Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine Europäische Verbraucheragenda für mehr Vertrauen und mehr Wachstum COM (2012) 225 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 246/10 (PDF) = AE-Nr. 100286,
Drucksache 306/10 (PDF) = AE-Nr. 100375,
Drucksache 732/10 (PDF) = AE-Nr. 100871,
Drucksache 232/11 (PDF) = AE-Nr. 110287,
Drucksache 590/11 (PDF) = AE-Nr. 110741,
Drucksache 807/11 (PDF) = AE-Nr. 111037 und
Drucksache 021/12 (PDF) = AE-Nr. 120026

Europäische Kommission
Brüssel, den 22.5.2012
COM (2012) 225 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss den Ausschuss der Regionen: Eine Europäische Verbraucheragenda für mehr Vertrauen und mehr Wachstum
{SWD(2012) 132 final}

1. Die Verbraucherpolitik als wesentlicher Beitrag zu Europa 2020

Die Verbraucherausgaben machen 56 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union aus und sind von zentraler Bedeutung für das Erreichen des Europa-2020-Ziels eines intelligenten, integrativen und nachhaltigen Wachstums. Die Stimulierung der Verbrauchernachfrage kann einen großen Beitrag dazu leisten, die EU aus der Krise zu führen.

Hierzu gilt es, das Potenzial des Binnenmarkts auszuschöpfen. Aus Untersuchungen geht hervor, dass das EU-weite Online-Shopping eine bis zu 16-mal größere Produktauswahl bietet, 60 % der Verbraucherinnen und Verbraucher davon aber bisher nicht Gebrauch machen. Sie profitieren somit nicht in vollem Umfang von der Angebots- und Preisvielfalt im Binnenmarkt. Würde das Verbrauchervertrauen in das grenzübergreifende Online-Shopping durch geeignete Maßnahmen der Politik gestärkt, so könnte dies dem wirtschaftlichen Wachstum in Europa einen erheblichen Schub verleihen. Mündige und vertrauensvolle Verbraucher können die europäische Wirtschaft voranbringen.

Eine klug konzipierte und gut implementierte Verbraucherpolitik mit europäischer Dimension kann die Verbraucher in die Lage versetzen, fundierte Entscheidungen zu treffen, mit denen Wettbewerb belohnt wird, und zum Ziel eines nachhaltigen Wachstums beitragen, bei dem die Ressourcen effizient genutzt und die Bedürfnisse aller Verbraucher berücksichtigt werden.

Die vorliegende Europäische Verbraucheragenda nennt die wichtigsten Maßnahmen, die jetzt erforderlich sind, um die Verbraucherkompetenz und das Verbrauchervertrauen zu stärken. Sie beschreibt, wie die Verbraucher in den Mittelpunkt aller EU-Politiken gerückt werden und damit zum Erreichen der Europa-2020-Ziele beitragen können1. Sie baut unter anderem auf folgenden Initiativen auf und ergänzt diese: Bericht über die Unionsbürgerschaft, Binnenmarktakte, Digitale Agenda für Europa, Digitaler Binnenmarkt für elektronischen Handel und Online-Dienste, Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa2. Im Bereich Forschung und Innovation stützt sich die Agenda auf die Horizont 2020-Initiativen, mit denen zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse über das Konsumverhalten sowie über die Gesundheits-, Sicherheits- und Nachhaltigkeitskomponenten von Verbraucherentscheidungen gewonnen werden sollen3.

Verbraucherkompetenz stärken bedeutet, einen belastbaren Rahmen mit Grundsätzen und Instrumenten bereitzustellen, damit die Verbraucher in der Lage sind, eine intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaft voranzubringen. Wenn mündige Verbraucher sich auf einen solchen belastbaren Rahmen verlassen können, der ihre Sicherheit, ihre Information und Bildung, ihre Rechte sowie deren Schutz und Durchsetzung gewährleistet, sind sie auch fähig, sich aktiv am Markt zu beteiligen und dessen Vorteile zu nutzen, indem sie ihre Wahlmöglichkeiten wahrnehmen und ihre Ansprüche durchsetzen.

Im Einklang mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Artikel 12) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 38) enthält die Agenda ein systematisches Konzept für die Einbeziehung von Verbraucherinteressen in alle einschlägigen Politiken; zugleich liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Behandlung von Problemen, denen sich die heutigen Verbraucher in den Bereichen Lebensmittelkette, Energie, Verkehr sowie digitale und Finanzdienstleistungen gegenübersehen 4. Ausgehend von dem schon erreichten hohen Verbraucherschutzniveau und von den beim Aufbau eines Europäischen Rechtsraums5 bereits erzielten Fortschritten stärkt die Agenda die Rolle, die Richter, Rechtsanwälte und Durchsetzungsbehörden - auch grenzübergreifend - spielen können.

2. Ausgangspunkt sind strenge EU-Verbraucherschutzbestimmungen

Im Verlauf der letzten 50 Jahre hat die Europäische Union einen soliden Politik- und Rechtsrahmen entwickelt, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern in der EU ein hohes Schutzniveau bietet und ihnen ermöglicht, von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritten zu profitieren, die Europa und der europäische Binnenmarkt mit sich gebracht haben. Hierzu gehören umfassende Maßnahmen und Vorschriften im Bereich der Produktsicherheit, um unsichere Produkte von den Verbrauchern fernzuhalten und die hohe Qualität der europäischen Exportgüter zu fördern. Ein starkes Verbraucherrecht ermöglicht - im eigenen Land wie auch bei grenzübergreifenden Rechtsgeschäften - ein EU-weites Vorgehen gegen unlautere Geschäftspraktiken, missbräuchliche Vertragsklauseln und irreführende Werbung; zudem garantiert es den Verbrauchern die Möglichkeit, von Verträgen zurückzutreten und ihre Ansprüche auf geeignete Weise geltend zu machen. Die vor kurzem erlassene Richtlinie über die Rechte der Verbraucher hat insbesondere durch die Harmonisierung zahlreicher Bestimmungen für Online-Verträge die Rechte von Verbrauchern deutlich gestärkt. Es ist ganz wichtig, dass diese neuen Bestimmungen fristgerecht und effizient um- und durchgesetzt werden. Die Dienstleistungsrichtlinie sorgt dafür, dass Verbraucher von Unternehmern nicht aus Gründen der Nationalität oder des Wohnsitzlandes benachteiligt werden. Wettbewerbsvorschriften sind unerlässlich, damit die EU gegen Praktiken vorgehen kann - Missbrauch marktbeherrschender Stellungen, Kartelle und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen -, die Verbrauchern zum Nachteil gereichen. In einzelnen, die Verbraucher besonders interessierenden Bereichen hat die EU außerdem eine Vielzahl grundsätzlicher Rechte etabliert. Beispielsweise haben Reisende dank der EU-Vorschriften über die Rechte von Fahr- bzw. Fluggästen heutzutage Anspruch auf qualitativ hochwertige Beförderungsleistungen im Luft-, Eisenbahn-, Straßen- und Seeverkehr in der EU. Die Deckelung der Roamingtarife in der EU hat die überhöhten Kosten für Verbraucher um mehr als 70 % gesenkt, und das Telekommunikationspaket ermöglicht den unkomplizierten Wechsel des Telefonanbieters (Festnetz und Handy). Die Rechtsvorschriften zu den Lebensmittelinformationen für Verbraucher und zu den nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel gewährleisten ein hohes Maß an Verbraucherschutz und erlauben es den Verbrauchern, bewusste Entscheidungen zu treffen.

