Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. April 2008 zur Kulturwirtschaft in Europa (2007/2153(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 2554 - vom 23. April 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. April 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Kultur ebenso sehr ein öffentliches Gut und einen Selbstzweck zur Entfaltung der Individuen und zum Nutzen der Gesellschaft darstellt und zugleich zum Wirtschaftswachstum, zur Beschäftigung sowie zum sozialen Zusammenhalt und zur regionalen und lokalen Entwicklung beiträgt, wie dies jüngste wissenschaftliche Studien, insbesondere die von KEA European Affairs für die Kommission erstellte Studie zur Kulturwirtschaft in Europa belegen,

B. in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft weder existieren noch einen europäischen kulturellen und wirtschaftlichen Mehrwert schaffen könnte ohne einen ständigen Input neuer Inhalte durch eine wachsende kreative Gemeinschaft von Kulturschaffenden in allen künstlerischen Bereichen wie Filmemacher, Komponisten, Schriftsteller, bildende Künstler und Designer,

C. in der Erwägung, dass zur Kulturwirtschaft die Bereiche gehören, die die Werke des Geistes um einen wirtschaftlichen Mehrwert ergänzen und gleichzeitig neue Werte für die Individuen und die Gesellschaft hervorbringen; in der Erwägung, dass diese Kulturwirtschaft traditionelle Industrien wie Film-, Musik- und Verlagswesen sowie die Medien und den Kreativsektor (Mode, Design), die Bereiche Fremdenverkehr, bildende Kunst und Information umfassen,

D. in der Erwägung, dass im Licht der im Unesco-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt enthaltenen Definition die Kulturwirtschaft alle Sektoren umfasst, die das künstlerische Schaffen, die Produktion sowie die Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen vereinigen, deren Besonderheit in der Unantastbarkeit ihrer kulturellen Inhalte besteht; in der Erwägung, dass das Produkt der Kulturwirtschaft im Allgemeinen durch die Rechte des geistigen Eigentums geschützt ist,

E. in der Erwägung, dass jedoch mehr Anerkennung und eine stärkere Förderung notwendig sind, um die Kultur- und Kreativwirtschaft dabei zu unterstützen, ihren vollen Beitrag zu den Lissabon-Strategie-Zielen zu leisten,

F. in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft ein breites Spektrum von Inhalten herstellt und verbreitet, die die Bürger informieren, bilden und unterhalten, das sich immer mehr auf die neuen Technologien und die neuen digitalen und audiovisuellen Formate stützt, und bei denen die Mitgliedstaaten und die Europäische Union ihre Rolle als Förderer und Regulatoren spielen und garantieren müssen, dass den Urhebern der Originalinhalte gerechte und angemessene wirtschaftliche Vorteile zuteil werden, indem ein angemessener und wirksamer Schutz von Urheberrechten und verwandter Schutzrechte gewährleistet wird und dadurch auch die Nachhaltigkeit der europäischen Kulturwirtschaft gesichert wird;

G. in der Erwägung, dass sich in der heutigen Informationsgesellschaft neue Produktions-, Vertriebs- und Konsumformen herausbilden, durch die neue Kulturerzeugnisse und -dienstleistungen entstehen, die vor Piraterie geschützt werden müssen, aber auch ganz allgemein geeignete unternehmerische und wirtschaftliche Modelle erforderlich machen die den Zugang zu, die Öffnung und die Vielfalt von Produkten kulturellen Inhalts sicherstellen und gleichzeitig ihre besondere Eigenschaft verglichen mit gewöhnlichen Handelswaren bewahren und allen Kategorien von Rechteinhabern eine gerechte Bezahlung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter kultureller Inhalte gewähren H. in der Erwägung, dass die kulturellen Güter und Dienstleistungen besondere Merkmale aufweisen die sie von anderen Gütern und Dienstleistungen unterscheiden und die bei der Ausarbeitung und Umsetzung der politischen Maßnahmen der Europäischen Union berücksichtigt werden müssen,

I. in der Erwägung, dass ein angemessener und wirksamer Schutz der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte ein zentrales Mittel darstellt, um den Kulturschaffenden zu ermöglichen, für ihre kreativen Bemühungen im Rahmen der kommerziellen Nutzung ihrer Werke gerecht entlohnt zu werden, und in der Erwägung, dass ein solcher Schutz schon jetzt für das Überleben der Kulturwirtschaft unverzichtbar ist,

