Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über künftige Schritte bei der Bewirtschaftung von Bioabfällen in der Europäischen Union KOM (2010) 235 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet


Hinweis: vgl.
Drucksache 202/97 = AE-Nr. 970831,
Drucksache 151/01 = AE-Nr. 010577,
Drucksache 010/06 (PDF) = AE-Nr. 060060,
Drucksache 004/06 (PDF) = AE-Nr. 060063 und
Drucksache 023/09 (PDF) = AE-Nr. 090006


Europäische Kommission
Brüssel, den 18.5.2010
KOM (2010) 235 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über künftige Schritte bei der Bewirtschaftung von Bioabfällen in der Europäischen Union

1. Einleitung

Bioabfall gemäß der Begriffsbestimmung in der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie1 umfasst Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem

Gaststätten- und Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben. Reststoffe aus Land- und Forstwirtschaft fallen nicht darunter und der Begriff ist nicht mit dem weiter gefassten Begriff "biologisch abbaubare Abfälle" zu verwechseln, der auch andere biologisch abbaubare Stoffe wie Holz, Papier, Pappe und Klärschlamm einschließt.

In der EU fallen jährlich zwischen 118 und 138 Mio. t Bioabfall an, von denen rund 88 Mio. t Siedlungsabfälle sind. Bis 2020 wird das Aufkommen voraussichtlich im Schnitt um 10 % ansteigen.

Derzeit wenden die Mitgliedstaaten der EU verschiedene Konzepte an2:

In der EU werden im Durchschnitt weiterhin 40 % des Bioabfalls auf Deponien abgelagert (in einigen Mitgliedstaaten bis zu 100 %). Die Deponierung birgt jedoch zum einen erhebliche Gefahren für die Umwelt (Treibhausgasemissionen, Verschmutzung von Boden und Grundwasser) und entzieht zum anderen dem Wirtschafts- und Naturkreislauf unwiederbringlich wertvolle Ressourcen (Kompost, Energie). Insofern steht sie im Widerspruch zu den Leitprinzipien der EU-Politik für Abfälle und nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung und insbesondere zur "Abfallhierarchie", die allen einzelstaatlichen Abfallstrategien zugrunde liegen sollte.

2. EU-Rechtsvorschriften mit Bezug zu Bioabfall

Die Bewirtschaftung von Bioabfall ist in verschiedenen Rechtsakten der EU geregelt. Nach der Abfallrahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten Abfallbewirtschaftungsstrategien entwickeln die die Umwelt und die menschliche Gesundheit schützen und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sind somit rechtlich verpflichtet die Behandlung von Bioabfall entsprechend ihren jeweiligen Gegebenheiten zu optimieren. Gemäß Artikel 4 ("Abfallhierarchie") ist Abfallvermeidung die beste Option, gefolgt von Wiederverwendung, Recycling und energetischer Verwertung. Die Beseitigung (Ablagerung auf Deponien, Verbrennung mit niedriger Energierückgewinnung) ist als die schlechteste Umweltoption definiert. Die Mitgliedstaaten können von dieser Hierarchie abweichen wenn dies bei bestimmten Abfallströmen durch das Lebenszykluskonzept unter Berücksichtigung der gesamten Auswirkungen dieser Abfälle gerechtfertigt ist.

Die Abfallrahmenrichtlinie fordert die Mitgliedstaaten zur getrennten Sammlung und zum Recycling von Bioabfällen auf und gestattet es, Bioabfälle bei der Berechnung der verbindlichen Recyclingziele für Siedlungsabfälle einzubeziehen. Außerdem ermöglicht die Richtlinie die Festlegung von EU-Mindestanforderungen für die Bewirtschaftung von Bioabfällen sowie von Qualitätskriterien für Kompost aus Bioabfällen, einschließlich Anforderungen an den Ursprung der Abfälle und die Behandlungsverfahren. Solche Kriterien wurden gefordert, um das Vertrauen der Nutzer zu fördern und den Markt zugunsten einer materialeffizienten Wirtschaft zu stärken.

