Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung des Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Barroso im Einvernehmen mit Vizepräsident Verheugen und den Kommissaren Almunia und Spidla: "Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005 bis 2008)"

Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (gemäß Artikel 99 EG-Vertrag)

Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag) KOM (2005) 141 endg.; Ratsdok. 8008/05

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 22. April 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 13. April 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen und der Beschäftigungsausschuss werden an den Beratungen beteiligt.

Begründung

Gegenstand der vorliegenden Mitteilung sind die ersten integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung. Der Europäische Rat hat auf seiner Frühjahrstagung 2005 dazu aufgefordert, für den Zeitraum 2005 bis 2008 derartige Leitlinien aufzustellen.

Die Begründung gilt sowohl für die Empfehlung der Kommission zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik als auch für den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien.

1.1. Den Schwerpunkt noch stärker auf Wachstum und Beschäftigung legen

Die Zeit nach der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon im März 2000 war durch einen abrupten Einbruch der Weltwirtschaftskonjunktur gekennzeichnet. Optimistische Wachstumsprognosen, die Börsen-Hausse und das Vertrauen der Investoren in die neue technologische Revolution wurden abgelöst von einem Klima der Unsicherheit. Zu den auslösenden Faktoren dieser negativen Entwicklung zählen das Platzen der Dot.com-Blase in 2001, der Abschwung des Welthandels im selben Jahr, Bilanzskandale, geopolitische Unsicherheiten als Folge von Terroranschlägen und der Irak-Krieg. Die daraus resultierende Unsicherheit schwächte das Vertrauen der Unternehmen und der Verbraucher und dämpfte die Binnennachfrage. In der Folge blieb im Zeitraum 2001-2003 das durchschnittliche jährliche Wirtschaftswachstum in einigen Mitgliedstaaten unter 1%.

Die Wirtschaft hat sich seit der zweiten Jahreshälfte 2003 allmählich erholt. Zwar war die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union (EU) in der zweiten Jahreshälfte 2004 enttäuschend, doch ist laut der jüngsten Vorhersagen der Kommission im Jahr 2005 mit einem Wirtschaftsaufschwung zu rechnen. Zinsen auf einem historischen Tiefststand und der prognostizierte Anstieg der Beschäftigung und der Reallöhne sind gute Voraussetzungen für ein Anziehen der Binnennachfrage.

Auch andere Begleitumstände sind günstig: Die Inflation ist weiterhin niedrig, ungeachtet der Entwicklung der Energiepreise, und das Beschäftigungswachstum setzt sich fort, unterstützt durch eine moderate Lohnentwicklung.

Bei den Arbeitslosenquoten rechnet man mit einem - wenn auch langsamen - Rückgang auf 8,7 % in 2006. Die Gesamtbeschäftigungsquote für die EU-25 lag in 2003 mit geschätzten 62,9 % deutlich unter der Zielvorgabe von 70 %. Die Fortschritte in der Realisierung des Quotenziels für die Frauenbeschäftigung von 60 % sind eher schleppend. Die gegenwärtige Quote beträgt für die EU-25 56,1 %, wird jedoch in nächster Zeit voraussichtlich stärker steigen. Die Beschäftigungsquote der älteren Arbeitskräfte hat weiter zugenommen auf jetzt etwas mehr als 40,2 %, ist von allen Quoten jedoch am weitesten von der Zielvorgabe entfernt, die für 2010 50 % vorsieht. Die Fortschritte in der Verbesserung der Arbeitsplatzqualität sind uneinheitlich und der Konjunkturabschwung hat die Problematik der sozialen Eingliederung verschärft. Die Langzeitarbeitslosigkeit, mehrere Jahre lang rückläufig, hat wieder zugenommen und wird in naher Zukunft wohl kaum zurückgehen.

Der Wirtschaftsaufschwung wird zu einem großen Teil getragen von der Wiederbelebung des globalen Wachstums und dem raschen Anstieg des Welthandels. In dem Maße, wie der Weltwachstumszyklus seinen Hochpunkt erreicht und die dämpfende Wirkung der höheren Weltölpreise auffängt, wird zunehmend die EU-Binnennachfrage dazu beitragen müssen, den Aufschwung anzuschieben.

Die Rückkehr der EU zu einem stärkeren Wirtschaftswachstum wird mit Erleichterung registriert, doch bereitet die nur langsame Erholung der EU-Konjunktur weiterhin Sorgen. In mancher Hinsicht ist die EU heute weiter als im März 2000 von dem Ziel entfernt, der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Europa konnte seinen Rückstand im Wachstumspotenzial gegenüber seinen Wirtschaftspartnern nur unwesentlich verringern, obwohl die Wettbewerber der Union im Allgemeinen denselben wirtschaftlichen Erschütterungen ausgesetzt waren.

Die augenfälligste Ursache der anhaltend schwachen Wirtschaftsleistung der Union ist der weiterhin relativ niedrige Arbeitseinsatz. Dank der Bemühungen der Mitgliedstaaten gelang es, die Beschäftigungsquote von 61,9 % in 1999 auf 62,9 % in 2003 anzuheben. Insbesondere in der Gruppe der jüngeren und der älteren Arbeitskräfte muss sich die Beschäftigungssituation jedoch deutlich verbessern, sollen die betreffenden Lissabonner Ziele realisiert werden; dies zeigt sich vor allem in der Gegenüberstellung mit den wichtigsten Wettbewerbern. Die vergleichsweise niedrige Beschäftigungsquote lässt, in Verbindung mit der vergleichsweise niedrigen Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, darauf schließen, dass in Europa ein erhebliches ungenutztes Arbeitspotenzial besteht. Ein großer Teil der potenziellen Arbeitskräfte ist ohne Arbeit und kann damit nicht zu einer Anhebung des Lebensstandards beitragen

Als zweite Ursache für die schwache Wirtschaftsleistung der EU ist das niedrige Produktivitätswachstum zu nennen. Seit mehreren Jahrzehnten nimmt dieses Wachstum kontinuierlich ab. In den letzten zehn Jahren ist der Trend zum Teil dadurch zu erklären, dass eine große Zahl geringer qualifizierter Arbeitskräfte wieder in Arbeit kam. Im Wesentlichen verantwortlich für den Rückgang sind jedoch die niedrigen Unternehmensinvestitionen, das sich immer mehr verlangsamende Tempo des technologischen Fortschritts und der Innovation sowie die relativ langsame Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Die Stundenproduktivität hat in Europa seit Beginn des Jahrzehnts weiter abgenommen, was dazu führte, dass das Arbeitsproduktivitätswachstum zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten hinter das der größten Wettbewerber zurückfiel. Mehr als ein Drittel des Lebensstandardrückstands (d.h. des Rückstands im Pro-Kopf-BIP) der EU gegenüber den USA ist gegenwärtig auf die geringere Stundenproduktivität zurückzuführen. Den Trend des sinkenden Produktivitätswachstums umzukehren ist nicht nur eine große Herausforderung für die Union unter Wettbewerbsaspekten, sondern gleichzeitig auch ein wirksames Mittel, das Wachstum insgesamt zu steigern.

Ein höheres Wachstumspotenzial und die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen werden wesentlich beitragen zu einer nachhaltigen Entwicklung und zum sozialen Zusammenhalt in der EU. Umgekehrt dürften Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zur Entwicklung einer dynamischen Wirtschaft mit hohem Beschäftigungsstand beitragen, fähig, die Technologien zu entwickeln und zu nutzen, die die Lebensqualität künftiger Generationen sichern. In Verbindung mit der stärkeren Fokussierung auf Wachstum und Beschäftigung bieten die integrierten Leitlinien für den Zeitraum 2005-2008 den Mitgliedstaaten die Flexibilität, die sie benötigen, um die für ihre Reformaufgaben am besten geeigneten spezifischen Lösungen zu wählen, was gleichzeitig die nationale Ownership fördert.

Mit dem Neubeginn für die Lissabon-Strategie, wie ihn die vorliegenden integrierten Leitlinien verkörpern, soll die richtige Antwort auf diese Entwicklungen gefunden werden. Er stützt sich auf eine Strategie, die bei der relativ schwachen Wachstumsperformance und der unzureichenden Arbeitsplatzschaffung ansetzt. Wichtiger Bestandteil dieses Ansatzes ist eine umfassende Reform der Produkt- und der Arbeitsmärkte.

Schätzungen der Kommission zufolge haben Reformen in der zweiten Hälfte der 90er Jahre einen mittelfristigen Anstieg der potenziellen Wachstumsrate von nahezu einem halben bis dreiviertel Prozentpunkten bewirkt. Auf einen Zehnjahreszeitraum umgelegt würde dies zu einem BIP-Anstieg von bis zu 7 oder 8 % führen. In Anbetracht der Heterogenität der Reformmaßnahmen und der Komplementarität bzw. der Zielkonflikte zwischen Reformen in unterschiedlichen Bereichen sind die Kosten von Untätigkeit nur schwer zu beziffern, in jedem Fall jedoch sehr hoch anzusetzen.

Vor dem Hintergrund unzureichender Fortschritte in der Realisierung der Lissabon-Strategie und eines nur bescheidenen Wirtschaftsaufschwungs, noch gebremst durch einen lang anhaltenden Vertrauensmangel, gilt es mittelfristig, den Schwerpunkt auf Wachstum und Beschäftigung zu legen, um den Lebensstandard in der Union zu bewahren und anzuheben, ohne dabei das Ziel der nachhaltigen Entwicklung aus den Augen zu verlieren. Längerfristig ist diese Fokussierung von noch größerer Bedeutung, um auf Trends reagieren zu können, die künftig die Wachstums- und Beschäftigungschancen stark beeinflussen könnten. Intern wird die Alterung der europäischen Bevölkerung gewaltige Konsequenzen haben für die öffentlichen Finanzen und das Arbeitskräfteangebot. Die Kommission schätzt, dass allein die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung bis 2040 die potenzielle Wachstumsrate um bis zu einen Prozentpunkt absenken könnten. Extern ist davon auszugehen, dass im Zuge der Globalisierung neue Länder eine zunehmend wichtige Rolle im internationalen Wirtschaftssystem spielen werden. Die EU muss die Chancen wahrnehmen, die sich durch die Öffnung rasch wachsender Märkte in Asien, z.B. in China und in Indien, bieten. Gleichzeitig muss die EU auf die sich abzeichnende neue internationale Arbeitsteilung reagieren. Zu nennen in diesem Zusammenhang sind insbesondere China, das sich immer mehr auf Güter mit hoher Wertschöpfung spezialisiert, und Indien, das sich zu einem globalen Outsourcing-Zentrum entwickelt. Weitere große Herausforderungen sind die zunehmende Ressourcenverknappung und Preisvolatilität, der Klimawandel und Biodiversitätsverluste.

