heute instabil und geschwächt ist und die Aufgabe, die Menschen im Irak mit Dienstleistungen zu versorgen, nicht vollständig als vorrangiges Wesensmerkmal verinnerlicht hat,

F. in der Erwägung, dass die Nachbarländer sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Irak einmischen dürfen und dessen Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität sowie den Wunsch der irakischen Bevölkerung, das verfassungsrechtliche und politische System mit eigener Anstrengung aufzubauen, achten müssen,

G. in der Erwägung, dass dieser Konflikt bisher 2,4 Millionen Menschen im Irak zu Binnenvertriebenen gemacht hat und dass 2,28 Millionen in die Nachbarländer geflüchtet sind, vor allem nach Syrien und Jordanien,

H. in der Erwägung, dass die Kurdenregion eine Region im Irak ist, in der ein gewisses Maß an Frieden und Stabilität gewährleistet ist und die internationale Entwicklungszusammenarbeit und Privatinvestitionen zunehmen,

I. in der Erwägung, dass die Europäische Union als globaler Akteur ihre Verantwortung für den Aufbau eines neuen, demokratischen Irak übernehmen sollte und dass die Politik der Europäischen Union gegenüber dem Irak in dem größeren Rahmen der strategischen Partnerschaft der Europäischen Union mit dem Mittelmeerraum und den Nahen Osten betrachtet werden sollte,

J. in der Erwägung, dass die Europäische Union in ihrer Unterstützung des Irak bei seinem Fortschritt in dem Bestreben, ein demokratischer Bundesstaat zu werden, strategischer vorgehen muss; in der Erwägung, dass nach Auffassung der Europäischen Union als grundlegende Voraussetzungen für eine tragende Rolle der Europäischen Union im Irak eine belastungsfähige Partnerschaft mit dem Volk des Irak, ein ständiger Einsatz der irakischen Regierung für Sicherheit, Versöhnung, Bereitschaft zur Zusammenarbeit, Anstrengungen zum Aufbau von Kapazitäten und Demokratie und Anstrengungen zur Bekämpfung von Korruption und zur Gewährleistung von Transparenz und Effizienz vorhanden sein müssen, damit sie wirksame Unterstützung leisten kann; in der Erwägung, dass die größten Herausforderungen beim Wiederaufbau institutioneller und gesellschaftlicher Art sind, vor allem Aufbau von Kapazitäten in Institutionen und Verwaltung und Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit, der Strafverfolgung und der Achtung der Menschenrechte,

K. in der Erwägung, dass die Europäische Union erkannt hat, dass sie ihre Maßnahmen auf einer Mehrjahresbasis planen muss, die über die derzeitige jährliche Planung auf der Grundlage von Sondermaßnahmen hinausgeht, wenn sie die Effizienz ihrer Hilfe verbessern will,

L. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Verwendung ihrer Ressourcen den spezifischen internen, regionalen und humanitären Herausforderungen anpassen muss, denen der Irak gegenübersteht; in der Erwägung, dass Effizienz, Transparenz und Sichtbarkeit wesentliche Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement der Europäischen Union im Irak sind,

M. in der Erwägung, dass die Lage im Irak sich, gemessen daran, dass dieses Land in den 1970er Jahren zu den Ländern mit Durchschnittseinkommen zählte, verschlechtert hat, und die Europäische Union den Einsatz ihrer Ressourcen den besonderen Umständen entsprechend anpassen muss,

N. in der Erwägung, dass die Kommission seit Dezember 2005 eine kleine Delegation in Bagdad unterhält, deren operative Abteilung ihren Sitz in Amman hat, und es ihr infolge militärischer Vorkehrungen sowie aufgrund der Sicherheitslage sehr schwer fällt in bestimmten Gebieten tätig zu werden, besonders in Bagdad selbst,

O. in der Erwägung, dass die Kommission seit 2003 über 800 Mio. Euro zur Unterstützung des Irak bereitgestellt hat (vorwiegend über den Internationalen Wiederaufbaufonds für den Irak (IRFFI)), sowie in der Erwägung, dass die EU seit 2005 über ihre im Rahmen der ESVP geschaffenen EUJUST-LEX-Mission unmittelbar an der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit beteiligt war; in der Erwägung, dass das Mandat von EUJUST LEX ein letztes Mal verlängert wurde,

P. in der Erwägung, dass die irakische Regierung zusammen mit der Weltbank und den Vereinten Nationen im Mai 2007 den "International Compact" mit dem Irak vereinbart hat der sich als Vision der irakischen Regierung für die nächsten fünf Jahre und als Hauptbezugspunkt für das Engagement der internationalen Gemeinschaft im Irak versteht mit der vollen Unterstützung der Europäischen Union als einer der Hauptsponsoren,

Q. in der Erwägung, dass die vorgenannte Resolution 1770 (2007) des UN-Sicherheitsrats das Mandat der Mission der Vereinten Nationen im Irak erheblich erweitert hat,

R. in der Erwägung, dass die Jahre des Baath-Regimes und der jahrzehntelange Krieg eine Gesellschaft hinterlassen haben, die traumatisiert ist durch Krieg, Repression, ethnische Säuberungen (auch durch den Einsatz chemischer Waffen, wie in Halabja), und die Tatsache, dass die Welt diese Verbrechen kaum zur Kenntnis genommen hat; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft und besonders die Staaten, die die Intervention unterstützt haben, eine rechtliche und moralische Verpflichtung zur und ein Sicherheitsinteresse an der Unterstützung der Bevölkerung des Irak haben und dass die Europäische Union gemeinsam mit anderen internationalen Geldgebern ihrer Verantwortung nachkommen muss, indem sie alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente rasch und produktiv einsetzt,

S. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament fest entschlossen ist, seine Beziehungen zum irakischen Repräsentantenrat auszubauen, auch über offizielle Kanäle,