Zu den neueren Initiativen gehört das "Qualitätspaket"6 der Kommission aus dem Jahr 2010, das darauf abzielt, die Verbraucher mittels eines umfassenden Ansatzes (Zertifizierungssysteme, wertsteigernde Bezeichnungen, Vermarktungsnormen für Agrarerzeugnisse) besser über die Qualität von Lebensmitteln zu informieren. Im Juli 2011 ist eine überarbeitete Roaming- Verordnung 7 vorgelegt worden, damit Verbraucher problemlos zu einem anderen Roaming-Anbieter wechseln können. Außerdem wird darin auch für das Daten-Roaming eine Preisobergrenze festgesetzt, die zu den für andere Leistungen bereits bestehenden Obergrenzen hinzukommt. Im Oktober 2011 hat die Kommission ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht8 vorgeschlagen, um Hindernisse zu überwinden, die sich aus unterschiedlichen Vertragsrechtsordnungen ergeben: Es handelt sich um ein einheitliches und umfassendes Regelwerk für Kaufverträge und für Verträge über digitale Inhalte, für das Unternehmer und Verbraucher freiwillig optieren können. Dadurch hätten Verbraucher mehr Klarheit über ihre Rechte, (zum Beispiel) bei Internet-Bestellungen. Außerdem hätten sie Zugang zu mehr und preisgünstigeren Produkten und digitalen Inhalten in anderen Ländern. Im November 2011 sind Vorschläge zur alternativen Streitbeilegung und zur Online-Streitbeilegung9 unterbreitet worden, damit allen Verbrauchern zur Regelung von Streitigkeiten mit Unternehmern diese schnellere und kostengünstige Option zur Verfügung steht. Mit einer eigens für die Beilegung von Online-Streitigkeiten eingerichteten Plattform soll das Vertrauen der Verbraucher in grenzübergreifende elektronische Rechtsgeschäfte gestärkt werden. Der Vorschlag für ein Datenschutz-Reformpaket10, den die Kommission im Januar 2012 angenommen hat, soll den aktuellen Rechtsrahmen der EU dahingehend verbessern, dass das Recht der Verbraucher auf Datenschutz gestärkt wird, um auf diese Weise ihr Vertrauen in den digitalen Binnenmarkt und in grenzübergreifende Dienste zu steigern.

Die Überprüfung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme im Juli 2010 führte zu einer verbesserten finanziellen Ausstattung dieser Systeme und zur Aufnahme zahlreicher verbraucherfreundlicher Bestimmungen. Ebenfalls im Juli 2010 hat die Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie über Systeme für die Entschädigung der Anleger vorgeschlagen; Ziel ist ein besserer Anlegerschutz für den Fall, dass eine Firma - oft aufgrund eines betrügerischen Verhaltens - nicht in der Lage ist, den Anlegern ihre Vermögenswerte zurückzugeben.

Nicht zuletzt sollen die Kommissionsvorschläge zur Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) vom Oktober 2011 den Schutz privater Anleger verbessern; hierzu werden den Finanzinstituten Auflagen gemacht und die Wohlverhaltensregeln verschärft.

3. Aktuelle Probleme und künftige Herausforderungen

Trotz des in der EU bereits vorhandenen hohen Verbraucherschutzniveaus lassen sich die Bedingungen für die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Praxis noch verbessern. Aufgrund neuer technologischer Entwicklungen, nicht zukunftsfähiger Konsumgewohnheiten oder sozialer Ausgrenzung haben sich zahlreiche neue Herausforderungen ergeben. Diese Herausforderungen bieten zugleich neue Chancen.

3.1 Herausforderungen im Bereich der Produkt-, Dienstleistungs- und Lebensmittelsicherheit

Eines der grundlegenden Ziele der Verbraucherpolitik besteht darin zu gewährleisten, dass Produkte, Dienstleistungen und Lebensmittel sicher sind. Die Mitgliedstaaten setzen die Produktsicherheitsvorschriften jedoch unterschiedlich um, und in Zeiten knapper Kassen bei den für die Marktüberwachung zuständigen nationalen Verwaltungen bemühen sich alle an der Durchsetzung Beteiligten zurzeit, mit weniger mehr zu leisten.

Parallel dazu geht die Globalisierung der Produktionskette weiter. (Beispielsweise werden in der EU immer mehr Verbraucherprodukte gekauft, die in China hergestellt worden sind; bei Spielwaren beträgt der Anteil 85 %.) Das Aufspüren unsicherer Produkte wird dadurch zu einer gewaltigen Herausforderung.

Die Wirtschaftskrise führt dazu, dass Verbraucher und Unternehmer ihr Augenmerk vor allem auf den Preis richten, mit der möglichen Folge, dass Sicherheitsüberlegungen in den Hintergrund treten und Produktfälschungen zunehmen. Die Marktüberwachungsbehörden dürfen in ihrer Aufmerksamkeit nicht nachlassen und müssen ihre Anstrengungen verstärken; dazu ist inner- und außerhalb der EU eine Zusammenarbeit der nationalen Behörden und der Durchsetzungsstellen erforderlich.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Verbraucherdienstleistungen und der verstärkten grenzübergreifenden Inanspruchnahme einiger dieser Dienstleistungen im Binnenmarkt ist die Frage ihrer Sicherheit eingehender zu prüfen, damit die Verbraucher im gesamten Binnenmarkt in den Genuss des gleichen, hohen Sicherheitsniveaus kommen; außerdem muss der Mehrwert eines Tätigwerdens auf EU-Ebene untersucht werden.

Im Bereich der Lebensmittelsicherheit kann Europa bereits eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen, doch muss dieser Politikbereich kontinuierlich an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst werden.

3.2 Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel

- Die digitale Revolution

Das Internet hat die Art und Weise, wie Verbraucher einkaufen und Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben und verkaufen, grundlegend verändert. Es hat innovative Formen der Aufmachung, des Austauschs und der Bewertung von Informationen sowie des Informationszugriffs hervorgebracht; diese Informationen betreffen zum Beispiel Preise, technische Produkteigenschaften und Qualitätsbewertungen. Die Nutzung von Suchmaschinen, Websites für den Vergleich von Preisen und Produkten, Online-Gütezeichen/Vertrauenssiegel und Verbraucherbewertungen ist heutzutage weit verbreitet und ein immer festerer Bestandteil im Verbraucherverhalten und in Geschäftsmodellen. Der elektronische Handel kann den Verbrauchern erhebliche Vorteile bringen, da sie online mindestens doppelt so viel Auswahl haben wie "offline". Insbesondere das Cloud-Computing kann flexiblere Leistungen anbieten, die unabhängig vom Gerät oder der Plattform sind. Berechnungen zufolge beliefe sich der Gesamtgewinn für die Verbraucher, wenn der E-Commerce-Anteil am Einzelhandel bei 15 % läge und alle Schranken innerhalb des Binnenmarktes beseitigt wären, auf rund 204 Milliarden EUR (1,7 % des BIP der EU)11.

- Nachhaltiger Verbrauch

Der weltweit steigende Verbrauch hat die Umweltbelastung (Klimawandel) und den Ressourcenwettbewerb verschärft 12. Die Verbraucher sind sich zunehmend der Umweltfolgen ihres Verhaltens bewusst und sollten - durch private und öffentliche Initiativen - zur Umstellung auf ein nachhaltigeres Konsumverhalten ermuntert und dabei unterstützt werden. Sie sollten in die Lage versetzt, begleitet und ermutigt werden, nachhaltige und gesundheitsbewusste Entscheidungen zu treffen, die für sie selbst und für die Gesellschaft zu Kosteneinsparungen führen. Die Verbraucher haben das Recht, über die Umweltbilanz eines Produkts (Waren und Dienstleistungen), das sie kaufen möchten, während dessen gesamter Lebensdauer Bescheid zu wissen. Den Verbrauchern sollte dabei geholfen werden, sich für wirklich nachhaltige Produkte zu entscheiden. Erforderlich sind wirksame Instrumente, um die Verbraucher vor irreführenden und unzutreffenden umwelt- und gesundheitsbezogenen Angaben zu schützen.

