Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes

899. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2012

A

Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Ausschuss für Kulturfragen (K)

empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Der Bundesrat begrüßt den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes, mit dem die am 9. November 2010 in Kraft getretene europäische Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere in nationales Recht umgesetzt werden soll. Das Ziel, eine konsequente Umsetzung des sogenannten 3R-Prinzips (Replacement, Reduction, Refinement) bzw. des 3V-Prinzips (Vermeidung, Verminderung, Verbesserung) bei der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken, wird von den Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland konsequent verfolgt.

Umso wichtiger ist es sicherzustellen, dass die Mensch und Tier dienende wissenschaftliche Forschung nicht mehr als zur Umsetzung dieser Ziele unabweisbar erforderlich beeinträchtigt wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 1)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie der Intention der Zweckbestimmung des § 1 Tierschutzgesetz bei der Tötung von Wirbeltieren zur Schädlingsbekämpfung Rechnung getragen und entsprechend geregelt werden kann, dass eine Tötung von Wirbeltieren zur Schädlingsbekämpfung nur zulässig ist, soweit es zur Abwehr konkreter, von den Tieren ausgehender Gefahren für bedeutende Rechtsgüter erforderlich und unter Berücksichtigung von Art und Ausmaß des drohenden Schadens verhältnismäßig ist.

Begründung:

Angesichts des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, Az.: 8 A 396/10, wonach verwilderte Stadttauben bereits dann als Schädlinge einzustufen sind, wenn sie ab einer Größenordnung von etwa zehn Tieren pro 100 Quadratmeter Grundfläche auftreten und wonach das Vorliegen rein abstrakter Gesundheitsgefährdungen als vernünftiger Grund im Sinne des § 1 Satz 2 Tierschutzgesetz die Tötung der Tiere rechtfertigt, sind die Regelungen im Tierschutzgesetz so anzupassen, dass der Intention des Tierschutzes Rechnung getragen wird. Dies ist insbesondere von Bedeutung, weil auch andere Tierarten wie z.B. Hunde, Katzen und Ziervögel der theoretischen Einstufung als Schädling unterliegen können und angesichts der Rechtsprechung auf Grund rein abstrakter Gesundheitsgefährdungen getötet werden dürften. Vor diesem Hintergrund sollte im Sinne der gesetzlichen Zielbestimmung des § 1 Tierschutzgesetz klargestellt werden, dass Tötungen von Wirbeltieren zur Schädlingsbekämpfung nur zulässig sind, wenn es kein milderes Mittel gibt, um konkrete, von den Tieren ausgehende Gefahren für bedeutende Rechtsgüter abzuwenden und wenn der drohende Schaden nach Art und Ausmaß schwerer wiegt als die Eingriffe in das Leben, das Wohlbefinden und die Unversehrtheit der Tiere.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe 0a - neu - (§ 2a Absatz 1 Nummer 6 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 1 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe 0a einzufügen:

'0a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Mehrere Zwischenfälle haben gezeigt, dass für Havarien, insbesondere hinsichtlich der raumlufttechnischen Anlagen, und Brände keine ausreichenden Notfallmaßnahmen bei der Konzipierung von Tierhaltungen eingeplant werden. Mit Hilfe der vorgeschlagenen Ermächtigung könnten entsprechende Anforderungen in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufgenommen werden.

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a1 - neu - (§ 2a Absatz 1c - neu -), Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 11)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

4.

5.

Zu Buchstabe a:

Die Ermächtigung ermöglicht die Aufnahme der notwendigen, auch für Tierhalter eindeutigen und für die Behörden vollziehbaren Verbots- bzw. Verfahrensregelungen, z.B. in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung oder in die Tierschutz-Hundeverordnung.

Damit wird auch eine eindeutige Ermächtigung für bereits bestehende Regelungen geschaffen (vgl. § 4b TierSchG i. V.m. § 5 Absatz 2 Satz 2 bis 4 der Tierschutz-Schlachtverordnung: Grundsätzliches Verbot der Anwendung elektrischer Treibgeräte mit Ausnahmen).

Zu Buchstabe b:

Die Formulierung "nicht unerhebliche" entspricht nicht der Systematik des Gesetzes (vgl. §§ 17, 18). Sie ist ohne eine eigene Definition nicht anwendbar und nicht auf die bestehenden Vollzugs- und Strafvorschriften übertragbar.

6. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2a Absatz 4 - neu -, 5 - neu -)

Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

'b) Folgende Absätze 3 bis 5 werden angefügt:

Begründung:

Tierbezogene Indikatoren erlauben eine objektive und messbare Erfassung des tatsächlichen Zustands von Tieren sowie des Managements, d.h. der Betreuung durch den Tierhalter. Tierschutzindikatoren können beispielsweise die Mortalitätsrate und Befunde der Schlachttier- und Fleischuntersuchung sein.

Ebenso sind die näheren Einzelheiten auch für das weitere Verfahren bzw. die zu treffenden Maßnahmen jeweils in einer Rechtsverordnung festzulegen; dazu bedarf es entsprechender Verordnungsermächtigung im Tierschutzgesetz.

7. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2a)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Tierschutzgesetz eine Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zu schaffen, in der die Kennzeichnung von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinsichtlich des bei der Haltung, beim Transport und beim Schlachten von Tieren eingehaltenen Tierschutzstandards geregelt wird, sowie die Bundesregierung um Vorlage eines entsprechenden Verordnungsentwurfs.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Rechtliche Vorgaben fordern weder eine Kennzeichnung des Tierschutzstandards bei Lebensmitteln noch sind diese ausdrücklich statthaft.

Der EU-Aktionsplan für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006 bis 2010 sieht u.a. die Einführung von Tierschutzindikatoren und gemeinschaftliche Kennzeichnung von Produkten vor, bei deren Herstellung strengere als Mindestnormen für den Tierschutz eingehalten werden. Der EU-Aktionsplan 2012 bis 2015 stellt unter anderem fest, dass die Verbraucher über die Produktionsmethoden und deren Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere nicht immer richtig informiert sind und Tierschutz für 64% der Bevölkerung ein wichtiges Thema ist. Ergebnisbasierte Tierschutzindikatoren werden für erforderlich gehalten und hierzu beispielhaft auf die Richtlinie 2007/43 (Masthühner) und die Verordnung 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung verwiesen. Tierschutzbezogene Angaben sollen transparent und wissenschaftlich relevant sein.

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich am 7. März 2012 für eine Kennzeichnungspflicht von Tier- und Fleischprodukten im Hinblick auf die Tierhaltung ausgesprochen und wird dem Europäischen Parlament eine dahingehende Petition zuleiten.

Angesichts des bislang ausbleibenden staatlichen Handelns wurden in der Privatwirtschaft Label entwickelt, teils in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tierschutzbund.

Es bedarf einer tragfähigen Rechtsgrundlage im nationalen Recht für eine vertrauenswürdige Kennzeichnung des Tierschutzstandards. Da lebensmittelrechtliche Bestimmungen im Wesentlichen auf die Gesundheit des Menschen abstellen, bedarf es einer tierschutzrechtlichen Rechtsgrundlage.

Da nicht absehbar ist, ob, wann und wie die EU hier tätig wird, ist eine Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Verordnung erforderlich.

8. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2a)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um Vorlage eines Verordnungsentwurfes zu § 2a Absatz 1 Nummer 5 Tierschutzgesetz, mit dem Sachkundenachweise für die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren gefordert und die im Bereich der Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ansatzweise vorhandenen Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten ergänzt werden.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren stellt hohe Anforderungen an Halterinnen und Halter hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten über Haltung, Fütterung, Verhalten, Pflege und Wohlbefinden der gehaltenen Tiere. Insoweit mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten können zu vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den gehaltenen Tieren führen.

Das in § 2 Nummer 3 Tierschutzgesetz enthaltene, an Tierhalterinnen und Tierhalter gerichtete Gebot fordert die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung eines Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Ein formaler Sachkundenachweis wird bislang indes nicht verlangt. Insoweit ist es geboten, dass von der in § 2a Absatz 1 Nummer 5 des Tierschutzgesetzes enthaltenen Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht wird.

Hierbei sind Personen, die im Rahmen einer abgeschlossenen Ausbildung - zum Beispiel solcher der Agrarberufe - die für die Haltung einer Tierart erforderlichen speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben und diese nachweisen können, vom Erbringen eines Sachkundenachweises freizustellen.

9. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2a)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um Vorlage eines Verordnungsentwurfes zu § 2a Absatz 1b Tierschutzgesetz, mit dem die Kennzeichnung

10. [und Registrierung]

von Hunden und Katzen und deren Durchführung geregelt wird.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Aufgefundene Hunde und Katzen können mangels hinreichender Kennzeichnung häufig keiner Halterin oder keinem Halter zugeordnet werden.

Auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung erlassene allgemeine Regelungen zur Kennzeichnung von Hunden und Katzen können nicht nur dem Schutz des Eigentums dienen, sondern auch zur Klärung der Rechtsverhältnisse beitragen. Weiterhin können solche Regelungen einem besseren Schutz der Tiere dienlich sein, indem Halterinnen und Halter aufgefundener Tiere schneller ausfindig gemacht und die Tiere in ihre gewohnte Umgebung zurückgeführt werden können. Eine Kennzeichnung würde es darüber hinaus erleichtern, Halterinnen und Halter zu ermitteln, die ihre Tiere ausgesetzt haben.

11. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2a)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Tierschutzgesetz eine Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zu schaffen, in der 1. für Tierbörsen und 2. für Zirkusunternehmen geregelt werden kann, welche Tiere

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Tierbörsen und Zirkusunternehmen befriedigen tatsächlich oder vermeintliche Wünsche des Publikums. In der Sache werden zahlreiche Tiere wild lebender Arten gehalten, transportiert, ausgestellt, zur Schau gestellt und abgegeben. Insbesondere bei nichtdomestizierten Tieren führt dieses ohne vernünftigen Grund zu Schmerzen, Leiden oder Schäden. Es bedarf deshalb einer klarstellenden Verordnung, mit welchen Tieren die o.g. Tätigkeiten statthaft, eingeschränkt statthaft oder verboten sind.

12. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 6)

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Bei Rodeo-Veranstaltungen und anderen Veranstaltungen mit Tieren zur Volksbelustigung kann es zu tierschutzwidrigen Handlungen kommen. Dies gilt insbesondere für Praktiken wie "Wild Horse Race" und "Bullenreiten". Auch der Einsatz von Hilfsmitteln wie Flankengurt und Sporen etwa beim "Bare Back Riding" und "Saddle Bronc Riding" und vergleichbaren Übungen ist für das Tier mit vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden und daher gesetzlich zu verbieten.

13. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 10)

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Untersuchungen bei Masttieren haben gezeigt, dass fütterungsbedingt entzündliche Veränderungen im Magen-/Darmtrakt auftreten können. Exemplarisch muss aktuellen Untersuchungen zufolge bei etwa drei von vier Mastschweinen mit entsprechenden, schmerzhaften Veränderungen gerechnet werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Fütterungsregime stehen.

Die bisherige Fassung der Nummer 10 reicht insofern nicht aus, diesen Sachverhalt im Sinne des Tierschutzes zu regeln, weil diese Fassung nur auf die Beschaffenheit des Futters selbst und nicht auf das gesamte Fütterungsregime abstellt.

14. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 12 - neu -)

In Artikel 1 ist Nummer 2 wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Folgeänderung:

Für bestehende Haltungen ist in § 21 eine Übergangsfrist von zehn Jahren vorzusehen.

Begründung:

Es besteht kein vernünftiger Grund, Pelztiere zur Pelzgewinnung zu halten und zu töten. Es gibt hinreichend preiswertere Alternativen, um sich wirksam gegen Kälte zu schützen. Dafür auf Pelze von aus diesem Grund getöteten Tieren zurückzugreifen, ist nicht mit Artikel 20a GG zu vereinbaren. Die Tötung der Tiere erfolgt nicht aus Gründen der Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse des Menschen; vielmehr werden aus den Tierpelzen Luxusgüter hergestellt, die keinen weiteren Zweck erfüllen als Kleidungsstücke aus künstlich hergestelltem Pelz.

15. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 13 - neu -)

In Artikel 1 ist Nummer 2 wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Haltung von Tieren erfordert besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Begünstigte bei einem Wettbewerb, einer Verlosung, einem Preisausschreiben oder einer ähnlichen Veranstaltung läuft Gefahr, angebrachte Überlegungen zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Haltung eines Tieres angesichts eines unerwarteten Gewinns hintanzustellen. Bei einer solchen unüberlegten Annahme eines Tieres fehlt es nicht selten an der erforderlichen Sachkunde, geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten, der notwendigen Zeit und auch den finanziellen Mitteln für die Haltung. Eine unsachgemäße Haltung und Pflege kann bei den Tieren zu vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden führen.

16. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 14 - neu -)

In Artikel 1 ist Nummer 2 wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Es ist ethisch nicht vertretbar, Tiere zu klonen. Dieses gilt auch für die Verwendung und Einfuhr von deren Nachkommen. Zum Klonen von Tieren liegt eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. September 2008 zum Klonen von Tieren vor (2009/C 295 E/12). Demnach weisen Klonverfahren niedrige Überlebensraten für übertragene Embryonen und geklonte Tiere aus und viele geklonte Tiere sterben in frühen Lebensphasen auf Grund von Herzversagen, Immunschwäche, Leberversagen, Atemproblemen oder Nieren- bzw. Muskel-Skelett-Anomalien. Abgänge und Störungen in einem späten Trächtigkeitsstadium können das Wohlergehen der Leihmütter beeinträchtigen.

Überzeugende Argumente für diese Techniken fehlen. Angesichts der bekannten nachteiligen gesundheitlichen Folgen der Hochleistungszucht stellt sich die Frage nach dem vernünftigen Grund für das Klonen verstärkt. Die Richtlinie des Rates 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere sieht im Anhang in Nummer 20 vor, dass "natürliche oder künstliche Zuchtmethoden, die den Tieren Leiden oder Schäden zufügen oder zufügen können, nicht angewendet werden dürfen."

17. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 15 - neu -)

In Artikel 1 ist Nummer 2 wie folgt zu fassen:

'2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Beim Schlachten von Tieren entstehen diesen unstreitig Schmerzen, Leiden und Schäden. Diese Schmerzen, Leiden und Schäden gilt es - nach der tierschutzrechtlichen Generalklausel - möglichst gering zu halten. Es ist deshalb angebracht und angemessen sicherzustellen, dass die o.g. lebenden Tiere zum Zwecke der Schlachtung nur an Personen abgegeben werden dürfen, die über für eine vorschriftsmäßige Schlachtung notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen bzw. nachweislich sachkundig sind. Schulungsangebote, die den Erwerb der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ermöglichen, sind vorhanden.

18. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa - neu - (§ 4 Absatz 1a Satz 1)

Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

'a) Absatz 1a wird wie folgt geändert:

Begründung:

Das Betäuben und Töten von Tieren erfordert besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Bislang ist ein Sachkundenachweis nur für das regelmäßige berufs- oder gewerbsmäßige Betäuben und Töten vorgesehen. Diese Regelung trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass zum Beispiel das Töten von Wirbeltieren im Rahmen der Schädlingsbekämpfung, das zum Beispiel regelmäßig in lebensmittelverarbeitenden Betrieben erforderlich sein kann, von betriebseigenem Personal durchgeführt werden kann und diese Personen keine Sachkunde nachweisen müssen. Entsprechende Schulungsangebote sind vorhanden.

19. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 4a Absatz 2 Nummer 2), Nummer 40a - neu - (§ 21b1 - neu -)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

" § 21b1

Von den in § 4a Absatz 2 Nummer 2 getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden." '

Begründung:

Der Vorschlag greift den Beschluss des Bundesrates vom 12. Februar 2010 (BR-Drucksache 901/09(B) HTML PDF ) auf, mit dem der Bundesrat beschlossen hat, den Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen. Der Gesetzentwurf ist bislang im Bundestag nicht beraten worden.

Zu Nummer 3a (§ 4a Absatz 2 Nummer 2):

Durch die Änderung des § 4a Absatz 2 Nummer 2 TierSchG wird dem Staatsziel Tierschutz entsprochen; gleichzeitig wird diese gesetzliche Änderung Klarheit für alle Beteiligten schaffen, da eine Orientierung an einer objektivierbaren wissenschaftlichen und ethischen Fragestellung erfolgt.

Des Weiteren wird durch die geänderte Fassung des § 4a Absatz 2 Nummer 2 TierSchG (Buchstabe a - neu -) dem Antragsteller die Beweislast für den Ausnahmetatbestand auferlegt, wie dies für die Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen üblich ist. Die Behörde muss also auf Grund der vom Antragsteller vorzulegenden Nachweise die volle Überzeugung gewonnen haben, dass die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Mit dieser Klarstellung wird die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Januar 2002 gemachte Vorgabe unter Beachtung der durch Artikel 20a des Grundgesetzes veränderten Verfassungslage umgesetzt. Das in dem Vorschlag formulierte Nachweiserfordernis wird durch die Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 24.11.2004: 'Es kann nicht ausreichen, dass der Antragsteller "plausibel behauptet", sein Glaube verpflichte ihn, zu schächten. Es ist vielmehr unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als erforderlich anzusehen, dass der jeweilige Antragsteller nachweist, dass das Gebot nur des Verzehrs von Fleisch geschächteter Tiere für ihn religiös bindend ist') und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.11.2006) zu dem Thema gestützt.

Neu ist dabei, die behördliche Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auch davon abhängig zu machen, dass nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sicher ist, dass den Tieren dadurch keine größeren Schmerzen oder Leiden zugefügt werden als bei vorheriger Betäubung (Buchstabe b - neu -).

Die Erheblichkeitsschwelle für Leid und Schmerzen kann nur objektiv, das heißt anhand fachwissenschaftlicher Maßstäbe beurteilt werden. Es ist davon auszugehen, dass durch die Anlegung dieser Maßstäbe namentlich für bestimmte (großrahmige) Rinderrassen eine deutliche Veränderung der Genehmigungspraxis verbunden sein wird, während andererseits etwa bei Schafen hinsichtlich der Auswirkungen im Einzelnen offenbar noch Forschungsbedarf gesehen wird. Auch die damit verbundene prognostische Unsicherheit stellt eine Beurteilung der Regelung als zumutbare Einschränkung der Religionsfreiheit nicht in Frage. Denn selbst wenn sich künftig durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse ergeben sollte, dass nur bei kleinen Tieren und in engen Grenzen eine Vermeidung zusätzlicher erheblicher Schmerzen und Leiden möglich ist, eröffnen jedenfalls die Methoden der so genannten reversiblen Elektrokurzzeitbetäubungen, wie sie anscheinend in anderen Ländern bereits umfänglich praktiziert (und von den betroffenen Kreisen auch akzeptiert) werden, breite und hinreichende Möglichkeiten einer Schächtung ohne zusätzliche Beeinträchtigung im Vergleich zu im Übrigen praktizierten Schlachtmethoden. In jedem Falle und also auch angesichts weiter fortschreitender Erkenntnis über das Ausmaß von Leid und Schmerz bei der Schächtung verschiedener Tierarten bleibt daher die Möglichkeit des Schächtens von Tieren aus religiösen Gründen erhalten.

