Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten
(EG-Prozesskostenhilfegesetz)

A. Zielsetzung

Das EG-Prozesskostenhilfegesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen. Darüber hinaus soll durch eine Änderung des Prozesskostenhilferechts der Zivilprozessordnung die Gleichbehandlung von juristischen Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig sind, mit inländischen juristischen Personen gewährleistet werden. Die Richtlinie ist in ihren wesentlichen Teilen bis zum 30. November 2004 umzusetzen.

B. Lösung

Das EG-Prozesskostenhilfegesetz schafft im Buch 11 der Zivilprozessordnung einen dritten Abschnitt, dessen Vorschriften das nationale Prozesskostenhilferecht ergänzen, um den Besonderheiten der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe Rechnung zu tragen. Geregelt werden insbesondere Zuständigkeiten, die verfahrensmäßige Behandlung von Ersuchen und Sprachenfragen. Zudem wird das Beratungshilfegesetz in Fällen grenzüberschreitender Beratungshilfe auch für Angelegenheiten geöffnet, in denen das Recht anderer Staaten anzuwenden ist. Durch eine Ergänzung des Rechtspflegergesetzes soll die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben, die mit der Einführung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe entstehen, dem Rechtspfleger übertragen werden. Schließlich enthält der Entwurf notwendige Ergänzungen des Kostenrechts.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

2. Vollzugsaufwand

Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Regelungen zur Zusammenarbeit nicht mit zusätzlichen Kosten belastet. Der bei den Landesjustizverwaltungen durch die Erfüllung von Ersuchen entstehende Verwaltungsaufwand kann voraussichtlich durch Einsatz vorhandener Kapazitäten gedeckt werden.

Zusätzliche Kosten für die Länderhaushalte können durch notwendige Übersetzungen entstehen, deren Erstellung das Gemeinschaftsrecht vorsieht. In Anbetracht der bisher geringen Bedeutung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe dürften die jährlichen Mehrbelastungen je Land zu vernachlässigen sein. Genau lassen sich diese Kosten derzeit nicht beziffern, weil Antragsteller mit Wohnsitz im Ausland in der Justizstatistik bisher nicht gesondert erfasst werden. -

E. Sonstige Kosten

Kosten für die Wirtschaft sowie Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz)

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 2. April 2004
Der Bundeskanzler

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- -and Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz) mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz. Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder
Fristablauf: 14.05.04

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz)1

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom (...), wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden nach § 1075 folgende Angaben angefügt:

"Abschnitt 3 Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG
§ 1076 Anwendbare Vorschriften
§ 1077 Ausgehende Ersuchen
§ 1078 Eingehende Ersuchen"

2. Dem § 114 wird folgender Satz angefügt:

"Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078."

3. § 116 Satz 1 Nr. 2 wird wie folgt gefasst:

"2. eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde."

4. Nach § 1075 werden folgende Vorschriften angefügt:. "Abschnitt 3. Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG

§ 1076 Anwendbare Vorschriften

Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABI. EG (Nr. ) L 26 S. 41, ABI. EU (Nr. ) L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

§ 1077 Ausgehende Ersuchen

§ 1078 Eingehende Ersuchen

Artikel 2
Änderung des Beratungshilfegesetzes

Das Beratungshilfegesetz vom 18. Juni 1980 (BGBl. I S. 689), zuletzt geändert durch ...2 wird wie folgt geändert:

1. In der Überschrift wird nach der Kurzbezeichnung "Beratungshilfegesetz" die Abkürzung "-BerHG" angefügt.

2. Die Zwischenüberschriften "Erster Abschnitt Beratungshilfe", "Zweiter Abschnitt Änderung von Bundesgesetzen" und "Dritter Abschnitt Schlussvorschriften" werden gestrichen.

3. § 10 wird wie folgt gefasst:

" § 10

4. §§ 11 und 12 werden aufgehoben

5. Die bisherigen §§ 13 bis 16 werden die §§ 11 bis 14.

Artikel 3
Änderung des Rechtspflegergesetzes

Das Rechtspflegergesetz vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), zuletzt geändert durch wird wie folgt geändert:

1. In § 20 wird nach Nummer 5 folgende Nummer 6 eingefügt:

"6. im Verfahren über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union die in § 1077 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen sowie die dem Vollstreckungsgericht nach § 1078 der Zivilprozessordnung obliegenden Entscheidungen; wird Prozesskostenhilfe für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beantragt, die eine richterliche Handlung erfordert, bleibt die Entscheidung nach § 1078 der Zivilprozessordnung dem Richter vorbehalten;"

2. In § 24a Abs. 1 Nr. 1 werden nach dern Wort "Beratungshilfe" die Wörter "einschließlich der grenzüberschreitenden Beratungshilfe nach § 10 Abs. 4 des Beratungshilfegesetzes" angefügt.

Artikel 4
Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes

§ 11a des Arbeitsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung des Gerichtskostengesetzes

Das Gerichtskostengesetz vom (BGBl. I S. ...)3, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 28 wie folgt gefasst:

"Auslagen in weiteren Fällen".

2. § 28 wird wie folgt geändert:

Artikel 6
Änderung der Kostenordnung

In § 2 der Kostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 361-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach Nummer 1 folgende Nummer 1a eingefügt:

"1a. im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Antragsteller, wenn der Antrag zurückgenommen oder abgelehnt wird;"

Artikel 7
Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom (BGBl. I S. ...)4, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden in der Angabe zu § 46 nach dem Wort "Auslagen" die Wörter "und Aufwendungen" angefügt.

2. § 46 wird wie folgt geändert:

Artikel 8
Neufassung des Beratungshilfegesetzes

Das Bundesministerium der Justiz kann den Wortlaut des Beratungshilfegesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 9
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 30. November 2004 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

I. Problem

Die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 - EG-Prozesskostenhilferichtlinie - (ABI. EG (Nr. ) L 26 S. 41, ABI. EU (Nr. ) L 32 S. 15) ist in ihren wesentlichen Teilen bis zum'30. November 2004 umzusetzen. Sie ist Teil des Programms zur Verwirklichung eines europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und dös Rechts.

Die Richtlinie soll durch die Schaffung gemeinsamer Mindestvorschriften eine angemessene Prozesskostenhilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug gewährleisten. Insbesondere soll das Verfahren der Beantragung von Prozesskostenhilfe irn Ausland durch die Entwicklung von Standardformularen und die Festlegung von Übermittlungs- und Empfangsstellen für den Bürger erleichtert werden. Weiterhin werden die zuständigen Behörden des jeweiligen Heimatstaates dazu verpflichtet, dem rechtsuchenden Bürger Hilfestellungen für die Übermittlung und Übersetzung des,Antrages an den Mitgliedstaat des Gerichtsstands zu leisten. Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe im Sinne der Richtlinie umfasst auch vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung.