1.2. Ausblick

Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sollten diese Herausforderungen mit realistischem Optimismus angehen. Es gibt viele Beispiele erfolgreicher Reformen und wirtschaftlicher Turnarounds, die zeigen, dass der Wandel zu bewältigen ist. Besonders ermutigend stimmt hierbei, dass die Dringlichkeit, aktiv zu werden, allgemein erkannt wird. Generell ist man bereit, Reformen voranzutreiben, die bewirken, dass die Union einen steileren Wachstumspfad einschlägt und wir unsere sozialen und ökologischen Ambitionen verwirklichen können. Die EU hat das Potenzial, ihre Wettbewerbsvorteile auszubauen. Deshalb ist es unerlässlich, dass man dieses Potenzial entschlossen und in vollem Umfang ausschöpft und das Vertrauen der EU-Bürger stärkt.

In dieser Situation sollten die EU und die einzelnen Mitgliedstaaten massiv in Wissen investieren, um der ganzen europäischen Wirtschaft mehr Dynamik und Kraft zu verleihen. Die Verwirklichung einer Wissensgesellschaft mit den sie tragenden Säulen Humankapital, Bildung, Forschung und Innovation ist der Schlüssel zur Steigerung unseres Wachstumspotenzials und zur Zukunftssicherung. Nachhaltiges Wachstum erfordert ferner eine stärkere demografische Dynamik, eine bessere soziale Integration und - wie vom Europäischen Rat mit der Verabschiedung des Europäischen Pakts für die Jugend zum Ausdruck gebracht - eine umfassendere Nutzung des Potenzials, das in der europäischen Jugend steckt.

Neben der Vollendung des Binnenmarkts und der Förderung eines fairen Wettbewerbs, der Schaffung eines unternehmensfreundlichen Umfelds, dem Ausbau der Infrastruktur und der Entwicklung eines anpassungsfähigen und integrativen Arbeitsmarkts sind wissensbestimmte Reformen Triebkräfte des Wirtschaftswachstums und der Produktionssteigerung. Und am ehesten wirksam werden diese Triebkräfte in einem wachstumsfördernden makroökonomischen Umfeld.

1.3. Die integrierten Leitlinien (2005-2008)

Aus diesen Überlegungen ist der Schluss zu ziehen, dass der Schwerpunkt auf Reformen zur Steigerung des Wachstumspotenzials der Union liegen muss, wobei es gilt, eine die Reformanstrengungen unterstützende solide makroökonomische Politik zu betreiben. Die auf EU-Ebene vereinbarten Maßnahmen zur Stärkung und Durchführung des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden es ermöglichen, diese Fragen haushaltspolitisch kohärenter anzugehen1. Die Steigerung des Wachstumspotenzials der Union wird dazu beitragen, das übergreifende Ziel der nachhaltigen Entwicklung zu realisieren.

Die integrierten Leitlinien verkörpern die unmittelbare Umsetzung dieser Prioritäten auf europäischer Ebene. Sie sind ein entscheidender Schritt im Prozess der Neuausrichtung der Lissabon-Strategie und der Identifizierung mit ihr.

Neubesinnung auf Wachstum und Beschäftigung

Der Europäische Rat hat im März 2005 die Lissabon-Strategie neu ausgerichtet und dabei den Schwerpunkt auf Wachstum und Beschäftigung in Europa gelegt. Dies entspricht den Vorschlägen der Kommission2. Damit haben die Staats- und Regierungschefs eindeutig festgelegt, wo die Prioritäten der Union in den nächsten Jahren liegen werden. Auf europäischer wie auf nationaler Ebene muss die Union sich jetzt auf die vorrangigen Bereiche konzentrieren und alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um das Wissen weiterzuentwickeln, die Attraktivität zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen3.

Besondere Aufmerksamkeit ist der Umsetzung der Lissabon-Agenda zu widmen. Um sie erfolgreich zu gestalten und Synergien besser zu nutzen, muss die Union verstärkt alle zur Verfügung stehenden nationalen und gemeinschaftlichen Mittel mobilisieren, einschließlich der Strukturfonds und der Mittel für die Entwicklung der ländlichen Regionen. Dabei kann die Einbeziehung relevanter Stakeholder das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Strukturreformen stärken, die Qualität der Umsetzung verbessern und die Akzeptanz der Lissabon-Strategie steigern. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft sollten jede Gelegenheit nutzen, um regionale und lokale Regierungen, Sozialpartner und die Zivilgesellschaft in die Umsetzung der integrierten Leitlinien einzubinden. Auf Fortschritte in diesem Bereich sollte im Rahmen der Berichterstattung über die Durchführung der Lissabon-Strategie hingewiesen werden.

Um eine wirksame Neuausrichtung zu gewährleisten, hat der Europäische Rat beschlossen, die Kohärenz und Komplementarität der bestehenden Mechanismen zu stärken und zu diesem Zweck einen neuen Governance-Zyklus einzuleiten. Diese Verbesserungen vereinfachen den Prozess erheblich und dürften die Akzeptanz und Umsetzung der genannten Prioritären auf nationaler Ebene erleichtern.

Ein neuer Governance-Zyklus

Die Kommission behält sich vor, in Kürze eine Mitteilung vorzulegen, in der zur Unterstützung der Mitgliedstaaten in der Ausarbeitung ihres jeweiligen Programms im Kontext der integrierten Leitlinien bestimmte Punkte präzisiert werden. Wichtige Elemente dabei könnten insbesondere die Ermittlung der größten Herausforderungen für die einzelnen Mitgliedstaaten sein - in einem einheitlichen Rahmen und Format -, die Integration der bestehenden sektoralen Berichte sowie das Follow-up dieser Programme durch die Kommission.

Und schließlich wird die Kommission ihrerseits als Gegenstück zu den nationalen Programmen ein "Lissabon-Programm 2005-2008 der Gemeinschaft" vorlegen, das alle auf Gemeinschaftsebene im Dienste von Wachstum und Beschäftigung durchzuführenden Aktionen abdeckt. Dieses Programm nimmt die in der Mitteilung der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates enthaltenen Aktionen auf5, und zwar insbesondere die Gemeinschaftselemente6 des Lissabon-Aktionsprogramms.

1.4. Inhalt und Struktur

Die makroökonomische Politik, die mikroökonomische Politik und die Beschäftigungspolitik stehen in einer Wechselwirkung und sollten sich gegenseitig verstärken. Aus dieser Überlegung heraus werden die integrierten Leitlinien als ein aus zwei Teilen bestehendes umfassendes Dokument vorgelegt.

Teil 1 - Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik

Teil 1 der integrierten Leitlinien beinhaltet die Empfehlung der Kommission zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik. Diese Grundzüge gelten für alle Mitgliedstaaten und für die Gemeinschaft. Als eines der Hauptinstrumente der wirtschaftspolitischen Koordinierung sind sie Ausdruck des Neubeginns für die Lissabon-Strategie. Sie legen den Schwerpunkt auf den Beitrag der Wirtschaftspolitik zur Stärkung des Wachstums und zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen.

Dieser erste Teil gibt Leitlinien vor für die Ausrichtung der makroökonomischen und mikroökonomischen Politik in den Mitgliedstaaten und in der Gemeinschaft in denjenigen Bereichen, die das größte Wachstums- und Beschäftigungspotenzial bieten. In Abschnitt A ist dargelegt, welchen Beitrag die makroökonomische Politik hierzu leisten kann. Abschnitt B handelt hauptsächlich von den Maßnahmen und Strategien, die von der Union und den Mitgliedstaaten durchzuführen sind, um die Attraktivität Europas für Investoren und Arbeitskräfte zu steigern und als Voraussetzung für mehr Wachstum Wissen und Innovation zu fördern.

Stabile makroökonomische Bedingungen und eine solide makroökonomische Politik sind die besten Grundlagen für eine wirkungsvolle Strategie und für Strukturreformen zur Umsetzung dieser Leitlinien. Die makroökonomische und die mikroökonomische Politik stehen in einer ausgeprägten Wechselwirkung und verstärken sich gegenseitig. Ohne eine wachstums- und stabilitätsorientierte makroökonomische Politik würden Engpässe und wirtschaftliche Ungleichgewichte den potenziellen Nutzen struktureller Reformen beschneiden. Gleichzeitig können Strukturreformen eine solide makroökonomische Politik begünstigen, indem sie die Effizienz der Märkte steigern und dadurch preissenkend wirken und die Widerstandsfähigkeit gegen wirtschaftliche Erschütterungen kräftigen. Eine von stabilen makroökonomischen Bedingungen getragene umfassende Reformstrategie wird sicherstellen, dass man diesen Interaktionen und Komplementaritäten in vollem Umfang gerecht wird.

Teil 2 - Die beschäftigungspolitischen Leitlinien

Teil 2 der integrierten Leitlinien beinhaltet den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien, zu denen gemäß Artikel 128 des Vertrags das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen anzuhören sind. Diese Leitlinien - und die damit verknüpfte europäische Beschäftigungsstrategie - haben eine zentrale koordinierende Funktion für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten. Seit 1997 hat die Strategie dazu beigetragen, die Beschäftigungspolitik in der gesamten EU besser zu fokussieren und zu überwachen und die Berichterstattung zu optimieren.

Schwerpunkt von Teil 2 ist der Beitrag der Beschäftigungspolitik zur Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, wie in der neuen Lissabon-Agenda vorgegeben. Die Beschäftigungspolitik kann einen entscheidenden Beitrag leisten zum Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts. Ein weiterer Aspekt ist die Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme: Sie ist unerlässlich, um die Angemessenheit und finanzielle Nachhaltigkeit dieser Systeme zu sichern und zu gewährleisten, dass diese Systeme den sich wandelnden gesellschaftlichen Erfordernissen gerecht werden, und um ein anhaltendes Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum zu fördern7.

Die beschäftigungspolitischen Leitlinien geben für die EU und die Mitgliedstaaten die globalen Beschäftigungsziele vor und setzen Aktionsschwerpunkte. Die beschäftigungspolitische Strategie sollte Hand in Hand gehen mit Reformen auf den Dienstleistungs-, Produkt- und Finanzmärkten und in einer positiven Wechselwirkung mit einer wachstums- und beschäftigungsorientierten makroökonomischen Politik stehen. Um die integrative Wirkung und die Kohärenz zu gewährleisten, wird durch Querverweise auf entsprechende Leitlinien in Teil 1 bzw. 2 hingewiesen.

Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008)

Makroökonomische Leitlinien

(1) Wirtschaftliche Stabilität sichern.

(2) Wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleisten.

(3) Eine effiziente Ressourcenallokation fördern.

(4) Eine größere Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik und Strukturpolitik herstellen.

(5) Sicherstellen, dass die Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum beiträgt.

(6) Dynamik und Funktionieren der WWU verbessern.

Mikroökonomische Leitlinien

(7) Den Binnenmarkt, einschließlich der Dienstleistungen, erweitern und vertiefen.

(8) Die Märkte offen und wettbewerbsorientiert gestalten.

(9) Das Unternehmensumfeld attraktiver machen.

(10) Unternehmerische Kultur fördern und das Wirtschaftsumfeld KMU-freundlicher gestalten.

(11) Die europäische Infrastruktur ausbauen und verbessern und vereinbarte prioritäre grenzüberschreitende Projekte durchführen.

(12) Mehr und effizienter in FuE investieren.

