Antrag des Landes Niedersachsen
Entschließung des Bundesrates für einen zielorientierten Ausbau der Erneuerbaren Energien und einen adäquaten Rahmen für den Übergang in die Post-EEG-Phase

Niedersächsischer Ministerpräsident Hannover, 20. Mai 2020

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates für einen zielorientierten Ausbau der Erneuerbaren Energien und einen adäquaten Rahmen für den Übergang in die Post-EEG-Phase zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 990. Sitzung des Bundesrates am 5. Juni 2020 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weil

Entschließung des Bundesrates für einen zielorientierten Ausbau der Erneuerbaren Energien und einen adäquaten Rahmen für den Übergang in die Post-EEG-Phase

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung:

Am 01.04.2000 trat das so gennannte Erneuerbare-Energien-Gesetz als zentrale Säule für den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Stromsektor in Kraft. In der Folge wurde bis zum Jahr 2019 eine Verzehnfachung der installierten Leistung im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und ein bundesweiter bilanzieller Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Höhe von 42,3 Prozent erreicht.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien bleibt zugleich eine zentrale Voraussetzung zur Umsetzung der Klimaziele. In ihrem Klimaschutzprogramm 2030 bekennt sich die Bundesregierung zu dem Ziel, den bilanziellen Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf mindestens 65 Prozent zu erhöhen. Um dieses Ziel mit der für alle betroffenen Akteure erforderlichen Planungssicherheit umsetzen zu können, bedarf es unverzüglich der gesetzlichen Festlegung adäquater Ausbaupfade für die einzelnen erneuerbaren Energieträger. Dabei sind auch neueste Erkenntnisse zur Entwicklung des Stromverbrauchs aus dem Entwurf des Szenariorahmens Strom 2021 (2035) einzubeziehen. Danach steigt der Stromverbrauch in den kommenden 15 Jahren aufgrund der zunehmenden Sektorkopplung und der zunehmenden Elektrifizierung von industriellen Fertigungsprozessen deutlich an. Die im Klimaschutzplan 2030 benannten Zielgrößen für das Jahr 2030 (Wind Onshore: 67-71 GW, Wind Offshore: 20 GW, PV: 98 GW, Biomasse: 8,4 GW, Wasserkraft und Sonstige: 6 GW) müssen entsprechend nach oben angepasst und in Form jahresscharfer Ausbaumengen im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankert werden.

Die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist auf 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres begrenzt. Daher werden ab 2021 ältere Anlagen sukzessive aus der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz herausfallen. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien muss daher auch der Weiterbetrieb von Anlagen in der Post-EEG-Phase verstärkt in den Fokus genommen werden. Dieser Weiterbetrieb ist gerade in der anstehenden Umbruchphase im Bereich der Stromversorgung, in der der Kernenergieausstieg abgeschlossen und auch der Kohleausstieg schrittweise vollzogen wird, von erheblicher Bedeutung für eine sichere und preisgünstige Stromversorgung. Der Weiterbetrieb der Anlagen in der Post-EEG-Phase kann zudem eine große Chance für die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien werden, da auf diese Weise das Marktsegment der Grünstromvermarktung von in Deutschland produziertem Grünstrom z.B. in Form langfristiger Lieferverträge für erneuerbare Energien deutlich anwachsen kann. Hierfür bedarf es zugleich adäquater Rahmenbedingungen für die Direktvermarktung des Stroms der entsprechenden Anlagen.

Ein besonderes Augenmerk ist in diesem Zusammenhang älteren Windanlagen an Land zu widmen, die aus planungsrechtlichen Gründen nicht standortgleich durch neue Anlagen ersetzt werden können. Eine Stilllegung dieser Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen führt zu einem dauerhaften Verlust der entsprechenden Standorte für die Energiewende. Dies sollte gerade in der anstehenden Umbruchphase im Zuge des Kernenergie- und Kohleausstiegs vermieden werden.

Für Windenergieanlagen an Land, die aus planungsrechtlichen Gründen nicht standortgleich durch eine neue Anlage ersetzt werden können, sollte daher während der anstehenden Umbruchphase ein Sicherungsnetz in Form einer Anschlussförderung aufgespannt werden. Dieses Sicherungsnetz sollte sich an der Systematik langfristiger Stromlieferverträge orientieren. Entsprechend sollte den Betreibern von Anlagen, die in den nächsten Jahren aus der bisherigen EEG-Förderung fallen, einmalig die Option eingeräumt werden, ihre Stromproduktion weiterhin zu einem fest vorgegebenen Fixpreis an die Übertragungsnetzbetreiber weitergeben zu können. Die Laufzeit dieser Anschlussförderung kann dabei von den Anlagenbetreibern individuell festgelegt werden, wobei sie maximal sieben Jahre betragen sollte. Der Fixpreis sollte 70 Prozent des zum Zeitpunkt des Herausfallens der Anlage aus der EEG-Förderung geltenden Höchstwertes für die Ausschreibungen für neue Windenergieanlagen an Land betragen. Dies entspräche aktuell einem Fixpreis in Höhe von 4,34 ct/kWh. Die Übertragungsnetzbetreiber vermarkten den Strom anschließend im Rahmen der schon bestehenden Vermarktungsregeln des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und verbuchen alle Kosten und Vermarktungserlöse auf dem EEG-Konto.

Mit diesem Sicherungsnetz kann die Stilllegung von nicht ersetzbaren Altanlagen im Bereich Windenergie an Land aus wirtschaftlichen Gründen effektiv vermieden werden. Eine Mehrbelastung für EEG-umlagepflichtige Letztverbraucher ergibt sich dabei nur dann, wenn der Fixpreis über dem Marktwert für Strom aus Windenergieanlagen an Land liegt. Für die Berechnung der EEG-Umlage 2020 haben die Übertragungsnetzbetreiber einen Marktwert für Strom aus Windenergieanlagen an Land in Höhe von 4,4 ct/kWh angesetzt. Bei diesem Marktwert wäre die Einführung des Sicherheitsnetzes für nicht standortgleich ersetzbare Altanlagen im Bereich Windenergie an Land für die EEG-Umlagepflichtigen Letztverbraucher mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden. Vielmehr würden sich in der Summe sogar geringfügige Zusatzeinnahmen auf dem EEG-Konto und damit auch eine geringfügige Entlastung der EEG-umlagepflichtigen Letztverbraucher ergeben. Bei steigenden Börsenstrompreisen kann sich dieser Effekt entsprechend verstärken.