Zu Nummer 40a (§ 21b1 - neu -)

Die im § 4a Absatz 2 Nummer 2 getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens müssen bundeseinheitlich gelten. Insoweit werden Änderungsbefugnisse der Länder nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen.

Die Regelungen stellen an sich zwar materiellrechtliche Regeln für das Erlangen der Ausnahmegenehmigung auf, darüber hinaus wird aber auch das "Wie" des Verwaltungshandelns bestimmt (Doppelgesichtigkeit einer Norm). Eine Verfahrensregelung ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn eine hinreichend konkrete Festlegung des Verwaltungshandelns bewirkt wird (BVerfGE 55, 274 (322)). Vorliegend handelt es sich bei § 4a Absatz 2 Nummer 2 des Tierschutzgesetzes insoweit auch um eine Regelung des Verwaltungsverfahrens, als dass neben der Aufstellung des Nachweiserfordernisses auch geregelt wird, wie die Behörde mit dem vorgelegten Nachweis umzugehen hat, indem der Untersuchungsgrundsatz beschränkt wird und eine Beweislastverteilung für den Fall des nicht erfolgreichen Nachweises aufgestellt wird.

Das besondere Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Regelung im Sinne des Artikels 84 Absatz 1 Satz 5 des Grundgesetzes besteht, um dem hohen Gewicht des Staatsziels Tierschutz Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass das häufig auch bundesweit vertriebene Fleisch geschächteter Tiere auch nach bundeseinheitlichen Standards erzeugt wird. Damit wird zudem ein einheitliches Tierschutzniveau gewährleistet.

20. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 5), Nummer 6 (§ 6)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen und dem Bundesrat darüber zu berichten, wie die Ausnahmen vom Betäubungsgebot des § 5 Tierschutzgesetz und die Ausnahmen von den Verboten des § 6 Tierschutzgesetz weiter eingeschränkt werden können.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige Entnehmen oder Zerstören von Organen und Geweben eines Wirbeltieres ist mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden. Zahlreiche zulässige Eingriffe sind darüber hinaus vom Betäubungsgebot des § 5 Tierschutzgesetz freigestellt. Dieses mag zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmungen dem Stand der Wissenschaft geschuldet gewesen sein. Es ist jedoch an der Zeit, bestehende Praktiken im Lichte aktueller Erkenntnisse und im Hinblick auf die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz kritisch zu betrachten und zu prüfen, ob, wie und ab wann auf bestimmte Eingriffe verzichtet werden kann und welche Eingriffe nur unter Betäubung durchgeführt werden dürfen.

21. Zu Artikel 1 Nummer 5, 6 (§ 5 Absatz 3 Nummer 7, § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Vorschriften des § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 i.V.m. § 5 Absatz 3 Nummer 7 zur Kennzeichnung von Tieren so zu ändern, dass

Begründung:

Der Vorschlag berücksichtigt Erfahrungen aus dem Vollzug und insbesondere auch andere Rechtsvorschriften, die Bezug zu den genannten Regelungen haben: Tiergesundheitsrecht (Tierseuchenrecht, Viehverkehrsverordnung; Regelungen zum Reiseverkehr mit Heimtieren), Artenschutzrecht, Regelungen zur Gefahrenabwehr bei Hunden.

Ziel der Änderung ist eine fachlich korrekte, praxisgerechte und übersichtliche Regelung der Anforderungen an die Kennzeichnung von Tieren.

Der problematische Bezug zum Amputationsverbot in § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ist zu korrigieren, da diese Verbindung dazu führt, dass bislang alle nicht konkret in § 5 Absatz 3 Nummer 7 genannten Kenzeichnungsmethoden faktisch verboten sind. Zumindest bei einigen Kennzeichnungsmethoden steht außerdem in Frage, ob diese überhaupt als Eingriffe im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 (= "Amputationen") einzustufen sind.

Abgesehen von diesem Verbot anderer Methoden ist es auch nicht sachgerecht, alle in § 5 Absatz 3 Nummer 7 nicht genannten Methoden generell dem Betäubungsgebot des § 5 zu unterstellen.

Die abschließende Aufzählung des § 5 Absatz 3 Nummer 7 enthält z.B. nach wie vor nicht den Transponder als Kennzeichnungsmethode für Hunde sowie auch für Katzen und Frettchen, obwohl diese Methode inzwischen Standard und in anderen Rechtsvorgaben vorgeschrieben ist.

Auch Kennzeichnungsmethoden, die z.B. bei Versuchstieren oder nach Artenschutzrecht bei geschützten Wildtieren angewandt werden, sind nicht erfasst.

Auf Grund dieser Sachverhalte, z.B. aber auch auf Grund der derzeitigen Überlegungen zu Kennzeichnungspflichten für Hunde und Freigängerkatzen, bietet sich auch die Aufnahme einer Ermächtigung zur Regelung konkreter Kennzeichnungsmethoden in geeigneten Verordnungen sowie insbesondere eine Bezugnahme auf bestehende rechtliche Regelungen zur Kennzeichnung von Tieren an.

22. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 6)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung,

23.

Begründung:

Zu Buchstaben a und b:

Bei den genannten Eingriffen handelt es sich um Maßnahmen, die überwiegend der Anpassung von Tieren an Haltungsbedingungen dienen. Ein Verzicht auf diese Eingriffe wird nur möglich, wenn zusätzlich die Haltungsbedingungen weiterentwickelt und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entsprechend angepasst wird. Im Sinne eines effektiven Verwaltungshandelns ist ein Erlaubnisvorbehalt für bestimmte Eingriffe nicht zielführend, es bedarf einer umfassenden Betrachtung, die nicht im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens bearbeitet werden kann.

Zu Buchstabe c:

Hinsichtlich der Ferkelkastration sind weitere Prüfungen erforderlich, um ggf. auch nach 2017 den Eingriff vornehmen zu dürfen.

24. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (§ 5 Absatz 3 Nummer 1a), Nummer 39 (§ 21 Absatz 1)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für ein zeitgleiches und EU-weites Verbot der betäubungslosen Kastration einzusetzen.

Begründung:

Ein nationales Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration würde zu nicht akzeptablen Wettbewerbsverzerrungen und einer stärkeren Verlagerung der Ferkelproduktion in solche Mitgliedstaaten führen, in denen die betäubungslose Kastration weiterhin möglich ist. Zudem kann das Verbot nicht die Vermarktung betäubungslos kastrierter Ferkel bzw. von Fleisch solcher Tiere aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland verhindern. Damit wäre weder dem Tierschutz noch den wachsenden Ansprüchen der Verbraucher an eine tiergerechte Schweinefleischerzeugung gedient.

25. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 TierSchG-E nach den Wörtern "oder Zellen zu untersuchen" die Wörter "oder den Genotyp eines Versuchstieres zu bestimmen" eingefügt werden können.

Begründung:

§ 6 Absatz 1 Satz 1 des geltenden und auch des künftigen Tierschutzgesetzes verbietet u.a. das teilweise Entnehmen von Geweben eines Wirbeltieres. Teilweise wird unter diese Verbotsnorm auch das Entnehmen einer Gewebeprobe, z.B. aus der Schwanz- oder Ohrenspitze einer Maus, zur Genotypisierung eines Versuchstieres subsumiert. Da diese Gewebeentnahmen keinerlei Eingriffsqualität haben, lediglich der Identifizierung eines Tieres dienen und wissenschaftlich unabdingbar sind, soll klargestellt werden, dass sie von dem Verbot nicht betroffen sind.

26. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe c - neu -, d - neu - (§ 6 Absatz 3 Satz 3 - neu - Absatz 5), Nummer 29 Buchstabe a (§ 16a Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 - neu -)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nach der bisherigen Regelung war nicht eindeutig festgelegt, dass auch derjenige, der Tiere hält, an denen abweichend vom Amputationsverbot Eingriffe nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder Absatz 3 vorgenommen wurden, die Unerlässlichkeit des Eingriffs für die Haltung glaubhaft darzulegen hat. Die Vornahme des Eingriffs, z.B. das Schnabelkürzen bei Legehennen oder das Schwanzkupieren bei Ferkeln, erfolgt jeweils in der Kükenaufzucht bzw. im Sauenbetrieb. Die Betriebe geben die Tiere, an denen Amputationen vorgenommen wurden, an andere Halter ab, deren Haltungsbedingungen maßgeblich zu dem Auftreten von Verhaltensstörungen, z.B. Kannibalismus, beitragen können. Auf die Haltungsbedingungen ihrer Abnehmer haben jedoch die den Eingriff durchführenden Betriebe keinen Einfluss.

Als Konsequenz hieraus muss auch der Legehennen- bzw. Mastschweinehalter in die Pflicht genommen werden, um Haltungsbedingungen zu schaffen, die geeignet sind, bekannte haltungsbedingte Ursachen für das Auftreten von Verhaltensstörungen, etwa den Kannibalismus, belegbar auszuschließen bzw. zu minimieren.

Die glaubhafte Darlegung erfordert mindestens die Beibringung tierärztlicher Befunde über aufgetretene Verletzungen und sonstige Schäden an anderen Tieren, die auch bei Einhaltung von über die Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung hinausgehenden Haltungsbedingungen und sonstiger Maßnahmen der guten landwirtschaftlichen Praxis nicht vermieden werden konnten.

27. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 6)

Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass nach nationalem Recht tierschutzwidrig amputierte Wirbeltiere (z.B. Hunde mit kupierten Ohren, Nutzgeflügel mit gekürzter Schnabelspitze oder Schweine mit gekürztem Schwanz, ohne dass die Unerlässlichkeit dargelegt werden kann) weder aus anderen Mitgliedstaaten verbracht oder aus Drittländern eingeführt noch im Geltungsbereich des Tierschutzgesetzes gehalten werden dürfen.

Nach geltendem Recht ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen eines Wirbeltieres grundsätzlich verboten. Zum Erreichen eines einheitlichen Tierschutzes bedarf es einer Rechtsänderung im vorgenannten Sinn. Dies dient auch gleichen Wettbewerbsbedingungen in der Nutztierhaltung.

28. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a (§ 7a Absatz 1 Satz 3 - neu -, 4 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a sind dem § 7a Absatz 1 folgende Sätze anzufügen:

"Sie dürfen nur vorgenommen werden, soweit ihr Zweck nicht auf andere Weise, insbesondere durch filmische Darstellungen, erreicht werden kann. Der zuständigen Behörde ist zu begründen, warum der Zweck der Eingriffe oder Behandlungen nicht auf andere Weise erreicht werden kann."

Begründung:

Die eingefügten Sätze entsprechen dem bisherigen Wortlaut des § 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 Tierschutzgesetz und dienen der Klarstellung, dass Tierversuche in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung, wo immer dies möglich ist, durch filmische Darstellungen, Computersimulationen, Modelle oder Ähnliches ersetzt werden.

Zugleich wird auch dem Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2010/63/EU Rechnung getragen, wonach die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass wo immer dies möglich ist, anstelle eines Verfahrens eine wissenschaftlich zufrieden stellende Methode oder Versuchsstrategie angewendet wird, bei der keine lebenden Tiere verwendet werden.

29. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe b (§ 7a Absatz 3)

Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

'b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Versuche an Wirbeltieren, die zu länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen oder Leiden führen, dürfen nur durchgeführt werden, wenn die angestrebten Ergebnisse vermuten lassen, dass sie für wesentliche Bedürfnisse von Mensch oder Tier einschließlich der Lösung wissenschaftlicher Probleme von hervorragender Bedeutung sein werden." '

Folgeänderungen:

Artikel 1 Nummer 9 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Klarstellung, dass eine Verschlechterung des Schutzniveaus nicht gewollt sein kann. Der faktische Wegfall des Satzes 2 in § 7 Absatz 3 des geltenden Tierschutzgesetzes stellt eine Verschlechterung gegenüber dem geltenden Recht dar. § 7 Absatz 3 Satz 1 des geltenden Tierschutzgesetzes lässt Tierversuche nur zu, wenn die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind und konkretisiert dies in Satz 2 der Regelung. Dort wird ausgeführt, unter welchen strengen Anforderungen Tierversuche trotz länger anhaltender oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden durchgeführt werden dürfen.

Während die Regelung des § 7 Absatz 3 Satz 1 des geltenden Tierschutzgesetzes in § 7a Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzentwurfs getroffen wurde, ist die Regelung des § 7 Absatz 3 Satz 2 des geltenden Tierschutzgesetzes entfallen. So fordert § 7a Absatz 2 des Gesetzentwurfs die ethische Vertretbarkeit als zu beachtenden Grundsatz bei der Prüfung auf Unerlässlichkeit, stellt aber nicht - wie das geltende Tierschutzgesetz - darauf ab, dass für das Zufügen länger anhaltender oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden besonders hohe Maßstäbe anzulegen sind. Diese Formulierung zu streichen kann dem Tierschutz jedoch nicht dienlich sein.

30. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe d (§ 7a Absatz 7 - neu -)

Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe d ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Entwicklung, Validierung und der Einsatz von Alternativen zum Tierversuch sind unverzichtbar, um Zahl und Belastung von Versuchstieren einzuschränken. Es bedarf nicht nur einer Willensbekundung, sondern auch konkret nachweisbaren Handelns, um der Forderung und dem Anspruch genüge zu leisten. In einer Verordnung können beispielsweise Pflichten der Tierschutzbeauftragten, Beiräte und sonstiger Personen präzisiert werden.

31. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 7), Nummer 9 (§ 7a)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Hinblick auf die §§ 7 und 7a TierSchG-E klarzustellen, dass alle in Artikel 5 der Richtlinie 2010/63/EU genannten Zwecke der Forschung und Ausbildung auch unter der Geltung des zukünftigen Tierschutzgesetzes Tierversuche legitimieren.

Begründung:

Der Wegfall einzelner Zwecke wie die Verhütung oder Behandlung von Krankheiten oder Anomalien von Pflanzen darf nicht zu dem Missverständnis führen, die Wissenschaft in Deutschland werde mehr beschränkt als durch die EU-Richtlinie, die EU-weit gleiche Rahmenbedingungen schaffen will, geboten ist.

32. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8 Absatz 5)

In Artikel 1 Nummer 10 sind in § 8 Absatz 5 nach den Wörtern "zuständige Behörde" die Wörter "oder einer von ihr beauftragten Stelle" einzufügen.

Begründung:

Die gemäß Artikel 39 der neuen EU-Tierversuchsrichtlinie (2010/63/EU) durchzuführende rückblickende Bewertung belastender Experimente und insbesondere die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse (Artikel 43 Absatz 2) hat das Ziel, mehr Transparenz in die in der EU durchgeführten Tierversuche zu bringen und ist somit eine zentrale tierschutzpolitische Maßnahme. Die Möglichkeit, diese rückblickende Bewertung nicht nur von der zuständigen Behörde, sondern optional von einer eigens hierzu beauftragten Stelle vornehmen zu lassen, eröffnet den Ländern mehr Spielraum, den Tierschutz stärker in diese Maßnahme einzubeziehen. Hierdurch würde auch die Möglichkeit eröffnet, analog zur Projektbeurteilung gemäß Artikel 38 Absatz 3, auf entsprechendes Fachwissen zurückzugreifen. Die damit verbundene Stärkung des Tierschutzes ist vor allem bei stark belastenden Tierversuchen sowie bei Versuchen mit hochentwickelten Wirbeltieren (Primaten) von Bedeutung.

Die Option, für eine bestimmte Aufgabe anstelle einer zuständigen Behörde alternativ einen Dritten zu beauftragen, findet sich bereits im Tiergesundheitsbereich; sie hat sich dort sehr bewährt.

33. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8 Absatz 5 Satz 2 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 10 ist dem § 8 Absatz 5 folgender Satz 2 anzufügen:

"Es kann dabei vorsehen, dass die rückblickende Bewertung zur Aktualisierung der Zusammenfassungen nach Absatz 6 verwendet und diese aktualisierte Zusammenfassung veröffentlicht wird."

Begründung:

Nach Artikel 43 Absatz 2 und 3 der EU-Tierversuchsrichtlinie (2010/63/EU) können die Mitgliedstaaten regeln, dass die Zusammenfassungen zu genehmigten Tierversuchsvorhaben durch Angaben der rückblickenden Bewertung aktualisiert und mit diesen Aktualisierungen veröffentlicht werden. Die rückblickende Bewertung belastender Experimente sowie von Tierversuchen mit Primaten und insbesondere die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse erhöht die von der Öffentlichkeit seit langem eingeforderte Transparenz der unter Verwendung von Tieren durchgeführten Forschung. Die Veröffentlichung der durch die rückblickende Bewertung aktualisierten Zusammenfassungen von Tierversuchsvorhaben bietet die Möglichkeit zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit und ethischen Vertretbarkeit von besonders belastenden Tierversuchen. Der Zugang zu den Informationen aus den rückblickenden Bewertungen von Tierexperimenten schafft eine weitere Voraussetzung dafür, dass die genehmigenden Behörden und die Tierversuchskommissionen die Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit von neu beantragten Tierversuchen prospektiv fundiert und basierend auf empirischen Erkenntnissen bewerten können. Die Verwendung der Ergebnisse aus den rückblickenden Bewertungen, die in wesentlichen Teilen nicht Gegenstand wissenschaftlicher Publikationen sind, durch die Genehmigungsbehörden und die sie beratenden Kommissionen bei der Beurteilung beantragter Versuchsvorhaben kann somit als ein wesentliches Element zur Leidensminimierung und der Vermeidung von unnötigen Doppelversuchen angesehen werden.

34. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8 Absatz 6)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die in § 8 Absatz 6 TierSchG-E vorgesehene Verordnungsermächtigung um das Ziel "Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und vertraulicher Informationen" zu ergänzen.

Begründung:

Dies entspricht Artikel 43 der Richtlinie 2010/63/EU.

35. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8), Nummer 10a - neu - (§ 8a), Nummer 26 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 15 Absatz 1 Satz 2), Buchstabe c (§ 15 Absatz 4), Nummer 34 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe bbb (§ 18 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Im Bundesratsbeschluss zur Versuchstierrichtlinie (BR-Drucksache 873/08(B) HTML PDF ) wurde der Erhalt der Anzeigeverfahren für die Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken in der bisherigen Form eingefordert. Diese Forderung wurde aber in der Richtlinie 2010/63/EU nicht umgesetzt. Die Beibehaltung der bisherigen Anzeigeverfahren ist damit faktisch nicht möglich.

Das fakultativ mögliche "Vereinfachte Verwaltungsverfahren" des Artikels 42 der Richtlinie 2010/63/EU entspricht nicht den bisherigen Anzeigeverfahren. Es bietet keine wesentlichen Vorteile im Vergleich zum Genehmigungsverfahren. Die wenigen Fälle außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie (insbesondere Versuche an Dekapoden) rechtfertigen nicht die Einführung eines gesonderten Verwaltungsverfahrens im nationalen Recht.