(13) Innovation und IKT-Integration fördern.

(14) Eine nachhaltige Ressourcennutzung begünstigen und die Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum stärken.

(15) Zur Schaffung einer soliden industriellen Basis beitragen.

Beschäftigungspolitische Leitlinien

(16) Die Beschäftigungspolitik ausrichten auf Vollbeschäftigung, Steigerung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität und Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts.

(17) Einen lebenszyklusorientierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern.

(18) Arbeitsuchende und benachteiligte Menschen besser in den Arbeitsmarkt integrieren.

(19) Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden.

(20) Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern.

(21) Die Entwicklung der Lohnkosten und der sonstigen Arbeitskosten beschäftigungsfreundlich gestalten.

(22) Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren.

(23) Die Aus- und Weiterbildungssysteme auf neue Qualifikationsanforderungen ausrichten.

Die Kommission

Empfehlung der Kommission
zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (gemäß Artikel 99 EG-Vertrag)

Teil 1
Empfehlung der Kommission zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik (2005-2008)

Abschnitt A -
Makroökonomische Politik für Wachstum und Beschäftigung8

A.1 Die makroökonomische Politik auf Wachstum und Beschäftigung ausrichten

Wirtschaftliche Stabilität sichern, um das Beschäftigungsniveau anzuheben und das Wachstumspotenzial zu steigern

Eine solide makroökonomische Politik ist eine wesentliche Voraussetzung für eine ausgewogene Wirtschaftsexpansion und die volle Ausschöpfung des gegenwärtigen Wachstumspotenzials. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die ein angemessenes Spar- und Investitionsniveau und eine stärker wissens- und innovationsorientierte Ausrichtung der Investitionen fördern und auf diese Weise ermöglichen, dass die Wirtschaft einen steileren Wachstums- und Beschäftigungspfad einschlägt, der gekennzeichnet ist durch Nachhaltigkeit, starke Zuwächse und Inflationsfreiheit. In ihrer Zukunftsplanung müssen Unternehmen und Einzelpersonen darauf vertrauen können, dass an der Preisstabilität festgehalten wird und die Wechselkurse und Langfristzinsen relativ stabil bleiben.

Die Geldpolitik kann einen Beitrag leisten, indem sie die Preisstabilität unterstützt und damit, wenn dies gelingt, andere wirtschaftspolitische Maßnahmen untermauert. Für einige der neuen Mitgliedstaaten wird es wichtig sein, dass die Geldpolitik eine weitere Absenkung der Langfristzinsen bewirkt, und dass eine Wechselkursordnung etabliert wird, die auf eine nachhaltige reale und nominale Konvergenz abzielt. Eine Beteiligung am Europäischen Wechselkursmechanismus (ERM II) würde diese Bemühungen unterstützen. Eine weitere wichtige makroökonomische Aufgabe besteht für einige Mitgliedstaaten darin, die relativ hohen Leistungsbilanzdefizite in einem Rahmen zu halten, der noch eine gesicherte Auslandsfinanzierung ermöglicht. In dieser Hinsicht ist eine restriktive Fiskalpolitik unerlässlich für den Abbau der Leistungsbilanzdefizite, da sich deren Finanzierung nach Abschluss der Privatisierung schwieriger gestalten könnte.

Eine solide Haushaltslage ist Voraussetzung dafür, dass die automatischen Haushaltsstabilisatoren uneingeschränkt und symmetrisch wirksam werden und damit bewirken, dass der Output sich auf einem höheren und nachhaltigen Wachstumstrendniveau stabilisiert. Für die Mitgliedstaaten, die bereits eine solide Haushaltslage erreicht haben, besteht die Herausforderung darin, diese Position ohne Rückgriff auf Einmalmaßnahmen und vorübergehende Maßnahmen zu konsolidieren. Für die restlichen Mitgliedstaaten ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie im Zuge der Verbesserung der Wirtschaftslage insbesondere ihre mittelfristigen haushaltspolitischen Ziele realisieren. Auf diese Weise vermeiden sie prozyklische Maßnahmen und schaffen für sich die Bedingungen, unter denen vor dem nächsten Konjunkturabschwung ausreichend Raum bleibt für die Entfaltung der vollen Wirkung der automatischen Stabilisatoren. Die mittelfristigen haushaltspolitischen Ziele sind für die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich: Sie sind abhängig von der jeweiligen Schuldenquote und dem potenziellen Wachstum sowie von den Erfordernissen, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, ausreichenden Spielraum unterhalb des Referenzwerts von 3 Prozent des BIP zu bewahren.

Leitlinie. Wirtschaftliche Stabilität sichern - Die Mitgliedstaaten sollten im gesamten Konjunkturzyklus ihre haushaltspolitischen Ziele weiterverfolgen. Solange der Haushalt noch nicht konsolidiert ist, sollten sie im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen treffen. Dabei sollten sie eine prozyklische Fiskalpolitik vermeiden. Mitgliedstaaten mit nicht nachhaltigen Leistungsbilanzdefiziten sollten diese Situation korrigieren durch Strukturreformen zur Steigerung der externen Wettbewerbsfähigkeit und durch fiskalpolitische Maßnahmen (Integrierte Leitlinie 1).

Vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung in Europa die langfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit sichern

Die Alterung der europäischen Bevölkerung bedroht ernsthaft die langfristige Tragfähigkeit der EU-Wirtschaft. Den jüngsten Projektionen zufolge wird bis 2050 die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-64) gegenüber 2000 um 18 % zurückgehen; gleichzeitig wird die Anzahl der über 65-Jährigen um 60 % zunehmen. Ohne unverzüglich eingeleitete Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit der EU-Wirtschaft werden als Folge dieser Bevölkerungsentwicklungen nicht nur die Abhängigkeitsquoten steigen, sondern auch die Schuldenlast und die Realzinsen, verbunden mit einem Rückgang des Produktionspotenzials.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Bevölkerungsalterung abzufedern, können die Mitgliedstaaten das Tempo des Schuldenabbaus beschleunigen, die Beschäftigungsquoten anheben und durch Vergrößerung des Arbeitskräfteangebots die Folgen der künftigen Abnahme der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter ausgleichen. Wichtig ist auch, die sozialen Sicherungssysteme so zu modernisieren, dass sie finanziell nachhaltig sind. Parallel dazu ist jedoch sicherzustellen, dass sie den Anforderungen in Bezug auf Zugang und Angemessenheit genügen vor dem Hintergrund der höheren Abhängigkeitsquoten und der durch die größere Zahl älterer Menschen bedingten höheren Versorgungsleistungen. Insbesondere eine bessere Wechselwirkung zwischen den sozialen Sicherungssystemen und den Arbeitsmärkten kann Verzerrungen vermeiden: Es gilt, Ruhestandsentscheidungen beeinflussende Verrentungsregelungen neu zu gestalten und in Anbetracht der höheren Lebenserwartung das Arbeitsleben zu verlängern.

Leitlinie. Wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleisten - Angesichts der prognostizierten Kosten der Bevölkerungsalterung sollten die Mitgliedstaaten durch ein ausreichendes Tempo des Schuldenabbaus die öffentlichen Finanzen stärken, die Renten- und Gesundheitssysteme so reformieren, dass sie finanziell tragfähig sind - unter Wahrung der sozialen Angemessenheit und der Zugänglichkeit -, und die Beschäftigungsquoten und das Arbeitskräfteangebot erhöhen (Integrierte Leitlinie 2). Siehe auch integrierte Leitlinie 17 "Einen lebenszyklusorientierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern".

Einen wirksamen Ressourceneinsatz und eine kohärente makroökonomische Politik und Strukturpolitik fördern

Das Steuer- und Ausgabensystem muss einen effizienten Ressourceneinsatz zulassen, soll der öffentliche Sektor seinen vollen Beitrag leisten zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung ohne Gefährdung des Ziels der wirtschaftlichen Stabilität und der Nachhaltigkeit. Dies lässt sich bewerkstelligen durch eine Umschichtung der Mittel zugunsten wachstumsfördernder Faktoren, wie Forschung und Entwicklung (FuE), physische Infrastruktur, Humankapital und Wissen. Die Mitgliedstaaten können auch einen Beitrag zur Kontrolle anderer Ausgabenposten leisten durch Erlass von Ausgabenvorschriften, Performance Budgeting und durch Mechanismen, die eine optimale Ausgestaltung von individuellen Reformmaßnahmen und Reformpaketen gewährleisten. Eine der Prioritäten für die EU-Wirtschaft besteht darin, sicherzustellen, dass die Steuerstrukturen und deren Wechselwirkungen mit den Leistungssystemen mehr Beschäftigung und höhere Investitionen bewirken und damit das Wachstumspotenzial fördern.

Leitlinie. Eine efiziente Ressourcenallokation fördern - Unbeschadet der Leitlinien zur wirtschaftlichen Stabilität und Tragfähigkeit sollten die Mitgliedstaaten die öffentlichen Ausgaben zugunsten wachstumsfördernder Bereiche umschichten, durch eine Anpassung der Steuerstrukturen das Wachstumspotenzial stärken, und durch geeignete Mechanismen gewährleisten, dass die öffentlichen Ausgaben mit den politischen Zielvorgaben in Einklang stehen und die Reformpakete in sich kohärent sind (Integrierte Leitlinie 3).

Die Funktion einer soliden makroökonomischen Politik besteht darin, gute Voraussetzungen für mehr Beschäftigung und Wachstum zu schaffen. Letztlich ist es jedoch an den Strukturreformen, die Markteffizienz zu fördern und die öffentlichen Maßnahmen so zu gestalten, dass sie nachhaltiges Produktionswachstum bei Wahrung der sozialen Sicherheit sicherstellen. Eine Strukturpolitik, die kein höheres Wachstum bewirkt, untergräbt die makroökonomische Stabilität, zum Beispiel durch Haushaltsdefizite, anhaltenden inflationären Druck und mangelnde Widerstandsfähigkeit gegen kurzzeitige und länger anhaltende wirtschaftliche Erschütterungen. Die Mitgliedstaaten sollten ihre gesamtwirtschaftliche Strategie so gestalten, dass kohärente strukturpolitische Maßnahmen die makroökonomischen Rahmenbedingungen stützen und umgekehrt. Insbesondere gilt es, über geeignete Marktreformen die Anpassungsfähigkeit der Volkswirtschaften zu verbessern, d.h. sie in die Lage zu versetzen, wirkungsvoller zu reagieren auf Konjunkturschwankungen und auch auf längerfristige Trends wie Globalisierung und technologischen Wandel.

Leitlinie. Eine größere Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik und Strukturpolitik herstellen - Die Mitgliedstaaten sollten durch geeignete Reformen die makroökonomischen Rahmenbedingungen untermauern. Hierbei gilt es, die Flexibilität, die Mobilität und die Anpassungsfähigkeit zu steigern, um wirkungsvoller reagieren zu können auf Globalisierung, technologischen Fortschritt und Konjunkturschwankungen (Integrierte Leitlinie 4). Siehe auch integrierte Leitlinie 20 "Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern".

