Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. März 2007 zur Zukunft der Eigenmittel der Europäischen Union (2006/2205(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 307330 - vom 23. April 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 29. März 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die am 23. Juli 1952 gegründete erste Europäische Gemeinschaft, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), durch ein eigenes Eigenmittelsystem finanziert wurde, das auf einer Abgabe beruhte, die auf jeder produzierten Tonne Stahl erhoben wurde und von den Kohle- und Stahlunternehmen unmittelbar an den EGKS-Haushalt zu zahlen war,

B. in der Erwägung, dass nach Maßgabe der Römischen Verträge vom 25. März 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft nur für einen Übergangszeitraum durch nationale Beiträge finanziert werden sollte, dem ein Übergang zu einem System der Eigenmittel folgen sollte,

C. in der Erwägung, dass dieser Übergang schließlich am 21. und 22. April 1970 stattfand, als der Europäische Rat in Luxemburg sich auf einen Beschluss verständigte, mit dem die nationalen Beiträge eingestellt wurden und ein neues Finanzierungssystem eingeführt wurde, das auf zwei Eigenmitteln beruhte, Agrarabschöpfungen und Zölle, ergänzt um eine dritte Einnahme auf der Grundlage der Mehrwertsteuer,

D. in der Erwägung, dass alle Bemühungen des Parlaments12 zur Verwendung der derzeitigen Mehrwertsteuereinnahmen zur Festlegung der Beurteilungsgrundlage, die für die Mehrwertsteuereinnahmen gelten soll (Steuererklärungsmethode), statt der harmonisierten Grundlage, die durch die Anwendung eines gewichteten Durchschnittssatzes auf die gesamten Nettoeinnahmen (Einnahmenmethode) berechnet wird, vergeblich gewesen sind, mit dem Ergebnis, dass die Mehrwertsteuereinnahmen von echten Eigenmitteln mit starkem direktem Bezug zu den europäischen Bürgern zu einem rein statistischen Instrument für die Berechnung des Beitrags eines Mitgliedstaates geworden sind,

E. in der Erwägung, dass die Staats- und Regierungschefs am 25. und 26. Juni 1984 mit der "Vereinbarung von Fontainebleau" eindeutig festgestellt hatten, dass die Ausgabenpolitik letztlich das wesentliche Mittel zur Lösung des Problems der Haushaltsungleichgewichte ist; in der Erwägung, dass gleichzeitig jedoch der Europäische Rat den so genannten "britischen Rabatt" eingeführt hat, einen Korrekturmechanismus für das Vereinigte Königreich, dem zufolge ab 1985 das Vereinigte Königreich 66 % des Unterschieds zwischen seinem Anteil an Mehrwertsteuerzahlungen und seinem für das betreffende Jahr zugewiesenen Ausgabenanteil erhalten sollte, wobei die Kosten für diesen Rabatt von allen Mitgliedstaaten zu finanzieren sind und die Obergrenze am Beitrag Deutschlands festgelegt wird, und wodurch das Vereinigte Königreich in den Genuss eines Rabatts seiner jährlichen Beiträge zum EU-Haushalt gelangte, der sich zwischen 2001 und 2004 auf jährlich durchschnittlich 5,3 Milliarden EUR belief,

F. in der Erwägung, dass die Staats- und Regierungschefs auf demselben Gipfel ebenfalls vereinbarten, dass grundsätzlich und zu gegebener Zeit jeder Mitgliedstaat, der eine Haushaltsbelastung zu tragen hat, die im Verhältnis zu seinem relativen Wohlstand als übermäßig betrachtet wird, für die gleiche Art von Rabatt in Frage kommen kann,

G. in der Erwägung, dass der Europäische Rat vom 11. bis 13. Februar 1988 in Brüssel eine Obergrenze für den Gemeinschaftshaushalt in Höhe von 1,2 % des Bruttosozialprodukts (BSP) für Zahlungen und von 1,3 % für Mittelbindungen festlegte und bestätigte, dass die Mitgliedstaaten 10 % der Einnahmen aus den herkömmlichen Eigenmitteln zur Deckung ihrer Erhebungskosten einbehalten können,

H. in der Erwägung, dass die Eigenmittelobergrenze auf 1,24 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) der Europäischen Union für Zahlungsermächtigungen und auf 1,31 % für Verpflichtungsermächtigungen für den Zeitraum 1993-1999 für eine Europäische Union von 15 Mitgliedstaaten angehoben worden war und seit dieser Zeit trotz der Erweiterungen unverändert geblieben ist,

I. in der Erwägung, dass der Europäische Rat von Brüssel im Jahre 1988 als überaus wichtige Maßnahme eine vierte "zusätzliche" Art von Eigenmitteln auf der Grundlage des BSP einführte, die dann wirksam werden sollte, wenn der über die Mehrwertsteuer und die herkömmlichen Eigenmitteln eingenommene Betrag zur Deckung der finanziellen Verpflichtungen der Gemeinschaft nicht ausreichen würde,

J. in der Erwägung, dass diese Eigenmittel im Laufe der Zeit zu den wichtigsten Eigenmitteln des Unionshaushalts geworden sind und für das Haushaltsjahr 2007 schätzungsweise 70 % aller Einnahmen darstellen, wogegen die Mehrwertsteuereinnahmen etwa 15 % ausmachen, so dass der Anteil der herkömmlichen Eigenmittel (Zölle und Agrarabschöpfungen zusammen) auf lediglich 15 % der Einnahmen zurückgegangen ist,