Als Gemeinschaftsrechtsakt, der in den Mitgliedstaaten nicht unmittelbar gilt, ist die Richtlinie innerstaatlich umzusetzen, soweit nicht auf bestehende Regelungen deutschen Rechts verwiesen werden kann. Es bedarf einer gesetzlichen Bestimmung, welche Stellen in Deutschland für die Übermittlung und den Empfang von Anträgen auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe zuständig sein sollen. Zudem ist teilweise eine Anpassung des nationalen Prozesskostenhilferechts an den Regelungsgehalt der Richtlinie vorzunehmen. Verfahren ohne grenzüberschreitenden Bezug bleiben aber unberührt.

II. Lösung

Durch das Gesetz sollen die Regelungen der Prozesskostenhilferichtlinie in einem 3. Abschnitt des durch das EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz neu geschaffenen Buches 11 der Zivilprozessordnung in das nationale Recht implementiert werden. Ferner wird das Beratungshilfegesetz entsprechend den Vorgaben der Richtlinie in Fällen grenzüberschreitender Beratungshilfe auch für Angelegenheiten geöffnet, in denen das Recht anderer Staaten Anwendung findet. Die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben, die mit der Einführung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe entstehen, werden durch eine Ergänzung des Rechtspflegergesetzes dem Rechtspfleger übertragen. Schließlich wird durch eine Ergänzung des Gerichtskostengesetzes die von der Richtlinie zugelassene Grundlage dafür geschaffen, dass im Zuge der Übermittlung eines Antrags auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe entstandene Auslagen in bestimmten Fällen von dem Antragsteller zurückgefordert werden können.

Das Gesetz regelt im Einzelnen:

Die Richtlinie gilt - wie sich aus deren 34. Erwägungsgrund ergibt - nicht für Dänemark. Dagegen haben das Vereinigte Königreich und Irland - wie dem 33. Erwägungsgrund zu entnehmen ist - mitgeteilt, dass sie sich an der Anwendung der Richtlinie beteiligen werden. Die Vorgaben der Richtlinie sind nach deren Artikel 21 im wesentlichen bis zum 30. November 2004 umzusetzen. Dies gilt auch insoweit, als die Richtlinie für die Zeit bis zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mitgliedstaat des Gerichtsstands die Gewährung von Beratungshilfe im Mitgliedstaat des Wohnsitzes vorsieht. Lediglich soweit die vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung betroffen ist, muss die Beratungshilfe erst am 30. Mai 2006 sichergestellt sein. Zur Herbeiführung einer einheitlichen Regelung der grenzüberschreitenden Prozesskosten- und Beratungshilfe sieht Artikel 7 des Entwurfs als Zeitpunkt für das Inkrafttreten den 30. November 2004 vor.

Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie räumt lediglich natürlichen Personen einen Anspruch auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ein. Juristische Personen werden von der Richtlinie nicht erfasst. Unabhängig davon erscheint es vor dem Hintergrund des in Artikel 12 des EG - Vertrags enthaltenen gemeinschaftsrechtlichen allgemeinen Diskriminierungsverbots in Verbindung mit Artikel 48 des EG - Vertrags bedenklich, dass § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO bislang lediglich inländischen juristischen Personen und parteifähigen Vereinigungen einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe einräumte. Durch eine Änderung der vorgenannten Regelung soll nunmehr die Gleichbehandlung inländischer juristischer Personen und solcher, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig sind, gewährleistet werden.

III. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nr. 1 des Grundgesetzes. Die Berechtigung zur Inanspruchnahme dieser konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz ergibt sich aus Artikel 72 Absatz 2 Alternative 2 des Grundgesetzes. Die Regelungen dienen der Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse. Es geht um die bundesweite Einführung von Verfahrensvorschriften in Fällen grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe. Diese Verfahrensnormen betreffen alle Länder und können nur durch den Bund geregelt werden. Bliebe die Regelung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe den Ländern überlassen, so könnte dies im Hinblick auf den Auslandsbezug des Regelungsgegenstandes zu Unzulänglichkeiten führen.

IV. Kosten und Preise

a) Kosten der öffentlichen Haushalte

Die Öffnung der Prozesskostenhilfe für bestimmte ausländische juristische Personen infolge der Änderung des § 116 ZPO führt zu keiner nennenswerten Mehrbelastung der Länderhaushalte, da dieser Rechtszustand weitgehend bereits durch staatsvertragliche Regelungen hergestellt worden war.

Mehrkosten für die Länderhaushalte können durch notwendige Übersetzungen entstehen, deren Tragung Gemeinschaftsrecht vorsieht. Angesicht der geringen Zahl grenzüberschreitender Ersuchen - im Schnitt etwa 0,1 % aller Anträge auf Prozesskostenhilfe - dürften die jährlichen Mehrbelastungen je Land zu vernachlässigen sein. Da Antragsteller mit Wohnsitz im Ausland in der Justizstatistik nicht gesondert erfasst werden, lassen sich die zu erwartenden Kosten nicht genau beziffern.

b) Sonstige Kosten

Auswirkungen auf die Kosten, die etwa bei Wirtschaftsunternehmungen entstehen können, sind nicht zu erwarten.

c) Preise

Adswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Änderung der Inhaltsübersicht ist durch die Einführung eines neuen dritten Abschnitts im Buch 11 der Zivilprozessordnung veranlasst.

Zu Nummer 2 (§ 114)

Die in § 114 Satz 2 vorgesehene Verweisung soll der gerichtlichen und der anwaltlichen Praxis das Auffinden des europäischen Prozesskostenhilferechts im vertrauten Umfeld des nationalen Prozesskostenhilferechts erleichtern.

Zu Nummer 3 (§ 116 Satz 1 Nr. 2)

Die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 116 auf juristische Personen und parteifähige Vereinigungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet worden sind und dort ihren Sitz haben, ist im Hinblick auf das allgemeine Diskriminierungsverbot in Artikel 12 des EG - Vertrags notwendig. Das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot gilt nach Artikel 4 des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) darüber hinaus auch gegenüber Angehörigen anderer EWR-Vertragsstaaten.

Nach bisherigem innerstaatlichem Recht kann juristischen Personen und parteifähigen Vereinigungen mit Sitz im Ausland Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Diese Einschränkung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist mit dem EG-Vertrag nicht zu vereinbaren. Da die Mitgliedstaaten im Bereich der Prozesskostenhilfe - jedenfalls soweit grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten betroffen sind - Kompetenzen auf die Gemeinschaft übertragen haben, ist das diesbezügliche nationale Recht am Maßstab des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots zu messen.