Wenn Verbraucher nachhaltige Produkte nachfragen, kann dies das Wachstum und den Wettbewerb fördern; dadurch verbessern sich die Verfügbarkeit und die Bezahlbarkeit solcher Produkte, und es werden Anbieter von hochwertigen Produkten und Dienstleistungen belohnt, die weniger tiefe "Spuren" in der Umwelt hinterlassen.

- Soziale Ausgrenzung, schutzbedürftige Verbraucher und Zugänglichkeit (Barrierefreiheit)

Überall dort, wo sich die Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise bemerkbar macht, führt dies bei den Verbrauchern zu einem Vertrauensverlust und bei einigen auch zu einem sehr spürbaren Einkommensrückgang bzw. Kaufkraftverlust, wodurch das Risiko wächst, dass Menschen sozial ausgegrenzt werden und sie sich Produkte und Dienstleistungen, die zur Grundversorgung gehören, nicht mehr leisten können.

Dieses Risiko erhöht sich noch dadurch, dass unsere Bevölkerung altert, die Märkte immer komplexer werden und manche Menschen weder die Gelegenheit noch die Fähigkeit haben, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen. Zugänglichkeit (Barrierefreiheit) ist im physikalischen, digitalen und wirtschaftlichen Sinn die Voraussetzung für das Erschließen des digitalen Potenzials. Durch die gegenwärtigen Rahmenbedingungen verschlechtert sich möglicherweise auch die Lage schutzbedürftiger Verbraucher (zum Beispiel von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität), die Mühe beim Zugang zu und beim Verstehen von Informationen sowie bei der Suche nach geeigneten Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt haben.

3.3 Informationsflut - Wissensdefizit

In der heutigen, sich schnell verändernden Welt werden Verbraucher oft mit Informationen überhäuft, doch sind dies nicht unbedingt auch die Informationen, die die Verbraucher benötigen.

Angesichts der zunehmenden Komplexität der Informations- und Entscheidungsmöglichkeiten verlassen sich Verbraucher immer häufiger auf Gütesiegel oder auf Vermittler und Filter (etwa Vergleichswebsites), an deren Zuverlässigkeit und Genauigkeit jedoch gewisse Zweifel bestehen.

Bei der Verbesserung von Verbraucherinformation und -bildung spielen Verbraucherorganisationen eine zentrale Rolle, doch ist ihre Status von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. Insbesondere den auf nationaler Ebene tätigen Organisationen fehlt es häufig an Ressourcen und Fachwissen, und ihre Funktion beim Kanalisieren und Filtern von Verbraucheranliegen wird nicht immer gebührend anerkannt.

Aus einer im Jahr 2011 veröffentlichten Studie zur Verbraucherkompetenz13 geht hervor, dass jeder vierte Verbraucher kein Vertrauen hat und dass mehr als einer von dreien sich nicht informiert fühlt. Nur 2 % konnten die Frage nach ihren Widerrufsrechten, nach Garantien und nach dem Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken richtig beantworten. Dieses mangelnde Wissen reduziert die Möglichkeiten von Verbrauchern, ihre Rechte geltend zu machen.

3.4 Nicht alle Rechte werden in der Praxis vollständig respektiert

Im Jahr 2010 meinten mehr als 20 % der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher, Anlass zu einer Beschwerde über ein Produkt oder eine Dienstleistung zu haben. Schätzungen zufolge belief sich der Schaden, der ihnen dadurch insgesamt entstanden ist, auf etwa 0,4 % des BIP der EU14.

Obgleich das EU-Recht im Allgemeinen ein hohes Verbraucherschutzniveau garantiert, bleiben die Probleme von Verbrauchern noch zu oft ungelöst. Die Eurobarometer-Umfrage bei Einzelhändlern aus dem Jahr 2011 ergab, dass nur 26 % der Händler den Zeitraum kennen, in dem Verbraucher ein mangelhaftes Produkt zurückgeben dürfen.

Viele Probleme zwischen Verbrauchern und Händlern werden nur deshalb nicht aus der Welt geschafft, weil die Verbraucher nicht tätig werden. Laut Consumer Empowerment Survey nahmen nur 16 % der Verbraucher, die Probleme hatten, zwecks Lösung derselben mit Verbraucherorganisationen oder öffentlichen Stellen Verbindung auf. Meist erwägen sie keinen Gang vor Gericht, wenn ein erster Kontakt mit dem Unternehmer erfolglos war und vor allem wenn es nur um eine geringe Summe geht.

Die Durchsetzungsbehörden sehen sich derzeit zudem praktischen Problemen gegenüber (zum Beispiel Personal- und Mittelknappheit), wodurch ihre Leistungsfähigkeit gerade bei grenzübergreifenden Fällen beeinträchtigt ist15. Das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz), das im Dezember 2006 errichtet wurde, um sich mit Problemen bei grenzübergreifenden Einkäufen zu befassen, muss sein volles Potenzial noch unter Beweis stellen.

Die Rechtsschutz- und Durchsetzungsmechanismen müssen weiter verbessert werden. Wenn das Vertrauen gestärkt wird und außerdem gewährleistet ist, dass unlautere Geschäftspraktiken keinen Wettbewerbsvorteil bringen, wird sich dies auch positiv auf die Stimulierung des Wachstums auswirken.

3.5 Besondere Herausforderungen in Schlüsselbereichen

Einige Bereiche sind in wirtschaftlich schwierigen Zeiten von besonderer Bedeutung, weil sie das elementare Interesse aller Verbraucher an Produkten und Dienstleistungen berühren, die - wie z.B. Lebensmittel, Energie, Verkehr, elektronische Kommunikation und Finanzdienstleistungen - zur Grundversorgung gehören. Es gilt zu beobachten, wie sich die oben beschriebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen auf diese Bereiche auswirken.

Die EU muss sorgfältig analysieren, inwieweit die Verbraucher Finanzdienstleistungen verstehen und wie sie ihre Auswahl treffen. Während das Leben für viele Verbraucher dank der Technik (etwa durch das Online-Banking) einfacher geworden ist, erfordern einige Finanzprodukte und -dienstleistungen wegen ihrer größeren Komplexität und ihrer größeren Risiken ein höheres Maß an Transparenz und finanzieller Kompetenz. Die Tarife für grundlegende Finanzdienstleistungen sind im Allgemeinen nach wie vor undurchsichtig, und die Verbraucher schrecken immer noch davor zurück, die Bank zu wechseln, weil sie (oft zu Recht) lästigen Aufwand fürchten.

Zu häufig gelingt es Verbrauchern nicht, den vollen Nutzen aus der Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige - wie Energie, Verkehr und elektronische Kommunikation - zu ziehen, und zwar weder in puncto Preise noch in puncto Servicequalität.

Zwar hat die Liberalisierung des Verkehrssektors - zum Vorteil der immer reisefreudigeren europäischen Bürger - zu mehr Wettbewerb geführt. Dennoch ist eine bessere Durchsetzung der in EU-Rechtsvorschriften verankerten Flug- bzw. Fahrgastrechte nötig, um unlautere Praktiken und Verstöße gegen das EU-Recht zu unterbinden. Zudem erfordern die einschneidenden Veränderungen, die die digitale Revolution im Reisesektor mit sich gebracht hat, eine entsprechende Anpassung der Verbraucherrechte.