K. in der Erwägung, dass der derzeit geltende Eigenmittelbeschluss vom 29. September 2000 am 1. März 2002 in Kraft getreten ist und sich im Wesentlichen durch folgende Merkmale auszeichnet: eine Eigenmittelobergrenze von 1,24 % des BNE der Europäischen Union (bzw. 1,27 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP)) für die Zahlungsermächtigungen und von 1,31 % des BNE (bzw. 1,335 % des BIP) für die Verpflichtungsermächtigungen, ein Freibetrag in Höhe von 25 % für die Mitgliedstaaten für deren Erhebungskosten in Bezug auf die herkömmlichen Eigenmittel, ein maximaler Abrufsatz für die Mehrwertsteuer-Eigenmittel in Höhe von 0,50 %, eine Begrenzung der Mehrwertsteuer-Eigenmittel-Bemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten auf 50 % ihres BSP (Kappung der Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage) und ein Rabatt für einen Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung für mehrere andere Mitgliedstaaten in Bezug auf die Finanzierung dieses Rabatts,

L. in der Erwägung, dass der von der Kommission im Jahre 2006 zuletzt vorgelegte Vorschlag auf eine Umsetzung der Beschlüsse des Europäischen Rats von Brüssel vom 15. und 16. Dezember 2005 im Bereich der Eigenmittel abzielt, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet sind, dass sogar noch zusätzliche Sonderregelungen für einzelne Nettozahler-Mitgliedstaaten hinzukommen, etwa verminderte Abrufsätze für die Mehrwertsteuer-Eigenmittel oder erhebliche Senkungen der jährlichen BNE-Beträge als Ergänzung zu den bereits bestehenden Ausnahmen, wodurch die Komplexität und Unverständlichkeit des Systems weiter verschärft werden und das kurzfristige Konzept der Haushaltsungleichgewichte weiter genährt wird,

M. in der Erwägung, dass der Europäische Rat ebenfalls seinen Beschluss aus dem Jahre 2000 zur Anhebung des Freibetrags der Mitgliedstaaten für die Kosten der Erhebung der Eigenmittel von 10 % auf 25 % erneuert hat, obwohl eindeutig feststeht, dass dieser Prozentsatz in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Erhebungskosten der Mitgliedstaaten steht, und dadurch Mitgliedstaaten begünstigt werden, die einen hohen Anteil an Zollabgaben erheben zum Nachteil derjenigen, die dies nicht tun, weshalb diese Erhebung eher als eine weitere Form des Rabatts betrachtet werden sollte,

N. in der Erwägung, dass der Kommissionsvorschlag für einen neuen Eigenmittelbeschluss zwischenzeitlich zwar vom Parlament angenommen wurde13, dennoch aber nach wie vor im Rat von Mitgliedstaaten blockiert wird, die zunächst für diesen Beschluss eintraten, sich nunmehr aber gegen seine Anwendung aussprechen,

O. in der Erwägung, dass es die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 für den Zeitraum 2008/2009 vorgesehene umfassende Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Union als eine nicht zu versäumende Gelegenheit betrachtet, um auf ein eigenes, aber gerechtes Eigenmittelsystem im Geiste der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften zurückzukommen,

P. in der Erwägung, dass seit Anfang 2006 mit den an dieser Frage interessierten nationalen Parlamenten Konsultationen stattfanden, um alles zu unternehmen, um eine gemeinsame parlamentarische Grundlage für diesen bevorstehenden Überarbeitungsprozess zu schaffen,

Q. in der Erwägung, dass diese Konsultationen bislang lediglich aus einem einfachen Austausch persönlicher Standpunkte zwischen Abgeordneten bestanden haben, da die meisten nationalen politischen Parteien und Parlamente bislang noch keine Gelegenheit hatten, einen offiziellen Standpunkt zur Frage der Eigenmittel anzunehmen,

R. in der Erwägung, dass diese Treffen jedoch die Möglichkeit boten, unter den Teilnehmern mehrere Konsensbereiche zu identifizieren und ein überwiegend einheitliches Ziel im Hinblick auf die Suche nach einer möglichen Zusammenarbeit im Bereich der künftigen Finanzierung der Europäischen Union auszumachen,

S. in der Erwägung, dass zwischenzeitlich vom Präsidenten der portugiesischen Nationalversammlung ein Vorschlag zur Ausrichtung einer Konferenz der Vorsitzenden der Haushalts- und Finanzausschüsse der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments vorgelegt wurde, die sich mit den Eigenmitteln und dem Finanzrahmen der Europäischen Union befassen sollte und im zweiten Halbjahr 2007 während des portugiesischen Ratsvorsitzes stattfinden könnte,

Mängel des derzeitigen Finanzierungssystems

Erste Phase der Reform: ein verbessertes System der nationalen Beiträge

Gleichheit zwischen den Mitgliedstaaten

Einfache Darstellung

Solidarität und gleiche Würde unter den Mitgliedstaaten

Politische Verknüpfung zwischen einer Reform der Einnahmen und einer Überprüfung der Ausgaben

Vorläufiger Übergangscharakter des Systems

Empfehlungen für ein verbessertes System der nationalen Beiträge

Die Schreyer-Vorschläge

Struktur- und Kohäsionsausgaben

Schlussfolgerung

Zweite Phase der Reform: ein neues Eigenmittelsystem

Umfassende Wahrung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten

Steuerliche Neutralität

Schrittweise Einführung des neuen Systems

Herstellung einer eindeutigen politischen Verknüpfung zwischen einer Reform der Einnahmen und einer Reform der Ausgaben

Mögliche Optionen für die Zukunft

Anhang

Vom Europäischen Rat im Dezember 2005 eingeführte Ausnahmen in Bezug auf die Einkommens- und Ausgabenseite des Haushaltsplans:

Vormerkungen für Projekte:

Vormerkungen für Regionen

Sonderfonds für Mitgliedstaaten

Sonderbedingungen

Sonderbedingungen in Rechtsgrundlagen

Sonderbedingungen zur Finanzierung des Haushalts