Darüber hinaus sind in der Abfallrahmenrichtlinie Energieeffizienzwerte festgesetzt, bei deren Unterschreitung die Verbrennung von festen Siedlungsabfällen nicht als Verwertung angesehen werden kann. Damit ließe sich erreichen, dass keine Bioabfälle mit niedrigem Heizwert verbrannt werden.

Nach der Deponierichtlinie3 müssen die Mitgliedstaaten die Deponierung von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen bis 2016 auf 35 % (gegenüber 1995) verringern. Denjenigen Mitgliedstaaten, die 1995 in hohem Maße auf die Deponierung angewiesen waren, wird eine Verlängerung von vier Jahren gewährt4. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Erzeugung und Freisetzung von Treibhausgasen aus Deponien zu verringern.

Allerdings schreibt die Deponierichtlinie keine besonderen Behandlungsoptionen für den von der Deponie weg verlagerten Abfall vor. In der Praxis neigen die Mitgliedstaaten häufig zu der scheinbar einfachsten und billigsten Option und lassen dabei die tatsächlichen Umweltnutzen und -kosten außer Acht. Dies hat zu einer lang anhaltenden Debatte über die Notwendigkeit einer ergänzenden Regulierung geführt.

3. Kontext der Mitteilung

2002 wurden im Sechsten Umweltaktionsprogramm5 EU-Rechtsvorschriften für biologisch abbaubare Abfälle gefordert. 2005 wurde in der thematischen Strategie für Abfälle6 vorgeschlagen, spezifische Rechtsvorschriften für Bioabfälle durch eine Reihe von Maßnahmen zu ersetzen, die einzelne Fragen der Bewirtschaftung von Bioabfällen zum Gegenstand haben. In jüngerer Zeit wurde die Kommission mit der Abfallrahmenrichtlinie verpflichtet, die Bewirtschaftung von Bioabfällen zu bewerten, um erforderlichenfalls einen Vorschlag zu unterbreiten. Die von der Kommission vorgenommene Untersuchung ist die Grundlage dieser Mitteilung.

Als Beitrag zu ihrer Untersuchung hat die Kommission eine breit angelegte Konsultation von Interessenträgern durchgeführt und in diesem Zusammenhang ein Grünbuch vorgelegt7. Mitte März 2009 wurde eine erste Runde von Konsultationen zu dem Grünbuch abgeschlossen. Die Interessenträger wurden aufgefordert, ihre Standpunkte zu den politischen und technologischen Optionen sowie zu den erwarteten künftigen Entwicklungen bei der Bewirtschaftung von Bioabfällen darzulegen. Es gingen knapp 150 Beiträge ein, die auf einer speziellen CIRCA-Website veröffentlicht wurden8.

Am 9. und 10. Juli 2009 veranstaltete die Kommission zusammen mit drei Mitgliedstaaten eine Konferenz mit rund 200 Teilnehmern, auf der die Interessenträger weitere Bemerkungen äußern konnten9. Am 25. Juni 2009 nahm der Rat "Umwelt" seine Schlussfolgerungen zum Grünbuch der Kommission an10. Der Rat zeigte sich besorgt über das steigende Aufkommen von Bioabfällen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt, kam überein, dass eine bessere Bewirtschaftung von Bioabfällen dazu beitragen könnte, den Klimawandel zu bekämpfen, die Bodenqualität zu verbessern (Kompostierung) und die Zielvorgaben für erneuerbare Energien zu erreichen (Biogas), und forderte die Kommission auf, bei der Abwägung von Politikoptionen die lokalen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Er ersuchte die Kommission, gegebenenfalls bis 2010 einen Vorschlag für einen EU-Rechtsakt über biologisch abbaubare Abfälle auszuarbeiten. Ein Entwurf des Berichts, mit dem das Europäische Parlament auf das Grünbuch reagiert, liegt derzeit zur Beratung vor.