Der Strom- und der Gasmarkt für Privatkunden sind zwar unlängst liberalisiert worden, doch fallen vielen Verbrauchern Vergleiche wegen komplizierter Verfahren und/oder undurchsichtiger Marktbedingungen noch immer schwer16.

Im Bereich des Energiesparens ist kalkuliert worden, dass jeder Haushalt in der EU durch einfache Maßnahmen - Dämmung von Wänden, Anbringen von Thermostaten, Installation von Sonnenkollektoren für die Warmwasserbereitung, Einbau doppelverglaster Fenster, Austausch der alten Heizungsanlage usw. - im Durchschnitt bis zu 1 000 EUR jährlich sparen könnte17. Haushalte weisen somit ein beträchtliches Potenzial für kostengünstige Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und für eine Senkung des Energieendverbrauchs auf. Dass dieses Potenzial noch bei weitem nicht ausgeschöpft ist, liegt vor allem am unzureichenden Wissen der Verbraucher über ihren eigenen tatsächlichen Verbrauch sowie am Fehlen klarer und leicht zugänglicher Informationen über die Verbrauchserfassung und Abrechnung.

Obwohl sich die Märkte für elektronische Kommunikation gegenüber der Wirtschaftskrise als resistent erwiesen haben, nutzen die Verbraucher nicht in vollem Umfang die Vorteile, die ihnen der Wettbewerb bietet; Ursachen sind die mangelnde Transparenz der Tarife, die niedrige Servicequalität und Hindernisse beim Anbieterwechsel.

Die Umweltbelastung durch den Lebensmittelverbrauch dürfte in Zukunft weiter steigen, unter anderem wegen veränderter Ernährungsgewohnheiten und zunehmender Lebensmittelverschwendung. Die Lebensmittelverschwendung dürfte in den kommenden Jahren zunehmen 18, doch Lebensmittel verschwenden bedeutet Ressourcen und Geld verschwenden.

4. Vier zentrale 2020-Ziele erste Schritte zu ihrer Erreichung

Die oben genannten Herausforderungen verlangen nach einer langfristigen Strategie und - zum Aufgreifen zentraler Anliegen der Bürgerinnen und Bürger - nach einem Mix aus kurzfristigen Maßnahmen, um Vertrauen und Wachstum zu fördern und die Strategie Europa 2020 zu unterstützen. Bei den nachfolgend beschriebenen Maßnahmen ist selbstverständlich zu prüfen, ob sie dem Gebot der intelligenten Rechtsetzung und den übergeordneten politischen Prioritäten der Kommission entsprechen; zudem ist dafür Sorge zu tragen, dass der eventuelle Aufwand, der kleinen und mittleren Unternehmen entsteht, sorgfältig analysiert wird.

4.1. Verbrauchersicherheit erhöhen

Eines der grundlegenden Ziele der Verbraucherpolitik besteht darin zu gewährleisten, dass Produkte, Dienstleistungen und Lebensmittel sicher sind.

Aufgabe einer wirksamen Produktsicherheitspolitik ist es, ein lückenloses Sicherheitsnetz - vom Erzeuger bzw. von der Fabrik bis zur Haustür - zu schaffen. Durch die Verbesserung ihres Produktsicherheitsmanagements wird die EU in der Lage sein, den Herausforderungen im Zusammenhang mit globalen Lieferketten besser zu begegnen, effektiv zu kommunizieren und auf neu auftretende Sicherheitsrisiken schneller und wirksamer zu reagieren.

Weil Verbraucher zunehmend Dienstleistungen in anderen Ländern in Anspruch nehmen, lohnt eine weitere Prüfung der Frage, ob das Thema Verbrauchersicherheit auf EU-Ebene oder mittels nationaler Vorschriften angegangen werden sollte.

Das EU-System der amtlichen Kontrollen entlang der Lebensmittelkette sollte noch leistungsfähiger werden. Dadurch könnten die Mitgliedstaaten, die für die Durchführung solcher Kontrollen zuständig sind, den Nutzen maximieren und gleichzeitig den Aufwand für die Unternehmen minimieren.

Im Streben nach mehr Sicherheit für die Verbraucher wird die Kommission insbesondere zwei Ziele verfolgen:

Mit der im Jahr 2012 geplanten Überarbeitung des Rechtsrahmens für die Produktsicherheit wird angestrebt, dass sich die EU und ihre 500 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher auf moderne, vereinheitlichte Marktüberwachungsvorschriften verlassen können, die - dank einer verbesserten Planung, Zusammenarbeit und Prioritätensetzung sowie eines intensivierten Informationsaustauschs zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten - zu einer konsequenteren innerstaatlichen und grenzübergreifenden Durchsetzung der Regeln führen werden. Dies wird auch den Unternehmen zugute kommen, denn die Vorschriften werden einfacher und mit geringerem finanziellen Aufwand anwendbar sein. Bei der Überarbeitung des Rechtsrahmens sollen außerdem Möglichkeiten ausgelotet werden, wie sich die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Durchsetzungsbehörden auf EU-Ebene intensivieren ließe, um gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen und unlauteren Wettbewerb auszuschalten.

Besonders in Ländern, die in die EU exportieren, wird es Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen geben, um in der gesamten Lieferkette das Sicherheitsbewusstsein zu schärfen und die Bekanntheit der EU-Vorschriften zu erhöhen.

Die Kommission wird in Erwägung ziehen, in ausgewählten Bereichen - darunter solchen, die für bestimmte schutzbedürftige Verbrauchergruppen relevant sind - Initiativen betreffend die Sicherheit von Dienstleistungen zu ergreifen. Für 2012 ist die Erörterung eines Grünbuchs über die Sicherheit bestimmter Verbraucherdienstleistungen geplant und für 2013 dann die Vorlage einer überarbeiteten Empfehlung zum Brandschutz in Hotels, um dem von der Branche selbst vorgeschlagenen neuen Risikobewertungs- und Risikomanagementkonzept Rechnung zu tragen.

Die Verordnung über amtliche Kontrollen entlang der Lebensmittelkette wird 2012 überarbeitet; sie soll einfacher werden und gewährleisten, dass langfristig genügend Mittel für mehr Kontrollen bereitstehen. Darüber hinaus wird die Kommission den Rechtsrahmen in den Bereichen Tiergesundheit, Pflanzengesundheit, pflanzliches Vermehrungsgut und Lebensmittelhygiene stärken und aktualisieren; hierzu sollen insbesondere die Kohärenz verbessert und die Zuständigkeiten der Lebens- und Futtermittelunternehmer klarer definiert werden. Für die Verbraucher wird dies ein Mehr an Lebensmittelsicherheit bringen.

Auf der Grundlage von Leitlinien für die Einfuhrkontrolle in den Bereichen Produktsicherheit und Compliance19 werden die Zoll- und die Marktüberwachungsbehörden zusammenarbeiten, um die Ergebnisse der Einfuhrkontrollen bis 2014 zu verbessern, zu messen und zu bewerten.

4.2. Wissen erweitern

Mündige Verbraucher brauchen klare, zuverlässige und vergleichbare Informationen sowie die Instrumente, um diese Informationen zu verstehen.

