Empfehlungen der Ausschüsse
Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken
(Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV)

858. Sitzung des Bundesrates am 15. Mai 2009

Der federführende Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) und der Agrarauschuss (A) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu § 8 Absatz 2 und 4 - neu -

§ 8 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Die WertV hat in den einzelnen Wertermittlungsverfahren die Berücksichtigung von Baumängeln und Bauschäden, die wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit des Grundstücks und die Anpassung an die Marktlage unterschiedlich geregelt. Die genannten Eigenschaften wurden aber überwiegend in den jeweiligen Wertermittlungsverfahren berücksichtigt. Die Zusammenfassung dieser Regelungen in § 8 Absatz 2 ImmoWertV wird im Sinne der Vereinfachung der Vorschrift ausdrücklich begrüßt. Hierzu ist es allerdings nicht erforderlich, die Berücksichtigung der genannten Eigenschaften aus den Wertermittlungsverfahren herauszunehmen, da dies z.B. eine wesentliche Änderung des Sachwertverfahrens selbst bedeutet, während das Vergleichs- und das Ertragswertverfahren dagegen weitgehend unverändert bleiben. Die einseitige Modelländerung bedeutet für die Praxis die erschwerte Vergleichbarkeit der Verfahrensergebnisse in den Fällen nach § 8 Absatz 1 Satz 3 ImmoWertV.

Im Übrigen ist die Wertermittlung nach dem neuen Wertermittlungsmodell für den häufig nicht sachkundigen Auftraggeber eines Gutachtens schlechter nachvollziehbar. Diese Nachteile lassen sich durch die vorgeschlagene Änderung vermeiden, denn der Vorschlag zur Änderung der ImmoWertV weist die Berücksichtigung der genannten Eigenschaften wieder den einzelnen Wertermittlungsverfahren zu, ohne die angestrebte Vereinfachung aufzugeben.

2. Zu § 10 Absatz 1 Satz 3

In § 10 Absatz 1 Satz 3 sind nach dem Wort "Grundstücksfläche" die Wörter "und in der Regel abgabenrechtlich frei" einzufügen.

Begründung

Es ist wünschenswert, den erschließungsbeitragsrechtlichen Zustand eines Bodenrichtwertes einheitlich zu regeln.

Der erschließungsbeitragsfreie Zustand ist im überwiegenden Teil der Bundesrepublik anzutreffen. Die einheitliche Darstellung abgabenrechtlich freier Bodenrichtwerte sollte auch unter den Aspekten der Kundenorientierung (Vergleichbarkeit) erwogen werden; sie fördert auch die bundesweit einheitliche Darstellung der Bodenrichtwerte, etwa in Auskunftsportalen.

3. Zu § 10 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2

§ 10 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Es ist sachgerecht, in § 10 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksgröße anzubieten. Die Einstufung ist regional unterschiedlich und sollte nach dem jeweiligen Marktverhalten möglich sein.

In den Ballungsgebieten - wie etwa dem Rhein-Main-Gebiet - orientieren sich die Bodenrichtwerte in der Regel nach dem Maß der baulichen Nutzung, während in ländlichen Bereichen die Grundstücksgröße wertbeeinflussend ist.

Deshalb ist es erforderlich, dass - je nach Wertrelevanz - entweder das Maß der baulichen Nutzung oder die Grundstücksgröße als wertbestimmendes Merkmal angegeben werden kann.

4. Zu § 10 Absatz 3 Satz 1 (bei Annahme entfällt Ziffer 5)

In § 10 Absatz 3 Satz 1 sind das Wort "Richtwertzone" durch das Wort "Bodenrichtwertzone" und die Angabe "20 Prozent" durch die Angabe "30 Prozent" zu ersetzen.

Begründung

Das Wort "Richtwertzone" sollte richtigerweise in "Bodenrichtwertzone" geändert werden.

Die Festlegung auf 20 Prozent war in der letzten Fassung des Referentenentwurfs nicht enthalten. Die zuvor festgelegten 30 Prozent sind bereits in der Musterrichtlinie über Bodenrichtwerte beschrieben, die von einer Arbeitsgruppe der für die Gutachterausschüsse zuständigen Ministerien und Senatsverwaltungen der Länder unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und des Bundesministeriums der Finanzen im Jahr 2000 erarbeitet wurde.