Die Lohnentwicklung soll zur makroökonomischen Stabilität beitragen und die Strukturreformen ergänzen

Die Lohnentwicklung kann sich auf die makroökonomischen Bedingungen stabilisierend auswirken und zu einem beschäftigungsfreundlichen Policymix beitragen. Voraussetzung hierfür ist, dass die realen Lohnerhöhungen mit dem mittelfristigen Produktivitätswachstumstrend in Einklang stehen und eine Kapitalwertrate ergeben, die produktivitäts-, kapazitäts- und beschäftigungsfördernde Investitionen zulässt. Dabei muss garantiert sein, dass vorübergehend wirksame Faktoren, wie etwa Produktivitätsanstiege im Zuge einer Konjunkturbelebung oder einmalige Anstiege der Gesamtinflation, nicht zu unnachhaltigen Lohnsteigerungen führen, und dass die Lohnentwicklung die lokalen Arbeitsmarktbedingungen widerspiegelt.

In Anbetracht des anhaltenden Drucks auf die Öl- und Rohstoffpreise ist darüber zu wachen, wie sich Tarifabschlüsse und Arbeitskostenanstiege auf die Preiswettbewerbsfähigkeit auswirken. Auf EU-Ebene kann man sich darum bemühen, über den makroökonomischen Dialog einen kontinuierlichen Meinungs- und Informationsaustausch zwischen den Geld- und Fiskalbehörden und den Sozialpartnern zu fördern.

Leitlinie. Sicherstellen, dass die Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum beiträgt - Um dies zu bewirken, sollten die Mitgliedstaaten in Verbindung mit der Verbesserung der Anpassungsfähigkeit anstreben, dass nominale Lohnerhöhungen und Arbeitskosten mit der Preisstabilität und der mittelfristigen Produktivitätsentwicklung in Einklang stehen unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen (Integrierte Leitlinie 5). Siehe auch integrierte Leitlinie 21 "Die Entwicklung der Lohnkosten und der sonstigen Arbeitskosten beschäftigungsfreundlich gestalten".

A.2 Dynamik und Funktionieren des Eurogebiets verbessern

Mehr Wachstum und Beschäftigung sind insbesondere im Eurogebiet vonnöten, dessen Wirtschaftsleistung in jüngster Zeit schwach war und dessen potenzielles Wachstum nur rund 2 % erreichte (Kommissionsschätzungen). Besonders schleppend entwickelte sich im Eurogebiet die Binnennachfrage: Der private Verbrauch und die privaten Investitionen fielen in 2004 eindeutig geringer aus als in der EU-25 insgesamt. Beim privaten Verbrauch liegen die Gründe wohl hauptsächlich in der anhaltend pessimistischen Einschätzung der Beschäftigungsaussichten (die Arbeitslosigkeit verharrt bei etwa 9 %), der Tragfähigkeit der Rentensysteme sowie generell der öffentlichen Finanzen und der mittelfristigen Einkommensentwicklung.

Für das Eurogebiet stellt sich die Herausforderung, das gegenwärtige Wachstumspotenzial auszuschöpfen und vor allem dieses Wachstumspotenzial künftig zu steigern. Am besten lässt sich dies bewerkstelligen durch eine wachstums- und stabilitätsorientierte makroökonomische Politik und umfassende Strukturreformen. Dies gilt ganz besonders für die Staaten des Eurogebiets, denn beide Faktoren determinieren die Fähigkeit, asymmetrisch wirkende wirtschaftliche Erschütterungen abzufedern, und damit die wirtschaftliche Widerstandskraft des Eurogebiets insgesamt. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Wirtschaftsleistung und generell die Wirtschaftspolitik einzelner Mitgliedstaaten im Eurogebiet sich auf Kollektivgüter auswirkt, zum Beispiel den Wechselkurs des Euro, die Zinssätze und die Preisstabilität. All dies verlangt nach einer stärkeren makroökonomischen und strukturpolitischen Koordination im Eurogebiet.

Einen besonders hohen Stellenwert misst die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) der Fiskaldisziplin bei, denn sie dient dem Schutz derartiger Kollektivgüter. Das Fehlen einer nationalen Zins- und Wechselkurspolitik verstärkt die Notwendigkeit, die Haushalte zu konsolidieren und auf lange Sicht zu stabilisieren, um auf diese Weise ausreichenden haushaltspolitischen Spielraum zu gewinnen für das Abfedern von Konjunkturschwankungen und asymmetrisch wirkenden wirtschaftlichen Schocks.

Strukturpolitische Maßnahmen, die eine reibungslose Anpassung von Preisen und Löhnen fördern, sind Voraussetzung für die Fähigkeit der Mitgliedstaaten des Eurogebiets, Erschütterungen rasch aufzufangen (zum Beispiel den gegenwärtigen Ölpreisschock); außerdem helfen sie, ungerechtfertigte Inflationsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auszugleichen. Insbesondere gilt es hierbei, die Reagibilität des Arbeitsmarktes zu verbessern durch Förderung der Arbeitsmarktbeteiligung und der beruflichen und geografischen Mobilität sowie durch eine Lohnpolitik und Reformen, die die Produktmarktflexibilität steigern.

Zur internationalen wirtschaftlichen Stabilität beitragen und die eigenen wirtschaftlichen Interessen besser vertreten kann das Eurogebiet nur, wenn es in der internationalen geld- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit die ihm gebührende Rolle in vollem Umfang wahrnimmt. Eine stabile Präsidentschaft der Eurogruppe ist zwar nützlich, um die einzelnen Positionen der Eurogruppenmitglieder zu koordinieren, doch ist die externe Vertretung der Eurogruppe weiterhin uneinheitlich und fragmentarisch, was das Eurogebiet daran hindert, die ihm zustehende führende Rolle in der Entwicklung des Weltwirtschaftssystems zu spielen.

Leitlinie. Dynamik und Funktionieren der WWU verbessern - Die Mitgliedstaaten des Eurogebiets müssen besonders auf Fiskaldisziplin achten. Staaten, die ihr mittelfristiges haushaltspolitisches Ziel noch nicht erreicht haben, sollten sich als Benchmark vorgeben, ihr konjunkturbereinigtes Haushaltsdefizit - ohne Einmalposten und andere vorübergehende Maßnahmen - jährlich um 0,5% des BIP abzusenken, und bei günstiger Wirtschaftslage eine entschlossenere Konsolidierung vornehmen; sie sollten Strukturreformen weiter vorantreiben, die der Wettbewerbsfähigkeit des Eurogebiets zuträglich sind, und die Fähigkeit der Anpassung bei asymmetrischen Schocks verbessern; und sie sollten sicherstellen, dass der Einfluss des Eurogebiets im Weltwirtschaftssystem seinem wirtschaftlichen Gewicht entspricht (Integrierte Leitlinie 6).

Abschnitt B -
Mikroökonische Reformen zur Stärkung des Wachstumspotenzials Europas

Strukturreformen sind unerlässlich, will man das Wachstumspotenzial der EU steigern, denn sie erhöhen die Effizienz und Anpassungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Damit optimale Synergien entstehen, sollte man sie auf umfassende und koordinierte Weise durchführen.

Voraussetzung für die Steigerung des Wachstumspotenzials Europas sind Fortschritte in Arbeitsplatzschaffung und Produktivitätswachstum. Seit Mitte der 90er Jahre hat sich das Produktivitätswachstum in der EU erheblich verlangsamt. Diesen Trend umzukehren und sich im Wettbewerb zu behaupten, ist eine schwierige Aufgabe für die Union, insbesondere vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung, deren Auswirkungen Schätzungen zufolge das gegenwärtige potenzielle Wachstum nahezu halbieren. Zur Bewahrung und künftigen Anhebung des Lebensstandards ist es somit unerlässlich, das Produktivitätswachstum zu beschleunigen.

Produktivitätszuwachs speist sich aus Investitionen und Innovation. Die Attraktivität Europas für Investoren steigern und die Investitionen in Wissen und Innovation fördern sind dementsprechend Schlüsselelemente des auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2005 vereinbarten Lissabon-Aktionsprogramms. Folgerichtig wird in Einklang mit den Lissabonner Zielvorgaben künftig stärker in aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds unterstütze nationale und regionale Programme investiert.

B.1 Europa attraktiver machen für Investoren und Arbeitskräfte

Die Anziehungskraft der Europäischen Union als Investitionsstandort ist unter anderem abhängig von der Größe und Offenheit seiner Märkte, dem ordnungspolitischen Umfeld und der Qualität der Infrastruktur. Mit höheren Investitionen wird auch die Produktivität Europas wachsen, denn die Arbeitsproduktivität wird determiniert durch Investitionen in Sach- und Humankapital, in Wissen und in die Infrastruktur.

Den Binnenmarkt erweitern und vertiefen

Die Fähigkeit der europäischen Produzenten, sich auf dem Binnenmarkt zu behaupten, entscheidet auch über ihre Wettbewerbskraft auf den Weltmärkten. Ein voll integrierter Binnenmarkt würde die EU für ausländische Investoren attraktiver machen. Während der Güterbinnenmarkt weitgehend vollendet ist, sind die Dienstleistungsmärkte rechtlich und de facto noch fragmentiert. Dies gilt insbesondere für den Energie- und den Transportmarkt und die reglementierten Berufe. Ein funktionierender Dienstleistungsbinnenmarkt ist jedoch Voraussetzung für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit; dabei gilt es jedoch, das europäische Sozialmodell zu bewahren. Die Beseitigung der steuerlichen Hindernisse, die grenzüberschreitenden Tätigkeiten entgegenstehen, und der verbliebenen Mobilitätshemmnisse würde deutliche Effizienzgewinne mit sich bringen. Und schließlich würde die vollständige Integration der Finanzmärkte eine Produktionssteigerung und einen Beschäftigungszuwachs bewirken dank eines effizienteren Kapitaleinsatzes und besserer Finanzbedingungen für Unternehmen.

Trotz des unstrittigen potenziellen Nutzens eines europäischen Binnenmarkts ist die Umsetzungsquote bei den Binnenmarktrichtlinien nach wie vor enttäuschend niedrig. Außerdem werden Richtlinien häufig nicht ordnungsgemäß umgesetzt oder angewandt, was die hohe Zahl der von der Kommission eingeleiteten Verstoßverfahren belegt. Die Mitgliedstaaten müssen positiver zusammenarbeiten und die Kommission muss sicherstellen, dass in den Mitgliedstaaten der volle Nutzen der Binnenmarktvorschriften an die Bürger und die Wirtschaft weitergegeben wird. Zum Beispiel besteht bei den Verfahren im öffentlichen Beschaffungswesen noch erheblicher Spielraum für Verbesserungen, die sich zum Beispiel niederschlagen würden in einer Zunahme der öffentlichen Ausschreibungen. Mehr öffentliche Ausschreibungen würden den Mitgliedstaaten massive Einsparungen im Haushalt ermöglichen.