Da § 116 Satz 1 Nr. 2 in seiner bisherigen Fassung unmittelbar an die Herkunft der juristischen Person anknüpft, liegt eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und damit ein Verstoß gegen Artikel 12 EG vor.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes fällt eine Regelung, die von einem ausländischen Kläger eine Sicherheit für die entstehenden Prozesskosten verlangt, jedenfalls dann in den Anwendungsbereich von Artikel 12 EG (damals Artikel 6 EGV), wenn es sich um eine Klage auf Bezahlung von grenzüberschreitenden Warenlieferungen handelt (EuGH, Urteil vom 26. September 1996, Rs. C-43/95, Sig. 1996,1-4671, Tz. 14 f. - Data Delecta/MSL Dynamics). Der Gerichtshof hatte dies damit begründet, dass eine solche Regelung zumindest mittelbar Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Austausch von Gütern haben könne. Diese Begründung ist unmittelbar auf 116 Satz 1 Nr. 2 übertragbar, da die aus dieser Norm resultierende Ungleichbehandlung auch und gerade die am grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr teilnehmenden ausländischen Gesellschaften treffen dürfte.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Ausschluss der Prozesskostenhilfe für ausländische juristische Personen und parteifähige Vereinigungen bereits nach bisherigem Recht durch zahlreiche multilaterale und zwischenstaatliche Abkommen durchbrochen wird. Insbesondere sichert Artikel 20 der beiden Haager Übereinkommen über den Zivilprozess von 1905 und 1954 (RGBI. 1909 S. 410/BGBI. 5811 S. 576) für Klagen aller Art den Angehörigen aller Vertragsstaaten ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz Gleichbehandlung bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe wie Angehörigen des Urteilstaates zu, so dass im Bereich dieser Abkommen ausländische juristische Personen schon jetzt wie inländische behandelt werden (vgl. Stein-Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., 116 Rdnr. 30; Münchener Kommentar/Wax, ZPO, 2. Aufl., 116 Rdnr. 28). Von den insgesamt 28 Mitglied- bzw. Vertragsstaaten der Europäischen Union bzw. des Abkommens über den Europäischen

Wirtschaftsraum sind lediglich fünf Staaten (nämlich das Vereinigte Königreich, Irland, Island, Liechtenstein und Malta) nicht Vertragsstaaten der beiden Haager Übereinkommen.

Zu Nummer 4

Zu Abschnitt 3

Der neue dritte Abschnitt des Buches 11 führt diejenigen Vorschriften in die Zivilprozessordnung ein, welche zur Umsetzung der Richtlinie 2003/8/EG erforderlich sind.

Ziel der Richtlinie ist es, einerseits Verfahren für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten einzurichten sowie andererseits durch die Festlegung einzelner Mindestnormen die Kompatibilität bestimmter einzelstaatlicher Vorschriften über die Prozesskostenhilfe zu gewährleisten. Dem Unionsbürger soll es im Ergebnis ermöglicht werden, in dem Mitgliedstaat, in welchem er seinen Wohnsitz hat, in seiner Muttersprache Prozesskostenhilfe für einen in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführenden Rechtsstreit in Zivil- oder Handelssachen zu beantragen. Die Richtlinie stellt in Artikel 3 Abs. 1 klar, dass insoweit lediglich natürliche und nicht auch juristische Personen anspruchsberechtigt sind.

Der Entwurf unterscheidet terminologisch zwischen dem Antrag des Rechtsuchenden auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe einerseits und dem auf der Grundlage dieses Antrags von der Übermittlungsstelle an die Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaats gerichteten Ersuchen. Damit wird berücksichtigt, dass der Begriff des Ersuchens rechtshilferechtlich im Zusammenhang mit der Kooperation staatlicher Stellen gebräuchlich ist.

Zu § 1076

§ 1076 weist den Rechtsanwender zunächst darauf hin, dass die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union in der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 geregelt ist. Von einer Definition des Anwendungsbereichs der Richtlinie sieht der Entwurf im Interesse der Rechtsklarheit und Übersichtlichkeit ab, da die Richtlinie selbst insoweit konkrete, aufeinander abgestimmte Aussagen trifft. Bei der Auslegung des Begriffs der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe ist die Richtlinie heranzuziehen. Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten werden von der Richtlinie nicht erfasst (vgl. Artikel 1 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie).

§ 1076 stellt weiterhin klar, dass im Anwendungsbereich der Richtlinie die allgemeinen Regelungen des deutschen Prozesskostenhilferechts gelten, soweit in dem neu einzuführenden dritten Abschnitt des Buches 11 nichts Abweichendes bestimmt ist. Dies bedeutet, dass grundsätzlich auch bei einem aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übermittelten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe das Unvermögen, die Kosten der Prozessführung zu tragen, nach Maßgabe der §§ 114 bis 116 festzustellen ist. Weiterhin ist gemäß der allgemeinen Regelungen des Prozesskostenhilferechts die hinreichende Erfolgsaussicht und das Fehlen von Mutwilligkeit zu prüfen. Die allgemeinen Regelungen des deutschen Prozesskostenhilferechts stehen mit Artikel 5 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie, die sich mit der Voraussetzung der Bedürftigkeit des Antragstellers befassen, im Einklang, so dass insoweit kein Umsetzungsbedarf gegeben ist. Da in Deutschland die Möglichkeit der vorprozessualen Rechtsberatung besteht (§ 1 des Beratungshilfegesetzes), ist es gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie auch zulässig, die Gewährung von grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe von den Erfolgsaussichten abhängig zu machen. Die schließlich in § 114 aufgestellte Voraussetzung, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erscheinen darf, steht ebenfalls bereits im Einklang mit der Richtlinie. Deren Artikel 6 Abs. 3 lässt es ausdrücklich zu, dass die Bedeutung der Rechtssache für den Antragsteller bei der Entscheidung mitberücksichtigt wird.

Zu § 1077

§ 1077 regelt im Einzelnen, wie die Übermittlung eines Antrags auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe aus Deutschland an die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates zu erfolgen hat (ausgehende Ersuchen).

Hier ist unter- Prozesskostenhilfe lediglich diejenige im Sinne der §§ 114 ff. zu verstehen. Demgegenüber unterscheidet die Richtlinie terminologisch nicht zwischen Prozesskosten- und Beratungshilfe. Vielmehr umfasst der Begriff der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe in der Richtlinie beide Komplexe. Soweit die Richtlinie grenzüberschreitende Beratungshilfe vorsieht, erfolgte die Umsetzung entsprechend der Systematik im deutschen Recht im Beratungshilfegesetz (vgl. Artikel 2 des Entwurfs).

