Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates - Digitalisierung der Energiewende - Rasche Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie
(RL 2019/944 /EU)

Der Bundesrat hat in seiner 992. Sitzung am 3. Juli 2020 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Entschließung des Bundesrates - Digitalisierung der Energiewende - Rasche Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie (RL 2019/944 /EU)

Begründung:

Zu Ziffer 1:

Intelligenten Messsysteme können nicht nur dem Verbraucher Einsparpotenziale beim Stromverbrauch aufzeigen, sondern leisten zukünftig auch einen wichtigen Beitrag bei der Energiewende. Die witterungsbedingt schwankende Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien erfordert es, Energieerzeugung, Energietransport, Energiespeicherung und Energieverbrauch intelligent und effizient miteinander zu verknüpfen. In einem auf Erneuerbare Energien gegründeten Energieversorgungssystem verbindet moderne Kommunikations- und Steuerungstechnik die verschiedenen Teile des Energiesystems und stimmt diese aufeinander ab. Smart Meter stellen dabei die Verbindung zwischen den einzelnen Verbrauchern und dem Stromnetz sowie den Energieversorgungsunternehmen her, so dass die Netzbetreiber das Netz besser steuern und unnötige Netzmanagementkosten vermeiden können.

Zu Ziffer 2:

Der seitens der Bundesregierung beschlossene Wechsel von fossilen Energieträgern zu regenerativen Energien stellt ein wesentliches Element der Energiewende dar. Allerdings ist der Ausbau erneuerbarer Energien für sich allein noch kein Garant für eine sichere Stromversorgung. Für die weitere Ausgestaltung der Energiewende werden Information und Steuerung über intelligente Messsysteme als ein zentrales Element einer zukunftsfähigen digitalen Energieversorgung angesehen. Sie liefern allen Beteiligten wichtige Daten, unter anderem über Netzlast, Einspeisungen, Verbrauch sowie Speicherung und stellen die Grundlage für dynamische Tarife dar.

Zu Ziffer 3:

In Artikel 20 und 21 der noch umzusetzenden Richtlinie 2019/944 /EU wird die zukünftige Funktion intelligenter Messsysteme detailliert erläutert sowie der Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf solche Systeme zu fairen, angemessenen und kosteneffizienten Bedingungen geregelt. Damit verbunden ist sowohl die Partizipationschance der Endverbraucher an der Energiewende als auch ein besseres Lastmanagement der Netze sowie eine Optimierung des Verbrauchsverhaltens.

Zu Ziffer 4:

Erstmalig in einer EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt ist der Stärkung und dem Schutz der Verbraucher ein gesamtes Kapitel gewidmet.

Zu den wesentlichen verbraucherschützenden Regelungen zählen beispielsweise neben Vorgaben zu den Gebühren und Fristen beim Versorgerwechsel auch der Anspruch auf Partizipation und aktive Teilnahme der Verbraucher am Energiemarkt, insbesondere der Anspruch auf dynamische Stromtarife. Zudem wird der Zugang zu wirksamen Beschwerdestellen und unabhängigen außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren vorgegeben.

Darüber hinaus nehmen die Vorgaben für neutrale Energiepreisvergleichsportale eine besondere Stellung ein, da es sich bei der Energieversorgung um einen Bereich der Daseinsvorsorge handelt, für den besondere Anforderungen an Transparenz, Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit gelten. Um ein Klageverfahren der EU zu vermeiden, hat die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie bis 31. Dezember 2020 zu erfolgen.

Zu Ziffer 5:

Die aktuelle Lage der Verbreitung von intelligenten Messsystemen in Europa zeigt ein inhomogenes Bild. Deutschland wird innerhalb von drei Jahren nach Feststellung der technischen Möglichkeit zehn Prozent der Messstellen mit intelligenten Messsystemen ausstatten (§ 45 Absatz 1 Nummer 2 MsbG). Die vorgenannte, erforderliche Feststellung wurde erst im Januar 2020 getroffen, so dass nach jetziger Einschätzung bis Ende 2020 voraussichtlich weniger als fünf Prozent der Haushalte mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden und Deutschland damit deutlich hinter der Verbreitung in anderen Mitgliedstaaten zurückbleibt.

Die Mehrzahl der deutschen Haushalte ist derzeit von der gesetzlichen Einbaupflicht intelligenter Messsysteme nicht betroffen, sondern wird nach der aktuellen Rechtslage bis 2032 mit einer modernen Messeinrichtung ohne Kommunikationseinheit ausgestattet. Um perspektivisch regenerative Energien effizient nutzen zu können, müssen jedoch intelligente Messsysteme zur Steuerung von Verbrauchs-/Speichergeräten möglichst flächendeckend eingeführt werden. Davon profitieren Verbraucher, Netzbetreiber und Stromerzeuger gleichermaßen. Mit der Etablierung der dafür erforderlichen diversen technischen Voraussetzungen sollte so schnell wie möglich begonnen werden.

Zu Ziffer 6:

Die weitere Verbreitung intelligenter Messsysteme kann nur erfolgen, wenn deren Akzeptanz bei den Endverbrauchern gefördert wird. Der Großteil der deutschen Haushalte profitiert aus derzeitiger Sicht nur begrenzt vom Smart Meter Rollout. Um die vorgesehenen Mehrwerte zu erreichen, ist die Einführung dynamischer, insbesondere auch netzorientierter Tarife, unabdingbar, damit die Endverbraucher durch eine wirkungsvolle Anreizwirkung über die Preisgestaltung systemoptimierend mitwirken und profitieren können. Die Bundesregierung soll daher geeignete und attraktive Rahmenbedingungen schaffen, damit dynamische Tarife in Verbindung mit dem Rollout von intelligenten Messsystemen angeboten werden.

Zu Ziffer 7:

In Deutschland wurde im Jahr 2016 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende mit dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) erlassen. In diesem Zusammenhang hat die Bundesnetzagentur für die Kommunikation zwischen den Marktbeteiligten im Bereich Strom bereits Vorgaben zur Umsetzung der Erfordernisse des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende erstellt ("Marktkommunikation 2020", MaKo 2020). Danach werden Messwerte durch den Messstellenbetreiber wie gesetzlich angeordnet sternförmig verteilt.

Mit dem Beschluss der Energieeffizienzrichtlinie 2018/2002 /EU (EED-Richtlinie) hat die EU zwischenzeitlich weitere Anforderungen im Energiesektor auf den Weg gebracht. Neben dem Stromverbrauch sollen auch die Verbrauchsdaten von Wärme, Gas und Wasser digitalisiert werden. Dadurch soll eine spartenübergreifende und für Verbraucher transparentere Abrechnung ermöglicht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen daher künftig - in Anlehnung an die MaKo 2020 - alle Verbrauchsdaten der verschiedenen Sparten vom Messstellenbetreiber sternförmig verteilt werden. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass die Interoperabilität der eingesetzten Technik gewährleistet wird und bei einem Anbieterwechsel die für die Messung und Abrechnung notwendigen Daten zugänglich gemacht werden. Hieraus resultieren Synergien bei der Digitalisierung der Zähler von Strom, Wärme, Wasser und Gas. Darüber hinaus kann die Digitalisierung auch noch einen zusätzlichen Mehrwert bieten, indem die Möglichkeit geschaffen wird, weitere Sensorik und Smart-Home-Anwendungen über ein sicheres Smart-Meter-Gateway anzubinden.