Leitlinie. Den Binnenmarkt, einschließlich der Dienstleistungen, erweitern und vertiefen - Die Mitgliedstaaten sollten die Umsetzung von Binnenmarktrichtlinien beschleunigen, das Binnenmarktrecht konsequenter und besser durchsetzen, die Finanzmarktintegration stärker vorantreiben, steuerliche Hindernisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten beseitigen und die Regelungen für die öffentliche Auftragsvergabe effizienter anwenden (Integrierte Leitlinie 7).

Die Märkte innerhalb und außerhalb Europas ofen und wettbewerbsorientiert gestalten

Offene und wettbewerbsorientierte Märkte tragen zu einem effizienteren Ressourceneinsatz bei, verbessern die Arbeitsorganisation innerhalb der Unternehmen und können Innovationsanreize geben. Die Wettbewerbspolitik hat viel dazu beigetragen, gleiche Voraussetzungen für die Unternehmen in der EU zu schaffen. Eine wichtige Rolle kann sie zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen auch in der Optimierung des umfassenderen Marktregulierungsrahmens spielen. Eine noch stärkere Öffnung der europäischen Märkte für den Wettbewerb lässt sich erreichen durch einen generellen Abbau der staatlichen Beihilfen, mit der Einschränkung, dass echtes Marktversagen weiterhin zu kompensieren ist. Begleitet sein muss dies von einer Umschichtung der verbleibenden staatlichen Beihilfen auf bestimmte horizontale Ziele, wie etwa Forschung und Innovation und Optimierung des Humankapitals.

Ein besonders wirksames Mittel, den Wettbewerb zu stärken, sind Strukturreformen, die den Marktzugang erleichtern. Entsprechende Effekte werden insbesondere auf Märkten zu verzeichnen sein, die bisher gegen den Wettbewerb abgeschottet waren durch wettbewerbsfeindliches Verhalten, Überregulierung (Genehmigungen, Lizenzen, Mindestkapitalanforderungen, rechtliche Hindernisse, Öffnungszeiten, regulierte Preise, Rabattverkaufsbegrenzungen usw.) oder protektionistische Maßnahmen. Der Rat hat mit der Absicht, Marktbarrieren zu beseitigen und den internationalen Wettbewerb zu fördern, die Mitgliedstaaten bereits aufgefordert, das nationale Recht auf Kompatibilität mit dem EU-Recht zu prüfen.

Darüber hinaus dürften die bereits vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb eine generelle Preissenkung bewirken und die Auswahlmöglichkeiten vergrößern bei gleichzeitiger Garantie der Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für alle Bürger. Die Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden sollten für einen ausreichenden Wettbewerb auf den liberalisierten

Märkten Sorge tragen. Die marktbeherrschende Stellung der etablierten Unternehmen ist oft noch sehr ausgeprägt.

Ein einheitliches Vorgehen in den Beziehungen zu Drittländern ist wichtig für die Verbesserung des Marktzugangs für EU-Unternehmen. Die erfolgreiche Umsetzung einer ambitionierten Vereinbarung im Rahmen der Doha-Runde dürfte die Weltmärkte stärker für den Handel und für Investitionen öffnen und damit zur Steigerung des potenziellen Wachstums beitragen.

Leitlinie. Die Märkte offen und wettbewerbsorientiert gestalten - Vorrangig sollten die Mitgliedstaaten folgende Maßnahmen treffen: dem Wettbewerb in Schlüsselsektoren entgegenstehende regulatorische und sonstige Hindernisse beseitigen; die Wettbewerbspolitik konsequenter durchsetzen; Märkte durch Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden selektiv überwachen, um Hindernisse für den Wettbewerb und den Marktzugang auszumachen und zu beseitigen; wettbewerbsverzerrend wirkende staatliche Beihilfen abbauen; verbleibende Beihilfen auf horizontale Ziele umschichten, wie etwa Forschung und Innovation und Optimierung des Humankapitals. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten die bereits vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb in vollem Umfang umsetzen, um einen wirksamen Wettbewerb auf europaweit integrierten Märkten zu gewährleisten bei gleichzeitiger Garantie der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für alle Bürger (Integrierte Leitlinie 8).

Die europäischen und nationalen Rechtsvorschriften verbessern

Marktregulierung ist unabdingbar, um ein Niedrigkostenumfeld zu schaffen, in dem der Handel sich frei entfalten kann. Sie dient auch dazu, Marktversagen zu korrigieren und Marktteilnehmer zu schützen. Regulierungen können kumulativ jedoch erhebliche wirtschaftliche Kosten verursachen. Die Vorschriften müssen deshalb gut durchdacht und angemessen sein.

Bei der Ausarbeitung oder Überarbeitung von Gesetzen sollten die Mitgliedstaaten systematisch die Kosten und Nutzen ihrer Gesetzesinitiativen bewerten. Dazu gehört auch, dass sie die Stakeholder konsultieren und ihnen zur Stellungnahme ausreichend Zeit einräumen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, nationale Agendas zur besseren Rechtsetzung auszuarbeiten und in ihren nationalen Lissabon-Programmen über die Umsetzung Bericht zu erstatten.

Im EU-Konzept für eine bessere Rechtsetzung werden die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen neuer und überarbeiteter Rechtsvorschriften sorgfältig analysiert, um potenzielle Konflikte und Synergien zwischen unterschiedlichen politischen Zielen zu ermitteln. Darüber hinaus werden für die bestehenden Rechtsvorschriften das Vereinfachungspotenzial ausgelotet und die Auswirkungen auf den Wettbewerb bewertet. Und schließlich wird ein einheitliches Verfahren zur Ermittlung des mit neuen und bestehenden Rechtsvorschriften verbundenen Verwaltungsaufwands entwickelt.

Signifikante Verbesserungen am Regulierungsumfeld sind demnach realisierbar durch die Verminderung der Regulierungskosten, einschließlich der Verwaltungskosten. Wichtig ist dies insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), denen es mit ihren begrenzten Ressourcen gewöhnlich schwer fällt, den mit dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht verbundenen Verwaltungsaufwand zu bestreiten.

Leitlinie. Das Unternehmensumfeld attraktiver machen - Die Mitgliedstaaten sollten die Regulierungsqualität durch systematische und rückhaltlose Bewertung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen verbessern und dabei die anfallenden Verwaltungskosten einbeziehen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten Kosten und Nutzen ihrer Regulierungsinitiativen einer Konsultation auf breiter Basis unterziehen, insbesondere wenn Konflikte zwischen unterschiedlichen politischen Zielen entstehen können (Integrierte Leitlinie 9).

Europa muss den unternehmerischen Initiativgeist stärker pflegen. Es braucht mehr neue Unternehmen, die bereit sind, kreative oder innovative Konzepte umzusetzen. Die Vermittlung von unternehmerischem Denken und Handeln und entsprechender Qualifikationen sollte in allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gefördert werden. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, Partnerschaften mit Unternehmen einzugehen. Weitere Möglichkeiten, Unternehmensneugründungen und Unternehmenswachstum zu fördern, bestehen darin, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, die Steuersysteme so zu gestalten, dass Leistung lohnt, und Unternehmensdienstleistungen bereitzustellen, insbesondere für Jungunternehmer. Als weitere Schwerpunkte empfehlen sich: die Eigentumsübertragung erleichtern, das Konkursrecht überarbeiten und die Sanierungs- und Umstrukturierungsverfahren verbessern.

Leitlinie. Die unternehmerische Kultur fördern und das Wirtschaftsumfeld KMU-freundlicher gestalten - Um die Gründung und das Wachstum neuer Unternehmen zu fördern, sollten die Mitgliedstaaten den Zugang zu Finanzmitteln verbessern, die Steuersysteme anpassen, das Innovationspotenzial der KMU stärken und in Einklang mit der KMU-Charta Informations- und Unterstützungsdienstleistungen zur Förderung von Unternehmensneugründungen und -erweiterungen anbieten,. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Aus- und Weiterbildung in unternehmerischer Kompetenz effizienter gestalten (Querverweis auf die einschlägige beschäftigungspolitische Leitlinie). Sie sollten ferner die Eigentumsübertragung erleichtern, das Konkursrecht überarbeiten und die Rettungs- und Umstrukturierungsverfahren verbessern (Integrierte Leitlinie 10).

Die europäische Infrastruktur ausbauen und verbessern

Eine moderne Infrastruktur trägt erheblich zur Attraktivität von Standorten bei. Sie erleichtert die Mobilität von Personen, Gütern und Dienstleistungen in der gesamten Union. Eine moderne Infrastruktur für Verkehr, Energie und elektronische Kommunikation ist Voraussetzung dafür, dass die mit neuer Schwungkraft versehene Lissabon-Strategie Früchte trägt. Durch Verminderung der Transportkosten und Erweiterung der Märkte fördern interoperable transeuropäische Netze den internationalen Handel und die Binnenmarktdynamik. Die eingeleitete Liberalisierung der europäischen Netzindustrien begünstigt den Wettbewerb und steigert die Effizienz in diesen Sektoren.

Was künftige Investitionen in die europäische Infrastruktur angeht, so sollte 30 prioritären Verkehrsprojekten - von Parlament und Rat in den Leitlinien über Transeuropäische Netze (TEN) genannt - und der Durchführung grenzüberschreitender Quickstart-Projekte für Verkehr, Energie und Breitbandkommunikation im Kontext der europäischen Wachstumsinitiative Vorrang eingeräumt werden. Außerdem gilt es, Infrastrukturengpässe in einzelnen Ländern zu beseitigen. Faires Pricing für die Infrastrukturnutzung kann die Effizienz steigern und zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern beitragen.

Leitlinie. Die europäische Infrastruktur ausbauen und verbessern und vereinbarte prioritäre grenzüberschreitende Projekte durchführen - Ziel ist vor allem eine stärkere Integration der nationalen Märkte in der erweiterten EU. Voraussetzung für eine erfolgreiche Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb ist, dass die Mitgliedstaaten eine angemessene Verkehrs-, Energie- und IKT-Infrastruktur entwickeln, insbesondere in Grenzregionen. Darüber hinaus sollten sie faire Pricingsysteme für Infrastruktur einführen, die darauf abstellen, die ökologischen Kosten zu internalisieren, um auf diese Weise eine effiziente Infrastrukturnutzung und ein ausgewogenen Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern zu gewährleisten (Integrierte Leitlinie 11).

B.2 Wissen und Innovation für Wachstum

Wissensakkumulation durch Investitionen in FuE, Innovation und Bildung ist ein Motor des langfristigen Wachstums. Ein Kernstück der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung sind dementsprechend Maßnahmen, die darauf abzielen, die Wissensinvestitionen anzuheben und die Innovationskapazität der EU-Wirtschaft zu stärken.

Mehr und efizientere Investitionen in FuE

FuE sind auf verschiedene Weise wachstumswirksam: Sie tragen zur Schaffung neuer Märkte und Produktionsprozesse bei, ermöglichen die schrittweise Verbesserung bestehender Produkte und Produktionsprozesse und verbessern das Vermögen eines Landes, neue Technologien zu assimilieren.