Zu Absatz 1

Wie im Rechtshilferecht üblich und von der Prozesskostenhilfe-Richtlinie auch gefordert (vgl. Artikel 14 der Richtlinie), wird in Absatz 1 eine Übermittlungsstelle eingerichtet. Es erscheint im Interesse einer bürgernahen und praktikablen Lösung sachgerecht, mit den Aufgaben der Übermittlungsstelle grundsätzlich das Amtsgericht zu betrauen, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auch § 10 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozess (BGBl. 1958 I S. 939) sieht bereits die Zuständigkeit dieses Amtsgerichts für die Entgegennahme von Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts in einem anderen Vertragsstaat vor.

Satz 2 erlaubt es jedoch den Ländern, die Zuständigkeit für die Entgegennahme und Übermittlung von Anträgen auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe zu konzentrieren, indem die Aufgabe einem Gericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zugewiesen wird. Hiermit wird die Möglichkeit geschaffen, insbesondere kleinere, ggf. mit grenzüberschreitenden Angelegenheiten seltener befasste Amtsgericht zu entlasten und dafür die für die Prüfung der Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe notwendige fachliche Kompetenz bei einem Gericht zu bündeln.

Zu Absatz 2

Absatz 2 enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung einzuführen. Den Hintergrund für diese Regelung bildet Artikel 16 der Richtlinie. Danach wird die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Erleichterung der Übermittlung der Anträge Standardformulare für Anträge auf Prozesskostenhilfe (bis zum 30. November 2004) und für die Übermittlung dieser Anträge erstellen. Hinsichtlich letzterer sollte der Entwurf eines Formblatts bis spätestens zum 30. Mai 2003 erstellt werden; zwischenzeitlich liegt ein Entwurf vor. Eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ist indessen noch nicht erfolgt. Inhaltlich werden dem Standardformular für die Übermittlung voraussichtlich der Name und die Anschrift der Übermittlungs- bzw. der Empfangsstelle sowie bestimmte Einzelheiten über den Antragsteller und den Inhalt des Ersuchens zu entnehmen sein.

Diese Formblätter werden in der Praxis von der Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europarat erarbeitet, um gemeinsame Formulare unter der Richtlinie und dem Europäischen Übereinkommen vom 27. Januar 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu schaffen. Da die Standardformulare nicht Bestandteile der Richtlinie sind, muss in dem Entwurf eine' Möglichkeit eröffnet werden, diese nachträglich einzuführen. Satz 1 ermöglicht dies durch eine Regelung, die dem § 117 Abs. 3 nachgebildet ist.

Absatz 2 Satz 2 verpflichtet den Antragsteller und die Übermittlungsstellen, diese Formblätter nach ihrer Einführung auch zu verwenden. Zwar enthält die Richtlinie keine Regelungen, welche eine obligatorische Verwendung des Standardformulars vorsehen. Aus dem Umstand, dass gemäß Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie entsprechende Formulare entwickelt werden sollen, kann jedoch gefolgert werden, dass auch deren verbindliche Verwendung beabsichtigt ist. Die Verwendung von in alle Amtssprachen der Europäischen Union übersetzten Standardformularen erleichtert durch den Abbau sprachlicher Barrieren den Geschäftsverkehr zwischen den Übermittlungs- und Empfangsstellen erheblich. Auch für den Antragsteller wird es hilfreich sein, wenn er sich durch den Gebrauch eines Formulars darauf verlassen kann, dass sein Antrag alle zur Gewährung von grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe erforderlichen Angaben enthält. Dies erleichtert auch die Prüfung der Vollständigkeit des Antrags und vermeidet Rückfragen. Entsprechende positive Erfahrungen sind bereits durch die Verwendung von Formblättern im Bereich der grenzüberschreitenden Zustellung und Beweisaufnahme gemacht worden. \Nie die Regelung in § 117 Abs. 4 sieht der Entwurf daher vor, dass das Standardformular von dem Antragsteller zwingend zu verwenden ist.

Zu Absatz 3

Absatz 3 gibt der Übermittlungsstelle die Möglichkeit, die Übermittlung eines Ersuchens abzulehnen, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Artikel 13 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie lässt diese Möglichkeit ausdrücklich zu. Soweit dem Antrag fremdsprachige Anlagen beigefügt sind und die Übermittlungsstelle sich zu der vorgesehenen Evidenzprüfung ohne inhaltliche Berücksichtigung dieser Anlagen nicht im Stande sieht, kann sie Übersetzungen im erforderlichen Umfang anfertigen lassen (Satz 2). Die Ablehnung der Übermittlung hat durch einen mit Gründen zu versehenden Beschluss zu erfolgen (Satz 1, vgl. Artikel 13 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 15 Abs. 2 und 3 der Richtlinie). Dieser Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 1076 ZPO-Entwurf in Verbindung mit § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Schließlich ist nach Satz 3 als Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 statthaft.

Zu Absatz 4

Absatz 4 dient der Umsetzung der in Artikel 13 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie enthaltenen Regelungen. Hierbei handelt es sich um wesentliche Vorgaben, durch welche dem Bürger konkret die Beantragung von grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe erleichtert werden soll. In der Praxis werden für den Bürger Sprachbarrieren das gravierendste Erschwernis im Umgang mit Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein. Die Richtlinie ermöglicht es ihm daher, den Antrag in seiner Muttersprache zu stellen und verpflichtet die Mitgliedstaaten, für eine Übersetzung in eine von dem Empfangsmitgliedstaat anerkannte Sprache zu sorgen.

Zur Unterstützung des Antragstellers sieht Artikel 13 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie zunächst die Verpflichtung der Übermittlungsstelle vor, darauf hinzuwirken, dass dem Antrag alle Anlagen beigefügt werden, die nach ihrer Kenntnis zur Entscheidung erforderlich sind. Sodann hat die Übermittlungsstelle gemäß Artikel 13 Abs. 2 und Absatz 4 Satz 2 den Antragsteller bei der Übersetzung der Anlagen zu "unterstützen". Artikel 8 Buchst. b sowie Artikel 13 Abs. 6 Satz 1 stellen hierzu klar, dass die für die Übersetzung anfallenden Auslagen von dem übermittelnden Mitgliedstaat zu tragen sind. Während sich Artikel 13 jedenfalls nicht ausdrücklich zu der Frage verhält, ob auch der Antrag selbst auf Kosten des ersuchenden Mitgliedstaates zu übersetzen ist, schafft Artikel 8 Buchst. b insoweit Klarheit, indem dort auch die Kosten für die Übersetzung des Antrags erwähnt werden. Die Richtlinie überlässt es jedoch letztlich den Mitgliedstaaten, ob die Übersetzungen mit Unterstützung der Übermittlungsbehörde und auf deren Kosten von dem Antragsteller selbst beschafft werden oder ob dies direkt von den Übermittlungsbehörden veranlasst wird. Da die Amtsgerichte im Regelfall imstande sein werden, die Übersetzungen zu besseren Konditionen zu beschaffen als der Antragsteller und auch über regelmäßige Kontakte zu Übersetzungsdiensten verfügen, hat der Entwurf den Amtsgerichten die Aufgabe zugewiesen, selbst für eine Übersetzung Sorge zu tragen.

