Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Regelung des Netzanschlusses von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie
(Kraftwerks-Netzanschlussverordnung - KraftNAV)

A. Probleme und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte, getrennt für Bund, Länder und Kommunen, aufgeteilt in

E. Sonstige Kosten (z.B. Kosten für die Wirtschaft, Kosten für soziale Sicherungssysteme, Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau).

F. Bürokratiekosten

G. Gleichstellungspolitische Belange werden nicht berührt.

Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Regelung des Netzanschlusses von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie (Kraftwerks-Netzanschlussverordnung - KraftNAV)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 27. April 2007
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Verordnung zur Regelung des Netzanschlusses von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie (Kraftwerks-Netzanschlussverordnung - KraftNAV)

Vom ...

Auf Grund des § 17 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2, des § 24 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und des § 29 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) verordnet die Bundesregierung:

Teil 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Begriffsbestimmungen

§ 3 Verfahren

§ 4 Anschlusszusage und Netzanschlussvertrag

§ 5 Informationspflichten des Netzbetreibers

§ 6 Netzanschluss

§ 7 Netzzugang bei Engpässen

§ 8 Kostentragung

Teil 2
Sonstige Bestimmungen

§ 9 Kraftwerksanschluss-Register

§ 10 Festlegungen der Regulierungsbehörde

Teil 3
Schlussvorschriften

§ 11 Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Gegenstand der Verordnung

Im Interesse von Versorgungssicherheit und Wettbewerb werden mit der vorliegenden Rechtsverordnung Bedingungen und Verfahren zur Vereinbarung und Herstellung eines Netzanschlusses für Stromerzeugungsanlagen näher geregelt.

Höhere Rechtsklarheit, inhaltliche und verfahrensmäßige Vereinfachung und angemessene Berücksichtigung der Interessen der Betreiber von Energieversorgungsnetzen und der Anschlussnehmer sollen dazu beitragen, dass Investitionen in neue Kraftwerke zügig und diskriminierungsfrei erfolgen können. Eine Festlegungsbefugnis der Regulierungsbehörde soll die effiziente Regelung geänderter tatsächlicher Gegebenheiten in der Zukunft ermöglichen.

II. Finanzielle Auswirkungen

Belastungen der öffentlichen Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden sind nicht ersichtlich. Es sind keine neuen Aufgaben vorgesehen, die nach derzeitigem Erkenntnisstand eine Aufstockung des vorhandenen Personals in der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden erforderlich werden ließen.

Der mit dieser Verordnung beabsichtigte diskriminierungsfreie und kosteneffiziente Anschluss neuer Kraftwerke an das Netz bildet eine Voraussetzung für im Interesse der Versorgungssicherheit ausreichende Investitionen in neue Erzeugungskapazitäten und für die Belebung des Anbieterwettbewerbs durch Engagements neuer Anbieter. Die Intensivierung des Wettbewerbs kann sich positiv auf Großhandels- und Endverbraucherpreise auswirken; eine Quantifizierung ist nicht möglich.

Kosteninduzierte Einzelpreisänderungen lassen sich nicht ausschließen.

Unmittelbare Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau sind jedoch nicht zu erwarten. Die öffentlichen Haushalte werden nicht zusätzlich belastet, so dass mittelbare, über die öffentlichen Haushalte transmittierte Preiseffekte auszuschließen sind.

Bürokratiekosten

Die Betreiber von Energieversorgungsnetzen sind schon nach der bisherigen Rechtslage aufgrund ihrer Systemverantwortung nach den §§ 11 ff. des Energiewirtschaftsgesetzes gezwungen, vor Anschluss eines neuen Kraftwerkes eingehende Untersuchungen über die Lastflusssituation und mögliche Folgewirkungen auf das Netz durchzuführen. Zusätzliche Kostenbelastungen werden daher nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nur unwesentlich in dem Maße entstehen in dem der Anschlussnehmer Alternativplanungen mit von ihm vorgegebenen Annahmen verlangen kann. Die im Folgenden dargelegten Bürokratiekosten werden daher durch diese Verordnung nur zum geringsten Teil neu geschaffen. Die Bestimmungen dieser VO zum Verfahren und zu den im Verlaufe und als Ergebnis des Anschlussverfahrens entstehenden Kosten zielen vielmehr darauf ab, die Kosteneffizienz insgesamt durch zügige Verfahrensabwicklung zu erhöhen und eine klare und verursachungsgerechte Kostenverteilung zwischen Anschlussnehmer und Netzbetreiber zu erreichen.