Eine Abweichung der Bodenwerte der einzelnen Grundstücke um maximal 20 Prozent ober- oder unterhalb des Bodenrichtwertes ist in der Gesamtheit unrealistisch.

Ein Zusammenhang zum in der Begründung genannten Erbschaftsteuer-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und den dort gemachten Ausführungen zur Streubreite zum Verkehrswert kann nicht erkannt werden. Der Verkehrswert und der Bodenrichtwert haben keinen direkten Zusammenhang, somit ist eine Angleichung der Abweichungsquote willkürlich.

Die Entscheidung, dass der aus der Wertermittlung für ein bestimmtes Objekt hervorgegangene Verkehrswert maximal um +/- 20 Prozent vom Marktwert abweichen darf, ist nachvollziehbar. Allerdings kann diese Entscheidung nicht auf den Bodenrichtwert übertragen werden, denn hierbei handelt es sich um einen Wert, der für eine Mehrzahl von Grundstücken ermittelt wurde, die im Wesentlichen gleiche Nutzungs- und Wertverhältnisse haben.

5. Zu § 10 Absatz 3

§ 10 Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Die neue Formulierung dient der Klarstellung.

In Analogie zu dem Begriff "Bodenrichtwert" sollte der Begriff "Bodenrichtwertzone" verwendet werden. Im Übrigen wird durch den Bezug auf die Flurstücke des Liegenschaftskatasters eine einheitliche Festlegung in Deutschland vorgegeben; hierdurch wird auch der Raumbezug der Bodenrichtwertzonen eindeutig festgelegt (ETRS89/UTM). (entfällt bei Annahme von Ziffer 4)

6. Zu § 10 Absatz 4 - neu -*

Dem § 10 ist folgender Absatz 4 anzufügen:

Begründung

Die insbesondere in Großstädten häufig anzutreffenden Gemengelagen können nicht einheitlichen Bodenrichtwertzonen zugeordnet werden. Kleinteilige Grundstücksstrukturen würden eine Zonendichte erfordern, die einer Einzelbewertung der betroffenen Grundstücke gleichkäme. Dieser Aufwand ist in der Sache unzweckmäßig, weil er über die Ermittlung von Bodenrichtwerten weit hinausgeht und nicht leistbar ist. Die vorgeschlagene Formulierung ermöglicht eine bundeseinheitliche adäquate Problemlösung.

7. Zu § 10 Absatz 4 - neu -*

Bei Annahme der Ziffern 6 und 7 werden diese redaktionell angepasst.

Dem § 10 ist folgender Absatz 4 anzufügen:

Begründung

Um die wirtschaftliche, sachgerechte und eindeutige Zuordnung eines Grundstücks zu einer oder mehreren Bodenrichtwertzonen zu gewährleisten, müssen Bodenrichtwerte in automatisierter Form und in dem gleichen Raumbezugssystem wie die amtliche Liegenschaftskarte geführt werden.

Werden diese Anforderungen nicht in die Verordnung aufgenommen, ist zu befürchten, dass einzelne Gutachterausschüsse diese Anforderungen nicht beachten und die vorgesehene verstärkte Anwendung der Bodenrichtwerte für steuerliche Zwecke erschwert wird. Zudem lassen sich moderne Kommunikationsprozesse, wie sie von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen der eGovernment-Initiative angestrebt werden, ohne geeigneten Raumbezug und ohne automatisierte Führung nicht oder nur mit zusätzlichem Aufwand realisieren. Die bisherigen ergänzenden Regelungen einzelner Länder gehen zukünftig ins Leere, da den Ländern nach der am 1. Juli 2009 in Kraft tretenden Änderung des § 199 Absatz 2 BauGB die hierzu erforderliche Ermächtigung fehlt.

8. Zu § 11 Absatz 1

In § 11 Absatz 1 sind vor dem Wort "Indexreihen" die Wörter "regional und nach Grundstücksarten differenzierten" einzufügen.

Begründung

Klarstellung, nach welchen Kriterien die vorgesehene Indexierung erfolgen soll.

9. Zu § 16 Absatz 2

§ 16 Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:

(2) Die Privilegierung gemäß § 35 des Baugesetzbuchs ist bei der Ermittlung des Bodenwerts zu berücksichtigen, wenn die vorhandenen baulichen Anlagen rechtlich und wirtschaftlich weiterhin nutzbar sind."