Im Mai/Juni und im Oktober 2009 fanden weitere Konsultationen statt, bei denen die Interessenträger die für die Untersuchung durch die Kommission ausgearbeiteten Szenarien überprüfen und kommentieren konnten. Diese Konsultationen ergaben einen breiten Konsens über die wirtschaftlichen und ökologischen Chancen einer besseren Bewirtschaftung von Bioabfällen, zeigten aber auch, dass die Ansichten über die Notwendigkeit von Rechtssetzungsinitiativen der EU weit auseinandergehen.

4. Gegenstand und Ziele

In dieser Mitteilung werden die Schritte erläutert, die die Kommission derzeit für notwendig erachtet um die Bewirtschaftung von Bioabfällen zu optimieren. Im Einzelnen enthält die Mitteilung

5. Bessere Bewirtschaftung von Bioabfällen - Ein Ungenutztes Potenzial

Die Maximierung des Recylings und der Verwertung von Bioabfällen könnte folgende Nutzen erbringen:

6. Wichtigste Ergebnisse der Untersuchung der Kommission

Die in dieser Mitteilung erörterten Politikoptionen beziehen sich auf ein Basisszenario, bei dem von der vollständigen Umsetzung der bereits in Kraft befindlichen Rechtsvorschriften (insbesondere der Deponierichtlinie) ausgegangen wird, ohne dass jedoch in den kommenden 20 Jahren weitere Initiativen getroffen werden. Die Optionen konzentrieren sich daher auf die Kosten und Nutzen zusätzlicher Maßnahmen, einschließlich einer besseren Anwendung der Abfallhierarchie der Abfallrahmenrichtlinie.

Die Untersuchung bestätigte das Bestehen signifikanter, kosteneffizienter Möglichkeiten. Es traten keine Lücken auf Ebene der EU-Politik zutage, die die Mitgliedstaaten von geeigneten Maßnahmen abhalten könnten, doch wurde deutlich, dass zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen auf EU-Ebene zusammen mit stärkeren Anreizen auf nationaler Ebene und einer ordnungsgemäßen Anwendung der Abfallhierarchie erhebliche wirtschaftliche und ökologische Vorteile für die gesamte EU erbringen würden.

Die signifikantesten Vorteile einer verbesserten Bewirtschaftung von Bioabfällen wären vermiedene Treibhausgasemissionen, aus denen gemessen an etwaigen zusätzlichen Kosten erhebliche Vorteile für die Gesellschaft erwachsen würden. Gleichzeitig würde die Erzeugung von hochwertigem Kompost und Biogas zu einer verbesserten Bodenqualität und Ressourceneffizienz sowie zu einem höheren Grad an Energieautarkie beitragen.

Eine bessere Angleichung der Bewirtschaftung von Bioabfällen an die Abfallhierarchie und andere Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie würde wirtschaftliche und finanzielle Vorteile in Höhe von 1,5 Mrd. EUR (moderate Steigerung der Recyclingraten) bis 7 Mrd. EUR (ehrgeizige Vermeidungs- und Recyclingstrategien) mit sich bringen17. Eine Kombination moderat ehrgeiziger Recycling- und Vermeidungsstrategien würde zu Einsparungen von 5,5 Mrd. EUR führen (davon 4,1 Mrd. EUR aufgrund der Vermeidung von Abfällen). Rund 34 Mio. t CO₂-Äquivalent könnten eingespart werden (80-90 % dank Vermeidung).

Außerdem könnten durch die Vermeidung von Bioabfällen stärkere Märkte für Kompost und Biogas entstehen und den Haushalten in der EU direkte finanzielle Vorteile erwachsen18.

7. Prioritäre Massnahmen zur Optimierung der Bewirtschaftung von Bioabfällen in der EU - Was sollte ergänzend zur Umsetzung der Deponierichtlinie Unternommen Werden?