J. in Erwägung des wesentlichen Beitrags der Kulturwirtschaft und der kreativen Gemeinschaft zur Förderung der kulturellen Vielfalt, indem sie die Auswahlmöglichkeit für den Verbraucher gewährleisten, die Vielfalt des Unternehmertums vergrößern, den Zugang zur Kultur demokratisieren, die europäische Identität und Integration verstärken sowie den interkulturellen Dialog fördern,

K. in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und zum Zusammenhalt auf lokaler und regionaler Ebene leistet, da sie einen Anziehungspol für Investitionen im Fremdenverkehr bildet, neue Arten von Handelsprodukten und Dienstleistungen mit "lokalem Charakter" hervorbringt und durch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und Chancen wirtschaftlicher Entwicklung der gesellschaftlichen Marginalisierung entlegener oder benachteiligter Regionen entgegenwirkt,

L. in der Erwägung, dass die Schriftsteller ebenfalls zu den grundlegenden Tätigkeiten der Kulturwirtschaft beitragen und dass es daher angebracht ist, ihnen ein wirtschaftliches, rechtliches und soziales Umfeld zu bieten, das die Entwicklung ihres kreativen Potenzials gewährleistet,

M. in der Erwägung, dass die Kultur eng mit Bildung und Ausbildung verknüpft werden muss um die Produktions- und Kreativkapazitäten des Kultursektors zu stärken,

N. in der Erwägung, dass die Erfahrung der "Europäischen Kulturhauptstädte" konkret vor Augen geführt hat, welchen Beitrag der Kultursektor zum wirtschaftlichen und sozialen Leben der Stadt und zur Entfaltung ihrer Bewohner leisten kann,

O. in der Erwägung, dass staatliche Beihilfen und andere Zuschüsse zugunsten des Kreativsektors als Investitionen und nicht als Luxus zu betrachten sind und gleichermaßen nach den EU-Wettbewerbsregeln, dem dem Vertrag von Amsterdam beigefügten Protokoll über den öffentlichrechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten und nach Artikel 151 EG-Vertrag sowie nach dem Unesco-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt bewertet werden müssen,

P. in der Erwägung, dass die privaten und öffentlichen Investitionen sowie das Mäzenatentum im Kulturbereich gefördert werden sollten,

Q. in der Erwägung, dass die Konzentration in der Kulturwirtschaft eine Gefahr für die Vielfalt und das Angebot von Kulturgütern für die Verbraucher darstellt,

R. in der Erwägung, dass die Kreativität eine Voraussetzung für die Entwicklung von Innovation in Europa darstellt und dass die europäischen Technologieunternehmen gewinnen würden, wenn sie eng mit den Kulturschaffenden im Rahmen von Unternehmenszentren ("Clusters") zusammenarbeiten würden,

S. in der Erwägung, dass stärker Klein- und Kleinstunternehmen und ihre Netzwerke sowie die in diesen Unternehmen tätigen einzelnen Arbeitnehmer unterstützt werden müssen die massiv zur Schaffung von Gütern in einer Volkswirtschaft beitragen, und dass es angebracht ist, den Kulturschaffenden zu helfen, ihre Ausbildung als Unternehmer der Kreativwirtschaft weiter zu entwickeln, und sie zu ermutigen, von ihrer Kreativität zu leben,

T. in der Erwägung, dass die Zersplitterung des Kreativsektors in Europa, die nur teilweise mit der Sprache oder Gründen der nationalen Identität erklärt werden kann, sowie das Fehlen einer Kulturwirtschaft mit einer wirklich europäischen Dimension die kulturelle Rolle Europas weltweit einschränken können,

U. in der Erwägung, dass die kulturelle Vielfalt und der freie Austausch von Ideen in der Unverwechselbarkeit, der Vielfalt der Identitäten und der Gleichstellung von Männern und Frauen wurzeln,

V. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen einer der Grundwerte der Europäischen Union ist, der durch die Kultur vermittelt wird, und in der Erwägung, dass diese Vermittlung von Werten die europäische Integration fördert,

W. in der Erwägung, dass in der Kulturwirtschaft eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter noch längst nicht verwirklicht ist,

X. in der Erwägung, dass Frauen Führungspositionen in der Kulturwirtschaft vorwiegend in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder wenn sie ihr eigenes Unternehmen gründen bekleiden,

Y. in der Erwägung, dass die Beteiligung von Frauen im TIMES-Sektor (Telekommunikation, Internet, Medien, E-Commerce und Software), der eine fundamentale Säule der Kulturwirtschaft darstellt, mit 30 % außerordentlich gering ist, und in der Erwägung, dass lediglich 20 % der neuen Unternehmen in diesem Sektor von Frauen gegründet werden;