Sowohl Verbraucher als auch Unternehmer sollten außerdem ihre im EU-Recht verankerten Rechte und Pflichten kennen, damit das gegenseitige Vertrauen wächst und beide Seiten leicht zu einer Lösung finden, wenn etwas schief läuft. Die Kommission wird hierzu mit Unternehmern und Intermediären zusammenarbeiten und sie ermuntern, - über die bloße Einhaltung der Vorschriften hinaus - Selbstregulierungsmechanismen und Initiativen im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung zu entwickeln, um auf diese Weise ihren Fokus verstärkt auf den Dienst am Kunden, einem Schlüsselfaktor im Wettbewerb, zu richten.

Eine Erweiterung des Verbraucherwissens ist besonders im Bereich der Finanzdienstleistungen wichtig; hier müssen Institutionen wie Kreditinstitute, Zentralbanken, Finanzmarktaufsichtsbehörden und Organisationen für den Schutz von Sparern und Anlegern einen aktiven Part übernehmen, um die Finanzkompetenz der Verbraucher - auch derer, die bisher nicht oder kaum am Bank- und Finanzgeschehen teilhaben - zu steigern.

Zu zentralen Verbraucherfragen werden die Mitgliedstaaten und die beteiligten Akteure Sensibilisierungskampagnen organisieren. Zudem wird es darum gehen, dass staatliche Stellen und privatwirtschaftliche Organisationen das Angebot an Verbraucherbildung EU-weit schon ab dem Kindesalter erweitern.

Den Verbraucherorganisationen kommt eine wichtige Rolle nicht nur bei der Information und Sensibilisierung der Verbraucher zu, sondern auch bei ihrer wirksamen Vertretung und Verteidigung.

In diesem Zusammenhang wird die Kommission insbesondere zwei Ziele verfolgen:

Im Rahmen des Europäischen Jahres der Bürgerinnen und Bürger wird 2013 in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten (einschließlich Unternehmen und Verbrauchervereinigungen) eine EU-weite Kampagne zur Steigerung des Wissens über Verbraucherrechte und -interessen eingeleitet werden.

Organisationen ohne Erwerbszweck, die Verbrauchern Finanzberatung anbieten, werden zwischen dem 2. Quartal 2012 und Dezember 2013 gezielte Schulungen erhalten, damit sie noch wirksamer und nachhaltiger beraten können.

Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten daran arbeiten, dass die Rolle nationaler Verbraucherorganisationen gebührend anerkannt wird, und sie durch den Aufbau von Kapazitäten und Hilfestellung für europäische Verbraucherorganisationen unterstützen.

Die Zusammenarbeit mit allen bestehenden EU-weiten Netzen, die am ehesten geeignet sind, Informationen an Verbraucher, Unternehmer und Rechtsanwälte weiterzugeben, soll intensiviert werden. Das Netz der Europäischen Verbraucherzentren soll gestärkt werden, damit Verbraucher über ihre Rechte beim Einkauf jenseits der Landesgrenzen besser informiert und bei grenzübergreifenden Streitigkeiten besser unterstützt werden. Das Enterprise Europe Network soll regelmäßiger dazu genutzt werden, die Unternehmen (auch kleine und mittlere) systematisch über verbraucherrechtliche Vorschriften zu informieren.

Die Kommission wird mit Unternehmern und Intermediären zusammenarbeiten, um Verhaltenskodizes, bewährte Vorgehensweisen oder Leitlinien für Preis-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitsvergleiche zu entwickeln.

Zudem wird die Kommission kontinuierlich die Qualität der Informationen - über die Rechte und Pflichten von Verbrauchern und Unternehmen - verbessern, die sie auf ihren eigenen Internetseiten (etwa dem Portal "Ihr Europa "20) bereitstellt; ergänzt wird dieses Informationsangebot durch spezialisierte Informations-Tools, zum Beispiel den e-YouGuide21 und den Code on EU online rights. Sie wird ferner mit Journalisten und Medien, die auf Verbraucherfragen spezialisiert sind, zusammenarbeiten, um eine wirksame Informationsverbreitung zu fördern.

Die Kommission wird darüber hinaus in Fragen der Verbraucherbildung eng mit den Mitgliedstaaten kooperieren. Sie wird im Jahr 2012 eine interaktive Plattform für den Austausch bewährter Vorgehensweisen und die Verteilung von Materialien für die Verbraucherbildung aufbauen (unter anderem zu digitaler Kompetenz, neuen Medientechnologien22 und nachhaltigem Verbrauch); Zielgruppe sind Lehrer und andere Berufsgruppen, die mit Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 befasst sind.

4.3. Umsetzung, Durchsetzung, Rechtsschutz verbessern

Wenn der Binnenmarkt weiterhin ein Erfolg sein soll, müssen die Marktteilnehmer stärker davon überzeugt werden, dass sie ihre Rechte effektiv und effizient durchsetzen können, und muss das Angebot an geeigneten Rechtsschutzmechanismen größer werden.

Nur wenn Verbraucher EU-weit zu ihrem Recht kommen und wenn seriöse Unternehmer sehen, dass unlautere Wettbewerber mit angemessenen Strafen rechnen müssen, können wir erwarten, dass der grenzübergreifende Handel in der EU auch weiterhin zunimmt. Dies gilt gerade in der heutigen Zeit, da die digitale Revolution das grenzübergreifende Einkaufen so leicht macht, zugleich aber auch unseriösen Unternehmern mehr Gelegenheit gibt, sich unlauterer Praktiken zu bedienen.

In diesem Zusammenhang wird die Kommission insbesondere zwei Ziele verfolgen:

Das CPC-Netz (Netz der nationalen Behörden, die für die Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften zuständig sind) wird seine koordinierten Aktionen, die sogenannten Sweeps, zwischen 2012 und 2014 weiterhin einmal jährlich durchführen und dabei auch künftig in vielfältiger Weise von der Kommission unterstützt werden. Bei Bedarf wird die Kommission vermehrt Vertragsverletzungsverfahren einleiten, um gegen die nicht ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts vorzugehen. Sie ist zurzeit dabei, den Regelungsbereich, die Wirksamkeit und die operationellen Verfahren der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz eingehend zu überprüfen. Ende 2014 wird sie einen Bericht darüber vorlegen, wie sich die grenzübergreifende Zusammenarbeit bei der Durchsetzung verbessern ließe, und erforderlichenfalls Änderungen der Bestimmungen vorschlagen.

Das Europäische Justizielle Netz23 soll intensiver genutzt werden, um die für Verbraucher relevanten EU-Vorschriften besser durchzusetzen: Erleichterung des Zugangs zur Justiz, Gewährleistung des reibungslosen Ablaufs von Verfahren mit grenzübergreifenden Auswirkungen, Vereinfachung der Beantragung justizieller Amtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten.

Es soll weiterhin daran gearbeitet werden, allen interessierten Richtern und Rechtsanwälten sowie Bürgern und Unternehmen die wichtigsten Unterlagen über die Umsetzung und Anwendung des Verbraucherrechts in der EU bereitzustellen. Hierzu wird im Jahr 2013 als fester Bestandteil des Europäischen Justizportals 24 eine Datenbank zum Verbraucherrecht geschaffen.

Die Erfahrungen mit der Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 25 zeigen, dass die Kommission eine größere Rolle bei der Überwachung und Koordinierung der Durchsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten übernehmen muss; dies gilt insbesondere für wiederkehrende Probleme und neue Geschäftspraktiken, etwa die Nutzung von Online-Tools für Preisvergleiche oder Kundenbewertungen. Dazu wird die Kommission die Koordinierung der Durchsetzungsmaßnahmen bei unlauteren Geschäftspraktiken intensivieren und den Leitfaden für die Anwendung der Richtlinie auf den neuesten Stand bringen.