Der vorliegende Verordnungsentwurf enthält acht Informationspflichten zu Lasten der Netzbetreiber sowie drei Informationspflichten für Netzbetreiber, deren entstehende Kosten durch den zu informierenden Anschlussnehmer zu tragen sind.

Im Rahmen der ex ante Schätzung ist mit dem vorliegenden Entwurf eine Mehrkostenbelastung von 202.488 € zu erwarten. Dabei wurde eine Annahme unterstellt dass pro Jahr zehn interessierte Anschlussnehmer sich an die Netzbetreiber wenden. Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 3 Abs. 1 wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 1280 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 9.107 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 3 Abs. 1). Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 3 Abs. 2 wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 740 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 5.112 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 3 Abs. 2). Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 4 Abs. 2 und Abs. 5 wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 2700 Minuten und einer Fallzahl von je 10 auf 18.966 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 4 Abs. 2 und Abs. 5). Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 3 Abs. 9 wurden mit einem Zeitaufwand von 127 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 858 € geschätzt. Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 5 Abs. 1 wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 19460 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 130.516 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 5 Abs. 1). Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 9 Satz 1 1. Halbsatz wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 2640 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 18.484 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 9). Die Bürokratiekosten der Informationspflicht in § 9 Satz 1 2 Halbsatz wurden mit einem geschätzten Zeitaufwand von 2883 Minuten und einer Fallzahl von 10 auf 19.445 € angenommen (siehe auch Begründung zu § 9).

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Teil 1 Allgemeine Vorschriften

Zu § 1 Anwendungsbereich

Mit der VO sollen die für den Betrieb des deutschen Verbundnetzes wirtschaftlich und technisch wesentlichen Kraftwerksanschlussprojekte erfasst werden.

Die Nennleistungsgrenze von 100 MW wurde gewählt, da eine Auswertung derzeit existierender primärregelungsfähiger Erzeugungsanlagen ergeben hat, dass von insgesamt 148 Anlagen rund 89% oberhalb einer Nennleistung von 100 MW angesiedelt sind. Für diese Leistungsgrenze spricht ferner auch der in § 50 Nr. 1 EnWG (Vorratshaltung zur Sicherung der Energieversorgung) festgelegte Wert von ebenfalls 100 MW. Diese Leistungskategorien von Kraftwerken werden typischerweise an Leitungen der Spannungsebene 110 kV oder darüber angeschlossen. Als ergänzendes Abgrenzungskriterium wurde daher diese Spannungsebene gewählt. Eine weitere Abgrenzung nach der Zugehörigkeit zum Netz eines Übertragungsnetzbetreibers hätte eine unnötige Ungleichbehandlung zwischen gleichartigen Kraftwerken und eine unerwünschte Einschränkung in der Wirksamkeit dieser Verordnung für Versorgungssicherheit und Wettbewerb mit sich gebracht.

Zu § 2 Begriffsbestimmungen

Der Paragraph enthält die für die Regelungszwecke dieser Verordnung erforderlichen Begriffsbestimmungen. Die Geltung der Begriffsbestimmungen des EnWG bleibt unberührt.

Zu § 3 Verfahren

Eindeutige und transparente Vorgaben hinsichtlich der wechselseitigen Informations- und Mitwirkungspflichten dienen dem Interesse effizienter und rechtssicherer Verfahrensabwicklung. Insgesamt ist eine zurückhaltende Reglementierung des einzuhaltenden Verfahrens, ergänzt um eine entsprechende Festlegungskompetenz der Regulierungsbehörde in § 10, vorgenommen worden.