Die EU gibt gegenwärtig lediglich rund 2 % des BIP für FuE aus (in den einzelnen Mitgliedstaaten reicht die Spanne allerdings von unter 0,5 % bis über 4 %) - ein Prozentsatz der kaum höher ist als zum Zeitpunkt des Anlaufens der Lissabon-Strategie. Nur etwa 55 % der Forschungsausgaben in der EU werden durch die Industrie finanziert. Wir brauchen raschere Fortschritte in der Realisierung der EU-Zielvorgabe, die Forschungsinvestitionen auf 3 % des BIP anzuheben. Zwei Drittel der Gesamtinvestitionen sollte dabei der private Sektor beisteuern. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, über den Stand der Realisierung der FuE-Forschungsausgabenziele für 2008 und 2010 Bericht zu erstatten, einschließlich der Maßnahmen, mit denen sie dies im Rahmen ihrer nationalen Lissabon-Programme bewerkstelligen wollen. Die größte Herausforderung hierbei besteht darin, die Rahmenbedingungen, Mechanismen und Anreize zu schaffen, die Unternehmen zu Forschungsinvestitionen veranlassen. Die staatlichen Forschungsmittel müssen effizienter eingesetzt und die staatliche Forschung muss wirkungsvoller mit dem privaten Sektor verknüpft werden. Exzellenzzentren und -netze sollten ausgebaut werden, und die öffentliche Förderung, einschließlich fiskalischer Maßnahmen, sollte die private FuE gezielter unterstützen. Es gilt auch sicherzustellen, dass die Unternehmen in einem ausreichend wettbewerbsorientierten Umfeld agieren, denn Wettbewerb ist ein wichtiger Anreiz für private Innovationsinvestitionen. Außerdem muss konsequenter daran gearbeitet werden, die Anzahl und Qualifikation der in Europa tätigen Forschungstreibenden zu steigern, und zwar dadurch, dass man mehr Studenten für wissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Studien gewinnt und die Berufsaussichten sowie die transnationale und intersektorale Mobilität der Forscher fördert.

Leitlinie. Mehr und efizienter in FuE investieren - Die Mitgliedstaaten sollten den Maßnahmenmix zur Förderung der privaten FuE-Investitionen optimieren: die Rahmenbedingungen verbessern und sicherstellen, dass die Unternehmen in einem ausreichend wettbewerbsorientierten Umfeld agieren; die staatlichen FuE-Investitionen anheben und effizienter gestalten; Exzellenzzentren ausbauen; die Unterstützungsmechanismen, zum Beispiel die fiskalischen Maßnahmen, gezielter einsetzen zur Förderung der privaten FuE; ein ausreichendes Angebot qualifizierter Forscher dadurch sicherstellen, dass man mehr Studenten für wissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Studien gewinnt und die Berufsaussichten sowie die transnationale und intersektorale Mobilität der Forscher fördert (Integrierte Leitlinie 12). Siehe auch integrierte Leitlinie 22 "Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren".

Innovation, IKT-Integration und schonende Ressourcennutzung erleichtern

Die Dynamik der europäischen Wirtschaft ist zu einem wesentlichen Teil abhängig von der Innovationskapazität, d.h. es gilt, wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Innovation zu schaffen. Dies setzt gut funktionierende Finanz- und Produktmärkte voraus sowie klar definierte geistige Eigentumsrechte und einen erschwinglichen Schutz dieser Rechte. Innovationen werden oft von neuen Unternehmen in den Markt eingebracht, die vielfach besondere Schwierigkeiten haben, Finanzmittel zu erhalten. Maßnahmen, die Gründung und Wachstum innovativer Unternehmen fördern, einschließlich des leichteren Zugangs zu Finanzmitteln, dürften deshalb die Innovation anregen. Die Technologieverbreitung lässt sich fördern durch Entwicklung von Innovationspolen und -netzen sowie durch eine besonders auf KMU zielende Innovationsunterstützung. Als Hilfe für Länder und Regionen mit Entwicklungsrückstand bietet sich hierbei ein Wissenstransfer an über Forschermobilität, ausländische Direktinvestitionen (FDI) und Technologieimport.

Der EU ist es nicht gelungen, das Potenzial der zunehmenden IKT-Produktion und -Nutzung (IKT = Internationale Informations- und Kommunikationstechnologien) in vollem Umfang auszuschöpfen. Ursachen sind nach wie vor unzureichende IKT-Investitionen, institutionelle Hindernisse und organisatorische Probleme bei der IKT-Integration. Technologische Innovation hängt letztlich davon ab, ob ein wachstumsförderndes wirtschaftliches Umfeld besteht. Was die IKT-Integration angeht, so sind die Voraussetzungen insbesondere eine anpassungsfähige Arbeitsorganisation und flexible Märkte.

Leitlinie. Innovation und IKT-Integration fördern - Schwerpunkte für die Mitgliedstaaten sollten sein, die Innovationsunterstützung, insbesondere für den Technologietransfer, zu verbessern, Innovationspole und -netze zu schaffen, die Universitäten und Unternehmen zusammenzubringen, den Wissenstransfer durch ausländische Direktinvestitionen zu fördern, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, die geistigen Eigentumsrechte eindeutig zu definieren und einen erschwinglichen Schutz dieser Rechte zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten sie die IKT-Integration und damit in Zusammenhang stehende Änderungen der Arbeitsorganisation in der Wirtschaft erleichtern (Integrierte Leitlinie 13).

Auf Dauer erfolgreich wird die Union nur sein, wenn sie eine Reihe von Ressourcen- und Umweltproblemen bewältigt, die andernfalls zur Wachstumsbremse würden. In diesem Kontext ist anzumerken, dass wegen der jüngsten Entwicklung und des voraussichtlich anhaltenden Aufwärtstrends der Ölpreise die Frage der Energieeffizienz an Bedeutung gewonnen hat. Weitere Verzögerungen bei Abhilfemaßnahmen würden die wirtschaftlichen Kosten entsprechender Aktionen noch stärker wachsen lassen. Dementsprechend gilt es, den Klimawandel aufzuhalten, die Ressourcen rationeller einzusetzen und die Biodiversitätsverluste zu stoppen. Dabei ist die Nutzung marktbasierter Instrumente von entscheidender Bedeutung, damit die Preise das Ausmaß der Umweltschäden und der sozialen Kosten besser widerspiegeln. Die Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Technologien und die Ökologisierung des öffentlichen Beschaffungswesens können die Innovationsleistung der betroffenen Sektoren verbessern und zu deren nachhaltiger Entwicklung beitragen. EU-Unternehmen zählen zur Weltspitze zum Beispiel in der Entwicklung von Technologien für neue erneuerbare Energien. Vor allem in Anbetracht der kontinuierlich steigenden Energiepreise und der zunehmenden Bedrohungen durch den Klimawandel ist es unerlässlich, die Bemühungen zur Steigerung der Energieeffizienz voranzutreiben als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur Wettbewerbsfähigkeit.

Leitlinie. Eine nachhaltige Ressourcennutzung fördern und die Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum stärken - Die Mitgliedstaaten sollten der Internalisierung externer Umweltkosten sowie der Steigerung der Energieeffizienz und der Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Technologien Vorrang einräumen. Die Umsetzung dieser Prioritäten sollte in Einklang stehen mit den auf EU-Ebene eingegangenen Verpflichtungen und sich auf die im Aktionsplan "Umwelttechnologien" (ETAP) vorgeschlagenen Maßnahmen und Mechanismen stützen. Als politische Instrumente in diesem Kontext einsetzen sollte man unter anderem marktbasierte Instrumente, Risikofonds, FuE-Fördermittel, die Ökologisierung des öffentlichen Beschaffungswesens und die Beseitigung umweltschädlich wirkender Beihilfen (Integrierte Leitlinie 14). ä

Zu einer starken industriellen Basis in Europa beitragen

Die jüngste Verlangsamung des EU-Produktivitätswachstums ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass es der EU schwer fällt, ihre Wirtschaft auf die Anforderungen der neuen hochproduktiven Wachstumssektoren auszurichten. Will Europa seine wirtschaftliche und technische Führungsposition konsolidieren, muss es seine Kapazität zur Entwicklung und Vermarktung neuer Technologien stärken. Das Synergiepotenzial, das eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in der Forschung sowie in Rechts- und Finanzierungsfragen bietet - in Bereichen also, in denen aus Gründen der Größenordnung und der Reichweite ein einzelner Mitgliedstaat im Kampf gegen Marktversagen auf verlorenem Posten steht -, ist bisher nicht immer voll ausgeschöpft worden; Programme wie Galileo oder die Luftfahrtindustrie sind hier eher die Ausnahme. Dies hat zur Folge, dass die EU ihr volles technologisches Potenzial nicht nutzen kann. Das Poolen europäischer Exzellenz und die Entwicklung öffentlichprivater Partnerschaften - in Fällen, in denen der Nutzen für die Gesellschaft größer ist als für den privaten Sektor - werden helfen, dieses Potenzial auszuschöpfen.

Leitlinie. Zur Schaffung einer soliden industriellen Basis in Europa beitragen - Die Mitgliedstaaten sollten sich auf die Entwicklung neuer Technologien und neuer Märkte konzentrieren. Dies setzt insbesondere voraus, dass man gemeinsame europäische Technologieinitiativen entwickelt und umsetzt und öffentlichprivate Partnerschaften eingeht, beides mit dem Ziel, echtes Marktversagen zu korrigieren und regionale und lokale Cluster zu schaffen und auszubauen (Integrierte Leitlinie 15).

Teil 2
Die beschäftigungspolitischen Leitlinien (2005-2008)

Vorschlag für eine
Entscheidung des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)2005/0057 (CNS)

Der Rat der Europäischen Union -

(1) Gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union setzt sich die Union das Ziel, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und ein hohes Beschäftigungsniveau zu fördern. Artikel 125 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sieht vor, dass die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hinarbeiten, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren.

(2) Auf seiner Tagung in Lissabon hat der Europäische Rat im Jahr 2000 eine Strategie auf den Weg gebracht, die abstellt auf ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt. Im Rahmen der Strategie wurden langfristige Beschäftigungsziele festgelegt. Fünf Jahre danach zeigen die Ergebnisse jedoch ein gemischtes Bild.

(3) Mit der Vorlage eines integrierten Leitlinienpakets - bestehend aus den beschäftigungspolitischen Leitlinien und den Grundzügen der Wirtschaftspolitik - wird ein Beitrag geleistet zur Neuausrichtung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Die entscheidende Rolle in der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Ziele der Lissabon-Strategie fällt der Europäischen Beschäftigungsstrategie zu.

(4) Gemäß den Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates vom 22. und 23. März 2005 müssen die Ziele Vollbeschäftigung, Arbeitsplatzqualität, Arbeitproduktivität und sozialer Zusammenhalt ihren Niederschlag in klaren Prioritäten finden: mehr Menschen in Arbeit bringen und halten und die sozialen Sicherungssysteme modernisieren; die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte und der Unternehmen verbessern und die Flexibilität der Arbeitsmärkte steigern; die Investitionen in Humankapitel steigern durch Verbesserung von Bildung und Qualifizierung.