Zu Absatz 5

Absatz 5 Satz 1 sieht zunächst vor, dass der Antrag und die beizufügenden Anlagen der zuständigen Empfangsstelle des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats zu übersenden sind. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten - insbesondere eine Apostille nach dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (BGBl. 1965 II S. 875) - in Ansehung des Antrags und seiner Anlagen sind nicht erforderlich (vgl. Artikel 13 Abs. 5 der Richtlinie)."

Satz 2 trägt der Vorgabe des Artikels 13 Abs. 4 Satz 3 der Richtlinie Rechnung, wonach die Übermittlungsbehörde den Antrag auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe nebst seiner Anlagen innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt des in einer der Amtssprachen ausgefüllten Antrags und der beigefügten, erforderlichenfalls übersetzten Anlagen an die Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaates weiterzuleiten hat. Im Regelfall werden Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe von in Deutschland wohnhaften Personen in deutscher Sprache abgefasst sein. Gleiches dürfte für die Anlagen der Anträge gelten. Die Übermittlungsstelle ist gehalten, sowohl die Angaben auf dem Standardformular für den Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Anlagen in eine von dem Mitgliedstaat der zuständigen Empfangsstelle anerkannte Sprache übersetzen zu lassen. Auf die Dauer der zur Erstellung der Übersetzung erforderlichen Bearbeitungszeit wird die Übermittlungsstelle in aller Regel keinen Einfluss haben. Im Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie wird daher in Satz 2 bestimmt, dass die Frist zur Übermittlung erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem die Übersetzungen der Übermittlungsstelle vorliegen. Die in der Richtlinie festgesetzte Frist von maximal 15 Tagen beruht auf einer unzutreffenden Übersetzung eines französischen Rechtsbegriffs in der deutschen Fassung' der Richtlinie und wurde im Entwurf in eine solche von 14 Tagen umgeformt.

Zu Absatz 6

Absatz 6 berücksichtigt den in Artikel 5 Abs. 4 der Richtlinie verfolgten Ansatz, dass die Festlegung von Schwellenwerten der Gewährung von Prozesskostenhilfe in bestimmten Fällen nicht entgegenstehen darf. So soll immer dann, wenn der Antrag auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des ersuchten Mitgliedstaats wegen fehlender Bedürftigkeit abzulehnen wäre, ausnahmsweise doch Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn der Antragsteller nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder Aufenthalts einerseits und im Mitgliedstaat des Gerichtsstands andererseits die Prozesskosten nicht zu tragen vermag. Dadurch soll eine Benachteiligung \fön Bürgerinnen und Bürgern vermieden werden, die ihren Wohnsitz in Mitgliedstaaten mit relativ hohen Lebenshaltungskosten haben. Hierzu zählt insbesondere Deutschland. Zur Illustration kann das Beispiel eines deutschen Bürgers angeführt werden, der nach den §§ 114 ff. als unvermögend, die Kosten der Prozessführung zu tragen, anzusehen wäre, aber in einem Mitgliedstaat mit niedrigeren Lebenshaltungskosten auf Grund der dortigen Schwellenwerte von der Prozesskostenhilfe ausgeschlossen ist. Allerdings überlässt es die Richtlinie dem Betroffenen, in dem Mitgliedstaat des Gerichtsstands den Nachweis zu erbringen, dass er ausnahmsweise doch zur Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe berechtigt ist, was sich für den Bürger als schwierig erweisen kann. Um deutschen Antragstellern die Erbringung dieses Nachweises in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern, sieht Absatz 6 vor, dass die deutsche Übermittlungsstelle auf Antrag eine Bescheinigung der Bedürftigkeit ausstellt, wenn der Betroffene nach Maßgabe der Regelungen in §.115 Abs. 1 und 2 ZPO in Deutschland als unvermögend anzusehen wäre. Hiermit wird ein neues Rechtsinstitut geschaffen. Da zahlenmäßig solche Fälle vergleichsweise selten sind, ist von keiner nennenswerten Mehrbelastung der Gerichte auszugehen. Inhaltlich kann sich die Bescheinigung der Bedürftigkeit auf die Aussage beschränken, dass dem Antragsteller nach Maßgabe des deutschen Rechts Prozesskostenhilfe mit bzw. ohne Ratenzahlungspflicht zustehen würde. Es bleibt den Landesjustizverwaltungen überlassen, erforderlichenfalls zur- Herbeiführung eines einheitlichen Erscheinungsbildes dieser Bescheinigung einen Vordruck zu entwickeln.

Satz 2 und 3 tragen dem Umstand Rechnung, dass die von der Richtlinie vorgesehenen Erleichterungen auch für die Bescheinigung der Bedürftigkeit gelten sollten, um dem Bürger im Prozesskostenhilfeverfahren eine gegebenenfalls fremdsprachige Korrespondenz mit der Empfangsstelle eines anderen Mitgliedstaats zu ersparen. Die Bescheinigung ist daher von der Übermittlungsstelle zu übersetzen und sodann der Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaats zu übersenden.

Zu § 1078

§ 1078 regelt die Behandlung aus dem Ausland eingehender Ersuchen.

Zu Absatz 1

Artikel 14 Abs. 1 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten auch zur Bezeichnung der für den Empfang des Antrags zuständigen Behörden. Absatz 1 Satz 1 sieht als Empfangsstelle für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe das deutsche Prozessgericht vor. Es erscheint zur Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand sachgerecht, die Empfangsstelle bei dem Gericht anzusiedeln, welches auch über den Antrag auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe zu entscheiden hat. Es wurde davon abgesehen, die Möglichkeit einer Zuständigkeitskonzentration zu eröffnen, da sich die Tätigkeit einer etwaigen "Zentralstelle" in der reinen Weiterleitung eingehender Ersuchen an das für die Entscheidung über den Antrag zuständige Gericht erschöpfen würde.

Satz 2 stellt klar, dass - wie aus Artikel 13 Abs. 5 der Richtlinie ersichtlich - eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten nicht verlangt werden dürfen.

