Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. April 2008 zur Bekämpfung von Krebs in der erweiterten Europäischen Union

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 2554 - vom 23. April 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. April 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass nach Schätzungen der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) bei einem von drei Europäern Krebs diagnostiziert wird und dass einer von vier Europäern an der Krankheit stirbt,

B. in der Erwägung, dass es im Jahr 2006 nahezu 2,3 Millionen neue Fälle von Krebs und über eine Million Krebstote in der Europäischen Union gegeben hat; in der Erwägung, dass es die meisten Todesfälle bei Menschen gab, die an Lungenkrebs, Kolorektalkrebs und Brustkrebs erkrankt waren,

C. in der Erwägung, dass Krebs auf den verschiedenen Stufen durch zahlreiche Faktoren verursacht wird und dass deshalb ein neues Paradigma zur Krebsvorbeugung erforderlich ist, das sich in gleicher Weise mit den auf den Lebensstil zurückzuführenden Ursachen und den berufs- und umweltbedingten Ursachen befasst, so dass die tatsächlichen kombinierten Auswirkungen der verschiedenen Ursachen deutlich werden und nicht isolierte Ursachen im Mittelpunkt stehen,

D. in der Erwägung, dass einer neueren Studie der Gewerkschaften zufolge zumindest 8% der Krebstoten in jedem Jahr direkt auf eine Exposition gegenüber Karzinogenen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind; in der Erwägung, dass sich eine solche Exposition durch die Substitution von karzinogenen Stoffen durch weniger schädliche Stoffe vermeiden ließe; in der Erwägung, dass die Arbeitgeber darüber hinaus rechtlich verpflichtet sind, Karzinogene möglichst durch andere Stoffe zu ersetzen, dass diese Vorschriften jedoch bedauerlicherweise nur unzureichend angewendet und durchgesetzt werden, was nicht hinnehmbar ist,

E. in der Erwägung, dass chemische Stoffe, die das endokrine System blockieren, eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs, beispielsweise bei Brustkrebs oder Hodenkrebs, spielen können und daher besondere Maßnahmen erfordern,

F. in der Erwägung, dass die alternde Bevölkerung der Union einer der Gründe für das zunehmende Krebsproblem in der Union ist,

G. in der Erwägung, dass die Rate der Menschen, die in den neuen Mitgliedstaaten an Krebs sterben, höher ist als in der EU-15,

H. in der Erwägung, dass die bestürzenden und inakzeptablen Unterschiede in der Qualität von Krebsbehandlungseinrichtungen, Krebsfrüherkennungsprogrammen, faktengestützten Leitlinien für beste Praktiken, Einrichtungen für Radiotherapie und beim Zugang zu Medikamenten gegen Krebs Gründe für die großen Unterschiede bei den Fünf-Jahres-Überlebensraten bei den meisten Krebsarten in Europa sind,

I. in der Erwägung, dass der Rat und die Kommission in der oben genannten Erklärung des Parlaments zur Notwendigkeit einer umfassenden Strategie gegen den Krebs aufgefordert werden, eine umfassende Strategie für die vier wichtigsten Elemente im Kampf gegen den Krebs zu formulieren, nämlich

J. in der Erwägung, dass sich während der Laufzeit der Aktionspläne der Gemeinschaft "Europa gegen den Krebs" (zuletzt für den Zeitraum 1996-2002) in vielen Ländern günstige Entwicklungen bei der Krebssterblichkeit für mehrere häufig auftretende Formen von Krebs gezeigt haben,

K. in der Erwägung, dass nach Schätzungen der WHO bei mindestens einem Drittel aller Krebsfälle eine Vorbeugung möglich ist und dass die Vorbeugung die kostenwirksamste langfristige Strategie für die Eindämmung von Krebs ist; in der Erwägung, dass ein weiteres Drittel der Krebsfälle geheilt werden könnte, wenn sie früh erkannt und richtig behandelt würden,