In Schlüsselsektoren gilt es, eine wirksame Durchsetzung zu gewährleisten.

Damit die Verbraucherinformationsanforderungen im digitalen Bereich kohärent angewandt werden, wird die Kommission bis 2014 Leitlinien aufstellen, die den Durchsetzungsbehörden helfen sollen, die EU-Bestimmungen und die unlängst erlassene Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ordnungsgemäß anzuwenden. Die Kommission und die nationalen Behörden werden ihr Vorgehen miteinander abstimmen, um unlautere Praktiken in diesem Bereich zu unterbinden, etwa irreführende Werbeaussagen zur Geschwindigkeit des Breitband-Internetzugangs.

Im Energiebereich muss die vollständige Anwendung des Dritten Energiepakets und seiner detaillierten Bestimmungen über die Rechte der Verbraucher gewährleistet werden. Zudem gilt es, das volle Potenzial des Bürgerforums "Energie" auszuschöpfen.

Im Finanzdienstleistungsbereich wird die Kommission, nachdem sie im Jahr 2011 eine Empfehlung dazu abgegeben hatte26, sehr genau beobachten, wie die Mitgliedstaaten mit dem Problem des verweigerten Zugangs zu Bankkonten umgehen. Dies ist nicht nur für benachteiligte Verbraucher, die finanziell und sozial ausgegrenzt werden, ein echtes Problem, sondern auch für viele Bürger, die in ein anderes Land reisen, um dort zu wohnen, zu arbeiten oder zu studieren.

Zum Schutz der Verbraucher vor irreführenden und unzutreffenden umweltbezogenen Angaben benötigen die nationalen Durchsetzungsbehörden weitere Unterstützung, damit sie die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken27 ordnungsgemäß anwenden können. Die Kommission wird deshalb die Leitlinien über irreführende Umweltangaben überarbeiten.

Ferner wird sie Leitlinien für die einfachere und bessere Anwendung der verschiedenen Vorschriften über die Fahr- bzw. Fluggastrechte für alle Verkehrsträger verfassen.

Die Kommission wird außerdem Leitlinien für die Anwendung von Artikel 20 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie veröffentlichen; sie sollen dazu beitragen, die Zahl der Fälle zu verringern, in denen Verbraucher bei online in einem anderen Land bestellten Dienstleistungen aufgrund ihres Wohnsitzes abgewiesen oder anders behandelt werden, ohne dass dies durch objektive Kriterien gerechtfertigt wäre.

Im Bestreben, eine bessere Durchsetzung des EU-Rechts zu gewährleisten, wird die EU mit wichtigen Handelspartnern zusammenarbeiten, um die Einhaltung grundlegender Verbraucherschutzprinzipien zu fördern. Im Rahmen einer intensivierten internationalen Zusammenarbeit (insbesondere mit China) soll das Konzept "Sicherheit schon bei der Herstellung" weiterentwickelt werden, um die Einfuhr unsicherer Produkte einzudämmen. Die Zunahme der Fälle, in denen unseriöse Unternehmer von außerhalb der EU operieren, um Kontrollen zu entgehen, erfordert weltweit erhöhte Wachsamkeit. Die Kommission wird das Vorgehen daher mit den am stärksten betroffenen Drittländern und mit wichtigen internationalen Organisationen (z.B. OECD, VN und WTO) koordinieren. Besonders offensichtlich ist die Notwendigkeit einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit im digitalen Bereich und bei der Bekämpfung unerwünschter kommerzieller Kommunikation (Spam).

Was den Anspruch auf Rechtsschutz anbelangt, wird die Kommission ihre Aufmerksamkeit kurz- bis mittelfristig auf die Annahme und Anwendung ihrer unlängst unterbreiteten Vorschläge zur alternativen Streitbeilegung und zur Online-Streitbeilegung richten, damit alle Verbraucher in der EU möglichst bald Zugang zu unkomplizierten und zügigen Verfahren zur Verteidigung ihrer Rechte haben. Zugleich wird sie die ordnungsgemäße Umsetzung und Anwendung der Mediationsrichtlinie sicherstellen, die jedem Gericht das Recht gibt, die Parteien zur einer gütlichen Beilegung ihres Streits aufzufordern. Die Richtlinie gilt für grenzübergreifende Streitigkeiten, doch werden die Mitgliedstaaten ermuntert, die Mediation auch bei innerstaatlichen Streitigkeiten zu nutzen. Die Verbraucher werden einen erweiterten Zugang zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (Bagatellverfahren) erhalten, mit dem sich grenzübergreifende Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 2 000 EUR einfacher, zügiger und billiger abwickeln lassen. Hierzu wird im Jahr 2012 ein Leitfaden mit praktischen Ratschlägen für Verbraucher und Rechtsanwälte herausgegeben. Im Verlauf des Jahres 2013 beabsichtigt die Kommission, die Formulare für das Bagatellverfahren online bereitzustellen und über das Funktionieren des Verfahrens insgesamt (und dabei auch über die Notwendigkeit, den Streitwert anzuheben) zu berichten.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der im Jahr 2011 begonnenen öffentlichen Konsultation und der vom Parlament am 2. Februar 2012 angenommenen Entschließung28 wird die Kommission eine Anschlussinitiative zum EU-Rechtsrahmen für den kollektiven Rechtsschutz in Betracht ziehen.

4.4. Rechte wichtige Politiken an den wirtschaftlichen gesellschaftlichen Wandel anpassen

Auf dem heutigen, veränderten Markt ist es unerlässlich, dass die Verbraucher das nötige Vertrauen haben, sowohl herkömmliche als auch digitale Waren und Dienstleistungen online zu kaufen. Die Verbraucherschutzvorschriften sollten daher aktualisiert werden, damit sie den Erfordernissen der sich wandelnden Märkte genügen und den neuen Erkenntnissen aus der Verbraucherforschung Rechnung tragen.

Außerdem sollten die Hindernisse beseitigt werden, die Verbraucher derzeit davon abhalten, die von ihnen gewünschten digitalen Produkte und Dienstleistungen überall in der EU unkompliziert, legal und zu erschwinglichen Preisen zu erwerben.

Die kürzlich vorgelegten Vorschläge für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht und das Datenschutz-Reformpaket werden - insbesondere durch Stärkung des Vertrauens in den digitalen Binnenmarkt und in grenzübergreifende Dienstleistungen - schon einmal viele Probleme lösen, mit denen Verbraucher beim Online-Einkauf konfrontiert sind.

Darüber hinaus dürften die Vorschläge zur alternativen Streitbeilegung und zur Online-Streitbeilegung den Verbrauchern helfen, zu ihrem Recht zu kommen.

Im Jahr 2012 wird die Kommission das Europäische Parlament und den Rat bei der Suche nach einer Einigung auf all diese Vorschläge unterstützen, damit diese zügig angenommen und angewendet werden.

Es ist wichtiger denn je, Kohärenz und Synergien zwischen den EU-Politiken herzustellen bzw. zu nutzen, um die positiven Folgen dieser Politiken für die Ausgaben der Verbraucher zu verstärken; dies trifft insbesondere auf die Schlüsselbereiche Lebensmittel, Energie, Verkehr und Finanzdienstleistungen zu. Parallel dazu gilt es, nachhaltigere Verbrauchsgewohnheiten zu fördern.