Zu Abs. 1

Aufgrund der im Internet zugänglichen Informationen des Netzbetreibers soll es dem Anschlussnehmer möglich sein, sich schnell einen Überblick über die von ihm bereitzustellenden Angaben zu verschaffen. Die Veröffentlichung standardisierter Bedingungen für einen Netzanschlussvertrag ersetzt das Aushandeln individueller Vertragsbedingungen für den jeweiligen Einzelfall nicht, soll aber frühestmöglich Transparenz über die Voraussetzungen des Netzanschlusses und vom Netzbetreiber für einen gedachten Regelfall vorgesehene Vertragselemente herstellen. Dabei sind die in § 4 Absatz 4 genannten Vertragsgegenstände zu berücksichtigen. Hier wären beispielsweise auch technische Mindestanforderungen im Sinne von § 19 Absatz 1 EnWG etwa im Hinblick auf Frequenz- und Spannungshaltung, Kurzschlussfestigkeit, Regelleistungs- und Schwarzstartfähigkeit aufzunehmen. Dabei ist sicherzustellen, dass nur solche Angaben gefordert werden, mit denen auch ein Anschlussnehmer, der sich in einer frühen Phase der Projektplanung befindet und noch keine umfassende Entscheidung über die technischen Rahmendaten getroffen hat, ein Netzanschlussbegehren stellen kann.

Die Darstellung der Netzauslastung soll es dem Anschlussnehmer erlauben, eine grobe Vorauswahl von aus Netzsicht geeigneten Standorten zu treffen.

Zu Abs. 2

Die Übermittlung der geforderten Angaben soll dem Anschlussnehmer innerhalb einer überschaubaren Frist die Möglichkeit einräumen, eine Abschätzung des Netzbetreibers hinsichtlich des Umfangs und der entstehenden Kosten der durchzuführenden Prüfung zu erhalten.

Zu Abs. 3

Durch die Verpflichtung des Anschlussnehmers zur Zahlung eines Vorschusses soll dem Interesse des Netzbetreibers Rechnung getragen werden, nur solche Prüfungen durchzuführen, bei denen eine ernsthafte Realisierungsabsicht vorliegt. Die Mitwirkungspflicht anderer Netzbetreiber kann insbesondere bei den weiträumigen Lastflussprüfungen über die Grenzen einzelner Übertragungsnetze hinaus und beim Anschluss an Netze mit einer Spannung von 110 Kilovolt erforderlich werden. Die Aufzählung des Prüfungsumfangs orientiert sich an der üblichen Praxis, wonach anlässlich der Prüfung eines Anschlussbegehrens sowohl Fragen des geeigneten Netzanschlusspunktes als auch Fragen hinsichtlich zu erwartender Netzlast- und Engpasssituationen verbunden werden. Da die im Zuge einer Netzlastprüfung angenommenen lastbestimmenden Rahmenbedingungen, wie etwa Abschaltung und Neubau anderer Kraftwerke zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer divergieren können, wird dem Anschlussnehmer die Möglichkeit eingeräumt solche Eckdaten für eine optionale, zusätzliche Berechnung selbst vorzugeben. Die durch den Netzbetreiber durchzuführende Prüfung ist zügig und effizient durchzuführen. Die vorgesehene maximale Prüfungsdauer von drei Monaten entspricht Erfahrungswerten aus der Praxis in vergleichbaren Fällen.

Zu Abs. 4

Die Kostentragung durch den Anschlussnehmer entspricht dem Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit und soll missbräuchlichen Anschlussbegehren entgegenwirken. Gleichzeitig soll sie die Bereitschaft des Netzbetreibers fördern, zügig die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Bestimmung erfolgt unbeschadet der im Wesentlichen das Massenkundengeschäft betreffenden Vorgabe in § 17 Abs. 2 S. 3, 4 EnWG für die nachträgliche Erweiterung von Begründungen.