Eine einheitliche Genehmigungspflicht für Tierversuche dient dem Tierschutz, der Verschlankung und damit der Übersichtlichkeit der Regelungen und Verfahren. Sie hat damit auch Vorteile für die Antragsteller und belastet diese auf Grund der marginalen Unterschiede zwischen dem "Vereinfachten Verwaltungsverfahren" und dem Standard-Genehmigungsverfahren kaum zusätzlich.

Die Flexibilität, die der Artikel 38 der Richtlinie 2010/63/EU bezüglich der Prüftiefe und der Einbindung von externem Sachverstand im Genehmigungsverfahren bietet, sollte genutzt werden. Dies kann für die Verfahren gelten, die nach bisherigem nationalen Recht als vorgeschriebene Tierversuche oder sonstige diagnostische Maßnahmen der Anzeigepflicht unterstellt sind.

Die nähere Ausgestaltung des einheitlichen Genehmigungsverfahrens sowie die Konkretisierung der Beteiligung der § 15-Kommissionen kann auf der Grundlage der im Entwurf vorgesehenen Ermächtigungen in der Versuchstierverordnung erfolgen.

Hierzu sind als Voraussetzung die obigen Änderungen des vorliegenden Entwurfs notwendig.

36. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8a Absatz 1 Nummer 5 - neu -)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 8a Absatz 1 TierSchG-E nach Nummer 4 folgende Nummer 5 eingefügt werden kann:

"5. das ausschließlich in der Generierung oder Züchtung einer transgenen Linie einer üblicherweise verwendeten Versuchstierart besteht,"

Begründung:

In § 7 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 TierSchG-E wird in Übereinstimmung mit dem geltenden Tierschutzgesetz als Tierversuch unter anderem definiert die "Behandlungen zu Versuchszwecken ... am Erbgut von Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die erbgutveränderten Tiere ... verbunden sein können."

Bei der Züchtung neuer transgener Linien von Versuchstieren können solche Folgen a priori nie ausgeschlossen werden, auch nicht durch eine vorherige Genehmigung. Deshalb fällt künftig jede Züchtung transgener Linien von Versuchstieren unter die Definition des Tierversuches. Dies wird zur Folge haben, dass jede dieser Züchtungen einer ausdrücklichen Genehmigung bedarf, mit all dem damit verbundenen Aufwand, den Kosten und der Dauer.

Um den Gesetzeszweck, Leiden und Schäden für die erbgutveränderten Tiere weitestgehend zu vermeiden, zu erreichen, genügt ein vereinfachtes Verfahren.

37. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 8a Absatz 5)

Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich das in § 8a TierSchG-E vorgesehene vereinfachte Verfahren. Er fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren und bei Erlass einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 5 TierSchG-E sicherzustellen, dass dieses vereinfachte Verfahren auch tatsächlich einfacher gestaltet wird als das normale Genehmigungsverfahren und sich an das bisherige Anzeigeverfahren mit kurzen Bearbeitungszeiten anlehnt.

Begründung:

Nur so ist die Wettbewerbsfähigkeit der biomedizinischen Forschung in Deutschland zu erhalten.

38. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 9 Absatz 3 Satz 2 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 12 ist dem § 9 Absatz 3 folgender Satz 2 anzufügen:

"Versuche an Menschenaffen sind verboten, soweit diese nicht der Erhaltung dieser Arten oder den Menschenaffen selbst dienen."

Begründung:

Mit ihrer genetischen Nähe sind Menschenaffen die dem Menschen am ähnlichsten Tiere. Sie haben hochentwickelte kognitive Fähigkeiten, zeigen ein ausgeprägtes, komplexes Sozialverhalten und besitzen ein eigenständiges Bewusstsein.

Auf Grund ihrer hochentwickelten sozialen Fähigkeiten bestehen bei der Verwendung von Menschenaffen in Versuchen nicht nur ethische Fragen, sondern auch Probleme, den verhaltens- und umweltbedingten sowie den sozialen Bedürfnissen unter Laborbedingungen gerecht zu werden, so dass deren besonderer Schutz und das grundsätzliche Verbot ihrer Verwendung für Experimente gerechtfertigt sind.

In der EU wurden Menschenaffen zum letzten Mal im Jahr 1999 eingesetzt, in Deutschland wurden seit 1992 keine Tierversuche mit Menschenaffen mehr durchgeführt, ohne dass sich Auswirkungen auf die wissenschaftliche Forschung ergeben haben.

39. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3)

In Artikel 1 Nummer 18 sind in § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 die Wörter "für andere" zu streichen.

Begründung:

Der Änderungsvorschlag dient der Klarstellung, dass die Einrichtungen, welche Tiere aufnehmen und weitervermitteln, der Erlaubnispflicht unterliegen.

40. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a - neu -)

In Artikel 1 Nummer 18 ist in § 11 Absatz 1 Satz 1 nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:

"4a. Wirbeltiere, die nicht Nutztiere sind, zum Zwecke der Abgabe an Dritte verbringen, einführen oder vermitteln,"

Begründung:

Das Verbringen oder Einführen von Wirbeltieren, insbesondere von Hunden und Katzen, in das Inland zum Zweck der Abgabe an Dritte einschließlich der Vermittlung findet seit einigen Jahren vermehrt statt. Viele dieser Tiere werden über Tierschutzvereine, in der Regel über Pflegestellen, oder direkt auf Bestellung an einen neuen Halter vermittelt. Bei den Tieren handelt es sich vielfach um leicht vermittelbare Welpen. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil dieser Tiere gezielt für den deutschen Markt gezüchtet und auf dem Luftweg nach Deutschland von so genannten Flugpaten begleitet wird. Dabei handelt es sich oft um Touristen, die sich auf dem Rückweg nach Deutschland befinden und durchaus gezielt angesprochen werden.

Oftmals werden Hunde von Tierschutzvereinen als "Hunde im Reiseverkehr" im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 verbracht. In diesen Fällen handelt es sich jedoch nicht um einen privaten Transport im Sinne der Verordnung, da bei dem Verbringen bzw. der Einfuhr der Tiere durch die Tierschutzvereine ein Besitzerwechsel gegen Entgelt stattfindet, so dass die Verordnung (EG) Nr. 998/2003 in diesen Fällen nicht zum Tragen kommt. Um somit eine klare Rechtslage, verbunden mit einer einheitlichen Anwendung, zu schaffen, die die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Voraussetzungen gewährleistet, ist die Tätigkeit der Verbringung, Einführung oder Vermittlung von Wirbeltieren zum Zweck der Abgabe an Dritte unter Erlaubnisvorbehalt zu stellen.

41. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe d)

In Artikel 1 Nummer 18 sind in § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe d vor dem Wort "Tiere" die Wörter "Rodeo- oder ähnliche Veranstaltungen durchführen," einzufügen.

Begründung:

Eine Klarstellung hinsichtlich der Einordnung von Betrieben mit Pferden, die an wechselnden Orten auftreten (insbesondere in Form von Rodeo-Veranstaltungen, aber auch Ponyreitbahnen), ist erforderlich, da bislang unklar war, ob solche Veranstaltungen nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe c ("einen Reit- oder Fahrbetrieb unterhalten" oder Buchstabe d ("Tiere zur Schau stellen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen") einzuordnen sind. Mit der nun vorgenommenen Ergänzung der neuen Nummer 7 Buchstabe d können diese Veranstaltungen künftig eindeutig zugeordnet werden. Als Folge werden solche Betriebe mit Pferden, die an wechselnden Orten auftreten, auch von der Regelung zur Datenerhebung und -verwendung in § 16 Absatz 6 erfasst.

42. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe f - neu -)

In Artikel 1 Nummer 18 ist § 11 Absatz 1 Nummer 7 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Hundeschulen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung von Hunden und geben Kenntnisse an Hundehalter weiter. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass alle gewerbsmäßig betriebenen Hundeschulen der Erlaubnispflicht unterliegen, um insbesondere ein Mindestmaß an Sachkunde der Ausbilder und Schulungsleiter sicherzustellen.

43. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2)

In Artikel 1 Nummer 18 sind in § 11 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nach dem Wort "Erlaubnis" die Wörter "und das Verfahren" einzufügen.

Begründung:

Es ist weiterhin für den Vollzug der Erlaubnisse erforderlich, dass sie, wie bisher in § 11 Absatz 2a - alt - geregelt, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden können. Es muss zudem die Möglichkeit bestehen, auch die bisherigen Regelbeispiele für Befristungen, Bedingungen und Auflagen in die Verordnung aufzunehmen.

44. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 4)

In Artikel 1 Nummer 18 ist § 11 Absatz 4 wie folgt zu fassen:

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Zurschaustellen von Tieren wildlebender Arten an wechselnden Orten zu beschränken oder zu verbieten, soweit die Tiere der jeweiligen Art an wechselnden Orten nicht gemäß § 2 Nummer 1 und 2 gehalten oder zu den wechselnden Orten nicht ohne Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier befördert werden können. Die Verordnung kann für Tiere, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung gehalten werden, Übergangsfristen für ein Haltungsverbot regeln, soweit die Tiere nicht unter Schmerzen, Leiden und Schäden gehalten werden."

Begründung:

Der Vorschlag der Bundesregierung zu dem § 11 Absatz 4 - neu - stellt einen Wertungswiderspruch zu dem bestehenden § 3 Nummer 6 dar, indem bereits geregelt ist, dass sämtlichen Tieren im Zusammenhang mit ihrer Zurschaustellung keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden dürfen. Bei einer ethischen Abwägung zwischen einer reinen "Zurschaustellung" und "erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden für das Tier" ist die "Zurschaustellung" von Tieren nachrangig. Diese Abwägung wurde im bestehenden Gesetz bereits vor vielen Jahren getroffen und gilt auch für Wildtiere.