(5) Die beschäftigungspolitischen Leitlinien sollten nur alle drei Jahre einer vollständigen Überprüfung unterzogen werden. Etwaige Aktualisierungen bis zum Jahr 2008 sollten auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben.

(6) Die vom Rat am 14. Oktober 2004 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen13 behalten als Referenzgrößen ihre Gültigkeit

HAT folgende Entscheidung erlassen:

Artikel 1

Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden hiermit angenommen.

Artikel 2

Alle Aspekte der Leitlinien sind von den Mitgliedstaaten in ihren beschäftigungspolitischen Maßnahmen zu berücksichtigen. In den jährlich vorzulegenden nationalen Lissabon-Programmen ist über diese Aspekte Berichte zu erstatten.

Artikel 3

Diese Entscheidung richtet sich an die Mitgliedstaaten.

Brüssel,
Für den Rat
Der Präsident

Hinweis: vgl. AE-Nr. 041395 und Drucksache 917/04 (PDF) = AE-Nr. 043278
1 Bericht im Anhang zu den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2005, (http://ue.eu.int/cms3_fo/showPage.asp?lang=en&id=432&mode=g&name=).
2 KOM (2005) 24 vom 2.2.2005: "Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze - Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon".
3 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2005, (http://ue.eu.int/cms3_fo/showPage.asp?lang=en&id=432&mode=g&name=).
4 In einer späteren Mitteilung über die nationalen Reformprogramme wird die Kommission ihre Vorstellungen präsentieren zu den Modalitäten der Integration der Follow-up-Berichte zur offenen Koordinierungsmethode und zu den strategischen Plänen für die Strukturfonds.
5 KOM (2005) 24 vom 2.2.2005: "Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze - Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon".
6 SEK(2005) 192 vom 3.2.2005: Begleitdokument zur Mitteilung der Kommission für den Europäischen Rat.
7 Die Sozialagenda (KOM (2005) 33) behandelt diese Elemente ausführlicher.
8 In der Implementierung der oben genannten Leitlinien sollten die Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass die im Rahmen der Empfehlung des Rates vom 26. Juni 2003 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (Zeitraum 2003-2005) ausgesprochenen länderspezifischen Empfehlungen - ergänzt und aktualisiert durch die Empfehlung des Rates vom 5 Juli 2004 zur Aktualisierung 2004 dieser Leitlinien - weiterhin gültig bleiben.
9 ABl. C , , S. .
10 ABl. C , , S. .
11 ABl. C , , S. .
12 ABl. C , , S. .
13 ABl. L 326 vom 19.10.2004.

Anhang

1 MEHR Menschen IN Arbeit bringen und halten und die sozialen Sicherungssysteme modernisieren

Im Streben nach Vollbeschäftigung ist es unerlässlich, durch Steigerung des Arbeitskräfteangebots und der Arbeitskräftenachfrage Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit zu vermindern. Dies muss Hand in Hand gehen mit Maßnahmen, die darauf abzielen, Arbeit attraktiver zu machen, die Arbeitsplatzqualität zu verbessern, das Arbeitsproduktivitätswachstum zu steigern und den Anteil der erwerbstätigen Armen zu verringern. Die Synergien zwischen Arbeitsplatzqualität, Produktivität und Beschäftigung sollten voll ausgeschöpft werden. Weiterhin sind konsequente Maßnahmen erforderlich, um die soziale Eingliederung zu stärken, eine Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt zu verhindern, die Integration benachteiligter Menschen in den Arbeitsmarkt zu unterstützen und regionale Ungleichgewichte bei Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitsproduktivität, insbesondere in Regionen mit Entwicklungsrückstand, abzubauen. Entscheidend für den Fortschritt sind auch die Faktoren Chancengleichheit, Diskriminierungsbekämpfung und Gender-Mainstreaming.

Leitlinie: Die Beschäftigungspolitik ausrichten auf Vollbeschäftigung, Steigerung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität und Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts - Die Politik sollte dazu beitragen, folgende Beschäftigungsquotenziele in der Europäischen Union zu verwirklichen: 70 % Gesamtbeschäftigungsquote und eine Mindestquote von 60 % für die Frauenbeschäftigung und von 50 % für die Beschäftigung älterer Arbeitskräfte (55-64 Jahre), verbunden mit einer Verringerung der Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit Die Mitgliedstaaten sollten nationale Beschäftigungsquotenziele für 2008 und 2010 vorgeben (Integrierte Leitlinie 16).

Die Anhebung des Beschäftigungsniveaus ist das wirksamste Mittel, Wirtschaftswachstum zu generieren und die Wirtschaftssysteme sozial integrativ zu gestalten unter Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsnetzes für die erwerbsunfähigen bzw. erwerbslosen Personen. Ein lebenszyklusbasierter Ansatz in der Beschäftigung und die Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme zur Förderung von deren Angemessenheit, finanziellen Nachhaltigkeit und Fähigkeit zur Anpassung an sich wandelnde gesellschaftliche Erfordernisse sind umso dringlicher angesichts des erwarteten Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Besondere Aufmerksamkeit sollte hierbei den sich hartnäckig haltenden geschlechtsspezifischen Unterschieden sowie - im Rahmen eines neuen generationsübergreifenden Ansatzes - der niedrigen Beschäftigungsquote der älteren Arbeitskräfte und der jungen Menschen gelten. Die Jugendarbeitslosigkeit ist im Schnitt doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosigkeit. Fortschritte in der Beschäftigung setzen geeignete Rahmenbedingungen voraus, ob es um den Erstzugang zum Arbeitsmarkt, eine Rückkehr ins Erwerbsleben nach einer Unterbrechung oder um den Wunsch geht, das Erwerbsleben zu verlängern. Entscheidende Aspekte dabei sind Arbeitsplatzqualität, einschließlich Arbeitsentgelt und Sozialleistungen, Arbeitsbedingungen, Beschäftigungssicherheit, Zugang zum lebenslangen Lernen, die beruflichen Aussichten sowie Unterstützung und Anreize, die sich aus den sozialen Sicherungssystemen ableiten. Als Beitrag zum lebenszyklusbasierten Ansatz in der Beschäftigung sollte auch der Europäische Pakt für die Jugend umgesetzt werden.

Leitlinie: Einen lebenszyklusbasierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern durch folgende Maßnahmen: die Bemühungen verstärken, jungen Menschen Beschäftigungspfade zu öffnen und die Jugendarbeitslosigkeit abzubauen; geschlechtsspezifische Unterschiede in Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Entgelt konsequent beseitigen; eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben anstreben, auch durch Bereitstellung zugänglicher und erschwinglicher Betreuungseinrichtungen für Kinder und sonstige betreuungsbedürftige Personen; moderne Renten- und Gesundheitssysteme schaffen, die angemessen und finanziell tragbar sind und sich an wandelnde Erfordernisse anpassen, um auf diese Weise die Erwerbsbeteiligung und die Verlängerung des Erwerbslebens zu fördern, einschließlich positiver Arbeitsanreize und Beseitigung frühverrentungsfördernder Negativanreize; Arbeitsbedingungen fördern, die das aktive Altern begünstigen (Integrierte Leitlinie 17). Siehe auch integrierte Leitlinie 2 "Die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleisten".

Erwerbsbeteiligung und Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung lassen sich hauptsächlich dadurch fördern, dass man Arbeitsuchenden den Zugang zur Beschäftigung erleichtert, Arbeitslosigkeit verhütet, die Arbeitsmarktnähe arbeitslos gewordener Menschen sicherstellt und deren Beschäftigungsfähigkeit verbessert. Dies erfordert, dass man dem Arbeitsmarktzugang entgegenstehende Hindernisse ausräumt und zu diesem Zweck wirkungsvolle Hilfe bei der Arbeitssuche anbietet, den Zugang zur Weiterbildung und zu anderen aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen erleichtert und sicherstellt, dass Arbeit lohnt, sowie Arbeitslosigkeits-, Armuts- und Erwerbslosigkeitsfallen beseitigt. Besondere Aufmerksamkeit ist in diesem Kontext der Förderung der Arbeitsmarktintegration benachteiligter Menschen zu widmen, auch durch Ausbau von Sozialdienstleistungen und der Solidarwirtschaft. Die Beschäftigungsdefizite der benachteiligten Menschen - in der Gegenüberstellung mit der Allgemeinbevölkerung - und der Nicht-EU-Bürger - in der Gegenüberstellung mit EU-Bürgern - sind zu hoch und sollten abgebaut werden unter Berücksichtigung einschlägiger nationaler Zielvorgaben. Besonders vordringlich ist hierbei, die Diskriminierung zu bekämpfen, den Zugang Behinderter zur Beschäftigung zu fördern und Migranten und Minderheiten zu integrieren.

Leitlinie: Arbeitsuchende und benachteiligte Menschen besser in den Arbeitsmarkt integrieren durch: aktive und präventive Arbeitsmarktmaßnahmen, einschließlich Früherkennung der Bedürfnisse, Unterstützung bei der Arbeitsuche, Beratung und Weiterbildung im Rahmen personalisierter Aktionspläne, Bereitstellung von Sozialdienstleistungen zur Unterstützung der Arbeitsmarktintegration benachteiligter Menschen, Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts und Armutbeseitigung; laufende Überprüfung der Steuer- und Sozialleistungssysteme, einschließlich Sozialleistungsmanagement und Überprüfung der Anspruchsberechtigung sowie Abbau der hohen effektiven Grenzsteuersätze, um Arbeit lohnend zu machen und ein angemessenes Sozialschutzniveau zu gewährleisten (Integrierte Leitlinie 18).

Sollen mehr Menschen in die Lage versetzt werden, einen besseren Arbeitsplatz zu finden, so gilt es ferner, die Arbeitsmarktinfrastruktur auf nationaler und EU-Ebene zu stärken - auch durch Nutzung des EURES-Netzes -, um die Antizipation zu verbessern und Missverhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen. Einen entscheidenden Beitrag hierzu kann die Arbeitskräftemobilität leisten, die dementsprechend ohne Einschränkungen gewährleistet sein sollte. In vollem Umfang einzubeziehen ist auch das durch Einwanderung aus Drittstaaten entstehende zusätzliche Arbeitskräfteangebot.

Leitlinie: Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden durch folgende Maßnahmen: die Arbeitsmarkteinrichtungen, insbesondere die Arbeitsverwaltungen, modernisieren und ausbauen; die Transparenz der Beschäftigungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene steigern, um europaweit die Mobilität zu fördern; Qualifikationsanforderungen sowie Defizite und Engpässe auf dem Arbeitsmarkt besser antizipieren; die Wirtschaftsmigration besser managen (Integrierte Leitlinie 19).