Zu § 4 Anschlusszusage und Netzanschlussvertrag

Die Netzanschlusszusage ist die Bestätigung des Netzbetreibers, dass dem Anschluss der betreffenden Erzeugungsanlage am beabsichtigten Netzanschlusspunkt keine wesentlichen technischen Hindernisse entgegenstehen, auch wenn einige technische Details zur Erzeugungsanlage, die typischerweise erst kurz vor, während oder nach Abschluss der Errichtung der Anlage festgelegt werden, zur Vollständigkeit der abzuschließenden Verträge noch fehlen. Für den Fall von Anschlusskonkurrenz ist aus Gründen der Rechtsklarheit Vorrang für zeitlich früher eingegangene Anschlussbegehren vorgesehen.

Im Interesse der Ernsthaftigkeit der Reservierungsabsicht des Anschlussnehmers wird die Anschlusszusage erst mit der Zahlung der Prüfungskosten und einer Reservierungsgebühr wirksam. Aus Gründen der Rechtsklarheit legt die Verordnung als Reservierungsgebühr einen festen Betrag pro Megawatt Netzanschlussleistung fest.

Absatz 2 sieht eine Kooperationspflicht zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer in der Phase nach Erteilung der Anschlusszusage bis zum Abschluss detaillierter vertraglicher Regelungen zu Netzanschluss und Anschlussnutzung vor. Eine Mitwirkungspflicht anderer Netzbetreiber kann sich insbesondere bei den weiträumigen Lastflussprüfungen über die Grenzen eines Übertragungsnetzes hinaus und im Fall von Anschlüssen an das 110-Kilovolt-Netz ergeben. Im Interesse eines zügigen und effizienten Verhandlungsablaufes wird eine einvernehmliche Vorbereitung und die, falls erforderlich einseitige, Erstellung eines Verhandlungsfahrplans vorgesehen. Der Verhandlungsfahrplan stellt schnell Klarheit über die streitigen Gegenstände her und erleichtert Verhandlungen ebenso wie eine mögliche Missbrauchskontrolle durch die Regulierungsbehörde.

Der Verfall der Anschlussreservierung nach Absatz 3 dient dazu, die Beteiligten zu verhandlungsförderlichem Verhalten anzuregen und Fälle einseitiger oder kollusiver Blockierung von Netzanschlusspunkten durch Anschlussnehmer oder Anschlussnehmer und Netzbetreiber zu beenden.

Absatz 4 enthält im Interesse der Rechtsklarheit eine Auflistung der in Netzanschlussverträgen mindestens regelungsbedürftigen Gegenstände.

Absatz 5 sieht im Interesse von Planungssicherheit und effizienter Nutzung bestehender Anschlusskapazitäten vor, dass zusammen mit dem Abschluss vertraglicher Regelungen zum Netzanschluss auch ein Realisierungsfahrplan vereinbart wird, der die den jeweils Betroffenen obliegenden Schritte in ihrer Reihenfolge und ihrem Bezug zueinander dokumentiert und durch eine angemessene Sanktionierung auch zu einer zügigen Durchführung motiviert. Der Plan unterliegt der Privatautonomie, d.h. er ist jederzeit im Einvernehmen änderbar;

Änderungen der tatsächlichen Umstände ist auf Wunsch eines Beteiligten durch einvernehmliche Anpassung des Fahrplans zu entsprechen.

Absatz 6 sanktioniert den Anschlussnehmer mit dem Verlust des Anschlussvorrangs und der Rechte aus dem Netzanschlussvertrag, wenn er es zu vertreten hat, dass der Realisierungsfahrplan nicht aufgestellt oder nicht eingehalten wurde. Damit wird seine Vertragstreue motiviert und missbräuchliches Verzögern durch Netzbetreiber leichter und schneller erkennbar.

Absatz 7 konkretisiert die möglichen Regelungsinhalte von Realisierungsfahrplänen; die Vorlagepflicht bei der Regulierungsbehörde soll effiziente Missbrauchskontrolle im Einzelfall und allgemeine Übersicht über die Verhältnisse bei der Realisierung von Netzanschlussvorhaben befördern.