Die in diesem Abschnitt beschriebenen Initiativen sollen eine optimale Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften fördern, wobei den Mitgliedstaaten ein breiter Ermessensspielraum bei der Wahl von Maßnahmen bleibt, die auf ihre jeweiligen Gegebenheiten am besten zugeschnitten sind.

7.1. Initiativen auf EU-Ebene

Wenngleich die Mitgliedstaaten bereits über eine Vielzahl von Möglichkeiten verfügen, um die Bewirtschaftung von Bioabfällen zu verbessern, werden unterstützende Initiativen auf EUEbene ausschlaggebend sein, um den Prozess zu beschleunigen und gleiche Bedingungen in der gesamten Union zu gewährleisten. Die Kommission beabsichtigt daher, folgende Schritte zu unternehmen:

7.1.1. Vermeidung von Bioabfall

Gemäß der Abfallrahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten nationale Abfallbewirtschaftungspläne im Einklang mit der Abfallhierarchie erstellen. Außerdem müssen sie bis Ende 2013 nationale Abfallvermeidungsprogramme mit Zielvorgaben erstellen, an denen die Fortschritte gemessen werden können. Als wirkungsvolle zusätzliche Maßnahme könnten nationale Zielvorgaben für die Vermeidung von Bioabfällen in diese Programme einbezogen werden.

In den allermeisten Mitgliedstaaten wurden keine deutlichen, messbaren Anstrengungen für eine stärkere Vermeidung von Bioabfällen unternommen. Dies liegt zum einen daran, dass keine klaren Orientierungen einschließlich messbarer quantitativer Ziele vorliegen, großenteils aber auch daran, dass solche Initiativen - ein heikler Punkt - als eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher negativ wahrgenommen werden.

Wegen Unsicherheiten in Bezug auf die unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten können die Auswirkungen verbindlicher Abfallvermeidungsziele der EU noch nicht bewertet werden.

Allerdings könnten im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie im Ausschussverfahren Indikatoren für Vermeidungsmaßnahmen aufgestellt werden, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Darüber hinaus könnte die Kommission weiter eine möglichst umfassende Verbreitung bewährter Praktiken fördern. Sie beabsichtigt, im Ausschussverfahren für die nationalen Abfallvermeidungsprogramme besondere Leitlinien für die Vermeidung von Bioabfall vorzuschlagen und weiter auf einen Vorschlag für einen Satz von Indikatoren hinzuarbeiten anhand deren bewertet wird, ob künftig Abfallvermeidungsziele auf EUEbene festgesetzt werden sollten. Diese Maßnahmen könnten unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips den notwendigen Anreiz für eine verstärkte Vermeidung geben.

7.1.2. Behandlung von Bioabfällen

Für Bioabfälle, die sich nicht vermeiden lassen, sollten die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Gegebenheiten (z.B. Bevölkerungsdichte, Nachfrage nach Kompost oder Energie usw.) die besten Bewirtschaftungsoptionen wählen. Mehrere Mitgliedstaaten haben die Ablagerung von Bioabfällen auf Deponien bereits drastisch verringert oder werden dies voraussichtlich tun und verstärkt auf eine biologische Behandlung zurückgreifen.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die weniger fortgeschrittenen Mitgliedstaaten ohne weitere Anreize in absehbarer Zeit wesentliche Initiativen für Kompostierung und Biogaserzeugung unternehmen werden. Vielmehr dürften sie sich weiter für die scheinbar einfachsten Optionen entscheiden und die insgesamt entstehenden Umweltnutzen und -kosten außer Acht lassen. Aus diesem Grund haben einige Mitgliedstaaten und Interessenträger weiter ein Tätigwerden der EU in diesem Bereich gefordert.

