Antrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen
(Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG)

Punkt 24 der 958. Sitzung des Bundesrates am 2. Juni 2017

Zu Artikel 6 Nummer 3 (§ 1696 Absatz 3 BGB)

In Artikel 6 Nummer 3 sind in § 1696 Absatz 3 die Wörter "widerspricht dem Kindeswohl" durch die Wörter "würde das Kindeswohl gefährden" zu ersetzen.

Begründung:

Die Neuregelungen zum Pflegekinderwesen stellen einen unverhältnismäßigen Eingriff in das in Artikel 6 GG normierte Elternrecht dar. Die Dauerverbleibensanordnung kommt in ihrer Wirkung der Adoption des Kindes durch die Pflegeeltern nahe, die jedoch gegen den Willen der Eltern nur unter den engen Voraussetzungen des § 1748 BGB möglich ist.

Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zitierte Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 03.02.2017, 1 BvR 2569/16) nennt als Schwelle für die Aufrechterhaltung der räumlichen Trennung des Kindes von den Eltern die nachhaltige Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes. Nach dem Gesetzentwurf ist hingegen die Aufhebung der Dauerverbleibensanordnung schon dann ausgeschlossen, wenn die Rückkehr zu den Eltern dem Kindeswohl (nur) widerspricht. Im Übrigen ist auch in der Begründung des Gesetzentwurfs (Seite 85) die Kindeswohlgefährdung als Schwelle genannt:

" § 1696 Absatz 3 BGB bestimmt daher, dass eine Dauerverbleibensanordnung wie andere Kindesschutzanordnungen nach § 1696 Absatz 2 BGB grundsätzlich aufzuheben ist, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls nicht mehr besteht". Daran ist der Wortlaut der Norm anzupassen.

Mit der derzeitigen Regelung des § 1632 Absatz 4 BGB besteht ein austariertes Verhältnis von Elternrecht und Kinderrecht, das dem Grundgesetz gerecht wird. Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und ihre zuvörderst obliegende Pflicht (Artikel 6 GG) . Nur wenige Eltern sind nicht in der Lage, ihrer Erziehungsverantwortung angemessen nachzukommen. Diese Eltern müssen rechtzeitig erreicht und in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden. Starke Eltern sind die besten Garanten für eine gute und gesunde Entwicklung ihrer Kinder.

Die Neuregelungen bergen die große Gefahr, Eltern davon abzuhalten, für das Wohl ihres Kindes erforderliche Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege in Anspruch zu nehmen, da sie befürchten müssen, dass ihr Kind dauerhaft in einer Pflegefamilie untergebracht wird und eine Rückkehr in die Familie weitgehend ausgeschlossen ist. Die Familienpflege als Form der Hilfe zur Erziehung ist jedoch nach Maßgabe von Artikel 6 GG darauf angelegt, die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie so weit zu verbessern, dass sie das Kind wieder selbst erziehen kann (vgl. § 37 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII) und das Kind in den elterlichen Haushalt zurückkehrt.