Eine aktuelle Momentaufnahme der Europäischen Kommission betreffend die 20 Hauptanliegen von Verbrauchern und Unternehmen im Binnenmarkt hat ergeben, dass die Verbraucher mit ihren Energierechnungen nach wie vor unzufrieden sind, dass sie Mühe haben, ihre Rechte als Fahr- bzw. Fluggäste geltend zu machen, und dass sie sich bei Bank- und Finanzdienstleistungen nicht leicht zurechtfinden29.

Angesichts dieser wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragestellungen wird die Kommission insbesondere zwei Ziele verfolgen:

Es sollen mehrere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die größten Probleme der Online-Nutzer zu beseitigen und um zu gewährleisten, dass sie bei der Nutzung und dem Kauf digitaler Inhalte angemessen geschützt sind. Hierzu kann die Vereinheitlichung wichtiger Verbraucherinformationen (um Vergleiche zu erleichtern) ebenso gehören wie Untersuchungen, inwiefern es notwendig ist, angemessene EU-weite Rechtsmittel vorzusehen (wenn die gekauften digitalen Inhalte mangelhaft sind) und bei Bedarf digitale Gütezeichen/Vertrauenssiegel zu harmonisieren.

Die Kommission wird sich mit den anhaltenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der am Hoheitsgebiet orientierten Copyright-Verwaltung auseinandersetzen sowie mit der heutigen komplexen Abgabenregelung für Privatkopien, die sich negativ auf die EU-weite Verfügbarkeit digitaler Inhalte auswirken kann und die Entwicklung innovativer Online-Geschäftsmodelle behindert. Die Kommission wird im Jahr 2012 einen Legislativvorschlag zur kollektiven Rechtewahrnehmung (Rechteverwertung) vorlegen, und sie hat bereits einen Dialog der beteiligten Akteure - unter der Leitung eines Mediators - zum Thema Abgaben für Privatkopien und sonstige Reproduktionsformen eingeleitet. Die Ergebnisse dieses Dialogs sollen in eventuelle Legislativvorschläge auf EU-Ebene einfließen. Des Weiteren wird sich die Kommission - vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung - den besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Urheberrecht und mit der Verfügbarkeit audiovisueller Inhalte und Rundfunkdienste stellen, insbesondere um das grenzübergreifende Angebot zu stimulieren.

Im Zuge ihrer Arbeit an dem Bericht über das Funktionieren der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken wird die Kommission im Jahr 2012 prüfen, ob die bestehenden Regeln zum Schutz von Kindern vor irreführender Werbung (auch im digitalen Umfeld) konsequenter durchgesetzt werden müssen. Die Kommission wird ihr Augenmerk auch weiterhin auf die besondere Situation von Minderjährigen richten, die digitale Inhalte online kaufen oder nutzen.

Mit einem Vorschlag für einen Rechtsrahmen zur elektronischen Identifizierung,

Authentifizierung und Signatur will die Kommission im Jahr 2012 dafür sorgen, dass Verbraucher und Unternehmer mehr Vertrauen im Umgang miteinander aufbauen. Sie wird festlegen, welche Angaben zur Lokalisierung einer Website und zur juristischen Existenz des Betreibers mindestens gemacht werden müssen, um die Echtheit der betreffenden Website zu garantieren. Die Kommission wird das Verbraucherinteresse auch in ihren Vorschlägen zum Cloud-Computing umfassend berücksichtigen.

Auf der Grundlage des Feedbacks zu ihrer öffentlichen Konsultation vom Januar 2012 über ein Grünbuch zu Karten-, Internet- und Mobiltelefonzahlungen plant die Kommission die Vorlage konkreter Vorschläge im 1. Quartal 2013. Sie arbeitet ferner an einem Grünbuch zur Paketzustellung, das im 4. Quartal 2012 angenommen werden soll.

Ebenfalls im Jahr 2012 wird es eine Mitteilung zum Online-Glücksspiel geben, mit der unter anderem der Schutz von Verbrauchern und Bürgern, darunter auch von besonders schutzbedürftigen Gruppen und Minderjährigen, verbessert werden soll.

- Finanzdienstleistungen

Im Zuge ihrer Arbeiten für den Bericht über das Funktionieren der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im Jahr 2012 wird die Kommission prüfen, ob die bestehenden Regeln zur Bekämpfung unlauterer Praktiken im Finanzdienstleistungssektor - auch mit Blick auf schutzbedürftige Verbraucher - weiter verschärft oder konsequenter durchgesetzt werden müssen.

Die Kommission plant die Annahme von Legislativvorschlägen zu Standardprodukten für Privatanleger (PRIP), damit die Anleger ein kurzes, klares und verständliches Informationsdokument erhalten und ihre Anlageentscheidungen gut informiert treffen können. Sie wird auch die Richtlinie über Versicherungsvermittlung überarbeiten, die den Verkauf von Versicherungsprodukten regelt.

Die Kommission wird die Anwendung der Verbraucherkredit-Richtlinie bewerten und insbesondere prüfen, ob sie sich für die Verbraucher bewährt hat und ob bestimmte Fragen (z.B. kleinere Darlehen, spätere Kontenbelastung oder verantwortliche Kreditvergabe), deren Handhabung im Wesentlichen den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, erneut angegangen werden müssen. Dies ist gerade für schutzbedürftige Verbraucher relevant.

Auch die Überschuldung von Privathaushalten bereitet in diesem Zusammenhang Sorge. Anfang 2012 wird es eine gezielte Studie hierzu geben, um den Ist-Zustand zu ermitteln und die besten verfügbaren Vorgehensweisen zur Linderung der Auswirkungen aufzulisten.

Die Verbraucher müssen wissen, welche Gebühren sie für grundlegende Bankdienstleistungen bezahlen, und sie müssen unkompliziert die Bank wechseln können; nur dann ist der Wettbewerb im Privatkundengeschäft gewährleistet. Die Kommission wird folglich im Jahr 2012 eine Legislativinitiative vorbereiten, die Fragen rund um Bankkonten gewidmet ist und damit die grundlegenden Bedürfnisse der Verbraucher beim Umgang mit ihren Finanzen berührt.

- Lebensmittel

Nach dem Erlass der Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel30 wird die Kommission nun für die Anwendung der neuen Bestimmungen werben und die Notwendigkeit weiterer Initiativen prüfen. Dies gilt insbesondere für die Angaben zum Ursprung der Lebensmittel und für die Kennzeichnung alkoholischer Getränke.

Die bereits angelaufene Durchführung der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel31 wird gewährleisten, dass alle Angaben zu den günstigen Ernährungs- oder Gesundheitseigenschaften von Lebensmitteln wissenschaftlich fundiert sind und dass die Verbraucher nicht in die Irre geführt werden. Zugleich ist garantiert, dass Lebensmittel mit vorschriftsmäßigen nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben ungehindert zirkulieren können.

Die Kommission wird sich mit der Frage des nachhaltigen Lebensmittelverbrauchs und vor allem mit der Verschwendung von Lebensmitteln befassen. Dazu gehören Maßnahmen, mit denen verhindert werden soll, dass die Verbraucher in ihren Privathaushalten Lebensmittel wegwerfen. Damit diese Maßnahmen Wirkung zeitigen, müssen sie durch andere ergänzt werden, die auf andere Akteure der Lebensmittelkette zielen (Landwirte, Händler, Lebensmittelhersteller usw.).

- Energie

Die Kommission wird weitere Maßnahmen ergreifen, um den Wettbewerb zu erhöhen und insbesondere die Preistransparenz bei Strom und Gas zu verbessern, damit die Angebote der Energieunternehmen für die Verbraucher verständlicher werden. Wenn demnächst die Anwendung der Energieeffizienzrichtlinie beginnt, werden die Verbraucher - dank transparenterer Regeln für eine präzise Verbrauchserfassung und klarer, zeitnaher Abrechnungen auf der Grundlage des individuellen tatsächlichen Verbrauchs (für Zentralheizung, Kühlung, Warmwasser usw.) - mehr Anspruch auf Informationen haben.