Zu § 5 Informationspflichten des Netzbetreibers

Die Vorschrift enthält die materiellen Verpflichtungen des Netzbetreibers gegenüber dem Anschlussnehmer auf Herausgabe solcher Informationen, die den Anschlussnehmer in die Lage versetzen, eine eigene Einschätzung der sich ergebenden Netzanschluss- und Netzauslastungssituation und der Folgen für die zu errichtende Erzeugungsanlage vorzunehmen. Die Informationen sind unverzüglich und in geeigneter Weise zu übermitteln; in der Regel erscheint die Übermittlung in elektronischer Form geeignet. Die Informationen nach Abs. 1 Nr. 1 dienen der Einschätzung des Anschlussnehmers, ob die in die Prüfungen des Netzbetreibers eingeflossenen Grundannahmen insbesondere auch zum Kraftwerksbereich nach Ansicht des Anschlussnehmers zutreffend sind und ob der Anschlussnehmer die Berechnung mittels anderer Grundannahmen verlangen soll. Die Vorschrift des § 20 Absatz 2 Satz 3 EnWG, die im Fall der Verweigerung des Netzzugangs bei Engpässen dem Netznutzer das Recht gewährt, von dem Netzbetreiber eine Darlegung der zur Beseitigung des Engpasses zu erwartenden Netzausbaukosten zu verlangen bleibt unberührt. Die in Abs. 1 Nr. 2-5 genannten Informationen erlauben weitergehende Rückschlüsse auf das Netz, dessen Lastsituation und dessen Betriebsführung und könnten möglicherweise auch zu sicherheitsrelevanten Eingriffen missbraucht werden. Aus diesem Grund darf der Netzbetreiber die Bekanntgabe diesbezüglich auf Übergabe an einen im Einvernehmen zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer zu bestimmenden Gutachter beschränken.

Zu § 6 Netzanschluss

Ein Netzanschluss darf nur bei Vorliegen eines Verweigerungsgrundes nach § 17 Abs. 2 EnWG verweigert werden. Hierfür werden zwei für Kraftwerke derzeit bekannte und typische Fallvarianten fehlender technischer Eignung exemplarisch genannt. In allen Fällen fehlender Eignung ist durch den Netzbetreiber zu prüfen, ob diese nicht durch zumutbare Ertüchtigungsmaßnahmen behoben werden kann.

Denkbar ist beispielsweise der Austausch von Betriebsmitteln des Netzes, wenn deren Kurzschlussfestigkeit für den antragsgemäßen Anschluss des neuen, zusätzlichen Kraftwerkes nicht mehr ausreicht.

Absatz 2 berücksichtigt, dass Fragen des Netzanschlusses nach § 17 EnWG nicht mit Fragen des Netzzugangs nach § 20 EnWG vermischt werden sollten. Aus diesem Grund stellt ein im deutschen Übertragungsnetz vorhandener oder drohender Engpass keinen Grund für eine Verweigerung des Netzanschlusses dar. Einer möglichen Diskriminierung von Anschlussnehmern durch bewusst restriktive Einschätzung der verfügbaren Netzkapazitäten durch Netzbetreiber ist damit die Grundlage entzogen.

Sofern der Netzbetreiber den Anschluss am gewünschten Anschlusspunkt verweigert ist er nach Absatz 3 zugleich zur Benennung eines alternativen, geeigneten Anschlusspunktes verpflichtet, da diese Beurteilung im Regelfall ohne Zusatzaufwand auf Grundlage der ohnehin vorliegenden, umfassenden Informationen möglich ist und im allgemeinem Interesse an kosteneffizienter Verfahrensgestaltung zur Effizienz der weiteren Anschlusssuche beiträgt. Die Auswahl möglicher Optionen nach den Vorgaben des Anschlussnehmers dient dem allgemeinen Interesse an wettbewerbsfähigen Kraftwerksstandorten; sie endet an der gesetzlich vorgegebenen Grenze des dem Netzbetreiber wirtschaftlich Zumutbaren.