Begründung

Der Bodenwert eines Grundstücks im Außenbereich ist von einer möglichen Privilegierung abhängig (beispielsweise bei Aussiedlerhöfen). Durch die rechtliche und wirtschaftliche Nutzbarkeit der Gebäude erhöht sich der Bodenwert des Grundstücks. Fällt diese weg, verliert das Grundstück seinen Baulandwert. Es ist auszuschließen, dass der Wert der baulichen Anlagen in den Bodenwert einfließt.

10. Zu § 16 Absatz 4

§ 16 Absatz 4 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Eine wirtschaftliche Beeinträchtigung durch bestehenbleibende Bebauung tritt nicht nur im Sanierungsgebiet oder Entwicklungsbereich auf. Das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einberufene Sachverständigengremium zur Überprüfung des Wertermittlungsrechts hat in seinen Empfehlungen diese Sonderfälle allgemein beschrieben und unabhängig vom Ausgleichsbetrag behandelt. Die jetzige Beschränkung auf das Sanierungs- bzw. Entwicklungsrecht ist weder sachgerecht noch praxisgerecht.

11. Zu § 17 Absatz 1 Satz 1

In § 17 Absatz 1 Satz 1 sind nach dem Wort "Erträge" die Wörter "(ortsübliche Vergleichsmiete)" einzufügen.

Begründung

Im Ertragswertverfahren sollen künftig nicht mehr "nachhaltige Erträge", sondern "marktüblich erzielbare Erträge" die Grundlage bilden. "Nachhaltig" waren im bisherigen System die Erträge, von denen man annehmen konnte, dass sie - ohne Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und des Immobilienmarktes - bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung, wie sie sich in den angesetzten Bewirtschaftungskosten ausdrücken, über die angesetzte Restnutzungsdauer durchschnittlich zu erzielen sein werden. Unter "marktüblich erzielbar" wird man regelmäßig Neuvermietungsmieten verstehen, also Mieten, wie sie bei einer Neuvermietung am Wertermittlungsstichtag marktüblich vereinbart werden.

Dieser Wechsel - wenn er denn gewollt ist - ist nicht unproblematisch:

Wenn der Begriff "marktüblich erzielbar" nicht nur Neuvermietungsmieten, sondern auch Bestandsmieten erfassen soll, wäre dies noch explizit im Verordnungstext auszuführen.

Es wird daher vorgeschlagen, den Begriff der nachhaltigen Erträge inhaltlich beizubehalten und den Begriff "marktüblich erzielbare Erträge" durch den in der Immobilienwirtschaft bereits eingeführten und eindeutig definierten Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ergänzen und zu präzisieren. Auch wenn er mehr aus dem Wohnungsmietrecht stammt, ist er doch auf gewerbliche Mieten in analoger Anwendung übertragbar.

12. Zu § 23 Satz 2

§ 23 Satz 2 ist zu streichen.

Begründung

Bei der Festlegung auf die gleichmäßige Wertminderung handelt es sich um eine Änderung, die in der letzten Fassung des Referentenentwurfs nicht enthalten war.

In der Entwurfsbegründung dazu heißt es: "Dabei ist nach Satz 2 regelmäßig eine lineare Abschreibung vorzunehmen, da dies bereits im Bereich der Gewerbeimmobilien und im Versicherungswesen übliche Praxis ist. Auch im Interesse der Markttransparenz ist eine weitgehend einheitliche Vorgehensweise bei der Alterswertminderung geboten."

Für die in der Begründung genannten Gewerbeimmobilien werden üblicherweise nicht Sachwerte sondern Ertragswerte ermittelt. Die in § 23 beschriebene Wertminderung wegen Alters ist Bestandteil des Sachwertverfahrens. In der Praxis der Wertermittlung wird der auf der Grundlage der Normalherstellungskosten 2000 ermittelte Wert um die Alterswertminderung gem. 3.6.1.1.7 WertR 2002 überwiegend nach den Abschreibungstabellen (Anlagen 8 A und B WertR), d. h. entweder nach Ross oder linear, korrigiert.

Die Rosssche Wertminderung wird üblicherweise bei Gebäuden, die geringem Verschleiß unterliegen (insbesondere selbstgenutzte Eigenheime, das heißt, klassische Sachwertobjekte), angewendet. Die lineare Wertminderung hingegen findet bei Objekten mit starkem Verschleiß - wie etwa Gewerbeimmobilien - Anwendung. Dies entspricht aber nicht dem Regelfall der Sachwertermittlung und ist daher nicht sachgerecht.