Welche Anforderungen durch § 2 Nummer 1 an eine artgerechte Haltung von Tieren wildlebender Arten zu stellen ist, ist u.a. vom Oberverwaltungsgericht Schleswig mit Urteil vom 28. Juni 1994 konkretisiert worden: Danach hat sich die Haltung solcher Tiere daran zu orientieren, wie sich Tiere der jeweiligen Art unter ihren natürlichen Lebensbedingungen verhalten, und nicht daran, ob das Tier sich auch an andere Lebensbedingungen (unter Aufgabe vieler der ihm in Freiheit eigenen Gewohnheiten und Verhaltensmuster) anzupassen vermöge. Verhaltensgerecht sei eine Unterbringung auch dann nicht, wenn das Tier zwar unter den ihm angebotenen Bedingungen überleben könne und auch keine Leiden, Schmerzen und andere Schäden davontrage, das Tier aber seine angeborenen Verhaltensmuster so weit ändern und an seine Haltungsbedingungen anpassen müsse, dass es praktisch mit seinen wildlebenden Artgenossen nicht mehr viel gemeinsam habe (OVG Schleswig, Zeitschrift Natur und Recht 1995, 480, 481).

Für Tiere, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung gehalten werden, soll die Verordnung Übergangsfristen vorsehen, allerdings nicht für die Tiere, die zu diesem Zeitpunkt unter Schmerzen, Leiden und Schäden gehalten werden.

45. Hauptvorschlag zu Ziffer 57*

Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 5 Satz 2 bis 5)

In Artikel 1 Nummer 18 sind in § 11 Absatz 5 die Sätze 2 bis 5 zu streichen.

Begründung:

Um die Richtlinie 2006/123/EG umzusetzen ist es ausreichend, wenn der Bundesgesetzgeber allein materiellrechtliche Regelungen zur Genehmigung trifft. Nach Erwägungsgrund 40 und Artikel 4 Nummer 8 der Richtlinie 2006/123/EG zählt die Richtlinie in Anlehnung an die ständige EuGH-Rechtsprechung auch den Tierschutz zu den "zwingenden Gründen des Allgemeininteresses", hinsichtlich derer Artikel 13 Absatz 4 Satz 2 "andere Regelungen" als die Genehmigungsfiktion zulässt. Es ist daher zur Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG nicht notwendig, in § 11 eine Genehmigungsfiktion vorzusehen.

Auch unter Berücksichtigung der primären Zuständigkeit der Länder zur Regelung von Verfahrensfragen (Artikel 84 Absatz 1 Satz 1 GG) wird die vorgeschlagene Regelung zur Genehmigungsfiktion nach Ablauf einer Frist von drei Monaten trotz der Verlängerungsmöglichkeiten weder für erforderlich noch für zweckmäßig gehalten. Da die Erlaubnis im Falle des Eintritts der Genehmigungsfiktion mit dem Inhalt des Antrags fingiert wird, entstehen erhebliche Probleme im Vollzug. Durch die Genehmigungsfiktion könnten Tierhaltungen eine Erlaubnis bekommen, die Tieren ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Es kann nicht einmal sichergestellt werden, dass die Behörde erforderlichenfalls nachträgliche Auflagen erlassen bzw. die fingierte Erlaubnis zumindest teilweise widerrufen kann, denn die allgemeinen Regelungen der §§ 48 und 49 VwVfG lassen eine Rücknahme bzw. einen Widerruf nur in beschränktem Maße zu.

46. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 11 Absatz 8 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 18 ist dem § 11 folgender Absatz 8 anzufügen:

(8) Wer gewerbsmäßig Gehegewild halten will, hat dies vier Wochen vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. In der Anzeige sind anzugeben:

Die zuständige Behörde hat die Tätigkeit zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einhaltung der Vorschriften des § 2 nicht sichergestellt ist, und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist. Die Ausübung der nach Satz 3 untersagten Tätigkeit kann von der zuständigen Behörde auch durch Schließung der Betriebs- oder Geschäftsräume verhindert werden."

Folgeänderung:

Artikel 1 Nummer 34 Buchstabe a Doppelbuchstabe jj ist wie folgt zu fassen:

'jj) In Nummer 20b wird die Angabe " § 11 Abs. 6" durch die Angabe " § 11 Absatz 8" ersetzt und Nummer 21 wird aufgehoben.'

Begründung:

Klarstellung des Gewollten. Die Neufassung des § 11 enthält - im Gegensatz zu § 11 Absatz 6 des geltenden Tierschutzgesetzes - keine Anzeigepflicht für das Halten von Gehegewild mehr. Die nunmehr vorgesehene Verordnungsermächtigung des § 11 Absatz 2 bezieht sich auf § 11 Absatz 1. § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 nimmt aber Gehegewild ausdrücklich von der Erlaubnispflicht aus. Die bislang bestehende Anzeigepflicht für die Gehegewildhaltung kann nicht in eine Verordnung nach § 11 Absatz 2 aufgenommen werden. Gemäß der Neufassung des § 21 Absatz 5 (Übergangsregelung) entfallen mit Erlass einer Rechtsverordnung weite Teile des derzeit geltenden § 11, so auch die Regelung der Anzeigepflicht für Gehegewild nach Absatz 6. Aus Tierschutzgründen ist die Beibehaltung der Anzeigepflicht jedoch erforderlich. Denn die Haltung von Gehegewild erfordert die Einhaltung von überprüfbaren Anforderungen, besonders bezüglich der Haltung sowie der Sachkunde der verantwortlichen Person.

Folgeänderung: Im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens soll weiterhin verfolgbar bleiben, wer entgegen § 11 Absatz 8 - neu - (§ 11 Absatz 6 - alt -) die Tätigkeit nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anzeigt.

47. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 11b)

Artikel 1 Nummer 19 ist wie folgt zu fassen:

'19. § 11b wird wie folgt gefasst:

" § 11b

Folgeänderungen:

Artikel 1 Nummer 34 Buchstabe a ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der Vorschlag der Bundesregierung ist nicht geeignet, die in der Begründung genannte intendierte Wirkung, Qualzucht umfassend zu verhindern, auch tatsächlich zu entfalten. Mit der im Verordnungsentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Formulierung, wonach es für die Beurteilung, ob die näher beschriebenen Folgen der Zucht oder Veränderung eintreten, auf züchterische Erkenntnisse oder Erkenntnisse, die Veränderungen durch bio- oder gentechnische Maßnahmen betreffen, ankommt, wird ein einer subjektiven Einschätzung maßgebendes Gewicht beimessender Maßstab gewählt. In der amtlichen Begründung (BR-Drs. 300/12 (PDF) , S. 56) wird unter anderem auch klargestellt, dass zum einen auf wissenschaftliche fundierte Erkenntnisse - Erkenntnisse, die von einem durchschnittlich sachkundigen Züchter oder einer durchschnittlich sachkundigen Person, die bio- oder gentechnische Maßnahmen durchführt, erwartet werden können -, abzustellen ist und dass die Veränderungen oder Störungen wissenschaftlich reproduzierbar sein müssen.

Zur Verhinderung von Qualzucht ist es wichtig, an ein Verbot angemessene Anforderungen zu stellen. Die bisherige Formulierung forderte für ein Verbot eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer der in § 11b genannten Folgen. Eine realistische und aus objektiver Exante-Sichtweise nicht fernliegende Möglichkeit des Eintritts einer solchen Folge muss genügen. Ein Abstellen auf die subjektive Ansicht des jeweiligen Züchters kann nicht im Sinne des Tierschutzes sein.

Das Herbeiführen krankhafter Veränderungen wie Immundefizite, Haarlosigkeit oder Fehlbildungen des Gebisses muss ebenfalls verboten sein.

In Absatz 2 Satz 1 Buchstabe a wurde der Zusammenhang der Verhaltensstörungen mit einem Leiden gestrichen. Dies erfolgt aus dem Grund, dass eine Verhaltensstörung an sich schon ein ausreichend starkes Indiz für ein Leiden ist. Dies wird auch durch den BGH belegt (BGH NJW 1987, S. 1833 ff.).

Das Erfordernis der Vermeidbarkeit in Absatz 2 Satz 1 Buchstabe b wurde ebenfalls gestrichen. Denn es ist nicht ersichtlich, warum bei der konkretisierenden Norm des Absatzes 2 etwas anderes als bei der Grundvorschrift in Absatz 1 gelten soll. Ob die Leiden oder Schäden vermeidbar sind, kann für das Verbot keine Bedeutung haben.

Das Erfordernis der "Unerlässlichkeit" in Absatz 4 erfolgt auf Grund der konsequenten Anpassung des Wortlauts an den der §§ 7, 7a TierSchG.

Die Ausnahme von Absatz 2 Satz 1 Buchstabe e soll es ermöglichen, auch weiterhin z.B. Maultiere zu züchten.

Zur Folgeänderung:

§ 11b genügt auch in der neuen Fassung nicht den an einen Bußgeldtatbestand zu stellenden verschärften verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen des Artikels 103 Absatz 2 GG (vgl. dazu die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2009 - 7 C 4.09), weshalb § 18 Absatz 1 Nummer 22 des geltenden Tierschutzgesetzes zu streichen ist.

48. Zu Artikel 1 Nummer 21 Buchstabe a - neu - (§ 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4)

In Artikel 1 ist Nummer 21 wie folgt zu fassen:

'21. § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Durch dieser Änderungsvorschlag wird die Voraussetzung dafür geschaffen, bei einer nachfolgenden Änderung der Tierschutz-Hundeverordnung das bisherige Ausstellungsverbot für kupierte Hunde auf verbrachte oder importierte Hunde auszudehnen und damit dem eigentlich Gewollten zu entsprechen. Der Begriff der Ausstellung in der Tierschutz-Hundeverordnung sollte dann auch weiter gefasst werden, um weitere Veranstaltungsarten (z.B. Sportveranstaltungen) sowie das Anbieten im Internet in das Ausstellungsverbot einzubeziehen.

