Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Zukunftsaussichten für den Stahlsektor

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 304433 - vom 5. April 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. Februar 2005 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass das Europäische Aufbauwerk mit der Einrichtung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) seinen Ausgang nahm,

B. in der Erwägung, dass mit der Strategie von Lissabon das Ziel verfolgt wird, die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen - einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen,

C. besorgt über die Aufgabe der Hightech-Produktionen, die in den letzten Jahren aufgrund ihres technologischen Knowhows als beispielhaft galten und daher geschützt werden müssen,

D. in der Erwägung, dass es im Interesse der gesamten Europäischen Union liegt, die Industrie im eigentlichen Wortsinn, in der ein sehr großer Teil der arbeitenden Bevölkerung im erweiterten Europa beschäftigt ist, zu schützen und zu erhalten,

E. in der Erwägung, dass die Solidarität - sowohl in der Gegenwart als auch mit den künftigen Generationen - konkrete Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts erfordert, um die benachteiligten Gebiete und die Bevölkerungsgruppen der Europäischen Union dabei zu unterstützen, die Unterschiede durch Wachstum und größere Wettbewerbsfähigkeit zu beseitigen,

F. in der Erwägung, dass Thyssen-Krupp seinen Verpflichtungen, die es im Streitfall Terni gegenüber der italienischen Regierung eingegangen ist und die die Beibehaltung des Stahlstandortes und im Gegenzug Vorteile in Form von Infrastrukturen und Energiekosten vorsahen, nicht nachgekommen ist,

G. in der Erwägung, dass die Nichteinhaltung der im Juni 2004 unterzeichneten Vereinbarung mit industriellen Gründen nicht zu rechtfertigen ist, vor allem wenn man bedenkt, dass der Gewinn des Unternehmens um 55 % angewachsen ist und vor kurzem 844 Millionen EUR erreicht hat;

H. in der Erwägung, dass das Unternehmen weniger als ein Jahr nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung seine Absicht verlautbart hat, das Magnetstahlwerk zu schließen, was die Aufgabe der Schmiedewerke im kommenden Jahr nach sich zu ziehen droht; in der Erwägung, dass die Nichteinhaltung der zwischen allen Beteiligten getroffenen Vereinbarung sowie der Abzug von Thyssen-Krupp aus Terni mit industriellen Gründen jedenfalls nicht gerechtfertigt werden kann,

I. in der Erwägung, dass die mögliche Einschränkung der Magnetstahlproduktion in Terni bedeutet, dass Italien im Wesentlichen aus dieser strategischen Industriesparte aussteigt, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Beschäftigung qualifizierter junger Arbeitskräfte hat,

J. in der Erwägung, dass das Thyssen-Krupp-Werk AST öffentliche Mittel in beträchtlicher Höhe erhalten hat, einschließlich Mittel aus den Strukturfonds für Ziel-2-Gebiete sowie Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds zur Entwicklung der Beschäftigung vor Ort, der Infrastrukturen und der Berufsausbildung,

K. unter Berücksichtigung der erneuten Mobilisierung der betroffenen Arbeitnehmer, ihrer Gewerkschaftsvertretungen, der Bevölkerung und der Vertreter der lokalen Behörden,

1 ABI. L 80 vom 23.3.2002, S. 29.
2 Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABI. L 225 vom 12.8.1998, S. 16).
Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 254 vom 30.9.1994, S. 64). Geändert durch die Richtlinie 97/74/EG (ABI. L 10 vom 16.1.1998, S. 22). 4 ABl. C 97 E vom 22.4.2004, S. 637.