Absatz 4 stellt klar, dass der Anschlussnehmer für die Herstellung der Anschlussleitung verantwortlich, aber nicht verpflichtet ist, den Netzbetreiber mit der Herstellung zu betrauen; er ist frei darin, Dritte mit der Herstellung der Anschlussleitung zu betrauen. Die Bestimmung spiegelt die derzeitige Praxis der Netzbetreiber wider, die Erstellung von Anschlussleitungen anzubieten, sofern die dafür erforderlichen Unternehmensressourcen verfügbar sind.

Zu § 7 Netzzugang bei Engpässen

In den nächsten zehn Jahren wird ein erheblicher Teil der Stromerzeugungskapazität in Deutschland aus Alters- und politischen Gründen abgeschaltet werden. Aus Gründen der Versorgungssicherheit sind deshalb erhebliche Investitionen in neue Anlagen erforderlich, um die wegfallenden alten Kapazitäten zu ersetzen.

Gleichzeitig bietet sich dabei die Gelegenheit, dass sich neue Anbieter in Deutschland engagieren und den Wettbewerb auf der Angebotsseite beleben.

Mit der Einräumung eines bevorzugten Netzzugangs im Falle möglicher Netzengpässe in der Zukunft soll verhindert werden, dass insbesondere neue Anbieter für einen bestimmten Standort bereits ernsthaft vorbereitete Kraftwerksprojekte wegen möglicher Engpassrisiken aufgeben.

Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, ist der Anwendungsbereich auf neue Kraftwerke eingegrenzt die bis zum 31. Dezember 2012, bereit zum kommerziellen Energieversorgungsbetrieb, an das Netz angeschlossen sind.

Auch eine grundsätzliche Aushöhlung der Allokationswirkung potentieller Engpässe, die tendenziell eine ausgewogene Verteilung von Kraftwerksstandorten ohne Engpässe im Netz herbeiführen, ist mit dem privilegierten Netzzugang nicht beabsichtigt. Die Netzzugangsregelung dient vielmehr als sofort wirksame Übergangsregelung in der Anfangsphase der VO gegen Risiken aus möglichen zukünftigen Engpässen im deutschen Verbundnetz und soll so dem überwiegenden Interesse an Sicherung der Versorgung und Belebung des Wettbewerbs gerecht werden. Umfassende Regelungen zum Engpassmanagement können in den nächsten Jahren durch entsprechende Festlegungen der Bundesnetzagentur oder Änderungen der Stromnetzzugangs-Verordnung getroffen werden.

Die in Absatz 3 vorgesehene Befristung dient der Rechtsklarheit und Planbarkeit des Netzes. Die Begrenzung des privilegierten Netzzugangs auf die Hälfte der insbesondere nach Berücksichtigung von § 1 Absatz 2 Satz 2 verfügbaren Leitungskapazität könnte im Ausnahmefall dazu führen, dass privilegierte Netznutzer nicht für alle von ihrem Kraftwerk einzuspeisenden Strommengen privilegierten Netzzugang erhalten. In diesem Fall werden sie in einem allgemeinen, diskriminierungsfreien Verfahren mit allen anderen Netznutzern um die restliche Hälfte der verfügbaren Leitungskapazitäten konkurrieren.

Zu § 8 Kostentragung

Die Tragung der Kosten, die für die Ermöglichung des Netzanschlusses einer Erzeugungsanlage anfallen, sind dem Anschlussnehmer zuzuweisen, soweit eine eindeutige Kostenverursachung feststellbar ist. Eine weitergehende Beteiligung an netzrelevanten Kosten ist im Interesse wettbewerbsfähiger neuer Kraftwerksprojekte nicht vorgesehen.

Die Anschaffungs- und Herstellungskosten von Betriebsmitteln, die in das Eigentum des Netzbetreibers oder eines Dritten übergehen, sind vorbehaltlich freier weiterer Verfügung vom Netzbetreiber oder von dem betreffenden Dritten zu tragen. Sie werden als Netzaktiva bei der Netzentgeltkalkulation berücksichtigt; die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme auch der Anschlussnehmer wird so von vornherein vermieden. Sonstige durch ausschließlich vom Anschlussnehmer genutzte Betriebsmittel verursachte Kosten sind entsprechend der allgemeinen Regel dem Anschlussnehmer anzulasten.