49. Zu Artikel 1 Nummer 22a - neu - (§ 13 Absatz 1a - neu -)

In Artikel 1 ist nach Nummer 22 folgende Nummer 22a einzufügen:

'22a. In § 13 wird nach Absatz 1 folgender Absatz 1a eingefügt:

Begründung:

Auf Tierbörsen und vergleichbaren Verkaufsveranstaltungen werden oftmals Tiere bestimmter wild lebender Arten zum Verkauf angeboten, die bei fehlender Domestikation einem erheblichen Stress ausgesetzt sind, weil sie nicht vertraut sind mit der damit verbundenen unmittelbare Nähe zum Publikumsverkehr, des Handlings zum Verkauf, der Geräuschkulisse sowie der sonstigen Unruhe. Mit dem Prozess der Domestikation ist auch eine größere Toleranz gegenüber den oft spezifischen Klima- und Temperaturansprüchen verbunden, was insbesondere bei Tierbörsen von Belang ist, weil hier unter einheitlichen, spezifischen Anforderungen nicht Rechnung tragenden Rahmenbedingungen Tiere mit unterschiedlichem Artenspektrum und mit jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen gehandelt werden. Deshalb ist zum Schutz dieser nicht domestizierten Tiere ein grundsätzliches Verbot entsprechender Veranstaltungen erforderlich.

Nur wenn im Einzelfall vom Veranstalter glaubhaft dargelegt werden kann, dass bei den für die Börse oder sonstige Verkaufsveranstaltung vorgesehenen Tieren auf Grund des hinreichenden Domestikationsgrades (z.B. bei bestimmten Ziervogelarten) kein übermäßiger Stress zu erwarten ist, kann eine derartige Veranstaltung im Einklang mit dem Tierschutz durchgeführt werden. In diesem Fall sind die besonderen Bestimmungen für Tierbörsen nach § 11 Absatz 1 Nummer 2c Tierschutzgesetz (Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 des Gesetzentwurfs) anwendbar.

50. Zu Artikel 1 Nummer 22 (§ 13 Absatz 2)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Ermächtigung des § 13 Absatz 2 Tierschutzgesetz auszuschöpfen und eine Verordnung zu erlassen, in der Maßnahmen angeordnet werden, die das Wild vor vermeidbaren Schmerzen oder Schäden durch land- und forstwirtschaftliche Arbeiten schützen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Land- und forstwirtschaftliche Arbeiten können zu vermeidbaren Schmerzen oder Schäden des Wildes führen. Ein Beispiel sind Rehkitze, die infolge von Mäharbeiten schwer verletzt oder getötet werden. Es ist deshalb erforderlich, das Ergreifen geeigneter Vorsichtsmaßnahmen anzuordnen.

51. Zu Artikel 1 Nummer 22 (§ 13 Absatz 3)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um Vorlage eines Verordnungsentwurfes zu § 13 Absatz 3 Tierschutzgesetz, mit dem die Haltung sowie der Erwerb und die Abgabe von Wildtieren hier nicht heimischer Arten im Sinne eines tierschutzgerechteren Umganges geregelt werden.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Haltung von Wildtieren hier nicht heimischer Arten (Exoten) stellt hohe Anforderungen an Halterinnen und Halter hinsichtlich der Sachkunde wie auch an die Haltung und Pflege der Tiere. Mangelnde Kenntnis der Bedürfnisse der Tiere kann zu Leiden, Schäden oder Schmerzen bei den Tieren oder sogar zu deren Tod führen.

Der Erwerb und die Haltung dieser Tiere sind im Tierschutzgesetz nur unzureichend geregelt. So unterliegt die Abgabe von Tieren wild lebender Arten an Privatpersonen keinen Einschränkungen z.B. hinsichtlich der Sachkunde.

Für das Halten von Tieren wild lebender Arten in Privatwohnungen bestehen in der Regel keine tierschutzrechtlichen Anzeige- oder Genehmigungspflichten. Es ist davon auszugehen, dass angesichts der hohen Anforderungen an die Haltung wild lebender Tiere in größerem Umfang Mängel in der Tierhaltung vorkommen.

Abhilfe können hier rechtliche Einschränkungen schaffen. Das Tierschutzgesetz enthält dazu in § 13 Absatz 3 eine Ermächtigung für das Bundesministerium, u.a. das Halten von und den Handel mit Tieren wild lebender Arten zu verbieten, zu beschränken oder von einer Genehmigung abhängig zu machen. So kann eine Verordnung für das Halten z.B. einen Sachkundenachweis fordern oder die Haltung bestimmter Tiere von einer Genehmigung abhängig machen oder verbieten.

52. Zu Artikel 1 Nummer 26 Buchstabe c (§ 15 Absatz 4 Satz 2 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 26 Buchstabe c ist in § 15 Absatz 4 nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Mindestens ein Drittel der Mitglieder sind aus Vorschlagslisten der Tierschutzorganisationen zu berufen."

Begründung:

§ 15 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes geltender Fassung legt fest, dass ein Drittel der Mitglieder aus Vorschlaglisten der Tierschutzorganisationen zu berufen sind. Die inhaltliche Arbeit der Kommission erfordert es, dass in ihnen Mitglieder arbeiten, die sowohl über fachliche Kompetenz als auch über ein Höchstmaß an Unparteilichkeit, Neutralität und Distanz zu den miteinander konkurrierenden Interessen verfügen. Es bedarf der Klarstellung, dass auch Mitglieder der Tierschutzorganisationen zu berufen sind.

53. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 15)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie der Stellungnahme der nach § 15 berufenen Tierschutzkommissionen ein höheres Gewicht zukommen kann, damit sie im Genehmigungsverfahren maßgeblich zu berücksichtigen ist, soweit die Stellungnahme einstimmig ergangen ist.

Begründung:

Die Tierschutzkommissionen nach § 15 wurden im Jahre 1986 ins Leben gerufen. Nach 26 Jahren scheint es notwendig, auch vor dem Hintergrund nicht zurückgehender Tierversuchszahlen (vgl. Bericht der Bundesregierung über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes 2011) ihrem sachkundigen Votum ein höheres Gewicht und eine höhere Verbindlichkeit zuzumessen.

Die ehrenamtlich tätigen Mitglieder dieser Kommissionen sind die einzige Institution außer den Genehmigungsbehörden, die die Anträge prüfen und bewerten können. Da die Genehmigung von Tierversuchen bislang nur auf Veranlassung des Antragstellers gerichtlich überprüft werden kann, ist es notwendig, die Genehmigung mit höchster Sorgfalt unter maßgeblicher Berücksichtigung der Stellungnahme der Kommission nach § 15 Tierschutzgesetz zu gestalten.

54. Zu Artikel 1 Nummer 28 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb und cc (§ 16 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 bis 6 - neu -), Buchstabe c Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe 0aaa - neu - (§ 16 Absatz 3 Satz 1), Dreifachbuchstabe aaa und Dreifachbuchstabe bbb (§ 16 Absatz 3 Satz 1)

Artikel 1 Nummer 28 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Artikel 34 der Richtlinie 2010/63/EU schreibt verbindliche "Inspektionen" vor. Der im Entwurf verwendete Begriff "Besichtigung" ist für amtliche Kontrollen nicht anwendbar - vgl. hierzu die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Sofern eine wörtliche Übersetzung von "Inspektion" im Sinne von "Besichtigung" beabsichtigt ist, müsste dieser Begriff zwingend definiert werden im Sinne einer Gleichwertigkeit mit einer Inspektion im Sinne der Richtlinie und der genannten Verordnung.

Die Richtlinie schreibt weiterhin konkret eine Risikoanalyse in Verbindung mit verbindlichen Mindestkontrollfrequenzen vor.

Der vorliegende Vorschlag dient der korrekten Umsetzung dieser Vorgaben.

Artikel 35 Absatz 1 der Richtlinie regelt eine Kontrollbefugnis der Kommission mit dem Ziel, die korrekte Umsetzung und Durchführung der Inspektionsverpflichtungen in den Mitgliedstaaten zu kontrollieren:

(1) Wenn ein hinreichender Grund zur Besorgnis besteht, kontrolliert die Kommission in den Mitgliedstaaten die Infrastruktur und Durchführung der nationalen Inspektionen, wobei sie unter anderem den Anteil an Inspektionen ohne Vorankündigung berücksichtigt."

Die Kontrollbehörden benötigen eine eindeutige und umsetzbare Rechtsgrundlage zur Durchführung der Vor-Ort-Kontrollen. Diese ist auch auf Grund der damit verbundenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten der Einrichtungen und Betriebe unverzichtbar.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine Umsetzung der Richtlinienvorgabe wie im Vorschlag formuliert unerlässlich.

Die örtliche Umstellung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 hat sprachlichsystematische Gründe: Die Einführung von Zwischensätzen in § 16 Absatz 1 ist nicht möglich, da dadurch der Bezug der nachfolgenden Nummern zur ersten Zeile zerstört wird. Weitere Sätze können deshalb nur am Ende des Absatzes angefügt werden.

Die Regelung in § 16 Absatz 3 bezieht sich auf die Durchführung der Aufsicht nach § 16 Absatz 1, nicht auf die in Absatz 2 geregelte Vorlage von Aufzeichnungen durch Vertreter der kontrollierten Einrichtung (redaktionelle Korrektur).