Die im Anhang enthaltene Kosten-Nutzen-Analyse lässt signifikante potenzielle Vorteile für die Gesellschaft und für die EU insgesamt erkennen. Aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen in den Mitgliedstaaten müssen jedoch - vor allem unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität - weitere Arbeiten durchgeführt werden, bevor möglicherweise ein EU-Ziel für biologische Behandlung vorgeschlagen werden kann. Die Kommission wird ihre Untersuchung fortsetzen um Klarheit zu erhalten, ob bis spätestens 2014 im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie Zielvorgaben festgesetzt werden sollten. Ein Ziel für die biologische Behandlung müsste wahrscheinlich mit einer verstärkten getrennten Sammlung einhergehen, damit eine gute Qualität des Komposts und des Gärrückstands gewährleistet ist.

Die Entscheidung über zentrale oder dezentrale Kompostierung, Energieerzeugung durch Vergärung und die verschiedenen Nutzungen der erzeugten Energie (Verkehr, Elektrizität, Wärmeerzeugung) wird von den lokalen Gegebenheiten (Energiemix, mögliche Synergien mit anderen Politikbereichen) abhängen und sollte den Mitgliedstaaten überlassen werden.

Die vorgeschlagene Richtlinie über Industrieemissionen19, die die derzeitige IVU-Richtlinie20 ersetzen soll, enthält die wesentlichen Grundsätze für die Genehmigung und Kontrolle von größeren Anlagen für die Behandlung von Bioabfällen (Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 50 t/Tag). Eine Verordnung über Bioabfälle könnte die Hygienevorschriften für die Sammlung und Behandlung von tierischen Nebenprodukten21 ergänzen, sollte diese aber unberührt lassen.

7.1.3. Schutz der Böden in der EU

Kompost und Gärrückstände aus Bioabfällen sind Materialien, die nicht in vollem Umfang genutzt werden. Sie könnten hervorragend zur Ressourceneffizienz der EU und zur Verbesserung kohlenstoffarmer Böden beitragen, doch leidet in vielen Mitgliedstaaten die Nachfrage aufgrund des fehlenden Vertrauens der Endnutzer.

Um dem entgegenzuwirken, sollte die Verwendung dieser Materialien so geregelt werden, dass keine negativen Auswirkungen auf die Böden entstehen.

Es sollten Normen für Kompost und Gärrückstände festgelegt werden, damit diese im Binnenmarkt frei zirkulieren und ohne weitere Überwachung und Kontrolle der Böden, auf denen sie ausgebracht werden, verwendet werden können. Das Verfahren betreffend das "Ende der Abfalleigenschaft" der Abfallrahmenrichtlinie könnte für die Festlegung solcher Standards am besten geeignet sein. Die Kommission wird die technische Grundlage für einen etwaigen Vorschlag prüfen22.

Es ist davon auszugehen, dass nicht alle biologisch behandelten Bioabfälle den "Produkt"-Normen entsprechen werden. Gleichwohl könnten diese Materialien zur Verbesserung kohlenstoffarmer Böden beitragen, sofern ihre sichere Anwendung gewährleistet ist. Eine vollständige EU-weite Harmonisiserung zu diesem Zweck wäre angesichts der unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten (z.B. Bodenqualität und Bedarf) nicht zweckmäßig, doch könnten EU-Mindestanforderungen als "Sicherheitsnetz" gegen eine möglicherweise zu einer Gefährdung führenden Anwendung festgelegt werden.

Die Kommission untersucht die Möglichkeit der Einführung solcher Mindestanforderungen über die Klärschlamm-Richtlinie23, die derzeit überprüft wird. Für Ende 2010 ist eine Folgenabschätzung geplant, und 2011 wird gegebenenfalls ein Vorschlag unterbreitet.

