Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften

992. Sitzung des Bundesrates am 3. Juli 2020

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 2 Nummer 3 - neu - sowie Artikel 3a - neu - ( § 43e Absatz 4 EnWG sowie §§ 48, 50 VwGO)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Vorschläge betreffen die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Für Klagen gegen die Planfeststellung von Offshore-Anbindungsleitungen nach dem Energiewirtschaftsgesetz und damit zusammenhängender Entscheidungen soll die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts vorgesehen werden. Das Bundesverwaltungsgericht soll zukünftig auch im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten entscheiden, die Planfeststellungsverfahren für Offshore-Anbindungsleitungen nach dem Energiewirtschaftsgesetz betreffen.

Eine zeitnahe Netzanbindung von Offshore-Windparks ist im Rahmen der Energiewende mit Atomausstieg und Kohleausstieg erforderlich. Die Rechtswegverkürzung auf das Bundesverwaltungsgericht ist hierbei ein wichtiges und bewährtes Beschleunigungsinstrument. Zwar ist die mit dem Vorschlag verbundene zusätzliche Belastung des Bundesverwaltungsgerichts mit erstinstanzlichen Zuständigkeiten quantitativ und qualitativ überschaubar. Gleichzeitig wäre begrüßenswert, wenn die Novellierung mit entsprechenden Stellenaufstockungen beim Bundesverwaltungsgericht verbunden wird.

Die Verlagerung des erst- und letztinstanzlichen Rechtszuges auf das Bundesverwaltungsgericht ist auch angezeigt. Dem Ausbau der Windenergienutzung auf See sowie der hiermit verbundenen Netzanbindung kommt bundesweite Bedeutung zu. Es soll eine dieser Systemrelevanz entsprechender Instanzenzug vorgesehen werden, welche die Planungs- und Genehmigungsverfahren für entsprechende Anlagen einer zügigen Rechts- und damit Planungssicherheit zuführt. Zugleich würden Wertungswidersprüche zwischen dem Rechtsweg für Übertragungsnetzleitungen der Bedarfspläne und Anbindungsleitungen sowie zwischen verschiedenen Genehmigungsmöglichkeiten für Konverter vermieden.

2. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Die Windenergie auf See leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele sowie zur Versorgungssicherheit. Für die Planungs- und Investitionssicherheit der Branche sind verlässliche Rahmenbedingungen erforderlich. Diese beinhalten eine deutliche Erhöhung der gesetzlichen Ausbauziele.

Grüner Wasserstoff bietet im Zusammenhang mit der Energiewende über alle Sektoren (Strom, Mobilität, Industrie, Haushalte) gute Anwendungsmöglichkeiten. Um die dadurch entstehenden zusätzlichen Strombedarfe decken zu können, muss der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung deutlich vorangetrieben werden. Die Windenergie auf See bietet dazu die benötigten Ausbaupotenziale. Die nationale Wasserstoffstrategie sieht einen Aufbau von 10 GW Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff bis spätestens 2040 vor. Die hierfür benötigte Offshore-Windstromerzeugung sollte entsprechend perspektivisch bei der weiteren Fortschreibung des Offshore-Ausbauziels berücksichtigt werden.

Die nationale Wasserstoffstrategie strebt überdies eine Befreiung der Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage ohne Erhöhung der Umlage insgesamt an. Begleitend dazu sind die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den für die Erzeugung von Wasserstoff genutzten Strom aus Windenergieauf-See-Anlagen auch für eine Grünstromvermarktung anzuerkennen.

Einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung der notwendigen Netzanbindungskapazitäten kann die 525-kV-Technologie leisten. Sie erlaubt es, über ein einzelnes Kabelsystem die doppelte Leistung im Vergleich zur bisher üblichen 320-kV-Technologie zu transportieren. Ihre Anwendung ist Bestandteil der Offshore-Vereinbarung vom 11. Mai 2020.

Zu den erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen gehört neben hinreichenden Ausbauzielen auch ein geeignetes Fördersystem. Der Gesetzentwurf sieht für bestimmte Fallkonstellationen ein dynamisches Gebotsverfahren mit einer so genannten zweiten Gebotskomponente vor. Damit verbunden ist die Gefahr, dass höhere Stromgestehungskosten und damit höhere Förderkosten entstehen und die Realisierungswahrscheinlichkeit sinkt. Die Branche spricht sich demgegenüber für so genannte Differenzverträge aus. Dabei handelt es sich um staatlich oder über das EEG-System abgesicherte Langzeitverträge zwischen Projektentwicklern und den Übertragungsnetzbetreibern oder einem staatlichen Zweckunternehmen. Vor Projektbeginn wird - beispielsweise in Ausschreibungen - ein Preis ermittelt, der für den gesamten Förderzeitraum fixiert wird. Die damit einhergehende verbesserte wirtschaftliche Planbarkeit bzw. geringen wirtschaftlichen Risiken könnten gerade für vergleichsweise kleine Akteure und die Vermeidung einer (weiteren) Marktkonzentration in der Offshore-Branche dienlich sein. Die Neufestlegung der Ausschreibungssystematik im Rahmen der anstehenden EEG-Novelle zum Jahresende ermöglicht bis dahin auch einen fachlichen Austausch zu den unterschiedlichen Modellen.

B

3. Der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.