Zu Absatz 2

Die Regelung in Absatz 2 Satz 1 soll für eingehende Ersuchen nochmals den bereits in § 1076 Satz 2 enthaltenen Grundsatz in Erinnerung rufen, dass über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116 zu entscheiden ist. Der deutsche Rechtsanwender kann somit den innerstaatlich vertrauten Prüfungsmaßstab anlegen.

Satz 2 sieht vor, dass das Gericht der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung zu übersenden hat. Zwar sieht die Richtlinie eine derartige Verpflichtung nicht vor. Vielmehr ist dort nur geregelt (vgl. Artikel 15 Abs. 1), dass der Antragsteller über die Bearbeitung des Antrags zu unterrichten ist.

Zu berücksichtigen ist allerdings die in Artikel 13 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie für die Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe eine Verpflichtung des Antragstellers zur Rückzahlung der Übersetzungskosten vorzusehen. Die in Satz 2 vorgesehene Regelung ist vor diesem Hintergrund erforderlich, um dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, die Prüfung zu ermöglichen, ob er die von der Übermittlungsbehörde verauslagten Übersetzungskosten zurückverlangen kann. Doch nicht nur im Falle. der Ablehnung eines Antrags hat die Übermittlungsbehörde ein berechtigtes Interesse daran, von dem Ausgang des Prozesskostenhilfeverfahrens Kenntnis zu erlangen. Denn im Falle der Untätigkeit der Empfangsstelle wird sich der Antragsteller regelmäßig an die für ihn zuständige Übermittlungsstelle wenden, damit sich diese bei der Empfangsstelle nach dem Sachstand erkundigt. Es ist daher angezeigt, generell eine Unterrichtung der Übermittlungsbehörde durch Übersendung einer Abschrift der Entscheidung vorzusehen. Eine Verpflichtung zur Übersetzung der Entscheidung geht damit nicht einher. Zur Vereinfachung können die Landesjustizverwaltungen im Verwaltungswege ein mehrsprachiges Deckblatt zur Übermittlung der Abschriften gerichtlicher Entscheidungen in das Ausland entwickeln, in dem der Zweck der Übersendung in Deutsch sowie weiteren geläufigen Sprachen angegeben sowie gegebenenfalls weitere - anzukreuzende Angaben gemacht werden.

Zu Absatz 3

Absatz 3 dient der Umsetzung der Vorgaben des Artikels 5 Abs. 4 der Richtlinie bei eingehenden Ersuchen. In Abweichung von §§ 114 ff. ist danach einem Antragsteller aus einem anderen Mitgliedstaat dann Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn dieser den Nachweis erbringt, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Auf welche Weise der Antragsteller diesen Nachweis erbringt, ist diesem überlassen. Die Richtlinie enthält hierzu keine Vorgaben.

Zu Absatz 4

Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, in jeder Phase des Verfahrens zu überprüfen, Ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe noch vorliegen. Es kann daher dabei verbleiben, dass gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders erfolgt.

Allerdings gehen die Regelungen über die Prozesskostenhilfe in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union davon aus, dass der Antragsteller lediglich einmal einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen hat. Eine wiederholte Antragstellung ist in diesen Staaten nicht vorgesehen. Absatz 4 Satz 1 des Entwurfs enthält daher die Fiktion, dass im Falle einmal bewilligter Prozesskostenhilfe auch für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen als gestellt gilt. Dadurch wird der Prozessbeteiligte, der aus einem anderen Mitgliedstaat der EU das Verfahren betreibt, davon befreit, mit Erreichen eines neuen Rechtszuges - abweichend von der Lage nach dem ihm vertrauten nationalen Recht - ein erneutes Ersuchen über die für ihn zuständige Übermittlungsstelle unter Verwendung des Standardformulars stellen zu müssen. Voraussetzung der Fiktion ist allerdings, dass ein weiterer Rechtszug eingeleitet ist. Ein neuerliches Ersuchen gilt daher nicht als gestellt, wenn der Antragsteller eine weitere Rechtsverfolgung nicht beabsichtigt oder zwar beabsichtigt, aber von der vorherigen Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig machen will.

Satz 2 überträgt dem Gericht die Aufgabe, den Antragsteller in geeigneter Weise zur Darlegung der Bewilligungsvoraussetzungen zu veranlassen. In vielen Fällen werden die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohnehin unverändert bleiben, so dass sich das Gericht darauf beschränken kann, den Antragsteller zu befragen, ob und bejahendenfalls welche Änderungen gegenüber seinen ursprünglichen Angaben eingetreten sind. Im Übrigen wird der ausländische Prozessbeteiligte im deutschen Verfahren regelmäßig anwaltlich vertreten sein, so dass eine Initiative des Gerichts bereits aus die'sem Grunde in der Mehrzahl der Fälle entbehrlich sein dürfte.

Zu Artikel 2 (Änderung des Beratungshilfegesetzes)

Zu Nummer 1 (Abkürzung)

Die Gesetzesüberschrift soll durch die bereits bisher übliche, nicht amtliche Abkürzung "BerHG" ergänzt werden.

Zu Nummer 2 (Streichung der Abschnitt e)

Nach der vorgeschlagenen Streichung überflüssiger Vorschriften (Nummer 4) hat das Gesetz nur noch 14 Paragrafen. Der zweite und dritte Abschnitt hätten jeweils nur noch einen bzw. zwei Paragrafen. Die Zwischenüberschriften des Gesetzes sollen daher ganz gestrichen werden.

Zu Nummer 3 (§ 10 - neu)

Ist ausländisches Recht anzuwenden, kommt Beratungshilfe bislang gemäß § 2 Absatz 3 nur in Betracht, sofern der Sachverhalt Beziehungen zum Inland aufweist. Die Vorgaben der Richtlinie 2003/8/EG erfordern nunmehr eine Öffnung des Beratungshilfegesetzes auch für Angelegenheiten, in denen das Recht anderer Staaten Anwendung findet. Die erforderliche Anpassung des Beratungshilfegesetzes soll in dem neu gefassten § 10 erfolgen, in welchem übersichtlich alle Regelungen gebündelt werden, die sich mit der grenzüberschreitenden Beratungshilfe befassen. Die bisher in § 10 geregelte Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte ist mit der Vollziehung dieser Änderungen überflüssig geworden.

Zu Absatz 1

Ergänzungsbedarf ist insbesondere aus Artikel 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie abzuleiten, wonach die Prozesskostenhilfe nur dann angemessen im Sinne des Absatzes 1 ist, wenn sie eine vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung sicherstellt. Die Richtlinie fasst somit unter den Begriff der Prozesskostenhilfe auch Komplexe, die im deutschen Recht terminologisch der Beratungshilfe zuzuordnen sind. Die zuvor genannte Vorgabe der Richtlinie soll in Absatz 1 Nummer 1 des neu geschaffenen § 10 berücksichtigt werden.