7.1.4. Forschung und Innovation

Forschung und Innovation können in neuen Technologien und Verwendungen für Bioabfälle resultieren (fortschrittliche Düngungs- und Bioenergieanwendungen, biochemische Anwendungen, Biowerkstoffe). Das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung und technologische Entwicklung (2007-2013) trägt maßgeblich zu solchen Entwicklungen bei. Das Kooperationsprogramm des Rahmenprogramms umfasst mehrere Themen, in deren Rahmen Maßnahmen zur Vermeidung von Bioabfällen und/oder zur Maximierung ihres wirtschaftlichen Werts gefördert werden.

7.1.5. Erneute Anstrengungen zur vollständigen Umsetzung des EU-Besitzstands

Wie die Fortschritte in mehreren Mitgliedstaaten belegen, sind die bestehenden Abfallvorschriften eine ausgezeichnete Grundlage für eine fortschrittliche Bewirtschaftung von Bioabfällen. Allerdings müssen die vorhandenen Instrumente unbedingt in vollem Umfang genutzt und angemessen durchgesetzt werden. Es ist nicht damit zu rechnen, dass eine zusätzliche neue Regulierung die mangelhafte Umsetzung oder zu laxe Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften ausgleichen kann. Die Kommission wird daher - parallel zur Bereitstellung von Hilfe für die Mitgliedstaaten - wesentlich stärker auf eine bessere Umsetzung der Rechtsvorschriften achten. Zu diesem Zweck arbeitet die Kommission an Leitlinien für die Anwendung des Lebenszykluskonzepts und der Lebenszyklusanalyse im Abfallsektor24.

Die wirksame Durchsetzung der Ziele der Deponierichtlinie in Bezug auf die Verlagerung von Abfällen weg von der Deponie ist in diesem Zusammenhang eine der obersten Prioritäten. Gegebenenfalls können Maßnahmen für eine verstärkte Umsetzung der Richtlinie getroffen werden, z.B. sorgfältige Überwachung der Verwirklichung der Verlagerungsziele, gründliche Analyse der Strategien der Mitgliedstaaten für die Bewirtschaftung biologisch abbaubarer Abfälle, finanzielle EU-Förderung über regionale Maßnahmen.

Außerdem evaluiert die Kommission derzeit ihre Mittel für eine bessere Überwachung und gegebenenfalls eine stärkere Unterstützung der Mitgliedstaaten, um frühzeitige Orientierungen, Ausbildungsmaßnahmen und eine stärkere Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Bei den oben beschriebenen Schritten würde weitestgehend auf die bestehenden Rechtsvorschriften unter Anwendung der bereits vereinbarten Ausschussverfahren und Überprüfungsverfahren zurückgegriffen. Indem der nötige Spielraum für nationale Maßnahmen gelassen wird, könnte so ein wesentlicher Beitrag zu einer ordnungsgemäßen Anwendung des Abfallrechts geleistet werden, um die Ressourceneffizienz der EU zu fördern.

7.2. Maßnahmen der Mitgliedstaaten

7.2.1. Abfallbewirtschaftungsplanung im Einklang mit der "Abfallhierarchie"

Unter Berücksichtigung besonderer lokaler Gegebenheiten sollten die Mitgliedstaaten zu allererst die Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie umsetzen und in den nationalen Plänen für die Bewirtschaftung von Bioabfällen auf eine ordnungsgemäße Anwendung der "Abfallhierarchie" achten. Die korrekte Anwendung dieser Vorschriften, die für die Mitgliedstaaten am 12. Dezember 2010 rechtverbindlich wird, würde wesentlich zu einer optimierten Bewirtschaftung von Bioabfällen beitragen und die Wirkung der Deponierichtlinie ergänzen.