L. in der Erwägung, dass kristallines Siliziumdioxid von der WHO als krebserzeugender Stoff der Kategorie I eingestuft wurde, und dass 3,2 Millionen Arbeitnehmer in der Europäischen Union diesem Stoff mindestens 75% ihrer Arbeitszeit ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass schätzungsweise 2,7% der Todesfälle wegen Lungen/Bronchialkrebs auf berufsbedingte Exposition gegenüber kristallinem Siliziumdioxid zurückzuführen sind,

M. in der Erwägung, dass nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegenwärtig lediglich durchschnittlich 3% der in den OECD-Ländern insgesamt für das Gesundheitswesen aufgewendeten Mittel für die Vorbeugung aufgewendet werden, gegenüber 97% für Krankenbetreuung und -behandlung; in der Erwägung, dass diese starke Unausgewogenheit dringend beseitigt werden muss, insbesondere, da zumindest ein Drittel aller Krebsfälle vermeidbar sind,

N. in der Erwägung, dass nach Schätzungen 25% aller durch Krebs verursachten Todesfälle in der Europäischen Union auf Rauchen zurückgeführt werden konnten und dass weltweit zwischen 80 und 90% der durch Lungenkrebs verursachten Todesfälle auf das Rauchen zurückzuführen sind,

O. in der Erwägung, dass sich durch ein gut konzipiertes und gut durchgeführtes nationales Krebsüberwachungsprogramm das Auftreten von Krebs und die Sterblichkeitsrate - in manchen Fällen um mehr als 70% - verringern und das Leben von Krebspatienten verbessern lässt, unabhängig von möglichen ressourcenmäßigen Beschränkungen in einem Land,

P. in der Erwägung, dass eine landesweite Durchführung von wirksamen, auf die Bevölkerung ausgerichteten Früherkennungsprogrammen - die in Übereinstimmung mit europäischen Leitlinien durchgeführt werden, falls solche bereits bestehen - die Qualität und die Zugänglichkeit von Krebsfrüherkennungs-, Diagnose- und Therapiediensten für die Bevölkerung erheblich verbessert und dadurch auch die Krebsbekämpfung,

Q. in der Erwägung, dass nationale Krebsregister in allen Mitgliedstaaten unverzichtbar sind um vergleichbare Daten über Krebs zu erhalten,

R. in der Erwägung, dass es gegenwärtig unannehmbare erhebliche qualitative Unterschiede bei den Krebsvorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen und den Anschlussmaßnahmen in der Europäischen Union gibt, was im Besonderen im Hinblick auf die zur Anwendung kommenden diagnostischen Verfahren und die gesundheitspolitische Verankerung dieser Verfahren in den Mitgliedstaaten gilt, und in der Erwägung, dass Vorsorgeprogramme einer frühzeitigen Diagnose förderlich sind, was zu einer kostenwirksamen und messbaren Verringerung der durch Erkrankungen entstehenden Kosten beiträgt,

S. in der Erwägung, dass die Onkologie nicht in allen Mitgliedstaaten als medizinisches Spezialgebiet anerkannt ist, und dass fortlaufende medizinische Schulung erfolgen muss T. in der Erwägung, dass EudraCT, die europäische Datenbank für klinische Prüfungen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA), für die allgemeine Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und Patienten Schwierigkeiten haben, Daten über Prüfungen zu finden, die sich mit ihrem besonderen Problem befassen,

U. in der Erwägung, dass die Komplexität von Krebserkrankungen eine verbesserte Kommunikation zwischen den vielen und vielfältigen Fachkräften, die an der Behandlung von Krebspatienten beteiligt sind, erfordert und in der Erwägung, dass die psychosoziale Betreuung von Krebspatienten ihre Lebensqualität verbessern kann,

V. in der Erwägung, dass es gegenwärtig Unterschiede beim Zugang zur medizinischen Information für Krebspatienten gibt und dass die Krebspatienten dringend mehr Informationen in jedem Stadium ihrer Erkrankung erhalten müssen,