Die Notwendigkeit der Verschlechterung der Befugnisse der Behörde im Hinblick auf Bildaufzeichnungen von Personen ist nicht nachvollziehbar und wird in der Begründung des Entwurfs nicht belegt. Im Rahmen von Verstößen, insbesondere gegen die Strafvorschriften des § 17 oder § 18 des Tierschutzgesetzes oder der einschlägigen Verordnungen kann zur Beweissicherung auch die Dokumentation des Vorgehens eines "Täters" erforderlich und damit im Rahmen der Beweissicherung begründet sein.

Da dies z.B. auch im Rahmen der Überwachung des Straßenverkehrsrecht im Bereich von Ordnungswidrigkeiten, und hier sogar automatisiert, erfolgt, ist diese Einschränkung, zumal sie nicht begründet wird, nicht akzeptabel.

55. Zu Artikel 1 Nummer 33a - neu - (§ 17 Nummer 2 Buchstabe a und b)

In Artikel 1 ist nach Nummer 33 folgende Nummer 33a einzufügen:

'33a. In § 17 Nummer 2 Buchstabe a und b werden jeweils die Wörter "Schmerzen oder Leiden" durch die Wörter "Schmerzen, Leiden oder Schäden" ersetzt.'

Begründung:

Die Aufnahme von erheblichen Schäden in die Strafvorschriften des § 17 ist aus Vollzugsgründen zielführend, da viele Strafverfahren trotz offensichtlicher Schwere der tierschutzfachlichen Verstöße eingestellt werden müssen, da zweifelsohne vorhandene erhebliche bzw. länger anhaltende Schmerzen oder Leiden nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten. Der häufig damit einhergehende erhebliche Schaden ist jedoch über entsprechende pathologischanatomische Untersuchungen einfacher und eindeutiger nachzuweisen.

56. Zu Artikel 1 Nummer 39 (§ 21 Absatz 1)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bis spätestens 31. Dezember 2014 zu berichten, ob und wie Alternativen zur betäubungslosen Kastration von unter acht Tage alten männlichen Schweinen bis zum Auslaufen der Übergangsregelung in die Praxis umsetzbar sind. Dabei sind auch Lösungswege für kleinere Betriebe und Vermarktungsstrukturen sowie für besondere Haltungsverfahren wie dem ökologischen Landbau aufzuzeigen.

Begründung:

Die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs zu Nummer 5 Buchstabe a (§ 5 Absatz 3 Nummer 1a) führt zwar aus, dass verschiedene Alternativen zur betäubungslosen Kastration zur Verfügung stehen, die auch die Praktikabilität und den Verbraucherschutz berücksichtigen. Allerdings ist dies bei den derzeitigen Alternativen nicht umfassend gewährleistet.

So wird die Mast von unkastrierten männlichen Tieren (Jungebermast) als Alternative zur betäubungslosen chirurgischen Kastration mit den besten Aussichten diskutiert. Um auf diesem Gebiet weiter Erfahrungen zu sammeln, schlachten eine Reihe von Unternehmen in geringerem Umfang Jungeber. Erste Ergebnisse zeigen jedoch die Notwendigkeit weiterer umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsarbeiten entlang der gesamten Produktionskette (Fütterung, Haltung und Vermarktung) sowie zur Geruchserkennung und -reduktion. Bei der weiteren Alternative der immunokastrierten Tiere ist in absehbarer Zeit an eine breite Anwendung schwer zu denken, da von Seiten der Tierhalter und Schlachtbetriebe mit erheblichen Vorbehalten bei den Verbrauchern gerechnet wird.

Damit vor dem Auslaufen der Übergangsregelung sichergestellt wird, dass in der Breite anwendbare und praxisgerechte Alternativen zur betäubungslosen chirurgischen Kastration vorliegen, wird die Bundesregierung um einen entsprechenden Bericht zwei Jahre vor Auslaufen der Übergangsregelung gebeten. Der Bericht schafft eine Entscheidungsgrundlage, ob und in welchem Umfang von der Verordnungsermächtigung nach § 5 Absatz 4 Nummer 1 TierschG Gebrauch gemacht werden muss.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Agrarministerkonferenz hat am 28. September 2011 in Suhl einstimmig beschlossen, die chirurgische Kastration von männlichen Ferkeln ohne wirksame Schmerzausschaltung möglichst schnell bis 1. Januar 2017 zu verbieten, soweit bis zu diesem Zeitpunkt praxisgerechte Alternativen vorliegen.

57. Hilfsvorschlag zu Ziffer 45*

Zu Artikel 1 Nummer 39 (§ 21 Absatz 5 Satz 2)

In Artikel 1 Nummer 39 ist in § 21 Absatz 5 Satz 2 nach der Angabe " § 11 Absatz 1 Satz 2" die Angabe " und 3" einzufügen.

Begründung:

Im Rahmen der Antragstellung einer Erlaubnis nach § 11 hat die zuständige Behörde innerhalb einer Frist von drei Monaten über den Antrag zu entscheiden. Bei der Berechnung der Frist bleiben die Zeiten unberücksichtigt, während derer der Antragsteller trotz schriftlicher Aufforderung der Behörde Angaben zur betroffenen Tierart, der verantwortlichen Person und den Räumlichkeiten (§ 11 Absatz 1 Satz 2) nicht vorlegt. Unberücksichtigt bei der Berechnung der Frist müssen auch Zeiten bleiben, in denen der Antragsteller Angaben zur Sachkunde der verantwortlichen Person nicht vorlegt (§ 11 Absatz 1 Satz 3). Erfahrungsgemäß bestehen gerade beim Nachweis der erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten Probleme, was zum Teil zu erheblichen Verzögerungen im Ablauf des Verfahrens führt.

58. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2010/63/EU alle Tatbestände, die die Forschungsfreiheit oder andere Grundrechte unmittelbar berühren, im Tierschutzgesetz zu regeln. Die materiellen Regelungen des Entwurfs der Versuchstierverordnung sind vor diesem Hintergrund exakt mit dem Tierschutzgesetz abzugleichen.

Begründung:

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem (Artikel 20 Absatz 1 und 3, Artikel 28 Absatz 1 GG), dass in einem Gesetz, durch das die Exekutive zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt wird, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Das Parlament soll sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit stellt die notwendige Ergänzung und Konkretisierung des aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes dar. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme, namentlich der Grundrechtsrelevanz der Regelung ab (BVerwG 6 CN 8.01 vom 03.07.2002).

Aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund der Einschränkung des Grundrechts des Artikels 5 Absatz 3 GG, ist aus Sicht der für den Vollzug zuständigen Länder eine gesetzliche Regelung aller wesentlichen belastenden Regelungen unverzichtbar. Dies betrifft beispielhaft folgende Vorschriften, die derzeit im Entwurf der Versuchstierverordnung enthalten sind:

§ 16 - Anforderungen an die Sachkunde
§ 18 - Erneute Verwendung von Wirbeltieren und Kopffüßern
§ 23 - Grundsätzliches Verbot und wesentliche Einschränkungen der Verwendung von Primaten
§ 25 - Verbot der Verwendung von Menschenaffen
§ 26 - Durchführung besonders belastender Tierversuche; Umsetzung des grundsätzlichen Verbotes des Artikels 15 der Richtlinie (schwere, länger andauernde Belastung) und der Regelungen der Schutzklausel des Artikels 55 der Richtlinie.

59. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, dass der Übergang von Tierversuchen im Sinne des Gesetzes zur nicht vom Gesetz betroffenen Weiterzucht transgener Tierlinien nach der F2-Generation erfolgt.

Begründung:

Die Weiterzucht nach der F2-Generation ist kein Tierversuch.

60. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie ein Verbot der Sodomie im Tierschutzgesetz verankert werden kann.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Fälle von Sodomie wie auch Verdachtsfälle sind bislang einer Ahndung schwer zugänglich, da der Nachweis der in § 17 TierSchG normierten Schmerzen, Leiden oder Schäden aus unterschiedlichen Gründen oft nicht zu erbringen ist. Sodomie meint eine besondere Form der Beziehung zwischen Tier und Mensch unter Einschluss sexueller Handlungen. Auch bei ohne feststellbare Schmerzzufügung erfolgenden Eingriffen ist ein Verbot angebracht, um der Staatszielbestimmung des Artikels 20a GG Genüge zu leisten. Das tierische Wohlbefinden ist ein Rechtsgut von immer größer werdender Bedeutung, so dass es gesetzlich geschützt werden muss. In Bezug auf sexuelle Handlungen sind Tiere wie ein nicht einwilligungsfähiger Mensch oft wehrlos. Sie müssen daher vor menschlichen Eingriffen in ihre artgerechte Selbstentfaltung bewahrt werden.

Dass die Rechtslage zurzeit lückenhaft ist, zeigt das folgende Beispiel: Der eine sexuelle Handlung zwischen einem Mensch und einem Tier zwecks Verbreitung Filmende ist nach §§ 11, 184a StGB strafbar, der unmittelbar Handelnde kann aber nicht belangt werden. Auch die Tatsache der inzwischen wohl auch in Deutschland aufkommenden "Tierbordelle" unterstreicht einen bestehenden Regelungsbedarf.

61. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren auch den Erfüllungsaufwand für die Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen darzulegen.

Begründung:

Dieser Erfüllungsaufwand belastet insbesondere Bund und Länder; er umfasst u.a. für Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen neue Stellen für Tierschutzbeauftragte und für die Erweiterung und Intensivierung der Forschung und Weiterbildung im Tierschutz (ca. 35 Mio. Euro pro Jahr) und für die Arbeitszeit von Forschungspersonal, um künftig ca. 2 000 zusätzlich erforderliche Anträge zu stellen (ca. 10 Mio. Euro pro Jahr).

B