Der Anwendungsbereich der in Absatz 1 Nummer 1 vorgesehenen Regelung kann an dem Beispiel eines französischen Handwerkers illustriert werden, der in Deutschland Bauleistungen erbracht hat. Der deutsche Vertragspartner behauptet, die Leistungen seien mangelhaft. Er ist allerdings an einer außergerichtlichen Streitbeilegung interessiert. Um an diesem Streitbeilegungsverfahren teilnehmen zu können, bedarf der französische Handwerker zuvor einer Beratung über deutsches Recht, die er möglicherweise in Frankreich nicht erlangen kann. Gegebenenfalls ist auch im Rahmen des Schlichtungsverfahrens ein Ortstermin in Deutschland unumgänglich, zu welchem der französische Staatsangehörige einen deutschen Rechtsanwalt konsultieren muss. Um in diesem Fall eine auch grenzüberschreitende außergerichtliche Beratung des französischen Staatsangehörigen sicherzustellen, unterwirft Artikel 3 Absatz 2 Buchst. a der Richtlinie diesen Komplex ebenfalls den Regelungen zur Prozesskostenhilfe.

Die Regelung in Absatz 1 Nummer 2 trägt den Vorgaben des Artikels 8 Buchst. a der Richtlinie Rechnung. Dieser fordert zum einen, dass auch bei ausgehenden Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe die Beratungshilfe von dem Mitgliedstaat des Wohnsitzes gewährleistet werden muss. Sie begrenzt jedoch andererseits diese Beratungshilfe in zeitlicher Hinsicht. Denn Unterstützung ist nur solange zu leisten, bis der Antrag auf Prozesskostenhilfe gemäß der Richtlinie im Mitgliedstaat des Gerichtsstands eingegangen ist.

Zu Absatz 2

Grenzüberschreitende Beratungshilfe muss bei allen Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug im Sinne der Richtlinie 2003/8/EG gewährt werden. Die Einschränkung des geltenden § 2 Abs. 3 BerHG, nach dem Beratungshilfe nicht gewährt wird in Angelegenheiten, in denen ausländisches Recht anzuwenden ist, sofern der Sachverhalt keine Beziehung zum Inland aufweist, kann daher für grenzüberschreitende Beratungshilfe nicht beibehalten bleiben. Absatz 2 bestimmt daher, dass § 2 Abs. 3 in Fällen grenzüberschreitender Beratungshilfe nach Absatz 1 nicht anzuwenden ist.

Zu Absatz 3

Absatz 3 verweist hinsichtlich des Verfahrens für die Übermittlung ausgehender Anträge auf grenzüberschreitende Beratungshilfe auf die in § 1077 ZPO vorgesehene Regelung.

Zu Absatz 4

Absatz 4 Satz 1 enthält für eingehende Ersuchen eine Verweisung auf § 4 Abs. 1 Satz 2 BerHG, wodurch für diese Fälle die Zuständigkeit des Amtsgerichts, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt, begründet wird. Satz 2 sieht für eingehende Ersuchen eine Verweisung auf diejenigen Verfahrensvorschriften des § 1078 ZPO vor, deren Anwendung bei der grenzüberschreitenden Beratungshilfe angezeigt erscheinen. § 1078 Abs. 2 Satz 1 ist von der Verweisung ausgenommen, da sich die Voraussetzungen für die Gewährung von grenzüberschreitender Beratungshilfe nach § 1 BerHG richten. Dieser wird lediglich durch den über § 10 Abs. 4 Satz 2 des Entwurfs anwendbaren § 1078 Abs. 3 ZPO insoweit ergänzt, als der Vorgabe in Artikel 5 Abs. 4 der Richtlinie Genüge geleistet werden muss.

Zu Nummer 4 (Streichung der §§ 11 und 12)

§§ 11, 12 enthalten Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Rechtspflegergesetzes. Mit der Vollziehung der Änderungen haben sich diese Vorschriften erledigt und können gestrichen werden.

Zu Nummer 5

Insoweit handelt es sich um Folgeänderungen der Streichungen gemäß Nummer 4.

Zu Artikel 3 (Änderung des Rechtspflegergesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 20 Nr. 6 - neu)

Die Vorschrift ergänzt den Katalog der dem Rechtspfleger übertragenen Geschäfte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten um weitere Aufgabenbereiche.

Nach der neu eingefügten Nummer 6 sind dem Rechtspfleger zum einen alle bei der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe im Zusammenhang mit ausgehenden Ersuchen auf Seiten der deutschen Gerichte (Übermittlungsstellen) anfallenden Maßnahmen ( § 1077 ZPO) übertragen.

Damit sind die Rechtspfleger neben der weitestgehend standardisierten Übermittlungstätigkeit insbesondere zuständig für die Ablehnung der Übermittlung, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/8/EG fällt ( § 1077 Abs. 3 ZPO), sowie für die ggf. erforderliche Erteilung einer Bescheinigung über die Bedürftigkeit des Antragstellers nach deutschem Recht (§ 1077 Abs. 6 ZPO).

Die vorgesehene Zuweisung dieser neuen Aufgaben an die Rechtspfleger ist angemessen und sachgerecht. Die in § 1077 Abs. 3 ZPO vorgesehene kursorische Prüfung der Schlüssigkeit des Antrags ist nicht vergleichbar mit der Schlüssigkeitsprüfung, wie sie § 114 ZPO bei der Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorsieht. Sie präjudiziert auch nicht die Entscheidung der zuständigen Stelle des anderen Mitgliedsstaates, sondern dient lediglich dazu, in eindeutig und offensichtlich unbegründeten Fällen Übersetzungskosten, Übermittlungskosten und Personalaufwand zu vermeiden. Eine Befassung des Richters mit dieser Prüfung ist daher nicht erforderlich. Gleiches gilt für die Ablehnung von Anträgen, die offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens sind die Rechtspfleger bereits nach geltendem Recht zuständig für die Folgeentscheidungen, die sich aus der Bewilligung von Ratenzahlungen ergeben (§ 20 Nr. 4 Buchst. b, c RPfIG). Insoweit obliegt ihnen u.a. die weitere Überwachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der betreffenden Prozesspartei sowie die Entscheidung über eine ggf. erforderliche spätere Anpassung der Ratenhöhe. Nachdem die Rechtspfleger auf Grund dieser Zuständigkeiten bereits über entsprechende Rechtskenntnisse verfügen, bietet es sich an, ihnen auch die Zuständigkeit für die Erteilung einer Bescheinigung über die Bedürftigkeit des Antragstellers nach deutschen Recht ( § 1077 Abs. 6 ZPO) zu übertragen.