Darüber hinaus plant die Kommission, das Informationsangebot darüber zu erweitern, wie Verbraucher ihren privaten Energiekonsum verbessern können; außerdem möchte die Kommission die Verbraucher dazu ermuntern, bereits vorhandene Möglichkeiten (etwa die Verfügbarkeit verbrauchsbasierter Rechnungsdaten via Mobiltelefon) und auch künftige Verfahren (z.B. intelligente Messsysteme) zu ihrem Vorteil zu nutzen. Hierzu sollen in Absprache mit Regulierungsbehörden und Interessengruppen Leitlinien zur Transparenz der Preise im Privatkunden-Energiemarkt formuliert werden.

Die Taskforce "Intelligente Netze" unter Leitung der Kommission wird weitere gezielte Maßnahmen im Zusammenhang mit intelligenten Messgeräten und mit der Nutzung von Technologie durch die Verbraucher entwickeln.

Zudem soll im Jahr 2014 die Richtlinie betreffend die Energieetikettierung überarbeitet werden. Bis dahin wird die Kommission vorschlagen, sie auch im Online-Handel anzuwenden, wodurch ihre Wirkung deutlich größer würde32.

- Reise und Verkehr

Bis Anfang 2013 wird die Kommission einen Vorschlag für eine aktualisierte Pauschalreiserichtlinie vorlegen, die den jüngsten Entwicklungen auf dem Reisemarkt Rechnung trägt. Der Vorschlag wird insbesondere berücksichtigen, dass immer mehr Reisende sogenannte dynamische bzw. flexible Reisepakete online kaufen anstatt herkömmlicher, vorab zusammengestellter Reisepakete33. Daneben sollen im Jahr 2013 die bestehenden Vorschriften über die Fluggastrechte aktualisiert werden, die die Reisenden bei Nichtbeförderung, großen Verspätungen und Flugannullierungen schützen.

Im Zusammenhang mit der urbanen Mobilität wird die Kommission im Dialog mit Interessengruppen die Vorgehensweisen ermitteln, die sich bei der Stärkung der Fahrgastrechte im öffentlichen Verkehr EU-weit besonders bewährt haben 34. Bis 2014 wird die Kommission zudem spezifische Maßnahmen vorlegen, die unter anderem dazu dienen sollen, die Verbraucher für Alternativen zum eigenen Fahrzeug zu sensibilisieren.

Im Jahr 2013 wird die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der CO₂- Kennzeichnung von Pkw vorlegen, um die Verbraucherinformation an den neuesten Stand anzupassen. Darüber hinaus wird sie Schritte unternehmen, um eine Strategie für alternative Kraftstoffe zu entwickeln, die die Verbraucher bei der Entscheidung für sauberere Kraftstoffe unterstützen soll35, und die Informationen der Verbraucher über neue Kraftstoffe im Verkehrssektor verbessern36.

- Nachhaltige Produkte

Zur Erreichung eines von nachhaltigem Konsum flankierten nachhaltigen Wachstums wird die Kommission Maßnahmen in Betracht ziehen, um Verbraucherprodukte länger haltbar zu machen, wozu auch die Unterstützung von Reparatur- und Instandhaltungsdienstleistungen gehört. Sie wird Möglichkeiten prüfen, wie sich die Verfügbarkeit und die Bezahlbarkeit nachhaltigerer Produkte durch geeignete Anreize oder freiwilliges Handeln steigern ließen.

Die Kommission wird harmonisierte Methoden zur Ermittlung der Umweltbilanz (über die gesamte Lebensdauer) von Produkten und Unternehmen entwickeln, damit den Verbrauchern zuverlässige Informationen bereitgestellt werden können.

Außerdem wird die Ökodesign-Richtlinie, in der Mindestumweltanforderungen an Produkte festgelegt werden, im Zuge des zweiten Ökodesign-Arbeitsplans schrittweise immer mehr Produkte umfassen und, wo dies angebracht ist, den Energieverbrauch und auch andere signifikante Umweltauswirkungen der Produkte einbeziehen.

5. Fazit

In dieser Europäischen Verbraucheragenda wird ein umfassender politischer Rahmen skizziert, mit dem die Verbraucherinnen und Verbraucher als Schlüssel zu mehr Wachstum in der EU in den Mittelpunkt des Binnenmarkts gestellt werden sollen. Beschrieben werden die Maßnahmen, die die aktuelle Kommission während ihrer Amtszeit zum Wohle der Verbraucher plant.

Bei allen Vorschlägen wurden der zu beobachtende Wandel bei den Verbrauchsgewohnheiten, der technologische Fortschritt und die sich rasch verändernden Märkte ebenso berücksichtigt wie die Notwendigkeit, die Kompetenz der Verbraucher zu stärken und zu gewährleisten, dass sie ihre Rechte wirksam ausüben können.

Damit die Hauptziele dieser Agenda möglichst wirksam erreicht werden und der Verwaltungsaufwand möglichst gering bleibt, muss jede politische Maßnahme auf Erkenntnissen über die Funktionsweise der Märkte und über das Verhalten der Verbraucher beruhen. Vorschlägen zur Überarbeitung bestehender EU-Vorschriften werden daher eine Bewertung der zurzeit gültigen Rechtsvorschriften und eine strenge Analyse der erwarteten Auswirkungen vorausgehen.

Die in dieser Agenda angekündigten Maßnahmen werden außerdem durch kontinuierlich aktualisierte Informationsquellen untermauert, etwa durch das Verbraucherbarometer und die Verbrauchermarkt-Rankings, mit denen die Lage der Verbraucher in den Mitgliedstaaten und der Fortschritt bei der Integration der Verbrauchermärkte ermittelt werden. Ergänzend wird es Studien zu den Ursachen von Marktstörungen sowie zum Verbraucherverhalten geben. Der Fokus auf den Verbrauchern wird sich auch in Forschungsarbeiten niederschlagen, die im Rahmen der Programme 2020 finanziert werden.

Es wird angestrebt, die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen im Voraus auf die acht spezifischen Ziele dieser Agenda hin zu testen, damit einerseits die Wirkung besser und die Akzeptanz seitens der Verbraucher größer ist und andererseits unnötiger Aufwand für Unternehmen vermieden wird.

Die in den nächsten Jahren beobachteten Trends sollen dabei helfen, eventuelle zusätzliche Maßnahmen für die Zeit nach 2014 zu ermitteln. Die Fortschritte beim Erreichen der Ziele dieser Agenda werden Gegenstand des Kommissionsberichts über die Einbeziehung der Verbraucherinteressen in die EU-Politiken sein.

Mit der vorliegenden Agenda wird versucht, durch Stärkung der Verbraucherkompetenz und durch Schaffung von politischen Synergien die doppelte Herausforderung zu bewältigen, Wachstum herbeizuführen und das Vertrauen in die europäische Wirtschaft wiederherzustellen. Damit dauerhafte Ergebnisse erzielt werden, ist ein entschlossenes Vorgehen aller an der Umsetzung dieser Verbraucheragenda Beteiligten erforderlich - auf EU-Ebene ebenso wie auf nationaler und internationaler Ebene. Nur eine intelligente und nachhaltige Verbrauchernachfrage, der ein faires Angebot gegenübersteht, wird dazu beitragen, die EU zurück auf den Wachstumspfad zu führen.