7.2.2. Vermeidung von Bioabfällen

Entsprechend der "Abfallhierarchie" sollte die Vermeidung von Abfällen verstärkt werden, wobei die Abfallvermeidungsprogramme der Abfallrahmenrichtlinie optimal genutzt werden sollten. Hierzu gehören angemessene nationale Vermeidungsziele für Bioabfälle, um das Wirtschaftswachstum von den mit der Generierung von Bioabfällen verbundenen Umweltauswirkungen zu entkoppeln, nationale Benchmarks für Maßnahmen zur Vermeidung von Bioabfällen, Überwachung, Bewertung und periodische Berichterstattung über die erzielten Fortschritte. Die Kommission könnte Unterstützung bieten, indem sie den Rahmen für solche Tätigkeiten schafft (siehe 7.1.1.).

7.2.3. Förderung der getrennten Sammlung und biologischen Behandlung von Bioabfällen

Kompostierung und anaerobe Vergärung bieten unter ökologischem und wirtschaftlichem Gesichtspunkt die meistversprechenden Resultate für unvermeidbare Bioabfälle. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die Ausgangsstoffe für diese Verfahren von guter Qualität sind. In dem meisten Fällen ließe sich dies am besten durch getrennte Sammlung erreichen.

Die Mitgliedstaaten sollten die Einführung der getrennten Sammlung mit Nachdruck verfolgen um ein Recycling und eine anaerobe Vergärung von hoher Qualität zu ermöglichen. In Österreich, Deutschland, Luxemburg, Schweden, Belgien, den Niederlanden, Katalonien (Spanien) und einigen italienischen Regionen gibt es bereits hocheffiziente Systeme, die auf der Trennung der verschiedenen Ströme von Bioabfällen an der Quelle basieren25. Die Systeme für die getrennte Sammlung können sich u. a. je nach den Arten der gesammelten Abfälle (Lebensmittelabfälle, Gartenabfälle) und der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten erheblich voneinander unterscheiden. Ausschlaggebend für den Erfolg sind die Anpassung an die lokalen Gegebenheiten und eine benutzerfreundliche Gestaltung.

Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, die durch die Artikel 11 und 22 der Abfallrahmenrichtlinie gebotenen Möglichkeiten umfassend zu nutzen, um unter Einhaltung der Wettbewerbsregeln des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union umgehend Systeme für die getrennte Sammlung einzuführen. Die Übermittlung von Angaben zur Anwendung dieser Artikel dürfte Teil der Berichterstattungspflichten gemäß der Abfallrahmenrichtlinie werden.

7.2.4. Schutz der Böden in der EU

Die Kommission erwägt, im Rahmen der Überprüfung der Klärschlamm-Richtlinie Mindestnormen für die Verwendung von Kompost und Gärrückständen vorzuschlagen (siehe 7.1.3). Diese Regeln werden voraussichtlich den in einigen Mitgliedstaaten bereits bestehenden Vorschriften entsprechen oder weniger strikt sein als diese, so dass sich Umstellung und zusätzliche Kosten auf ein Minimum beschränken würden.

7.2.5. Kompost - ein hochwertiges Produkt für eine bessere Ressourceneffizienz

Die Mitgliedstaaten sollten die Produktion und Verwendung von Kompost aus "sauberen" (getrennt gesammelten) Bioabfällen fördern und sich proaktiv um einen umfassenden Einsatz dieses Materials durch die Endnutzer bemühen. Dies würde zu einer besseren Ressourceneffizienz führen, indem nichterneuerbare Mineraldünger teilweise ersetzt werden und die Qualität der Böden in der EU erhalten bleibt. Die Mitgliedstaaten sollten sich an der Aufstellung von Qualitätskriterien beteiligen (siehe 7.1.3) und die Anwendung dieser Kriterien fördern, um das Wachstum des Marktes zu beschleunigen.

7.2.6. Vollständige Verlagerung weg von der Deponie

In Bezug auf Abfalldeponierung sollten sich die Mitgliedstaaten darauf konzentrieren, dass die Verlagerungsziele der Deponierichtlinie und andere Vorschriften der Richtlinie, die die sichere und umweltgerechte Deponierung von stabilisierten Bioabfallresten betreffen, vollständig umgesetzt werden.