Darüber hinaus wird den Rechtspflegern die Entscheidung über eingehende Ersuchen um Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung nach § 1078 ZPO übertragen, soweit die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts begründet ist. Ausgenommen sind Fälle, in denen Prozesskostenhilfe für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beantragt wird, die eine richterliche Handlung erfordert. In diesem Fall bleibt die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe dem auch für die Entscheidung in der Hauptsache zuständigen Richter vorbehalten. Die Vorschrift ist systematisch der Parallelvorschrift des § 20 Nr. 5 RPfIG nachgebildet, von der die hier einschlägigen Fallgruppen nicht vollständig erfasst werden.

Zu Nummer 2 (§ 24a Nr. 1)

Die Vorschrift dient der Klarstellung, dass sich die Zuständigkeit der Rechtspfleger in Beratungshilfeangelegenheiten auch auf die grenzüberschreitende Beratungshilfe nach § 10 Abs. 4 des Beratungshilfegesetzes erstreckt.

Zu Artikel 4 (Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 11a Abs. 2a)

Es wird klargestellt, dass die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts unter den Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz auch im Anwendungsbereich der Richtlinie gegeben ist.

Zu Nummer 2 (§ 11a Abs. 3)

Mit dem ergänzenden Hinweis soll deutlich gemacht werden, dass die Vorschriften der ZPO zur grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe innerhalb der EU nach der Richtlinie 2003/8/EG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren für eingehende Ersuchen gelten.

Zu Artikel 5 (Änderung des Gerichtskostengesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Änderung der Inhaltsübersicht ist durch die Neufassung der Überschrift des § 28 des Gerichtskostengesetzes veranlasst.

Zu Nummer 2 (§ 28)

Artikel 5 beinhaltet unter anderem die sich aus Artikel 1 für das Gerichtskostengesetz (GKG) ergebenden Folgeregelungen.

Nummer 2 knüpft an Artikel 13 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie 2003/8/EG an. Danach kann der Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, festlegen, dass der Antragsteller die von der zuständigen Übermittlungsbehörde übernommenen Übersetzungskosten zurückzahlen muss, wenn der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Empfangsbehörde abgelehnt wird. § 28 Abs. 3 des Entwurfs sieht daher vor, dass in den entsprechenden Fällen der Antragsteller die durch das Verfahren veranlassten Auslagen zu tragen hat. Außerdem soll der Antragsteller die Auslagen auch dann tragen müssen, wenn er den Antrag zurücknimmt oder wenn die Übermittlung des Antrags nach § 1077 Abs. 3 ZPO abgelehnt wird. Zwar werden diese Fälle in der Richtlinie 2003/8/EG nicht ausdrücklich erwähnt; die vorgeschlagene Regelung ist jedoch mit der Richtlinie vereinbar. Es wäre unbillig, denjenigen Antragsteller besser zu stellen, der (zur Vermeidung einer kostenauslösenden Ablehnung) den Antrag zuvor zurücknimmt oder aber einen Antrag stellt, der offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt und dessen Übermittlung daher von der Übermittlungsstelle abgelehnt wird, so dass es zu einer den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Entscheidung der zuständigen Stelle des Empfangsstaats erst gar nicht mehr kommen kann.

§ 28 Abs. 3 schlägt im Übrigen auch für das innerstaatliche Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine ausdrückliche Regelung vor, nach der die durch das Verfahren veranlassten Auslagen von dem Antragsteller zu tragen sind, wenn er den Antrag zurücknimmt oder das Gericht den Antrag ablehnt. Die damit angeordnete Auslagenhaftung des Antragstellers entspricht der bereits heute allgemein im Schrifttum verbreiteten Auffassung (Markl / Meyer, GKG, 5. Aufl., vor § 49 Rn. 8; Oestreich / Winter / Hellstab, GKG, Vorbem. zu § 49 Rn. 9).

In allen von § 28 Abs. 3 erfassten Fällen soll Voraussetzung der Antragstellerhaftung sein, dass der Antrag in vollem Umfang zurückgenommen oder erfolglos geblieben ist, um eine verhältnismäßige Aufteilung der Auslagen bei einem teilweisen Erfolg des Gesuchs urn Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die damit verbundenen Probleme zu vermeiden.

Zu Artikel 6 (Änderung der Kostenordnung)

Aus Gründen der Rechtseinheit sollen die in § 28 Abs. 3 GKG-E vorgeschlagenen Änderungen auch für den Bereich der Kostenordnung (Kost0) übernommen werden. Es wird ergänzend auf die dortige Begründung Bezug genommen.

Zu Artikel 7 (Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Änderung der Inhaltsübersicht ist durch die Neufassung der Überschrift des § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz veranlasst.

Zu Nummer 2 (§ 46)

Nummer 2 beinhaltet eine Regelung der Erstattung von Dolmetscher- und Übersetzerkosten aus der Landeskasse, die in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aufzunehmen ist. Bisher ist die Frage, ob durch den Anwalt verauslagte Dolmetscher- und Übersetzungskosten aus der Landeskasse unter den Voraussetzungen des § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (früher: § 126 BRAGO) zu erstatten sind, streitig. Sie vvird überwiegend bejaht. § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sieht daher mit Blick auf Fälle grenzüberschreitender Beratungs- und Prozesskostenhilfe vor, dass eine gerichtliche Feststellung der Erforderlichkeit auch für andere Auslagen als Reisekosten getroffen werden kann. Eine entsprechende Regelung besteht bereits in § 46 Abs. 2 Satz 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (früher § 97 Abs. 2 Satz 2, 2. HS BRAGO) für den Bereich der Pflichtverteidigung. Die Möglichkeit einer allgemeinen Vorabentscheidung über die Frage der Erstattungsfähigkeit von Auslagen wird für die unbemittelte Partei zu einem erheblichen Zuwachs an Rechtssicherheit beitragen. Für den die Beratungshilfe durchführenden Anwalt wird zudem die Möglichkeit einer Voranfrage das Kostenausfallrisiko beseitigen können.

Zu Artikel 8 (Neufassung des Beratungshilfegesetzes)

Da das Beratungshilfegesetz in größerem Umfang geändert werden soll, sieht Artikel 6 eine Bekanntrnachungserlaubnis vor.

Zu Artikel 9 (Inkrafttreten)

Das Gesetz soll am 30. November 2004 in Kraft treten, weil die Richtlinie in Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 die Mitgliedstaaten bis zu diesem Zeitpunkt zur Umsetzung ihrer wesentlichen Teile verpflichtet. Ein Bedarf, die längere Umsetzungsfrist im Bereich der vorprozessualen Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung auszuschöpfen, besteht für Deutschland nicht.