2 die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte und der Unternehmen Verbessern und die Flexibilität der Arbeitsmärkte steigern

Europa muss lernen, den wirtschaftlichen und sozialen Wandel besser zu antizipieren und zu bewältigen bzw. anzustoßen. Dies erfordert eine beschäftigungsfreundliche Gestaltung der Arbeitskosten, eine moderne Arbeitsorganisation und gut funktionierende Arbeitsmärkte, die mehr Flexibilität zulassen, ohne die Beschäftigungssicherheit aufs Spiel zu setzen. Damit wird man den Bedürfnissen sowohl der Unternehmen als auch der Arbeitskräfte gerecht. Dies dürfte auch dazu beitragen, eine Segmentierung der Arbeitsmärkte zu verhüten und die nicht angemeldete Arbeit zurückzudrängen.

Unter den heutigen Rahmenbedingungen, gekennzeichnet durch die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft in Verbindung mit der Öffnung neuer Märkte und der laufenden Einführung neuer Technologien, müssen und können Unternehmen und Arbeitskräfte sich besser anpassen. Der strukturelle Wandel ist insgesamt dem Wachstum und der Beschäftigung förderlich, bringt jedoch auch Umwälzungen mit sich, die einigen Arbeitskräften und Unternehmen zum Nachteil gereichen. Die Unternehmen müssen lernen, flexibler auf abrupte Änderungen in der Güter- und Dienstleistungsnachfrage zu reagieren, sich an neue Technologien anzupassen und zur Wahrung ihrer Wettbewerbsfähigkeit laufend Innovationen vorzunehmen. Sie müssen dem zunehmenden Bedarf an mehr Arbeitsplatzqualität gerecht werden, der in Verbindung steht mit den persönlichen Präferenzen der Arbeitskräfte und Änderungen der familiären Bedingungen, und sie müssen mit der Situation zurechtkommen, dass der Arbeitskräftebestand altert und weniger junge Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Für die Arbeitskräfte wird das Arbeitsleben komplexer: die Beschäftigungsmuster werden vielfältiger und unregelmäßiger und über den gesamten Lebenszyklus werden immer häufiger berufliche Veränderungen zu bewältigen sein. In Anbetracht der sich rasch ändernden wirtschaftlichen Situation und damit verbundener Umstrukturierungen müssen die Arbeitskräfte sich an neue Arbeitsformen anpassen - einschließlich der zunehmenden IKT-Integration -, Änderungen in ihrem Berufsstatus verkraften und zum lebenslangen Lernen bereit sein. Auch geografische Mobilität wird unerlässlich sein, will man berufliche Möglichkeiten umfassender, d.h. in der gesamten EU, nutzen.

Leitlinie: Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern durch folgende Maßnahmen: die arbeitsrechtlichen Vorschriften anpassen und dabei erforderlichenfalls die Flexibilität in befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen überprüfen; die Antizipation und die Bewältigung des Wandels verbessern - einschließlich Wirtschaftsumstrukturierungen und insbesondere im Kontext der Handelsliberalisierung -, um die sozialen Kosten zu begrenzen und die Anpassung zu erleichtern; den Übergang in die Erwerbstätigkeit erleichtern, einschließlich Weiterbildung, selbstständige Tätigkeit, Unternehmensgründung und geografische Mobilität; innovative und anpassungsfähige Formen der Arbeitsorganisation fördern und verbreiten - einschließlich Verbesserung des Arbeitsschutzes und Diversifizierung der arbeitsvertraglichen und Arbeitszeitregelungen -, um die Arbeitsplatzqualität und die Arbeitsproduktivität zu verbessern; die Fähigkeit zur Anpassung an neue Technologien am Arbeitsplatz verbessern; konsequent die Umwandlung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in reguläre Beschäftigung betreiben (Integrierte Leitlinie 20). Siehe auch integriert Leitlinie 4 "Eine größere Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik und Strukturpolitik herstellen".

Um die Arbeitsplatzschaffung zu maximieren, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen günstig zu beeinflussen, sollte die allgemeine Lohnentwicklung in Einklang stehen mit dem Produktivitätswachstum im Konjunkturzyklus und die Arbeitsmarktsituation widerspiegeln. Insbesondere im Niedriglohnbereich kann es sich zur Erleichterung der Arbeitsplatzschaffung darüber hinaus empfehlen, die Lohnnebenkosten und insgesamt die steuerliche Belastung der Arbeit abzusenken.

Leitlinie: Die Entwicklung der Löhne und sonstigen Arbeitskosten beschäftigungsfreundlicher gestalten durch folgende Maßnahmen: ohne Eingriff in die Funktion der Sozialpartner das Lohntarifsystem so gestalten, dass es Produktivitätsunterschiede und Arbeitsmarkttrends auf sektoraler und regionaler Ebene widerspiegelt; die Struktur und das Niveau der Lohnnebenkosten und deren beschäftigungspolitische Auswirkungen, insbesondere für Geringverdiener und Arbeitsmarktneuzugänge, überwachen und gegebenenfalls anpassen (Integrierte Leitlinie 21). Siehe auch integrierte Leitlinie 5 "Sicherstellen, dass die Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum beiträgt".

3 Die Investitionen IN Humankapital steigern durch Verbesserung von Bildung und Qualifizierung

Europa muss mehr in Humankapital investieren. In vielen Fällen verhindern Qualifikationsdefizite und ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und Qualifikationsnachfrage, dass Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden oder auf ihm verbleiben. Um für alle Altersgruppen den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern und Produktivitätsniveau und Arbeitsplatzqualität anzuheben, muss die EU mehr und effektiver in Humankapital und in das lebenslange Lernen investieren zum Nutzen des Einzelnen, der Unternehmen, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Die Mitgliedstaaten stehen in der Pflicht, bis 2006 umfassende Strategien des lebenslangen Lernens zu entwickeln.

Die wissensbasierte und dienstleistungsbasierte Wirtschaft erfordert Qualifikationen, die von den herkömmlichen Qualifikationsmustern abweichen. Zudem sind diese Qualifikationen aufgrund des technologischen Wandels und der Innovation laufend zu aktualisieren. Arbeitskräfte, die in Arbeit bleiben und im Beruf fortkommen wollen, müssen regelmäßig bestehende Qualifikationen aktualisieren und neue Qualifikationen erwerben. Die Produktivität der Unternehmen ist abhängig davon, dass ihre Beschäftigten die Fähigkeit erwerben und bewahren, sich an den Wandel anzupassen. Die Regierungen müssen danach streben, das Bildungsniveau anzuheben und junge Menschen mit den erforderlichen Schlüsselkompetenzen auszustatten (im Einklang mit dem Europäischen Pakts für die Jugend). Alle Stakeholder sollten dafür mobilisiert werden, bei den Menschen schon in jungen Jahren eine Kultur des lebenslangen Lernens zu verankern. Eine substanzielle Erhöhung der staatlichen und privaten Pro-Kopf-Investitionen in Humanressourcen ist nur machbar, wenn eine faire und transparente Aufteilung der Kosten und Verantwortlichkeiten zwischen allen Akteuren gegeben ist. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeiten der Strukturfonds und der Europäischen Investitionsbank für Investitionen in die Aus- und Weiterbildung besser nutzen.

Leitlinie: Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren durch folgende Maßnahmen: entsprechend den auf europäischer Ebene eingegangenen Verpflichtungen wirksame Strategien des lebenslangen Lernens etablieren, einschließlich geeigneter Anreize - in Verbindung mit Mechanismen der Kostenaufteilung zwischen Unternehmen, öffentlichen Behörden und Einzelpersonen -, insbesondere um die Anzahl der frühzeitigen Schulabgänger erheblich zu reduzieren; den Zugang zur Berufsbildung, zur Sekundarbildung und zur Hochschulbildung verbessern, einschließlich der Lehrlingsausbildung und der Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen; stärkere Beteiligung an der Fortbildung und der Ausbildung am Arbeitsplatz während des gesamten Lebenszyklus, besonders für Geringqualifizierte und ältere Arbeitskräfte (Integrierte Leitlinie 22). Siehe auch integrierte Leitlinie 12 "Mehr und gezielter in FuE investieren".

Ehrgeizige Ziele setzen und das Niveau der Investitionen aller Akteure anheben reicht nicht aus. Damit das Angebot den Bedarf tatsächlich decken kann, müssen die Systeme des lebenslangen Lernens bezahlbarer, zugänglicher und anpassungsfähiger werden. Die Aus- und Weiterbildung muss flexibler und leistungsfähiger werden, will man ihre Arbeitsmarktrelevanz, ihr Vermögen, den Anforderungen der wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft zu genügen, und ihre Effizienz steigern. Die IKT können den Zugang zum Lernen erleichtern und dazu dienen, das Lernen besser auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zuzuschneiden. Eine größere Mobilität in der Wahrnehmung von Arbeits- und Lernmöglichkeiten ist vonnöten, damit Berufschancen EU-weit besser genutzt werden. Die verbleibenden Mobilitätshindernisse auf dem europäischen Arbeitsmarkt sollten beseitigt werden, und zwar vor allem die der Anerkennung und Transparenz von Qualifikationen und Befähigungsnachweisen entgegenstehenden Hindernisse. In der Reform der nationalen Aus- und Weiterbildungssysteme sind dabei die vereinbarten europäischen Mechanismen und Orientierungen zu nutzen.

Leitlinie: Durch folgende Maßnahmen die Aus- und Weiterbildungssysteme auf neue Qualifikationsanforderungen ausrichten: die beruflichen Erfordernisse und Schlüsselkompetenzen besser definieren und künftige Qualifikationsanforderungen besser antizipieren; das Angebot an Instrumenten der Aus- und Weiterbildung verbreitern; Rahmenbedingungen schaffen, die geeignet sind, die Anerkennung und Transparenz von Qualifikationen und Befähigungsnachweisen und die Validierung des nichtformalen und des informellen Lernens zu verbessern; die Attraktivität, die Offenheit und hohe Qualitätsstandards der Aus- und Weiterbildungssysteme gewährleisten (Integrierte Leitlinie 23).

In all diesen Aktionen sollten die Mitgliedstaaten besonders auf eine gute Governance der Beschäftigungspolitik achten. Sie sollten eine umfassende Partnerschaft für den Wandel etablieren durch Einbeziehung von parlamentarischen Gremien und von Stakeholdern, auch auf regionaler und lokaler Ebene. Die europäischen und nationalen Sozialpartner sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Die Mitgliedstaaten sollten Verpflichtungen und Zielvorgaben formulieren, die sich mit den EU-Leitlinien und Empfehlungen decken. Gute Governance erfordert auch Transparenz in der Allokation der administrativen und finanziellen Ressourcen. In Abstimmung mit der Kommission sollten die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der europäischen Beschäftigungsstrategie von den Strukturfonds und insbesondere vom Europäischen Sozialfonds gezielter Gebrauch machen und über die getroffenen Maßnahmen Bericht erstatten. Vor allem gilt es, die institutionellen und administrativen Kapazitäten in den Mitgliedstaaten zu stärken.

Die Mitgliedstaaten seien darauf hingewiesen, dass in der Umsetzung der vorgenannten politischen Leitlinien die in den beschäftigungspolitischen Leitlinien 2003 und den beschäftigungspolitischen Empfehlungen 2004 festgelegten länderspezifischen Empfehlungen, Fortschrittsindikatoren und Zielvorgaben als Referenzgrößen Gültigkeit behalten.