Einige Mitgliedstaaten haben bereits mit geeigneten einzelstaatlichen Initiativen eine vollständige Verlagerung unbehandelter Abfälle weg von der Deponie und eine hochwertige biologische Behandlung erreicht. Die Kommission empfiehlt allen Mitgliedstaaten dringend, im Einklang mit den Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie schnellstmöglich auf eine vollständige Verlagerung unbehandelter Bioabfälle weg von der Deponie hinzuarbeiten.

Bei den Bemühungen um eine größtmögliche Verringerung der Deponierung können alle in der Abfallhierarchie höher angesiedelten Optionen eine Rolle spielen. Eine energieeffiziente Verbrennung kann ebenfalls zu einer verbesserten allgemeinen Abfallbewirtschaftung beitragen.

Überinvestitionen in die Verbrennungskapazität sind jedoch unbedingt zu vermeiden, da sie spätere Optionen zugunsten einer verstärkten biologischen Behandlung oder einer verstärkten Abfallvermeidung einschränken könnten. In den nationalen Abfallbewirtschaftungsplänen sollte diese Frage ausdrücklich mittel- bis langfristig mitberücksichtigt werden.

7.2.7. Energieerzeugung aus Abfällen

Der Übergang zu einem weniger CO₂-intensiven Energiesektor ist eine der größten Herausforderungen für die EU. Bioabfälle können zu relativ niedrigen Kosten in Strom, Wärme oder Verkehrskraftstoffe umgewandelt werden, womit die Verwendung fossiler Brennstoffe begrenzt und die Versorgungssicherheit erhöht wird. Die Mitgliedstaaten sollten diese Möglichkeit berücksichtigen, wenn sie gemäß der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen26 Maßnahmen zur Verwirklichung ihres nationalen verbindlichen Zielwerts für erneuerbare Energien für 2020 ausarbeiten. In der Richtlinie wird den Vorteilen der Verwendung von Abfällen zur Herstellung von Verkehrskraftstoffen besonders Rechnung getragen, indem diese in Bezug auf das 10 %-Ziel für Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor doppelt gewichtet werden.

7.2.8. Bessere Umsetzung

Die Mitgliedstaaten müssen der ordnungsgemäßen Umsetzung der Rechtsinstrumente der EU, die die Bewirtschaftung von Bioabfällen betreffen, oberste Priorität einräumen. In der Abfallrahmenrichtlinie sind allgemeine Abfallbewirtschaftungsvorschriften festgelegt (z.B. Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit während der Abfallbehandlung, Priorität für Abfallvermeidung und -recycling); außerdem enthält die Richtlinie besondere Vorschriften, die Bioabfälle betreffen (Recyclingziele für Haushaltsabfälle und ähnliche Abfälle, zu denen auch Bioabfälle gehören können;

Vorschriften für die getrennte Sammlung). Zusammen mit der Deponierichtlinie bilden diese Vorschriften einen wichtigen Rechtsrahmen für Bioabfälle.

Aufgrund der in dieser Mitteilung dargestellten Fakten und entsprechend dem Grundsatz der besseren Rechtssetzung sollten die Mitgliedstaaten unbedingt alle vom geltenden EU-Recht gebotenen Möglichkeiten nutzen, um die Bewirtschaftung von Bioabfällen zu optimieren.

8. Fazit

Die Untersuchung der Kommission bestätigt, dass eine verbesserte Bewirtschaftung von Bioabfällen ein unausgeschöpftes Potenzial für erhebliche ökologische und wirtschaftliche Vorteile birgt. In dieser Mitteilung wird beschrieben, mit welchen Maßnahmen dieses Potenzial erschlossen werden kann, indem der bestehende Rechtsrahmen optimal genutzt und zugleich den Mitgliedstaaten bei der Wahl der für ihre jeweiligen Gegebenheiten am besten geeigneten Optionen ein breiter Ermessenspielraum gelassen wird.