Zu § 9 Kraftwerksanschluss-Register

Im Interesse größerer Markttransparenz soll potentiellen Investoren sowie den Initiatoren aktueller Anschlussbegehren eine Übersicht über die vorliegenden Anschlussanfragen und Anschlüsse zur Verfügung stehen; neben den Anschlüssen von Kraftwerken, die im Betrieb oder nur vorübergehend stillgelegt sind, sollen im Interesse ausreichender Transparenz auch die Standorte nicht nur vorübergehend stillgelegter oder endgültig aufgegebener Erzeugungsanlagen dargestellt werden.

Die Betroffenen haben damit die Möglichkeit, kosteneffizient die sich gegenwärtig und zukünftig ergebende Auslastung eines beabsichtigten Kraftwerksstandortes und dessen Umfeldes abzuschätzen.

Zu § 10 Festlegungen der Regulierungsbehörde

Bei dem Vorgehen von Netzbetreibern und Anschlussnehmern auf ihrem Weg über Netzanschlusszusage, über die Festlegung wesentlicher Eckpunkte des Kraftwerks- und Netzprojektes, über einzelne Vorleistungen, die für den jeweils anderen Beteiligten als unabdingbare Voraussetzung gelten, um weitere eigene Vorleistungen zu erbringen und über die abschließende Festlegung der wesentlichen Einzelheiten hin zu einer abschließenden vertraglichen Regelung, die einen für die Anpassung und Einfügung von Einzelheiten noch offenen Realisierungsfahrplan enthält, sind vielfältige Unterschiede in den jeweiligen Einzelfällen denkbar. Darüber hinaus wirken sich kontinuierlich ändernde wirtschaftliche, technische und sonstige Bedingungen auch auf Vorgehen und Vereinbarungen der Vertragspartner aus. Dies kann auch die in § 3 Absatz 1 vorgesehenen standardisierten Bedingungen für einen Netzanschlussvertrag betreffen. Demzufolge können sich auch die Anforderungen an zeitlichen Ablauf, Rahmenbedingungen und Informationsbedürfnisse ändern. Im Interesse an der dauerhaften Gewährleistung der mit dieser Verordnung beabsichtigten kosteneffizienten, diskriminierungsfreien und die Interessen angemessen ausgleichenden Rahmenbedingungen erhält daher die Regulierungsbehörde die Befugnis, die genannten Parameter den sich wandelnden tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnissen der Akteure mittels eines Festlegungsverfahrens anzupassen.

Anlage

Der Nationale Normenkontrollrat hat zum Verordnung zur Regelung des Netzanschlusses von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie (Kraftwerks-Netzanschlussverordnung) am 21. Februar 2007 wie folgt Stellung genommen:

Im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung hat der Nationale Normenkontrollrat den Verordnungsentwurf dahingehend geprüft, inwieweit Informationspflichten und daraus resultierende Bürokratiekosten nachvollziehbar dargestellt worden sind.

Die im vorliegenden Verordnungsentwurf enthaltenen Informationspflichten und daraus resultierende Bürokratiekosten von ca. 200 Tsd. Euro wurden nachvollziehbar dargestellt.

Darüber hinaus wurde vom BMWi herausgestellt, dass der im Verordnungsentwurf rechtlich festgelegte Informationsaustausch auch schon bisher auf freiwilliger Basis stattgefunden hat. Der Rat geht davon aus, dass vom Verordnungsgeber die für die Verfahrensabwicklung geringstmögliche bürokratische Belastung gewählt wurde. Unter dieser Maßgabe stimmt der Nationale Normenkontrollrat dem Verordnungsentwurf zu.


Catenhusen
stellvertretender Vorsitzender
Dr. Schoser
Berichterstatter